Krug & Hanel (1976)
Krug & Hanel (1976)
Krug & Hanel (1976)
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Themen heute<br />
� Kurze Wiederholung: Selbstbestimmungstheorie &<br />
Korrumpierungseffekte<br />
� Flow-erleben<br />
� Motivationsförderung im Unterricht: Programme und<br />
deren Effekte<br />
1
Vorlesung<br />
Bildungspsychologie II<br />
SoSe 2008<br />
PD Dr. Haci-Halil Uslucan<br />
Die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan<br />
� Das Bedürfnis nach Autonomie<br />
� Das Bedürfnis nach Kompetenzerleben<br />
� Das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit<br />
2
Vorlesung<br />
Bildungspsychologie II<br />
SoSe 2008<br />
PD Dr. Haci-Halil Uslucan<br />
Die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan<br />
� Der Korrumpierungseffekt.<br />
Praktisch bedeutsame Frage:<br />
Wieweit können Massnahmen zur Förderung der<br />
extrinsischen Lernmotivation bereist bestehende<br />
intrinsische Motivation beeinträchtigen oder sogar<br />
ganz zum Verschwinden bringen können?<br />
3
Vergleich der drei Metaanalysen - Freie<br />
Auswahl des Verhaltens<br />
Alle Belohnungen<br />
verbale<br />
materielle<br />
unerwartete<br />
erwartete<br />
Abhängigkeit von der<br />
Vollendung<br />
Leistungsabhängigkeit<br />
Unabhängigkeit von<br />
der Aufgabe<br />
Abhängigkeit vom<br />
Engagement<br />
Eisenberger &<br />
Cameron, 1996<br />
- 0.04<br />
0.38<br />
-0.21<br />
0.01<br />
-0.25<br />
-0.12<br />
-0.13<br />
-0.29<br />
Deci & Ryan, 1999<br />
-0.24<br />
0.33<br />
-0.34<br />
0.01<br />
-0.36<br />
-0.44<br />
-0.18<br />
-0.14<br />
-0.40<br />
Cameron et al,<br />
2001<br />
-0.09 (-0.08)<br />
0.31<br />
-0.17<br />
-0.24<br />
-0.31<br />
-0.10<br />
-0.30<br />
4
Konzepte zu „intrinsischer“ vs. „extrinsischer“ Motivation<br />
A) allgemein (engl.)<br />
- intrinsic = innerlich, eigentlich, wahr<br />
- extrinsic = äußerlich, nicht dazu gehörend<br />
B) „mechanistische“ Konzepte von „intrinsisch“<br />
� nicht auf Triebreduktion oder Belohnung zurückgehend<br />
(Koch, 1956)<br />
� Suche nach optimalem Anregungsniveau/Arousal<br />
(physiologisch; Hebb, 1955)<br />
� Suche nach optimalen Inkongruenzen (kognitiv; Hunt,<br />
1965)<br />
� Suche nach optimalem Anregungsgrad<br />
(kognitiv und physiologisch; Berlyne, 1960)<br />
5
Konzepte zu „intrinsischer“ vs. „extrinsischer“ Motivation<br />
C) strukturelle Bestimmung von „intrinsisch“<br />
� nur um der ablaufenden Tätigkeit und nicht der<br />
Ergebnisse und Folgen willen (McReynolds, 1971)<br />
� Gleichthematik von Handlung, Ergebnis und Folgen<br />
(Heckhausen & Rheinberg, 1980)<br />
D) besondere Motivationsthematik<br />
� Suche nach Wirksamkeit- und Kompetenzgefühlen in der<br />
Tätigkeit (White, 1959)<br />
� Erleben kausaler Autonomie, Selbstbestimmung, „Originfeeling“<br />
(De Charms, 1968)<br />
� Selbstbestimmung und Kompetenzgefühle (Deci & Ryan,<br />
1987)<br />
� freudiges Aufgehen in der Tätigkeit; Flow-Erleben<br />
(Csikszentmihalyi)<br />
6
Kleine Selbsterfahrungsübung<br />
(2 min)<br />
Denken Sie bitte an ihr liebstes Hobby.<br />
Wie würden Sie jemandem<br />
erklären/beschreiben, was an diesem Hobby<br />
so faszinierend und anziehend ist, dass Sie<br />
