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1 1. Ophthalmologische Untersuchung S. 1 - ÖH Med Wien Social

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1<strong>1.</strong> <strong>Ophthalmologische</strong> <strong>Untersuchung</strong> S. 1 - 18<strong>Untersuchung</strong> der VorderkammerEnthält das klare Kammerwasser, bei Entzündungen kann es zu zelliger Infiltration und Eiteransammlung(Hypopyon) kommen; Blutungen in der Vorderkammer heißen HyphämaWichtig: Beurteilung der Vorderkammertiefe: bei normaler Tiefe lässt sich die Iris in seitlicherBeleuchtung von temporal her gut ausleuchten, bei flacher Vorderkammer entsteht nasalein Schatten auf der Iris, bei flacher Vorderkammer darf Pupille nicht erweitert werden, daGefahr, dass dadurch Glaukomanfall ausgelöst wird: gefährdet: Patienten im höheren Lebensalterbesonders mit klein gebauten, weitsichtigen Augen (bei flacher Vorderkammer keinemedikamentöse Pupillenerweiterung, da Gefahr, Winkelblockglaukom zu verursachen)<strong>Untersuchung</strong> der LinseMit einer Spaltlampe (behelfsmäßig mit einer Visitenlampe): wenn man das Licht direkt indas Auge fallen lässt, sieht man bei klarer Linse einen roten Fundusreflex, bei Linsentrübungengraue Schatten; anschließend beleuchtet man das Auge seitlich mit einer Visitenlampe,mit der man möglichst nah an das Auge herangeht, und schwenkt dann eine + 14-dpt-Lupevor das Auge: so lassen sich auch Veränderungen von Bindehaut, Hornhaut und Vorderkammerbesser beurteilen; ist die Linse dicht getrübt, sieht man eine Graufärbung im Bereich derPupillarebene, die zur Bezeichnung grauer Star (Katarakt) geführt hat<strong>Untersuchung</strong> des Augenhintergrundes (Ophthalmoskopie)Das indirekte Spiegeln des Augenhintergrundes im umgekehrten Bild vom Augenarzt durchgeführtAufrechtes Spiegeln mit einem elektrischen Augenspiegel: der Untersucher geht mit dem Augenspiegelmöglichst nahe an das Auge heran, Fehlsichtigkeiten (des Untersuchers und desPatienten) werden durch Vorschalten von Gläsern so lange mit der Rekoss-Scheibe des Ophthalmoskopsausgeglichen, bis der Untersucher ein scharfes Netzhautbild erkennt: der Untersuchersieht ein etwa 16fach vergrößertes, aufrechtes Netzhautbild (abgedunkelter Raum, erweitertePupillen erleichtern die <strong>Untersuchung</strong>); Beurteilung der Papille möglich: beim Gesundenrandscharf, vital (gelborange) gefärbt, im Netzhautniveau, kann zentrale Vertiefung(Exkavation) haben, Zentralvene liegt temporal der Arterie, Gefäßkaliber A:V = 2:3, dabeisollte das Kaliber der Gefäße gleichmäßig und die Gefäße an Kreuzungsstellen nicht eingeschnürtsein; physiologisch ist ein spontaner Venenpuls, pathologisch ein Arterienpuls; beijüngeren Leuten findet man einen Fovea- und Makulareflex, die Netzhaut hat eine rötlicheFarbe


22. Lider (Palpebrae) S. 19-51GrundkenntnisseSchutzfunktionen der Lider: Lider sind dem Augapfel als muskelhaltige Weichteilfalten vorgelagert;beim Lidschluss Augapfel vollkommen bedeckt; durch mechanische, starke optischeoder akustische Reize (z.B. FK, Blendung, Knall) Lidschluss automatisch ausgelöst (Lidschlussreflex),die Hornhaut wird durch eine zusätzliche Aufwärtsbewegung des Augapfelsgeschützt (Bell-Phänomen); der regelmäßige Lidschlag ca. 20 mal pro Minute verteilt Drüsensekreteund Tränenflüssigkeit gleichmäßig über Bindehaut und Hornhaut und schützt sievor dem AustrocknenAufbau der Lider: Innen- und AußenblattAußenblatt (Innervation NV1, V2) (trigeminus): dünne, gefäßreiche Lidhaut, Schweißdrüsen,modifizierte Schweiß- und Talgdrüsen (Gll. ciliares oder Molldrüsen / Gll. sebaceae oderZeisdrüsen) in der Umgebung der Wimpern;quergestreifte Muskulatur des M. orbicularis oculi à aktiven Lidschluss (N. facialis),quergestreifte Muskulatur des M. levator palpebrae à aktive Lidhebung (N. oculomotorius)Innenblatt: Lidplatte (Tarsus) für Festigkeit, glatte Muskulatur des Lidhebers, der am Tarsusansetzt (M. tarsalis Müller, Sympathikus), reguliert Weite der Lidspalte: bei hohem Sympathikustonusist der M. tarsalis angespannt à Lidspalte weitet sich, und umgekehrt;Lidbindehaut (Conjunctiva tarsi): fest mit der Lidplatte verwachsen, bildet Gleitschicht gegenüberAugapfel, bei jedem Lidschlag verteilt sie wie ein Scheibenwischer Drüsensekreteund Tränenflüssigkeit über Binde- und Hornhaut;Schlauchförmig in den Lidknorpel eingelagerte Talgdrüsen (Gll. tarsales oder Meibomdrüsen)zur Einfettung des Lidrandes, Funktion: die Tränenflüssigkeit kann nicht über die Lidränderaustreten, die Einfettung des Tränenfilms wirkt einer Verdunstung entgegen, sie erfolgt überdie Faserzwingen, die der M. Riolani am unteren Ende der Talgdrüsen bildet: quetschen dieDrüsengänge bei jedem Lidschluss aus;aus dem vorderen Teil des Lidrandes ragen die Wimpernhaare (Ciliae) hervor, am Oberlid ca.150 Zilien 3- bis 4-reihig, am Unterlid ca. 75 in 2 Reihen; halten wie die Superciliae Staubund Schweiß ab, zwischen Lidplatte und Orbitarand spannt sich das Septum orbitale: schließtals derbe, bindegewebige Faszie die Orbita ab und hält das orbitale Fettgewebe zurück<strong>Untersuchung</strong>smethodenbei heller Beleuchtung Inspektion der Lider im Seitenvergleich, ggf. an der Spaltlampe:Lidstellung: Lidkanten liegen glatt am Augapfel an, Tränenpünktchen tauchen in den Tränensee


3Lidspaltenweite: bei geöffnetem Lid und Blick geradeaus bedeckt das Oberlid ca. 2 mm desoberen Hornhautrandes, am Unterlidrand ist gelegentlich ein schmaler Sklerastreifen sichtbar;Lidspalten weite 6 – 10 mm, Abstand vom lateralen zum medialen Lidwinkel 28 – 30 mm;verschieden große Lidspalten können auf eine Protrusio bulbi, einen Enophthalmus oder unterschiedlicheAugapfelgröße hinweisen;den Wirkungsgrad des M. levator palpebrae prüft man mit Zentimetermaß: Lidspaltenweitemessen beim Geradeausblick, Aufblick und Abblick: Differenz zwischen Auf- und Abblickzeigt Grad der Levatorfunktion anBeschaffenheit der Lidhaut: ist dünn, nur wenig Unterhautfettgewebe à bei allergischen Reaktionenund Entzündungen kommt es rasch zu ausgeprägten Ödemen und Schwellungen; imAlter kann Oberlidhaut zunehmend erschlaffen (Cutis laxa senilis) und unter Umständen sogarüber die Wimpernreihe hängen à Gesichtsfeldeinschränkung (Dermatochalasis / Blepharochalasis)durch einfaches Ektropionieren wird die Lidbindehaut begutachtet: glatt, spiegelnd, ohne narbigeStrikturen oder papillomatöse Erhebungendoppeltes E. des Oberlides mit dem Desmarres-Lidhalter: Beurteilung der oberen Übergangsfaltevon Conjunctiva tarsi zu Conjunctiva bulbi- mögliche Ursachen der pathologischen Lidspaltenweite:LidspaltenerweiterungLidspaltenverengungPeriphere Fazialisparese (Lagophthalmus) Ptosis congenitaM. Basedow Ptosis bei OkulomotoriusparesePerinaud-SyndromPtosis bei Myasthenia gravisBuphthalmusPtosis sympathica (bei Horner-Symptomenkomplex)Myopia magnaMikrophthalmusretrobulbärer TumorEnophthalmusSchrumpfung des Orbitafettes (z.B. aufgrundeines senilen Enophthalmus)Fehlbildungen S. 22FehlstellungenPtosis palpebrae (ptosis gr. = Fall)Lähmung des M. levator palpebrae à Herabhängen eines oder beider Oberlider


4Epidemiologie: insgesamt eher seltenÄtiopathogenese: kann angeboren oder erworben seinangeborene Ptosis (Ptosis congenita): wird meist vererbt, überwiegend AD, weniger R; Ursacheseltener: angeborene Unterentwicklung des M. levator palpebrae (myogen), vielmehrführt eine Aplasie im Kerngebiet des N. oculomotorius (neurogen) zu einer fehlenden Innervationdes M. levator p. à Unterentwicklung des Muskelserworbene Ptosis:Neurogene Ursachen:- Ptosis paralytica: Lähmung des N. oculomotorius- Ptosis sympathica: Läsionen im Bereich des sympathischen Grenzstranges im Rahmeneines Horner-Symptomenkomplexes (Ptosis, Miosis, Enophthalmus)Myogene Ptosis: Myasthenia gravis und myotone DystrophiePtosis traumatica kann nach Verletzungen auftretenSymptomatik:einseitig meist Hinweis auf neurogene Ursache, beidseitig meist Hinweis auf myogene Ursache;bei der einseitigen Form versucht der Patient durch Stirnrunzeln (Kontraktion des M.frontalis) die Lidspalte zu erweitern; Ptosis congenita meist einseitig, bilateraler Befund 7%Diagnostik: Ptosis congenita: das betroffene Oberlid ist insgesamt únterentwickelt: Oberlidhautglatt und dünn, Deckfalte fehlt, typisch: „lid lag“, das Zurückbleiben des Oberlides beimAbblick (wichtige differentialdiagnostische Abgrenzung zur erworbenen Ptosis); in ca. 3%der Fälle ist die Ptosis congenita mit einem Epikanthus und einer Blepharophimose vorgesellschaftet(Waardenburg-Syndrom)bei Herabhängen des Oberlides über Pupillenmitte besteht bei einseitiger Ptosis congenitaimmer Amblyopiegefahr, bei der beidseitigen legt das Kind den Kopf in den Nacken, sodassbeide Augen sehen können à keine AmblyopiegefahrErworbene Ptosis:- Ptosis paralytica: meist einseitig, das herabhängende Lid bedeckt das gesamte Auge, oftnoch andere Lähmungserscheinungen im Versorgungsgebiet des N. oculomotorius vorhanden:bei der externen Okulomotoriuslähmung sind nur die äußeren Augenmuskeln betroffen,daher keine Mydriasis; bei der kompletten Okulomotoriuslähmung ist auch derinnere M. ciliaris und der M. sphincter pupillae beteiligt (Ophthalmoplegia interna mitAkkommodationslähmung, Mydriasis und absoluter Pupillenstarre)


5- Die Myasthenia gravis (oft beidseitig, wobei Seitenunterschiede möglich sind) geht mitabnorm schneller Ermüdbarkeit der quergestreiften äußeren Augenmuskeln einher à typisch:Zunahme der Ptosis im Laufe des Tages; Schnelles Öffnen und Schließen der Liderprovoziert die Ptosis und erleichtert die Diagnose- Ptosis sympathica: Vorkommen nur im Rahmen eines Horner-SymptomenkomplexesTherapie:- Ptosis congenita: operative Anhebung des Oberlides, vor allem dann so schnell wie möglich,wenn Amblyopiegefahr- erworbene Ptosis: Behandlung richtet sich nach der Ursache: Lähmungen bilden sich oftspontan zurück à OP abwarten, auch bei irreversiblen Fällen reicht oft Brille mit PtosisstegGefahr der Über- oder Unterkorrektur macht oft mehrere OPs nötigPrognose und Komplikationen:rechtzeitige OP verhindert Amblyopie bei angeborener Ptosis; operative Überkorrektur kanninfolge des dann inkompletten Lidschlusses zur Austrocknung von Binde- und Hornhaut mitUlkusbildung führenEntropium= Einwärtsdrehung des Lidrandes: nicht mehr Bindehaut, sondern die Lidkante mit den Wimpernund sogar die äußere Lidhaut steht mit dem Augapfel in Kontakt; nach dem Entstehungsmechanismuswerden folgende Formen unterschieden:- Entropium congenitum- Entropium senile- Entropium cicatriceum = NarbenentropiumEpidemiologie: das kongenitale Entropium kommt häufig bei der asiatische Bevölkerung, inEuropa nur selten vor; bei uns: v.a. seniles Entropium, NarbenentropiumÄtiopathogenese:- Entropium congenitum: Folge einer lidrandnahen wulstigen Haut-Orbikularis-Verdickung,betrifft meist Unterlid; persistiert manchmal bis ins Erwachsenenalter- Entropium senile: aussschließlich das Unterlid; meist liegen mehrere pathogenetische Faktorengemeinsam in unterschiedlicher Ausprägung vor: der Aufhängeapparat des Unterlides(Ligg. canthi, Tarsus, Lidretraktor) altersbedingt erschlafft, wobei der Tarsus nach in-


6nen kippt; infolgedessen sind die Orbikularisfasern wulstartig zur Lidkante nach oben verrutscht,auf diese Weise verstärken sie den (durch die permanent reibenden Zilien ohnehinvorhandenen) Lidkrampf (Entropium spasticum); der senile Enophthalmus (liegt im Alterin der Regel infolge einer Atrophie orbitalen Fettgewebes vor) führt zu einer weiteren Instabilitätdes Unterlides- Entropium cicatriceum: häufig durch eine postinfektiöse oder posttraumatische Schrumpfungvon Bindehaut und Tarsus bedingt (z.B. Trachom, Verbrennung, Verätzung); auchtoxisch-allergische Ursachen (Pemphigus, Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom)sind möglichSymptomatik und Diagnostik: das ständige Scheuern der Wimpern auf dem Augapfel(Trichiasis) stellt einen permanenten FKReiz der Bindehaut dar, der einen Blepharospasmus(Lidkrampf) mit Verstärkung des Entropiums bewirkt; chronisch gereizte Bindehaut ist gerötet,das Auge tränt; lediglich das kongenitale Entropium verursacht meist keine BeschwerdenTherapie:- Entropium congenitum: sofern überhaupt nötig: dosierte, sichelförmige Ausschneidungder Haut und des M. orbicularis- Entropium senile: …OP: Lid operativ straffen; Entropium cicatriceum: OPPrognose und Komplikationen:Ein angeborenes Entropium verursacht in der Regel keine Beschwerden und bildet sich oftwährend der ersten LM zurückEntropium senile: bei rechtzeitigem Eingriff Prognose gut, Rezidive möglich; unbehandelt:Gefahr von Hornhautepithelaufbrüchen (Erosio corneae) mit Superinfektion bis zum Vollbilddes Ulcus serpensEntropium circatriceum: gute Prognose bei rechtzeitigem Eingriff (sonst Hornhautalterationen)Ektropium= Abstehen der Lidkante vom Augapfel, die Auswärtsdrehung betrifft fast ausschließlich Unterlid;je nach Ursache werden unterschieden:Ectropium congenitum, Ectropium senile, Ectropium paralyticum, Ectropium cicatriceum (E.durch Narbenzug)Epidemiologie: am häufigsten das senile E., weniger häufig paralytisches E. und Narbenektropium;das kongenitale E. kommt sehr selten vor und dann meist in Verbindung mit anderenFehlbildungen von Lid und Gesicht (z.B. Franceschetti-Syndrom)


7Ätiopathogenese:E. congenitum: s. EpidemiologieE. senile: altersbedingte Erschlaffung der Ligg. canthi und des Tarsus (Lidaufhängeapparat),entsprechend der Schwerkraft kippt das Unterlid nach außenE. paralyticum: Folge einer Fazialisparese und dem daraus resultierenden Ausfall des M. orbicularis(fehlender Lidschluss)E. cicatriceum: meist als Folge einer Entzündung oder VerletzungSymptomatik und Diagnostik: der fehlende oder unvollständige Lidschluss bedingt Austrocknungserscheinungenan der Hornhaut, die bei nicht rechtzeitiger Therapie bis zum Ulcus elagophthalmo führen können; das nach außen gekehrte Tränenpünktchen verursacht eine Abflussstörungder Tränenflüssigkeit zur Nase, so dass Tränen über die Wangen laufen, das Abwischenverstärkt das Ektropium (Wischektropium); eine chronische Konjunktivitis und Blepharitis(Entzündung der Augenlider) sind die FolgeTherapie: E. congenitum: operativ; E. senile: OP (Straffung); E. paralyticum: je nach SchweregradTränenersatzmittel, anatomischer Seitenschutz der Brille oder ein Uhrglasverband, umHornhaut vor Austrocknung zu schützen; in schweren oder irreversiblen Fällen wird der Lagophthalmus(Hasenauge: unvollständiger Lidschluss) mit einer Lidspaltenverkürzung operativbehandelt; E. cicatriceum: OPPrognose: bei baldiger Behandlung gut, manchmal müssen mehrere OPs erfolgen, bei vorhandenenNarben ist OP schwierigerErkrankungen der LiddrüsenHordeolum (Gerstenkorn)das Hordeolum = akute bakterielle Entzündung einer Liddrüse; sind mehrere Liddrüsengleichzeitig betroffen = HordeolosisEpidemiologie und Ätiopathogenese: relativ häufig; Erreger: Staphylococcus aureus; beimHordeolum externum entweder Zeis- oder Molldrüsen betroffen; das Hordeolum internumgeht von der Meibom-Drüse aus; Gerstenkörner treten oft im Zusammenhang mit D.m., Magen-Darm-Störungenoder Acne vulgaris aufSymptomatik und Diagnostik: schmerzhaftes Knötchen mit zentralem Eiterpunkt; das Hordeolumexternum liegt entsprechend der Lokalisation der Schweißdrüsen am Lidrand, dasHordeolum internum der Talgdrüse ist meist nur nach Ektropionieren sichtbar und zeigt heftigereBegleitreaktion wie Konjunktivitis oder Chemosis (Ödem der Konjunktiva) der Conjunctivabulbi; ebenso können Pseudoptosis und Schwellung der präaurikulären Lymphdrüsenvorkommen


8Differentialdiagnose: Chalazion (druckindolent), Tränendrüsenentzündung (schmerzhafter,seltener)Therapie: AB-Salben und trockene Wärme (Rotlichtbestrahlungen) à sehr bald AbheilungVerlauf und Prognose: nach Durchbruch und Entleerung des Eiters verschwinden Beschwerdenrecht rasch; Prognose gut; bei häufigen Rezidiven: internistisches Grundleiden sollte ausgeschlossenwerdenChalazion (Hagelkorn)= derbe knotige Auftreibung innerhalb des TarsusEpidemiologie und Ätiopathogenese: relativ häufig; Ursache: chronisch granulomatöse Entzündung,die infolge eines Sekretstaues der Meibom-Drüse entstehtSymptomatik: derber, schmerzloser Knoten, entwickelt sich nur sehr langsam, kosmetischeBeeinträchtigung, keine BeschwerdenDd.: Hordeolum (druckdolent), TalgdrüsenkarzinomTherapie: meist operative Inzision nicht zu umgehen (Einsetzen der Chalazionklemme, eröffnendes Hagelkornes, Talgmassen mit scharfem Löffel ausräumen; Narbenektropium sollvermieden werden)Prognose: gut bis auf die lokale Rezidivmöglichkeit3. TränenorganeGrundkenntnisseein tränenbildender und ein tränenableitender TeilLage, Aufbau und Innervation der Tränendrüsen: Glandula lacrimalis etwa haselnussgroß;liegt nicht sichtbar und nicht tastbar unter dem temporalen oberen Rand der knöchernen Orbitain der Fossa glandulae lacrimalis des Stirnbeines (Os frontale); wenn sie tastbar ist à oftHinweis auf pathologische Veränderung (z.B. Dakryoadenitis); Sehne des Lidhebers (M. levatorpalpebrae) teilt die Gl. l. in einen größeren orbitalen (2/3) und einen kleineren palpebralen(1/3) Lappen; mehrere kleinste akzessorische Tränendrüsen (Krause- und Wolfring-Drüsen),die in der oberen Umschlagfalte der Bindehaut liegen, sezernieren zusätzlich seröse Tränenflüssigkeitdie sensible Nervenversorgung über N. lacrimalis; die parasympathischen Fasern (Sekretion)entstammen dem N. intermedius; die sympathischen Fasern gelangen aus dem Gln. cervicalesuperius mit den Gefäßen zur DrüseTränenfilm: benetzt Binde- und Hornhaut; 3 Schichten:


9- äußere Lipidschicht: Produkt der Meibom-Drüsen sowie der Talg- und Schweißdrüsen desLidrandes; dient v.a. der Stabilisierung des Tränenfilms; durch das hydrophobe Verhalten,ähnlich einer hauchdünnen transparenten Wachsschicht, wird ein schnelles Verdunstenverhindert- mittlere wässrige Schicht: wird von der Haupttränendrüse und den akzessorischen Tränendrüsen(Krause- und Wolfring-Drüsen) gebildet: Aufgabe: Reinigung der Hornhautoberfläche,Schutz derselben, Schaffung einer guten Gleitfähigkeit der Conjunctiva tarsiggü. der Hornhaut und sorgt mit einer glatten Hornhautoberfläche sorgt sie für eine hochwertigeoptische Abbildung- innere Muzinschicht: wird von den Becherzellen der Bindehaut und der Haupttränendrüsesezerniert (Schleimschicht): die Hydrophilie ggü. der Mikrovilli des Hornhautepithelsdient ebenfalls der Tränenfilmstabilisierung; sie verhindert, dass die wässrige Schicht aufder Hornhaut abperlt und sorgt dafür, dass der Wasseranteil flächig Horn- und BindehautbenetztLysozym, ß-Lysin, Lactoferrin und gamma-Globulin (IgA) sind tränenspezifische Proteineund verleihen der Tränenflüssigkeit u.a. antimikrobielle EigenschaftenTränenabfluss: Muskelfasern des M. orbicularis oculi (N. facialis) sind dachziegelartig übereinandergelegtà Kontraktion: Lidschluss nicht gleichzeitig, sondern von temporal nach nasal(Scheibenwischerbewegung) à Tränenflüssigkeit wird von lateral zum inneren Lidwinkeltransportiert (Lidhebung: Levator palpebrae (N. oculomotorius), Lidschluss M. orbicularisoculi)Die Tränenpünktchen (Punctum lacrimale superius et inferius) nehmen die Tränen auf; überTränenröhrchen (Canaliculus superior et inferior) à Tränensack (Saccus lacrimalis) à Tränen-Nasen-Gang(Ductus nasolacrimalis) unter die untere Nasenmuschel (Concha nasalis inferior)<strong>Untersuchung</strong>smethoden<strong>Untersuchung</strong> der Tränenbildung:Tränensekretionstest: Schirmer-Test: Auskunft über die Menge des wässrigen Anteils derTränensekretion: ein Streifen Lackmuspapier im Bereich des temporalen Unterliddrittels inden Bindehautsack einhängen; nach 5 min. sollten sich mindestens 15 mm des Papiers durchdie alkalische Tränenflüssigkeit blau gefärbt haben; Werte kleiner 5 mm: pathologischTränenfilmaufreisszeit (TAZ): Bewertung der Stabilität des Tränenfilms: der präkornealeTränenfilm wird mit 10 Mikroliter einer 0,125%igen Fluoreszeinlösung angefärbt, an derSpaltlampe beobachtet man bei 10- bis 20facher Vergrößerung unter Vorschalten eines blauen


10Kobaltfilters, wann ohne Lidschluss und bei normal offengehaltenem Auge die ersten Austrocknungsstellenauftreten; physiologisch: TAZ von mind. 10 Sek.Bengal-rosa-Test: färbt abgestorbene Epithelzellen und Muzin: v.a. bei der Beurteilung destrockenen Auges (Keratoconjunctivitis sicca): Austrocknungserscheinungen von Binde- undHornhaut werden dargestelltImpressionszytologie<strong>Untersuchung</strong> des Tränenabflusses:Konjunktivale Fluoreszeinprobe: eine 2%ige Fluoreszein-Natrium-Lösung wird in die untereBindehautumschlagsfalte getropft àFarbstoff lässt sich bei durchgängigen Tränenwegendurch Schneuzen in ein Papiertaschentuch einfach nachweisenTränenwegsspülung, -sondierung: Ermittlung der Lokalisation von Stenosen: nach Tropfanästhesiewird mit einer konischen Sonde das Tränenpünktchen aufgedehnt, anschließend spültman physiologische Kochsalzlösung über eine stumpfe Kanüle in die Tränenwege: bei freierDurchgängigkeit fließt die Spüllösung ungehindert in die Nase ab; bei einer Kanalikulusstenoseerfolgt der Rückfluss aus dem gespülten Tränenkanälchen, liegt der Verschluss tiefer,kommt es zu einem Reflux aus dem gegenüberliegenden Tränenpünktchen; mit einer Silberblattsondelässt sich die Striktur ertasten, und Abflusshindernisse können beseitigt werdenRöntgenkontrastdarstellungStenosen:- Stenose im unteren Tränenkanälchen: Reflux durch unteres Tränenkanälchen- Stenose im Canaliculus communis: Reflux durch oberes Tränenkanälchen- Infrasakkale Stenose: Reflux durch oberes, oft mit eitrigem oder gallertigem tränensackinhaltErkrankungen der ableitenden TränenwegeDakryozystitis= Entzündung des Tränensackes; häufigste Erkrankung der Tränenorgane: meist Abflussstörungim Bereich des Ductus nasolacrimalis, überwiegend einseitigDacryocystitis acuta (purulenta, phlegmonosa)Epidemiologie: meist Erwachsene zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr, Frauen häufigerÄtiopathogenese: meist eine infrasakkale Tränenwegsstenose, Tränenstau à Infektion mitStaphylokokken, Pneumokokken, Pseudomonas u.a.


11Symptomatik: hochentzündliche, schmerzhafte Schwellung der Tränensackgegend, die mitallgemeinem Krankheitsgefühl, Fieber und Beteiligung der regionären LK einhergehen kannà Tränensackabszess, der spontan in die Haut durchbrechen kann (Tränenfistel)Diagnostik: RöntgenkontrastdarstellungTherapie: gezielte AB-Gabe, Eiter durch Stichinzision abfließen lassen, dann OPDacryocystitis neonatorumÄtiopathogenese: infolge einer persistierenden Schleimhautfalte (Plica lacrimalis, Hasner-Membran) besteht bei Neugeborenen (ca. 6%) eine Stenose an der Mündung des Ductus nasolacrimalisà Tränenstau, bietet ideale Bedingungen für das Wachstum von Bakterien(Staphylo-, Strepto-, Pneumokokken)Symptomatik und Diagnostik: schon bald nach der Geburt (2 – 4 Wochen) kommt es zur Eiterabsonderungüber die Tränenpünktchen; Erkrankung verläuft subakut mit Eiteransammlungin der Lidspalte; Bindehaut i.d.R. unbeteiligtDd.: Gonoblennorrhö (Augentripper), Argentum-KatarrhTherapie: in den ersten Wochen sollte man die spontane Öffnung der Stenose abwarten, antibiotischeund abschwellende Augen- und Nasentropfen (z.B. Erythromycin, Xylometazolin0,05% pro infantibus)bei persistierenden Beschwerden: Überdruckspülung oder Tränenwegssondierung in Kurznarkosein vielen Fällen gelingt es durch mehrfach tägliche Massage mit vorsichtigem Druck auf denTränensack die Hasner-Membran zu öffnen à Abflusshindernis beseitigtEröffnung mit der Silberblattsonde: nach Tropfanästhesie (beim Säugling: Kurznarkose) Silberblattsondevorsichtig in die Tränenwege einführen, Tränenpünktchen werden dilatiert unddie Hasner-Membran wird eröffnet à erlangte Durchgängigkeit der Tränenwege mit gefärbterSpüllösung nachweisbar; bei Säuglingen ab 6 MonatenStörungen der TränenfunktionKeratoconjunctivitis sicca (trockenes Auge) S. 66-68= nichtinfektiöse Keratopathie, bei der eine Benetzungsstörung von Binde- und Hornhaut vorliegt(Tränenmangel, trockenes Auge)Epidemiologie: gehört zu den häufigsten Augenproblemen; Manifestationsalter zwischen dem40. und 50. Lebensalter, Frauen (v.a. in der Menopause – veränderter Hormonstatus) weitaushäufiger betroffen (86%); in Regionen mit hoher Umweltbelastung häufigerÄtiopathogenese: entsteht infolge des trockenen Auges, welches entsteht durch:


12- verminderte Tränenproduktion (hypovolämische Form) im Rahmen bestimmter Systemerkrankungen(z.B. Sjögren-Syndrom, rheumatoide Arthritis) oder infolge von Atrophiebzw. Destruktion der Tränendrüse oder- einer veränderten Zusammensetzung des Tränenfilms: durch Vitamin-A-Mangel, <strong>Med</strong>ikamente(Ovulationshemmer, Retinoide) oder bestimmte Umwelteinflüsse (Nikotin,Smog, Klimaanlage); der Tränenfilm reißt zu schnell auf und verursacht Austrocknen derHornhaut (hyperevaporative Form)das trockene Auge kann jedoch auch eine Erkrankung sui generis darstellenSymptomatik: bei leichten äußeren Reizen (Wind, Kälte, niedrige Luftfeuchtigkeit, längeresLesen) à brennende, gerötete und übermäßig tränende Augen (reflektorischer Tränenfluss)und Fremdkörpergefühl (Sandkorngefühl), häufig starke Schmerzen, Sehschärfe meist kaumeingeschränktDiagnostik: häufig Diskrepanz zwischen feststellbarem geringem klinischen Befund und denstarken Beschwerden, meist Schirmer-Test (Auskunft über wässrigen Anteil der Tränenflüssigkeit)erniedrigt und die Tränenfilmaufrisszeit (gibt Auskunft über den Muzinanteil desTränenfilms, der für dessen Stabilität sorgt), verkürzt: normal: mind. 10 Sek., hier: wenigerals 5 Sek.; bei der <strong>Untersuchung</strong> mit der Spaltlampe fallen dilatierte Bindehautgefäße undeine geringe perikorneale Injektion auf, das Unterlid schiebt die Bindehaut in Falten vor sichherin schweren Fällen: Auge rot, im Tränenfilm finden sich zäher Schleim sowie kleine Fäden,die von einer oberflächlichen Epithelläsion (sichtbar nach Anfärben der Hornhaut mit Fluorescein)ausgehen (Keratritis filiformis oder Fädchenkeratitis);in leichteren Fällen Auge nur gerötet, nach Fluoreszeinapplikation sind die oberflächlichenLäsionen des Epithels sichtbar (Keratitis superficialis punctata),in hartnäckigen Fällen Bengalrosatest zur weiteren DiagnostikTherapie: Tränenersatzmittel (Filmbildner) je nach Schweregrad in unterschiedlicher Viskosität(von Augentropfen bis hochvisköse und damit lange einwirkende Gele, stündlich bis halbstündlichapplizieren); in hartnäckigen Fällen: Tränenpünktchen mit kleinen Silikonstöpseln(punctum plugs) passager verschließen, um zumindest die wenigen Tränen, die noch produziertwerden, aufzustauen: zunächst versuchsweise Kollagenstöpsel, die sich nach einiger Zeitvon selbst auflösen; in schweren Fällen: chirurgische Verödung der Puncta lacrimala;zuhause: Luftbefeuchter, Gebläse im Auto verstellen, damit nicht auf Augen, Frauen: gynäkologischesKonsil zum HormonstatusPrognose: unter den angegebenen Therapien gut, völlige Ausheilung nicht möglich


134. Bindehaut (Konjunktiva)GrundkenntnisseAufbau der Bindehaut= dünne, transparente, gefäßführende und normalerweise glänzende Schleimhautschicht, bildetunter Einbeziehung der Hornhautoberfläche den Bindehautsack; die Conjunctiva bulbi istauf der Sklera leicht verschieblich und haftet am Limbus corneae (Hornhautrand) fest an: dasBindehautepithel geht hier in das Hornhautepithel über; die Conjunctiva tarsi kleidet die Innenseiteder Lider aus und ist dort fest mit dem Tarsus verbunden; im Fornix conjunctivaebildet die lockere Conjunctiva fornicis eine Umschlagfalte und geht in die Conj. bulbi über;nasal: befindet sich im Lidspaltenbereich eine halbmondförmige Schleimhautfalte (Plica semilunaris)sowie die daran anschließende Karunkel, die Haare und Talgdrüsen enthältFunktionen des Bindehautsackes: 3 Hauptaufgaben:- Beweglichkeit des Bulbus (Augapfel): die lockere Verbindung der Conjunctiva bulbi mitder Sklera und die Bindehautreserve in den Umschlagfalten erlaubt die freie Beweglichkeitdes Bulbus in alle Blickrichtungen- Gleitschicht: Bindehautoberfläche glatt und feucht à problemloses und schmerzlosesAufeinandergleiten der Schleimhautschichten; Gleitmittel: Tränenfilm- Schutzfunktion: Erregerabwehr der Konjunktiva durch follikelähnliche Ansammlungenvon Lymphozyten und Plasmazellen (LK des Auges) unter der Conjunctiva tarsi und inden Umschlagfalten à bakterizide Substanzen, Ig, Interferon und Prostaglandine wirkenals SchutzHornhautoberfläche bildet funktionell den Boden des Bindehautsackes……..Bild S. 72<strong>Untersuchung</strong>smethodenInspektion: Conjunctiva bulbi kann man im Bereich der Lidspalte durch Inspektion und fokaleBeleuchtung beurteilen: normalerweise transparent, glänzend; übrigen Teile nur nach Umklappendes Ober- bzw. Unterlides einsehbar (Ektropionieren)Anfärben: nach Applikation eines Tropfens Fluoreszein können Defekte und Risse der Binde-und Hornhaut bei Beleuchtung mit Blaulicht sichtbar gemacht werden; Bengalrosa färbtabgetötete Epithelzellen und Schleim anEktropionieren: zum Spülen und Reinigen des Bindehautsackes (z.B. Entfernung eines FKoder Erste Hilfe bei Verätzungen)


14Konjunktivitis S. 79Allgemeines zu Ursachen, Symptomatik und Diagnostik= ein entzündlicher Prozess der Augenoberfläche, der durch Gefäßerweiterung, zelluläre Infiltrationund Exsudation gekennzeichnet istVerlauf: Unterscheidung zwischen- akute Konjunktivitis: abrupter Beginn, zuerst einseitig mit Entzündung des 2. Auges innerhalbeiner Woche, Dauer weniger als 4 Wochen- chronische Konjunktivitis: Dauer länger als 3 – 4 WochenEpidemiologie: insgesamt eine der häufigsten AugenerkrankungenÄtiologie: kann- infektiös: bakteriell (häufigste Ursache), viral, parasitär oder mykotisch- nicht infektiös: durch permanenten Reizzustand (z.B. infolge Tränenmangel, unkorrigiertemBrechungsfehler); allergisch; toxisch (z.B. durch äußere Einflüsse, Staub, Rauch,…);durch eine andere Erkrankung (z.B. Stevens-Johnson-Syndrom)bedingt seinSymptomatik: rotes Auge, verklebte Lider am Morgen infolge der vermehrten Sekretion imVordergrund; Schwellung des Lides, sodass dieses scheinbar gesenkt ist (Pseudoptosis);Fremdkörper- und Druckgefühl, Augenbrennen individuell unterschiedlich stark; starker Juckreizdeutet auf allergische Ursache hin; Lichtscheu (Photophobie) und vermehrtes Tränen (Epiphora)in sehr unterschiedlichem Ausmaß vorhanden;zusätzlich Lidkrampf (Blepharospasmus): spricht für Beteiligung der Hornhaut (Keratokonjunktivitis)Diagnostik: Ursachen vielfältig, klinisches Bild sehr variabel à charakteristische Befunde(z.B. Art der Exsudation, konjunktivale Befunde, präaurikuläre LKschwellung) für DiagnostikwichtigErgebnis der Ausstrichzytologie:bakterielle Konjunktivitis: Granulozyten, BakterienChlamydienkonjunktivitis: intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen in Epithelzellen,Leukozyten, Plasmazellen, LymphozytenVirale Konjunktivitis: Lymphozyten, MonozytenAllergische Konjunktivitis: eosinophile Granulozyten, Lymphozyten


15Toxische Konjunktivitis: Epithelzellen, Lymphozyten, GranulozytenSymptom/Befund Bakt. K. Chlamydien- Virale K. Allergische ToxischeJuckreiz - - + - ++ -Hyperämie (rotes Auge)++ + + + +Blutung + - + - -Sekretioneitrig, mukopurulent wässrig fädig weiß, -gelblicheKrustenzähflüssigChemosis (Bindehautschwellung)++ - + - ++ + -Tränen (Epiphora) + + ++ + +Follikel - ++ + + +Papillen + + - - + -Pseudomembranen, + - - + - - -MembranenLKschwellung + + ++ - -Pannusbildung - + - - + -zusätzl. Keratitis + - + + - - + -Fieber/Angina + - - + - - -Hyperämie: das rote Auge ist das typische Zeichen einer Konj.; die konjunktivale Injektion isteine vermehrte Füllung der Bindehautgefäße, am stärksten in den Umschlagfalten; Hyperämiebei allen Konjunktivitisformen vorhanden; Sichtbarkeit der injizierten Gefäße, ihre Lokalisationund ihr Ausmaß jedoch sind wesentliche differentialdiagnostische Kriterien; anhand derInjektion lässt sich feststellen, ob es sich überhaupt um eine Konjunktivits oder z.B. eineSkleritis oder Keratitis handeltSekretion: Stärke und Art der Exsudate (schleimig, eitrig, wässrig, fadenziehend, blutig) vonUrsache abh.Bindehautschwellung (Chemosis): Ausmaß reicht von nicht verdickter bis zu weißlich-glasigödematöser Bindehaut, die aus der Lidspalte quillt (bei bakterieller und allergischer Konjunktivitismöglich)


16Epiphora (vermehrtes Augentränen): muss von Exsudation unterschieden werden; meist einreflektorischer Sekretionsanreiz auf einen Binde- oder Hornhautfremdkörper oder auf einentoxischen ReizFollikel: Lymphozytenansammlung der tarsalen und bulbären Bindehaut, knötchenförmige(Aussehen wie Sagokörner), herdförmige Anhäufungen lymphatischen Gewebes; typischerweisebei Virus- und ChlamydieninfektenPapillen: „Pflastersteinartige“, polygonale Vorwölbungen der Bindehaut, in deren Zentrumsich ein feines Gefäßbäumchen befindet; typisch für allergische KonjunktivitisMembranen und Pseudomembranen: Konjunktivale Reaktion bei schwereren infektiösen undtoxischen Konjunktivitiden: Nekrosen von Epithelverbänden, die entweder leicht und ohneBlutung abgezogen werden können, oder eine blutende Oberfläche hinterlassen (Membranen)LKschwellung: der Lymphabfluss der Augenregion geht zu den präaurikulären und submandibulärenLK; LKschwellungen häufig bei der viralen KonjunktivitisPannusbildung: Bindegewebe- und Gefäßeinwachsung zwischen Bowman-Lamelle undHornhautepithel in der oberen ZirkumferenzGranulome: Entzündliche Knötchen des konjunktivalen Stromas mit umschriebener Rötungund Gefäßinjektion z.B. bei Allgemeinerkrankungen wie Tbc oder Sarkoidose oder exogen(Fadengranulome nach OP´s oder andere FKgranulome)<strong>Untersuchung</strong>smethoden:Spaltlampenuntersuchung: Art und Ausmaß der Gefäßinjektion, Sekretion, Bindehautschwellung,…Ektropionieren: Inspektion des Ober- und Unterlides, um festzustellen, ob z.B. Follikel, Papillen,Membranen, FK vorliegenAbstrichdiagnostik: bei unklarer Diagnose oder antibiotikaresistenter Konjunktivitis, die klinischzunächst eine bakterielle Ursache vermuten lässt, ist ein Bindehautabstrich zum mikrobiologischenErregernachweis nötig (Watteträger und Transportröhrchen; für Chlamydiennachweisbesondere Testkits mit Gewebekulturen)schlägt ein AB bei einer vermutlich bakteriellen K. nicht an, sollte es abgesetzt und nach 24Std. ein Abstrich vorgenommen werden; bei Kindern sollte jede Konjunktivitis mikrobiologischabgeklärt werdenEpithelausstrich: zum Nachweis von Chlamydien; generell zur genaueren Abklärung des Erregers:abgeschabtes Bindehautepithel auf Objektträger ausstreichen, mit Giemsa und Gramfärben; zytologisches Bild liefert wichtige Hinweise auf Ätiologie der Konjunktivitis:- bakterielle Konjunktivitis: polymorphkernige Granulozyten und Bakterien


