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Dienstleistung oder Menschenrechtsprofession? - ZPSA

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Helfen und weibliches Sorgen haben gemeinsam, dass sie als frei verfügbare, ‚natürliche’ und<br />

mühelose Fähigkeit insbesondere von Frauen erscheinen“ und nicht als gesellschaftlich bedingtes,<br />

ressourcenabhängiges „Handeln auf der Basis politisch durchgesetzter, historisch wechselnder<br />

Bedürfnisinterpretationen“. 44 Zudem: Auch Haushalte und nicht nur Wirtschaft und Staat<br />

sind sowohl Produzenten als auch Empfänger von Wohlfahrt.<br />

3.3.2. Werte, Ziele und Handlungsleitlinien<br />

Die Werte Abhängigkeit und Schutz sind theoretisch wie ethisch gleichwertig wie Autonomie und<br />

Emanzipation zu behandeln. Es braucht eine (verhandelnde) Kultur des Sorgens, in welcher die<br />

Geschlechtsgebundenheit der Sorgearbeit und ihre untergeordnete Stellung gegenüber den in<br />

den Theorien dominierenden, männlich konnotierten Autonomievorstellungen aufgelöst wird.<br />

Gesellschaftliches Ziel ist die<br />

Einbettung der ‚Caring Professions’ in das gesellschaftliche System des Sorgens und damit in die gesellschaftliche<br />

Rekonstruktion des Geschlechterverhältnisses als geschlechtsunabhängiges Sorgen im Rahmen<br />

einer ‚Caring Society’. Professionalität würde dann heißen, sich als Teil einer ‚public culture of care’ zu verstehen<br />

und im Rahmen der Disziplin theoretische und praktische Verknüpfungen zur privaten und zivilgesellschaftlichen<br />

Sorge einerseits und dem Bereich staatlicher sozialer Sicherheit andererseits einzubeziehen<br />

und Lücken wie Widersprüche zu analysieren. 45<br />

Care muss überdies zum Ausgangspunkt von Gerechtigkeitsvorstellungen werden, denn:<br />

jede reale Gesellschaft ist eine Fürsorge-spendende und eine Fürsorge-empfangende Gesellschaft und<br />

muss daher Wege finden, um mit diesen Fakten menschlicher Bedürftigkeit und Abhängigkeit klarzukommen,<br />

Wege, die vereinbar sind mit der Selbstachtung der Fürsorgeempfänger und die den Fürsorgespender nicht<br />

ausbeuten. 46<br />

Gefordert ist des Weitern eine „soziale Staatsbürgerschaft“ nach Thomas H. Marshall. „Social<br />

Citizenship“ ist ein klarer Gegenbegriff zum neoliberalen Paradigma. Er definiert die Stellung der<br />

Menschen unabhängig vom relativen Wert ihres Beitrags zum Wirtschaftsprozess <strong>oder</strong> ihres<br />

Beitrags zu Sorgetätigkeiten. Der Sozialbürgerstatus ist daher in keinem seiner Elemente an die<br />

Erfüllung von Bedingungen geknüpft. Das gilt für Verpflichtungen ebenso wie für Rechte. 47<br />

Was die Mittel und Verfahren betrifft, so soll die dominierende Zweck-Mittel-Rationalität durch<br />

eine Fürsorge-Rationalität ersetzt <strong>oder</strong> ergänzt werden. Care ist „fürsorgliche Praxis“ als „aus-<br />

44 Arlie Hochschild 1995, Fraser 1994, zit. In: Margrit Brückner 2004. S. 8<br />

45 Margit Brückner, a.a.O. 2003, S.168<br />

46 Martha C. Nussbaum, zit. in Brückner, a.a.O. 2004, S.10<br />

47<br />

Das Wahlrecht (zum Beispiel) ist nicht abhängig davon, ob jemand Steuern zahlt, obwohl das Zahlen von Steuern<br />

eine mit dem Bürgerstatus verbundene Verpflichtung ist.<br />

34

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