Praxisteil - Bundesverband Seniorentanz eV
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PrAXISTEIL<br />
zum Abheften.<br />
Kennen Sie das? Sie erzählen einer<br />
Freundin etwas über den <strong>Seniorentanz</strong><br />
und nach kurzer Zeit hören Sie:<br />
„Na, sooo alt bin ich aber noch nicht!“<br />
Da bleibt einem nicht viel mehr, als zu<br />
einer Schnupperstunde in die Gruppe<br />
einzuladen… Seit ein paar Tagen antworte<br />
ich aber zusätzlich mit einem<br />
zarten Lächeln: „Tja, wer ist schon<br />
alt?“<br />
Denn genau diese Frage beleuchten<br />
Juliane Haubold-Stolle und Dr.<br />
Alexander Schug in einer höchst<br />
unterhaltsamen kulturgeschichtlichen<br />
Reise von der Antike bis in die<br />
Gegenwart. Die beiden Historiker<br />
gewähren Einblicke in Epochen, in<br />
denen man geradezu von Altersverehrung<br />
sprechen konnte, doch viel<br />
häufi ger war das Seniorendasein<br />
regelrecht existenzgefährdend. Vielfältige<br />
politische, wirtschaftliche und<br />
soziale Zusammenhänge beeinfl ussten<br />
die Lebenssituation der Alten<br />
und damit auch die Einstellung der<br />
jeweiligen Gesellschaft zum „Wert“<br />
ihrer Senioren. Auf der chronologisch<br />
sehr strukturiert aufgebauten Reise<br />
wird z.B. die griechische Philosophie<br />
zitiert, das dunkle Mittelalter beleuchtet,<br />
das 16. – 17. Jahrhundert als<br />
altersfeindlichste Epoche entlarvt,<br />
die Verbesserung der Alterssicht im<br />
19. Jahrhundert und die Bedeutung<br />
Buchbesprechung:<br />
„Wer ist schon alt?“<br />
Zusammengefasst von Susanne Biermann<br />
der Renteneinführung besprochen,<br />
ein Blick auf das Alter in der DDR geworfen<br />
und ein kritisches Wort zur<br />
gegenwärtigen Sicht auf die Best<br />
Agers unserer Zeit gefunden. Dass<br />
diese Reise bei einer Spanne von<br />
über 2000 Jahren, untergebracht auf<br />
knapp 150 Taschenbuchseiten, rasant<br />
verlaufen muss, kann man sich vorstellen.Doch<br />
diese Flut an Fakten und<br />
Hintergrundinformationen artet<br />
nicht zur trockenen Geschichtsstunde<br />
aus. Viele aussagekräftige Zitate<br />
und bildhafte Anekdoten, die den<br />
Leser ungläubig staunen, mitfühlend<br />
seufzen oder einfach nur schmunzeln<br />
lassen, bringen immer wieder den<br />
jeweiligen Zeitgeist auf den Punkt.<br />
Wie beispielsweise die Aussage Horaz`<br />
zur Rolle älterer Frauen: „Denn<br />
im Grunde bleibt ihnen nach der<br />
Mutterschaft lediglich die Wollarbeit<br />
zum Lebensinhalt“. Aufgrund fehlender<br />
historischer Aufzeichnungen gerät<br />
in diesem Buch die Rolle der älteren<br />
und alten Frauen leider etwas in<br />
den Hintergrund, dennoch wird klar,<br />
dass sich die Golden Girls der Gegenwart<br />
glücklich schätzen können, mit<br />
schwindender Jugendlichkeit und<br />
Fortpfl anzungsfähigkeit nicht auch<br />
noch ihre Existenzberechtigung zu<br />
verlieren. Da lobt man sich doch die<br />
geradezu fortschrittlichen Worte in<br />
der Zeitschrift „Der Greis“, erschienen<br />
Praxis 17<br />
1764: „Es wäre in der That gut, wenn<br />
man bey Geschäfften sowohl alte<br />
als junge Leute brauchte, denn….es<br />
würde den Vorteil verschaffen, dass<br />
die guten Eigenschaften von beyden<br />
Altern wechselweise ihre Fehler verbessern“.<br />
„Denn“, so die Autoren, „die<br />
Vergangenheit zeigt immer wieder,<br />
wohin eine Gesellschaft steuert, die<br />
mit ihren Alten nichts anzufangen<br />
weiß.“ Ob dieses Buch sein erklärtes<br />
Ziel erreicht, unseren Blick für die<br />
Wertigkeit des Alters zu schärfen, um<br />
einem möglichen Altersrassismus<br />
entgegen zu wirken, kann nur jeder<br />
Einzelne beantworten, der sich dieses<br />
Lesevergnügen gönnt. Ein Schatz<br />
an Argumenten für das nächste Gespräch<br />
mit der noch nicht sooooo alten<br />
Freundin ist es allemal.<br />
Susanne Biermann<br />
Wer ist schon alt?<br />
Juliane Haubold-Stolle<br />
Alexander Schug<br />
Vergangenheitsverlag, Berlin / 2010<br />
ISBN: 978-3-940621-15-3<br />
Senioren tanzen 02/2011