17- virale: Lymphozyten und Monozyten- Chlamydienkonj. (Sonderform einer bakt. Konj.): Mischbild aus Lymphozyten, Plasmazellen,Leukozyten; auch: charakteristische intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen inEpithelzellen können gefunden werden- allergische Konj.: überwiegend eosinophile Granulozyten und Lymphozyten- mykotische Konj. (sehr selten): Pilzhyphen erkennbarInfektiöse KonjunktivitisBindehaut bereits im gesunden Zustand mikrobiell besiedelt; Entzündung entsteht durch Neuinfektionbei direktem Kontakt mit pathogenen Keimen (Finger, Handtuch, Schwimmbad),aber auch durch belastende Faktoren (Schwächung der körpereigenen Abwehr, Verletzung)- Bakterielle KonjunktivitisEpidemiologie: bakterielle Bindehautentzündungen überaus häufigÄtiologie: Staphylo-, Strepto-, PneumokokkenSymptomatik: starke Rötung, Bindehautschwellung, eitrige Sekretion, die zu gelblichen KrustenführtDiagnostik: typische Symptome; Labordiagnostik (Bindehautabstrich) erst, wenn die Konj.nicht auf AB-Therapie ansprichtTherapie: in der Regel reagiert bakt. K. extrem gut auf AB: meist als Salbe (längere Wirkdauer,z.B. über Nacht) und Tropfen für die lokale Therapie: z.B. Gentamicin (Refobacin),Tobramycin, Chloramphenicol, Neomycin (Nebacetin),…auch in schweren, unklaren oder therapieresistenten Fällen, in denen mikrobiologischerKeimnachweis notwendig ist, sofort mit einem Breitspektrumantibiotikum oder mit antibiotischenKombinationspräparaten (lokal), die den grampositiven und gramnegativen Erregerbereichabdecken, therapieren, da Keimnachweis und Resistenztestung der AB mehrere Tagedauern kannVerlauf und Prognose: klingt mit Therapie in wenigen Tagen folgenlos ab- Chlamydienkonjunktivitis = gramnegative BakterienEinschlusskörperchen-Konjunktivitis (Schwimmbadkonj., Paratrachom)Epidemiologie: sehr häufig: 1,7 – 24% aller sexuell aktiven Erwachsenen infiziertÄtiopathogenese: okulogenitale Infektion (Chlamydia trachomatis) immer über Kontaktinfektion:bei Neugeborenen (Neugeborenenkonjunktivitis) während der Geburt durch das Zer-


18vixsekret, bei Erwachsenen durch Geschlechtsverkehr, selten in schlecht gechlortenSchwimmbädernSymptomatik: Augen nur mäßig rot und leicht verklebt durch zähen SchleimDiagnostik: typisch: Follikel am Ober- und Unterlidtarsus sowie die Bindehautüberwachsungdes oberen Hornhautlimbus (Pannus); da okulogenitale Infektion: anamnestisch Vaginitis,Zervizitis, Urethritis erfragen à ggf. urologisch bzw. gynäkol. abklären; Nachweis Chlamydien:Bindehautabstrich; zytologisch: typische basophile intrazytoplasmatische EinschlusskörperchenTherapie: Erwachsene: Tetracyclin- oder Erythromycin-Augentropfen bzw. –Augensalbe über4 – 6 Wochen; sowohl Patient als auch Sexualpartner oral mit Tetracyclin; Kinder: nur ErythromycinVerlauf und Prognose: gut, wenn Sexualpartner auch therapiert wirdTrachom (ägyptische Körnerkrankheit, raues Auge)in unseren Breiten nicht, in Endemiegebieten (warmes Klima, schlechter Lebensstandard,schlechte Hygiene) gehört es zu den häufigsten Erblindungsursachenunbehandelt 4 Stadien:I: Hyperplasie der Lymphfollikel am oberen TarsusII: Papillenhypertrophie am oberen Tarsus, subepitheliale korneale Infiltrate, Pannusbildung,Follikel am LimbusIII – IV: zunehmende Vernarbung und Sicca-Symptomatik, Entropium à Trichiasis à Keratitisà Superinfektion à Ulkus à Perforation à Verlust des Auges- ViruskonjunktivitisEpidemiologie: Keratoconjunctivits epidemica insgesamt häufig und die wichtigste viraleBindehautentzündungÄtiopathogenese: höchst kontagiös; Adenoviren meist Typ 8 oder 19; Übertragung durch direktenKontakt; Inkubationszeit 8 – 10 TageSymptomatik: meist einseitiger Beginn; typisch: stark tränendes und juckendes Auge, sondertwässrig-schleimiges Sekret ab; häufig das Lid, z.T. auch die Bindehaut geschwollen; oftgleichzeitig leichten grippalen InfektDiagnostik: charakteristisch Rötung und Schwellung der Plica semilunaris und der Karunkelsowie eine nummuläre (= münzenförmige) Keratitis nach 8 – 15 Tagen (also im Stadium desAbheilens); die münzenförmigen Infiltrate im oberflächlichen Hornhautstroma können Monatebis Jahre bestehen bleiben


19Therapie: Erkrankung folgt einem eigengesetzlichen Verlauf, praktisch nicht beeinflussbar,heilt nach 2 Wochen aus; spezifische Therapie nicht möglich; symptomatische Behandlungmit künstlichen Tränen und kühlen Umschlägen zur Linderung; Cortisontropfen sollte manvermeiden, da sie immunologische Abwehr dämpfen und Krankheitsbild verlängernProphylaxe: möglichst wenig am kranken Auge reiben und direkten Kontakt mit anderenmeiden; besondere hygienische Vorkehrungen müssen in Augenkliniken und Praxen bei der<strong>Untersuchung</strong> eingehalten werden: Händeschütteln meiden, Kontakt zu anderen Patienten,<strong>Untersuchung</strong> erfolgt indirekt ohne Patientenkontakt; anschließend Hände, Arbeitsplatz mitOberflächendesinfektionsmittel desinfizieren- Neugeborenenkonjunktivitis (Ophthalmia neonatorum)Epidemiologie: etwa 10% der NeugeborenenÄtiopathogenese: häufigsten Erreger = Chlamydien, gefolgt von Gonokokken; (seltener:Pseudomonas aeruginosa, Hämophilus, Staphylococcus aureus, Strept. pneumoniae) oderHerpes-simplex-Viren; Erreger werden bei der Geburt übertragen;Chlamydieninfektion Sonderstellung, da sie in Mitteleuropa heute zu den häufigsten, oft nichterkannten genitalen Infektionen der Mutter zählt (5% aller Schwangeren); manchmal entstehteine Neugeb.k. aufgrund der Credé-Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist, um bakteriellenInfektionen vorzubeugenDd der Neugeb.k.Ursache Beginn Befund Zytologie/Labordiagn.toxisch (AgNO3 – nach Stunden Hyperämie, geringe negative KulturSilbernitrat = CredéprophylaxeSekretionwässrige bis muköseGonokokken (Gonoblennorrhö)2. – 4. Lebenstag akute eitrige Konj. …andere Bakterien 4. – 5. Lebenstag mukopurulente Konj.Chlamydien (Einschlussblennorhö)Konj., zäher Schleim5. – 14. Lebenstag mukopurulenteHerpes-simplex-Viren 5. – 7. Lebenstag wässrige Blepharokonjunktivitis;Hornhautbeteiligung;systemischeManifestation


20Symptomatik: Entzündung manifestiert sich je nach Erreger zwischen dem 2. und 4. Lebenstag;Spektrum reicht von leichter konjunktivaler Reizung bis hin zur Augen bedrohenden Infektion(v.a. bei Gonokokkeninfektion: akute eitrige Konjunktivitis des Neugeborenen = gefährlicheErkrankung, bedarf Facharzt); die Konjunktivitis aufgrund der Credé-Prophylaxebeginnt schon nach Stunden, führt aber nur zu einer leichten BindehautreizungDiagnostik: klinische Verdachtsdiagnose anhand des Krankheitsbeginns und des klinischenBildes: für die Gonokokkeninfektion z.B. ist besonders starke Eiteransammlung typisch; dieLider sind straff und geschwollen, da sich Eiter (rahmig-eitrig) unter den Lidern sammelt,beim Öffnen der Lider kann es unter Druck herausspritzen à Gefahr der Infektion beim Untersucherà bei Verdacht auf Gonoblennorrhö Schutzbrille; Gonokokken können auch ohneDefekt der Hornhautoberfläche ins Auge penetrieren und so zum Verlust des Auges führenDiagnose sollte zytologisch und mikrobiologisch gesichert werden: Gramfärbung: gramnegativeintrazelluläre DiplokokkenDifferentialdiagnose: entscheidend Beginn der Erkrankung; Dacryocystitis neonatorum abgrenzen,die erst 2 – 4 Wochen nach der Geburt mit Rötung und Schwellung der Tränensackgegendsowie eitriger Absonderung aus den Tränenpünktchen beginntTherapie:- Toxische Konjunktivitis: durch regelmäßiges Auswaschen der Augen und Lidhygieneklingt er Befund nach 1 – 2 Tagen von selbst ab- Gonoblennorrhö: lokal Breitspektrumantibiotika (stündlich Gentamicin-Augentropfen)und systemisch Penicillin (Penicillin G i.v. 2 Mill. I.E./Tag) oder Cephalosporin (bei Penicillinaseproduzierenden Stämmen); diese Therapie erfasst auch andere bakterielle Erreger- Chlamydienkonjunktivitis: Erythromycin systemisch und lokal (Erythromycin-Augentropfen 5x am Tag); Eltern unbedingt mitbehandeln- Herpes-simplex-Virus-Konjunktivitis: Zovirax-Augensalbe in den Bindehautsack und aufdie Lider, da i.d.R. auch Herpesbläschen auf den LidernProphylaxe: die Credé-Prophylaxe (Eintropfen von 1%iger Silbernitrat-Lösung) verhindertbakterielle Entzündungen, nicht aber eine Chlamydien- oder Herpesinfektion; Prophylaxeeiner Chlamydieninfektion: regelmäßige <strong>Untersuchung</strong>, ggf. Therapie der Schwangeren- Konjunktivitis durch Parasiten und Pilze: in unseren Breiten sehr selten oder Begleitsymptomeiner primären Hornhauterkrankung (mykotisches Hornhautulkus)


21Nichtinfektiöse Konjunktivitis- unspezifische Konjunktivitis (Conjunctivitis simplex)häufig; wird durch eine Reihe äußerer Reize (Rauch, Staub, Hitze, Kälte, Wind: Autofenster,UV-Licht: Schweißen, Höhensonne, Gebirge) oder durch trockene Augen (Conjunctivitis sicca)verursacht, ist unangenehm aber ungefährlich: Fremdkörpergefühl, mehr oder wenigerrotes Auge, Epiphora; therapeutisch: auslösenden Reiz ausschalten, symptomatische TherapieUrsache: Reiz; Verlauf: akut bis chronisch;Symptomatik: FKgefühl, konjunktivale Rötung, Epiphora, Blepharitischarakteristische Merkmale: Tränenmangel, äußere Reize, unkorrigierte Brechungsfehler(meist Hyperopie)Therapie: Tränenersatzmittel, Meiden der spezifischen Reize, Brille- allergische Konjunktivitidensaisonal bedingt, betreffen oft auch die Nasenschleimhäute wie die Rhinokonjunktivitis (Heuschnupfen)und die vernale Konj. (Frühjahrskatarrh);- Rhinokonjunktivitis:Verlauf: akut-saisonal,Symptomatik: heftiges Augentränen, Bindehautchemose (kann monströs sein), wässrige Sekretion,FKgefühl, Niesencharakteristische Merkmale: typischerweise mit Rhinitis kombiniert; saisonale Allergie gegenPollen, Gräser, pflanzliche AllergeneTherapie: Desensibilisierung; adstringierende Augentropfen (Tetryzolin, Naphazolin); notfallsoberflächlich wirksame Kortisonaugentropfen (Fluorometholon)- vernale Konjunktivitis:Verlauf: akut-saisonal;Symptomatik: tarsale und konjunktivale Form: pflastersteinähnliche Wucherungen auf dertarsalen Bindehaut des Oberlides, Pseudoptosis, FKgefüh, Epiphoralimbäre Form: Schwellung der Conjunctiva bulbi, kranzförmig angeordnete Knötchen amLimbus corneae; FKgefühl, EpiphoraHornhautbeteiligung: große Hornhauterosion auf der Schleim festhaftet (Vernalis plaques);Abwehrtrias: Schmerzen, Blepharospasmus, Epiphora


22charakteristische Merkmale: bei Knaben oder männlichen Jugendlichen saisonal im Frühjahr:entweder isoliert okulär oder mit generalisierter Atopie (Asthma); IgE-vermittelte ImmunreaktionTherapie: kurzfristig Kortisonaugentropfen gegen die Schwellung; Acetyl-Cystein-Gel zurVerflüssigung des Schleims; Cromoglycinsäureaugentropfen als Prophylaxe im erkrankungsfreienIntervall5. Hornhaut (Kornea)GrundkenntnisseDie Hornhaut ist das optische Fenster des Auges, transparent à Augenarzt kann Strukturendes Augeninneren untersuchen; 43 dpt à Hornhaut hat den stärksten Anteil an der Gesamtbrechkraftdes Auges; Die Hornhaut ist wie ein Uhrglas mit seichter Randfurche (Limbus corneae)in die schwächer gekrümmte Lederhaut (Sklera) eingefügt; das Hornhautgewebe bestehtaus 5 SchichtenMorphologie und Heilungsverhalten- die Oberfläche: mehrschichtiges, nicht verhornendes Plattenepithel, das sich im Verletzungsfallsehr rasch regeneriert: in Stundenfrist werden Epitheldefekte durch Zellverschiebungund rasche Zellteilung geschlossen, wenn die Limbusstammzellen, die im Bereichdes Limbus corneae lokalisiert sind, nicht zerstört oder beschädigt sind: sind sienicht mehr funktionstüchtig, findet keine reguläre Hornhautregeneration mehr statt; intakterEpithelverband für Keimabwehr notwendig, ein Defekt bedeutet leichteres Eindringenvon Außenkeimen- die Basalzellen des Plattenepithels sind durch eine dünne Basalmembran fest mit derBowman-Lamelle verankert, diese ist höchst widerstandsfähig, jedoch nicht regenerationsfähig:Verletzung der Bowman-Lamelle heilt mit Hornhautnarbe aus- an die Bowman-Lamelle schließen die Kollagenlamellen an, bilden in ihrer Gesamtheitdas Hornhautstroma: ausgesprochen bradytrophes (mit langsamen Stoffwechsel: werdendurch Diffusion aus der umgebenden Flüssigkeit versorgt, nur wenige bis keine Kapillaren),das sich besonders aufgrund seiner Gefäßfreiheit nur langsam regeneriert, andererseitsist mit der Gefäßfreiheit der Hornhaut eine immunologische Privilegierung verbunden,die sich bei der Hornhauttransplantation positiv auswirkt: bei einer Routinetransplantationkann Spendergewebe ohne vorherige Gewebetypisierung verwendet werden, nur beistark vaskularisierter Empfängerhornhaut (z.B. infolge einer Verätzung oder Entzündung)ist mit einer erhöhten Abstoßungsreaktion zu rechnen


23- das Hornhautstroma schließt zur Vorderkammer hin mit der Descemet-Membran und demHornhautendothel ab; die Descemet-Membran ist eine relativ derbe Membran, hält Vorderkammerselbst dann noch aufrecht, wenn das Hornhautstroma (z.B. infolge einer Entzündung)völlig eingeschmolzen ist (Descemetozele); ist eine echte Basalmembran à beiVerlust wird sie durch funktionstüchtige Endothelzellen neu gebildet; Hornhautendothel:mit für die Transparenz der Hornhaut verantwortlich: dafür hohe Endothelzelldichte nötig;nicht regenerationsfähig, Defekte werden durch Zellvergrößerung und Migration gedecktDurchmesser: der reguläre, durchschnittliche Hornhautdurchmesser des Erwachsenen beträgt11,5 mm (10 – 13 mm); angeborene abnorm kleine (Mikrokornea, unter 10 mm) oder abnormgroße Kornea (Megalokornea, 13 – 15 mm) = pathologischErnährung: das fünfschichtige Hornhautgewebe ist zellarm, strukturlos und hat keine Gefäße;wie Linse, Lederhaut und Glaskörper zählt die Hornhaut zu den bradytrophen Geweben, derStoffwechsel ist also träge (bedingt eine langsame Heilung); Ernährung durch nutritive Metaboliten(AS, Glukose) erfolgt durch Diffusion aus dem Randschlingennetz; Stoff- und Ionenaustauschaus dem Kammerwasser und dem TränenfilmBedeutung des Tränenfilms für die Hornhaut: der dreischichtige präkorneale Tränenfilm sichertdie glatte Oberfläche und trägt zur Ernährung bei: ohne Tränenfilm Epitheloberflächerau, Patient sieht unscharf; schützt durch das bakterizide Ferment Lysozym das Auge vor InfektionenTransparenz: beruht auf 2 Faktoren:- auf der regelmäßigen Anordnung der Kollagenlamellen im Hornhautstroma und der faltenfreienglatten Endothel- und Epitheloberfläche (durch Augeninnendruck)- auf dem konstanten Wassergehalt des Hornhautstromas von 70 %: wird konstant gehalten,indem einerseits das Epithel das Stroma von außen abdichtet und andererseits das Endothelvon innen mit einer aktiven Ionenpumpe permanent Wasser aus der Hornhaut herauspumpt;setzt ausreichend hohe Endothelzelldichte vorausSowohl Epithel als auch Endothel besitzen Barrierefunktion und regulieren durch selektiveDiffusion den Stoffaustausch zwischen Hornhaut, Tränenflüssigkeit und KammerwasserSchutz und Innervation der Hornhaut: extrem wichtige Struktur für das Auge, hoch empfindlich:ihre ausgeprägte sensible Innervation (aus dem <strong>1.</strong> Trigeminusast) bewirkt schon bei derleisesten Berührung reflektorischen Lidschluss; jede Verletzung der Hornhautoberfläche(Erosio, Eindringen eines FK, Verblitzung) führt zur Freilegung sensibler Nervenendigungenund damit zu krampfartigen Schmerzen (Folge: Tränenfluss und krampfhafter Lidschluss):


24Trias Blepharospasmus, reflektorischer Tränenfluss (Epiphora), Schmerzen legen immer Verdachtauf Verletzung der Hornhaut nahe<strong>Untersuchung</strong>smethodenNichtaugenarzt: Aussagen über Transparenz (Trübungen in Stroma und Epithel, die z.B. aufNarben oder ein Hornhautinfiltrat hindeuten), den Oberflächenglanz (fehlt: deutet aufEpitheldefekt hin) und ev. oberflächliche Verletzungen; mit Lineal: Hornhautgröße, mit Wattetupfer:Sensibilität; Augenarzt: mit Instrumenten detaillierte Befunde zu Morphologie,FunktionSpaltlampenuntersuchung= Hauptuntersuchungsinstrument zur Beurteilung der Hornhaut: man kann zwischen einer 8 –40-fachen Vergrößerung wählen und damit im Lichtschnitt alle Schichten der Hornhaut untersuchen:sie emittiert parallele Lichtstrahlen, die in Form eines Spaltes gebündelt werden; mitdiesem Lichtstrahl wird die Hornhaut direkt, indirekt und retrograd beleuchtet (spaltförmigeBlende)- Direkte Beleuchtung: man fährt mit dem Lichtstrahl über die gesamte Hornhaut und kannso die Dicke und Tiefe von Hornhautveränderungen bestimmen- Indirekte Beleuchtung: man lässt das Licht der Spaltlampe seitlich am Limbus corneaeeinfallen, so dass es von der normalerweise völlig transparenten Hornhaut komplett reflektiertwird: geringfügige Trübungen und leichte Hornhautödeme – eben Stellen an derHornhaut, die das Spaltlampenlicht nicht komplett reflektieren – lassen sich so gut diagnostizierenund lokalisieren- Retrograde Beleuchtung: man nutzt das von der Iris reflektierte, senkrecht einfallendeLicht der Spaltlampe, um die Hornhaut von hinten zu beleuchten: feine epitheliale undendotheliale Beschläge oder kleine Blutgefäße werden sichtbarAnfärben der Hornhaut: Defekte der Hornhautoberfläche lassen sich mit Fluoreszein- oderBengalrosa-Lösung (jeweils 1 Tropfen 1%ige Lösung einträufeln) deutlich darstellen: dieseVitalfarbstoffe werden von intaktem Epithel i.d.R. nicht angenommen à nicht nur flächigeEpithelverluste (Erosio corneae), sondern auch sehr feine Defekte (Keratitis punctata superficialis)können sichtbar gemacht werden; im blauen Licht verstärkt sich der fluoreszeierendeEffekt; mit diesen Anfärbemethoden kann man einen Defekt im Epithelverband auch ohneSpaltlampe feststellen, z.B. bei Kleinkindern


25Hornhauttopographiedie Regelmäßigkeit der Hornhautoberfläche kann mit der Placidoscheibe grob beurteilt werden:runde Scheibe mit konzentrischen schwarzen und weißen Ringen, in der Mitte ein Loch:Untersucher hält die Scheibe in der Hand und sieht durch das Loch: anhand der SpiegelbilderRinge auf der Hornhaut des Patienten kann man beurteilen, ob ein Astigmatismus vorliegt;heute: computergesteuerte Hornhauttopographie: Vermessung der Hornhaut per Computer:Brechungswerte der einzelnen Hornhautareale können durch unterschiedliche Farben je nachDioptrienstärke wiedergegeben werdenFeststellen der Hornhautsensibilitäteinfache, orientierende Sensibilitätsprüfung mit fein ausgezogenem Zellstofftupfer: Erhärtungder Diagnose bei Verdachtes auf Virusentzündung der Kornea oder eine Störung der HirnnervenV oder VII (Trigeminus, Facialis) (bei diesen Erkrankungen die Hornhautsensibilität herabgesetzt);für die genaue und abgestufte Hornhautsensibilitätsprüfung und zur Verlaufsbeobachtung:automatisches Ästhesiometer: Sensibilitätsreiz kann stufenweise erhöht werden:Prüfung nach z.B. Hornhauttransplantation, ob und mit welcher Geschwindigkeit Sensibilitätwieder zunimmtMessen der Hornhautendothelzelldichteausreichend hohe Endothelzelldichte für die Transparenz der Hornhaut sehr wichtig: Dichtekann an der Spaltlampe bei seitlicher Beobachtung und seitlicher Beleuchtung in einem umschriebenenSpiegelbezirk grob abgeschätzt werden; exakte Zählung und Morphologiebeurteilungdurch Hornhautendothel-Mikroskope, erfassen die Hornhautendothelzellschicht großflächig:wenn die Zellzahl bei der Spaltlampenuntersuchung extrem niedrig erscheint und derPatient sich einer KataraktOP unterziehen soll: exakte Zählung der Zellzahl (Endothelzellen/mm 2 ) möglich und gleichzeitige Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie: Pachy = 520 mikrometer)Messen des HornhautdurchmessersAbmessen mit dem Lineal, Zirkel (unter Narkose) oder KeratometerHornhautdickenmessung (Hornhautpachymetrie)zentral etwa 520 mikrometer: Dicke der Hornhaut spielt bei der Messung des Augeninnendruckeseine wichtige Rolle, da sie direkt mit den gemessenen Druckwerten korreliert: je dickerdie Hornhaut, desto höher fallen die gemessenen Druckwerte aus, je dünner, desto niedrigerexakte Messung für refraktäre Chirurgie (radiale Keratotomie, Astigmatismuskorrektur) wichtig:Um die gewünschte Verbesserung der Refraktion zu erzielen, müssen z.T. über 90% tiefeHornhauteinschnitte vorgenommen werden, Perforation ist unbedingt zu vermeiden


26hochpräzise Hornhautdickenmessung auf 2 Arten:- optisch an der Spaltlampe mit Messaufsatz am sitzenden Patienten oder- echographisch mit Sonde: genauer- HornhautendothelzellmikroskopInfektiöse KeratitisSchutzmechanismen der Hornhautreflektorischer Lidschluss, Spüleffekt der Tränenflüssigkeit, antimikrobielle Wirkung derTränenflüssigkeit (Lysozym), Diffusionsbarriere durch hydrophobes Epithel, gute und schnelleRegenerationsfähigkeit des EpithelsPathogenese von Hornhautinfektionenwenn bestimmte Keime aufgrund oberflächlicher Verletzungen oder kleiner Epitheldefekteder Hornhaut in der Lage sind, ihre Abwehrmechanismen zu durchbrechen, kommt es imbradytrophen Gewebe der Hornhaut zur jeweils erregertypischen Keratitis à typische Ereignisabfolge:Hornhautläsion à Eindringen der Keime und Keimbesiedelung des Hornhautstromas (rotesAuge) àEinwanderung und Infiltration von Immunproteinen, infolgedessen àHornhauteintrübung und weitere Öffnung der Eintrittspforte (Hornhautinfiltrat sichtbar) àVorderkammerreizzustand mit Hypopyon (= am Boden der Vorderkammer sammelt sich Eiteran, der einen typischen Eiterspiegel bildet = Ulcus corneae serpens) àDurchwanderung der Hornhaut durch die Keime, infolgedessen àEinschmelzen des Hornhautstromas bis hin zur relativ derben Descemet-Membran; sog.Descemetozele: nur die Descemet-Membran ist noch intakt (unter der Spaltlampe erkennbaran der Vorwölbung der Membran) àbei weiterem Fortschreiten: Perforation der Descemet-Membran und Abfließen des Vorderkammerwassers(sog. perforierter Ulkus; Indikation zur sofortigen OP! Keratoplastik àchaud), der Patient bemerkt eine Sehverschlechterung, das Auge ist weich, es läuft Kammerwasseraus àIrisprolaps (die Iris fällt in die neu entstandene Öffnung vor), infolgedessen: Verschluss derHornhautperforation durch Anwachsen der Iris von hinten; es entsteht eine weiße Hornhautnarbe(= Iris leucoma adhaerens)Verlauf dieser Ereignisabfolge in unterschiedlichem Tempo und mit unterschiedlichemSchweregrad; je nach Pathogenität des Keimes und immunologischer Abwehrlage des Patien-


27ten kann sich ein Infiltrat innerhalb weniger Stunden oder Tage rasch vergrößern mit Ulkusbildungund Stromaeinschmelzung bis hin zur Descemetozelediese rasch fortschreitende Form des infektiös (am häufigsten bakteriell) verursachten Hornhautulkuswird als Ulcus serpens (kriechendes Ulkus) bezeichnet: es durchdringt die Hornhautbesonders rasch und führt frühzeitig zur intraokulären Beteiligung (die Keime sind über densichtbaren Ulkusrand hinaus aktiv); das Ulcus serpens ist eines der gefährlichsten Krankheitsbilderam Auge überhaupt, da es rasch zum Verlust des Auges führen kann; beim rheumatischenUlkus geht die Einschmelzung ohne Randinfiltration einherAllgemeines zur Diagnostik von infektiösen Keratitidenschnelle Diagnose und Therapie wichtig, um dauerhafte Einschränkung der Sehfähigkeit vorzubeugenDiagnose:- Bestimmung des Erregers und Testung seiner Resistenz (Ausstrich aus dem Ulkusgrundzur Materialgewinnung und Beimpfung von Kulturplatten für Bakterien und Pilze; beiKontaktlinsenträgern: Kontaktlinse und –behälter ebenfalls in Kultur, um sicherzustellen,dass nicht die Kontaktlinse selbst der Bakterienträger ist)- Nativausstrich sowie Gram- und Giemsafärbung zum Bakteriennachweis- bei Verdacht auf Virusinfektion: Testen der HornhautsensibilitätBakterielle KeratitisEpidemiologie: über 90% aller Hornhautentzündungen bakteriell verursachtÄtiopathogenese: bei der in der Stadt lebenden Bevölkerung in unseren Breiten als Ursache:BakteriumStaphylococcus aureusStaphylococcus epidermidisStreptococcus pneumoniaePseudomonas aeruginosaTypische Kennzeichen der Infektionlangsame Progression der Infektion, wenigschmerzhaftwie obentypisches Ulcus serpens: rasches Durchdringender Hornhaut und frühzeitige intraokuläreBeteiligung; sehr schmerzhaftblaugrünes schleimiges Exsudat, manchmalRingabszess an der Hornhaut, rasche Progredienzmit Tendenz zu flächiger Einschmelzung;schmerzhaft


28Moraxellaschmerzloses, ovales Ulkus in der unterenKornea mit langsamer Progression und geringerVorderkammerreizungdie meisten Bakterien können nicht in die Hornhaut eindringen, solange das Epithel intakt ist;nur Gonokokken und Diphtheriebakterien überwinden auch ein intaktes HornhautepithelSymptomatik: mehr oder weniger starke Schmerzen, Photophobie, Sehverschlechterung, tränendeAugen, Absonderung von eitrigem Sekret (typisch für bakterielle Keratitiden; viralesondern ein wässriges Sekret ab)Diagnostik: entscheidend endgültiger Erregernachweis; das Ulcus serpens ist häufig mit einerstarken Vorderkammerreaktion mit Zell- und Eiteransammlung in der unteren Vorderkammer(Hypopyon) und hinteren Verklebungen von Iris und Linse (hintere Synechien) verbunden;Lider und Bindehaut sind stark geschwollenDd: Pilze (Abklärung durch Erregernachweis)Therapie: Hornhautulkus – egal welcher Genese – wegen der Gefahr der Perforation immerein augenärztlicher Notfall- Konservative Therapie: bis Ergebnis der Erreger- und Resistenzbestimmung vorliegt lokalmit AB (z.B. Ofloxacin, Norfloxacin) beginnen, die möglichst weites Wirkungsspektrumim grampos. und gramneg. Erregerbereich abdecken; bei intraokulärer Reizung (erkennbaran den Zellen in der Vorderkammer und dem Hypopyon) ist die Ruhigstellung von Ziliarkörperund Iris durch therapeutische Mydriasis angezeigt; bakterielle Keratitiden könnenzunächst ambulant behandelt werden (Tropfen und Salben)bei fortgeschrittenem oder fortschreitendem Ulkus, d.h. verschlepptem Verlauf, ist vonIndolenz des Patienten und mangelnder Compliance auszugehen à stationäre Aufnahme,ev. subkonjunktivale Applikation eines AB- Operative Therapie: wird der vorliegenden Situation angepasst:bei großen oberflächlichen Gewebedefekten und schlecht heilenden Ulzera wird eine Deckungdes Areals zum schnelleren Abheilen nötig: mit Bindehaut (Bindehautdeckung) desPatienten oder mit Amnionmembran (zellreiche Gewebemembran, aus der Plazenta präpariert);unter der Deckung heilt der Defekt i.d.R. schnell ab, Narben bleiben zurückbei Descemetozele bzw. bereits perforiertem Ulkus ist eine Keratoplastik à chaud (Notkeratoplastik)nötig


29wenn eine Keratitis therapieresistent ist, kommt besonders bei fehlendem bakteriologischemNachweis z.B. eine Keratitis verursacht durch Herpes-simplex-Viren, Pilze, …vorVirale Keratitiden (Herpes-simplex-Viren, Varizella-Zoster-Viren, Adenoviren)- Herpes-simplex-Virus-KeratitisEpidemiologie und Pathogenese: gehört zu den häufigeren Auslösern eines Hornhautgeschwürs:Durchseuchung der Bevölkerung mit dem HSV liegt bei 90%; typisch für dasubiquitär vorkommende HSV ist die oft spontan heilende, unbemerkte Primärinfektion, vieleMenschen bleiben danach Träger des neurotropen HSV, das im Augenbereich – ausgehendvom Ganglion Gasseri – jederzeit zu rezidivierenden Infektionen führen kann; Eine Infektionder Hornhaut ist grundsätzlich ein Rezidiv; die Primärinfektion mit HSV verläuft am Auge alsBlepharitis oder Konjunktivitis; Auslöser für Rezidive sind äußere Reize (z.B. UV-Bestrahlung), Stress, Menstruation, allgemeine Resistenzminderung oder fiebrige InfekteSymptomatik: sehr schmerzhaft und mit Photophobie, Augentränen und Lidschwellung verbunden;Vorliegen einer Sehverschlechterung von der Lokalisation des Befundes abhängig(z.B. bei zentraler Endotheliitis vorhanden)Formen und Diagnostik: entsprechend der Lokalisation in den einzelnen Schichten der Hornhaut;Stroma und Endothel nur bei häufigeren Rezidiven betroffen- Epitheliale Keratitis (Keratitis dentritica): durch bäumchenartig verzweigte Epithelläsionen(nekrotische und blasenförmig geschwollene Epithelzellen) gekennzeichnet; nach Anfärbender Hornhaut mit Fluoreszein auch ohne Spaltlampe mit bloßem Auge sichtbar;Sensibilität der Hornhaut i.d.R. aufgehoben; mögliche Komplikation: Übergang in einestromale Keratitis- Stromale Keratitis (Keratitis disciformis): Hornhautepithel intakt, wenn es sich um einerein stromale Keratitis handelt (also nicht Folge einer epithelialen K.), d.h. kein Anfärbemusternach Applikation von Fluoreszein-Tropfen; bei der Spaltlampenuntersuchung findensich scheibenförmige zentrale Hornhautinfiltrate mit oder ohne weißliches Stromainfiltrat;je nach Häufigkeit des Rezidivs kann eine oberflächliche oder tiefe Vaskularisationvorhanden sein; wenn es zu einer Mitreaktion der Vorderkammer gekommen ist, sindmeist Endothelbeschläge (Eiweißablagerungen z.T. von Riesenzellen phagozytiert an derHornhautrückfläche) vorhanden- Endotheliale Keratitis/Uveitis (Endotheliitis): durch Herpesviren ausgelöst, die in dasKammerwasser gelangen à Schwellung der Endothelzellen und Trübung der darüber lie-


30genden Hornhaut; sind die Endothelzellen im Kammerwinkel beteiligt à sekundäre Steigerungdes Augeninnendrucks (sekundäres Glaukom); weitere Befunde: EntzündungsundPigmentzellen in der Vorderkammer, Endothelbeschläge sowie ein Befall der Irisdurch einen sektorförmigen Verlust des Pigmentblattes, das an der Spaltlampe erkennbarist (Kirchenfensterphänomen)- Akutes retinales Nekrosesyndrom: Ein Befall auch der hinteren Augenabschnitte nur beiimmunsupprimierten Patienten (Knochenmarkstransplantation, AIDS)- Therapie: wenn Infektion nur Epithel betrifft: Trifluridin (3 – 5 x tgl.) als Oberflächenvirusstatikum;stromale und intraokuläre HSV-Infektionen: Aciclovir lokal am Auge (alsSalbe 3 – 5 x tgl.) und systemischbei epithelialen HSV-Infektionen Steroide kontraindiziert; bei intaktem Epithel (stromaleKeratitis) Steroide erlaubt6. Linse (Lens cristallina)GrundkennnisseBedeutung der Linse: wesentlicher Teil des dioptrischen Apparates des Auges, der einfallendeLichtstrahlen auf die Netzhaut fokussiert; fügt den variablen Anteil der Gesamtbrechkraft desAuges (10 – 20 dpt je nach Akkommodationszustand) zum fixen Brechkraftanteil der Hornhaut(ca. 43 dpt) hinzuForm: bikonvexer, glasklarer Körper; die Hinterfläche ist mit einem Radius von 6 mm stärkergekrümmt als die Vorderfläche (10 mm)Gewicht: 4 mm dick; Gewicht altersabhängig und nimmt im Laufe des Lebens um das Fünffachezu, Erwachsener: 220mgLage und Aufhängung: in der tellerförmigen Grube des Glaskörpers (Fossa hyaloidea) liegtsie in der hinteren Augenkammer zwischen Irisrückfläche und Glaskörper; sie trennt, als eineBestandteil des Iris-Linsen-Diaphragmas, das vordere vom hinteren Augensegment; die zirkulärum den Linsenäquator inserierenden Zonulafasern verbinden die Linse mit dem Ziliarkörper(Linse an denen aufgehängt) à hält Linse stabil in ihrer Position und der Zug des Ziliarmuskelswird auf Linse weitergegebenEmbryologie und Wachstum: ein rein epitheliales Organ; Linse fest von Linsenkapsel umschlossenà keine Zellen gehen verloren, sondern es findet eine lebenslange Gewebeverdichtungstatt; an der Spaltlampe werden die verschiedenen Dichtezonen der Linsenentwicklungals Diskontinuitätsflächen deutlich: Embryonalkern, Fetalkern, Infantilkern, Erwachsenenkern,Linsenrinde (Kortex), Epithel, Kapsel


31Stoffwechsel und Altern der Linse: Ernährung der gefäßfreien Linse durch Diffusion desKammerwassers; ähnelt damit einer Gewebekultur mit dem Kammerwasser als Substrat unddem Augapfel als Behälter mit konstanter TemperaturStoffwechsel und Altern der Linse komplex und weitgehend ungeklärt à bis heute nicht gelungen,Entwicklung der Katarakt medikamentös zu beeinflussenZellen der Linse steuern selbstregulativ Stoffwechsel und Wachstum: Stoffwechselaktivitätwichtig für Durchsichtigkeit und optische Funktion; das Ionengleichgewicht sowie der Transportvon Nährstoffen, Mineralien und Wasser in die Linse wird durch das Linsenepithel vermittelt;Transportart (Pump-leak-System) erlaubt sowohl die aktive Übertragung von Natrium,Kalium, Calcium und AS aus dem Kammerwasser in die Linse, als auch die passive Diffusiondurch die hintere Linsenkapsel; die Aufrechterhaltung dieses Flusses (Homöostasis) fürKlarheit der Linse essenziell und eng verknüpft mit dem Wasserhaushalt: der Wassergehaltder Linse ist normalerweise stabil und im Glg. mit dem umgebenden Kammerwasser: währenddes Alterns nimmt die Wasserkonzentration in der Linse ab, während der Anteil unlöslicherLinsenproteine (Albuminoid) zunimmt à Linse wird härter, weniger elastisch (Akkommodationsverlust)und verliert an Transparenz; eine Trübung der Linse im Alter somit genausounausweichlich wie die Faltenbildung der Haut und das Grauwerden der Haare; sichtbareLinsentrübungen bei 95% aller Personen über 65 Jahren vorhanden, der Kern der Linse nimmtleicht gelbliche Färbung an (Kernsklerose)<strong>Untersuchung</strong>smethodenKatarakte: rascheste Orientierung über Linsentrübungen erhält man bei Durchleuchtung derLinse im regredienten (rückläufig) Licht (Brückner-Test): unter Verwendung einer Lichtquelleoder eines Augenspiegels (auf +10dpt einstellen) erscheinen Trübungen schwarz in derroten Pupille;detaillierter und dreidimensional lässt sich die Linse mit der fokalen Beleuchtung der Spaltlampebei maximal erweiterter Pupille untersuchenTrübungen können nach ihrem Ausmaß, ihrem Typ, ihrer Lokalisation, Dichte und v.a. inihrer Beziehung zur optischen Achse beurteilt werden; eine mature (reife) Linsentrübung kannman an der weißen Pupille (Leukokorie) auch ohne Hilfsmittel erkennenbei fehlendem Einblick auf den Fundus (mature Linsentrübung) immer eine Ultraschalluntersuchungzum Ausschluss einer Erkrankung der tieferen Augenabschnitte angezeigtFormanomalien sehr selten


