PARTNERSUCHE IM SOZIALEN WANDEL - ElitePartner-Akademie
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KAPITEL 2 - PARTNERWAHL<br />
Partnersuche zu erreichen. Die Phase des Kennen lernens fand unter zusätzlicher<br />
Kontrolle der Gemeinden statt und war in den ländlichen Gebieten Europas weit<br />
verbreitet. Die männliche Jugend schloss sich zu Burschenschaften oder<br />
wohnbezirks- oder milieugebundenen Jugendorganisationen zusammen, um die dort<br />
wohnenden heiratsfähigen Mädchen zu kontrollieren. Die Burschenschaften waren<br />
zuständig für eine kollektiv organisierte Annäherung (auf Dorftänzen, in Lichtstuben 7 ,<br />
beim Fensterln in Bayern und Österreich, bei Sparziergängen, beim Nachtfreien und<br />
bei Kiltgängen 8 ) zwischen Burschen und Mädchen und versuchten Freier aus<br />
anderen Orten abzudrängen.<br />
Die dörfliche Jugend stellte dieses System der jugendautonomen Partnersuche nicht<br />
in Frage, verband es mit größeren Freiräumen für das Kennen lernen und die ersten<br />
sexuellen Annäherungen. Die Jugendgruppen in den Städten trugen durch ihre<br />
Kontrolle und Abwehr fremder Jugendlicher zur Beschränkung der Partnerwahl bei.<br />
Durch die Aktivitäten der Jugendlichen kam es zu einer relativen Bevorzugung von<br />
Gleichaltrigen. Früher bestand ein erheblicher Altersunterschied zwischen den<br />
Ehepartnern, vorwiegend durch das wesentlich höhere Alter des Mannes. Dies war<br />
eine nicht unwesentliche Voraussetzung für eine gewisse Gleichberechtigung der<br />
Ehefrauen. Weiters konnten die Jugendlichen verhindern, dass Mitglieder ihrer<br />
Generation mit Witwen oder Witwern verheiratet wurden.<br />
DAS „LIBERALE“ MODELL DER PARTNERWAHL<br />
Bei dieser Form der Partnerwahl wird die Suche nicht durch gezielte Eingriffe oder<br />
durch Aufsicht von außen gesteuert. Das bedeutet jedoch nicht, dass<br />
Standeszugehörigkeit, soziale Schicht oder Konfession auf die Partnerwahl keinen<br />
Einfluss mehr hatten. Ganz im Gegenteil – die inneren Werte des Partners oder der<br />
7 Orte der ländlichen Arbeitsgeselligkeit; dort trafen sich während der Wintermonate die Frauen und<br />
Mädchen zur gemeinsamen Arbeit, angeblich um Licht zu sparen (Gestrich, 2003, S.495f)<br />
8 Der nächtliche Besuch von jungen Männern bei ihren Geliebten war eine weit verbreitete und meist<br />
brauchmäßig regulierte und kontrollierte Form der Eheanbahnung (vor allem im Alpenraum und in<br />
Skandinavien). Mit 16 durften die Jungen bei den Mädchen in voller Montur auf der Bettdecke<br />
liegen, mit 17 durften sie dabei die Jacke ausziehen, mit 18 angezogen unter der Bettdecke liegen<br />
usw. Übertreter wurden streng bestraft. Solche Bräuche sind nicht gleichzusetzen mit sexueller<br />
Promiskuität, denn die Erlaubnis zum Beischlaf war in der Regel an das Eheversprechen<br />
gebunden. (Gestrich, 2003, S.496f)<br />
ANDREA LEIDINGER-GRUBER SEITE 20 VON 123