es immer wieder gerne machen?<br />
7
Interview-Schema zur Erhebung von Tätigkeitsanreizen (Rheinberg)<br />
� Wie sind Sie an die Tätigkeit (T) geraten? Warum gerade diese?<br />
� Was war damals das Faszinierende daran? Was hat Sie damals<br />
angezogen?<br />
� Was macht Ihnen heute am meisten Spaß? Wie würden Sie das jemandem<br />
beschreiben/erklären, der T. überhaupt nicht kennt?<br />
� Welche Dinge machen sonst noch Spaß daran? (bei<br />
Verbalisierungsschwierig-keiten: Bei welchen anderen<br />
Gelegenheiten/Tätigkeiten kann man das so ähnlich erleben?)<br />
� Wenn sie sich auf die Tätigkeit vorbereiten: Worauf freuen Sie sich am<br />
meisten? Woran denken Sie dann?<br />
8
Interview-Schema zur Erhebung von Tätigkeitsanreizen (Rheinberg)<br />
� Als Sie mal länger aussetzen mussten (Krankheit, Urlaub, Berufsstress<br />
etc.), was haben Sie am meisten vermisst? Haben Sie T. dann manchmal<br />
in der Vorstellung/ Phantasie ausgeübt? Wie sahen diese Vorstellungen<br />
genau aus? Welche inneren Bilder haben Sie entstehen lassen?<br />
� Können Sie sich an einen optimalen Tag erinnern, wo alles super lief? Was<br />
war da besonders?<br />
� Wenn Sie T. mit anderen Aktivitäten vergleichen, was macht T. so<br />
besonders?<br />
� Gibt es Dinge, die zwar nicht Ihnen, aber anderen Personen an T. Spaß<br />
machen?<br />
9
Lebenslauf<br />
� Mihalyi Cziksentmihalyi: 1934 als Sohn einer<br />
ungarischen Familie in Italien geboren<br />
� Gastprofessor in Italien, Kanada,<br />
Brasilien, Finnland<br />
� Gegenwärtig: Direktor des Quality of Life<br />
Center und Professor für<br />
Unternehmensführung an der Claremont<br />
Graduate University in Kalifornien<br />
� Führender „Flow-forscher“<br />
10
Flow-Erleben<br />
(Csikszentmihalyi, 1975; Rheinberg, 1997, S. 142)<br />
� Das reflexionsfreie gänzliche Aufgehen in<br />
einer glatt laufenden Tätigkeit, die man trotz<br />
hoher Anforderungen unter Kontrolle hat.<br />
11
Elemente des flow Erlebnisses<br />
� Merkmal einer Person im flow-Zustand<br />
1. Sich seiner Handlung bewusst, aber nicht sich<br />
selbst � ungeteilte Aufmerksamkeit ;<br />
vollkommene Konzentration auf die Handlung<br />
� mit der Tätigkeit zusammen fließen<br />
Äußere Perspektive/ Ablenkung � Unterbrechung des Flow !!!<br />
z.B. : Fragen ... Mache ich meine Arbeit gut?<br />
...Was mache ich hier?<br />
... Sollte ich das wirklich machen?
Wann entsteht flow?<br />
�� Flow tritt meisten nur auf, wenn man :<br />
–Sich Sich fähig f hig fühlt f hlt die Aufgabe zumachen<br />
–Voll Voll-konzentiert konzentiert<br />
–Positives Positives Denken & nicht überfordert berfordert<br />
�� Beschreibung des Flow :<br />
–Ein Ein gutes Gefühl Gef hl<br />
– entspannt<br />
–Angenehm Angenehm & energievoll<br />
13
Komponenten des Flow-Erlebens<br />
1) Passung zwischen Fähigkeit und Anforderung auf hohem<br />
Niveau (Kontrolle unter optimaler Beanspruchung).<br />
2) Anforderungen und Rückmeldungen sind klar und ohne<br />
Interpretationsnotwendigkeit; eingegrenztes Stimulusfeld.<br />
3) Der Handlungsablauf ist glatt, folgt einer eigenen Logik.<br />
4) Die Konzentration kommt wie von selbst, nicht willentlich<br />
erzwungen.<br />