32Trübungen der Linse (Katarakte, grauer Star)Definition: Ein Katarakt liegt vor, wenn die Durchsichtigkeit der Linse so stark vermindert ist,dass die Sicht des Patienten beeinträchtigt ist. (die Katarakt gr. Wasserfall; dt. Star: stierenderBlick)Allgemeine Symptomatik: Entwicklung der Katarakt und ihrer Symptome ein schleichenderVorgang: die verschiedenen Symptome „Alles Grau in Grau“, Grauschleier, Sehverschlechterung,unscharfes Sehen, verzerrtes Sehen, Blendung, monokulare Doppelbilder, veränderteFarbwahrnehmung, teilweise Bildverlust… werden von den Patienten individuell sehr unterschiedlichempfunden und sind bei verschiedenen Trübungsformen unterschiedlich stark ausgeprägtdie Diagnose grauer Star oder Katarakt beunruhigt Patienten, wird sofort mit OP assoziiert àerst dann erwähnen, wenn man gleichzeitig Indikation zur OP stellt, sonst: LinsentrübungEinteilung:- nach dem Zeitpunkt des Auftretens (erworbene und angeborene Katarakte)- dem Reifegrad- der MorphologieEinteilung nach dem Zeitpunkt des Auftretens:Erworbene Katarakte (über 99% aller Katarakte):- Altersstar (Cataracta senilis; über 90% aller Katarakte)- Katarakt bei Allgemeinerkrankung: D.m. (am häufigsten), Galaktosämie, Niereninsuffizienz,Hautleiden- Katarakt bei Augenerkrankungen (Cataracta complicata): Heterochromiekatarakt (am häufigsten),Katarakt bei chronischer Iridozyklitis, Katarakt bei retinaler Vaskulitis, Kataraktbei Retinopathia pigmentosa- Katarakt nach intraokulären Eingriffen: am häufigsten nach Vitrektomie und Glaskörperersatz(Silikonöl)- Katarakt bei Verletzungen (Cataracta traumatica): Kontusions- und Perforationsrosette(am häufigsten), Infrarotstar, Blitzstar, Strahlenstar- medikamentös bedingte Katarakt: Kortisonkatarakt (am häufigsten)Kongenitale Katarakte (unter 1% aller Katarakte):- vererbte kongenitale Katarakte


33- Katarakte infolge frühembryonaler (transplazentarer) Schädigung: Röteln, Mumps, Hepatitis,ToxoplasmoseErworbene KatarakteCataracta senilis (Altersstar)Epidemiologie: mit Abstand häufigste Kataraktform; etwa 5% aller 70-Jährigen und 10% aller80-Jährigen leiden an einer operationswürdigen KataraktÄtiopathogenese: nicht geklärt; familiäre Belastung (Familienanamnese) nicht seltenEinteilung und Formen: (Einteilung nach den Reifestadien orientiert sich an der Herabsetzungdes Sehvermögens und am Reifegrad); heute: morphologische Einteilung, da morphologischeGesichtspunkte wie Härte und Dicke des Kerns das operative Vorgehen beeinflussen- Cataracta nuclearis (Kernkatarakt)im 4. Lebensjahrzehnt führt der Druck der peripheren Linsenfaserproduktion zu einer Verhärtungder gesamten Linse, besonders des Kerns; er nimmt eine gelblich-bräunliche Färbung an(Cataracta nuclearis brunescens); dies kann über eine rötlich-bräunliche bis zu einer fastschwarzen Verfärbung der ganzen Linse führen (Cataracta nigra) führen; die Cataracta nuclearisführt wegen der Brechkraftzunahme der Linse zu einer Linsenmyopie, mitunter auchzu einem doppelten Brennpunkt der Linse mit monokularer DiplopieProgredienz: der Kernkatarakt schreitet nur langsam fort; durch Linsenmyopie bleibt das Nahsehvermögenlange gut (auch ohne Nahbrille)Symptome: Grau in-Grau-Sehen (wie durch Milchglasscheibe), Verschwommensehen,Verzerrtsehen, Doppelt- oder Dreifachsehen, starke Blendung bei hellem Licht, verminderteKontraste, Veränderungen in der Farbwahrnehmung (selten)Visus (Sehschärfenentwicklung): relativ späte Visusbeeinträchtigung, zunehmend schlechteFernsicht, erhaltenes gutes Nahsehen durch myope Wirkung der KerntrübungBesonderheiten/ Blendung/ Dämmerungssehen: Sehen in der Dämmerung oft besser als amTage, weil durch Dunkelmydriasis an der Trübung vorbeigeschaut wird; Blendung wenigerausgeprägt; monokulare Doppelbilder durch 2 Brennpunkte der LinseDiagnose/ Visusprognose: grobmorphologisch im durchfallenden Licht (Brückner-Test); detaillierteran der Spaltlampe; Vorhersage des postoperativ zu erwartenden Visus: Laserinterferenzvisus


34- Cataracta corticalis anterior/ posterior (Rindenkatarakt)Kerntrübungen häufig mit Veränderungen in der Linsenrinde vergesellschaftet; Patienten mitCataracta corticalis weisen eher eine erworbene Hyperopie auf, im Gegensatz zu Patienten mitCataracta nuclearis, die eher myop werdenVeränderungen bei der Kerntrübung durch Verhärtung bedingt, die Rindenveränderungeneher durch erhöhten Wassergehalt: an der Spaltlampe bei maximaler Mydriasis folgende morphologischeVeränderungen:- Vakuolen: Flüssigkeitsansammlungen in Form von kleinen schmalen Bläschen in derRinde: Vakuolen bleiben klein und nehmen zahlenmäßig zu- Wasserspalten: radiär angeordnete flüssigkeitsgefüllte Spalten zwischen den Fasern- Separation der Lamellen: weniger häufig als Wasserspalten; Flüssigkeitszone zwischenden Lamellenblättern (oft zwischen den klaren Lamellen der Rindenfasern)- Cataracta cuneiformis: häufiger Befund; speichenförmige Trübungen, die von der Peripherieder Linse ausgehenProgredienz: Rindenkatarakt schreitet schneller fort als die Kernkatarakt; kurzzeitige Sehverbesserungim Verlauf (wenn Licht durch eine klare Stelle zwischen 2 Speichentrübungenfällt) möglichSymptome: wie KernkataraktVisus (Sehschärfenentwicklung): frühzeitige Visusbeeinträchtigung durch Hyperopisierung(Weitsichtigkeit); Fernvisus weniger beeinträchtigt als NahvisusBesonderheiten/ Blendung/ Dämmerungssehen: Patient stark beeinträchtigt durch Blendung(Sonne, Schnee, Scheinwerfer); Patienten suchen Schutz durch Sonnenbrillen und Hüte; deutlicheSehverbesserung in der Dämmerung und nachts (Nyktalopie)Diagnose/ Visusprognose: wie Kernkatarakt- Cataracta subcapsularis posterior (hintere Schalentrübung)Sonderform der Rindentrübungen, die in der optischen Achse beginnt: als kleines Nest vonkörnchenförmigen Trübungen beginnend, schreitet diese Form nach peripher in einer scheibenförmigenKonfiguration fort; mit Zunahme der Trübung werden auch die übrige Rindeund der Kern mitbeteiligt (übliches Spektrum der Cataracta senilis)Progredienz: führt frühzeitig und rasch zu erheblicher Visusherabsetzung, wobei der Nahvisusoft bedeutend schlechter ist als der Fernvisus (Nahmiosis); Pupillenerweiternde Augentropfenkönnen bei dieser Kataraktform zu einer Visusverbesserung führen)


35Besonderheiten/ Blendung/ Dämmerungssehen: wie Cataracta corticalisDiagnose/ Visusprognose: wie Cataracta corticalis- Cataracta matura (reifer Altersstar) = Endstadiumdiffus weiße (durchgetrübte) Linse durch vollständige Eintrübung der Rinde; ein gelber Linsenkernwird oft noch schemenhaft erkannt; bei erhöhtem Wasserinhalt kann eine mature Linse„anschwellen“ und erhält einen Seidenglanz (Cataracta intumescens – die Linsenkapselsteht unter Druck); durch Zunahme der Linsendicke erhöht sich der Pupillarwiderstand mitder Gefahr eines WinkelblockglaukomesSymptome: keine gegenständliche Erkennung möglich, im Falle einer beidseitigen KataraktPatient praktisch blindVisus/ Sehschärfenentwicklung: Sehschärfe reduziert auf Lichtwahrnehmung (Hell-Dunkel);maximal werden Handbewegungen vor dem Auge erkanntProgredienz: zwangsläufiger Übergang aller Kataraktformen in die mature/ hypermature Formbei genügend langem ZuwartenDiagnose/ Visusprognose: Leukokorie (weiße Pupille) ohne Hilfsmittel erkennbar; genaueDifferenzierung mit der Spaltlampe; Laserinterferenzvisus bei dichten Trübungen oft nichtmehr aussagekräftigEinblick ins Auge nicht mehr möglich à Staroperation führt nicht nur zur Wiederherstellungdes Visus für den Patienten, sondern ermöglicht auch diagnostischen Blick ins Auge- Cataracta hypermaturaschreitet eine mature Katarakt unter vollständiger Verflüssigung der Rinde fort, sinkt derdichte braune Linsenkern in der Kapsel nach unten ab, sein oberer Rand wird im Pupillargebietsichtbar und hebt sich als dunkelbraune Silhouette von der ihn umgebenden grauweißenRinde ab; der Spannungszustand der Linsenkapsel lässt nach, der erschlaffende und schließlichgewellte Kapselsack enthält jetzt unten mehr Linsensubstanz als oben = Cataracta Morgagni= Endphase einer mindestens 2 Jahrzehnte langen Kataraktentwicklung (Rückschlussauf die Entstehungszeit)Rechtzeitige Kataraktextraktion stellt Visus wieder her und verhindert Ausbildung einesphakolytischen Glaukomes (= sekundäres Offenwinkelglaukom): wird die Linsenkapsel fürverflüssigte Linsensubstanzen durchlässig, verliert sie an Volumen, die Kapsel bekommt Falten;die austretenden Linsenproteine à intraokularen Reizzustand und locken Makrophagen


36an, die zur Verstopfung des Trabekelwerkes führen àphakolytisches Glaukom à notfallmäßigeKataraktextraktion der hypermaturen Linse zum Erhalt des Auges angezeigt(Visus/ Sehschärfenentwicklung; Progredienz; Besonderheiten; Diagnose wie Cataracta matura)Katarakt bei AllgemeinerkrankungenEpidemiologie: mitunter treten Linsentrübungen als diagnostisches Zeichen einer SystemerkrankungaufFormen:- Katarakt bei D.m. (Cataracta diabetica): beim jugendlichen Diabetiker selten; zeitweiligeStoffwechseldekompensation begünstigt das Auftreten von typischen radiären flockenartigenTrübungen der Rinde (Schneeflockenkatarakt); vorübergehende Hyperopieund Myopie können vorkommen; schreitet rasch fort; bei älteren Diabetikern gegenübergleichaltrigen Stoffwechselgesunden etwa 5 mal häufiger eine Alterskatarakt, die etwa 2 –3 Jahre früher auftritt- Katarakt bei Galaktosämie: tiefe hintere Rindentrübung; Beginn nach der Geburt; Galaktosämieseltene Ursache der frühen Katarakt bei Kindern, denen das EnzymUridyltransferase fehlt, um Galaktose zu verstoffwechseln: Neugeborenes nimmt Galaktosereichlich über Muttermilch auf, Umwandlung in Glukose bleibt aus à Körper wird mitGalaktose überschwemmt; wird Krankheit rechtzeitig diagnostiziert und das Kind mit galaktosefreierDiät ernährt, sind die Trübungen in den ersten Lebenswochen reversibel:einzige Kataraktform, bei der eine konservative Therapie erfolgreichKatarakt bei Augenerkrankungen (Cataracta complicata)bei allen länger verlaufenden Entzündungen des Augeninneren entsteht diese Form als Komplikation,v.a. bei Heterochromie, chronischer Iridozyklitis, retinaler Vaskulitis, Retinopathiapigmentosa: es entsteht eine „tuffsteinartige“ hintere Schalentrübung, die axial zum Kern hinfortschreitet (extrem lichtstreuende Trübungsform); diffuse Linsentrübung, die von der hinterenSchalentrübung ausgeht; entzündliche Präzipitate (Niederschlag) an der Hornhautrückflächeals Zeichen der chronischen Uveitis sichtbarTherapie der Katarakt- <strong>Med</strong>ikamentöse Therapie: kein Wirkungsnachweis bekannt: keine konservativen Maßnahmenzum jetzigen Zp., die zu einer Verhinderung, Verzögerung oder Umkehrung einerKataraktentwicklung führen- Operative Therapie


37StarOP der weltweit am häufigsten durchgeführte Eingriff in der AugenheilkundeWann soll operiert werden?häufigste Indikation: Sehverbesserung; bei doppelseitiger Katarakt sollte das Auge mit demschlechteren Visus dann operiert werden, wenn der Patient sich visuell gehandicapt fühlt; beieinseitiger Katarakt abwarten, solange das Sehvermögen des gesunden Auges für den Patientenausreichtmedizinische Indikationen (Gesundheit des Auges gefährdet): mature Katarakt zur Verhinderungeines phakolytischen Glaukoms; bei Augenhintergrunderkrankungen (z.B. diabetischeRetinopathie) kann eine OP ebenfalls erforderlich sein: dient zur Schaffung klarer optischer<strong>Med</strong>ien, um die Überwachung der Augen oder die Durchführung einer Laserkoagulationmöglich zu machenWird die OP erfolgreich sein?Erfolg für Patienten nur merkbare Sehverbesserung: vor der OP komplette Augenuntersuchungnötig, um Augenerkrankungen auszuschließen, die den Visus zusätzlich zur Kataraktbeeinträchtigen (z.B: weit fortgeschrittenes Glaukom, Uveitis, Makuladegeneration, Netzhautablösung,Optikusatrophie, Amblyopie) und den funktionellen Erfolg der OP in Fragestellen; vor der OP stets detaillierte Anamnese über das Sehvermögen vor der Kataraktentwicklungund über andere frühere Augenerkrankungen erhebenPrognose hinsichtlich des postoperativ zu erwartenden Visus (potentielle Auflösungskapazitätder Netzhaut) geben bei Linsentrübungen die Retinometervisusbestimmung und die Prüfungder AderfigurSicherheit der KataraktOPdie Staroperation heute als mikrochirurgischer Eingriff unter dem Operationsmikroskop; modernestandardisierte Techniken (extrakapsuläre Kataraktextraktion: ECCE, Phakoemulsifikation:Phako, Microincisional Cataract Surgery: MICS), mikrochirurgisches Instrumentariumund atraumatisches Nahtmaterial à bei 99% der Patienten ohne ernste Komplikationen; Eingriffdauert 20 – 30 Minuten und wie auch die postoperative Phase schmerzlosheute i.d.R. ambulant; Nachbehandlung durch den Augenarzt; stationärer Aufenthalt dauert 3– 4 TageAnästhesieörtliche Betäubung oder Vollnarkose; die meisten heute in LokalanästhesieVollnarkose (Intubationsnarkose): bei extrem ängstlichen und nervösen oder tauben Patienten;Patienten mit M. Parkinson sowie Rheuma, denen schmerzfreies, ruhiges Liegen nicht möglichist


38Lokalanästhesie (retrobulbäre, parabulbäre oder Oberflächenanästhesie): bei Patienten mithohem anästhesiologischen Risiko; v.a. bei Patienten mit ambulanter ChirurgiePräoperative Beratung über den Refraktionsausgleich:Intraokularlinse: bei nahezu allen Kataraktextraktionen wird heute eine IOL ins Auge implantiert,bevorzugt genau dort, wo sich sonst die natürliche Linse befindet (Hinterkammerlinse:HKL); lässt sich operationstechnisch keine HKL verankern, wird eine VKL implantiert; einkunstlinsenhaltiges Auge = pseudophakes AugeBiometrie: kalkuliert die Kunstlinsenstärke, die erforderlich ist, um postoperativ ein gewünschtesRefraktionsergebnis zu erzielen; in ihrer einfachsten Form berücksichtigt sie 2 Parameter:die Hornhautbrechkraft und die Achsenlänge des Auges (echographisch gemessen)Postoperative Refraktion: i.d.R. wird dem Patienten zu Normalsichtigkeit oder einer geringenKurzsichtigkeit (- 0,25 D bis – 0,5 D) geraten; eine Brille wird dann für Naharbeit benötigt;postoperative Weitsichtigkeit (Brille für Ferne und Nähe nötig) wird schlecht toleriert; ist eineOP des 2. Auges nicht in Kürze vorgesehen, so muss dessen Refraktion einbezogen werden,da mehr als 2 D – 3 D Refraktionsunterschied zwischen beiden Augen Probleme beim Binokularsehengeben kannKunstlinsentechnologie: IOL: jede Kunstlinse besteht aus einem zentralen, optischen Teil(refraktives Element) und 2 Bügeln (Haptik) zur Verankerung im Kapselsack, Sulcus ciliarisoder Kammerwinkel; monofokale IOLs: bilden immer nur in eine Entfernung (Ferne oderNähe) scharf ab; multifokale IOLs: Objekte in Ferne und Nähe können scharf eingestellt werden;torische IOLs: korrigieren neben der Sphäre auch bis zu 3 D Astigmatismus; AkkommodativeIOLs sollen eine Vor- und Rückbewegung im Auge ermöglichen, maximale Akkommodationsfähigkeitjedoch nur 0,75 DIOL: Gesichtsfeld: voll; keine Pflege nötig; Visus: auch ohne Brille guter Visus, gute Orientierung;kann kombiniert werden mit KontaktlinseRefraktionsalternativen:Starbrille: nur noch in Ausnahmefällen Korrektur des linsenlosen (aphaken) Auges mit dickenStargläsern; bei einseitiger Aphakie nicht möglich, da sonst Aniseikonie eintritt, d.h. die Größeder Netzhautbilder zu stark differiert; Starbrille nur für Korrektur der beidseitigen Aphakieengen das periphere Gesichtsfeld ein (Brillenskotom); einfache Handhabung der Starbrille,großes Gewicht, kosmetisch unbefriedigend; Visus: mit Starglas gut, ohne Glas schlechte Orientierung


39Kontaktlinsen (weich, oder formstabil): ermöglichen ein fast normales Gesichtsfeld und sindwegen zu vernachlässigendem Bildgrößenunterschied für einseitige Katarakte als postoperativeKorrektur geeignet; viele ältere Patienten tun sich jedoch schwer mit der HandhabungGesichtsfeld: voll; Visus: mit KL gut, ohne KL schlechte Orientierung; bei trockenem AugeKL nicht möglichOperationsmethodenes wird immer nur ein Auge operiert und der Eingriff am 2. Auge nach etwa einer Woche, beistabilem Befund des <strong>1.</strong> Auges durchgeführtIntrakapsuläre Kataraktextraktion (ICCE): bis vor 15 Jahren Methode der Wahl; heute nurnoch bei subluxierten und luxierten Linsen: über großen oberen Hornhautschnitt wird die gesamteLinse in ihrer Kapsel (intrakapsulär) mit einem Kältestift angefroren und aus dem AugeherausgezogenExtrakapsuläre Kataraktextraktion (ECCE): die vordere Kapsel wird eröffnet, anschließendwerden nur Linsenkern und –rinde entfernt, die hintere Kapsel und die Zonulaaufhängungbleiben erhalten à Auge ist fähig, eine HKL stabil zu tragen = heute Methode der Wahlder Kern wird durch Phakoemulsifikation (= Absaugen des Linsenkerns mit Hochfrequenzultraschall)(Phako gr. Linse; Emulsifikation = ab, -ausschöpfen); die hintere Kapsel wird poliertund in den dann leeren Kapselsack eine Kunstlinse implantiert; für die Phakoemulsifikationnur ein 3 – 6 mm langer Schnitt nötig, erfolgt dieser tunnelförmig, ist keine Naht nötig (Nostich-Technik),da die Wunde sich dann selbst abdichtetVorteile: der Einblick auf die Netzhaut ist nach einer ECCE, v.a., wenn ein Nachstar entsteht,generell schlechter als bei ICCE; bei der ECCE bleibt die Unterteilung des Auges in vorderesund hinteres Segment erhalten à der Glaskörper kann nicht nach vorne fallen wie bei derICCE; die Häufigkeit der Netzhautablösung ist mit 0,1 – 0,2% nach ECCE etwa 10 mal geringerals nach ICCE, wo sie 2 – 3% beträgt- Nachstar (Cataracta secundaria)Epidemiologie: etwa 30% oder jeder 3. Patient entwickelt nach einer ECCE einen NachstarÄtiopathogenese: mit den verbleibenden Kapselanteilen werden auch vermehrungsfähige Linsenepithelzellenzurückgelassen (nur die zentrale Vorderkapsel wird entfernt) à Hinterkapselkann sich sekundär durch regeneratorischen und fibrösen Nachstar eintrüben; Visus sinkt ab- Besonderheiten der OP kindlicher KatarakteVerhaltensänderungen des Kindes beachten, da sie sich nicht verbal äußern!


40Symptome: Leukokorie (weiße Pupille)okulodigitales Phänomen: Kind drückt mit Fingern gegen die Augen, da es auf diese WeiseLichtphänomene auslösen kann, die es als interessant empfindetStrabismus = erstes Zeichen einer SehbehinderungWeinen beim Abdecken des gesunden AugesUnsicherheiten beim Laufen und Greifenumherschweifende AugenbewegungenNystagmusmöglichst früh operieren: die sensible Periode der Fixationsaufnahme liegt in den ersten 6Lebensmonaten, die OP des kindlichen Stars hat deshalb nach dem <strong>1.</strong> Lebensjahr deutlichschlechtere Chancen, zu einem guten Sehvermögen zu führenbei der kindlichen Katarakt muss so früh wie möglich operiert werden, um eine Deprivationsamblyopie(Schwachsichtigkeit) zu verhindernbei einseitiger Katarakt sind die Aussichten auf Erfolg der OP schlechter als bei der doppelseitigen,da das Kataraktauge im Erlernen des Sehens immer einen nicht aufholbaren Rückstandgegenüber dem gesunden Auge hat (Deprivationsamblyopie)bei der OP an die Zukunft denken: nach Eröffnung der extrem elastischen, vorderen Linsenkapselkann der weiche kindliche Kortex und Nukleus abgesaugt werden; wegen der starkenNachstarentwicklung (innerhalb einer Woche) muss bei der OP die Hinterkapsel primärdurchtrennt und der vordere Glaskörper entfernt werden (geplante hintere Kapsulotomie mitvorderer Vitrektomie), um eine klare optische Achse aufrechtzuerhalten; durch Belassen deräquatorialen Kapselanteile kann in späteren Jahren sekundär eine HKL implantiert werdenRefraktion ändert sich ständig: mit dem Wachstum des Auges ändert sich die Brechkraft inkurzer Zeit erheblich: Neugeborenes 30 – 35 dpt Brechkraft, fällt im <strong>1.</strong> Lebensjahr auf 15 –25 dpt („myopic shift“)7. Gefäßhaut (Tunica vasculosa bulbi) = Uvea (Weinbeere)GrundkenntnisseAufbau: Regenbogenhaut (Iris), Ziliarkörper (Corpus ciliare), Aderhaut (Choroidea)Lage: die Gefäßhaut liegt zwischen Sklera und NetzhautBlutversorgung und Innervation: A. ophthalmica; Nn. ciliares breves et longiRegenbogenhaut (Iris)Aufbau und Funktion: Iris besteht aus 2 Blättern:


41dem vorderen, mesodermalen Stromablatt und dem hinteren, ektodermalen Pigmentblatt, daslichtundurchlässig ist und das Auge vor übermäßigem Lichteinfall abschirmt; Linsenvorderflächeund Pigmentblatt liegen im peripupillaren Bereich so dicht aufeinander, dass sie z.B.bei Entzündungen leicht miteinander verwachsen könnenDas Stroma ist durch die Iriskrause, unter der der Circulus arteriosus iridis minor liegt, in einenpupillaren und ziliaren Anteil gegliedert: der pupillare Anteil enthält den M. sphincter(parasympathisch innerviert), der ziliare Anteil Iriswurzel und M. dilatator pupillae (sympathischinnerviert): diese Muskeln regeln Verengung und Erweiterung der Pupille, sodass dieIris als Blende des optischen Systems Auge bezeichnet werden kannbei Früh- und Neugeborenen ist die Pupillenerweiterung manchmal schwierig, da sich der M.dilatator pupillae relativ spät differenziertOberfläche: normale Iris ausgeprägtes Oberflächenrelief, das aus Krypten und Trabekeln besteht,die miteinander verflochten sind; eine verwaschene Oberflächenstruktur kann Hinweisauf eine Entzündung seinFarbe: individuell verschieden, je nach Melaningehalt der Pigmentzellen (Chromatophoren) inStroma und Pigmentblatt; bei hohem Melaningehalt sind die Augen dunkelbraun, bei niedrigemgrau-blau: Neugeborene immer grau-blaue Iris, da sich das Pigmentblatt erst im Laufedes <strong>1.</strong> Lebensjahres allmählich ausbildetZiliarkörper (Corpus ciliare)Lage und Aufbau: reicht von der Iriswurzel bis zur Ora serrata und geht dort in die Aderhautüber; besteht aus vorderer Pars plicata und hinterer Pars plana; zahlreiche Ziliarfortsätze (Processusciliares) ragen in die hintere Augenkammer: von den Tälern der Ziliarfortsätze und derPars plana spannt sich der Aufhängeapparat der Linse, die Zonula Zinni, zur LinsenkapselFunktion: der Ziliarmuskel (M. ciliaris) ist verantwortlich für die Akkommodation; das zweischichtigeEpithel, das den Ziliarkörper bedeckt, produziert das KammerwasserAderhaut (Choroidea)Lage und Aufbau: stellt die mittlere Hülle des Bulbus dar; nach innen wird sie durch dieBruch-Membran begrenzt; sehr gefäßreich: der Blutfluss durch die Choroidea ist der stärkstedes gesamten KörpersFunktion: dient der Regulierung der Temperatur und der Ernährung der äußeren Netzhautschichten


42<strong>Untersuchung</strong>smethodenmit der Spaltlampe wird durch fokale Beleuchtung die Oberfläche der Iris untersucht; normalerweisekeine Gefäße sichtbar: Irisgefäße nur bei Irisatrophie, Entzündungen oder als Neovaskularisationbei Rubeosis iridis sichtbarwenn Gefäße vorhanden sind, können sie mit der Irisangiographie nach intravenöser Injektionvon Fluoreszeinnatrium dargestellt werdenDefekte im Irispigmentblatt leuchten im regredienten Licht an der Spaltlampe rot auf (Kirchenfensterphänomen)die Vorderkammer normalerweise optisch leer; bei Entzündungen kommt es zu einer erhöhtenPermeabilität der Irisgefäße (Zusammenbruch der Blut-Kammerwasser-Schranke); mit Hilfeder Spaltlampe kann man dann bei seitlicher punktförmiger Beleuchtung die Trübungen desKammerwassers durch Proteine (Tyndall-Effekt) beobachten; bei Entzündungen lassen sichauch Zellen in der Vorderkammer diagnostizierbardie Iriswurzel nicht direkt einsehbar (im toten Winkel), mit Hilfe eines Gonioskopieglasesuntersuchendas Pigmentepithel der Netzhaut erlaubt nur eine begrenzte direkte Beurteilung der Aderhautdurch die Ophthalmoskopie und Fluoreszenzangiographie: Veränderungen der Aderhaut auchmit der Ultraschalluntersuchung abklärbarEntzündungenman unterscheidet Entzündungen der Uvea nach verschiedenen Abschnitten im Bulbus:- Uveitis anterior (Iritis)- Uveitis intermedia (Zyklitis)- Uveitis posterior (Choroiditis)- Entzündungen, die mehrere Abschnitte der Uvea betreffen: Iridozyklitis (Entzündung vonIris und Ziliarkörper) oder- Panuveitis (Entzündung aller Abschnitte)Akute Iritis und IridozyklitisEpidemiologie: Iritis häufigste Form der Uveitis; tritt meist kombiniert mit einer Zyklitis auf;etwa ¾ der Iridozyklitiden verlaufen akutÄtiopathogenese: der Iridozyklitis liegt häufig eine immunologische Ursache zugrunde wiez.B. eine allergisch-hyperergische Reaktion auf Bakterientoxine; bei einigen rheumatischenErkrankungen ist eine gehäufte Assoziation mit der Expression spezifischer Antigene desHLA-Systems (wie HLA-B27) bekannt; die Iridozyklitis kann aber auch als Teilsymptom


43allgemeiner Erkrankungen wie Morbus Bechterew, Reiter-Syndrom, Sarkoidose usw. auftreten;Infektionen (seltener) kommen nach perforierenden Verletzungen oder septisch (Bakterien,Viren, Mykosen, Parasiten) vor; Linsenanteile können eine phakogene Entzündung, ev.mit Glaukom verursachenUrsachen der Uveitis in Abhängigkeit von ihrer Lokalisation:Form der UveitisMögliche UrsachenHLA-B27-assoziierte IridozyklitisidiopathischMorbus BechterewMorbus ReiterMorbus CrohnColitis ulzerosaPsoriasisHLA-B27-nichtassoziierte Iridozyklitis idiopathischVirenTbcLuesSarkoidoserheumatoide ArthritisphakogenTraumeIridozyklitis/ChoroiditisToxoplasmoseTbcLuesBorrelioseMalignomeChoroiditisToxoplasmoseLuesSymptomatik: dumpfe Schmerzen im Bereich des Auges oder der Stirn, Sehverschlechterung,Photophobie, Epiphoradie akute Iritis bzw. Iridozyklitis ist als Folge der Beteiligung der Ziliarnerven im Gegensatzzur Choroiditis schmerzhaftDiagnostik: typisch sind:- ziliare Injektion: die episkleralen, paralimbalen Gefäße sind blau-rot gefärbt oder


44- gemischte Injektion: die Bindehaut ist mitbeteiligtdie Iris ist hyperämisch (bei heller Iris können Irisgefäße sichtbar werden), die Struktur erscheintverwaschen und es besteht eine Reizmiosisdie Sehverschlechterung ist bedingt durch die zellige Infiltration der Vorderkammer und Eiweiß-oder Fibrinansammlung; die Präzipitate sammeln sich dreieckförmig (Arlt-Dreieck)unten an der Hornhautrückfläche an; lagern sich die Exsudate am Boden der Vorderkammer,spricht man von einem Hypopyon; bei Virusinfektionen kann es zu Blutungen in die Vorderkammer(Hyphäma) kommen; in seltenen Fällen entwickelt sich zusätzlich ein HornhautödemHornhautödeme und Tyndall-Effekte können durch seitliche Beleuchtung mit einer Visitenlampebzw. Spaltlampe diagnostiziert werdenDd: bei der akuten Iritis hat die Vorderkammer eine normale Tiefe und es findet sich eineReizmiosis; beim akuten Glaukomanfall dagegen ist die Vorderkammer flach und die PupilleübermittelweitKomplikationen:- sekundäres Offenwinkelglaukom mit Druckanstieg- Verwachsungen von Iris und Hornhautrückfläche (vordere Synechien)- oder Verwachsungen von Iris und Linse (hintere Synechien)Therapie: bei erregerbedingten Iridozyklitiden (bei Hornhautulzera, perforierender Verletzung,septisch) wird antibiotische (z.B. Gentamicin- oder Norfloxacin-Augentropfen stdl. bis4 x tgl.) oder antivirale (Aciclovir-Augensalbe 4 x tgl.) Therapie lokal und ggf. systemischErregernachweis durch Bindehautabstrich, bei Sepsis durch Blutkultur; antibiotische Therapiesofort beginnenum Synechien zu vermeiden und den Schmerz zu lindern: therapeutische Mydriasis in Kombinationmit einer Steroidtherapie; können keine Erreger nachgewiesen werden, wird hochdosiertelokale Steroidtherapie (Prednisolon-Augentropfen stdl., Injektion von Dexamethasonsolubile subkonjunktival) und nicht steroidale antiphlogistische (NSAR) Augentropfen z.B:Indometacin 4 x tgl.); um hintere Synechien zu vermeiden, muss die Pupille maximal weitgestellt werden (Atropin-, Scopolamin-, ev. Adrenalin- und Epinephrin-Augentropfen)bei Iritis kann die mydriatische Wirkung von pupillenerweiternden Augentropfen abgeschwächtsein à länger wirksame <strong>Med</strong>ikamente wie Atropin verwenden und mehrmals täglichtropfen


45manchmal können schon bestehende Synechien damit gelöst werden; das sekundäre Offenwinkelglaukomwird durch Gabe von β-Rezeptoren-Blockern in Augentropfenform und Carboanhydrasehemmern(lokal Augentropfen oder systemisch) behandeltChronische Iritis und IridozyklitisEpidemiologie: etwa ¼ der Iridozyklitiden verlaufen chronischSymptome: wie akute; kann auch symptomarm verlaufenDiagnostik: wie akuteDd.: akutes Glaukom, Konjunktivitis (Symptome: starke Rötung, Schwellung der Bindehaut,eitrige Sekretion, die zu gelblichen Krusten führt), Keratitis müssen abgegrenzt werdenKomplikationen: bei kompletter hinterer Synechierung im Pupillarbereich spricht man vonSeclusio pupillae: Kammerwasser kann nicht mehr zirkulieren, ein sekundäres Winkelblockglaukombei Napfkucheniris (Iris bombata) entsteht; bei einer Occlusio pupille bildet sichzusätzlich eine fibröse Narbe im Pupillarbereich; es können sich hintere subkapsuläre Trübungender Linse entwickeln (Cataracta complicata); bei rezidivierenden Iridozyklitiden kannauch eine Hornhautbanddegeneration entstehenTherapie: bei einer Seclusio pupillae mit sekundärem Winkelblockglaukom ermöglicht eineYAG-Laser-Iridotomie, dass das Kammerwasser aus der hinteren Augenkammer durch diesenShunt in die vordere Augenkammer zirkulieren kann; bei einer Cataracta complicata kann imentzündungsfreien Intervall eine Kataraktextraktion durchgeführt werdenPrognose: durch chronisch rezidivierenden Verlauf kommt es häufig zu Komplikationen wieSynechien oder Katarakt bis zur Erblindung durch Phthisis bulbi (Schrumpfung des Augapfels)ChoroiditisEpidemiologie: wenige <strong>Untersuchung</strong>en dazuSymptome: schmerzfrei (Aderhaut keine sensiblen Nervenfasern), jedoch Sehverschlechterungoder SchleiersehenDiagnostik: ophthalmologisch sieht man einzelne oder mehrere choroiditische Herde, die imfrischen Zustand weißlich und unscharf begrenzt sind; im Narbenstadium sind die Herdescharf abgegrenzt und mehr oder weniger braun pigmentiert; bei einem primär choroidalenProzess finden sich keine Zellen im Glaskörper, bei einer Entzündung, die von der Netzhautausgeht (= Retinochoroiditis) zeigt sich demgegenüber eine zellige GlaskörperinfiltrationDd.: Entzündungen der Retina müssen abgegrenzt werden, die mit zelliger Infiltration desGlaskörpers einhergehen und am häufigsten durch Viren oder Toxoplasma gondii verursachtwerden


46Therapie: je nach Ätiologie AB (bei Erregernachweis) oder SteroidePrognose: innerhalb von 2 – 6 Wochen heilen die Entzündungsherde unter Ausbildung vonchorioretinalen Narben ab; im Bereich der Narben resultieren Gesichtsfeldausfälle (Skotome),die zu Visusverlust führen, wenn die Makula betroffen ist8. Pupille (Pupilla)GrundkenntnisseBedeutung und Funktion: = zentrale Öffnung der Regenbogenhaut, die eine Art Blende darstellt:steuert Lichteinfall ins Auge und verbessert somit die AbbildungsqualitätLichtreaktion der Pupille: wird über den- afferenten Schenkel, der den Lichtreiz aufnimmt und weiterleitet, und- den efferenten Schenkel, der die Irismuskeln innerviert, vermitteltAfferenter Schenkel: er beginnt in den Lichtrezeptoren der Retina und verläuft über den N.opticus, das Chiasma opticum, (dort Kreuzung teilweise zur Gegenseite) und die Tracti opticibis kurz vor das Corpus geniculatum laterale; dort trennt sich von der Sehbahn die afferentePupillenreflexbahn ab, zieht zu den vorderen 4 Hügeln und den prätektalen Kernen und vondort zu beiden Edinger-Westphal-Kernen; jeder prätektale Kern leitet zu beiden Edinger-Westphal-Kernen weiter: diese beidseitige Verschaltung hat folgende Konsequenzen:- beide Pupillen normalerweise gleich groß (isokor), auch bei einseitiger Erblindung; Abweichungenbis 1 mm sind physiologisch- beide Pupillen reagieren mit einer Verengung, auch wenn nur ein Auge beleuchtet wird(konsensuelle Lichtreaktion)Efferenter parasympathischer Schenkel: er beginnt im Edinger-Westphal-Kern: dessen Nervenfasernlagern sich als parasympathischer Teil dem N. oculomotorius an und ziehen zumGanglion ciliare in der Orbita; postganglionär wird über die Nn. ciliares breves das Erfolgsorgan,der M. sphincter pupillae, erreicht;ebenfalls parasympathisch vermittelt ist die Naheinstellungsreaktion, bestehend aus Akkommodation,Konvergenz und MiosisEfferente sympathische Nervenversorgung der Pupille: besteht aus 3 durch Synapsen verbundeneNeurone:


47- das zentrale <strong>1.</strong> Neuron beginnt im hinteren Hypothalamus und zieht durch den Hirnstammund die <strong>Med</strong>ulla oblongata zum Centrum ciliospinale im Halsmark- das präganglionäre 2. Neuron verläuft vom Centrum ciliospinale über die Rr. communicantesalbi und den sympathischen Grenzstrang zum Ganglion cervicale superius;- das postganglionäre 3. Neuron zieht vom Ganglion cervicale superius als Nervengeflechtvia Carotis interna, A. ophthalmica und Nn. ciliares longi zum Erfolgsorgan, dem M. dilatatorpupillaePhysiologische Pupillenweiten: die Pupillenweite erstreckt sich von ca. 1 mm (Miosis) bis ca.8 mm (Mydriasis)eher weit sind die Pupillen bei: Jugendlichen, im Dunkeln, bei Freude/ Schrecken/ Angst(durch gesteigerten Sympathikotonus), bei tiefer Inspiration;eher eng bei: Neugeborenen (parasympathischer Grundtonus), alten Menschen (Abnahme dersympathischen dienzephalen Aktivität), im Hellen, im Schlaf, bei Ermüdung (Nachlassen dersympathischen Aktivität)<strong>Untersuchung</strong>smethodenzur vollständigen <strong>Untersuchung</strong> von Pupillenstörungen gehören die Prüfung der direkten undindirekten Lichtreaktion sowie der Swinging-flashlight-Test, die Naheinstellungsreaktion unddie morphologische Beurteilung der Iris; nur in der Synopsis der Befunde lassen sich okulärebzw. zerebrale Erkrankungen topisch zuordnenPrüfung der Lichtreaktionbei nicht zu hellem Tageslicht (Pupille weiter), wobei der Patient in die Ferne blickt (Ausschaltungder Naheinstellungsmiosis)direkte Lichtreaktion: beide Augen bedecken, anschließend eines frei geben, Pupille solltesich normalerweise nach einer Latenzzeit von ca. 0,2 Sek. verengen; analog anderes Augeuntersuchenindirekte oder konsensuelle Lichtreaktion: beide Augen an der Nasewurzel durch Hand trennen:so wird das beobachtete Auge von einem direkten Lichteinfall abgeschirmt und eine direkteLichtreaktion verhindert; das andere Auge wird beleuchtet und die Reaktion des nichtbeleuchteten, abgeschirmten Auges beobachtet: normalerweise verengen sich beide Pupillen„Swinging-flashlight-Test“: dient zur Diagnostik einer diskreten einseitigen bzw. einseitigstärker ausgeprägten Störung in der Sensorik (Sehnerv und/ oder Retina) des Auges: häufig isteine Schädigung des Sehnervs (z.B. partielle Optikusatrophie) oder der Netzhaut (z.B. Makulopathie,periphere Amotio) nur teilweise, so dass die verbliebenen gesunden Anteile derAfferenz ausreichen, um eine Pupillenverengung bei der Prüfung der direkten Lichtreaktion


48auszulösen; diese Konstriktion ist zwar geringer als am gesunden Auge, kann aber bei diskretemBefund der Pupillenreaktion nur sehr schwer klinisch zu erkennen sein; es ist also zurBeurteilung nötig, das Reaktionsverhalten beider Pupillen in unmittelbarem Vergleich zu sehen,um Unterschiede in der Schnelligkeit der Verengung und der anschließenden Erweiterungzu sehen; hierfür bewegt man eine Lichtquelle wechselnd von einem Auge zum anderen,was als Swinging-flashlight-Test bezeichnet wird:- Patient fixiert Objekt in der Ferne, Raum leicht abgedunkelt (bessere Erkennbarkeit beiweiterer Pupille, Ausschaltung der Konvergenzmiosis)- mit einem relativ hellen Licht werden beide Augen abwechselnd beleuchtet in gleichemAbstand, mit gleicher Zeitdauer und gleicher Lichtintensität (gleicher Adaptionszustandbeider Augen); damit die Makula nicht direkt beleuchtet wird, richtet man die Lichtquellevon unten auf das jeweilige Auge- beurteilt werden die initiale Konstriktion bei Beleuchtung und die anschließende Erweiterungder Pupilleverengt sich eine Pupille langsamer und erweitert sie sich schneller = relativer afferenter Pupillendefekt;relativ deshalb, da der Unterschied in der Pupillenreaktion nur bei unterschiedlichemDefekt in der Sensorik zwischen rechtem und linkem Auge auftrittPrüfung der NaheinstellungsreaktionTrias der Naheinstellung: Konvergenz der optischen Achsen, Akkommodation, Verengungder Pupille (Miosis)Patient blickt zunächst in die Ferne und anschließend auf ein Objekt in der Nähe (Finger desPatienten, der bis zu einem Abstand von 10 cm an die Augen herangeführt wird); die Naheinstellungsreaktionist intakt, wenn beide Augen bis ca. 10 cm Objektabstand kontinuierlichkonvergieren mit Pupillenverengung und Akkommodation je nach Alter des Patienten; diePupille darf nicht zusätzlich beleuchtet werden (Lichtreaktionsmiosis)<strong>Med</strong>ikamentöse Beeinflussung der PupilleMiotika (Parasympathomimetika)direkte Parasympathomimetika: Wirkung an den Acetylcholinrezeptoren des M. sphincterpupillae (= Miosis) und des M. ciliaris (= Akkommodationszunahme):- Acetylcholin: sehr kurze Wirkungsdauer (wenige Minuten); Indikation: nur intraokulareAnwendung (intraoperatives Miotikum), da als Augentropfen wirkungslos (schneller Abbau)- Pilocarpin: wirkt 5 – 7 Stunden; Indikation: Ersatzmedikament in der Glaukomtherapie


