wer weiß, wozu die zweite noch nötig sein würde) auf denRücken zu halten, gerade über die Wirbelsäule, ihn fest ins Kreuzzu drücken und das Ende der runden Krücke in den Kragen zuschieben, so daß man es hart und wie einen Halt hinter demHalswirbel und dem ersten Rückenwirbel spürte. Das war eineHaltung, die nicht auffällig, höchstens ein wenig übermütig war;der unerwartete Frühlingstag konnte das entschuldigen.Niemandem fiel es ein, sich umzusehen, und nun ging es. Esging vortrefflich. Freilich beim nächsten Straßenübergangekamen zwei Hüpfer aus, zwei kleine, halbunterdrückte Hüpfer,die vollkommen belanglos waren; und der eine, wirklichsichtbare Sprung war so geschickt angebracht (es lag gerade einSpritzschlauch quer über dem Weg), daß nichts zu befürchtenwar. Ja, noch ging alles gut; von Zeit zu Zeit griff auch diezweite Hand an den Stock und preßte ihn fester an, und dieGefahr war gleich wieder überstanden. Ich konnte nichtsdagegen tun, daß meine Angst dennoch wuchs. Ich wußte, daß,während er ging und mit unendlicher Anstrengung versuchte,gleichgültig und zerstreut auszusehen, das furchtbare Zucken inseinem Körper sich anhäufte; auch in mir war die Angst, mit derer es wachsen und wachsen fühlte, und ich sah, wie er sich anden Stock klammerte, wenn es innen in ihm zu rütteln begann.Dann war der Ausdruck dieser Hände so unerbittlich und streng,daß ich alle Hoffnung in seinen Willen setzte, der groß seinmußte. Aber was war da ein Wille. Der Augenblick mußtekommen, da seine Kraft zu Ende war, er konnte nicht weit sein.Und ich, der ich hinter ihm herging mit stark schlagendemHerzen, ich legte mein bißchen Kraft zusammen wie Geld, undindem ich auf seine Hände sah, bat ich ihn, er möchte nehmen,wenn er es brauchte.Ich glaube, daß er es genommen hat; was konnte ich dafür,daß es nicht mehr war.Auf der Place St-Michel waren viele Fahrzeuge und hin undher eilende Leute, wir waren oft zwischen zwei Wagen, unddann holte er Atem und ließ sich ein wenig gehen, wie umauszuruhen, und ein wenig hüpfte es und nickte ein wenig.Vielleicht war das die List, mit der die gefangene Krankheit ihnüberwinden wollte. Der Wille war an zwei Stellen durchbrochen,und das Nachgeben hatte in den besessenen Muskeln einen
leisen, lockenden Reiz zurückgelassen und den zwingendenZweitakt. Aber der Stock war noch an seinem Platz, und dieHände sahen böse und zornig aus; so betraten wir die Brücke,und es ging. Es ging. Nun kam etwas Unsicheres in den Gang,nun lief er zwei Schritte, und nun stand er. Stand. <strong>Die</strong> linke Handlöste sich leise vom Stock ab und hob sich so langsam empor,daß ich sie vor der Luft zittern sah; er schob den Hut ein wenigzurück und strich sich über die Stirn. Er wandte ein wenig denKopf, und sein Blick schwankte über Himmel, Häuser undWasser hin, ohne zu fassen, und dann gab er nach. Der Stockwar fort, er spannte die Arme aus, als ob er auffliegen wollte,und es brach aus ihm aus wie eine Naturkraft und bog ihn vorund riß ihn zurück und ließ ihn nicken und neigen undschleuderte Tanzkraft aus ihm heraus unter die Menge. Dennschon waren viele Leute um ich, und ich sah ihn nicht mehr.Was hätte es für einen Sinn gehabt, noch irgendwohin zugehen, ich war leer. Wie in leeres Papier trieb ich an denHäusern entlang, den Boulevard wieder hinauf.1 Ich versuche es, Dir zu schreiben, obwohl es eigentlich nichtsgiebt nach einem notwendigen Abschied. Ich versuche esdennoch, ich glaube, ich muß es tun, weil ich die Heiligegesehen habe im Pantheon, die einsame, heilige Frau und dasDach und die Tür und drin die Lampe mit dem bescheidnenLichtkreis und drüben die schlafende Stadt und den Fluß und dieFerne im Mondschein. <strong>Die</strong> Heilige wacht über der schlafendenStadt. Ich habe geweint. Ich habe geweint, weil das alles aufeinmal so unerwartet da war. Ich habe davor geweint, ich wußtemir nicht zu helfen.Ich bin in Paris, die es hören freuen sich, die meistenbeneiden mich. Sie haben recht. Es ist eine große Stadt, groß,voll merkwürdiger Versuchungen. Was mich betrifft, ich mußzugeben, daß ich ihnen in gewisser Beziehung erlegen bin. Ichglaube, es läßt sich nicht anders sagen. Ich bin diesenVersuchungen erlegen, und das hat gewisse Veränderungen zurFolge gehabt, wenn nicht in meinem Charakter, so doch inmeiner Weltanschauung, jedenfalls in meinem Leben. Einevollkommen andere Auffassung aller Dinge hat sich unter diesenEinflüssen in mir herausgebildet, es sind gewisse Unterschiede
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efremdlich schien. Ich war damals s
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noch nie so klopfen hören: ein war
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daß sie mich damals mit ihm vergli
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einfiel, daß sie noch lebten; dann
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Es giebt ein Wesen, das vollkommen
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und die Sonntage brachte er nun dam
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Entsetzen: konnte das die Erde sein
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Aufstampfen, das hinzukam, etwas fa
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Gehen draußen auf dem Gang. Ach, d
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zuzwinkernd, die Verführung an, di
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schmale Leseband zu finden, das, m
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Bis hierher geht die Sache von selb
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Kommende fort, und mir blieb nur ge
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»Nein, nicht die Antworten«, unte
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muß, ruft das Verhängnis aller Li
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heiter und unerwartet hoch in der W
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sind nie sehr hoch von einer Hoffnu
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es begriff, daß dies der König se
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Bibliothek und spielte allein. Gena
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seine Behandlung gestellt, aber er
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Damals erlebte ich, was ich jetzt b
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auszusagen und sich abzubiegen, so
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hat seine besonderen Einfälle und
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auszuhalten. Aber vor denen, die al
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zum Beispiel, die sehr viel stille
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Namen zuzuflüstern, der venezianis
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auch, sowie sie zu Worte kam. Das G
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die Zurückhaltung dieses überlege
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ganzen war man schon der, für den
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Baux und sah die versteinerte Zeit
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Erschrocken und schwankend hoben si
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Fußnoten1 Ein Briefentwurf.2 Im Ma