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SFT 12/84 - Science Fiction Times

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18<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> <strong>Times</strong> <strong>12</strong>/19<strong>84</strong>und Filmregisseur immer dann in seinemElement, wenn er historische Weltbilderund Kulturbereiche auf die Gegenwartabbildet. Aus dem Blick durch dieSchablone auf die Schablone erwächstein subtiler Sprachwitz, eine spöttische,pointierte Stichelei gegen gedanklicheund philosophische Archaismen unsererZeit, die vor Jah~hunderten noch überwundenwaren. Der lachende Gewinnerist der Leser, der, ob jugendlich odererwachsen, an der unbeschwerten Denkweiseder wachen Welt seinen Spaß habenwird. Allein der indirekte Kommentarzu allen hyperverklemmten Wahremgeistiger Reinheit, die der Schutz der Jugendnicht mehr schlafen läßt - aus deutscherGnomen-Tradition entnommen,garantiert kulturecht und bestechendpräzis überliefert: „Wenn keine Elfenkommen“, der Gnom hob bedauernddie Schultern, „dann geht‘s halt in dieVideo-Show.“„Was?“ fragte Berthold verwundert,„sowas gibt es hier auch?“„Warum nit“, kicherte der Gnom, „istdoch lustig!“Das findet auchMichael AdrianIrene FleissDIE LEIBW ÄCHTERIN UND DERMAGIERFrankfurt/Maiß 19<strong>84</strong>, Medea Frauenverlag,223 S., DM 19,80Das Konzept selbst ist so alt, daß esschon zahlreichen der Geschichten zugrundelag,die wir heute als Volksmärchenkennen, aber auch die moderneSF- und Fantasy-Literatur bedient sichdankbar zum Transport ihrer ‚messages‘der Reise. Einer muß eine langeFahrt antreten, große Strecken zurücklegen,um einen Auftrag zu erftillen,seine Bestimmung zu finden oder zuerftillen. Sein Weg ist ein gefahrvoller,mühseliger, die Gefahren sind gewaltig,doch er ist reinen Herzens, unschuldigund dadurch unverletzlich. Stets findeter sein Ziel und damit - gereift, weisergeworden durch die Erlebnisse in dersinnlicherfahrenen Welt - zu sich selbst.Hinter der äußeren Handlung steht derWechsel vom beeinflußbaren Kind zumbeeinflussenden Erwachsenen, zu dem,was wir ‚Persönlichkeit‘ nennen. Einensolchen Entwicklungsroman hat auch die1958 in Wien geborene Irene Fleiss, mitihrem ersten Buch DIE LEIBWÄCH-TERIN UND DER MAG IER geschrieben.Dem jungen Magier Calar ist einGroßteil seiner übersinnlichen Kräftegenommen worden, da er beschuldigtwird, sie zum Schaden einiger Untergebenerbenutzt zu haben. Um sich zurehabilitieren, muß er einen Kontinentdurchqueren, den ‚Rat der Magier‘ aufsuchenund dort seine Sa,che vortragen.Zu seinem Schutz engagiert er die LeibwächterinAlerne, denn ein mächtigerWidersacher ist nicht daran interessiert,ihn seinen Ziel ort erreichen zu lassen.Die aus Alemes Sicht geschilderte Handlungendet - im Märchen kann es andersnicht sein - mit einem Happy End für diebeiden Protagonisten, doch ist es. durchausnicht ungetrübt.überhaupt verstehtes Fleiss, dieser ach so vertrauten Geschichtenoch neue, originelle Facettenabzugewinnen. Die CharakterisierungenAlemes und Calars etwa verkehren dieKlischees der Rollenverteilung der Geschlechter,die vor allem in der Fantasybis zum Exzeßpropagiert werden, in ihrGegenteil: hier ist es die Frau, die denaktiven, ‚starken‘ Part spielt, und es istder Mann, der von ihrer Tatkraft abhängt,ohne sie sich nicht zu helfen wüsste.Beide aber lernen sich im Verlaufihrer Reise nicht nur kennen und lieben,sie beginnen auch, ihre Verhaltensweisenzu ändern, aufeinander einzugehenund sich so aus ihrer Selbstbezogenheitzu lösen, die Welt neu - durch die Augendes anderen - zu sehen. So sehr das Buchauf dieser persönlichen Ebene ‚stimmt‘,so wenig funktioniert es dort, wo es umdie Erklärung der Außenwelt geht, in derdie Fahrt sich abspielt. Diese Welt bleibt- und die beigefügte Karte ändert daranwenig - seltsam vage und farblos. Diezahlreichen, liebevoll geschilderten Detailsfügen sich zu keinem „Welt-Bild‘zusammen - ganz im Gegenteil werdendie ökonomischen Grundlagen der zupassierenden Millionenstädte, derer esin dieser feudalistisch-agraisch organlSlertenGesellschaft einfach zu viele gibt,. z. B. nicht plausibel. Auch empfindetman die zu bewältigenden Bedrohungenkaum einmal als wirklich bedrohlich,und einige ‚action‘ -Szenen scheinenunnötig aufgesetzt. Wenn trotzdem voneinem gelungenen Debut gesprochenwerden kann, so liegt das an der Sympathieder Verfasserin für ihre Figuren, dieden Roman ‚ über seine Schwachstellenhinwegrettet. Eine anregende Lektüre,not for women only.Walter Udo Everlien

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