49Mydriatika (Parasympatholytika)Wirkung durch Acetylcholinrezeptor-Blockade am M. sphincter pupillae (= Mydriasis) undM. ciliaris (= Akkommodationslähmung)- Tropicamid: wirkt ca. 4 – 6 Std. (kürzest wirksames Mydriatikum); Indikation: zu diagnostischenZwecken- Cyclopentolat: wirkt ca. 12 – 24 Std.; mehr Zykloplegikum als Mydriatikum; Indikation:diagnostisch zur objektiven Refraktionsbestimmung; therapeutisch zur Ziliarkörperentspannung(z.B. bei Iritis)- Homatropin: wirkt ca. 1 – 2 Tage; Ind.: therapeutisch, z.B. bei Iritis- Scopolamin: wirkt ca. 1 Woche; Ind.: therapeutisch zur längerfristigen Mydriasis, z.B.Zustand nach Amotiooperation oder bei Iridozyklitits- Atropin: wirkt > eine Woche (am längsten wirksames Mydriatikum); Ind.: wie ScopolaminSympathomimetikadirekte Sympathomimetika: Wirkung am Adrenalinrezeptor des M. dilatator pupillae- Adrenalin: nur geringe Wirkung durch schnellen Abbau durch Aminooxidasen; Ind.: zurDiagnostik beim Horner-Syndrom; intraokular zur besseren Mydriasis während einer OP- Phenylephrin: wirkt ca. 6 Std; Vorteil: keine Akkommodationslähmung; Ind.: aufgrundder kurzen Wirkungsdauer zu diagnostischen Zweckenindirekte Sympathomimetika: Hemmung der Rückresorption von Noradrenalin- Kokain 4%: wirkt ca. 6 Std.; Ind.: als Augentropfen für diagnostische Zwecke beim Horner-Syndromkeine medikamentöse Mydriasis bei flacher Vorderkammer! Gefahr der Auslösung einesakuten Winkelblockglaukoms!Störungen der PupillomotorikStörungen der Pupillomotorik haben eine Vielzahl von Differentialdiagnosen, die nicht nurokuläre, sondern v.a. neurologische und auch internistische Erkrankungen umfassen; dieSchwierigkeit der Diagnosestellung resultiert aus dem monomorphen klinischen Bild der Isokorieund Anisokorie: daher funktionelle <strong>Untersuchung</strong>en zur weiteren Eingrenzung der Diagnoseimmer nötig;


50Isokorie bei enger bzw. weiter Pupille in erster Linie von neurologischem, weniger von ophthalmologischemInteresseAnisokorie mit erweiterter Pupille am betroffenen AugeKomplette Okulomotoriusparese (absolute Pupillenstarre)Ursachen: Prozesse an der Schädelbasis, z.B. Tumoren, Aneurysmen, Entzündung, Blutung;Prozesse im Bereich der Fissura orbitalis superior bzw. OrbitaspitzeDiagnostik:- direkte und konsensuelle Lichtreaktion ohne Pupillenverengung auf der erkrankten Seite(absolute Pupillenstarre)- keine Naheinstellungsmiosis- Motilitätsstörung mit Doppelbildwahrnehmungeine plötzliche komplette (motorisch und parasympathisch) Okulomotoriusparese ist immerein Zeichen für eine potentiell vital bedrohliche Erkrankung; bei einem bewusstlosen Patientenist die einseitige Mydriasis häufig das einzige klinische Zeichen dafürPupillotonieUrsache: postganglionäre Schädigung des Parasympathikus, vermutlich im Bereich desGanglion ciliare (z.B. bei D.m., Alkoholismus, Virusinfekt, Trauma)Diagnostik:- direkte und konsensuelle Lichtreaktion mit fehlender bzw. stark verzögerter Reaktion- Erweiterung ebenfalls stark verzögert- Naheinstellung verlangsamt, aber deutlich vorhanden: Akkommodotonie (Akkommodationmit verzögerter Entspannung)- keine Motilitätsstörung- pharmakologische Testung mit 0,1% Pilocarpin: im erkrankten Auge Miosis (Denervierungshypersensibilität);im gesunden Auge keine Pupillenveränderung (zu schwach)eine Pupillotonie ist eine relativ häufige, völlig harmlose Ursache einer einseitigen MydriasisIrisdefekte: Ursachen: Trauma, Zustand nach akutem Winkelblockglaukom, Synechien (Iritis,Operation); Diagnostik: Anamnese, SpaltlampenbefundPhysiologische AnisokorieUrsache: vermutlich asymmetrische supranukleäre Hemmung der Edinger-Westphal-KerneDiagnostik:


51- direkte und konsensuelle Lichtreaktion sowie Sw.-fll.-Test zeigen immer gleiche Pupillenweitendifferenz- Naheinstellungsreaktion regelrecht- pharmakologische Testung: Kokain (4% Kokain-Augentropfen in beide Augen, Ausmessungder Pupillenweite nach 1 Std.): beidseitige Pupillenerweiterung zeigt, dass die Neuronenketteintakt istAnisokorie mit enger Pupille am betroffenen AugeHorner-SyndromUrsachen: Schädigung der Sympathikusbahn- zentral: <strong>1.</strong>Neuron: Tumoren, Enzephalitis, Encephalitis disseminata- peripher (präganglionar): 2. Neuron: Encephalitis disseminata, Trauma, Rhinopharynxtumoren,Struma, Aneurysma, Lungenspitzenprozesse- peripher (postganglionar): 3. Neuron: vaskuläre Prozesse, Aneurysma der Carotis internaKlinisches Bild:- Miosis (ca. 1 – 2 mm Differenz) durch Lähmung des M. dilatator pupillae- Ptosis (ca. 1 – 2 mm) durch Lähmung des Müller-Muskels- Pseudoenophthalmus durch Lähmung von rudimentären Unterlidretraktoren; das Unterlidsteht deshalb höher, das Auge erscheint kleiner und somit enophthalmisch;- verringerte Schweißsekretion (nur bei präganglionären Erkrankungen, da die Schweißdrüseninnervationüber die Carotis externa läuft)Diagnostik:- direkte und konsensuelle Lichtreaktion intakt (DD zu Parasympathikusschädigung), Pupillewird langsamer weit (Dilatationsdefizit)- Naheinstellungsreaktionen intaktpharmakologische Testung mit Kokain-Augentropfen:- peripheres Horner-Syndrom: kranke Seite: geringe Mydriasis (Noradrenalinverminderungdurch Schädigung des Nervs), gesunde Seite: deutliche Mydriasis- zentrales Horner-Syndrom: kranke Seite: schlechte Erweiterung, gesunde Seite: Erweiterung(Noradrenalin in den Synapsen nicht beeinträchtigt)


529. Glaukom (grüner Star)Allgemeine Vorbemerkungseit 150 Jahren Glaukom bekannt; der Augeninnendruck, bis vor kurzem als einziger pathogenetischerFaktor angesehen, ist in seiner Bedeutung etwas relativiert worden: 3 Schritte beider Entstehung des Glaukoms zu berücksichtigen: Risikofaktoren, Pathomechanismus und derSchadendrei Risikofaktoren müssen berücksichtigt werden: Intraokulardruck, vaskuläre Dysregulation,systemischer Blutdruckbeim Glaukom gibt es keine HeilungGrundkenntnisseGlaukom fasst eine Anzahl ätiologisch unterschiedlicher Krankheiten zusammen, denen eineOptikoneuropathie gemeinsam ist mit charakteristischem Papillenbefund und besonderenMustern von Gesichtsfelddefekten, die häufig, aber nicht ausschließlich mit einem erhöhtenAugeninnendruck einhergeht; dies führt letztendlich zur Erblindung des Auges- primär nennt man ein Glaukom, wenn es nicht die Folge einer anderen Augenerkrankungist- sekundär, wenn es in Folge einer anderen Augenerkrankung oder als unerwünschte Nebenwirkungvon Heilmaßnahmen und <strong>Med</strong>ikamenten auftrittEpidemiologie: nach dem D.m. die zweithäufigste Erblindungsursache in entwickelten Ländern;15 – 20% aller Blinden haben ihr Augenlicht durch ein Glaukom verloren; rund 10% derBundesbürger über 40 Jahre haben einen erhöhten Augeninnendruck; etwa 10% der Patientenbeim Augenarzt leiden unter einem Glaukom à Früherkennung des Glaukoms eine der wichtigstenAufgaben des GesundheitswesensPhysiologie und Pathophysiologie der Kammerwasserzirkulation:der normale intraokulare Druck (IOD) von durchschnittlich 15 mmHg beim Erwachsenenliegt erheblich über dem mittleren Gewebsdruck fast aller anderen menschlichen Organe:solch hoher Druck wichtig für die optische Abbildung, denn er gewährleistet unter anderem:- die glatte Wölbung der Hornhautoberfläche- einen gleichbleibenden Abstand zwischen Hornhaut, Linse und Netzhaut- eine gleichmäßige Ausrichtung der retinalen Photorezeptoren und des Pigmentepithels aufder faltenlos gespannten Bruch-Membran


53das Kammerwasser wird in den Ziliarzotten gebildet und in die Augenhinterkammer sezerniert;pro Minute werden etwa 1 – 2% des Kammerwassers ersetztdas Kammerwasser gelangt durch die Pupille in die Vorderkammer: die Iris liegt der Linsenvorderflächeauf à das Kammerwasser kann diesen <strong>1.</strong> physiologische Pupillarwiderstand solange nicht passieren, bis ein genügend hoher Druck aufgebaut ist, der die Iris von der Linseabheben kann à Kammerwasser fließt nicht kontinuierlich, sondern stoßweise pulsierend vonder Hinterkammer in die Vorderkammerjede Erhöhung des Pupillendurchflusswiderstandes (Pupillarblock) führt zu einer Drucksteigerungin der Hinterkammer, wobei sich die Iris an ihrer Wurzel wie ein Segel nach vorne blähtund vor das Trabekelwerk schiebt: von besonderer Bedeutung für die Pathogenese des Winkelblockglaukomsverschiedene Faktoren können den Pupillardurchflusswiderstand erhöhen (Winkelblockprädisposition):verstärkter Kontakt zwischenPupillarrand und Linse bei:erhöhte Viskosität des Kammerwassersbei:kleinen Augen (geringe Achsenlänge)großer Linse (vergrößertes LinsenV) aufgrund des- Alters (LinsenV nimmt im Laufe des Lebens umdas 6fache zu)- D.m. (osmotische Linsenquellung)Miose- Alter (Sphinkter- und Dilatatoratrophie)- <strong>Med</strong>ikamente (Miotika bei Glaukomtherapie)- Iritis (Reizmiose)- diabetische Iridopathie (Verdickung der Iris)hinteren Synechien (Iris-Linsen-Verklebung)Entzündungen (Protein, Zellen, Fibrin im Kammerwasser)Blutungen (Erys im Kammerwasser)aus dem Kammerwinkel in der Vorderkammer fließt das Kammerwasser- zu etwa 85% durch das Trabekelwerk in den Schlemm-Kanal, von hier gelangt es über 20– 30 radiäre Sammelkanäle in die episkleralen Kammerwasservenen- zu etwa 15% über ein uveosklerales Gefäßsystem in den allgemeinen venösen Kreislauf


54im Trabekelwerk wird der 2. physiologische Widerstand angenommen: Trabekelwerk: lockeres,blutgefäßfreies, schwammartiges Gewebe; erhöhter Widerstand liegt bei OffenwinkelglaukomenvorEinteilung: der Glaukome lässt sich aus ihrer Pathophysiologie herleiten; das weite Spektrumder Glaukome ist praktisch immer auf einen erhöhten Abflusswiderstand und nicht auf einevermehrte Kammerwasserproduktion zurückzuführenGlaukomforfigkeitHäu-KW KW gonioskopisch Abflussbehinderunganato-mischOffen-primär über offen voll einsehbar; unauffälligeim Trabekelwerkwinkel-glaukom90%Strukturensekundär 2 – 4% offen voll einsehbar; Trabekelwerkund sekundärverlegende Zellenerkennbardurch Erys, Pigment,Entzündungszellen,die das TrabekelwerkverlegenWinkelblockglaukomkindlichesGlaukomprimär(Pupillarblockgetwa5%blockiert nicht einsehbar, keineKammerwinkelstrukturenerkennbardurch Irisgewebe, dasdas Trabekelwerkverlegtsekundär 2 – 4% blockiert nicht einsehbar, keineKammerwinkelstrukturenerkennbar, verlegendeStrukturenerkennbardurch Verlegung desTrabekelwerkes durchvordere Synechien,Narben1% nicht einsehbar; verlegendes im Trabekelwerk,ausdifferenziertembryonales Gewebe welches nicht vollund mangelnde Aus-ausdifferenziert istdifferenzierung erkennbaryonalesund/ oder durch emblegtGewebe ver-istabsolutes Glaukom: keine eigene Glaukomform, sondern beschreibt ein am Glaukom erblindetes,oft schmerzhaftes Auge


55<strong>Untersuchung</strong>smethodenSchräge Beleuchtung der Vorderkammermit einer Lichtquelle wird tangential zur Irisebene in die Vorderkammer geleuchtet: in Augenmit normal tiefer Vorderkammer wird die Iris gleichmäßig ausgeleuchtet: spricht für eine tiefeVorderkammer mit offenem Kammerwinkel; in Augen mit flacher Vorderkammer und engemoder verschlossenem Kammerwinkel ist die Iris nach vorne gewölbt und nur ungleichmäßigausgeleuchtet (siehe <strong>Untersuchung</strong> der Vorderkammer S. 3)Spaltlampenuntersuchungdie zentrale und periphere Vorderkammertiefe sollte anhand der Hornhautdicke beurteilt werden:eine Vorderkammertiefe, die zentral weniger als der 3fachen und peripher weniger alsder 1fachen Hornhautdicke entspricht, lässt an einen engen Kammerwinkel denken; zur weiterenAbklärung:Gonioskopieder Kammerwinkel wird an der Spaltlampe mit einem Gonioskop beurteilt, das direkt auf dieHornhaut aufgesetzt wird: entscheidende <strong>Untersuchung</strong> für die Klassifizierung der jeweilsvorliegenden Glaukomformes kann differenziert werden:- Kammerwinkel offen: Offenwinkelglaukom- Kammerwinkel verschlossen: Winkelblockglaukom, sekundäres W.- Kammerwinkel im Zugang eingeengt: drohende Winkelblockkonfiguration- Kammerwinkel offen, aber mit entzündlichen Zellablagerungen, Erys oder Pigment imTrabekelwerk: sek. Offenwinkelg.Messung des intraokularen Druckes (IOD)Palpation: im Seitenvergleich = grobe Orientierungshilfe: Augapfel fluktuierend eindrückbar:Tensio unter 20 mmHg; Augapfel unnachgiebig und steinhart: Tensio ca. 60 – 70 mmHg(akutes Winkelblockglaukom)Impressionstonometrie nach Schiötz: Tonometer, Fußplatte, ImpressionsstiftEindrückbarkeit der Kornea wird am liegenden Patienten geprüft; manchmal ungenaue Ergebnisse:bei myopen Augen Sklerarigidität erniedrigt à heute:Applanationstonometrie: weitverbreitetste Methode; in wenigen Sekunden Messung am sitzendenund liegenden Patienten: mit einem planen Druckkörperchen, das einen Durchmesservon 3, 06 mm hat, wird die Hornhaut auf eine dementsprechende Fläche applaniert: anästhe-


56sierende Augentropfen; der notwendige Druck, um Hornhaut abzuplatten entspricht Augeninnendruck;Cave: bei Konjunktivitis ist eine Keimübertragung möglichein IOD von 22 mmHg gilt als verdächtigLuftstoß-Nonkontakt-Tonometrie: elektronischer Tonometer: ein 3-ms-Luftstoß wird gegendie Kornea gerichtet, Hornhautverformung wird im Tonometer registriert und der Augendruckkalkuliert: ohne Oberflächenanästhetikum möglich, keine Keimübertragung; Eichung problematisch,exakte Messung nur bei niedrigen bis mittleren Drücken, unbrauchbar bei vernarbtenHornhautoberflächen, subjektiv unangenehm, laute StrömungsgeräuscheMessung der Tagesdruckkurve: bei Patienten mit Glaukomverdacht werden das intraokulareDruckniveau und die Schwankungen über 24 Stunden analysiert: einzelne Druckmessung eineMomentaufnahme, nur Tagesdruckprofil gibt verlässlich Aufschluss über das Druckniveau;physiologisch bewegt sich der IOD in rhythmischen Schwankungen (Höchstwert häufignachts oder in den frühen Morgenstunden); beim Gesunden überschreiten die Tagesschwankungendes IOD 4 – 6 mmHg gewöhnlich nicht; bei Glaukompatienten, die mit Augentropfeneingestellt sind, ist besonders auf die Tropfzeitpunkte zu achten: die Druckmessung wird jeweilsunmittelbar vor der Tropfenapplikation durchgeführtSelbsttonometrie:Handhabung anspruchsvoll; Prinzip der Applanationstonometrie : an Stirn ansetzen, mittelsFixierlicht in richtige Position bringenFehlerquellen bei der Tonometrie: bei Patienten mit dünner Hornhaut werden bei der Applanationstonometriezu niedrige, bei Patienten mit dicker Hornhaut zu hohe AugendruckwertegemessenOphthalmoskopie der Papilledie Papille weist physiologisch eine Einziehung (= Exkavation) auf, die sich bei länger bestehendemerhöhtem Augeninnendruck vergrößert und ophthalmologisch beurteilt werden kann:die binokulare <strong>Untersuchung</strong> der Papille an der Spaltlampe mit Hilfe des Kontaktglases ergibtein dreidimensionales Bild; bei erweiterter Pupille kann im Spaltbild die Tiefe der Exkavationstereoskopisch gesehen werdender Sehnerv ist das Glaukomgedächtnis des Auges! seine Beurteilung sagt aus, ob bereits eineGlaukomschädigung vorliegt und wie weit sie fortgeschritten istPhysiologische Exkavation: unterliegt einer erheblichen Variationsbreite: große physiologischeExkavationen sind immer rund und unterschieden sich dadurch von der vertikalenElongation der Exkavation in Glaukomaugen


57Papillendokumentation: zur Pupillendokumentation und Verlaufsbeobachtung in der täglichenRoutine eignet sich das skizzenhafte dokumentieren der Befunde; längerfristige Beobachtung:Papillenfotografie mit einer Funduskamera, wobei man den Sehnerv mit Hilfe der Stereofotografieauch 3dimensional darstellen kanngenaue Vermessung des Sehnervs ermöglichen die Papillometrie und die Papillentomographie:Papillometrie: die Fläche der Papille, der Exkavation und des neuroretinalen Randsaums (vitalesPapillengewebe) wird auf Fotografien des Sehnervs 2dimensional, planimetrisch vermessenPapillentomographie: 3dimensionale Dokumentation des SehnervsGlaukomatös veränderter Sehnerv: ist an bestimmten Formveränderungen der Exkavation zuerkennen: mit zunehmendem Glaukomschaden des Sehnervs gehen Nervenfasern, fibrovaskuläresund auch gliales Gewebe zugrunde; diese Gewebsatrophie führt zu einer Zunahme derExkavation und zu einer farblichen Abblassung der Papille; die Papille ist randscharf und farbarm,die Exkavation fast vollständig mit bajonettartig in die Tiefe abknickenden Gefäßenfortschreitende glaukomatöse Papillenveränderungen sind eng verknüpft mit zunehmendenGesichtsfeldausfällen:glaukomatöse Gesichtsfeldausfälle:fast randständige Exkavation temporal unten vergrößerter blinder Fleck und nasal oben(Schädigung der Sehnervfasern, die in diesemBereich verlaufen)zentralen Skotome gehen der Vergrößerunggelegenes parazentrales Skotom; die para-des blinden Fleckes vorausZunahme der Exkavation; Verdünnung des Einengung des nasal oberen peripheren Gesichtsfeldes;die parazentral gelegenen insel-vitalen Randsaumes; Lamina cribrosa wirdsichtbarförmigen Skotome fließen zusammen underreichen den blinden Fleck (Bjerrum-Skotom)fortgeschrittene generalisierte Verdünnung weiterer nasal oberer Gesichtsfeldverlust;der neuroretinalen Randzone, zunehmendes Durchbruch des Bjerrum-Skotoms horizontalSichtbarwerden der Lamina cribrosa; nasale abgegrenzt in die nasale Gesichtshälfte; einVerdrängung der Gefäßeneues Skotom nasal unten weist auf einenSchaden temporal oben gelegener Nervenfasernhintotale glaukomatöse Optikusatrophie: voll- kleiner zentraler und peripherer Gesichtsfeld-


58ständige Atrophie des neuroretinalen rest; das Bogenskotom hat sich zum Ringskotomum den Fixierpunkt geschlossen; mitRandsaumes, kesselförmige Exkavation, bajonettförmigam Papillenrand abgeknickte, dem Verfall des Fixierpunktes fällt das Zentrumdes Sehens aus mit Verbleib eines peri-z.T. verschwindende Gefäße; Lamina cribrosadiffus sichtbar; vom atrophischen Papillengewebesind nur noch Reste vorhanden;pheren Gesichtsfeldrestesdie Papille ist von einem Ring chorioretinalerAtrophie umgeben (Druckatrophie der Aderhautund Schwund des retinalen Pigmentepithels),Halo glaucomatosusDie Papille befindet sich anatomisch zwar etwa 15° nasenwärts (nasal) der Fovea centralis ,die Lokalisation des Blinden Flecks erfolgt im Gesichtsfeld jedoch zirka 15° schläfenwärts(temporal)Gesichtsfelduntersuchungum ein Glaukom so früh wie möglich zu erkennen, ist es nötig, glaukomatöse Gesichtsfeldausfälleim frühestmöglichen Stadium festzustellen: sie manifestieren sich zuerst parazentralnasal oben (häufiger) oder unten, zunächst als relative, später als absolute Skotome: Auffindungdieser frühen glaukomatösen Gesichtsfeldausfälle: statische Computerperimetrie (Lichtunterschiedsempfindlichkeitsmessung):mit computergesteuerten, halbautomatischen Rasterperimetriegerätenwird das zentrale 30-Grad-Gesichtsfeld untersucht; von großer Bedeutungist die Reproduzierbarkeit der Gesichtsfeldbefunde bei der Verlaufsbeobachtung zum Ausschlusseiner Vergrößerung der Ausfälle<strong>Untersuchung</strong> der retinalen Nervenfaserschichtdie retinalen Nervenfasern sind in charakteristischer Weise angeordnet à typische Gesichtsfeldausfällebeim primär chronischen Offenwinkelglaukom: parallel zu den frühen und fortschreitendenSehnerven- und Gesichtsfelddefekten kommt es zu bogenförmigen Defekten inder Nervenfaserschicht, die im rotfreien Licht beobachtet werden können (dunkel): deutet auffrühen Glaukomschaden hinPrimäre GlaukomePrimär chronisches Offenwinkelglaukom (PCOG) (Glaucoma chronicum simplex)das PCOG beginnt im mittleren und späteren Lebensalter mit schleichendem Verlauf undprogressiver Verschlechterung; charakteristisch: Kammerwinkel stets offen!Epidemiologie: mit über 90% aller Erwachsenenglaukome die mit Abstand häufigste Glaukomform;die Häufigkeit nimmt nach dem 40. Lebensjahr stark zu und hat den Häufigkeits-


59gipfel zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr; es scheint eine genetische Disposition zu geben:mehr als ein Drittel der Patienten haben Verwandte mit der gleichen ErkrankungÄtiopathogenese: Ursache nicht bekannt! der erhöhte Abflusswiderstand liegt im Trabekelwerkdes Kammerwinkels vor; primär entsteht der Schaden im Bereich des neuroretinalenGewebes des Sehnervs (druckbezogene Neuropathie des Sehnervs)Symptomatik: bei der Mehrzahl der Patienten fehlen subjektive Symptome jahrelang; bei geringerAnzahl: unspezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Augenbrennen, Augenrötung,verschwommenes und verschleiertes Sehen, die der Patient oft auf eine zu schwacheoder fehlende Brille zurückführt; auch nächtliches Wahrnehmen von Farbringen um Lichtquellen,herkömmlich als Symptom dem Winkelblockglaukom zugeschrieben, kann vorliegendas PCOG kann bereits weit fortgeschritten sein, bevor der Patient auf einen ausgedehntenGesichtsfeldverlust an einem oder beiden Augen aufmerksam wird à entscheidend, Diagnoseso früh wie möglich zu stellen, da Prognose im Frühstadium viel besser: bleibt die Drucksteigerungüber Jahre hinweg unerkannt bzw. unbehandelt, nimmt die glaukomatöse Optikusschädigungund der damit verbundene Gesichtsfeldverfall bis hin zur Erblindung zuDiagnostik: Augeninnendruckmessung: der normale Augeninnendruck liegt etwa zwischen 10und 20 mmHg; alarmierendes Zeichen ist ein erhöhter IOD bei einer augenärztlichen Routineuntersuchung(über 22 mmHg)Tagesdruckprofil: es finden sich Tagesschwankungen des IOD von mehr als 5 – 6 mmHgGonioskopie: Kammerwinkel offen und unauffälligOphthalmoskopie: der Sehnervenkopf verrät, ob eine glaukomatöse Exkavation schon eingetretenist und wie weit fortgeschritten das Glaukom bereits ist; bei noch unauffälliger Papilleund regelrechtem Gesichtsfeld lassen sich im Grünlicht am hinteren Pol bündelförmige Nervenfaserausfälleals pathologische Frühbefunde erkennenPerimetrie: als Suchtest eignet sich die Rauschfeldperimetrie, weil sie dem Patienten Skotomebewusst macht, sie erkennen und beschreiben lässt: der Patient sieht einen flimmernden Monitor,im Skotombereich nimmt er die Flimmerpunkte nicht wahr: frühe Stadien: automatischeRasterperimetrie;…DD.:Okuläre Hypertension: Patienten mit okulärer Hypertension haben über Jahre hinweg signifikanterhöhte Druckwerte ohne Zeichen einer glaukomatösen Sehnervenschädigung oder einesGesichtsfeldausfalles: die Wahrscheinlichkeit, ein PCOG zu bekommen, steigt, je höher dieIOD sind, je jünger der Patient ist und je zwingender die Familienanamnese auf ein Glaukomhindeutet


60Niedrigdruckglaukom: Patienten mit einem Niedrigdruckglaukom haben progressive glaukomtypischePapillen- und Gesichtsfeldveränderungen ohne erhöhte Augeninnendruckwerte:sehr schwer zu therapieren, da der Angriffspunkt IOD fehlt; oft haben diese Patienten in ihrerAnamnese hämodynamische Krisen (gastrointestinale oder uterine Blutungen mit erheblichemBlutverlust), niedrigen Blutdruck und periphere Gefäßspasmen (kalte Hände und Füße); dieDurchführung eines 24-Stunden-Blutdruckprofils deckt oft nächtliche Hypotoniephasen auf,die sonst unentdeckt bleiben; diese Minderperfusionsphasen führen zu einer vaskulär bedingtenOptikoneuropathie; auch bei Patienten mit Glaukom kann durch Reduktion des Blutdruckeseine weitere Verschlechterung des Gesichtsfeldes ausgelöst werden:Vorsicht mit blutdrucksenkenden oder kardiovaskulär wirksamen <strong>Med</strong>ikamenten bei Patientenmit Glaukom, und besonders NiedrigdruckglaukomTherapie: Indikationen zum Therapiebeginn:- Glaukomatöse Exkavation des Sehnervenkopfes: finden sich Anzeichen einer glaukomatösveränderten Exkavation des Sehnervs oder eine Seitendifferenz der Exkavation vonmehr als 20% sollte mit der medikamentösen Therapie begonnen werden- ungeachtet des Sehnervenstatus sollten Druckwerte über 25 mmHg routinemäßig medikamentösbehandelt werden- zunehmende glaukomatöse Exkavation des Sehnervenkopfes bzw. zunehmender Gesichtsfeldverlusttrotz bestehender Therapie: unabhängig vom gemessenen Druck zeigen die Befunde,dass das aktuelle Druckniveau für den Sehnerv zu hoch ist und zusätzliche medikamentöseTherapie nötig ist; als zu erreichender Zieldruck sollte eine Drucksenkung um30% unter das Ausgangsniveau definiert sein; auch Minimierung täglicher Druckschwankungensollte angestrebt werden (10 – 12 mmHg)Therapieziele: Absenkung des Augendruckes auf den Zieldruck<strong>Med</strong>ikamentöse Therapie:- Hemmung der Kammerwasserproduktion; Erhöhung des trabekulären Abflusses; Erhöhungdes uveoskleralen AbflussesPrinzipien für die medikamentöse Therapie des PCOG: Therapie der Wahl ist medikamentös;nur bei Versagen dieser OP- <strong>Med</strong>ikamentenwahl abhängig von Wirksamkeit, NW und KI: zunächst Mindestdrucksenkungum 20% gegenüber dem Ausgangswert durch ein einzelnes <strong>Med</strong>ikament:- als lokale Erstmedikation :


61- Alpha-2-Agonisten (Mechanismus unklar)- Betablocker (Mechanismus unklar)- Karboanhydrasehemmer- Prostaglandine/ Prostanoide- in Einzelfällen Parasympathomimetika und nicht selektive Adrenergika- Osmotika oder Carboanhydrasehemmer (oral oder i.v.) drosseln die Kammerwasserbildungund können kurzfristig zusätzlich zur lokalen Therapie gegeben werden (aufgrundder NW keine Dauertherapie)Parasympathomimetika:direkte Parasympathomimetika: Cholinergika:Wirkungsmechanismus: beim PCOG Verbesserung des Kammerwasserabflusses: Wirkungwahrscheinlich ausschließlich mechanisch über Ziliarmuskelkontraktion und Zug auf Trabekelwerk;beim akuten Winkelblockglaukom steht die forcierte Pupillenverengung und dasHerausziehen der Iris aus dem Kammerwinkel im Vordergrund;Ind.: PCOG, akutes WinkelblockglaukomNW: jüngere Patienten tolerieren die vorübergehende Myopie durch Kontraktion des Ziliarmuskelshäufig nicht; Miosis mit Verschlechterung des Nachtsehvermögens und Einengungdes peripheren GesichtsfeldesPilocarpin, Carbachol, Aceclidinindirekte Parasympathomimetika: Cholinesterasehemmer:Wirkungsmechanismus: Abflussverbesserung, wobei die Kontraktion und des Ziliarmuskelsund des Sphincter iridis stärker ausgeprägt ist als bei anderen MiotikaInd.: PCOG, wenn andere Miotika nicht mehr wirksam sindNW: erhebliche okuläre und systemische NW à nicht mehr routinemäßigNeostigminSympathomimetika (direkte):Wirkstoff: Dipivefrin (Adrenalinderivat)Wirkungsmechanismus: Verbesserung des Kammerwasserabflusses und Verminderung derKammerwasserbildung; in Kombination mit Pilocarpin und Carboanhydrasehemmern zusätzlichdrucksenkende WirkungInd.: PCOGNW: 10 – 15% entwickeln Allergie; gelegentlich paradoxer Druckanstieg; Oxidationsprodukteder Adrenalinderivate lagern sich in der Bindehaut ab und können zu Kanalikulusobstruktionder Tränenwege führen (adrenochrome Pigmentablagerungen)


62Wirkstoff: ClonidinWirkungsmechanismus: senkt den IOD um ca. 20%, vorwiegend über eine okuläre Vasokonstriktionohne Beeinflussung der Pupillenweite und des AkkommodationsvermögensInd: besonders für jüngere Patienten mit PCOG geeignetNW: Blutdrucksenkung! à nur niedrige Konzentrationen anwendenWirkstoff: ApraclonidinWirkungsmechanismus: zusätzlich Verminderung der Kammerwasserproduktion; keine systemischeBlutsrucksenkungInd.: sehr gute Drucksenkung bei dekompensierten GlaukomenNW: Cave: Herz-Kreislauf-ErkrankungenSympatholytikadirekte Sympatholytika: β-Rezeptoren-BlockerWirkungsmechanismus: Drucksenkung durch Verminderung der Kammerwasserbildung ohneBeeinflussung von Pupillenweite und AkkommodationsvermögenInd: PCOG, sekundäre Offenwinkelglaukome, sekundäre WinkelblockglaukomeNW: Senkung der Herzfrequenz und Erhöhung der Bronchialspasmen bei AsthmatikernKI: Patienten mit obstruktiver Lungenerkrankung, Herzinsuffizienz oder HerzrhythmusstörungenTimolol, Betaxolol, Pindololindirekte Sympatholytika:Wirkungsmechanismus: senken KammerwasserproduktionInd: nur mäßige DrucksenkungNW: rotes AugeGuanethidinProstaglandinanalogaWirk.m.: Erhöhung des uveoskleralen Kammerwasserabflusses; exzellente Drucksenkung(30%)Ind.: für alle Patienten mit PCOG geeignet; als additive Therapie zu β-Blockern, Adrenalinderivaten,CarboanhxdrasehemmernNW: keine systemischen NW bekannt; bei 16% kommt es lokal zur Veränderung der Irisfarbe;Zilienwachstum in Länge und DickeLatanoprost, TravoprostCarboanhydrasehemmer


63Wirk.m.: Verminderung der Kammerwasserproduktion (das Enzym Carboanhydrase ist überdie aktive Sekretion von Bicarbonat an der Kammerwasserbildung beteiligt); lokal: Förderungder okulären DurchblutungInd.: akute Glaukome, operative Eingriffe, die mit Druckerhöhung einhergehen könnenNW: systemisch: unter Dauertherapie: Unwohlsein, Übelkeit, Depression, Anorexie, Gewichtsverlustbei 40 – 50% der PatientenDorzolamid, Brinzolamid, Azetazolamid (systemisch)Osmotika (systemisch)Wirk.m.: intraokuläre Drucksenkung wahrscheinlich durch Erzeugung eines osmotischenDruckgefälles durch die in die Blutbahn eingebrachte hyperosmotische Substanz; dadurchWasserentzug aus den Flüssigkeitsräumen, v.a. aus Glaskörper und KammerwasserInd: ausschließlich bei akuten Drucksteigerungen (Winkelblockglaukom), da relativ kurzeWirkdauer (wenige Stunden)Operative Therapie des PCOG: Indikationen:- medikamentöse Therapie nicht ausreichend; medikamentöse Therapie wird vom Patientennicht vertragen (Allergie, Sehverschlechterung durch die enge Pupille, Schmerzen durchZiliarspasmen, Ptosis)Argon-Laser-Trabekuloplastik (ALT): Lasernarben im Trabekelwerk bewirken eine narbigeKontraktion, die in den Zwischenräumen zu einer Aufdehnung des Trabekelwerkes mit AbflussverbesserungführtFiltrierende Eingriffe: das Kammerwasser…ZyklodialyseZyklodestruktive EingriffeProphylaxe: es gibt keine prophylaktischen Maßnahmen zur Verhinderung eines PCOG; entscheidenddie frühzeitige Diagnose: spätestens nach dem 40. Lebensjahr Augeninnendruckregelmäßig messen lassen; der Augenarzt führt routinemäßig bei jeder <strong>Untersuchung</strong> ein„Glaukomscreening“ (Augendruck, Papille) durch à erste Lesebrille vom Augenarzt verschreibenlassenPrognose: hängt entscheidend vom Stadium ab: Therapie umso erfolgreicher, je früher sieeinsetztPrimäres akutes Winkelblockglaukom (akuter Glaukomanfall)


64= anfallsweise Erhöhung des IOD auf das Mehrfache seines Normalwertes (10 – 20 mmHg)durch eine plötzliche Abflussblockade; Kammerwasserproduktion und Trabekelwiderstandsind normalEpidemiologie: Häufigkeit bei über 60jährigen: 1:1000 (F:M = 3:1); Eskimos häufiger betroffen,Farbige nur seltenÄtiopathogenese: in anatomisch prädisponierten Augen mit flacher Vorderkammer ist derFluss von Kammerwasser durch die Pupille relativ behindert; durch diesen Pupillarblock erhöhtsich der Druck in der Hinterkammer; dadurch wird die periphere Iris nach vorne vor dasTrabekelwerk gedrängt, und es kommt zu einer plötzlichen Abflussblockade (Winkelblock);ein typischer Glaukomanfall entsteht einseitig durch Pupillenerweiterung entweder in dunklerUmgebung und/ oder unter emotionalem Stress (Schreck oder Angst); Musterbeispiel: abendlicherFernsehkrimi; weiterhin können eine iatrogen bedingte, medikamentöse Mydriasis, wieauch systemisch applizierte Psychopharmaka einen Glaukomanfall auslösenWichtig beim Einsatz von Mydriatika: Tiefe der Vorderkammer beurteilen, auch vor einerroutinemäßigen FundusuntersuchungSymptomatik: akutes Einsetzen von starken Schmerzen: der erhöhte intraokuläre Druck löstüber die Hornhautnerven (N. ophthalmicus = <strong>1.</strong> Ast des N. trigeminus) einen dumpfenSchmerz aus; durch Ausstrahlung über die 3 Trigeminusäste kann der Schmerz in die Schläfe,Hinterkopf und den Ober- und Unterkiefer so projiziert werden, dass primär nicht an das Augegedacht wirdÜbelkeit und Erbrechen: durch Vagusreiz à können abdominale Erkrankungen vortäuschen;die Allgemeinsymptome wie Kopfschmerz, Brechreiz, Übelkeit dominieren oft so sehr, dassdie Lokalsymptome unbeachtet bleibenHerabsetzung der Sehkraft: Verschwommenes Sehen und Farbringe um Lichtquellen am betroffenenAuge: durch das Hornhautepithelödem (durch Druckanstieg) bedingtProdrome (Vorläufer): vor dem Anfall werden manchmal in größeren Zeitabständen vorübergehendesNebelsehen oder das Auftreten von Farbringen um Lichtquellen (Halos) angegebenà frühzeitige Erkennung der anfallsgefährdeten Patienten wichtig, da eine Schädigung derKammerwinkelstrukturen weit fortgeschritten sein kann, bevor Symptome offenbar werdendie volle Symptomatik des Glaukomanfalles nicht immer ausgeprägt: Herabsetzung des Sehvermögenskann unbemerkt bleiben, wenn das andere Auge gut sieht; Heftigkeit der Schmerzenindividuell verschiedenDiagnostik: diagnoseweisend die Trias:- einseitig rotes Auge (konjunktivale und ziliare Injektion)