5) Zeiterleben stark verändert (meist vergeht Zeit viel zu<br />
schnell).<br />
6) Verschmelzen vom Selbst und Tätigkeit; kein bewußtes<br />
Erleben meiner Selbst mehr („tiefer Flow“); Aufgehen in<br />
der Tätigkeit.<br />
14
Abschalten, in der Tätigkeit aufgehen,<br />
Alltagsprobleme vergessen<br />
� „Das Wichtigste ist, sobald ich darauf sitze, ist alles weg - keine<br />
Probleme mit der Firma, den Kindern, nur fahren, fahren,<br />
fahren.“ (MOT)<br />
� „Abschalten: Man hat keinen anderen Gedanken im Kopf, ganz<br />
in der Tätigkeit aufgehen.“ (SURF)<br />
� „Abschalten, Abbau innerer Spannungen, Ausgeglichenheit,<br />
Zufriedenheit.“ (SKI)<br />
� „Störendes fällt weg: Wenn ich Musik mache, bin ich voll auf<br />
das, was ich spiele, konzentriert. Störende Gedanken, die<br />
Umwelt, ja sogar Schmerzen nehme ich nicht mehr wahr. Das<br />
ist ein angenehmer Zustand.“ (MUSIK)<br />
15
Freudiges Aufgehen im Tätigkeitsvollzug<br />
(Musik)<br />
� „Dahinfließen: Die Finger laufen übers Instrument,<br />
ganz leicht, fast ohne jede Mühe. Wenn dann die<br />
Melodien spannende Bögen schlagen, ineinander<br />
fließen, bleibt die Zeit stehen. Alles andere ist<br />
vergessen. Ich fließe mit der Musik dahin.“<br />
� „Lebensfreude: Oft, wenn ich Musik mache, freue ich<br />
mich einfach darüber, dass ich lebe. Ich habe dann<br />
ein besonderes Glücksgefühl.“<br />
16
Tabelle<br />
17
Anreizgruppen bei Freizeitaktivitäten<br />
(Motorradfahren, Skifahren, Surfen, Musizieren)<br />
� Selbstbewertung: Kompetenzzuwachs, Erfolgserlebnis,<br />
Stolz/Freude über eigenes Können<br />
� Fremdbewertung: Andere beeindrucken, Applaus,<br />
Überlegenheit<br />
� Objektbewertung: materialtechnische Kompetenz,<br />
Materialwissen, Materialbesitz<br />
� Identifikation, Selbstdefinition über die Tätigkeit<br />
� Genuss eines perfekten, harmonischen Bewegungsvollzuges<br />
� Abschalten, in der Tätigkeit aufgehen, Alltagsprobleme<br />
vergessen<br />
� Sinnliches Naturerlebnis<br />
18
� Alleinsein, bei sich sein können<br />
� Anstrengende Bewährung, Durchhalten, Selbstdisziplin<br />
� Erregung, Abenteuer, Nervenkitzel<br />
� Anschluss, Kameradschaft, Geselligkeit<br />
� anforderungsloser, spannungsfreier Freizeitgenuss<br />
� Selbstverwirklichung/-entfaltung im Schaffen (Musik)<br />
� Freudiges Aufgehen im Tätigkeitsvollzug (Musik)<br />
� innere Vorgänge erzeugen und erleben (Musik)<br />
19
Flow und Gefahrenbewusstsein<br />
� 93 % der Fahrer kennen Flow beim Motorradfahren<br />
(Ausnahme: 3 Novizen).<br />
� 88 % halten Motorradfahren im Allgemeinen für<br />
gefährlich.<br />
aber:<br />
� nur 12% halten speziell den Flow-Zustand für eine<br />
Gefahrenquelle. (→ Aufklärungsbedarf?)<br />
� 29 % geben an, im Flow ein geringes<br />
Gefahrenbewusstsein zu haben.<br />
Flow und Angst sind kaum vereinbar (r = - .61 mit<br />
„habe öfter Angst auf der Maschine“).<br />
20
Kategorien<br />
Flow-Elemente der Lieblingsstrecke<br />
1. Zweckfreiheit:<br />
Die Fahrt geschieht um ihrer selbst willen, hat keinen sonstigen Zweck.<br />
2. Optimale Beanspruchung und Kontrollerleben:<br />
Gefühl, den zügigen Ablauf voll im Griff zu haben; auf alle möglichen<br />
Anforderungen perfekt reagieren zu können.<br />
