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Herr der Sinne, Veredler aus Leidenschaft<br />
Die Borer Druck AG in Laufen im Laufental BL ist keine «gewöhnliche»<br />
Druckerei. In Sachen Veredelung reizt diese Druckerei alles aus.<br />
// Eigentlich ist die Borer Druck AG in Sachen<br />
Veredelung so etwas wie ein geheimer<br />
Geheimtipp. Ihr Inhaber, Christian Borer,<br />
ist Herr der Sinne, Veredler aus Leidenschaft.<br />
Aber nur «Hard core»-Insider wissen<br />
um die aussergewöhnlichen Kompetenzen<br />
dieses Kleinbetriebs, der auf die<br />
Veredelung von Drucksachen kam, wie<br />
weiland die berühmte Jungfrau zum Kind…<br />
Einerseits liebt man bei Borer das Experimentieren,<br />
andererseits bildete ein attraktiver<br />
Auftrag eines Kartenverlags die Entscheidungsgrundlage,<br />
sich aufs Glatteis, will heissen<br />
auf die mit Risiken verbundene hohe<br />
Kunst der Druckveredelung einzugehen.<br />
Trotz erfolgreicher Experimentierlust ist die<br />
Druckerei jedoch auf der Grasnarbe geblieben,<br />
hat nicht abgehoben, verzichtet trotz aller<br />
Eskapaden in die schillernde Welt der Veredelung<br />
nicht auf den Druck «hundskommuner»<br />
Drucksachen. Denn vom Edlen allein<br />
könnte die Druckerei im relativ abgeschiedenen<br />
Laufental nicht leben, geschweige<br />
denn überleben, sagt Christian Borer. Auch<br />
wenn sich namhafte Schweizer Unternehmen,<br />
die als Auftraggeber bei Borers ein und<br />
ausgehen, nur gerade einen Steinwurf weit<br />
entfernt befinden – wer hat’s erfunden? Bonbons<br />
und Keramik lassen grüssen…<br />
// Christian Borer, der als Quereinsteiger<br />
(gelernter Maschinenzeichner) 1990 dazu<br />
stiess und sich zum Drucker ausbildete und<br />
in zweiter Generation im Jahre 2004 den<br />
Betrieb von seinem Vater Peter Borer übernommen<br />
hat, ist ein aussergewöhnlich aktiver<br />
Jungunternehmer. Getrieben von<br />
brennender Leidenschaft für das Besondere,<br />
wie man sie eher von einem Gourmetkoch<br />
denn von einem Drucker erwarten<br />
würde, sucht er immer wieder die Herausforderung,<br />
Dinge im Druck auszuführen,<br />
die eigentlich gar nicht möglich sind.<br />
In seinem Büro präsentiert Borer dem Besucher<br />
Handfestes, das den Vergleich mit dem<br />
Gourmetkoch rechtfertigt: Überall liegen<br />
Druckbögen für eine neue Werbebroschüre in<br />
eigener Sache, die so ziemlich alle Veredelungstechniken,<br />
alle Schwierigkeiten und<br />
ausgeklügelten Effekte beinhalten. Ein Eldorado<br />
für Liebhaber besonderer Drucksachen,<br />
gedacht für die Welt der Luxus und Kulturgüter,<br />
der Welt der Werbung und der gehobenen<br />
Markenartikel. Mithin für Leute, die<br />
den besonderen Kick, den besonderen Effekt<br />
in gedruckten Botschaften wollen.<br />
Weshalb tut sich Christian Borer das an, eine<br />
derart aufwändige Probe aufs Exempel, mit<br />
allen Schikanen der Veredelungstechniken,<br />
ohne Auftrag, ohne zwingenden Grund zu<br />
produzieren? Mit dem Risiko, dass unter dem<br />
Strich zwar viel Ruhm, aber noch lange kein<br />