65- weite, reaktionslose Pupille, ovalär entrundet, mittelweit- palpatorisch steinhartes Auge; IOD erhöhtWeitere Befunde: Hornhaut: glanzlos, matt, unscharfer Lichtreflex, mit EpithelödemVorderkammer: flach oder aufgehoben, erkennbar durch fokale seitliche Beleuchtung oder ander Spaltlampe: der Einblick auf die abgeflachte Vorderkammer ist erschwert; Details derIrisoberfläche können nicht festgestellt werden („verwaschene Iriszeichnung“)Augenhintergrund: infolge der Epitheltrübung der Hornhaut nicht einsehbar; gelingt dies,dann: Spektrum der Papillenveränderungen von unauffälliger, vitaler Papilla nervi optici bishin zu einem unscharf begrenzten, hyperämischen Sehnerv; die Venen sind dann gestaut, unddie Zentralarterie pulsiert auf der Papille, da wegen des hohen IOD nur noch in der SystoleBlut ins Auge gelangtSehvermögen: ist auf Erkennen von Handbewegungen herabgesetztDD:Allgemeinsymptome können an Appendizitis oder Gehirntumor denken lassen (Kopfschmerz,Brechreiz, Übelkeit)Iritis/ Iridozyklitis: auch hier Auge rot und Iris verwaschen, jedoch IOD eher erniedrigt alserhöhtTherapie: akuter Glaukomanfall stets ein Notfall; kausale Therapie ist operativ, wird jedochkonservativ eingeleitet<strong>Med</strong>ikamentöse Therapie: Ziele der konservativen Therapie:- den Druck senken und damit die Hornhaut aufklaren lassen (für operative Therapie); denSchmerz bekämpfenZeitfaktor bei der Drucksenkung: gebe ich die konservative IOD-Senkung innerhalb von 6Std. kann am nächsten Tag operiert werden, wenn nicht, Operation sofortPrinzipien der medikamentösen Therapie bei primärem akutem Winkelblockglaukom:- osmotische Reduktion des Glaskörpervolumens durch systemische hyperosmolare Lösungen(oral Glycerin oder i.v. Mannit)- Verminderung der Kammerwasserproduktion durch Hemmung der Carboanhydrase (i.v.Azetazolamid): beide Maßnahmen initial, um IOD unter 50 – 60 mmHg zu senken- Herausziehen der Iris aus dem Kammerwinkel durch lokale Miotika (Pilocarpin 1% solltealle 15 Min. getropft werden); in bis zu 4%iger Konzentration möglich; Miotika nichtMittel <strong>1.</strong> Wahl, da bei Drücken über 40 – 50 mmHg der M. sphincter iridis ischämisch ist


66und daher nicht auf Miotika reagiert; die Miotika entspannen zudem die Zonulafasern,was eine Vorwärtsverlagerung der Linse (weitere Abflachung der Vorderkammer) bedingt- bei Bedarf symptomatische Therapie: Analgetika, Antiemetika, SedativaMechanische Therapie durch Eindellen der Hornhaut: einfaches, wiederholtes Eindellen derzentralen Hornhaut mit Schielhaken oder Glasstab (etwa 15 – 30 Sek. lang) wird Kammerwasserin den peripheren Abschnitt des Kammerwinkels gepresst und so der Kammerwinkelgeöffnet; wird das Trabekelwerk durch diese Manipulation für einige Minuten offengehalten,kann Kammerwasser wieder abfließen, und der IOD sinkt; dadurch verbessert sich die Reaktivitätauf Pilocarpin, und die Hornhaut klart aufOperative Therapie (Hinterkammer-Vorderkammer-Shunt)ist die Hornhaut wieder klar, sollte als kausale Therapie der operative Shunt angelegt werden:Neodymium-YAG-Laseriridotomie (nicht bulbuseröffnender Eingriff): mit dem YAG-Laserkann man durch mechanische Gewebezerreißung eine Öffnung (Iridotomie) in der peripherenIris erreichen (Loch wird in Iris geschossen), ohne das Auge zu eröffnen; in Tropfanästhesieà der Pupillarblock wird gebrochen, die Iris flacht ab, das Trabekelwerk ist wieder frei,Kammerwasser kann wieder ungehindert abfließen, der Augendruck ist wieder normal; keinPupillarblock kann sich mehr bildenProphylaxe: wenn eindeutige Prodrome angegeben werden und der Kammerwinkel im Zugangeingeengt ist à YAG-Iridotomie; hat an einem Auge ein Anfall stattgefunden, sollte das2. Auge zur Vorbeugung eines Anfalls mit Pilocarpin 1% alle 4 – 6 Std. getropft werden, und,nach der Versorgung des <strong>1.</strong> Auges, das 2. Auge operiert werdenPrognose: bei wiederholten akuten Winkelblockglaukomen oder bei länger als 48 Std. dauerndenKammerwinkelverlegungen entstehen bleibende Verbindungen zwischen der Iriswurzelund dem gegenüberliegenden Trabekelwerk (periphere Synechien): persistierende Winkelblockglaukome:durch YAG-Laseriridotomie nicht mehr in den Griff zu bekommenSekundäre Glaukomediese Glaukome sind durch andere Augenerkrankungen oder Faktoren wie Entzündungen,Trauma, Blutung, Tumoren, <strong>Med</strong>ikamente, physikalische oder chemische Einflüsse verursachtSekundäre Offenwinkelglaukome= die anatomischen Beziehungen zwischen Iriswurzel, Trabekelwerk und peripherer Hornhautzueinander sind nicht gestört; das Trabekelwerk ist jedoch verstopft und dadurch der Abflusswiderstanderhöhtdie wichtigsten Formen:


67PseudoexfoliationsglaukomPigmentdispersionsglaukom (Pigmentepithel aus dem Pigmentepithel der Iris)Cortisonglaukom (Mukopolysaccharide im Trabekelwerk)Entzündungen (Proteine treten aus entzündeten Irisgefäßen und erhöhen Viskosität des Kammerwassers;Entzündungszellen verlegen Trabekelwerk)sekundäre WinkelblockglaukomeUrsache: Verlegung des Trabekelwerkes; primäre Konfiguration der Vorderkammer nichtentscheidend (…)10. Glaskörper (Corpus vitreum)GrundkenntnisseBedeutung des Glaskörpers für das Auge: bulbusstabilisierende Funktion; Auge kann auchohne Glaskörper bestehen (Vitrektomie); wirkt einer Netzhautablösung entgegenZusammensetzung des Glaskörpers: gelartig; besteht zu 98% aus Wasser, zu 2% aus Kollagenund Hyaluronsäure; füllt den Glaskörperraum aus, der ca. 2/3 des Gesamtvolumens des AugeseinnimmtStabilisierung und Begrenzung des Glaskörpers: die Hyaluronsäuremoleküle füllen das dreidimensionalekollagene Fasergerüst des Glaskörpers aus und stabilisieren es mechanisch;durch Kondensation von peripheren Kollagenfibrillen entsteht die Glaskörpergrenzmembran(Membrana hyaloidea), die also keine Basalmembran ist;die Verbindungen von Glaskörper und Netzhaut sind eher locker, wobei es fokal festere Adhärenzengeben kann; bei einer Glaskörperabhebung verursachen diese festeren fokalen VerbindungenProbleme, da sich der Glaskörper dann nicht vollständig abhebt; durch die fokalenGlaskörper-Netzhaut-Adhärenzen kommt es zu fokalen Zugwirkungen auf die Netzhaut mitder Gefahr der Foramenbildung und NetzhautablösungGefäßversorgung und Innervation: enthält weder Nerven noch Gefäße; pathogene Keimekönnen sich daher relativ lange ungestört im Glaskörper vermehren, bis die Abwehr aus denbenachbarten Strukturen einsetzt<strong>Untersuchung</strong>smethodendas anteriore Drittel lässt sich gut mit der Spaltlampe untersuchen; für die posterioren Abschnittebenötigt man zusätzlich ein Kontaktglas oder eine freigehaltene Sammellinse; dieBeurteilung des gesamten Glaskörperraumes erfolgt hauptsächlich mit Hilfe der indirektenOphthalmoskopie oder im durchfallenden Licht (Brückner-Test), wobei Trübungen als dunkleSchatten imponieren


68AltersveränderungenGlaskörperverflüssigungim mittleren Lebensalter geht die regelmäßige Anordnung der Kollagenfasern allmählich verloren:es entstehen zunächst im zentralen Glaskörperbereich kleine, flüssigkeitsgefüllte Lakunen,die noch kaum Symptome machen, wenn die Verflüssigung jedoch ein bestimmtes Maßübersteigt, kommt es zum Kollaps und zur Abhebung des Glaskörpers von der NetzhautGlaskörperabhebung= komplette oder partielle Abhebung des Glaskörpers von seiner Unterlage; am häufigstenfindet sich die hintere, sehr viel seltener die vordere oder basale GlaskörperabhebungEpidemiologie: 65% aller Patienten zwischen dem 65. und 85. Lebensjahr weisen eine hintereGlaskörperabhebung auf; Patienten mit Achsenmyopie neigen schon in früheren Lebensjahrendazu: Glaskörper kollabiert schneller, da er ein längeres und damit auch vom Volumen hergrößeres Auge ausfüllen mussÄtiopathogenese: durch die Glaskörperverflüssigung kommt es zum Kollaps des Glaskörpers,meist im posterioren Bereich, da dort die Verbindungen zur Unterlage am geringsten ausgeprägtsind: vordere und basale Glaskörperabhebung meist nur, wenn stärkere Kräfte auf denGlaskörper einwirken (Bulbustrauma)Symptomatik und Befund: der Kollaps des Glaskörpers führt zu Verdichtungen im Glaskörperraum,die für die Patienten als frei bewegliche Trübungen (ring- oder schlangenförmigeLinien oder Punkte) imponieren (Mouches volantes fliegende Mücken; Glaskörperflocken);der Glaskörper kann sich komplett oder inkomplett von der Netzhaut abheben; eine erhöhteGefahr für eine damit verbundene Netzhautablösung besteht bei der inkompletten Abhebung:Glaskörper und Netzhaut bleiben punktuell miteinander verbunden, sodass es bei Augenbewegungenan diesen Stellen zu einem Zug auf die Netzhaut kommt, dies nimmt der Patient alsLichtblitze wahr; wenn der Zug auf die Netzhaut zu stark wird, kann diese einreißen (= Entstehungeines Netzhautforamens); dann besteht die Gefahr der Netzhautablösung sowie derGlaskörperblutung aus verletzten GefäßenMouches volantes, v.a. aber Lichtblitze, erfordern eine eingehende augenärztliche <strong>Untersuchung</strong>zum Ausschluss eines NetzhautforamensDiagnostik: die Symptome einer Glaskörperabhebung erfordern eine <strong>Untersuchung</strong> des komplettenAugenhintergrundes zum Ausschluss eines Netzhautdefektes; bei fehlendem Einblick(z.B. Linsentrübungen, Glaskörperblutung): Ultraschalluntersuchungbei einer Glaskörperabhebung im Bereich der papillären Adhärenz (Martegiani-Ring) siehtman im Ophthalmoskop im Glaskörper einen rauchartigen Ring (Weiss-Ring)


69Pathologische Glaskörperveränderungen(Pathologische Glaskörpertrübungen)Asteroide Hyalosemeist einseitige Glaskörpertrübung (75% der Fälle), nicht allzu selten; Zusammenhang mitD.m. und Hypercholesterinämie wird vermutet; weiße Einlagerungen (histochemisch: Kalkseifen),die mit dem kollagenen Glaskörpergerüst assoziiert und dadurch nur wenig beweglichsind; meistens subjektiv nicht störend; der Funduseinblick (imponiert wie Schneegestöber)kann jedoch deutlich reduziert sein, bei der Fluoreszenzangiographie stören die Trübungennicht; eine Entfernung durch Vitrektomie selten notwendig, nur bei VisusreduktionGlaskörpereinblutung= Einblutung in den Glaskörperraum oder in einen Raum, der durch eine hintere Glaskörperabhebungentstanden istEpidemiologie: jährliche Inzidenz beträgt 7 : 100 000Ätiopathogenese: 3 Pathomechanismen möglich:- Blutung aus normalen retinalen Gefäßen (z.B. mechanische Schädigung bei akuter Glaskörperabhebungoder Netzhautrissen)- Blutung aus pathologisch veränderten retinalen Gefäßen (z.B. bei retinalen Neovaskularisationenbei ischämischen Retinopathien oder bei retinalen Makroaneurysmen)- Einbruch von Blut aus der Netzhaut bzw. anderen Quellen (z.B. aus dem subretinalenRaum oder den vorderen Augenabschnitten)(Durchbruch einer subretinalen oder intraretinalen Blutung in den Glaskörper)Häufigere Ursachen sind:- hintere Glaskörperabhebung mit oder ohne Netzhautforamen (38%)- proliferative diabetische Retinopathie (32%)- retinaler Venenastverschluss (11%)- altersbedingte Makuladegeneration (2%)- retinales Makroaneurysma (2%)Symptomatik: die Patienten bemerken plötzlich auftretende schwarze Trübungen, die siemanchmal als Schwarm von schwarzen Mücken“ oder „Rußregen“ bezeichnen (im Gegensatzzu den weniger dichten und nicht ganz so dunklen Mouches volantes bei Glaskörperverflüssigungund Glaskörperabhebung); bei ausgeprägter Glaskörpertrübung kann es zu einer deutlichenVisusminderung kommen


70Diagnostik: Blutungen in den Glaskörper selbst zeigen keine charakteristischen Begrenzungen,sondern sind diffus verteilt (im gelartigen Glaskörper kann das Blut keinen Spiegel bilden),und es kommt schnell zur Blutgerinnung; <strong>Untersuchung</strong> mit dem Ophthalmoskop oderdem Kontaktglas, Fundusdetails sind durch die Glaskörperblutung nicht oder nur verwaschenzu erkennen; bei Blutungen in Bereiche, die an den Glaskörper angrenzen, also in den retrohyaloidalenRaum kann es zu einer charakteristischen Spiegelbildung kommen: bei der <strong>Untersuchung</strong>sichtbar (Erys sinken aufgrund der Schwerkraft ab)Therapie: bei einer frischen Glaskörperblutung sollte der Patient eine aufrechte Ruhelage einnehmen:die Blutung breitet sich nicht weiter in den Glaskörperraum hinein aus;das aufgewirbelte Blut im retrohyadoidalen Raum setzt sich schneller ab;danach muss die Ursache behandelt werden (z.B. Laserbehandlung eines Netzhautrisses); beifehlender Resorptionstendenz der Glaskörperblutung ist eine Vitrektomie indiziertVerlauf und Prognose: die Resorption einer Glaskörperblutung ist insgesamt ein langwierigerProzess, wobei der Verlauf von der Lokalisation, der Ursache und dem Ausmaß der Blutungabhängt; Blutungen in den Glaskörper selbst sind besonders langwierig1<strong>1.</strong> Netzhaut (Retina)Grundkenntnissedie Netzhaut ist die innerste von 3 übereinanderliegenden Schichten des Augapfels: sie teiltsich in einen- lichtempfindlichen Teil (Pars optica retinae), die ersten 9 der 10 Schichten, und einen- lichtunempfindlichen Teil (Pars caeca retinae): die Pars optica geht an der Ora serrata (einemgezackten Rand) in die Pars caeca überEmbryologie: Die Retina entwickelt sich aus einer Ausstülpung des Vorderhirns (Prosenzephalon);es entstehen Augenbläschen, die sich eindellen und zu einem doppelwandigen Kelch,dem Augenbecher, umformen; die äußere Wand wird zum Pigmentepithel, aus der innerenWand differenzieren sich die übrigen 9 Schichten der Netzhaut; die Verbindung von Netzhautund Vorderhirn bleibt zeitlebens erhalten durch die „retinohypothalamische Bahn“, die imSehnerv verläuftDicke der Netzhaut: oranah: 0,12 mm; am Äquator: 0,18 mm; parafoveal: 0,23 mm; Foveacentralis: 0,10 mm; am Sehnervenkopf: 0,56 mm à Netzhautrisse treten am häufigstenoranah aufSchichten der Netzhaut: von innen nach außen:


71- innere Grenzmembran (Membrana limitans interna): Abgrenzung zum Glaskörper, Fasernder Gliazellen- Nervenfaserschicht: Axone des 3. Neurons (Sehnerv)- Ganglienzellschicht: Zellkerne der multipolaren Ganglienzellen des 3. Neurons; datensammelndesSystem- innere plexiforme Schicht: Synapsen zwischen den Axonen des 2. und den Dendriten des3. Neurons- innere Körnerschicht: Zellkerne der bipolaren Nervenzellen des 2. Neurons- äußere plexiforme Schicht: Synapsen zwischen den Axonen des <strong>1.</strong> und den Dendriten des2. Neurons- äußere Körnerschicht: Zellkerne der Stäbchen und Zapfen = <strong>1.</strong> Neuron- äußere Grenzmembran (Membrana limitans externa): siebartige Platte aus Gliafortsätzen,die von Stäbchen und Zapfen durchbrochen sind- Schicht der Stäbchen und Zapfen: die eigentlichen Photorezeptoren- Retinales Pigmentepithel: stark pigmentiertes, einschichtig-kubisches Epithel, das derAderhaut fest anliegt- Bruch-Membran: trennt die Retina von der AderhautGelber Fleck (Macula lutea): die Makula liegt als querovaler Bezirk im Bereich der Netzhautmitte;in ihrem Zentrum befindet sich die gefäßlose Netzhautgrube (Fovea centralis retinae),die Stelle des schärfsten Sehens; die Fovea centralis liegt 3 – 4 mm temporal (= 15Grad) und etwas unterhalb der Papille; ihr Durchmesser entspricht etwa einem Papillendurchmesser(= ca. 1,5 – 1,9 mm); im rotfreien Licht hat die Makula eine gelbliche Farbe; dieNetzhautgrube hat nur Zapfen, die einzeln innerviert werden, das erklärt die hohe Sehschärfein diesem Bereich: die Lichtreize können fast ungehindert auf die Sinneszellen treffen (<strong>1.</strong>Neuron), da die bipolaren Zellen (2. Neuron) sowie die Ganglienzellen (3. Neuron) zur Seiteverlagert sindGefäßversorgung der Netzhaut: die inneren Schichten (innere Grenzmembran bis innere Körnerschicht)werden von der Zentralarterie (A. centralis retinae) versorgt; sie entspringt der A.ophthalmica, tritt mit dem Sehnerv ins Auge und verzweigt sich an der inneren Oberfläche derRetina; Durchmesser 0,1 mm; Endarterie ohne Anastomosen und teilt sich in 4 Hauptäste auf;da die Zentralarterie eine Endarterie ist, führt ein Verschluss zum Infarkt der Retinadie äußeren Schichten (äußere Netzhautschicht bis Pigmentepithel) sind kapillarfrei: werdendurch Diffusion aus der kapillarreichen Aderhaut versorgt; die Netzhautarterien sind normalerweisehellrot und zeigen keine Pulsation (eine Arterienpulsation ist pathologisch!); die


72Netzhautvenen sind dunkelrot und können eine spontane Pulsation auf der Papille zeigen(physiologisch)Gefäßwände sind durchsichtig, mit dem Augenspiegel sieht man nur die Blutsäule; Arterie zuVene = 2 : 3Innervation der Netzhaut: die neurosensorische Netzhaut ist nicht sensibel innerviert à Netzhauterkrankungenverlaufen schmerzfreiWeg des Lichts durch die Netzhautschichten: wenn elektromagnetische Strahlung im Bereichdes sichtbaren Lichtes (380 – 760 nm) auf die Retina auftrifft, wird sie von den Photopigmentender Außensegmente absorbiert; durch mehrstufige photochemische Reaktionen entstehenelektrische Signale; diese erreichen die Photorezeptorsynapsen als Aktionspotentiale, die dortauf das 2. Neuron weitergeleitet werden; durch Überleitung auf das 3. und 4. Neuron erreichtdas Signal schließlich die Sehrinde: das Licht muss durch 3 Schichten von Zellkernen treten,bis es an die lichtempfindlichen Stäbchen und Zapfen gelangt (inverse Lage der Photorezeptorendurch Entstehung der Retina aus einer Ausstülpung des Vorderhirns)Lichtsinn: die 110 – 125 Millionen Stäbchen vermitteln das mesopische und skotopische Sehen(= Dämmerungs- und Nachtsehen); sind etwa 500-mal lichtempfindlicher als die Zapfenund enthalten das Photopigment Rhodopsin; das Dämmerungssehen lässt jenseits des 50. Lebensjahresnach, v.a. bei zusätzlicher Altersmiose, Katarakt und herabgesetzter Sehschärfedie 6 – 7 Millionen Zapfen im Bereich der Makula sind für das photopische Sehen (= Tagessehen)sowie das Auflösungsvermögen und das Farbensehen zuständig; 3 verschiedene Zapfentypengibt es:Blau-, Grün-, Rot-Zapfenihre Sehpigmente sind aus dem gleichen Retinal, jedoch aus unterschiedlichem Opsin zusammengesetzt;ab einer bestimmten Gesichtsfeld-Leuchtdichte geht das Zapfensehen in dasStäbchensehen über (Leuchtdichte: die je Flächeneinheit senkrecht abgestrahlte Lichtstärke)Adaption ist die Anpassung des Lichtsinnes des Auges an verschiedene Helligkeitsstufen:durch Vergrößerung bzw. Verkleinerung der Pupillenweite und Wechsel von Zapfen- aufStäbchensehen; bei der Helladaption wird das Rhodopsin ausgebleicht, so dass das Stäbchensehenzugunsten des Zapfensehens ausfällt,; die Helladaption erfolgt wesentlich schneller alsdie Dunkeladaption; bei der Dunkeladaption regeneriert sich das Rhodopsin innerhalb von 5Min. (Sofortadaption) rasch und innerhalb von 30 Min. bis zu einer Std. zu einem noch besserenNachtsehen (Daueradaption) (Helligkeitsreizschwelle mit Adaptometer ermittelbar)Blendungsempfindlichkeit: = Störung des Adaptionszustandes bei hoher Leuchtdichtendifferenzim Sehfeld: Netzhaut auf geringere Leuchtdichte eingestellt à Visusminderung


73<strong>Untersuchung</strong>smethodenPrüfung der Sehschärfe siehe Visusprüfung<strong>Untersuchung</strong> des AugenhintergrundesDirekte Ophthalmoskopie: (Spiegeln im aufrechten Bild): ein elektrischer Augenspiegel(Ophthalmoskop) wird dicht an das Patientenauge angenähert; das Bild des Augenhintergrundeserscheint 16fach vergrößertVorteile: durch die starke Vergrößerung auch Beurteilung dezenter Netzhautbefunde (z.B.Diagnose eines Makulaödems) möglich; mit der Rekoss-Scheibe des Ophthalmoskops (in dieunterschiedliche Linsen eingebaut sind) kann man verschiedene Plus- und Minuslinsen vorschalten;mit diesen Linsen werden Fehlsichtigkeiten von Untersucher und Patient ausgeglichen,auch Prominenz von Netzhautveränderungen ist damit messbar (z.B. eine Papillenprominenzbei Stauungspapille): ein Unterschied von 3 dpt von flachster zu höchster Stelle entsprichteiner Prominenz von 1 mmNachteile: man sieht nur einen kleinen Ausschnitt des Augenhintergrundes, man erhält nur ein2-dimensionales BildIndirekte Ophthalmoskopie: (Spiegeln im umgekehrten Bild): eine Sammellinse (+14 dpt bis+ 30 dpt) wird in ca. 13 cm Entfernung vor das Patientenauge gehalten; das Bild des Augenhintergrundeserscheint 2 – 6fach vergrößert, wobei der Untersucher ein reelles, seitenverkehrtesBild im Brennpunkt der Linse siehtVorteile: gute Übersicht über den gesamten Fundus, optimale AusleuchtungNachteil: wesentlich kleiner Vergrößerung à benötigt ÜbungKontaktglasuntersuchung: mit zusätzlich vorgesetzten Vergrößerungslinsen (z.B. Dreispiegelkontaktglas)kann man den Augenhintergrund auch an der Spaltlampe untersuchenVorteile: man erhält ein stark vergrößertes dreidimensionales Fundusbild und trotzdem einenguten Überblick über den gesamten Fundus, zusätzlich ist es möglich, tote Winkel des Auges(z.B. Kammerwinkel) einzusehen; = Goldstandard bei der Diagnose von NetzhauterkrankungenAllgemeines zu physiologischen und pathologischen FundusbefundenNormaler Augenhintergrund: Netzhaut ist normalerweise vollkommen transparent ohne Eigenfarbe(gleichmäßig hellroter Farbton durch Gefäße der Aderhaut); die Gefäße der Aderhautsind als solche durch das retinale Pigmentepithel nicht zu erkennen; ein Transparenzverlustder Netzhaut ist immer Hinweis auf einen pathologischen Prozess (bei Netzhautablösungwird die Netzhaut weißlich-gelblich); die Papille ist randscharf, gelb-orange gefärbt (bei Jugendlichenblass rosa, bei Kindern deutlich blasser) und weist ev. eine zentrale Vertiefung


74(Exkavation) auf; durch Lichtreflexion an der inneren Grenzmembran sieht man am Augenhintergrundnormalerweise zahlreiche Reflexe; im jugendlichen Alter zudem ein Reflex derFovea und ein umgebender Makula-Wallreflex (durch Übergang der Vertiefung der Netzhautgrubein das höhere Netzhautniveau) physiologischAltersveränderungen: im Alter wird die Papille blassgelb, oft entsteht eine flache Exkavationund eine zirkumpapilläre Aderhautatrophie; der Augenhintergrund wird matt und reflexarm;im Pigmentepithel der Netzhaut sind Drusen zu sehen (Ablagerungen in der Bruch-Membran)zu sehen; durch Elastizitätsverlust verlaufen die Arteriolen gestreckt und sind durch Wandverdickungenungleichmäßig gefüllt; Schlängelung der Venolen und Kreuzungszeichen, d.h.an den Kreuzungsstellen der Gefäße komprimiert die sklerotische Arterie die Vene, dadurchverdünnt sich die venöse BlutsäulePathologische Fundunsveränderungen: ein Transparenzverlust der Netzhaut ist Zeichen füreinen pathologischen Prozess (bei einem Netzhautödem durch Zentralarterienverschluss wirddie Netzhaut z.B. weißlich); das Besondere bei der Diagnose pathologischer Netzhaut- (undAderhaut-) veränderungen ist, dass Aussehen und Art dieser Veränderungen eine genaue topographischeZuordnung des jeweiligen Krankheitsprozesses erlauben; aufgrund des ophthalmoskopischenBildes lässt sich also feststellen, in welcher der Schichten sich der Krankheitsprozessabspielt;(Bsp: nicht exsudative altersbedingte Makuladegeneration: die Drusen und Atrophien befindensich im retinalen Pigmentepithel, die darüber liegenden Netzhautstrukturen sind unbeeinflusst(sichtbar an den „intakten“ Gefäßen))Farbsinnstörungen und FarbsinnprüfungFarbsinnstörungen (Farbfehlsichtigkeit) können angeboren oder erworben sein; können sichals herabgesetzte Empfindlichkeit für bestimmte Farben äußern (Farbschwäche) oder, seltener,als komplette Nichtwahrnehmung einzelner Farben (Achromasie = Farbenblindheit);je nach Ausprägung können sie zur Nichteignung für bestimmte Berufe führen (Polizei, Busfahrer);angeborene Farbsinnstörungen kommen v.a. bei Männern vor, X-chromosomal rezessivvererbt, (8% der Männer und nur 0,4% der Frauen)Formen der angeborenen Farbfehlsichtigkeit:Anomale Trichomasie (Farbschwäche):Deuteranomalie (Grünschwäche)Protanomalie (Rotschwäche)Tritanomalie (Blau-Gelb-Schwäche)häufigste Form:5% der Männer1% der Männerselten


75Dichromasie (partielle Farbblindheit)Protanopie (Rotblindheit)Deuteranopie (Grünblindheit)Tritanopie (Blau-Gelb-Blindheit)zweithäufigste Form:1% der Männer1% der MännerseltenDichromasie (partielle Farbblindheit = es fehlt eines der 3 Zapfensysteme, die für die Farbunterscheidungnotwendig sind)Qualitative Störungen des Rot-Grün-Sehens: werden mit pseudoisochromatischen Tafeln nachIshihara geprüft; sie enthalten Zahlen und Buchstaben aus kleinen Farbpunkten in Verwechslungsfarben,die Patienten mit Farbsinnstörung nicht lesen können; mit Farbfleckverfahren(Farnsworth-Test) werden zusätzlich Blau-Gelb-Störungen erfasst (Steine mit unterschiedlicherFarbabstufung entsprechend den Regenbogenfarben können nicht in der richtigen Reihenfolgeangeordnet werden)Quantitative Beurteilung von Farbsinnstörungen: Nagel-Anomaloskop: Prüfscheibe bestehtaus 2 Hälften: untere gelbe Hälfte, deren Helligkeit verändert werden kann, und eine obereHälfte, die der Patient durch Mischen von Rot und Grün entsprechend dem Gelbfarbton derunteren Hälfte einstellen muss; aus der Einstellung wird der Anomalquotient berechnet: derGrünblinde verwendet zu viel Grün, der Rotblinde zu viel Rot; Farbsinnstörungen könnennicht therapiert werdenElektrophysiologische <strong>Untersuchung</strong>en …GefäßerkrankungenDiabetische Retinopathie (Retinopathia diabetica)= die häufigste mikrovaskuläre Folgeerkrankung des D.m.Epidemiologie: in den Industrieländern ist die diabetische Retinopathie eine der Hauptursachenfür neu auftretende Erblindungen im Alter von 30 – 60 Jahren; etwa 90% aller Diabetikerhaben nach 20 Jahren eine diabet. Retinopathie; Prävalenz beträgt etwa 7% (Prävalenz:Krankheitshäufigkeit)Pathogenese und Stadien der diabetischen Retinopathie: = Mikroangiopathie; zunächst kommtes zu einer Verdickung der Basalmembran der Gefäße und zum Verlust von Gefäßendothelzellen;in diesem frühen Stadium spielt v.a. die Hyperglykämie eine wesentliche Rolle; späterkommt es zu Kapillarverschlüssen und retinaler Ischämie; die weitere Entwicklung wird danndurch eine retinale Hypoxie gesteuert; in der ischämischen Netzhaut werden angiogene Faktoren,wie vascular endothelial growth factor (VEGF) oder insulin like growth factor (IGF1)


76gebildet; sie sind wesentlich an der Entwicklung von präretinalen Neovaskularisationen undder Entstehung der Rubeosis iridis beteiligt; in jedem Stadium kann es zu einem Zusammenbruchder Blut-Netzhaut-Schranke durch erhöhte Gefäßpermeabilität kommen mit nachfolgenderAusbildung eines Makulaödems; der D.m. kann zu Veränderungen fast aller okulärenGewebe führen; Sicca-Symptomatik, transitorische Refraktionsränderungen (vorübergehendeÄnderung der Lichtbrechung im Auge), Katarakt, Glaukom, Optikusneuropathie, Augenmuskelparesen;90% der Sehbeeinträchtigungen bei Diabetikern werden jedoch durch die diabetischeRetinopathie verursacht:Stadien: nicht-proliferative Stadien (<strong>1.</strong> mild, 2. mäßig, 3. schwer); proliferative Stadien (<strong>1.</strong>mild, 2. mäßig, 3. Hochrisiko sowie ein klinisch signifikantes Makulaödem und eine ischämischeMakulopathie)Veränderungen der Netzhaut bei diabetischer Retinopathie (DR):Stadium der RetinopathieVeränderungen an der NetzhautNicht proliferative DR:<strong>1.</strong> mild - mindestens ein Mikroaneurysma2. mäßig - leichte intraretinale mikrovaskuläreAnomalien (IRMA)- mittelschwere Blutungen- Schwankungen des venösen Gefäß-Kalibers3. schwer - mittelschwere Blutungen- Schwankungen des venösen Gefäß-Kalibers- mittelschwere IRMAProliferative DR:<strong>1.</strong> mild - nicht papilläre Gefäßneubildungen 0,5 Papillenflächen- papilläre Gefäßneubildungen < 1/3-1/4 Papillenfläche3. Hochrisiko - papilläre Gefäßneubildungen > 1/3-1/4 Papillenfläche- Glaskörperblutung mit jeglicher Art


77Rubeosis iridisvon GefäßneubildungNeubildung von Gefäßen auf Iris, Gefahr desakuten WinkelblockglaukomsSymptomatik: bleibt lange symptomlos; erst im Spätstadium bei Beteiligung der Makula oderGlaskörperblutung bemerkt der Patient eine Sehverschlechterung oder erblindet plötzlichDiagnostik: durch stereoskopische <strong>Untersuchung</strong> des Augenhintergrundes bei weiter Pupillewird die DR und die verschiedenen Stadien diagnostiziert; wenn Therapie nötig, wird die Fluoreszeinangiographiezur Klärung der Laserindikation angewendetDD.: andere vaskuläre Netzhauterkrankungen, v.a. hypertonische Fundusveränderungen (Absicherungdurch Ausschluss der Grunderkrankung) abgrenzenTherapie: medikamentöse Therapie existiert nicht; bei klinisch signifikantem Makulaödem (=Makulaödem, das die Sehschärfe bedroht) wird eine zentrale Laserbehandlung am hinterenPol, bei proliferativer DR eine panretinale Laserbehandlung in 4 Sitzungen durchgeführt; beiGlaskörperblutung oder Traktionsamotio (= Netzhautablösung infolge von Zugkräften, dienach einer Glaskörperblutung entstehen können) ist eine Vitrektomie indiziertBei den Krankheitsbildern der schweren nicht-proliferative und proliferative Diabetische Retinopathieist es wichtig, die hierbei vorkommenden mit Blut unterversorgten Netzhautbezirkedurch Laserkoagulation auszuschaltenNetzhautlöcher entstehen meist durch Glaskörperzug. Sofern nur ein Loch und noch keinewesentliche Netzhautablösung besteht, kann man mittels LK die Lochränder mit dem Untergrund„verschweißen“ und so die Ausbildung einer Netzhautablösung verhindern. Sicherheitshalberwerden auch Lochvorstufen (verdünnte Netzhautstellen in der peripheren Netzhaut,sog. degenerative Areale) mittels LK umstellt und so abgesichertProphylaxe: Patienten mit D.m. regelmäßige augenärztliche <strong>Untersuchung</strong>enVerlauf und Prognose: eine optimale Blutzuckereinstellung kann das Auftreten einer DR verhindernoder verzögern; ev. bestehende arterielle Hypertonie muss behandelt werden (Blutdruckeinstellungauf < 140/85 mmHg); es kann aber trotz optimaler Therapie zu einer DRkommen; wenn eine Rubeosis iridis entsteht, ist das Risiko zu erblinden hoch, da diese trotzTherapie ein nicht aufzuhaltender Prozess sein kann; ohne Therapie droht – neben der Erblindungwegen einer Rubeosis iridis – die Erblindung aufgrund einer Traktionsamotio; auch eindiabetisches Makulaödem führt ohne Behandlung zu erheblicher Sehbehinderung oder gar zurErblindungRetinale Venenverschlüsse


78= Venenverschlüsse entstehen durch eine Zirkulationsstörung in der Zentralvene oder einemSeitenastEpidemiologie: nach der DR sind retinale Venenverschlüsse die zweithäufigste vaskuläreNetzhauterkrankunghäufige internistische Grunderkrankungen von Venenverschlüssen sind: arterielle Hypertonieund D.m., häufige okuläre Grunderkrankungen Glaukom und retinale VaskulitisÄtiopathogenese: Verschlüsse der retinalen Zentralvene oder ihrer Äste werden häufig durchlokal entstandene Thromben verursacht, an Stellen, an denen sklerotische Arterien die Venenkomprimieren;bei Zentralvenenverschlüssen liegt der Thrombus in Höhe der Lamina cribrosa, bei Venenastverschlüssenhäufig an einer arteriovenösen KreuzungSymptomatik: Sehverschlechterung wird nur bemerkt, wenn Makula oder Papille beteiligtsindDiagnostik und Befunde: die Diagnose eines Zentralvenenverschlusses kann gestellt werden,wenn man streifen- oder punktförmige Blutungen in allen 4 Netzhautquadranten findet; nichtselten zeigen sich gestaute und vermehrt geschlängelte Venen;beim Venenastverschluss kommt es im betroffenen Versorgungsgebiet zu intraretinalen Blutungen(entweder Blutungen nur in einem Quadranten oder in 2 Quadranten); zusätzlich könnenCotton-wool-Herde sowie Makula- und/ oder Papillenödem vorliegen; bei länger bestehendenVerschlüssen kann man auch Lipidablagerungen finden; nach dem Ausmaß der Kapillarverschlüssewerden nicht ischämische und ischämische Formen von Venenverschlüssenunterschieden; der Ischämietyp wird mit Hilfe der Fluoreszenzangiographie festgestellt; beiischämischem Zentralvenenverschluss sind regelmäßige Nachuntersuchungen nötig, v.a. inden ersten 3 Monaten, da hier Risiko, dass sich eine Rubeosis iridis bildet, besonders hoch;insgesamt 6 Monate lang alle 4 Wochen nach Diagnosestellung, dann vierteljährlichDD.: andere Netzhauterkrankung, v.a. die diabetische Retinopathie, abgrenzen (Grunderkrankungausschließen)Therapie: akutes Stadium des Venenverschlusses: Hämatokritwert (= zellulärer Bestandteildes Blutes) durch Hämodilution (Blutverdünnung) senken auf 35 – 38%; bei ischämischenFormen von Venenverschlüssen wird eine Laserbehandlung durchgeführt, wenn es zu Neovaskularisationenoder Rubeosis iridis gekommen ist;bei Venenastverschlüssen mit Makulaödem führt man eine zentrale Laserbehandlung durch,wenn der Visus 3 Monate nach dem Verschluss < 0,5 beträgt


79Prophylaxe: internistische und okuläre Grunderkrankungen frühzeitig diagnostizieren undbehandelnVerlauf und Prognose: bei etwa 1/3 der Patienten kommt es zu einer Visusbesserung, bei 1/3bleibt er unverändert, bei 1/3 kommt es trotz Therapie zu einer Verschlechterung; Komplikationensind präretinale Gefäßneubildungen, Netzhautablösung und Rubeosis iridis mit WinkelblockglaukomRetinale Arterienverschlüsse= Infarkt der Netzhaut durch Verschluss der Zentralarterie im Bereich der Lamina cribrosaoder einen ArterienastverschlussEpidemiologie: deutlich seltener als Venenverschlüsse (Inzidenz: 1 : 10 000) (Inzidenz: Anzahlder Neuerkrankungen)Ätiopathogenese: Ursache von retinalen Arterien- und Arterienastverschlüssen sind häufigEmboli, die bei der Fundusuntersuchung meist nicht zu sehen sind, da sie zu klein oder transparentsind; seltene Ursachen sind entzündliche Veränderungen wie Arteriitis temporalis Horton:beim Auftreten eines Zentralarterienverschlusses v.a. mit Kopfschmerzen muss ein MorbusHorton ausgeschlossen werdenEmboliequellen: Calciumemboli (weiß: atheromatöse Plaques der A. carotis oder der Herzklappen);Cholesterolemboli (gelb: atheromatöse Plaques der A. carotis); Thrombozyten-Fibrin-Emboli (grau: bei VHflimmern, Myoardinfarkt)Symptomatik: beim Zentralarterienverschluss klagt der Patient sofort nach Verschluss überplötzliche einseitige Erblindung ohne Schmerzen; beim Arterienastverschluss bemerkt er eineVisusreduktion oder GesichtsfeldausfälleDiagnostik und Befund: Diagnose mittels Ophthalmoskopie, Fluoreszenzangiographie, Perimetrie(Gesichtsfelduntersuchung);Zentralarterienverschluss: akutes und chronisches Geschehen:- im akutes Stadium erscheint die Netzhaut bei der Ophthalmoskopie grau-weiß und istnicht mehr transparent; Ursache hierfür ist ein Ödem der Nervenfaserschicht, das aufgrundder Netzhautischämie entsteht; nur die Fovea centralis, die keine Nervenfasern enthält,bleibt als kirschroter Fleck sichtbar, da an dieser Stelle das rot der Aderhaut weiterhindurchscheinen kann; die Blutsäule ist unterbrochen; selten findet man einen Embolus- im chronischen Stadium entwickelt sich eine Optikusatrophie; die Perimetrie ergibt sowohlim akuten als auch im chronischen Stadium einen totalen Gesichtsfeldausfall sowieeine afferente Pupillenstörung


