Praxisteil - Bundesverband Seniorentanz eV
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4 Intern<br />
Ilse Tutt – ein Leben für den Tanz<br />
Am 19. April wäre Ilse Tutt 100 Jahre geworden<br />
Ilse Tutt- eine der Gründerinnen des<br />
<strong>Bundesverband</strong>es <strong>Seniorentanz</strong><br />
Mit den Worten ihres Sohnes Wolfger<br />
Tutt wollen wir an das Leben<br />
und Wirken von Ilse Tutt erinnern:<br />
Unterrichten und Tanzen waren die<br />
zentralen Anliegen in ihrem Leben.<br />
Ilse Tutt, geboren 1911, fand Möglichkeiten<br />
beides zu vereinigen.<br />
Parallel zu ihrer Tätigkeit als Lehrerin<br />
förderte sie das Tanzen in verschiedener<br />
Form. Es begann 1927,<br />
als sie Mitglied einer Gruppe der<br />
„deutschen Jugendbewegung“ in<br />
Aachen wurde. Diese gesellschaftliche<br />
Reformbewegung hatte damals<br />
den ganzen deutschsprachigen<br />
Raum erfasst und ermöglichte der<br />
jungen Generation nicht nur eine<br />
neue Lebensform, sondern auch ein<br />
neues Verständnis für die Überlieferungen<br />
der Volkslieder, der Volksmusik<br />
und des Volkstanzes.<br />
Senioren tanzen 02/2011<br />
1945 begann Ilse Tutt ihren erlernten<br />
Beruf als Lehrerin auszuüben.<br />
Durch die Wirren am Ende des<br />
2. Weltkrieges war sie nach Sachsen-<br />
Anhalt verschlagen worden, wo sie<br />
ihre Familie durch die schwierige<br />
Zeit brachte. Sie kombinierte ihr Engagement<br />
für Pädagogik und ihre<br />
Begeisterung für Tanz und gründete<br />
Volkstanzgruppen für Kinder und<br />
für Jugendliche, was im Rahmen<br />
der offiziellen Kulturpolitik einigermaßen<br />
frei möglich war. Ihre vier<br />
Söhne waren als männliche Tänzer<br />
stets mit eingebunden. Es begann<br />
mit „Webertanz“ und „Westgöta“,<br />
doch Singen und Wandern gehörten<br />
inoffiziell mit dazu.<br />
Während der 50er Jahre war die<br />
Bundesrepublik Teil eines neuen,<br />
weltoffenen Europa geworden. Die<br />
tanzinteressierten Menschen hatten<br />
die Tänze ihrer Nachbarländer<br />
kennen und schätzen gelernt. Die<br />
„geselligen Tänze“ wurden europaweit<br />
populär. Es waren Tänze,<br />
entwickelt aus den Überlieferungen<br />
der europäischen Regionen,<br />
die leicht zu erlernen waren und<br />
sich klar unterschieden von den internationalen<br />
Gesellschaftstänzen,<br />
aber auch von den figurenreichen<br />
Volkstänzen. Sie umfassten einen<br />
Tanzkanon mit einfachen Schritten<br />
und Formen, der in verschiedenen<br />
Gruppen und bei kleinen und großen,<br />
nationalen und internationalen<br />
Tanzfesten gepflegt wurde.<br />
Ilse Tutt lernte bei den „Festlichen<br />
Tagen Deutscher Jugend“ 1957 in<br />
Münster in Westfalen Gerhard Stahl<br />
und die Gruppe der „Arbeitsgemeinschaft<br />
Sing-, Tanz- und Spielkreise<br />
in Baden-Württemberg“,<br />
sowie die Tanzgruppe „Tamburin“<br />
mit Hannes Hepp kennen. In jenen<br />
Jahren trafen sich in Westdeutschland<br />
noch Tanzfreunde der verschiedenen<br />
Tanzrichtungen zum<br />
gegenseitigen Kennenlernen und<br />
zu gemeinsamen Festen.<br />
Sie veranlasste beide Gruppen zum<br />
damals noch gesamtdeutschen<br />
Volkstanzfest der DDR in Rudolstadt<br />
in Thüringen zu kommen und auch<br />
dort das Tanzen nicht für Bühnenvorführungen,<br />
sondern zu Tanzfesten<br />
populär zu machen. Die politische<br />
Festlegung, ´Volkstanz gehört<br />
auf die Bühne´, und die Isolierung<br />
der Tanzpflege in der DDR wurden<br />
so unterwandert. Dem Misstrauen<br />
der offiziellen Aufpasser entging<br />
allerdings nicht, dass bei diesen gesamtdeutschen<br />
Begegnungen auch<br />
Ideen des weltoffenen Westeuropas<br />
in die DDR einsickerten und sich der<br />
gewünschte Propagandaerfolg für<br />
die DDR nicht erreichen ließ – im<br />
Gegenteil. So war eine zunehmend<br />
radikalere Abschottung nach Westen<br />
erkennbar und der 13. August<br />
1961 für aufmerksame Beobachter<br />
vorauszuahnen.<br />
In Koblenz baute Ilse Tutt sich ab<br />
1961 einen neuen Lebensmittelpunkt<br />
auf, auch hier wieder mit<br />
vielfältigen Tanzaktivitäten, für<br />
die die Volkshochschule den Rahmen<br />
bot. Die späten 60er Jahre<br />
brachten große Veränderungen auf