3. Verschmelzen:<br />
Völliges Aufgehen im Fahren; Untrennbare Einheit von Fahrer und<br />
Maschine; Gefühl von Glück und Harmonie; Erleben im Hier und Jetzt<br />
4. Glatter Wechsel von Aktion und Effekt:<br />
Anforderungen und Rückmeldungen sind unmittelbar klar; Rückmeldungen<br />
steuern ohne bewußte Kontrollinstanz die nächste Aktion. Dinge laufen flüssig<br />
„wie von selbst“.<br />
5. Konzentration und Zentrierung der Wahrnehmung:<br />
Fokussierung auf die unmittelbar wichtigen Reize; automatische Ausblendung<br />
aller anderen Wahrnehmungen/Gedanken; höchste und mühelose (!)<br />
Konzentration.<br />
6. Verlust der Selbstwahrnehmung<br />
Keine bewußte Wahrnehmung von mir als Handelndem mehr. Selbst und<br />
Handlung sind zeitweilig nicht mehr zu trennen.<br />
Häufigkeiten<br />
90%<br />
83%<br />
81%<br />
76%<br />
68%<br />
64%<br />
21
Zusammenhänge zwischen Flow-Intensität<br />
und selbsteingeschätztem Fahrstil<br />
Fahrstilmerkmale Zusammenhang mit Flow<br />
� fahre manchmal defensiv,<br />
manchmal etwas riskant<br />
� fahre immer defensiv (-)<br />
� bevorzugte Geschw. im<br />
Stadtverkehr<br />
� bevorzugte Geschw.<br />
außerhalb von Ortschaften<br />
� Anzahl von Stürzen und<br />
Unfällen<br />
0 .10 .20 .30 .40 .50 .60<br />
r=.32<br />
r=.-36<br />
r=.48<br />
r=.52<br />
r=.55<br />
22
hoch<br />
Anforderungen<br />
niedrig<br />
Der „Flow-Kanal“<br />
(Csikszentmihalyi, 1975)<br />
niedrig<br />
Angst<br />
F l o w<br />
Langeweile<br />
hoch<br />
Fähigkeit<br />
23
Erweiterung des „Flow-Kanals“<br />
24
Konzeptuelle und methodische Probleme der<br />
Flow-Forschung<br />
Folgen<br />
� Csikszentmihalyis Annahmen sind empirisch kaum zu<br />
bestätigen; Befunde zu individuellen Unterschieden<br />
bleiben rätselhaft.<br />
� Ausweichen ins konfabulatorisch „Philosophische“<br />
und in narrative (gut verkäufliche) Glücksbotschaften.<br />
� Der hoch interessante Kern des Flow-Phänomens<br />
bleibt im Dunklen und gerät zu Unrecht in Misskredit.<br />
25
Verbreitung von Flow-Erleben<br />
(Rheinberg, 1996)<br />
Nach Schilderung des Flow-Zustandes, wurden N =59 Probanden<br />
(16 J.-65 J.) nach dem Auftreten von Flow befragt.<br />
Zustimmungshäufigkeit<br />
(%)<br />
1. Kenne ich nicht und kann ihn mir auch nur schwer 0,0<br />
vorstellen<br />
2. Habe ich selbst noch nicht erlebt, kann mir aber etwas 3,4<br />
darunter vorstellen<br />
3. Habe ich früher schon erlebt, jetzt aber nicht mehr 8,5<br />
4. So etwas kenne ich von mindestens einer der Aktivitäten, 88,1<br />
die ich im letzten halben Jahr gemacht habe<br />
26
Verbreitung des Flow-Erlebens in Deutschland (1995 - 2000)<br />
Allensbach; repräsentative Stichproben je 20 Td per anno<br />
� „Kennen Sie das: Wenn Sie in eine Tätigkeit<br />
so vertieft sind, dass alles andere völlig<br />
bedeutungslos wird und Sie die Zeit völlig<br />
vergessen?“<br />
Häufigkeiten in %<br />
� Ja, das erlebe ich öfter 25<br />
� Ja, das erlebe ich ab und zu. 40<br />
� Ja, das kenne ich, erlebe es nur selten. 24<br />
� Nein, das kenne ich nicht. 10<br />
27
Tätigkeitsbereiche, in denen Flow erlebt wird<br />
(N = 59, freie Nennungen)<br />
TÄTIGKEITSBEREICHE<br />
geistig produktiv<br />
geistig rezeptiv<br />