80Therapie: auch bei sofortiger Therapie sind Notfallmaßnahmen i.d.R. erfolglos; eine Bulbusmassage,augendrucksenkende <strong>Med</strong>ikamente oder Parazentese (Stichinzision) sollen den Embolusin ein peripheres Netzhautgefäß abschwemmen; Calciumantagonisten oder Hämodilutionsollen die Durchblutung verbessern; wichtig ist die Suche der Emboliequelle, um eine erneuteEmbolisation (z.B. Apoplex Schlaganfall) zu verhindernProphylaxe: wichtig ist der Ausschluss bzw. die rechtzeitige Therapie prädisponierender internistischerGrunderkrankungen wie der arteriellen HypertonieVerlauf und Prognose: Prognose ungünstig, da die inneren Netzhautschichten schon nach etwa1 Std. irreversibel geschädigt sind; bei komplettem Zentralarterienverschluss ist eine Erblindungdaher i.d.R. nicht zu verhindern; wenn nur ein Arterienast verschlossen ist, ist diePrognose besser (außer es ist ein Makulaast betroffen)Fundus hypertonicus und arterioskleroticusarterielle Veränderungen bei Hypertonie beruhen primär auf einem Vasospasmus, bei Arterioskleroseauf einer Verdickung der ArteriolenwandEpidemiologie: klinisch spielt v.a. die arterielle Hypertonie eine Rolle; Gefäßveränderungenaufgrund arterieller Hypertonie sind die häufigste Ursache retinaler VenenverschlüssePathogenese: bei Bluthochdruck kann es zum Zusammenbruch der Blut-Netzhaut-Schrankeoder zu Obliteration von Kapillaren kommen; die Folge sind intraretinale Blutungen, Cottonwool-Herde,und NetzhautödemSymptomatik: Patienten mit hohem Blutdruck leiden häufig unter Kopfschmerzen oder Augenschmerzen;zu Sehstörung und Visusverschlechterung kommt es bei hypertonischen Gefäßveränderungenerst im Stadium III und IV; die Arteriosklerose bleibt bezüglich der AugenasymptomatischDiagnostik: hypertonische und arteriosklerotische Fundusveränderungen werden durch Ophthalmoskopie,möglichst in Mydriasis, diagnostiziert; Veränderungen der Netzhautgefäßefindet man häufig, Aderhautdefekte bei akutem Blutdruckanstieg seltenStadien der hypertensiven Gefäßveränderungen:Stadium: Kennzeichen des Stadiums:I: Verengung und auffallende Schlängelung der ArteriolenII: starke Gefäßverengung und Gunn-Kreuzungszeichen = Einschnürung der venösenBlutsäule durch Kompression der sklerotischen Arterie an einer A-V-Kreuzung; dilatierte Venolen; Omega-Teilung der Arterien (teilt sich nicht imspitzen Winkel); Silberdrahtarterien (Silbriger Reflex)III: Blutungen, harte Exsudate, Sternfigur der Makula, Cotton-wool-Herde, Netz-


81hautödemIV: Papillenödem, OptikusatrophieDD.: andere vaskuläre Netzhauterkrankungen wie die DR durch Ophthalmoskopie ausschließen(bei der DR stehen eher Parenchym- als Gefäßveränderungen im Vordergrund; Ausschlussder Grunderkrankung)Therapie: bei Fundusveränderungen infolge einer arteriellen Hypertonie Therapie der Grunderkrankung:der Blutdruck sollte auf 140/ 85 mmHg abgesenkt werden; bei arteriosklerotischbedingten Fundusveränderungen ist keine Therapie möglichProphylaxe: regelmäßige Blutdruckkontrollen und ophthalmoskopische <strong>Untersuchung</strong> desFundusVerlauf und Komplikationen: Folge von arteriosklerotischen und hypertonischen Gefäßveränderungender Netzhaut sind arterielle und venöse Gefäßverschlüsse sowie die Ausbildung vonMakroaneurysmen, die zu Glaskörperblutungen führen können; bei Papillenödem kann durchnachfolgende Optikusatrophie eine bleibende, manchmal massive Visusreduktion resultierenPrognose: Komplikationen manchmal trotz guter Blutdruckeinstellung nicht zu vermeidenDegenerative NetzhauterkrankungenNetzhautablösung (Amotio retinae, Ablatio retinae)(die enge Verbindung von Glaskörper und Netzhaut kann bei der Glaskörperabhebung zurEntstehung von Netzhautforamina führen, die eine rhegmatogene Netzhautablösung nach sichziehen; durch diese Netzhautdefekte erhalten Zellen des retinalen Pigmentepithels Zugangzum Glaskörperraum; dabei nehmen sie myofibroblastenähnliche Eigenschaften an und führendadurch zur Ausbildung von sub- und epiretinalen Membranen und zur Kontraktion derNetzhautoberfläche)= Abhebung der neurosensorischen Netzhaut vom retinalen Pigmentepithel, dem sie normalerweiseaufliegt; man unterscheidet:- rhegmatogene (rissbedingte Amotio, also infolge eines Netzhautloches)- traktive (= zugbedingte Amotio, d.h. durch Glaskörperstränge, die einen Zug auf dieNetzhaut ausüben)- exsudative (= flüssigkeitsbedingte Amotio: zwischen neurosensorische Netzhaut undPigmentepithel dringt Blut, Fett oder seröse Flüssigkeit)- tumorbedingte Amotio


82die primäre Amotio ist in den meisten Fällen rissbedingt; selten kann aber auch eine sekundäreAmotio (infolge anderer Erkrankungen, z.B. Entzündungen oder Verletzungen) rissbedingtseinEpidemiologie: relativ selten, große klinische Bedeutung, da sie ohne sofortige Therapie zurErblindung führen kannRhegmatogene Amotio (häufigste Form): ca. 7% der Erwachsenen weisen Netzhautlöcherauf, wobei die Häufigkeit mit höherem Lebensalter zunimmt; der Altersgipfel liegt zwischendem 5. und 7. Lebensjahrzehnt, was auf die Bedeutung der (ebenfalls altersabhängigen) hinterenGlaskörperabhebung (= Lösung des Glaskörpers von der Netzhautinnenfläche) für dieEntstehung einer Amotio hinweist; familiäre Disposition bekannt; auch im Zusammenhangmit Myopie tritt die Amotio vermehrt aufExsudative, traktive, tumorbedingte Amotio spielen quantitativ geringere RolleÄtiopathogenese:Rhegmatogene Amotio: Entwicklung einer rhegmatogenen Amotio setzt das Vorhandenseineines Netzhautloches, i.d.R. in der peripheren Netzhaut, selten in der Makula vorausRundlöcher: ein Netzhautstück ist infolge einer hinteren Glaskörperabhebung komplett vomGlaskörper ausgerissen wordenHufeisenlöcher: die Netzhaut ist nur eingerissennicht jedes Netzhautloch führt zur Amotio; zur Ablösung kommt es erst dann, wenn sich derGlaskörper abhebt, verflüssigt und Glaskörperflüssigkeit durch das Netzhautloch unter dieNetzhaut dringt; wenn die Adhäsionskräfte diesem Prozess nicht mehr standhalten, kommt eszur Amotio; auch traktive Kräfte (Zugkräfte) des Glaskörpers (meist Glaskörperstränge) könnenmit oder ohne Vorliegen einer Glaskörperverflüssigung zu einer Amotio führen; dynamischesWechselspiel zwischen Traktions- und Adhäsionskräften entscheidend; je nachdem,welche stärkerTraktive Amotio: entwickelt sich durch Zugkräfte präretinaler fibrovaskulärer Stränge auf dieNetzhaut; v.a. in Folge von proliferativen Netzhauterkrankungen (diabetische Retinopathie)Exsudative Amotio: entweder hebt das Transsudat aus den Tumorgefäßen oder die Masse desTumors die Netzhaut von ihrer Unterlage abnach Traumen kann es zu einer sekundären Amotio kommenSymptomatik: kann lange Zeit asymptomatisch verlaufen; im Stadium der akuten hinterenGlaskörperabhebung bemerkt der Patient Lichtblitze (Photopsien) sowie Mouches volantes(schwarze Punkte, die sich bei Blickbewegungen mitbewegen); wenn infolge der Glaskörperabhebungein Netzhautriss entsteht, kann auch ein Netzhautgefäß einreißen: aus diesem


83Gefäß tritt dann Blut in den Glaskörper, dies nimmt der Patient als sog. Rußregen wahr (vielekleine schwarze Pünktchen, die nach unten absinken); ein weiteres Symptom ist ein Schattenim Gesichtsfeld: dazu kommt es, wenn sich die Netzhaut ablöst; unten oder oben lokalisiert:Schatten wie Vorhang, der sich senkt, oder wie eine Mauer, die von unten hochwächst; wennsie das Zentrum der Netzhaut erfasst hat, kommt es zu einer raschen und deutlichen Visusverschlechterung,bei Beteiligung der Makula zusätzlich zu Metamorphopsien (Verzerrtsehen)bei Blitzen oder Schatten umgehende augenärztliche <strong>Untersuchung</strong> nötig, um Amotio auszuschließenDiagnostik: stereoskopische Fundusuntersuchung in Mydriasis: abgelöste Netzhaut wird weiß,ödematös und verliert ihre Transparenz; ophthalmoskopisch sieht man eine blasenartige Abhebungder Netzhaut, bei der rhegmatogenen Amotio zusätzlich ein rot leuchtendes NetzhautlochTherapie: Netzhautlöcher mit nur geringer zirkulärer Netzhautablösung: Laserbehandlung: dieNetzhaut wird um das Loch herum wieder angeheftet; das Loch selbst bleibt also bestehen;durch die Narbe wird jedoch die weitere Ablösung verhindert; (ausgedehntere Netzhautablösungenwerden in Intubationsnarkose mit einer Silikonschaumplombe versorgt, die außen aufdie Sklera aufgenäht wird (…))Verlauf und Prognose: etwa 95% der rhegmatogenen Netzhautablösungen können operativgeheilt werden; bei Makulabeteiligung bleibt eine Visusbeeinträchtigung zurück; bei den übrigenFormen Prognose eher ungünstig und häufig mit erheblicher Visusreduktion verbundenChorioretinopathia centralis serosa= seröse Abhebung der Netzhaut und/ oder des retinalen PigmentepithelsÄtiopathogenese: die seröse Abhebung entsteht durch einen Defekt der äußeren Blut-Netzhaut-Schranke („tight junctions“ im retinalen Pigmentepithel); es werden lokale Dysregulationenvermutet, die im Zusammenhang mit psychischem oder physischem Stress stehenkönnenEpidemiologie: betrifft v.a. Männer in der 3. – 4. LebensdekadeSymptome: die Patienten bemerken eine Sehverschlechterung, zentrale retinale Gesichtsfeldausfälle(dunkler Fleck), Verzerrtsehen (Metamorphopsie), vergrößertes Sehen (Makropsie)oder verkleinertes Sehen (Mikropsie) der ObjekteDiagnostik: Ophthalmoskopisch sieht man eine seröse Abhebung der Netzhaut, meistens imMakulabereich; bei längerem Bestehen entwickelt sich an der Stelle des Flüssigkeitsaustritteseine zarte braun-weiße Pigmentepithelnarbe; durch die Schwellung der Netzhautmitte kommtes zu einer Achsenverkürzung und damit zur Hyperopisierung; mit Hilfe der Fluoreszenzan-


84giographie kann im aktiven Stadium die Stelle des Flüssigkeitsaustrittes (Quellpunkt) identifiziertwerdenblasenförmige Flüssigkeitsansammlung unter der NetzhautTherapie: beim ersten Auftreten Behandlung i.d.R. nicht erforderlich; die Netzhautschwellungheilt innerhalb einiger Wochen ab; bei Rezidiven kann eine Laserbehandlung durchgeführtwerden, wenn der Quellpunkt extrafoveal liegt; Behandlung mit Kortikosteroiden ist KI, dadiese selten selbst zu einer Chorioretinopathia centralis serosa führen könnenVerlauf und Prognose: günstig; bei Rezidiven oder chronischen Formen kann es zu einer dauerhaftenSehherabsetzung kommenDie Retinopathia centralis serosa (RCS), auch Chorioretinopathia centralis serosa (vongriech.: pathos = Leiden, lat. serum = die Blutflüssigkeit) ist eine Erkrankung der Netzhautdes Auges, bei der Flüssigkeit aus der Aderhaut durch ein Leck in der Bruch-Membran unterdie Netzhaut tritt und sie dadurch örtlich begrenzt von der Pigmentschicht abhebt (schwellungsbedingteNetzhautablösung). In selteneren Fällen kommt es bei intakter Pigmentschichtzu einer gemeinsamen Abhebung von Netzhaut und Retinalem Pigmentepithel.Altersbezogene Makuladegeneration= fortschreitende Degeneration der Makula in höherem LebensalterEpidemiologie: die AMD ist die häufigste Ursache für eine Erblindung jenseits des 65. Lebensjahres;es handelt sich um eine progrediente, degenerative Erkrankung der MakulaÄtiopathogenese: eine genetische Prädisposition ist nachgewiesen; weitere Risikofaktoren:Nikotinabusus, intensive Sonneneinstrahlung;der entscheidende Mechanismus sind Alterungsprozesse des retinalen Pigmentepithels, daspostmitotisch und damit nur begrenzt regenerationsfähig ist (Netzhaut und Pigmentepithelsind so alt wie der Patient!); beim Abbau von Membranscheibchen der Photorezeptor-Außensegmente entsteht lipidreiches Material, das mit inkomplett degradierten Photorezeptor-Membranaußenscheibchen im retinalen Pigmentepithel zusammen mit metabolischem Debrisabgelagert wird (diese Ablagerungen nehmen mit steigendem Alter zu);histologisch entstehen basale laminare und lineare Ablagerungen sowie Drusen (Als Drusenbezeichnet man Ablagerungen von extrazellulärem Material unterhalb der Netzhaut. Siekommen ubiquitär in allen Altersklassen vor, nehmen jedoch mit steigendem Lebensalter anGröße und Anzahl zu. Sie gelten als Frühform der altersbedingten Makuladegeneration. Drusenverursachen per se keine Einschränkung der Sehkraft, können jedoch zu Störungen derFarb- und Kontrastsensitivität führen) im retinalen Pigmentepithel; dies führt zu einer zunehmendenDysfunktion; zusätzlich entwickeln sich Perfusionsstörungen der Aderhaut; vermut-


85lich als Folge einer Gewebehypoxie wird vascular endothelial growth factor (VEGF) exprimiert,der wesentlich zur Entwicklung des späten, neovaskulären Stadiums der AMD beiträgtSymptomatik: die Patienten bemerken eine langsame Sehverschlechterung; bei der neovaskulärenForm mit Makulaödem klagen sie über plötzlichen Visusverlust, Verzerrtsehen undMikro- oder Makropsie; darüber hinaus kommt es zu Störungen im Kontrast- und FarbensehenBefunde und Diagnostik: ophthalmoskopisch sind 2 Hauptformen der AMD zu unterscheiden,eine frühe und eine späte Form:Stadium Kennzeichen<strong>1.</strong> früh Drusen, Atrophien und Proliferationen des retinalen Pigmentepithels2. spät Atrophien und Proliferation des retinalen Pigmentepithels; seröse Abhebungder Retina, des retinalen Pigmentepithels und Blutungen- nicht exsudative AMD: Drusen- exsudative AMD: Ansammlung seröser Flk. in der Netzhaut, die aus der choroidalen Neovaskularisationaustritt; Ansammlung von Blut unter der Netzhaut à Netzhautödem- disziforme AMD: fibröse Narbenim späten Stadium kann es zu einer chorioidalen Neovaskularisation (neovaskuläre Form)kommen (20%); durch die insuffiziente Wand der neovaskulären Gefäße treten seröse Flüssigkeit,Lipide und Blut aus; schließlich entwickelt sich im Endstadium ein fibrovaskuläresNarbengewebe, das zu irreversiblem schweren Visusverlust bis zur Erblindung bei 90% derPatienten führt;die Diagnose wird durch stereoskopische Fundusuntersuchung bei erweiterter Pupille gestellt;die Zuordnung zum Stadium der AMD erfolgt mit Hilfe der FluoreszeinangiographieDD.: andere vaskuläre Netzhauterkrankungen wie Venenastverschlüsse (ophthalmoskopisch)sowie ein malignes Melanom der Aderhaut abzugrenzenTherapie:<strong>Med</strong>ikamentöse Therapie: gibt es keine; ev. können die Substitution von Mikronährstoffenund Antioxidantien die Progredienz der Erkrankung aufhaltenLasertherapie: im späten, exsudativen Stadium besteht die Möglichkeit, die chorioidale Neovaskularisationmit einem thermischen Laser zu veröden; Voraussetzung dafür ist, dass dieFovea nicht von der Neovaskularisation betroffen ist (extrafoveale Lage), und die Gefäßneubildungenmit Fluoreszeinangiographie dargestellt werden können (sog. klassische chorioidaleNeovaskularisationen im Unterschied zu okkulten, die nicht darstellbar sind und somit einer


86Laserbehandlung nicht zugänglich sind); Rezidivrate von 39 – 76% innerhalb von 2 Jahren,weil die Neovaskularisationsmembranen u.U. nicht komplett deaktiviert werdenVerlauf und Prognose: Verlauf ist ohne Therapie auf alle Fälle chronisch und führt zu progredientenVisusverlust; Risikofaktoren: weiche, große und konfluente Drusen, fokale Hyperpigmentierungen,arterielle Hypertonie; Patienten können mit einem Gitterliniennetz (Kartenach Amsler) selbst eine Verlaufskontrolle durchführen; 40% der Patienten mit chorioidalerNeovaskularisation entwickeln auch eine neovaskuläre AMD am Partnerauge; um das Restsehvermögender Patienten optimal auszunutzen, ist die Anpassung von vergrößernden Sehhilfenindiziert, die bei bis zu 80% der Patienten zu einer zumindest vorübergehenden, gewissenLesefähigkeit führen: beleuchtete Leselupen, Lupenbrillen, BildschirmlesegeräteDystrophische Netzhauterkrankungen (Fehlernährung)Retinopathia pigmentosa= heterogene Gruppe von Netzhauterkrankungen, die zu progressivem Visusverlust, Gesichtsfeldausfällenund Nachtblindheit führen; die Erkrankung führt zur Ablagerung von Pigment,die bei der klassischen Form von der Peripherie bis zum Zentrum der Netzhaut fortschreitetFormen der Retinopathia pigmentosa:- Stäbchen-Zapfen-Dystrophie (klassische RP, die mit Abstand häufigste Form)- Zapfen-Stäbchen-Dystrophie (inverse RP)Vererbung: häufigste Vererbungsform: AR (60%), gefolgt von AD (25%) und X-chromosomal (15%)Symptomatik: ersten Symptome: Blendung, Nachtblindheit, fortschreitende Gesichtsfeldausfälle,Visusreduktion sowie Farbsinnstörungen; Manifestationsalter abhängig vom VererbungsmodusBefunde und Diagnostik: Diagnostik erfolgt mit dem Ophthalmoskop und zeigt ein klassischesBild:Stäbchen-Zapfen-Dystrophie (zuerst sind v.a. die Stäbchen betroffen): im Bereich der mittlerenNetzhautperipherie findet man knochenköperchenähnliche Proliferationen des retinalenPigmentepithels, die sich langsam nach zentral und weiter peripher ausdehnen; dabei sind frühFarbsinn- und Kontrastempfinden gestört; im fortgeschrittenen Stadium entwickelt sich eineOptikusatrophie (wachsgelbe Papille); die Arterien sind enggestellt, der Fundus ist sehr reflexarm;typisch ist ein sog. Flintenrohr-Gesichtsfeld mit lange erstaunlich gutem Visus, aberprogredientem Ausfall des peripheren Gesichtsfeldes


87Zapfen-Stäbchen-Dystrophie (zuerst sind v.a. die Zapfen betroffen): es kommt sehr früh zueinem Visusverlust und langsam progredient zu GesichtsfeldausfällenTherapie: ursächliche Therapie nicht möglich; Kantenfilterbrillen (Brillen mit meist orangeoder braun gefärbten Gläsern, die bestimmte Wellenlängen herausfiltern) und vergrößerndeSehhilfen ermöglichen eine bessere Ausnutzung des RestsehvermögensProphylaxe: keineVerlauf und Prognose: RP verläuft chronisch progredient, der Verlauf ist je nach Varianteunterschiedlich und führt bei schweren Formen zur Erblindung12. Sehnerv (N. opticus)Grundkenntnisseder Sehnerv erstreckt sich von der Rückseite des Auges bis zum Chiasma opticum; Kreuzungzur Gegenseite; die Sehnervenfasern ziehen als Tractus opticus zum Corpus geniculatum laterale;Gesamtlänge von 35 – 55 mm; gliedert sich in einenintrabulbären, intraorbitalen, intrakraniellen TeilIntrabulbärer Teil des Sehnervs: Die Papilleder intrabulbäre Teil des Sehnervs ist ophthalmoskopisch als Papilla nervi optici sichtbar; hiermünden alle retinalen Nervenfasern zum Austritt in den Sehnerv sowie die A. und V. centralisretinae; durch das Fehlen von Photorezeptoren findet sich an dieser Stelle ein absoluterSehausfall im Gesichtsfeld, der als blinder Fleck bezeichnet wirdForm und Größe: die Papille ist normalerweise leicht hochoval und hat einen horizontalenDurchmesser von ca. 1,8 mmFarbe: physiologische Färbung gelb-orangeBegrenzung: die Papille ist scharf gegenüber dem umliegenden retinalen Gewebe abgegrenztProminenz der Papille: die normale Papille ist nicht prominent, die Nervenfasern erheben sichkaum aus dem NetzhautniveauNeuroretinaler Randsaum: Bündelung aller Sehnervenfasern bei ihrem Austritt in den Optikoskleralkanal;gelb-orange gefärbtExkavation: = leicht exzentrisch gelegene Aushöhlung des Sehnervs, die korrespondierendzum neuroretinalen Randsaum leicht queroval ist; sie ist der hellste Teil der Papille; aus ihrtreten keine Nervenfasern aus; die Größe korreliert mit der Größe der Papille, d.h., je größerdie Papille, desto größer die Exkavation; eine Vergrößerung der Exkavation bedeutet einenVerlust von Sehnervenfasern im neuroretinalen Randsaum à Dokumentation der Exkavati-


88onsgröße wichtig; sie wird als Verhältnis von Exkavations- zu Papillendurchmesser (E/P-Wert) sowohl horizontal als auch vertikal angegebenA. und V. centralis retinae: sie treten meist etwas nasal der Papillenmitte in das Auge ein; einesichtbare Pulsation der Vene hat keinen Krankheitswert, eine Pulsation der Arterie ist immerpathologisch (erhöhter Augendruck, Aortenstenose)Zilioretinale Gefäße: sind aberrierende (mit ungewöhnlichem Verlauf) Gefäße direkt aus derAderhaut (Aa. ciliares posteriores breves), die spazierstockähnlich meist über den temporalenRand der Papille ziehen und die inneren Schichten der Netzhaut versorgenBlutversorgung der Papille: sie erfolgt über den Haller-Zinn-Gefäßkranz (Circulus arteriosusZinnii), der eine Anastomosierung von Seitenästen der hinteren kurzen Ziliararterien (Aa.ciliares posteriores breves) und der A. centralis retinae ist; beide Gefäßgruppen stammen ausder A. ophthalmica, die von der A. carotis interna abzweigt und durch das Formane opticumzum Auge gelangtIntraorbitaler und intrakranieller Teil des Sehnervsder intraorbitale Teil beginnt nach Durchtritt durch eine siebförmige sklerale Bindegewebsplatte,die Lamina cribrosa; um extreme Augenbewegungen zu ermöglichen, ist der Sehnervinnerhalb der Orbita S-förmig gekrümmt; nach Durchtritt durch den Canalis opticus beginntder kurze intrakranielle Teil bis zum Chiasma opticumRandunscharfe PapillenveränderungenErworbene randunscharfe Papillenveränderungen: Papillenödeme (= pathologische Papillenrandunschärfein Folge eines Nervenfaserödems):• Papillenödem ohne primäre Axonschädigung:- Stauungspapille- Stauungspapille e vacuo• Papillenödem mit direkter Axonschädigung:- Entzündung: Papillitis/Retrobulbärneuritis- Infarktgeschehen: ischämische Optikoneuropathie (nicht arteriitisch, arteriitisch)• Papillenödem durch Infiltration:- z.B. hämolytische GrunderkrankungStauungspapille (STP)= beidseitiges Papillenödem aufgrund einer HirndrucksteigerungÄtiopathogenese: die Fortleitung eines erhöhten intrakraniellen Druckes führt zum Nervenfaserödem;sichere Korrelation zwischen Hirndruck und Prominenz der STP existiert nicht, si-


89chere zeitliche Korrelation gibt es auch nicht; es kann aber innerhalb von Stunden nach Auftreteneines erhöhten Hirndruckes (z.B. bei akuter intrakranieller Hämorrhagie = Blutung)eine ausgeprägte STP entstehen: die STP ist somit ein fakultatives (möglich aber nicht zwingend),unspezifisches Zeichen bei Hirndruckerhöhung, das keinerlei Rückschlüsse auf dieUrsache oder die Lokalisation eines Prozesses zulässtin ca. 60% der Fälle beruht eine Hirndrucksteigerung mit STP auf einem intrakraniellen Tumor,in 40% der Fälle andere Ursachen wie Hydrozephalus, Meningitis, Hirnabszess, Enzephalitis,maligne Hypertonie, intrakranielle Hämorrhagienjede STP erfordert eine sofortige Ursachenabklärung (vitale Bedrohung durch Hirndrucksteigerung!)bei Optikusatrophie kann keine STP mehr erfolgen: die Entstehung einer STP ist an intakteNervenfasern gebundenSymptomatik und Diagnostik: die Sehfunktionen bleiben über längere Zeit ungestört: ausgeprägteDiskrepanz zwischen morphologischem und funktionellem Befund; frühe Funktionsstörungenkönnen reversible Verdunkelungserscheinungen (Obskurationen) sein; in der Perimetriefindet sich ein vergrößerter blinder Fleck; Ausfälle der zentralen Sehfunktion und konzentrischeEinengung des Gesichtsfeldes sind funktionelle Spätzeichen bei bereits vorhandenerkomplexer Optikusatrophiedie STP imponiert durch deutlichen morphologischen und gering beeinträchtigten funktionellenBefundmit dem Ophthalmoskop sind folgende Phasen zu unterscheiden:Frühphase: Papille wird randunscharf; Exkavation bleibt zunächst bestehen; Papille ist hyperämischdurch Dilatation der Kapillaren, die Zentralvene zeigt keine PulsationAkutstadium: zunehmende Prominenz der Papille; radiäre streifenförmige Papillenrandblutungenund grauweiße Exsudate; die Exkavation ist oft nicht mehr abgrenzbar; die Papillenfarbewird rot bis graurotChronische Phase: Prominenz und Hyperämie (durch Dilatation der Gefäße) der Papille gehenzurück; die peripapillären Nervenfasern schwindenAtrophische Phase: durch Astozytenproliferation kommt es zur komplexen (sekundären) OptikusatrophieDD.: Neuritis nervi opticiTherapie: Senkung des intrakraniellen Druckes, je nach Grunderkrankung; nach Normalisierungdes intrakraniellen Druckes kommt es zu einer Rückbildung der STP innerhalb einiger


90Wochen; meist bleibt eine mehr oder weniger ausgeprägte komplexe Optikusatrophie übrig, jenach Dauer der STPNeuritis nervi optici (Sehnervenentzündung)eine Neuritis nervi optici ist eine Entzündung des Sehnervs, die entweder im Auge (= Papillitis)oder hinter dem Auge (= Retrobulbärneuritis) liegen kannEpidemiologie: meist Erwachsene zwischen dem 20. und 45. Lebensjahr, Frauen häufigerbetroffen; 20 – 40% aller Patienten mit einer Neuritis erkranken an einer Encephalitis disseminata;während der Erkrankung haben 40 – 50% SehbahnstörungenÄtiopathogenese:Papillitis:- entzündliche Prozesse: Infektionskrankheiten (Borreliose, Malaria, Lues); fortgeleiteteEntzündungen aus Orbita, NNH, Schädelbasis- AIErkrankungen z.B. Lupus erythematodes, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa- toxische Schädigung z.B. Methanol, Blei,- in 70% der Fälle bleibt die Genese ungeklärtRetrobulbärneuritis: Dominante Ursache sind Entmarkungserkrankungen des ZNS, z.B:Encephalitis disseminata; in 20% der Fälle ist die Retrobulbärneuritis monosymptomatischesFrühsymptom für eine Encephalitis disseminata (MS)Symptomatik: Leitsymptom: plötzliche Visusminderung, die gelegentlich infolge erhöhterKörpertemperatur nach heißem Baden oder körperlicher Anstrengung auftreten kann; im Gesichtsfeldtritt typischerweise ein Zentralskotom auf; parazentrale Skotome, Zentrozökalskotom(Makula und blinder Fleck), keilförmige Ausfälle bis hin zur Erblindung sind aber auchmöglichweitere Symptome: Schmerz, der sich bei extremen Blickrichtungen (Bewegungsschmerz)und bei Druck auf den Bulbus (Repulsionsschmerz) verstärkt und verminderte Wahrnehmbarkeitvon FarbintensitätenDiagnostik: die Papillitis zeigt im ophthalmoskopischen Bild ein Ödem und eine Hyperämiedes Sehnervenkopfes; dadurch verstreicht die Exkavation und der Papillenrand wird unscharf;bei Retrobulbärneuritis ist der Papillenbefund unauffällig (Patient sieht nichts (Zentralskotom)und Arzt sieht nichts (normaler Fundusbefund)DD.: STP: initial kein FunktionsausfallIschämische Optikoneuropathie: kein Zentralskotom, die Patienten sind meist über 60 Jahre


91Therapie: richtet sich nach der Grunderkrankung; bei Retrobulbärneuritis mit starker Visusminderung(< 0,1) Megadosis-Steroidtherapie möglich (<strong>1.</strong> – 3. Tag: 1000mg Prednisolon i.v.,4. – 14. Tag 1 mg Prednisolon/kg p.o.); diese Therapie führt lediglich zu einer schnellerenVisuserholung; der Endvisus nach Retrobulbärneuritis ist mit und ohne Megadosis-Steroidtherapie nach einem Jahr identischPrognose: hängt von der Grunderkrankung ab; starke Visusminderung auf Dauer oder auchdeutliche Spontanbesserung sind möglich; die Retrobulbärneuritis bei Encephalitis disseminatahat meist eine gute Spontanbesserungstendenz (ohne Therapie) innerhalb von ca. 4 Wochen;diskrete Funktionsdefekte wie z.B. vermindertes Kontrastsehen und Minderung derWahrnehmung von Farbintensitäten bleiben jedoch immer zurück; morphologisch findet sichimmer eine Abblassung der Papille (komplexe Optikusatrophie nach Papillitis, partielle einfacheOptikusatrophie nach Retrobulbärneuritis)Anteriore ischämische Optikoneuropathie (AION)je nach Genese Unterscheidung in: AION arteriosklerotischer Genese; AION arteriitischerGeneseAION arteriosklerotischer Genese:= akute Durchblutungsstörung der Papille (Infarkt der Papille) aufgrund arteriosklerotischerGefäßveränderungenEpidemiologie: die AION arteriosklerotischer Genese ist eine verbreitete Ursache der plötzlichenSehminderung mit der größten Inzidenz zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr; im Gegensatzzur AION arteriitischer Genese kommt es jedoch auch nicht selten bei Erwachsenenunter 60 Jahren vorÄtiopathogenese: die Ursache liegt in einer akuten Durchblutungsstörung im Bereich vonSeitenästen der hinteren kurzen Ziliararterien und des Haller-Zinn-Gefäßkranzes auf dem Bodeneiner schweren Arteriosklerose; begünstigend wirkt außerdem ein enger Optikoskleralkanal(kleine Papille)Symptomatik: der Patient berichtet über eine plötzliche einseitige Sehminderung, die durcheine segmentale oder völlige Infarzierung des vorderen Anteils des Sehnervs bedingt ist; dasAusmaß erstreckt sich von keilförmigen und horizontalen Gesichtsfeldausfällen (in Korrelationzum sektoriell betonten Nervenfaserödem), wobei die untere Gesichtshälfte weit häufigerbetroffen ist, bis zu hochgradigen konzentrischen Einschränkungen und Erblindung; der Visuskann, muss aber nicht beeinträchtigt sein; eine afferente Pupillenstörung besteht immerDiagnostik: in der Anamnese finden sich häufig u.a. Hypertonus, D.m. sowie Hyperlipidämien;im ophthalmoskopischen Bild ist die Papille ödematös und dadurch randunscharf, wo-


92bei die Randunschärfe häufig sektoriell betont ist; zusätzlich ist der Sehnervenkopf hyperämischmit Randblutungeneine sektoriell betonte Papillenrandunschärfe (infolge eines Ödems) mit korrespondierendemGesichtsfeldausfall weist auf eine AION hinTherapie: die AION therapeutisch kaum zugänglich: versucht werden Hämodilution (z.B.Haes 10%, ASS, Aderlass je nach Hämatokrit) und systemische Steroidgabe zur Begrenzungdes Ödems; wichtig ist die Ursachenabklärung (internistisch, Karotis-Doppler) und die Therapieeiner Grunderkrankung (z.B. D.m., arterielle Hypertonie)Prognose: meist schlecht, selbst bei früh einsetzender Therapie; innerhalb von ca. 3 Wochenwird eine einfache, seltener eine komplexe Optikusatrophie sichtbarAION arteriitscher Genese (Arteriitis temporalis, Morbus Horton, Riesenzellarteriitis)Epidemiologie: fast ausschließlich jenseits des 60. Lebensjahres, 50% aller Patienten erleideninnerhalb von Tagen bis ca. 3 Monaten nach Erkrankungsbeginn einen AugenbefallÄtiopathogenese: die Arteriitis temporalis ist eine häufig bilaterale granulomatöse Vaskulitis,die bevorzugt mittlere und kleinere Arterien betrifft; Prädilektion besteht für die Aa. temporales,A. ophthalmica, Aa. ciliares breves posteriores, A. centralis retinae und den proximalenTeil der Aa. vertebralesSymptomatik: der Patient berichtet über eine einseitige plötzliche Erblindung oder zumindesthochgradige Sehminderung; weitere Symptome: Kopfschmerzen, schmerzhafte Kopfhaut imBereich der Temporalarterien, druckdolente Temporalarterien, Kauschmerz, Gewichtsverlust,reduzierter Allgemeinzustand und LeistungsabfallDiagnostik: das ophthalmoskopische Bild entspricht dem bei arteriosklerotisch bedingterAION; weitere <strong>Untersuchung</strong>sbefunde: stark erhöhte BSG (Sturzsenkung) (wichtigster Blutparameter),erhöhtes CRP (Akutphasenprotein in Leber gebildet, bei Entzündungen ausgeschüttet),Leukozytose, Eisenmangelanämiedie Temporalarterien sind prominent, druckschmerzhaft und pulsieren nicht; die Diagnosewird durch die Biopsie der Aa. temporales gesichert: aufgrund des segmentalen Gefäßbefallesschließt ein negativer histologischer Befund einen Morbus Horton jedoch nicht ausDD.: AION arteriosklerotischer GeneseTherapie: sofortige hochdosierte systemische Steroidtherapie (bis zu 1000mg Prednison i.v.initial); die Steroide werden gemäß dem Rückgang der BSG, dem CRP und der klinischenSymptomatik reduziert, eine Erhaltungsdosis über Monate ist aber notwendigbereits bei Verdacht auf Riesenzellarteriitis ist die hochdosierte systemische Steroidgabe (z.B.250 mg Prednison i.v.) zum Schutz des 2. Auges indiziert


93Prognose: die Prognose ist für das betroffene Auge auch bei frühem Therapiebeginn schlecht;da aber in ca. 75% der Fälle das 2. Auge innerhalb weniger Stunden bzw. auch Gehirnarterienbetroffen sein können, besteht für die sofortige Durchführung der Steroidtherapie eine vitaleIndikationRandscharfe PapillenveränderungenOptikusatrophie (Sehnervenschwund)= irreversibler Verlust von Axonen im Bereich des III. Neurons (retinale Ganglienzellschichtbis Corpus geniculatum laterale)Morphologische und pathologische Einordnung: gemäß dem ophthalmoskopischen Bild unterscheidetman die:- einfache (primäre)- komplexe (sekundäre)- und die glaukomatöse Optikusatrophiepathogenetisch lassen sich bei der einfachen Optikusatrophie eine- aszendierende (Schädigungsort vor der Lamina cribrosa = prälaminarer Optikus oder Retina)oder- deszendierende (Schädigungsort hinter der Lamina cribrosa = retrobulbär oder intrakraniell)AtrophieÄtiologie:Ätiologie der einfachen Optikusatrophie:die wichtigsten Ursachen sind:- aszendierend (nach 2 – 4 Wochen): meist durchblutungsbedingt (Zentralarterienverschluss,AION)- deszendierend (nach 4 – 6 Wochen): druckbedingt (orbitale/ intrakranielle Raumforderung,Hydrozephalus); traumatisch (Abriss, Quetschung des Sehnervs durch Fraktur); entzündlich(Retrobulbärneuritis, Lues)- toxisch: chronischer Abusus von minderwertigem Tabak und Alkohol (Tabak-Alkohol-Amblyopie); Blei, Arsen, Thallium; Methylalkohol; <strong>Med</strong>ikamente (Ethambutol, Gentamicin,Penicillamin)Ätiologie der komplexen Optikusatrophie:die wichtigsten Ursachen sind:


94STP; AION und Papillitisjede Optikusatrophie muss ätiologisch abgeklärt werden zum Ausschluss möglicher intrazerebralervital bedrohlicher Ursachen (z.B. Tumor)Symptomatik: die Bandbreite der Funktionsausfälle bei Optikusatrophie ist groß, sie reichtvon kleinen peripheren Geschichtsfeldausfällen bei partieller Optikusatrophie bis zu hochgradigenkonzentrischen Gesichtsfeldausfällen oder Erblindung bei totaler OptikusatrophieDiagnostik: sorgfältige Anamnese, Ophthalmoskopie, Perimetrieeinfache Optikusatrophie: im ophthalmoskopischen Bild ist die Papille scharf begrenzt undblass; die Blässe kann die gesamte Papille umfassen (kalkweiße Papillenfärbung bei totalerOptikusatrophie), eine temporale oder auch sektorielle Abblassung ist möglich; der neuroretinaleRandsaum ist atrophiert(Gewebeschwund), woraus eine Abflachung der Papille resultiert;die retinalen Gefäße haben einen verminderten Durchmesserkomplexe Optikusatrophie: im ophthalmoskopischen Bild ist die Papille blass und infolgeAstrozytenproliferation leicht prominent mit verwaschenem Rand; die Exkavation ist ganzoder teilweise verstrichen; die retinalen Gefäße sind verengtTherapie: es handelt sich um eine irreversible Schädigung der Nervenfasern à wirksameTherapie gibt es nichtPrognose: liegt eine therapierbare Ursache (z.B. Tumor) zugrunde und wird diese frühzeitigerkannt, so kann das Fortschreiten verhindert werden; ist dies nicht der Fall, so ist die PrognoseschlechtTumorenSehnerventumoren werden in intraokulare (sehr selten) und retrobulbäre Tumoren eingeteiltIntraokulare SehnerventumorenMelanozytom: benigner pigmentierter Tumor, der v.a. bei farbigen Rassen vorkommt; Farbedes Tumors: grau bis pechschwarz; liegt oft exzentrisch und überschreitet den Papillenrand;Sehschärfe im Allgemeinen normal, diskrete Gesichtsfeldausfälle können vorkommenAstrozytome: weiß reflektierende maulbeerartige Gewebsmasse, die verkalken kann; die Größereicht bis zu einem Vielfachen des Papillendurchmessers; der Tumor ist stark vaskularisiert;bei entsprechender Größe mit Kompression des Sehnervs kann es zu GesichtsfeldausfällenkommenHämangiome: Kapilläre Hämangiome sind exzentrisch gelegene runde orangefarbige Gefäßmissbildungenauf der Papille


95Retrobulbäre Sehnerventumorendie häufigsten retrobulbären Tumoren sind Gliome und Meningeome; Symptome sind einemeist langsame Sehverschlechterung mit Exophthalmus; ophthalmoskopisch findet man eineeinfache Optikusatrophie (deszendierend)13. SehbahnGrundkenntnissedie Sehbahn lässt sich anatomisch in 6 Teile gliedern:<strong>1.</strong> N. opticus (Fasciculus oticus): die Gesamtheit der Sehnervenfaserbündel eines Auges2. Chiasma opticum: hier kreuzen die Nervenfasern beider Sehnerven in charakteristischerWeise: die zentralen und peripheren Fasern aus den temporalen Netzhauthälftenziehen ungekreuzt in die ipsilateralen Tracti optici; die Fasern der nasalen Hälftenkreuzen und münden in die kontralateralen Tracti optici3. Tractus opticus: die Gesamtheit der ipsilateralen und kontramedialen Sehnervenfasern4. Corpus geniculatum laterale (lateraler Kniehöcker, primäres Sehzentrum): hier endetder Tractus opticus; das 3. Neuron wird auf das 4. umgeschaltet5. Radiatio optica: die Fasern der Netzhautquadranten ziehen durch die Temporallappen,die Parietallappen zum Okzipitallappen und von dort zur Sehrinde6. Area striata (Sehrinde):<strong>Untersuchung</strong>smethodenGesichtsfelduntersuchung (Perimetrie): die Perimetrie ist die wichtigste <strong>Untersuchung</strong> beiSehbahnläsionen und lässt Rückschlüsse auf den Läsionsort zu (topische Diagnostik): ist somitauch von neurologischem Interesse; Gesichtsfeld = Wahrnehmungsfeld des Auges beiunbewegtem Geradeausblick; umfasst die Gesamtheit aller Punkte (Gegenstände, Flächen) imRaum, die bei Fixation eines Punktes gleichzeitig vom Auge gesehen werdendie <strong>Untersuchung</strong> wird monokular durchgeführt; Prinzip: Patient fixiert bei definiertem Adaptionszustand(Adaptionszustand: Ist das Auge an das Testobjekt adaptiert, dann ist die zentraleSehschärfe optimal) und bestimmter Umfeldhelligkeit einen zentralen Punkt im Gerät; in derHalbkugel auftauchende wahrgenommene Lichtmarken signalisiert der Untersuchte mittelsKnopfdruck, wodurch ein akustisches Signal ausgelöst wird2 Formen der Perimetrie werden unterschieden:Kinetische Perimetrie: Halbkugelperimeter nach Goldmann: bewegte Lichtmarken werdenvon peripher in die Halbkugel geführt: Lichtmarken gleicher Größe und Intensität ergeben


