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Aktuelle Ausgabe - Strahlen des Lichts

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Erscheinungen im Stein: Trug,Schein, Show oder Ausdruck natürlicherBeziehungen?Als ich in Erfurt den Künstler undBildhauer Marco Pogacnik auf einergeomantischen Erkundungdurch die Stadt begleitete, gabmir eine Äußerung von ihm sehrzu denken. Manchmal, sagte er,zeigen sich Naturgeister in ihremjeweiligen Element den Augen derMenschen zumin<strong>des</strong>t in Andeutungen.Ein paar Schritte späterhielt die Gruppe an einer Baugrube.Ein Teilnehmer sprang hinein undkam mit einem schon etwas ramponiertenPlastikzwerg zurück, den erdem verblüfften Marko zur Deutungüberreichte.Bei Spaziergängen in der Naturbeobachtete ich von da an meineUmgebung genauer. Wenn ichglaubte, eine Spur eines Angehörigen<strong>des</strong> verborgenen Volkes zusehen, zückte ich meine Kamera,fragte mein „Gegenüber“ um Erlaubnisund drückte ab. Zu meinerFreude sah ich manchmal auf dementwickelten Foto tatsächlich „etwas“.Gab ich dann der in uns allenvorhandenen Tendenz nach, auchim scheinbar Unbelebtem bekannteMuster zu finden, schienen diefotografierten Steine durchaus eineindividuelle Persönlichkeit und eineneigenen Charakter zu zeigen.Oft bekam ich einen Hinweis, mitwem ich es zu tun hatte und wie diemomentane Verfassung undBefindlichkeit der Steinfreunde war.Wenn ich mit Kindern unterwegswar, war ich erstaunt, mit welcherBegeisterung sie sich auf ein solchesSuchspiel einließen. Pädagogenfragen sich mittlerweile, ob eineanimistisch-assoziative Naturdeutungbei Kindern nicht einen besseren,weil affektiv besetzten Zugangzu Naturphänomenen schafft alsExternsteineeine Distanz erzeugende, naturwissenschaftlich-unbarmherzigeFormulierung, die einen Zwang zurVerdinglichung unserer Umwelt herstelltund zur Entfremdung von derNatur führt. In der Vergangenheitgalt in Schulen, in der Berufsausbildungund an der Universität dieBeseelung der Natur in Beschreibungenals unerwünschte subjektiveund romantisch-naive Wertung.Die Natur aber als Ding, als Sachezu sehen, fördert, wie die Menschheites gerade erlebt, die Zerstörungder Erde und ihres Ökosystems mitSiebenmeilenstiefeln und sieht denMensch als isoliertes Gegenüberund nicht als eingeflochtenen Teil<strong>des</strong> Netzwerkes Natur.„Nur was ich schätze, bin ich bereitzu schützen“, stellte der renommiertePädagoge Ulrich Gebhardbei einer Tagung fest. „AnthropomorpheInterpretationen erweisensich - jedenfalls bei Kindern - alseine zentrale Argumentationshilfebei dem Versuch, den Umgangmit nichtmenschlichen Objekten imallgemeinen und Naturobjekten imbesonderen ethischen Kriterien zuunterziehen. Die Natur wird aufgrundder anthropomorphen Interpretationnicht ausschließlich alsnichtmenschlicher Objektbereichangesehen. Menschliche Maßstäbewerden auf diese Weise auch zuMaßstäben im Umgang mit Naturobjekten.Oder zugespitzt formuliert:Auf diese Weise wird der menschlicheNaturbezug ein humaner.“In Workshops zeigte ich, anfänglichetwas zögerlich, meine „Porträtstudien“über den Beamer. Zu meinemErstaunen identifizierten die Teilnehmerohne mein Zutun die jeweiligenWichte. Außerdem erkanntensie auf den Bildern weitere „Geisterchen“,die mir vorher gar nicht aufgefallenwaren.Manchmal kann man auf Felswändenganze „Ahnengalerien“ vonSteinwesen beobachten, so z. B.auf der Felsengruppe der Wilhelmsteineim Scheldewald (Hessen),auf einer Felswand auf dem Wegvon Bad Bertrich zur Antoniusruham Ursbach, auf den Felswändenüber Gondo, einem Schweizer Ortan der Grenze zu Italien, oder aufdem Munder Stein im Wallis. Jenach Tageszeit und Licht entstehenimmer neue Konfigurationen für dasanthropomorphisierende Auge. DenMenschen früherer Jahrhundertekam das wie das magische Gaukelspielunterirdischer Mächte vor.Kleine Leute, „Zwergli“, sollen imMunder Stein leben, heißt es dennauch in alten Überlieferungen. Undder Teufel, der ja als Erzeuger für allerleiTrugbilder hinlänglich berüchtigtist, soll auch schon mal seineKrallen an ihm gewetzt haben. DieSage erzählt:„Einst trug der Teufel aus RacheFoto: Uschi Pawlak (pixelio.de)10 <strong>Strahlen</strong> <strong>des</strong> <strong>Lichts</strong> 2013-4

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