Sport (indiv. 44; Mannschaft 18)<br />
sozial interaktiv (sprachl. 52;<br />
körper. 8)<br />
handwerklich/künstlerisch<br />
Spiel/Entspannung<br />
Routinetätigkeit<br />
0<br />
8<br />
13<br />
Anteil tiefer Flow in %<br />
Nennungshäufigkeit<br />
17<br />
20<br />
24<br />
23<br />
44<br />
47<br />
62<br />
60<br />
82<br />
84<br />
99<br />
0 20 40 60 80 100
Aktivitäten mit maximalem und minimalem<br />
Flow (ESM-Studie)<br />
Tätigkeiten N Flow (M) Sorge (M)<br />
(a) max.<br />
Sex/Intimität 6 6,33 1,17<br />
Sport treiben 16 6,26 2,94<br />
Musizieren 12 6,03 1,25<br />
(b) min.<br />
gehen 12 4,07 1,64<br />
warten 21 3,91 2,91<br />
sinnieren 4 3,61 2,90<br />
29
Die 10 Flow-Items der Flow-Kurzskala FKS<br />
(Rheinberg & Vollmeyer, 2001)<br />
1 Ich fühle mich optimal beansprucht.<br />
2 Meine Gedanken bzw. Aktivitäten laufen flüssig und glatt.<br />
3 Ich merke gar nicht, wie die Zeit vergeht.<br />
4 Ich habe keine Mühe, mich zu konzentrieren.<br />
5 Mein Kopf ist völlig klar.<br />
6 Ich bin ganz vertieft in das, was ich gerade mache.<br />
7 Die richtigen Gedanken/Bewegungen kommen wie von<br />
selbst.<br />
8 Ich weiß bei jedem Schritt, was ich zu tun habe.<br />
9 Ich habe das Gefühl, den Ablauf unter Kontrolle zu<br />
haben.<br />
10 Ich bin völlig selbstvergessen.<br />
30
Drei Skalen zur Einschätzung der<br />
Anforderungspassung im FKS<br />
leicht schwer<br />
Verglichen mit allen anderen Tätigkeiten, die<br />
ich sonst mache, ist die jetzige Tätigkeit...<br />
Ich denke, meine Fähigkeiten auf diesem<br />
Gebiet sind...<br />
Für mich persönlich sind die jetzigen<br />
Anforderungen...<br />
niedrig hoch<br />
zu<br />
gering<br />
gerade<br />
richtig<br />
zu<br />
hoch<br />
31
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
• Eine Möglichkeit: erfolgreiche Praktiker über lange Zeit zu<br />
beobachten und aus ihrem unterrichtlichen Vorgehen<br />
spezifische „Motivierungstipps! ableiten.<br />
• etwas heterogen und theoretisch ungesichert, könnte aber<br />
ihren Zweck erfüllen.<br />
• Eine andere Möglichkeit: aus den bisherigen Befunden der<br />
Motivationspsychologie Implikationen für die Praxis ableiten.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Beobachtung menschlicher (freiwilliger) Tätigkeiten zeigt:<br />
Menschen widmen sich weder dem äußerst Schwierigen noch dem<br />
völlig Einfachen und gänzlich Beherrschten;<br />
Vielfach sind sie von dem gerade noch Machbaren angezogen;<br />
d.h. Aufgaben mittlerer Schwierigkeiten motivational besonders<br />
anziehend.<br />
Also:<br />
Nach den ersten Balanceakten auf einer Mauer sich nicht gleich<br />
als Hochseilartisten versuchen, sondern vielleicht eine etwas<br />
schmaleres Geländer aussuchen.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Drei Bezugsnormen relevant:<br />
1) Sachliche Bezugsnorm: Kommt der angestrebte Effekt<br />
zustande oder nicht? Anforderung erfüllt oder nicht?<br />
2) Individuelle Bezugsnorm: Vergleich der jetzigen Leistungen<br />
mit früheren Leistungen: Wie bin ich jetzt und wie war ich<br />
früher?<br />
3) Soziale Bezugsnorm: Vergleich der eigenen Leistungen mit<br />
den Resultaten anderer. Wie bin ich im Vergleich mit meinem<br />
Nachbarn?