96einen konzentrischen Kreis gleicher Wahrnehmung (Isoptere); gemäß der zunehmenden Empfindlichkeitder Netzhaut nach zentral werden die Testmarken während der <strong>Untersuchung</strong>immer kleiner und lichtärmer und somit die Isopteren immer kleinerVorteil: persönliche Interaktion von Arzt und Patient; daher v.a. für ältere Patienten geeignet,die Schwierigkeiten haben, einem stereotyp ablaufenden Computerprogramm zu folgen; spezielleIndikation: gutachterliche <strong>Untersuchung</strong>enStatische Perimetrie: hierzu werden meist computergesteuerte Geräte verwendet: unbewegteLichtmarken werden solange in ihrer Helligkeit gesteigert, bis sie wahrgenommen werden:von der Makula mit höchster Empfindlichkeit nimmt die Helligkeitsschwelle kontinuierlichzur Peripherie abRegelrechter Gesichtsfeldbefund: aufgrund anatomischer Gegebenheiten (Nasenwurzel undOrbitadach) ist das Gesichtsfeld nach nasal und oben physiologischerweise eingeschränkt; derblinde Fleck (Papille) liegt normalerweise 10 – 20 Grad parazentral horizontal; am rechtenAuge rechts, am linken Auge linksErkrankungen der SehbahnLäsionen in der Sehbahn lassen sich 3 Hauptabschnitten zuordnen:<strong>1.</strong> Prächiasmale Läsionen (= Sehnerv) à gleichseitige Gesichtsfeldausfälle2. Chiasmale Läsionen (Erkrankungen des Chiasma opticum) à bitemporale Hemianopsie(typisch), aber auch andere ein- oder beidseitige Gesichtsfeldausfälle möglich3. Retrochiasmale Läsionen (Erkrankungen der Sehbahn zentral vom Chiasma = Tractusopticus bis Sehrinde) à homonyme GesichtsfeldausfälleAls Hemianopsie oder Hemianopie (von griech. hemi „halb“, a „nicht“ und ops „sehen“ - Synonym:Halbseitenblindheit) wird ein, häufig durch die senkrechte Mittellinie begrenzter,halbseitiger Gesichtsfeldausfall genannt, der selten ein-, meist jedoch beidseitig auftritt.Prächiasmale LäsionenErkrankungen des Sehnervs führen zu gleichseitiger Sehschärfenminderung und/ oder Gesichtsfeldausfällen(siehe Kap. 13)Chiasmale LäsionenAnatomie: das Chiasma opticum und die Sehnerven liegen auf dem Diaphragma sellae, einerDuraduplikatur, die das Dach der Sella turcica bildet; unterhalb des Chiasmas befindet sichdie Hypophyse in der Sella; die seitliche Begrenzung bildet die A. carotis interna; oberhalbdes Chiasmas befinden sich der Hypothalamus und Lobus anterior cerebri; innerhalb desChiasmas kreuzen die inferionasalen Fasern unten und sind daher bei Hypophysentumoren am


97ehesten betroffen; die superionasalen Fasern kreuzen innerhalb des Chiasmas oben und sinddaher bei Kraniopharyngeomen am ehesten betroffen; die Makulafasern kreuzen in diffuserVerteilung überall im Chiasma, so auch hinten und obenÄtiologie und korrespondierende Gesichtsfeldausfälle:Hypophysenadenome: Tumoren, die von hormonsezernierenden Zellen des Hypophysenvorderlappensausgehen; der Tumor komprimiert mit zunehmender Größenausdehnung nachoben die dort kreuzenden inferionasalen Fasern à initialer Gesichtsfeldausfall im oberentemporalen Gesichtsfeld, der nach unten zu einer kompletten bitemporalen Hemianopsie fortschreitenkann (beginnt bitemporal oben und kann bis zur kompletten bitemporalen Hemianopsiefortschreiten)Kraniopharyngeome: (…)Symptomatik, Diagnostik und klinisches Bild: durch Druck auf den Sehnerv entsteht eineeinfache, absteigende Optikusatrophie; diese geht mit einer mehr oder weniger ausgeprägtenVisusreduktion und Gesichtsfeldausfällen einher; besteht dieser Gesichtsfeldausfall aus einerheteronymen bitemporalen Hemianopsie (Scheuklappenphänomen), so spricht man von einemChiasmasysndrom, welches sich langsam entwickelt und das Spätstadium meist eines Hypophysenadenomsoder Kraniopharyngeoms darstelltRetrochiasmale LäsionenÄtiologie: Retrochiasmalen Läsionen kann eine Vielzahl von neurologischen Erkrankungenzugrunde liegen, z.B. Tumoren, vaskuläre Insulte, basale Meningitis, Aneurysmen der A.communicans posterior, Abszesse, Verletzungen, Gefäßspasmen (bei Migraine ophthalmique= Augenmigräne)Symptomatik, Diagnostik und klinisches Bild: v.a. der Gesichtsfeldbefund lässt Rückschlüsseauf die Lokalisation der Läsion zu: Perimetrie; allen retrochiasmalen Sehbahnläsionen ist dieBeidseitigkeit und Gleichseitigkeit der Gesichtsfeldausfälle gemeinsamHomonyme Gesichtsfeldausfälle sind retrochiasmalen UrsprungsLäsionen des Tractus opticus und des Corpus geniculatum laterale: da die Nervenfasern aufsehr kleinem Raum konzentriert verlaufen, ist der typische Gesichtsfeldausfall eine homonymeHemianopsie; rechtsseitige Läsionen führen zu linksseitigen Gesichtsfeldausfällen undumgekehrtLäsionen der Sehstrahlung: die Gesichtsfeldausfälle sind aufgrund der großen Auffächerungder Sehstrahlung vielgestaltig: typisch sind bei Schädigung sowohl des Temporal- als auchParietallappens homonyme HemianopsienLäsionen der Sehrinde


9814. Augenhöhle (Orbita)Grundkenntnissedie Orbita ist das schützende knöcherne Gehäuse für Bulbus mit Sehnerv, Augenmuskeln,Nerven und Blutgefäße sowie Tränendrüse; diese Strukturen sind von orbitalem Fettgewebeumgeben; die Orbita hat die Form eines leicht nach außen und unten divergierenden (auseinandergehend)Trichters, wobei die 6 Augenmuskeln an der Spitze des Trichters um den Sehnervherum ihren Ursprung haben und am Bulbus ansetzen; der Bulbus bewegt sich somit inder Orbita wie in einer Gelenkhöhle<strong>Untersuchung</strong>smethodenLeitsymptome: Kennzeichen vieler Orbitaerkrankungen ist die ein- oder beidseitige Verlagerungdes Bulbus im Sinne eines Enophthalmus (= Zurücksinken des Bulbus in die Orbita)oder Exophthalmus (Protrusio bulbi = Hervortreten des Bulbus aus der Orbita); abzugrenzenist der Pseudoexophthalmus, der durch einen großen Augapfel (d.h. langer Bulbus) bei hoherMyopie verursacht ist sowie der Pseudoenophthalmus bei kleinem Augapfel, d.h. kurzer BulbusOrbitabeteiligung bei AIErkrankung: Endokrine Orbitopathie (Basedow-Krankheit)= AIErkrankung mit Beteiligung der Orbita, die häufig mit Schilddrüsenfunktionsstörungenassoziiert ist; histologisch zeigt sich in der Orbita ein entzündlich-infiltrativer ProzessEpidemiologie: Frauen sind 8mal häufiger betroffen als Männer; 60% der Patienten habeneine Hyperthyreose; 10% der Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen entwickeln im Laufeihres Lebens eine endokrine Orbitopathiedie endokrine Orbitopathie stellt die häufigste Ursache sowohl des einseitigen als auch desbeidseitigen Exophthalmus darÄtiopathogenese: die genaue Ätiologie dieser AIErkrankung ist noch unklar; histologischzeigt sich eine lymphozytäre Infiltration der Orbita mit Einlagerungen von Glukosaminoglykanen;die Augenmuskeln sind dabei besonders stark befallen; nach der Akutphase kommt eszur Fibrosebildung(ein autonomes Adenom der Schilddrüse ist nicht mit einer endokrinen Orbitopathie assoziiert;manche Patienten mit endokriner Orbitopathie zeigen zeitlebens keine Schilddrüsenfunktionsstörungen)Symptomatik: die meist schmerzlose Erkrankung beginnt zwischen dem 20. und 45. Lebensjahr;gerötete, trockene Augen mit Druckgefühl (Sicca-Syndrom), kosmetische Beeinträchtigungen;gleichzeitig ist die Motilität des Bulbus eingeschränkt und es kommt zu Doppelbildern


99Diagnostik: Leitsymptome sind der Exophthalmus, der nur in 10% der Fälle einseitig auftrittsowie die Lidveränderungen mit Ausbildung von charakteristischen Lidzeichen; die Muskelverdickungen(hauptsächlich M. rectus inferior und medialis) mit nachfolgender Fibrosierungführen zu Motilitätsstörungen und Doppelbildern; die Blickhebung ist eingeschränkt, was beider Bestimmung des intraokularen Druckes bei Aufblick zu falsch hohen Werten führt; dasKonvergenzvermögen ist ebenfalls eingeschränktdie klinische Verdachtsdiagnose der endokrinen Orbitopathie wird durch die sonographischoder computertomographisch bestimmbaren Verdickungen der extraokularen Augenmuskelnuntermauert; die weitere Diagnostik muss zusammen mit dem Internisten, Endokrinologenund Röntgenologen erfolgenDD.: seltenere Krankheitsbilder wie Orbitatumoren abgrenzenLidzeichen:Dalrymple-Zeichen: Retraktion des Oberlides mit sichtbarer Sclera superior des Limbus underweiterter Lidspalte mit Ausbildung einer Keratitis e lagophthalmo (Überfunktion des Müller-Muskels)von-Gräfe-Zeichen: Retraktion des Oberlides bei Blicksenkung (Überfunktion des Müller-Muskels)Gifford-Zeichen: erschwertes Ektropionieren des Oberlides (bedingt durch Lidödeme)Stellwag-Zeichen: seltener LidschlagKocher-Zeichen: starrer BlickLidflattern beim LidschlussTherapie: neben der Behandlung der Schilddrüsenfunktionsstörungen sind systemische Cortisongabe(initial 60 – 100 mg Prednison) sowie Röntgenbestrahlung der Orbita im akuten Stadiumdie Haupttherapieprinzipien;bei refraktären(unbeeinflussbar) Fällen ist die chirurgische Orbitadekompression (Verminderungdes Drucks) notwendig, um einen druckbedingten Sehnervenschaden zu vermeiden; dieKeratitis e lagophthalmo (Keratitis bei extremem Exophthalmus infolge mangelhaften Lidschlusses)ist mit Tränenersatzmittel bzw. Tarsorrhaphie (teilweise oder völlige Vernähungvon Ober- und Unterlid zur Verkürzung oder zum Verschluss der Lidspalte) zu behandeln;im chronischen Stadium können Augenmuskeloperationen zur Korrektur von Schielstellungensowie lidchirurgische Eingriffe zur Korrektur von Lidfehlstellungen (z.B. Lidhöherstand) erforderlichwerdenVerlauf und Prognose: bei rechtzeitiger Behandlung bleibt die Sehschärfe gut; im chronischenStadium bleibt der Exophthalmus jedoch trotz guter internistischer Betreuung oft bestehen


100Entzündliche Veränderungenentzündliche Veränderungen sind aufgrund der engen Nachbarschaft zu den NNH mit ihrembesonders hohen Entzündungspotential nach der endokrinen Orbitopathie die zweithäufigstenorbitalen Erkrankungen; die Orbitaphlegmone ist in dieser Gruppe die schwerwiegendsteOrbitaphlegmone= akute Entzündung des Orbitainhaltes mit den Leitsymptomen Motilitätsstörungen und allgemeinesKrankheitsgefühlbei Kindern ist die Orbitaphlegmone die häufigste Ursache für einen ExophthalmusÄtiopathogenese: die akute Entzündung im Bereich der Orbita posterior des Septum orbitaleist meist eine aus der Umgebung fortgeleitete Entzündung: über 60% aller Fälle (bei Kindernsogar 84%) sind als sinugen, insbesondere von den Siebbeinzellen und der Stirnhöhle ausgehend,einzustufen; bei Säuglingen können fortgeleitete Zahnkeimentzündungen ursächlichsein; seltener: bei Gesichtsfurunkel, Erysipel, Hordeolum, Orbitaverletzungen und SepsisSymptomatik: erhebliches Krankheitsgefühl, manchmal mit Fieber und Schmerzen, die durchAugenbewegungen verstärkt werdenDiagnostik: typisch ist der Exophthalmus mit ausgeprägter Bindehaut- (Chemosis) undLidschwellung sowie die deutliche Einschränkung der Bulbusbeweglichkeit (eingemauerterBulbus); die Patienten können eine Leukozytose mit erhöhter BSG aufweisen; bei klinischemVerdacht: HNO-Arzt zur Beurteilung der NNHTherapie: stationäre hochdosierte i.v. antibiotische Behandlung (Oxacillin kombiniert mitPenicillin G) sowie Sanierung der NNH bei sinugener ÄtiologieVerlauf und Komplikationen: die orbitale Entzündung kann zur Destruktion des N. opticusmit konsekutiver(nachfolgender) Atrophie und Erblindung führen; bei eitriger Thrombophlebitisder Orbitavenen kann es zur Sinus-cavernosus-Thrombose kommen mit Meningitis,Hirnabszess oder Sepsiseine Orbitaphlegmone kann in eine lebensbedrohliche Situation (Sinus-cavernosus-Thrombose) mündenMyositis (…)(TumorenSehnervengliomeim Kindesalter ist dies der zweithäufigste, potentiell bösartige Tumor der Orbita; bei 25% derPatienten ist das Sehnervengliom mit einer Neurofibromatose assoziiert; 15% aller Patientenmit Neurofibromatose entwickeln ein Sehnervengliom; Prognose nur bei kompletter Resektiongut)


10115. Optik und RefraktionsfehlerGrundkenntnisseSehleistung und SehschärfeSehleistung: = Auflösungsvermögen des Auges ohne korrigierende optische Hilfsmittel (Visussine correctione: V.s.c.)Sehschärfe: = Auflösungsvermögen bei optimaler Korrektur durch optische Hilfsmittel (Visuscum correctione: V.c.c.)sowohl Sehleistung als auch Sehschärfe geben Auskunft darüber, wie nahe 2 Objekte beieinanderliegen dürfen, um vom Auge noch als getrennt wahrgenommen werden zu können(Auflösungssehschärfe): damit das Auge 2 Objekte als getrennt wahrnehmen kann, muss aufder Netzhaut zwischen 2 gereizten Zapfen mindestens 1 weniger gereizter liegen; in der Mitteder Netzhaut liegen die Zapfen am dichtesten nebeneinander (zentrale Sehschärfe); in derPeripherie der Netzhaut wird dieser Abstand größer; deshalb nimmt dort auch die Sehleistung/Sehschärfeab;Refraktion: Emmetropie und Ametropieunter Refraktion versteht man das Verhältnis der Brechkraft von Linse und Hornhaut (brechende<strong>Med</strong>ien) zur Achsenlänge des BulbusEmmetropie (Rechtsichtigkeit): das Verhältnis zwischen Achsenlänge des Auges und Brechkraftvon Hornhaut und Linse ist ausgeglichen: parallel ins Auge einfallende Strahlen aus demUnendlichen vereinigen sich deshalb in einem Brennpunkt auf der Netzhaut und nicht voroder hinter der Netzhaut, wie dies bei der Ametropie der Fall ist: bei Hyperopie liegt dieserBrennpunkt hinter der Netzhaut, bei Myopie vor der NetzhautAmetropie (Fehlsichtigkeit): es besteht ein Missverhältnis zwischen Achsenlänge des Augesund Brechkraft von Linse und Hornhaut = Achsenametropie (häufiger) oder Brechungsametropie(seltener); die häufigsten Erkrankungen sind die Kurz- und Weitsichtigkeit, sowieder Astigmatismusnur sehr wenige Menschen haben eine Refraktion von genau +/- 0,0 dpt; ca. 55% der 20 – 30-Jährigen in Europa zeigen jedoch eine Refraktion zwischen +1 und -1 dpt.Emmetropie ist nicht gleichzusetzen mit guter Sehschärfe. Das Auge kann andere Erkrankungenhaben, die die Sehschärfe reduzieren (z.B. Optikusatrophie oder Amblyopie)Brechkraft eines optischen Linsensystems = dpt; der Lichtstrahl wird abhängig vom Einfallswinkelund vom Unterschied der Brechungsindizes n der jeweiligen <strong>Med</strong>ien gebrochen


102die Gesamtbrechkraft des normalsichtigen Auges beträgt maximal ca. 63 dpt bei einer Achsenlängedes Bulbus von 23,5 mm; davon entfallen 43 dpt auf die Hornhaut und ca. 10 – 20dpt auf die Linse (je nach Akkommodationszustand)Die Brechkraft D, gemessen in dpt eines optischen Systems entspricht dem reziproken Wertder Brennweite einer Linse f, gemessen in m à D = 1/fSammellinse (bikonvex): bündelt einfallende Strahlen in einem Brennpunkt hinter der LinseZerstreuungslinse (bikonkav): sorgt dafür, dass sich die Strahlen in keinem Punkt treffen, mankann sich jedoch vorstellen, dass die Strahlen von einem virtuellen Brennpunkt ausgehen, dervor der Linse liegtAkkommodation (Naheinstellungsvermögen)durch die Verformbarkeit der Linse können sowohl entfernte als auch nahe gelegene Objektescharf abgebildet werden: Brechkraft des Auges muss angepasst werdenbei der Akkommodation wird die Linse zunehmend kugeliger, wobei insbesondere die vordereLinsenhälfte steiler wird; Objektpunkte aus der Nähe werden scharf abgebildet (…)Kontraktion Ziliarmuskel: Spannung der Zonulafasern verringert sich, die Linse kann sich –ihrer physikalischen Tendenz folgend – der Gestalt einer Kugel annähern à Brechkrafterhöhung;bei Erschlaffung des Ziliarmuskels verstärkt sich der Zug auf die Linse und es kommtzur Abflachung à Brechkraftverringerung; Objektpunkte in der Ferne werden scharf gesehenRefraktionsanomalienMyopie (Kurzsichtigkeit)= Missverhältnis zwischen Brechkraft und Achsenlänge des Auges, so dass parallel einfallendeStrahlen einen Brennpunkt vor der Netzhaut habenEpidemiologie: die Häufigkeit bei Jugendlichen liegt bei 35%; in einigen Industrienationen(Fernost) erreicht sie sogar 80 – 90%Ätiologie: unklar; familiäre Häufung lässt genetische Faktoren annehmenPathophysiologie: die aus dem Unendlichen einfallenden Strahlen vereinigen sich beim myopenAuge bereits vor der Netzhaut, so entstehen beim Blick in die Ferne auf der Netzhaut keinescharfen Bilder; scharf abbilden kann das myope Auge nur Gegenstände, die aus kurzerEntfernung betrachtet werden und vom Objekt bis zum Auge einen divergenten StrahlengangaufweisenUrsache: zu langes Auge bei normaler Brechkraft (Achsenmyopie) oder (seltener) eine zustarke Brechkraft bei normal langem Auge (Brechungsmyopie)1 mm Bulbuslängendifferenz zum Normalauge entspricht einem Brechkraftunterschied vonca. 3 dpt


103Formen:Myopia simplex (Schulmyopie): beginnt mit etwa 10 – 12 Jahren und nimmt nach dem 20.Lebensjahr meist nicht mehr zu; die Refraktion überschreitet selten 6 dptMyopia maligna (progressiva): Krankheit mit hoher erblicher Komponente, die ohne äußereEinflüsse ständig fortschreitetSymptomatik und Diagnostik: Patienten mit Myopie sehen sehr gut in der Nähe, beim Blickin die Ferne blinzeln sie, um die Sehleistung durch Verengung der Eintrittspupille zu erhöhen;im Alter können Patienten mit Myopie ohne Korrektur lesen, indem sie den Lesetext etwa imBereich des Fernpunktes der Augen haltendie typischen morphologischen Veränderungen bei Myopie = Myopiesyndrom: v.a. die progressiveMyopie ist durch eine Verdünnung der Sklera mit posteriorer Aussackung charakterisiert;durch diese Bulbusvergrößerung kommt es zur Verlagerung der Augenachsen; dies imponiertmanchmal als scheinbares Einwärtsschielen; die Vorderkammer ist tief, der kaum inAnspruch genommene Ziliarmuskel atrophisch; das Glaskörpervolumen wird zu klein für dasgroße Auge und kollabiert vorzeitig, dabei entstehen Glaskörperverdichtungen, die die Patientenals „fliegende Mücken“ beschreibendas Risiko einer Netzhautablösung ist bei Myopie erhöht, steigt jedoch nicht mit dem Gradder MyopieTherapie: die zu starke Brechkraft der brechenden <strong>Med</strong>ien muss abgeschwächt werden: dieserfolgt durch Zerstreuungslinsen (Minusgläser, Konkavgläser); das Prinzip dieser Gläser bestehtdarin, dass parallele Strahlen hinter der Zerstreuungslinse divergent werden; die divergentenStrahlen schneiden sich im virtuellen Brennpunkt vor der Linse; die Brechkraft D istnegativ (Minusgläser) und ergibt sich durch 1/f (f = Brennweite in m)die Korrektur mit Kontaktlinsen hat optische Vorteile: die Bildverkleinerung auf der Netzhautist geringer als bei der Brillenkorrektur; die Abbildungsfehler werden korrigiert; bei Myopienüber 3 dpt relevant für die Praxisje näher das Minusglas am Auge ist, desto schwächer muss aus optischen Gründen seineBrechkraft seinzur Korrektur der Myopie sollten keine stärkeren Minusgläser verwendet werden als unbedingterforderlich, da eine Überkorrektion zwar durch etwas Akkommodation ausgeglichenwerden könnte, jedoch meist nicht vertragen wird: es entsteht dann eine akkommodative Asthenophie(rasche Ermüdung der Augen), da der atrophische Ziliarmuskel durch Daueranspannungzu sehr belastet wird


104myope Patienten sind akkommodationsfaul (atrophischer Ziliarmuskel); eine sehr geringgradigeUnterkorrektur wird oft besser akzeptiert als ein gestochen scharfes Bild bei einer nurminimalen Überkorrektionin besonderen Fällen kann die Entfernung der klaren Linse zur Brechkraftreduktion des myopenAuges durchgeführt werden: diese Operation ist jedoch in jungen Jahren relativ häufigmit einer Netzhautablösung assoziiert und wird deshalb kaum mehr durchgeführt; weiterhinbesteht die Möglichkeit der Implantation einer Vorderkammerlinse (Zerstreuungslinse) vordie normale Linse zur BrechkraftreduktionHyperopie (Hypermetropie, Weitsichtigkeit)= Missverhältnis zwischen Brechkraft und Achsenlänge des Auges, so dass parallel einfallendeStrahlen ihren Brennpunkt erst hinter der Netzhaut habenEpidemiologie: ca. 20% der 20 – 30-Jährigen Europäer weisen eine Refraktion größer als +1dpt auf; bei den meisten Neugeborenen besteht eine geringe Neugeborenenhyperopie, diesenimmt in den ersten Lebensjahren ab; im Alter verschiebt sich die Refraktion wegen der Sklerosierungdes Linsenkerns zur myopen Seite hinPathophysiologie: beim Weitsichtigen liegt der Brennpunkt virtuell hinter der Netzhaut desAuges; nur konvergent einfallende Strahlen können sich auf der Netzhaut vereinigen: Ursacheist ein zu kurzes Auge bei normaler Brechkraft (Achsenhyperopie) oder (seltener) eine zugeringe Brechkraft bei normaler Augenlänge (Brechungshyperopie); bei der Achsenhyperopie,die meist angeboren ist, besteht eine flache Vorderkammer mit einer dicken Sklera undstark entwickeltem Ziliarmuskelhyperope Augen haben wegen der flachen Vorderkammer eine Disposition zum akuten Winkelblockglaukom;dieses kann durch eine diagnostische sowie therapeutische Mydriasis provoziertwerdenSonderformen: Linsenlosigkeit durch Linsenluxation; Linsenlosigkeit bei Zustand nach Staroperationohne intraokulare Kunstlinseum den Brennpunkt auf die Netzhaut zu verlagern, muss der Weitsichtige bereits beim Blickin die Ferne akkommodieren, so dass das Auge beim Sehen in die Nähe nicht weiter akkommodiertwerden kann, nahe Gegenstände bleiben folglich unscharf; (da die Akkommodationmit der Konvergenzbewegung gekoppelt ist, kann durch diesen Vorgang Einwärtsschielenhervorgerufen werden (Strabismus convergens accommodativus))Symptomatik: in jungen Jahren kann eine geringgradige bis mittlere Hyperopie durch Akkommodationausgeglichen werden; dies führt jedoch zur Dauerbeanspruchung des Ziliarmuskelsund insbesondere beim Lesen zu asthenopischen Beschwerden (Augen- und Kopf-


105schmerzen, Augenbrennen, Blepharokonjunktivitis, verschwommenes Sehen, schnelle Ermüdbarkeit);zusätzlich kann es zum Einwärtsschielen kommen; lässt die Akkommodation imLaufe des Lebens nach, wird insbesondere das Nahsehen zunehmend mühsamer; hyperopewerden deshalb scheinbar früher presbyop (alterssichtig)Diagnostik: bei der Fundoskopie findet man manchmal eine leicht verwaschen erscheinendeund zuweilen prominente Papille (Pseudoneuritis hyperopica); die Netzhaut ist für das kleineAuge zu groß, was zur Schlängelung der retinalen Gefäße führtda der Ziliarmuskel bei einer geringen oder mittleren Hyperopie permanent angespannt wird,um die Hyperopie auszugleichen, wird er überbeansprucht und kann sich selbst dann nichtmehr entspannen, wenn die Hyperopie durch Plusgläser bereits korrigiert wurde (Restakkommodation):diese verbleibende latente Hyperopie wird übersehen, wenn eine Refraktiondurchgeführt wird, ohne dass der Ziliarkörper vorher medikamentös mit Zykloplegika (z.B:.Atropin) vollständig gelähmt wurde; zusammen mit der manifesten Hyperopie ergibt die latenteHyperopie das gesamte Ausmaß der vorliegenden Hyperopiebei unklaren asthenopischen Beschwerden ist immer eine Refraktionsbestimmung in Zykloplegiedurchzuführen, um eine latente Hyperopie auszuschließenTherapie: die fehlende Brechkraft muss durch Sammellinsen (Plusgläser, Konvexgläser) ausgeglichenwerden; im Jugendalter kann bei geringen Hyperopien ohne Beschwerden zunächstabgewartet werdendas Prinzip sphärischer Plusgläser besteht darin, dass sich parallel einfallende Strahlen hinterder Linse im Brennpunkt vereinigen; bei Plusgläsern ist die Brechkraft D positiv; sie ergibtsich aus der Formel 1/fvor der Brillenglasbestimmung muss die gesamte vorliegende Hyperopie bestimmt werden; ineinem 2. Schritt ist dann das stärkste Plusglas zu verordnen, das der Patient gerade noch ohneSehverschlechterung toleriert, d.h. der Patient darf nicht überkorrigiert werden; hiermit ist dermanifeste Anteil der Hyperopie ausgeglichen; trägt der Patient diese Korrektur permanent,dann wird sich mit der Zeit auch der latente Anteil der Hyperopie korrigieren lassen; dennnach der Korrektur des manifesten Anteils der Hyperopie ist die Daueranspannung des Ziliarkörpersnicht mehr notwendigvor einer Korrektur der Hyperopie ist immer eine Refraktionsbestimmung in Zykloplegiedurchzuführendie Bestimmung der erforderlichen Brechkraft zur Korrektur einer Aphakie erfordert keineZykloplegie; zum Ausgleich der fehlenden Brechkraft der Linse sind auch hier Plusgläser


106nötig; je näher das Plusglas an der Netzhaut ist, desto stärker muss seine Brechkraft sein, damitdie einfallenden Strahlen in einem Brennpunkt auf der Netzhaut vereinigt werden könnenAstigmatismus (Stabsichtigkeit)= Brennpunktlosigkeit; es besteht eine Krümmungsanomalie der brechenden <strong>Med</strong>ien, so dassparallel einfallende Lichtstrahlen nicht zu einem Punkt vereinigt, sondern zu einer Linie auseinandergezogenwerdenEpidemiologie: 42% aller Menschen weisen einen Astigmatismus >= 0,5 dpt auf; bei ca. 20%liegt dieser über 1 dpt und sollte optisch korrigiert werdenPathophysiologie: die brechenden <strong>Med</strong>ien des astigmatischen Auges sind nicht sphärisch (kugelförmig),sondern brechen in einem Meridian (Hauptschnitt) anders als in dem dazu senkrechtenMeridian; es existieren deshalb 2 Brennpunkte: so wird z.B. ein punktförmiges Objektim Brennpunkt des <strong>1.</strong> Meridians als scharfer Stab abgebildet, erfährt jedoch auch im Brennpunktdes anderen Meridians eine um 90 Grad verdrehte scharfe stabförmige Abbildung; inder Mitte zwischen diesen beiden Brennlinien befindet sich der Kreis kleinster Verwirrung:dies bezeichnet den Ort, an dem die Abbildung in allen Richtungen gleich stark verzerrt erscheint,also den Ort mit der geringsten Unschärfe der Abbildunges besteht Brennpunktlosigkeit für das Gesamtsystem; = regulärer Astigmatismus (2 Hauptschnitte= Meridiane)Ein Meridianschnitt ist ein Schnitt entlang der Rotationsachse eines Rotationskörpers. EinMeridianschnitt z. B. durch die Erde enthält die beiden Pole und den Erdmittelpunkt und verläuftan der Oberfläche entlang zweier gegenüberliegender Meridiane.der Gesamtastigmatismus des Auges setzt sich aus den Einzelastigmatismen der brechenden<strong>Med</strong>ien zusammen:Hornhautvorderfläche, Hornhautrückfläche, Linsenvorderfläche, LinsenrückflächeEinteilung und Ursachen:äußerer Astigmatismus: Astigmatismus der Hornhautvorderflächeinnerer Astigmatismus: Summe der übrigen AstigmatismenUrsache: vermutlich zu hohe Lidspannung, die zu einer astigmatischen Veränderung derHornhautoberfläche führtirregulärer Astigmatismus: die Wölbungen sowie die Brechkraft der brechenden <strong>Med</strong>ien sindvöllig unregelmäßig; es entstehen multiple Brennpunkte und dadurch ein völlig unscharfesBild auf der Netzhaut (z.B. wegen Hornhautulzerationen mit Vernarbungen der Hornhaut,perforierende Hornhautverletzungen, Katarakt)


107Symptomatik: Patienten mit Astigmatismus sehen alles verzerrt; das vergebliche Bemühen,den Brechungsfehler durch Akkommodation auszugleichen, kann zu asthenopischen Beschwerden(wie z.B. Augenbrennen und Kopfschmerzen) führenDiagnostik: eine grobe Schätzung des Astigmatismus ist mit der Placidoscheibe möglich: dabeiwird das Spiegelbild von konzentrischen Ringen auf der Hornhaut beurteilt: beim regulärenAstigmatismus sind die Ringe oval verformt, beim irregulären Astigmatismus unregelmäßigverzerrt; mittels computergesteuerter Hornhauttopographen (Videokeratoskopie) kann mitHilfe dieses Prinzips ein Bild über die Verteilung der Brechungswerte auf der gesamtenHornhaut angefertigt werden; (Messung der zentralen Hornhautverkrümmung und dadurchauch der Brechkraft der Hornhaut: Ophthalmometer)Therapie: Korrektur sollte möglichst frühzeitig erfolgen, andernfalls entwickeln Kinder einenicht mehr zu korrigierende Refraktionsamblyopie, da kein scharfes Bild auf der NetzhautentstehtTherapie des regulären Astigmatismus: Ziel der Korrektur: die Brennlinien der 2 Hauptmeridianezu einem Brennpunkt zusammenbringen: Glas verwenden, das nur in einer Ebenebricht: diese Anforderungen erfüllen Zylindergläser; nachdem die beiden Brennlinien zu einemBrennpunkt vereinigt wurden, können bei Bedarf zusätzliche sphärische Gläser diesenBrennpunkt auf die Netzhaut verlagernTherapie des irregulären Astigmatismus: er ist nicht mit einer Brille zu korrigieren: beim äußerenAstigmatismus hilft eine formstabile Kontaktlinse, eine Keratoplastik oder eine operativeKorrektur des Refraktionsfehlers;der irreguläre innere Astigmatismus ist meist linsenbedingt: hier ist eine Linsenentfernung mitImplantation einer Kunstlinse erforderlichnur reguläre Astigmatismen können mit Brille ausgeglichen werden16. Bulbusmotilität und SchielenStrabismus = das Abweichen der Sehachse eines Auges von der Normalstellung2 Hauptfomen des manifesten Schielens:- Strabismus congomitans, das Begleitschielen: das schielende Auge begleitet das führendeAuge in allen Bewegungsrichtungen, der Schielwinkel ist also in allen Blickrichtungengleich; diese Form des Schielens kommt als Strabismus monolateralis (nur ein Augeschielt) und als Strabismus alterans (die Augen schielen abwechsend) vor- der Strabismus paralyticus, das Lähmungsschielen: es beruht auf der Lähmung eines odermehrerer äußerer Augenmuskeln; im Unterschied zum Begleitschielen ist der Schielwin-


108kel beim Strabismus paralyticus nicht in allen Blickrichtungen gleich (= Strabismus incomitans)Epidemiologie: Häufigkeit im mitteleuropäischen Raum: 5 – 7%; der Strabismus convergens(Einwärtsschielen) weitaus häufiger als der Strabismus divergens (Auswärtsschielen); währendBegleitschielen v.a. im Kindesalter vorkommt, sind vom Lähmungsschielen v.a. Erwachsenebetroffen: Begleitschielen in der Regel angeboren oder in den ersten Lebensjahren erworben,das Lähmungsschielen dagegen meist erworben (z.B. durch einen Unfall)GrundkenntnisseAugenmotilität: die Augen werden von den äußeren Augenmuskeln bewegt:- von den 4 gerade Augenmuskeln: M. rectus superior, inferior, medialis und lateralis- von den 2 schrägen Augenmuskeln: M. obliquus superior und inferior;alle Muskeln entspringen am Anulus tendineus; während die geraden Muskeln den Augapfelvon hinten umfassen und mit ihren Sehnenenden sowohl oben und unten als auch an beidenSeiten der Sklera ansetzen, setzen die schrägen Muskeln temporal hinter dem Äquator an: derAnsatz der Muskeln spielt eine Rolle hinsichtlich ihrer Zugrichtungdie Muskeln und Bänder (Spannbänder zwischen dem M. rectus inferior und M. obliquus inferior,die sich wie eine Hängematte zum Rectus lateralis und medialis ausdehnen) sorgenebenso wie die gleichmäßige Innervation der äußeren Augenmuskeln (gleichwirkende Muskelnbeider Augen werden gleich stark innerviert) für das Gleichgewicht der Augen; Änderungen,die diese Balance stören (wie z.B. Augenmuskellähmung, die die Kontraktionsfähigkeitdes betroffenen Muskels einschränkt oder aufhebt), führen zum Strabismus; der Schielwinkelist Ausdruck des pathologischen GleichgewichtesZugrichtung der äußeren Augenmuskeln: die horizontalen Augenmuskeln ziehen das Augenur in eine Richtung: der M. rectus latralis zieht das Auge nach außen (Abduktion), der M.rectus medialis nach innen (Adduktion); alle anderen Augenmuskeln haben neben ihrerHaupt- auch noch eine Nebenzugrichtung: vorwiegend hebende Wirkung haben der M. rectussuperior und der M. obliquus inferior, vorwiegend senkende Wirkung der M. rectus inferiorund der M. obliquus superiorInnervation der Augenmuskeln: der N. oculomotorius (N. III) innerviert alle Augenmuskelnmit Ausnahme des M. obliquus superior (N. trochlearis, N. IV) und des M. rectus lateralis (N.abducens, N. VI)(die Augenmuskelkerne liegen im Hirnstamm am Boden des 4. Ventrikels; verschiedeneBlickzentren im Gehirn steuern die Augen- und Blickbewegungen: sowohl die Lage der Au-


109genmuskelkerne als auch die Kenntnis der Blickzentren spielen in erster Linie im Zusammenhangmit Blicklähmungen und Lähmungsschielen eine Rolle: aus der Art einer Blicklähmungkann man auf den Ort der Schädigung im Gehirn schließen)Muskel Haupt- und Nebenzugrichtung InnervationM. rectus lateralis Abduktor N. abducensM. rectus medialis Adduktor N. oculomotoriusM. rectus superior Heber (Einwärtsroller und Adduktor) N. oculomotoriusM. rectus inferior Senker (Auswärtsroller und Adduktor) N. oculomotoriusM. obliquus superior Einwärtsroller (Senker und Abduktor) N. trochlearisM. obliquus inferior Auswärtsroller (Heber und Abduktor) N. oculomotoriusPhysiologie des binokularen Sehens: die Augen sind die bildaufnehmenden Sinnesorgane;ihre Bilder werden durch eine Kodierung der Reize auf der Netzhaut festgehalten; Sehnervund Sehstrahlung leiten die Bildinformation in dieser kodierten Form an die Sehrinde weiter;durch die Sensorik entsteht in jedem Auge ein Netzhautbild, das an die übergeordneten Zentrenweitergegeben wird; dabei richtet die Motorik beide Augen auf ein Sehobjekt, so dass aufbeiden Netzhäuten das gleiche Bild entsteht; es kann vom Gehirn zu einem binokularen Seheindruckverarbeitet werden; dieses Zusammenspiel von Motorik und Sensorik wird subjektivnicht bemerktqualitativ werden 3 Stufen des binokularen Sehens unterschieden:- Simultansehen: 2 verschiedene Bilder werden durch die Netzhäute beider Augen gleichzeitigwahrgenommen; die Abbildung eines Gegenstandes trifft also immer auf identische(deckungsgleiche) Netzhautbereiche, auf sog. korrespondierende Netzhautstellen (= normaleNetzhautkorrespondenz); auf diese werden Objektpunkte abgebildet, die auf einem(gedachten) Kreis liegen, dem geometrischen Horopter; für jede Fixationsentfernung giltein anderer Horopter; zur <strong>Untersuchung</strong> dieses Phänomens kann man beiden Netzhäutenunterschiedliche Bilder anbieten: sie sollten dann auch beide wahrgenommen werden (=physiologische Diplopie): 2 Bleistifte vertikal hintereinander in einer Linie vor die Augenhalten, einen Bleistift etwa doppelt so weit entfernt wie den anderen à wenn jeweils einerfixiert wird, wird der andere doppelt gesehen- Fusion: nur, wenn beide Netzhäute einen Seheindruck vermitteln (also identische Bilderan das Gehirn weiterleiten), können die beiden Netzhautbilder auch im Gehirn zu einemBild verschmelzen; Fusionsstörungen können Diplopie (Doppelbilder) verursachen


