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Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge - Germanistik

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kleinen Erik und zu meinem größten Erstaunen plötzlich auch mitwinkende und nickende Zeichen machte, als forderte er uns auf,ihm zu folgen. Ich war so überrascht, daß mein Lachen aufhörte,mich zu bedrängen. Im übrigen schenkte ich dem Major weiterkeine Aufmerksamkeit; er war mir unangenehm, und ichbemerkte auch, daß der kleine Erik ihn nicht beachtete.<strong>Die</strong> Mahlzeit schleppte sich weiter wie immer, und man wargerade beim Nachtisch angelangt, als meine Blicke von einerBewegung ergriffen und mitgenommen wurden, die imHintergrund <strong>des</strong> Saales, im Halbdunkel, vor sich ging. Dort warnach und nach eine, wie ich meinte, stets verschlossene Türe,von welcher man mir gesagt hatte, daß sie in dasZwischengeschoß führe, aufgegangen, und jetzt, während ichmit einem mir ganz neuen Gefühl von Neugier und Bestürzunghinsah, trat in das Dunkel der Türöffnung eine schlanke,hellgekleidete Dame und kam langsam auf uns zu. Ich weißnicht, ob ich eine Bewegung machte oder einen Laut von mirgab, der Lärm eines umstürzenden Stuhles zwang mich, meineBlicke von der merkwürdigen Gestalt abzureißen, und ich sahmeinen Vater, der aufgesprungen war und nun, totenbleich imGesicht, mit herabhängenden geballten Händen, auf die Damezuging. Sie bewegte sich in<strong>des</strong>sen, von dieser Szene ganzunberührt, auf uns zu, Schritt für Schritt, und sie war schon nichtmehr weit von dem Platze <strong>des</strong> Grafen, als dieser sich mit einemRuck erhob, meinen Vater beim Arme faßte, ihn an den Tischzurückzog und festhielt, während die fremde Dame, langsamund teilnahmlos, durch den nun freigewordenen Baumvorüberging, Schritt für Schritt, durch unbeschreibliche Stille, inder nur irgendwo ein Glas zitternd klirrte, und in einer Tür dergegenüberliegenden Wand <strong>des</strong> Saales verschwand.In diesem Augenblick bemerkte ich, daß es der kleine Erikwar, der mit einer tiefen Verbeugung diese Türe hinter derFremden schloß.Ich war der einzige, der am Tische sitzengeblieben war; ichhatte mich so schwer gemacht in meinem Sessel, mir schien, ichkönnte allein nie wieder auf. Eine Weile sah ich, ohne zu sehen.Dann fiel mir mein Vater ein, und ich gewahrte, daß der Alte ihnnoch immer am Arme festhielt. Das Gesicht meines Vaters warjetzt zornig, voller Blut, aber der Großvater, <strong>des</strong>sen Finger wie

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