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Wirksame Trainingsmaßnahmen:<br />
• an der Präferenz für mittelschwere Aufgaben,<br />
•<br />
• an der Tendenz der Bewertung der Leistung an<br />
individuellen Bezugsnormen,<br />
• an einem selbstwertstützendem Attributionsstil<br />
• dem Erleben von Selbstverantwortlichkeit orientiert.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
<strong>Krug</strong> & <strong>Hanel</strong> (<strong>1976</strong>) Training mit 30 Grundschülern der 4. Klasse:<br />
16 ein- bis zweistündige Trainingssitzungen außerhalb des regulären<br />
Unterrichts;<br />
Ausgewählte Schüler waren misserfolgsmotiviert, hatten aber einen IQ<br />
von mind. 80 und sie hatten schlechte Schulleistungen.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
<strong>Krug</strong> & <strong>Hanel</strong> (<strong>1976</strong>) Training mit 30 Grundschülern der 4. Klasse:<br />
Zunächst Übung mit schulfernem Material:<br />
Geschicklichkeitsspiele: Ballwerfen etc.<br />
Konkret sieht das wie folgt aus:<br />
1. Der Schüler legt fest, aus welcher Entfernung er werfen will und<br />
wie viele Treffer er schaffen will (Zielsetzung);<br />
2. Nach jeder Wurfserie ankreuzen, ob sein Abschneiden für ihn<br />
Erfolg oder Misserfolg bedeutet und wie sehr er sich über das<br />
Ergebnis freut (Selbstbewertung),<br />
3. Dann fragt der Trainer ihn, woran sein Erfolg/Misserfolg gelegen<br />
hat (Kausalattribution) und was er in der nächsten Wurfserie<br />
tun möchte.<br />
4. Im Anschluss daran: neue Zielsetzung des Schülers.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
<strong>Krug</strong> & <strong>Hanel</strong> (<strong>1976</strong>) Training mit 30 Grundschülern der 4. Klasse:<br />
Ziel: günstige Bewertungsprozesse erlernen.<br />
Trainer diente dabei als Modell:<br />
• äußerte die relevanten Kognitionen laut;<br />
• machte Überlegungen zur Zielsetzung,<br />
• verbalisierte nach Erfolg und Misserfolg die<br />
Ursachenzuschreibung und<br />
• zeigte deutliche Selbstbewertungsreaktionen wie Freude oder<br />
Ärger.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
<strong>Krug</strong> & <strong>Hanel</strong> (<strong>1976</strong>) Training mit 30 Grundschülern der 4. Klasse:<br />
Beispiel:<br />
1. Monster<br />
2. Das Monster<br />
3. Das hungrige Monster<br />
4. Das hungrige Monster frisst<br />
5. Das hungrige Monster frisst morgens<br />
6. Das hungrige Monster frisst morgens meistens<br />
7. Das hungrige Monster frisst morgens meistens Kekse
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
<strong>Krug</strong> & <strong>Hanel</strong> (<strong>1976</strong>) Training mit 30 Grundschülern der 4. Klasse:<br />
Der Schüler legt auf seinem Arbeitsblatt fest, welchen<br />
Schwierigkeitsgrad er schaffen will (1-7);<br />
Ziel: Satz vollständig erinnern und fehlerfrei in etwa drei Minuten<br />
schreiben.<br />
Dann wird die Satzfolie 10 Sekunden lang auf dem Projektor gezeigt.<br />
Anschließend: Ergebniskontrolle mit der Folie.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
<strong>Krug</strong> & <strong>Hanel</strong> (<strong>1976</strong>) Training mit 30 Grundschülern der 4. Klasse:<br />
In standardisierten Testsituationen zeigte sich:<br />
Zielsetzungsverhalten der trainierten Schüler war realistischer, ihre<br />
Ursachenerklärung motivational günstiger und ihre<br />
Selbstbewertung im Erfolgsfall positiver.<br />
Auch ihr Leistungsmotiv änderte sich in Richtung Erfolgsmotivation;<br />
die Misserfolgsmotivation bzw. Furcht vor Misserfolg nahm ab.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
<strong>Krug</strong> & <strong>Hanel</strong> (<strong>1976</strong>) Training mit 30 Grundschülern der 4. Klasse:<br />
Aus diesen Befunden sind Kriterien für den Einsatz von<br />
Motivtrainingselemente im Unterricht abgeleitet worden:<br />
1. Unterrichtsmaterial bzw. Aufgaben so transformieren, dass sie ein<br />