110- Stereoskopisches (räumliches Sehen): dies ist die qualitativ höchste Stufe des Binokularsehens:es ist aufgrund folgender Voraussetzungen möglich: damit Objektpunkte auf korrespondierendeoder identische Netzhautstellen beider Augen abgebildet werden können,müssen sie auf demselben geometrischen Horopter liegen; Objektpunkte, die vor oderhinter diesem Horopter liegen, werden folglich nicht auf identische, sondern auf nichtkorrespondierendeNetzhautstellen abgebildet; sie werden dadurch doppelt wahrgenommen(Diplopie); in einem eng begrenzten Areal vor und hinter dem jeweiligen Horopter werdendie nichtkorrespondierenden Netzhautbilder jedoch zu einem Bild verschmolzen =Panum-Areal; nichtkorrespondierende Netzhautbilder, die innerhalb des Panum-Arealsliegen, werden im Gehirn zu einem dreidimensionalen, räumlichen Seheindruck verarbeitetund nicht als Doppelbilder interpretiert; vielmehr setzt das Gehirn die Doppelbilder inTiefenunterschiede umBegleitschielen (Strabismus congomitans, manifestes Schielen)beim Begleitschielen ist der Schielwinkel (im Unterschied zum Lähmungsschielen) in allenBlickrichtungen gleich, d.h. das schielende Auge begleitet das andere, nicht schielende Augein einem immer gleichen WinkelEpidemiologie: entsteht fast ausschließlich im Kindesalter (ca. 5,3 – 7,4% aller Kinder sinddavon betroffen); in 60 – 70% der Fälle manifestiert es sich erstmals vor Abschluss des 2.LebensjahresÄtiologie: bei der Geburt ist weder scharfes noch binokulares Sehen vorhanden, und auch inden ersten Lebensjahren sind die sensomotorische Koordination und das beidäugige Sehensehr labil; treten in dieser Zeit Störungen in bezug auf die Sensorik, Motorik oder die zentraleVerarbeitung der Seheindrücke auf, kann die Zusammenarbeit beider Augen unterbrochenwerden und ein Strabismus entstehen; Ursachen des Begleitschielens bleiben jedoch häufigunklar; folgende Ursachen sind heute bekannt:- genetische Faktoren: bei ca. 60% der schielenden Kinder lässt sich anamnestisch eine familiäreHäufung nachweisen- unkorrigierte Refraktionsfehler: sind eine Teilkomponente in der Entstehung des Begleitschielens:dabei neigen Kinder mit Hyperopie zum Einwärtsschielen: Konvergenz (gleichzeitigeEinwärtsbewegung beider Augen bei Fixierung eines Objektes in der Nähe) undAkkommodation (Scharfeinstellung eines Gegenstandes) sind immer miteinander gekoppelt:ein Kind mit Hyperopie muss, um seine Übersichtigkeit auszugleichen, beim Sehen


111in die Ferne akkommodieren ohne zu konvergieren; mit der Akkommodation erfolgt jedochstets auch ein Konvergenzimpuls, der das Einwärtsschielen auslösen kann- Fusionsschwäche: sie kommt im Zusammenhang mit Anisometropie (ungleicher Brechungszustand)und Aniseikonie (ungleiche Bildgröße) beider Augen vor sowie nach längerereinseitiger Abdeckung eines Auges mit einem Verband bei Heterophorie (latentemSchielen)- einseitige Sehschwäche: starke Kurzsichtigkeit, Hornhautnarben, Linsentrübungen, Makulaveränderungensowie Netzhauterkrankungen können einen sekundären Strabismus verursachen;als Ursache im Bereich der Netzhaut kommen in Frage: Netzhautablösung oderzentrale NetzhautnarbenPathophysiologie: durch die Abweichung der Sehachse des Schielauges werden Gegenständenicht auf korrespondierenden Netzhautstellen abgebildet; nun würde man erwarten, dass diesePatienten ständig doppelt sehen, da von der Netzhaut des rechten und linken Auges unterschiedlicheBildinformationen an das Gehirn geliefert werden; dem zentralen NS stehen jedochbeim Begleitschielen 2 Mechanismen zur Verfügung, mit deren Hilfe diese Doppelbildervermieden werden können:- Suppression: durch einen zentralen Hemmmechanismus werden die Seheindrücke desschielenden Auges ausgeschaltet; die Suppression findet auf 2 verschiedene Arten statt:als Zentralskotom: das auf die Fovea des schielenden Auges fallende Bild wird unterdrücktals Fixierpunktskotom: das vom führenden Auge fixierte Objekt wird mit dem schielendenAuge nicht gesehen; Bsp: beim Strabismus convergens wird im schielenden Auge eine nasaleNetzhautstellen unterdrückt- anormale Netzhautkorrespondenz: die Sehrichtungen des schielenden Auges werden umden Schielwinkel verschoben; so wird z.B. bei Einwärtsschielen das auf der Fovea desrechten Auges abgebildete Objekt an der gleichen Stelle gesehen wie ein auf der nasalenNetzhauthälfte des linken Auges abgebildetes ObjektSchielamblyopie als Folge der Suppression: aufgrund der ständigen Suppression in Form desZentral- und Fixierpunktskotoms kann v.a. bis zum 6. Lebensjahr eine hochgradige Sehschwächeentstehen; mit zunehmendem Alter ist die Therapie der Amblyopie immer wenigererfolgreich, ab dem 6. – 8. Lebensjahr ist die Amblyopie irreversibel; die Amblyopie kommtnur bei uni- oder monolateralem, also einseitigen Schielen vor; beim wechselseitigen Schielen(Strabismus alternans) fixieren bzw. schielen beide Augen abwechselnd, so dass auch beide


112Augen abwechselnd im Sehen geübt werden; von der Schielamblyopie müssen andere Formender Sehschwäche differentialdiagnostisch abgegrenzt werden:tritt der Strabismus vor dem 6. Lebensjahr auf, entwickelt sich häufig eine Amblyopie, so dasseine ophthalmologische <strong>Untersuchung</strong> und Therapie frühzeitig erfolgen mussFormen der Amblyopie Ursache TherapieSchielamblyopie Suppression des Schielauges OkklussionsbehandlungDeprivationsamblyopie organische Erkrankungen,z.B. Ptosis, Kataraktfrühzeitige Operation undggf. OkklusionsbehandlungRefraktionsamblyopie unterschiedlicher BrechungsfehlerBrillenkorrektur oder Kontaktlinsenund ggf. Okkl.beh.Bilaterale Amblyopie Nystagmus, Astigmatismus,spät korrigierte RefraktionsfehlerkeineFormen des Begleitschielens- Einwärts- oder Innenschielen: Abweichen der Sehachse nach innen- Auswärts- oder Außenschielen: Abweichen der Sehachse nach außen- Höhenschielen: Höher- bzw. Tieferstand eines AugesTherapie des BegleitschielensTherapie des Begleitschielens im Kindesalter: ist im Allgemeinen eine Langzeitbehandlung;die Behandlungszeit kann sich unter Umständen von den ersten Lebensmonaten bis zum 12.Lebensjahr ausdehnenBehandlungsweg:<strong>1.</strong> der Augenarzt prüft zunächst, ob das Schielen eine Ursache hat, die mit einer Brille zutherapieren ist (z.B. Hyperopie)2. wenn sich die Schielstellung nicht oder nicht vollständig mit einer Brille korrigierenlässt, ist der nächste (bzw. parallel zur Brillenverordnung erfolgende) Schritt die Therapiebzw. Verhinderung der Amblyopie durch Okklusionsbehandlung3. sobald die Okklusionsbehandlung zu ausreichender Sehschärfe beider Augen geführthat, erfolgt die Stellungskorrektur der Augen/des Auges durch Operation: die Stellungskorrekturist die Voraussetzung für normales binokulares Sehen


113Therapie des Begleitschielens im Erwachsenenalter: normales Binokularsehen kann i.d.R.nicht mehr erreicht werden; bei entstellendem Schielen: operative Korrektur indiziertBrillenverordnungist das Schielen auf eine Ursache zurückzuführen, die mit einer Brille behandelt werden kann,kann zumindest der akkommodative Anteil des Schielens durch eine Brille beseitigt werden;oft bleibt jedoch auch mit Brille ein (behandlungsbedürftiges) Restschielen bestehenTherapie bzw. Vermeiden einer Schielamblyopiestrenge Okklusionsbehandlung durch Pflaster oder Abkleben eines Brillenglases; dabei wirdvorwiegend das führende Auge okkludiertVorgehen: die Dosierung der Okklusion muss so ausgewogen sein, dass das sehtüchtige Augenicht an Sehschärfe verliert: bei leichter Amblyopie wird das führende Auge stundenweise,bei schwerer Amblyopie altersentsprechend tageweise okkludiertdie Amblyopiebehandlung muss im frühen Kindesalter erfolgen: je jünger das Kind, destobesser und schneller der Erfolg; die obere Altersgrenze für die Okklusionsbehandlung ist das9. Lebensjahr; je früher mit dieser Behandlung begonnen wird, desto rascher kann man eineAmblyopie beseitigenZiel der Behandlung ist bei frühkindlichen Schielen alternierendes Schielen mit voller Sehschärfeund zentraler Fixation beider Augen; die Binokularfunktionen sind dabei nicht so entscheidend,da diese bei frühem Schulbeginn ohnehin nicht normal entwickelt und daher auchnicht mehr positiv zu beeinflussen sindAugenmuskellähmungen (Ophthalmoplegie) und Lähmungsschielen (Strabismus paralyticus)Augenmuskellähmungen können einen oder mehrere Augenmuskeln gleichzeitig betreffen:die Lähmung kann unvollständig (Parese, häufiger) oder vollständig (Paralyse, seltener) sein;je nach Ursache und Ausprägung ist die Folge eine Blicklähmung oder eine Schielstellung(Lähmungsschielen)- Blicklähmung: Beeinträchtigung bzw. Aufhebung koordinierter Augenbewegungen (z.B.Vertikallähmung: die Blickbewegungen nach oben und unten sind eingeschränkt oderaufgehoben)- Lähmungsschielen: Schielstellung aufgrund einer isolierten Bewegungseinschränkungeines Auges oder einer asymmetrischen Bewegungseinschränkung beider Augender Schielwinkel ist nicht (wie beim Begleitschielen) in allen Blickrichtungen gleich, sondernnimmt in der Zugrichtung des gelähmten Muskels zu (inkomitantes Schielen)


114Ätiologie und Formen von Augenbewegungsstörungen: man unterscheidet zwischen:- kongenitalen Augenbewegungsstörungen, z.B. aufgrund von pränatalen Enzephalitiden,Aplasien von Augenmuskelkernen oder Geburtstraumen- erworbenen Augenmuskelstörungen, z.B. infolge von D.m., MS, intrakraniellen Tumoren,Arteriosklerose, zentraler Ischämie (Apoplex), AIDS, TraumenAugenbewegungsstörungen sind entweder: neurogen, myogen oder mechanisch bedingtneurogen bedingte Augenbewegungsstörungen: nach dem Ort der Läsion unterscheidet man:<strong>1.</strong> Läsion der Augenmuskelnerven (= infranukleäre Augenbewegungsstörung; der Grundfür ein Lähmungsschielen)betroffen sein können:- Hirnnerv III (N. oculomotorius, führt zur Lähmung mehrerer Muskeln; selten)- Hirnnerv IV (N. trochlearis, führt zur Lähmung des M. obliquus superior; häufig)- Hirnnerv VI (N. abducens, führt zur Lähmung des M. rectus lateralis; häufig)2. Läsion der Augenmuskelkerne (= nukleäre Augenbewegungsstörung)da die Okulomotoriuskerne beider Seiten, nicht aber die Nerven sehr dicht beieinander liegen,sprechen beidseitige Lähmungen für eine Läsion des Kerngebiets, einseitige für die Läsioneines Nervs3. Läsion der Zentren, die den Augenmuskelkernen vorgeschaltet sind (supranukleäreAugenbewegungsstörung); dies führt zu Blicklähmungen4. möglich ist auch eine Störung bzw. Läsion in der Faserverbindung von 2 Nervenkernen(internukleäre Augenbewegungsstörung) z.B. durch eine Läsion des Fasciculuslongitudinalis medialismyogen bedingte Augenbewegungsstörungen: hierzu zählen Lähmungen aufgrund- endokriner Orbitopathie: häufigste Ursache myogen bedingter Augenbewegungsstörungen,z.T. erhebliche Motilitätsstörungen durch Änderung der Kontraktions- und Dehnungsfähigkeitder Augenmuskeln- okulärer Myasthenie: Störung der neuromuskulären Übertragung; AK gegen die Acetylcholin-Rezeptoren;typisch für die okuläre Myasthenie sind daher wechselnde Paresen, diesich keinem bestimmten Hirnnerv eindeutig zuordnen lassen; typischerweise nehmen dieParesen im Verlauf des Tages zu (Ermüdungserscheinung)


115Simpson-Test: der Patient wird aufgefordert, 1 Minute lang nach oben zu sehen; wennwährenddessen eines oder beide Oberlider allmählich absinken (Ermüdung des M. levatorpalpebrae), ist die Diagnose Myasthenie nahezu gesichertchronisch progressiver externer Ophthalmoplegie (CPEO): meist doppelseitige, über Jahrehinweg allmählich fortschreitende Lähmung einzelner oder aller äußerer Augenmuskeln;im Endstadium völlige Unbeweglichkeit beider Augen; aufgrund der symmetrischenLähmung: keine Schielstellung und keine Doppelbilderokulärer Myositis: Entzündung eines oder mehrerer Augenmuskeln; die Pathogenese istungeklärt; die Beweglichkeit der Augen ist oft weniger in Zugrichtung des entzündetenMuskels als vielmehr in der Gegenrichtung eingeschränkt, da der entzündete Muskel zwarparetisch, v.a. aber nicht genügend dehnbar ist; oft zusätzlich Schmerzen beim Bewegender Augenmechanisch bedingte Augenbewegungsstörungen: hierzu zählen Lähmungen aufgrund von:- Frakturen (z.B. Blow-out-Fraktur): durch Bruch des Orbitabodens ist der M. rectus inferior,manchmal auch der M. obliquus inferior eingeklemmt; daraus resultiert eine erschwerteBlickhebung, manchmal auch eine Schielstellung- Hämatomen oder- Schwellungen im Bereich von Orbita oder Gesichtsschädel (z.B. Orbitaabszess, Orbitatumor)Symptomatik:Schielstellung: die Lähmung einzelner oder mehrerer Augenmuskeln führt dazu, dass der jeweiligeAntagonist sozusagen „Übergewicht“ bekommt; daraus resultiert eine jeweils typischeSchielstellung, anhand der man feststellen kann, welcher Muskel gelähmt ist; dies ist v.a. beider Abduzens- und der Trochlearisparese unproblematisch, da sowohl der N. abducens alsauch der N. trochlearis jeweils nur einen äußeren Augenmuskel innervierenBsp. Abduzensparese: durch eine Läsion des N. abducens ist der M. rectus lateralis gelähmt,das Auge kann also nicht mehr abduziert werden; da die Zugkraft des M. rectus lateralis auchbei Geradeausblick fehlt, resultiert eine EinwärtsschielstellungBlicklähmung: wenn einzelne oder mehrere Muskeln beider Augen symmetrisch gelähmtsind, führt dies zu einer Bewegungseinschränkung der Augen in eine bestimmte Richtung(z.B. vertikale Blicklähmung, sog. Parinaud-Syndrom, kommt v.a. bei Pinealistumor vor; esbesteht eine Läsion des riMLF); eine Lähmung aller äußeren Augenmuskeln führt zu einerkompletten Blicklähmung; das Vorliegen einer Blicklähmung lässt vermuten, dass es sich um


116eine supranukleäre Läsion handelt, also eine Störung in den Blickzentren à Abklärung durchden NeurologenDoppelbilder: der Verlust der binokularen Zusammenarbeit der Augen aufgrund einer Augenmuskellähmungführt zu Doppelbildern; manche Patienten lernen nach einigen Stunden,Tagen oder Wochen eines der Doppelbilder zu unterdrücken, andere hingegen sehen ständigdoppeltUrsachen: Doppelbilder entstehen, wenn das Fixationsobjekt nur in einem Auge auf der Foveaabgebildet wird, im anderen aber auf einen peripheren Netzhautpunkt fällt; das Objekt wirddemzufolge in 2 verschiedenen Richtungen lokalisiert; das Doppelbild des abgewichenen Augesist dabei meistens etwas unschärfer, da das Auflösungsvermögen des Auges in der Peripherieder Netzhaut eingeschränkt ist, trotzdem weiß der Patient nicht, welches Bild das realeund welches das irreale ist und kann deshalb z.B. nicht gezielt nach Gegenständen greifen(der Abstand der Doppelbilder ist bei Augenmuskellähmungen bei Blick in die Hauptzugrichtungdes ausgefallenen Muskels am größten)Bsp. Trochlearisparese: der vom N. trochlearis innervierte M. obliquus superior ist v.a. einEinwärtsroller und in Adduktion Senker, außerdem in Geradausstellung Abduktor; deshalbwird die Motilitätseinschränkung und der gleichzeitige Höherstand des gelähmten Auges ambesten sichtbar, wenn der Patient nach nasal unten blickt (wie dies z.B. beim Lesen der Fallist); bei dieser Blickrichtung, der eigentlichen Hauptzugrichtung des gelähmten M. obliquussuperior, ist folglich auch der Abstand der Doppelbilder für den Patienten am größten, dieDoppelbilder sind daher am unangenehmstenKompensatorische Kopfhaltung: der Patient kann die Doppelbilder nur vermeiden, wenn erden gelähmten Muskel gar nicht erst zu beanspruchen versucht; aus diesem Grund nimmt ereine typische kompensatorische Kopfhaltung mit Blick in das doppelbildfreie Blickfeld ein: erneigt den Kopf und wendet ihn zu der Schulter, die dem gelähmten Auge gegenüber liegt:Absicherung der Diagnose einer Trochlearisparese: Bielschowsky-Kopfneigetest: der Untersucherneigt den Kopf des Patienten auf die Seite des gelähmten Auges; fixiert der Patientdann mit dem gesunden Auge, weicht das gelähmte Auge nach oben ab; wird der Kopf zurSeite des gesunden Auges geneigt, entsteht keine HöhenabweichungOkulärer Schiefhals: die kompensatorische Kopfhaltung ist bei der Trochlearisparese vonallen Hirnnervenparesen am ausgeprägtesten und am typischsten; eine Trochlearisparese kanndeshalb zum okulären Schiefhals führenInkomitanter Schielwinkel: auch der Schielwinkel ist beim Lähmungsschielen von der Blickrichtungabhängig (also nicht gleichbleibend oder konkomitant wie beim Begleitschielen);


117wie der Abstand der Doppelbilder ist er beim Blick in die Aktionsrichtung des gelähmtenMuskels am größten; je nachdem, welches Auge fixiert, unterscheidet man einen:primären Schielwinkel: Schielwinkel bei Fixation mit dem gesunden Auge (kleiner Schielwinkel)sekundären Schielwinkel: Schielwinkel bei Fixation mit dem gelähmten Auge (großerSchielwinkel)Augenmuskellähmungen durch Hirnnervenschädigung: Lähmungen aufgrund einer Läsionvon Hirnnerven am häufigsten; die Diagnose einer Augenmuskellähmung muss immer zueiner weiteren diagnostischen Abklärung (häufig durch den Neurologen) führen, um z.B. einenTumor oder eine bestimmte Grunderkrankung (D.m.) auszuschließen bzw. festzustellenAbduzenspareseUrsachen: Hauptursachen der relativ häufigen Abduzensparese sind Gefäßveränderungen(D.m., Hypertonie, Arteriosklerose) und intrazerebrale Tumoren; häufig entsteht durch denTumor ein erhöhter Liquordruck, dem der N. abducens wegen seines langen Verlaufs auf derSchädelbasis ausgesetzt ist; bei Kindern können flüchtige, isolierte Abduzensparesen i.R. vonInfektionskrankheiten, fiebrigen Infekten oder nach Impfungen auftretenFolgen: der M. rectus lateralis ist gelähmt, sein Antagonist, der M. rectus medialis, erhältdadurch ein Übergewicht; die Abduktion ist daher gestört oder fällt ganz aus, das betroffeneAuge steht in einer Einwärtsschielstellung; Doppelbilder: es bestehen horizontale Doppelbilder;ihr Abstand ist bei versuchter Abduktion am größtenTrochlearispareseUrsachen: häufigste Ursachen sind Traumata, seltenere Ursachen Gefäßveränderungen (D.m.,Hypertonie, Arteriosklerose); Trochlearisparese relativ häufigFolgen: der M. obliquus superior ist v.a. ein Einwärtsroller und in Adduktion ein Senker; darausresultieren der Höherstand des gelähmten Auges bei Adduktion und das Höhenschielen;es bestehen vertikale Doppelbilder, die beim Blick nach nasal unten am weitesten voneinanderentfernt sind; kompensatorische KopfhaltungOkulomotoriuspareseUrsachen: Ursachen der seltenen Okulomotoriusparese sind größtenteils Erkrankungen desGefäßsystems z.B. Aneurysmata und andere vaskuläre ProzesseFolgen:- Komplette Okulomotoriusparese: alle inneren und fast alle äußeren Augenmuskeln sindbetroffen; daher fallen sowohl Akkommodation als auch Pupillenreaktion aus; durch denAusfall der im N. oculomotorius verlaufenden parasympathischen Fasern besteht eine


118Mydriasis; da auch der M. levator palpebrae gelähmt ist, kommt es zusätzlich zur Ptosis;das gelähmte Auge schielt nach unten außen, weil M. rectus lateralis und M. obliquus superiornormal funktionieren; der Patient hat aufgrund der Ptosis (Pupille ist bedeckt) keineDoppelbilder- Partielle Okulomotoriusparese:äußere Okulomotoriusparese (isolierte Lähmung der vom N. oculomotorius versorgtenäußeren Augenmuskeln), daher: Schielstellung nach außen unten; wenn wegen Ptosis dasOberlid die Pupille bedeckt, hat der Patient keine Doppelbilderinnere Okulomotoriusparese: isolierte Lähmung der vom N. oculomotorius versorgten innerenAugenmuskeln; daher: keine Akkommodation (Lähmung des M. ciliaris) und Mydriasis(Lähmung des M. sphincter pupillae); da kein Schielen besteht, hat der Patient auchkeine Doppelbilder(Kombinierte Hirnnervenparesen: die Hirnnerven III, IV und VI können auch gleichzeitiggelähmt sein, z.B. wenn die Läsion in der Orbitaspitze oder im Sinus cavernosus liegt)Diagnostik von Augenmuskellähmungen:Prüfung der 9 Hauptblickrichtungen: man fordert den Patienten auf, einem Finger mit denAugen zu folgen; am aussagekräftigsten sind die 6 diagnostischen Blickrichtungen (re, reoben, re unten, li, li oben, li unten); während die Bewegungen nach oben und unten von mehrerenMuskeln ausgeführt werden und damit keine genaue Zuordnung erlauben; bleibt einAuge bei einer Blickrichtung zurück, erlaubt dies Rückschlüsse auf den betroffenen MuskelBielschowsky-Kopfneigetest nur bei Verdacht auf TrochlearispareseAusmessen des Schielwinkels in den 9 Hauptblickrichtungen erlaubt eine Aussage über dasAusmaß der Parese (wichtig für die operative Korrektur)Therapie von Augenmuskellähmungen: Operation: die Operation beim Lähmungsschielensollte nicht vor Ablauf eines Jahres durchgeführt werden, da in dieser Zeit eine spontaneRückbildung der Parese erfolgen kann; vor der OP ist unbedingt eine genaue Abklärung derUrsache nötig, um eine gegebenenfalls bestehende Grunderkrankung (wie z.B. einen D.m.) zutherapieren; bei störenden Doppelbildern: Augen bis zum Zeitpunkt der OP abwechselndokkludieren oder auf die Brille eine Prismenfolie geben, die den Schielwinkel ausgleicht unddamit die Doppelbilder ausgleicht;bei OP: auf die richtige Dosierung des Schielwinkels achten; Ziel der OP: im normalen Blickfeld,also bei gerader Kopfhaltung, sowohl bei Blick in die Nähe als auch in die Ferne keineDoppelbilder mehr sichtbar; es ist nicht möglich, für alle Teile des Blickfeldes doppelbildfreiesSehen zu erreichen


11917. UnfallophthalmologieMechanisch bedingte VerletzungenFremdkörper auf Binde- und HornhautEpidemiologie: Fremdkörper auf Binde- und Hornhaut verursachen mit die häufigsten Notfallsituationin der allgemein- augenärztlichen PraxisÄtiopathogenese: Fremdkörper aus der Luft, v.a. aber kleine Metallsplitter von SchmirgelundFlexscheiben setzen sich oft auf Binde- und Hornhaut fest oder brennen sich dort einSymptomatik und Diagnostik: der Patient hat bei jedem Lidschlag das Gefühl, einen Fremdkörperim Auge zu haben, dazu kommen Schmerzen, Epiphora und Blepharospasmus; amAuge ist, je nachdem wie lange der Befund schon besteht (wenige Stunden bis mehrere Tage),eine konjunktivale bis ziliare Injektion zu sehen; die FK selbst, die auf Hornhaut und Bindehautsitzen, sind oft so klein, dass sie nur mit der Lupe zu erkennen sind (Infiltrat, Rostring);wenn kein FK zu sehen ist und die Hornhaut nach dem Anfärben mit Fluoreszein vertikaleKratzspuren aufweist, liegt der FK subtarsal (FKgefühl bei jedem Lidschlag, Tränen und Blepharospasmussowie vertikale Kratzspuren auf der Hornhautoberfläche sind typisch für densubtarsalen FK)Therapie:FK auf Horn- und Bindehaut: mit einer feinen Nadel oder Kanüle wird der FK aus seinemBett herausgehebelt; das FKbett, das häufig rostig oder leukozytär infiltriert ist, wird sorgfältigund vollständig mit einem Bohrer ausgefräst und bis zum Abheilen der Wunde eine Behandlungmit antibiotischer Augensalbe und ev. Verband durchgeführtsubtarsale FK: nach dem Ektropionieren des Lides ist der FK meist erkennbar und lässt sichleicht mit einem feuchten Wattetupfer abwischen; bis zur kompletten Beschwerdefreiheit wirdein antibiotischer Augenverband angelegtErosio corneae (Epitheldefekt der Hornhaut)Ätiopathogenese: primär wird die Oberfläche der Hornhaut durch ein Trauma verletzt (z.B.durch den Fingernagel eines Kindes, das Blatt einer Stechpalme, einen Ast der ins Augeschnellt); i.d.R. heilt dieser Epitheldefekt (bei entsprechender Therapie) nach kurzer Zeit wiederaus (je nach Größe des Defekts in 24 – 48 Std.); manchmal haften die Epithelzellen jedochinfolge der Verletzung nur mangelhaft auf der Bowman-Lamelle, so dass das Epithel immerwieder, auch noch nach Wochen und Monaten, an der Stelle der primären Verletzung aufbricht;charakteristischerweise geschieht dies morgens beim Aufwachen durch abruptes Lidöffnen:diese rezidivierende Erosio ist für den Patienten oft eine schwere psychische Belastung


120Symptomatik und Diagnostik: sofort nach der Verletzung spürt der Patient ein starkes FKgefühl,das mit Tränenträufeln einhergeht; obwohl objektiv gesehen ein Teil der Oberfläche derHornhaut fehlt, hat der Patient selbst das Gefühl, es würde sich ein FK im Auge befinden; dader Epitheldefekt starke Schmerzen verursacht, stellt sich ebenfalls umgehend ein Blepharospasmusein; weitere Begleiterscheinungen der Erosio corneae: sofortige Lidschwellung undkonjunktivale Injektion; nach Anfärben mit Fluoreszeinnatrium ist der Oberflächendefekt imblauen Licht gut erkennbarTherapie: Anlegen eines antibiotischen Salbenverbandes oder Versorgung des Auges mit einertherapeutischen Kontaktlinse und zusätzlich antibiotische Augentropfenzur Therapie der rezidivierenden Erosio corneae muss der Patient nicht selten stationär aufgenommenwerden (beidseitiger Augenverband zur absoluten Ruhigstellung der Augen)Stumpfes Bulbustrauma (Contusio bulbi)Epidemiologie und Ätiopathogenese: Kontusionsverletzungen infolge stumpfer Gewalteinwirkung(wie Faustschlag, Squashball, Tennisball, Sektkorken, Stein, Sturz auf das Auge,Kuhhornstoß) sind sehr häufig; wenn der stumpfe Gegenstand im Durchmesser kleiner ist alsdie schützenden knöchernen Strukturen der Orbita, kann der Bulbus erheblich deformiertwerdenKlinisches Bild und Diagnostik: die Deformation übt auf die intraokulären Strukturen eineerhebliche Zugwirkung mit daraus resultierenden Zerreißungen aus; häufig können die tieferenAugenabschnitte zunächst nicht beurteilt werden, da sich Blut in der Vorderkammer befindetkeine pupillenwirksamen <strong>Med</strong>ikamente verabreichen, da die Gefahr der irreversiblen Mydriasisbesteht (Sphinkterriss) und Pupillenbewegungen das Nachblutungsrisiko erhöhen; erstnach einer Woche bis 10 Tagen sollten auch die hinteren Augenabschnitte in Mydriasisgründlich untersucht werden, um das Ausmaß der Verletzung festzustellenbei einer schweren Contusio bulbi können Spätfolgen auftreten, wie:Sekundärglaukom; Amotio retinae und Katarakt; Subluxation und Luxatio lentisSpätfolgen einer stumpfen Bulbusverletzung können noch Jahre nach der Verletzung auftretenTherapie: besteht zunächst in der Ruhigstellung des Auges, damit sich das intraokulare Blutabsetzen kannNachblutungen nach 3 – 4 Tagen sind häufigÜbersicht über die möglichen Verletzungen bei stumpfem BulbustraumaIridodialyse: Abriss der Iriswurzel:


121Folgen: Pupillenentrundung, verstärkte Blendung, optische Störung, wenn im Lidspaltenbereicheine große Dialyse liegt, die zu einer „doppelten“ Pupille führtTherapie: bei entsprechendem Ausmaß (Patient hat bei extremem Abriss der Iriswurzel sozusagen2 Pupillen Iridopexie (= Annähen der Iriswurzel); sonst keine Therapietraumatische Aniridie: vollständiger Abriss der Iris:Folgen: Patient leidet unter erhöhter BlendungTherapie: Sonnenbrille; wenn gleichzeitig eine Katarakt besteht, wird bei der KataraktOP eineschwarze Linse mit optischer Öffnung in Pupillengröße mitimplantiertSubluxatio lentis: Abriss der Zonulafasern:Folgen: Dislokation der Linse und Irisschlottern; verminderte AbbildungsqualitätTherapie: Entfernung der Linse und Implantation einer KunstlinseGlaskörperabhebung: Abhebung der Glaskörperbasis:Folgen: Patient sieht Glaskörperschlieren (Mouches volantes)Sphinkterriss: Einriss des M. sphincter pupillae mit Dehnung der Iris:Folgen: ev. traumatische Mydriasis bzw. mangelnde PupillenfunktionTherapie: Sonnenbrille, sonst keine Therapie möglich; wenn Katarakt-OP nötig, ist Pupillenverengungdurch Iriskonstriktionsnaht möglichKontusionsrosette: traumatische Linsentrübung (Cataracta traumatica):Folgen: rosettenförmige Trübung subkapsulär an der Vorderfläche der Linse; Patient leidetunter allmählich zunehmender SehverschlechterungTherapie: wenn die Trübung im optischen Zentrum liegt, ist dies immer eine Indikation zurOPAvulsio bulbi: traumatische Luxation des Bulbus vor die Orbita, häufig verbunden mit einerAvulsio nervi otici:Folgen: sofortige ErblindungTherapie: Entfernen des BulbusAvulsio nervi optici: Ausriss des gesamten Sehnervs an der Stelle des Eintritts in das Auge:Folgen: sofortige ErblindungTherapie: Die Unterbrechung der Nervenfasern ist irreversibelSehnervenläsion: möglich sind: Optikusscheidenhämatom, Optikuskontusion oder Fraktur desCanalis nervi opticiFolgen: Optikusatrophie mit Visusverschlechterung und GesichtsfeldverlustTherapie: keine möglichRetrobulbärhämatom: Verletzung retrobulbärer Gefäße:


122Folgen: Orbitaeinblutung, Lidhämatom, ExophthalmusTherapie: Resorption abwarten, OP nur, wenn die Zentralarterie durch Druck verschlossen istHyphäma: Blutung in die Vorderkammer:Folgen: Patient sieht verschwommenTherapie: Aufrechte Körperhaltung einnehmen, damit sich das Blut nach unten absetzt unddas Sehen ermöglicht; Hyphäma saugt sich von selbst aufGlaskörperblutung: Blutung in den Glaskörperraum:Folgen: bei der Ophthalmoskopie ist im regredienten Licht kein Rotlichtreflex mehr zu sehen;VisusverlustOrbitabodenfraktur (Blow-out-Fraktur): Bruch des Orbitabodens in die Kieferhöhle hinein:Folgen: Doppelbildwahrnehmung am betroffenen Auge; Blickhebungs- bzw. BlicksenkungsdefizitTherapie: Schneuzverbot bei Beteiligung der NNH (knisternder Palpationsbefund); operativeWiederherstellung des Orbitabodens und Befreien des eingeklemmten OrbitainhaltesChemisch bedingte Verletzungen: VerätzungenÄtiopathogenese: Verätzungen können durch unterschiedliche Substanzen, wie Säuren, Laugen,Detergenzien, Lösungsmittel, Kleber und Reizstoffe (z.B: Tränengas) ausgelöst werdenund nur eine leichte Reizung am Auge, aber auch völlige Erblindung zur Folge habenVerätzungen gehören zu den gefährlichsten Augenverletzungen; um schwere Folgen wie Erblindungabzuwenden, ist die Primärversorgung am Unfallort besonders wichtiggenerell gilt, dass Säureverätzungen weniger gefährlich sind als Laugenverätzungen: dies beruhtauf der fehlenden Tiefenwirkung der meisten Säuren;Säuren führen im Unterschied zu Laugen zu einer sofortigen oberflächlichen Koagulation(Gerinnung) der Gewebe (Koagulationsnekrose), die eine weitere Tiefenwirkung verhindert(selbstlimitierender Prozess); dennoch haben manche Säuren eine Tiefenwirkung, die der vonLaugen vergleichbar ist und ähnlich schwere Verletzungen hervorruft; konzentrierte Schwefelsäure(z.B. aus einer explodierenden Autobatterie) führt beispielsweise zu Wasserentzugaus dem Gewebe mit gleichzeitig starker Hitzeentwicklung, die alle Schichten des Auges betrifft;eine ähnliche Tiefenwirkung haben Fluss- und SalpetersäureLaugen können im Gegensatz zu Säuren die äußeren Augenhüllen durch Hydrolyse (Spaltungdurch die Reaktion mit Wasser) der Strukturproteine und Zellauflösung penetrieren (Kolliquationsnekrose);durch eine Alkalisierung des Kammerwassers rufen sie dann schwere intraokulareSchäden hervor


123Symptomatik: je nach Schwere der Verätzung stehen Epiphora, Blepharospasmus und starkeSchmerzen im Vordergrund; Säureverätzungen führen aufgrund der oberflächlichen Gewebenekrosei.d.R. sofort zu einem Visusabfall, Laugenverätzungen häufig erst Tage späterKlinisches Bild und Diagnostik: für Therapie und Prognose ist es sehr wichtig, den Schweregradund die Ursache der Verätzung richtig zu diagnostizierenLaugenverätzungen sehen zunächst weniger schwer aus als Säureverätzungen, enden dannaber häufig in Erblindungdie morphologischen Befunde und die daraus resultierende Prognose variieren stark, je nachSchweregrad und Dauer der Verätzungseinwirkung:Therapie: die Sofortmaßnahmen (Erste Hilfe) an der Unfallstelle entscheiden oft über dasSchicksal des Auges; die ersten Sekunden und Minuten spielen eine wichtige Rolle: die sofortigeund reichliche Spülung kann mit jeder neutralen wässrigen Lösung durchgeführt werden(Leitungswasser, Mineralwasser, Limonade, Kaffee, Tee,…; möglichst keine Milch verwenden,da diese die Epithelbarriere öffnet und die Tiefenwirkung der Verätzung verstärkt); derBlepharospasmus muss möglichst von einer 2. Person rigoros überwunden und die Lider geöffnetwerden, damit wirksam gespült werden kann (Lokalanästhetikum zur Überwindung desBlepharospasmus am Unfallort kaum vorhanden); grobe Partikel (Kalkpartikel bei Kalkverätzung)sollten ausgespült und gegebenenfalls entfernt werden; erst jetzt sollte der Patient zumAugenarzt gebracht werdenChronologie der Maßnahmen bei der Verätzung:<strong>1.</strong> Sofortmaßnahmen an der Unfallstelle (durch Kollegen, Familienangehörige):- Überwinden des Blepharospasmus durch rigoroses Lidöffnen- Spülung innerhalb von Sekunden; grobe Partikel vorsichtig aus dem Bindehautsackentfernen- gleichzeitig den Notarzt verständigen- Transport des Patienten zum Augenarzt/ Augenklinik:2. Maßnahmen beim Augenarzt/Augenklinik- Tropfanästhesie zur Schmerzbekämpfung und zur Ausschaltung des Blepharospasmus- doppeltes Ektropionieren des Ober- und Unterlides und sorgfältiges Entfernen vonkleinen Partikelchen (z.B. Kalkresten) aus der oberen und unteren Umschlagfaltemit feuchtem Wattetupfer unter dem Mikroskop


124- Spülung mit Pufferlösung, gegebenenfalls Dauerspülung über eine Spülkontaktlinse(Auge wird sozusagen an den Tropf gehängt: über eine Kanüle wird permanentFlüssigkeit zugeführt)- systemische Schmerztherapie falls erforderlich3. Zusätzliche Maßnahmen bei stationärer Aufnahme: bei schwerer Verätzung:- Spülung fortsetzen- lokale Cortisontherapie (Dexamethason 0,1% Augentropfen, Prednisolon 1% Augentropfen)- subkonjunktivale Steroidapplikation- Pupillenruhigstellung mit Atropin-1%-Augentropfen oder Scopolamin-0,25%-Augentropfen 2 x tgl.- nichtsteroidale Antiphlogistika (Indometacin oder Diclofenac 2 x 100 mg p.o. bzw.Prednisolon 50 – 200 mg systemisch)- Vitamin C (oral oder lokal) zur Neutralisation gewebetoxischer frei werdenderRadikale- Acetazolamid (Diamox retard 500 mg p.o.) zur Augeninnendrucksenkung, um einemev. Sekundärglaukom vorzubeugen- Hornhautpflege mit Hyaluronsäure, zur Reepithelisierung und Schrankenstabilisierung- lokale antibiotische Augentropfen- Abtragen von nekrotischem Bindehaut- und Hornhautgewebe und radiäre Bindehautinzisionzur Ablassung des subkonjunktivalen Ödems (Chemose)4. Zusätzliche chirurgische Maßnahmen bei Wundheilungsstörungen nach schwerstenVerätzungen:- eine Bindehaut-Limbus-Transplantation (Stammzellentransfer) kann die für dieHornhautheilung wichtigen und durch die Verätzung zerstörten Stammzellen ersetzenund so eine Reepithelisierung ermöglichen- das Aufnähen einer Amnionmembran (zellreiches Plazenta- und Nabelschnurgewebe)über nichtheilende Areale ist Defektheilung und Heilungsanreiz zugleich- wenn die Hornhaut nicht zuheilt, kann man mit Zyanoakrylatkleber eine harteKontaktlinse aufkleben (künstliches Epithel), um die Heilung zu unterstützen- eine Tenonplastik (Mobilisierung von subkonjunktivalem Tenongewebe und Vorverlagerungdieses Gewebes zur schürzenförmigen Deckung von Defekten) kannhelfen, Bindehaut und Skleradefekte zu decken


1255. Chirurgische Maßnahmen, nachdem das Auge zur Ruhe gekommen ist:- Symplepharonlösung (Symplepharon = Zusammenwachsen von Lid- und Bulbusbindehaut)zur Verbesserung der Bulbus- und Lidmotilität- lidplastische Operation zur Befreiung des Bulbus (erst 12 – 18 Monate nach demVerätzungstrauma)- bei vollständigem Becherzellverlust der Bindehaut lindert eine Nasenschleimhauttransplantation(Substitution des fehlenden Mukus durch Becherzellen der Nasenschleimhaut)i.d.R. die SchmerzenKalkverätzung: oberflächliche und tiefe Hornhautvaskularisation sowie trockenes Auge durchweitgehenden Verlust der BecherzellenPrognose und mögliche Komplikationen: der Grad der Ischämie der Bindehaut und der Limbusgefäßelässt Rückschlüsse auf den Schweregrad und die Prognose der Verletzung zu; jeischämischer Bindehaut und Limbusgefäße, desto schwerwiegender die Verätzung; bei einerVerätzung höchsten Grades kommt es zum Bild des sog. gekochten Fischauges (Hornhautkalkweiß und nicht mehr transparent, die Gefäßversorgung am Limbus nicht mehr vorhanden)mit sehr schlechter Prognose (Erblindung möglich)bei mittleren bis schweren Verätzungen, bei denen Conjunctiva bulbi und Conjunctiva tarsi inMitleidenschaft gezogen sind, kann ein Symblepharon (Zusammenwachsen von Lid- undBulbusbindehaut) entstehen; Verätzungen, in deren Folge es zu einer entzündlichen Reaktionder Vorderkammer kommt, können zu einem Sekundärglaukom führen

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