Gewinn (in Form von neuer Kundschaft) absehbar<br />
ist?<br />
Look sprach mit Christian Borer.<br />
«Tauchen Sie ein in die<br />
faszinierende Welt der Wahrnehmung.<br />
Wir möchten<br />
Ihre Sinne reizen, Sie zum<br />
Sinnen animieren und<br />
bleibende Sinnes eindrücke<br />
hinterlassen.»<br />
Look: Herr Borer, Sie haben sich einen Na-<br />
men gemacht mit Veredelung…<br />
Christian Borer: Nun, das hat sich eigentlich<br />
alles ganz unprätentiös so ergeben. Wir sind<br />
ja eine Kleindruckerei, ein Familienbetrieb<br />
und wuchsen in den vergangenen Jahren von<br />
drei auf fünfzehn Mitarbeitende an, wollen<br />
aber nicht weiter wachsen.<br />
Ein Grosskunde, ein Kartenverlag, kam auf<br />
uns zu, der mit uns zusammenarbeiten wollte<br />
und an Drucksachenveredelung interessiert<br />
war. Der gab uns eine gewisse Sicherheit. Wir<br />
wagten diesen Schritt, der ein sehr mutiger<br />
war. Heute bin ich froh, dass wir diesen<br />
Schritt gewagt haben. Wir sind jetzt in der Tat<br />
stark im Bereich Veredelung. Aber man kennt<br />
uns immer noch nicht überall, weil wir ein<br />
Kleinbetrieb sind und unsere Tätigkeit in Sachen<br />
Veredelung bis dato nicht an die grosse<br />
Glocke gehängt haben. Aber wir unternehmen<br />
in dieser Hinsicht noch Ende diesen Jahres<br />
wieder etwas, auf das ich noch zurückkommen<br />
werde.<br />
Die Treibfeder war also ein Kunde?<br />
Ja, das war ein Kunde, der uns die Tür geöffnet<br />
hat. Aber es ist auch die Freude am Beruf.<br />
Die geht so weit, dass wir sogar zwei ältere<br />
Buchdrucker eingestellt haben, die noch mit<br />
Maschinen umzugehen wissen, die wir bei<br />
der Veredelung einsetzen. Diese Drucker können<br />
unsere Maschinen zum Rillen, Perforieren,<br />
Stanzen und Prägen bedienen.<br />
Die explizite Ausrichtung auf Veredelung<br />
hat sicher eine Auswirkung auf Ihren Namen,<br />
Ihr Image?<br />
Veredeln heisst «edel», etwas Besseres, also<br />
nicht für jedermann. Demenstprechend muss<br />
man seinen Betrieb ausrichten. Mit dem Neubau<br />
haben wir optimale Voraussetzungen geschaffen,<br />
um uns entsprechend auszurichten.<br />
Wir haben einen sauberen Betrieb, sehr gute<br />
Mitarbeiter, praktisch keine Fluktuation. Von<br />
da her passt es mit dem Veredeln.<br />
War das alles nicht ein gewaltiges Risiko?<br />
Ja, das war es. Ob ich diesen Mut in der jetzigen<br />
Zeit auch noch hätte – ich kann das<br />
nicht sagen. Aber vor sieben Jahren, da wollte<br />
ich etwas bewegen. Und habe es einfach gemacht.<br />
Heute bin ich froh, dass ich so gehandelt<br />
habe. Zum Glück hat mein Vater mitgezogen.<br />
Für ihn war es sicher der grössere<br />
Schritt als für mich, ich bin ihm sehr dankbar<br />
dafür, dass er diesen Schritt mitgemacht hat.<br />
Das Veredeln ist «nur» ein Teil der Tätigkeit?<br />
Der Anteil ist stetig gewachsen, unser Hauptkunde<br />
hat uns diese Tür geöffnet. Dadurch<br />
sind wir auch an andere Aufträge gekommen.<br />
In den vergangenen Krisenjahren war der Bereich<br />
Veredelung allerdings rückläufig.<br />