eindeutiges Ergebnis haben: richtig oder falsch; und dass diese auch<br />
vom Schüler selbst festgestellt werden kann.<br />
2. Aufgaben sollten deutlich erkennbare Schwierigkeitsstaffelungen<br />
haben; sie sollten klar abgestufte Grade der Ausführungsgüte<br />
erkennen lassen.<br />
3. Erfolg und Misserfolg sollten teilweise von den eigenen<br />
Anstrengungen oder anderen kontrollierbaren Faktoren<br />
(Konzentration, Arbeitsweise etc.) abhängen.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
<strong>Krug</strong> & <strong>Hanel</strong> (<strong>1976</strong>) Training mit 30 Grundschülern der 4. Klasse:<br />
4. Die Bearbeitung sollte nicht allzu lange sein, damit die Beziehung<br />
zwischen Zielsetzung, Arbeitseinsatz und Ergebnis als Einheit<br />
überschaubar und auch mehrfach durchlaufbar werden.<br />
5. Die Schülern sollten mit den Aufgaben soweit vertraut sein, dass<br />
sie die Schwierigkeitsgrade für sich selbst einschätzen können<br />
und die Aufgaben selbstständig bearbeiten können.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Problematisch: wenn Lerner feststellen, dass trotz großer<br />
Bemühungen kein sichtbarer Erfolg sich einstellt oder nur sehr<br />
zögerliche Verbesserungen vorhanden sind;<br />
die eigenen Fähigkeiten sind noch schlechter als ursprünglich<br />
angenommen;<br />
Bemühungen werden gänzlich eingestellt.<br />
Deshalb als Konsequenz:<br />
Motivationstrainings gleichzeitig mit Kompetenztrainings verbinden +<br />
Lernenden auch erfolgreichere Lernstrategien an die Hand geben!
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Rheinberg und Schliep (1985):<br />
Kombination eines Programms zur Kompetenzenförderung mit<br />
einem Programm zur Motivationsförderung bei außergewöhnlich<br />
rechtschreibschwachen Schülern.<br />
Trainingsinhalt:<br />
Ein Rechtschreibprogramm, bei dem die zu lernenden<br />
Grundmorpheme nach ihrem empirisch ermittelten<br />
Schwierigkeitsgrad gestaffelt waren.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Rheinberg und Schliep (1985):<br />
Trainingskonzeption: Lernerfolge schnell erzielbar;<br />
Schüler erlebten rasche Verbesserung ihrer<br />
Rechtschreibkompetenzen;<br />
die Attributionsstrategien bezogen sich auf gezeigte Leistungen;<br />
aufgrund der Erfolge konnten eher günstigere Attributionsstrategien<br />
verwendet werden.<br />
Evaluation: noch günstigere Effekte im Vergleich zu herkömmlichen<br />
Förderunterricht
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Im Schulkontext Einsatz von externalen Verstärkern dann<br />
gerechtfertigt, wenn Schüler von sich aus keine intrinsische<br />
Motivation zeigen und sich selbst nur sehr geringe Fähigkeiten<br />
zuschreiben.<br />
Bsp. für externe Verstärker (Token (Münzen, Chips)-programme,<br />
die eingetauscht werden gegen interessante Aktivitäten,<br />
Gegenstände etc.)<br />
Tokenprogramme jedoch nur dann anwenden, wenn Schüler eine<br />
Lernhandlung durchführen sollen, die sie andernfalls vermeiden<br />
würden.<br />
Sonst: Gefahr der Abhängigkeit von externen Verstärkern; die<br />
Tätigkeit wird sobald unterlassen, wenn Belohnung entzogen wird.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Token-programm in einer Haftanstalt mit kriminellen Jugendlichen<br />
(Cohen):<br />
85 % Schulversager; Haftstrafen wegen Autodiebstahl, Einbruch,<br />
Vergewaltigung oder Mord<br />
Programm: Punkte für erzielte schulische Leistungen, die dann<br />
gegen materielle Güter (Bücher, Zeitschriften, Extra-Bekleidung<br />
etc.) oder Dienstleistungen (Freizeit, Einkaufen gehen in der Stadt<br />
etc.) eingetauscht werden konnten.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Zu Beginn des Programms: „Einkaufen“ in das Training mit<br />
einer bestimmten Punktezahl;<br />
„Abbezahlen“ der Punkte bevor Punkterwerb<br />
Trotz dieses enorm schwierigen Klientels: Leistungszuwächse<br />
bis zu 30 oder 40 % in den Naturwissenschaften, Mathematik<br />
