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Anästhesie bei neuromuskulären Erkrankungen

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Hypothermien hingegen werden verursacht durch eine reduzierte Wärmeproduktion <strong>bei</strong>verminderter Muskelmasse und herabgesetzten Metabolismus. Da der Temperaturhaushaltwährend der <strong>Anästhesie</strong>, begünstigt durch eine periphere Vasodilatation, weitergestört sein kann, ist es wichtig Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Normothermie zuergreifen. Hierzu bieten sich entsprechende Wärmedecken, die Aufwärmung des OP-Saalssowie erwärmte Infusionslösungen an.Maligne HyperthermieDie maligne Hyperthermie (MH) ist eine subklinische Myopathie, der ein genetischdeterminierter Defekt der intrazellulären Calciumhomöostase zugrunde liegt und die nachGabe von volatilen Inhalationsanästhetika und depolarisierenden Muskelrelaxantien zueiner lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung führt.Der genaue Mechanismus wie bestimmte Substanzen eine MH-Krise triggern ist bislangnicht restlos aufgeklärt; gesichert scheint allerdings, dass <strong>bei</strong> der MH eine Störung derintrazellulären Ca 2+ -Homöostase der Skelettmuskulatur ursächlich ist [32]. Allerdingssprechen auch zahlreiche Befunde für eine Beteiligung anderer Organsysteme. So wurdenHinweise auf eine primäre kardiale Beteiligung als auch des zentralen Nervensystemsund von bestimmten Blutzellen gefunden [33 - 35].Circa 30 - 50% der Patienten mit MH-Disposition weisen myopathologische Veränderungenauf. Der Großteil dieser Veränderungen ist unspezifisch und betrifft hauptsächlicheine gesteigerte Variationsbreite der Fasergrößen sowie Veränderungen im Verhältnis derFasertypen I und II [36]. Die Inzidenz myopathologischer Veränderungen steigt mitzunehmendem Alter der Patienten, ist jedoch nicht abhängig vom Geschlecht.Über die Häufigkeit der MH-Disposition <strong>bei</strong> spezifischen Myopathien wird kontroversdiskutiert. Für diese Problematik gibt es mehrere Gründe. Zum einen gibt es in derLiteratur aufgrund der großen Variabiliät der Symptome bislang keine allgemein gültigeDefinition einer malignen Hyperthermie. Die klinische Symptomatik kann sich als klassische,fulminante Krise mit den typischen Symptomen Hyperkapnie, Hyperthermie,Laktatazidose, Rhabdomyolyse, Tachyarrhythmie und Muskelrigidität präsentieren.Jedoch sind auch moderate und abortive Formen mit einer geringeren Ausprägung derSymptome oder nur einzelnen, leichten Veränderungen der Klinik möglich, dieDifferentialdiagnose kann in diesen Fällen schwierig sein [32].Weiterhin ist <strong>bei</strong> vielen NME nicht eindeutig geklärt, ob es sich <strong>bei</strong>m Auftreten von MHtypischenSymptomen während einer <strong>Anästhesie</strong> um eine „wahre“ MH handelt odereventuell um eine unspezifische Reaktion auf die Anästhetika, die einen ähnlichen klinischenVerlauf zeigt, aber von der genetisch determinierten MH-Disposition abzugrenzenist. Für letztere Annahme könnten die unterschiedlichen Vererbungsgänge <strong>bei</strong> MH und z.B. den Muskeldystrophien sprechen.Letztlich wurde versucht anhand der standardisierten MH-Diagnostik mit dem in-vitro-Kontrakturtest (IVKT) die MH-Inzidenz <strong>bei</strong> spezifischen NME abzuklären [37]. DieResultate dieser Untersuchungen ergaben jedoch ein uneinheitliches Bild. Zudem istunklar, ob die Untersuchung der strukturell und funktionell veränderten Muskulatur vonPatienten mit NME valide Untersuchungsergebnisse im IVKT ermöglicht.Die einzige neuromuskuläre Erkrankung, für die ein genetischer Zusammenhang mit derMH gesichert scheint ist die autosomal-dominant vererbte Central Core Disease [38, 39].Auch für das King-Denborough-Syndrom, eine seltene Erkrankung, die durch Kleinwuchs,Ptose und Skelettdeformitäten gekennzeichnet ist, wurde eine enge Assoziation mitder MH beschrieben.Zusammenfassend bleibt fest zu halten, dass <strong>bei</strong> zahlreichen <strong>neuromuskulären</strong> <strong>Erkrankungen</strong>unabhängig von einer MH-Veranlagung pathologische Reaktionen auf volatileAnästhetika und depolarisierende Muskelrelaxantien beschrieben wurden. Daher sollte ausGründen der Patientensicherheit <strong>bei</strong> diesen NME auf die Gabe von MH-Triggersubstanzenverzichtet werden.65

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