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Download program - Münchner Philharmoniker

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8Friedrich Cerha: Konzert für Schlagzeugund ab 1956 die seriellen Techniken der Avantgardezu Ausgangspunkten für selbstständigeEntwicklungen („Relazioni fragili“, „Espressionifondamentali“, „Intersecazioni“).Mit den „Mouvements“ und dem „Spiegel“-Zyklus (1960/61) hat sich Cerha eine von traditionellenFormulierungen gänzlich freie Klangsprachegeschaffen. Diese Klangsprache unterscheidetsich von scheinbar Ähnlichem in gleichzeitigund unabhängig davon entstandenen Werkenvon Ligeti oder Penderecki vor allem dadurch,dass nachvollziehbare Entwicklungsvorgängeeine entscheidende Rolle spielen und im Vereinmit nicht-linearen Prozessen formale Zusammenhängestiften; diese lassen das Gesamtwerkzu einem kohärenten System, zu einer Art Kosmoswerden.Im bisher auf der Bühne nicht realisierten„Welttheater“-Konzept zu den „Spiegeln“ entsprechenVerhaltensweisen der „Masse Mensch“den Vorgängen in musikalischen Massenstrukturen.Im Bühnenstück „Netzwerk“ wechselndie Perspektiven zwischen Massenreaktionenund wie unter dem Mikroskop herangezogenenIndividualbereichen. Stilistisch und strukturellregressive Elemente brechen in eine puristischeKlangwelt ein und schaffen komplexe Verhältnissevon Störung und Ordnung in einem Organismus,der dem Bild von der Welt als „vernetztesSystem“ entspricht.Nach einer Reihe von Instrumentalwerken, diedirekten Bezug auf historische Idiome nehmen(„Curriculum“, „Sinfonie“), sind in der Oper„Baal“ (1974–80) alle bisher erreichten Strukturformennahtlos ineinander verwoben. DerEinzelne tritt nun provokant ins Zentrum desInteresses, aber die Palette reicht von „Spiegel“-ähnlichen Klangfeldern, die für Urgrundhaftesstehen, bis zu ziemlich eindeutig artikuliertenmelodisch-harmonischen Gestalten, in denensich das Individuum äußert. In der Oper „DerRattenfänger“ (1984–86) werden zusätzlich polyrhythmischeBildungen mit leitmotivischer Bedeutungfür Aufruhr und Unruhe eingesetzt.Eine Wiederaufnahme von Auseinandersetzungenmit verschiedenen Formen von Folklore, dieschon in Cerhas Frühwerk eine Rolle spielte,bezieht sich in kleineren Arbeiten wie den „Keintaten“(nach Ernst Kein) und „Chansons“ (nachTexten der Wiener Gruppe) auf eine Stilisierungund Verfremdung des Wiener Idioms. In denzum Teil mikrotonalen Streichquartetten verstärkenhingegen Einflüsse aus außereuropäischerMusik die Tendenzen zu polyrhythmischenund polymetrischen Bildungen, die auch in anderenStücken wie etwa der „Langegger NachtmusikIII“ oder den „Quellen“ eine Rolle spielen.Jüngere und jüngste Werke wie das Schlagzeugkonzertfür Martin Grubinger bestätigen, dass esauch im Alter Cerhas vordringlichstes Interessebleibt, die unermessliche Vielfalt der heutigenErfahrungswelt in komplexen musikalischen Organismenzu verarbeiten und zu bewältigen.

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