und auch Sozialkunde.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Wirksamkeit von Token-programmen: Bedingungen :<br />
1. Eine Tätigkeit macht in sich Freude, ist jedoch von außen<br />
nicht erkennbar;<br />
Ziel der Verstärker: Person dazu bringen, diese Tätigkeit erst<br />
einmal überhaupt in Angriff zu nehmen.<br />
Bei interessant erlebter Tätigkeit:<br />
Funktion einer „Initialzündung“, von der aus sich<br />
überdauernde Tätigkeitspräferenzen ergeben können.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Wirksamkeit von Token-programmen: Bedingungen :<br />
2. Verstärker als Anreiz, um bestimmte Phasen zu überbrücken;<br />
bei Tätigkeiten, die erst ab einem bestimmten<br />
Behrrschungsgrad Spaß machen und lustvoll erlebt werden<br />
(Musik, Sport);<br />
Verstärker haben hier die Funktion, dass die Person lang<br />
genug „bei der Stange bleibt“, bis sie ein bestimmtes<br />
Kompetenzlevel erreicht hat.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Wirksamkeit von Token-programmen: Bedingungen :<br />
3. Verstärker dann sinnvoll, wenn eine Person sich unrealistischer<br />
Weise etwas nicht zutraut;<br />
durch massive Belohnung kann sie zur Ausführung der Tätigkeit<br />
veranlasst werden.<br />
Sofern erfahren wird, dass die Tätigkeit doch nicht so<br />
abschreckend bzw. zu schaffen ist, wird sie die Tätigkeit auch<br />
von sich aus in Angriff nehmen.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Schulkontext:<br />
Wie kann der Lehrer Neugier wecken?<br />
Neugier entsteht, wenn Menschen mit Situationen konfrontiert<br />
werden, die ein mittleres Maß an<br />
Neuigkeit,<br />
Überraschung<br />
oder Unsicherheit enthalten.<br />
Situationen, die sich nicht ganz mit den bisherigen<br />
Wissensinhalten decken bzw. mit bisherigen Erfahrungen nicht<br />
vereinbar sind und diese in „mittlerem Grade“ in Frage stellen.
Schulkontext:<br />
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Neugier vereint zwei gegensätzliche Tendenzen:<br />
Situationen, die Unbekanntes enthalten, ziehen Menschen einerseits<br />
an, anderseits sind wir auch bestrebt, uns davor zu distanzieren,<br />
weil das Unbekanntes gefährlich werden kann;<br />
je nachdem, welcher der Impulse die Oberhand gewinnt, wird man<br />
sich entweder dem Neuen widmen oder das Neue ablehnen.
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Schulkontext:<br />
In Unterrichtssituation insbesondere in der Einstiegsphase<br />
statt nüchterne Informationen über den Stoff, möglichst<br />
viel Kontextinformationen einfließen lassen (Brophy, 1987):<br />
Unterrichtsinhalte so konzipieren, dass darin Erfahrungen,<br />
Geschichten, Probleme vorkommen, die der Schüler in<br />
seine Lebenswelt übersetzen kann und die damit in<br />
Beziehung stehen.
Schulkontext:<br />
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
In Fächern wie Geografie, Geschichte, Sozialkunde etc.:<br />
durch Fragebogen Informationen über Interessen, Kenntnisse der<br />
Schüler einholen (wer z.B. in welchem Land war, welche Hobbies<br />
hat etc.)<br />
diese in die Konzeption des Unterrichts einfliesen lassen, um<br />
Bekanntheit und dadurch Interesse zu wecken. (z.B. das Projekt<br />
„Jasper Woodbury“).
Wie kann die Lernmotivation noch gefördert werden?<br />
Schulkontext:<br />
Statt an einer sozialen Bezugsgruppe mit<br />
Leistungsrückmeldung über Notengebung zu orientieren:<br />
stärker an Lernzielen orientieren.<br />
Deshalb solche Aufgaben stellen, die Schüler bei<br />
Anstrengung, unabhängig von ihrem Begabungs- und<br />
Fähigkeitskonzept haben, lösen können.<br />
Mit erfolgreicher Bearbeitung steigt die eigene Kompetenz<br />
(vergleichbar die Beschäftigung mit sportlichen Übungen, bei<br />
der mit steigernder Beschäftigung das Können besser wird)
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit<br />
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