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Skript zur Vorlesung "Religionsverfassungsrecht (Staatliches ...

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Felix Hammer, <strong>Vorlesung</strong> <strong>Religionsverfassungsrecht</strong>: <strong>Staatliches</strong> Religionsrecht – Staatskirchenrecht WS 2013/201422schaft unentbehrlich. Dies macht deshalb den Kern des von Art. 9 EMRK gewährten Schutzesaus. Die bestimmten Vertretern von Religionsgemeinschaften gewährte Freistellung von derWehrpflicht fällt in den Anwendungsbereich des Art. 9 EMRK, weil sie das angemessene Funktionierenreligiöser Gruppierungen als Gemeinschaft gewährleisten soll und damit ein von dieserNorm geschütztes Ziel verfolgt.EGMR, 19. 3. 2009, DÖV 2009, 501 (Ls./Link) – Lang ./. Österreich: Das Grundrecht der Religionsfreiheitund das Verbot von Diskriminierungen aus religiösen Gründen werden verletzt,wenn der Gesetzgeber nur Amtsträger solcher Religionsgemeinschaften, denen die Eigenschafteiner Körperschaft des öffentlichen Rechts zukommt, vom Militärdienst freistellt (betr. die RepublikÖsterreich).EGMR, 23. 09. 2010, Obst und Schüth ./. Deutschland; EGMR, 03. 02. 2011, Siebenhaar ./.Deutschland: Die Eigenständigkeit von Religionsgemeinschaften gegen unzulässige staatlicheEinmischung ist nach Art. 9 i. V. m. Art. 11 EMRK (Vereinigungsfreiheit) geschützt. Entsprechendihren Glaubensüberzeugungen können sie ihren Dienstnehmern besondere Loyalitätsverpflichtungenauferlegen. Wenn kirchliche Dienstnehmer, etwa wegen Ehebruchs oder aktivenEngagements für eine Sekte, gegen wesentliche Grundsätze der Kirche, bei der sie angestelltsind, verstoßen, kann eine Kündigung zum Zwecke der Wahrung ihrer Glaubwürdigkeit ein Interessebilden, das schwerer wiegt als dasjenige des Dienstnehmers auf Achtung seines PrivatundFamilienlebens nach Art. 8 und dem Interesse, seine Stelle zu behalten. Dabei ist aber stetszunächst eine gründliche Ermittlung und dann eine sorgfältige Abwägung der wechselseitigenInteressen notwendig.EGMR, 17. 02. 2011, Wasmuth ./. Bundesrepublik Deutschland, DÖV 2011, S. 408/Nr. 389 –Religionsmerker auf der Lohnsteuerkarte: Die Verpflichtung, die Behörden über die Nichtzugehörigkeitzu einer <strong>zur</strong> Erhebung von Kirchensteuer berechtigten Kirche oder Religionsgemeinschaftzu informieren, bildet einen Eingriff in das Recht, seine religiösen Überzeugungen nichtpreiszugeben. Dieser Eingriff ist nach deutschem Recht gesetzlich vorgesehen, verfolgt einenlegitimen Zweck, nämlich das Recht der Kirchen und Religionsgemeinschaften auf Erhebung derKirchensteuer zu gewährleisten, und ist im Hinblick auf diesen Zweck verhältnismäßig, so dasskeine Verletzung von Art. 9 EMRK vorliegt.EGMR (Große Kammer), 18. 03. 2011, Lautsi u. a. ./. Italien, öarr, 57 (2010), 472 ff. - Kruzifixein Klassenzimmern: Die Pflicht der Europarats-Mitgliedstaaten, die religiösen und weltanschaulichenÜberzeugungen der Eltern zu achten (Art. 2 Protokoll Nr. 1 EMRK), erfasst nicht nurGegenstand, Art und Weise des Unterrichts, sondern erstreckt sich auch auf die „Ausübung“ derGesamtheit der „Aufgaben“, die die Staaten auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichtsübernehmen. Dies schließt die Gestaltung der schulischen Umgebung ein, sofern diese nachnationalem Recht staatliche Aufgabe ist. Dabei ist das Recht der Eltern zu achten, die Erziehungihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.Bildet nach Auffassung Italiens das Kruzifix in Klassenzimmern staatlicher Schuleneine Tradition, deren Bewahrung große Bedeutung zukommt, entbindet der Verweis auf dieseTradition den Staat nicht von der Verpflichtung, die Konventionsrechte zu achten. Doch eröffnetdie Entscheidung, eine Tradition zu bewahren, dem Staat einen Beurteilungsspielraum, derdahingehend besteht, dass die Aufgaben auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts mitder Achtung des Rechts der Eltern, den Unterricht entsprechend ihren religiösen und weltanschaulichenÜberzeugungen sicherzustellen, in Ausgleich zu bringen ist. Die Entscheidung, Kruzifixein Klassenzimmern anzubringen, fällt in diesen Beurteilungsspielraum, zumal es in derFrage der Präsenz religiöser Symbole in staatlichen Schulen unter den Mitgliedstaaten des Europaratskeine Übereinstimmung gibt.

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