Mein Ziel ist es, Ende Jahr sagen zu können:<br />
«Wir haben gut gearbeitet, wir sind schwarz».<br />
Mir geht es nicht um Umsatz, sondern um<br />
schöne Aufträge. Natürlich auch nicht zum<br />
billigsten Preis. Wir bieten Qualität. Und machen<br />
Dinge, die andere nicht machen.<br />
Geht nicht, gibt’s nicht?<br />
Genau. Natürlich habe ich auch die Leute<br />
dazu, die damit leben wollen und leben müssen<br />
(lacht). Leute, die am selben Strick ziehen<br />
wie ich.<br />
Ihre Druckerei kann man fast mit einem<br />
Gourmettempel vergleichen. Haute cuisine<br />
im Druckgewerbe. Mit ausgewählten Zutaten<br />
– zum Beispiel Gmundpapieren. Sie<br />
bereiten gewissermassen aussergewöhn-<br />
liche Drucksachen zu für Gutbetuchte?<br />
Ja, das ist ein witziger Vergleich (lacht). Es<br />
fehlt nur noch die Kochmütze.<br />
Was machen Sie inhouse, was extern?<br />
Beflocken machen wir extern. Mit einem<br />
Partner, auf den ich zufällig gestossen bin,<br />
und der früher weniger Papier beflockt hat,<br />
bevor er mich kannte. Das ist die Firma Bastcolor,<br />
elektrostatische Beflockung, Solothurn.<br />
Mit diesem Unternehmen habe ich eine sehr<br />
gute und enge Zusammenarbeit. Wir haben<br />
sehr viele Dinge realisiert, welche die Leute<br />
zum Staunen gebracht haben. Dinge, die man<br />
nicht für möglich gehalten hat.<br />
Auch die MessingClichés, die wir zum Prägen<br />
brauchen, machen wir nicht selber, die<br />
beziehen wir von GravurTech. Handclichés<br />
herstellen ist eine Kunst! Laserarbeiten wie<br />
Laserstanzen geben wir ebenfalls auswärts in<br />
Auftrag.<br />
Druckverfahren – Sie haben Offset- und<br />
Digitaldruck…<br />
Wir haben eine Halbformat5FarbenOffsetdruckmaschine<br />
plus Lackwerk und eine<br />
A3plus4FarbenRyobi, mit der wir übrigens<br />
sehr zufrieden sind, sowie einen Zylinder und<br />
einen Tiegel für Präge und Perforierarbeiten.<br />
Zusätzlich noch die GietzPrägemaschine.<br />
Wie bewerben Sie den Markt?<br />
Wir bereiten zurzeit eine Eigenwerbung vor,<br />
eine Broschur mit besonderen Papiersorten,<br />
die nicht einfach zu bedrucken, zu veredeln<br />
sind. In dieser Broschur präsentieren wir so<br />
ziemlich alles, was unter den Begriff «Veredelung»<br />
fällt. Unsere erste Broschur, die wir vor<br />
ein paar Jahren für unsere Eigenwerbung gemacht<br />
haben, basierte auf Gmundpapier. Da<br />
hat bei mir eine Liebe begonnen, mit diesen<br />
Papieren zu veredeln; es entstand eine sehr<br />
enge Zusammenarbeit mit Gmund.<br />
Bei dem neuen Projekt, das wir zurzeit produzieren,<br />
werden wir wiederum mit dieser Firma,<br />
aber auch mit anderen renommierten<br />
20/21<br />
Praxis<br />
Unternehmen zusammenarbeiten, die uns<br />
sponsern. Diese Broschur werden wir aber<br />
nicht einfach verteilen, die wird kostenpflichtig<br />
sein! Auch in dieser Hinsicht gibt es für<br />
mich nichts Reizvolleres, als Dinge zu machen,<br />
bei denen andere sagen, «das geht doch<br />
nicht».<br />
Wie gesagt, uns kennen noch lange nicht<br />
alle. Deswegen machen wir erneut eine Eigenbroschur,<br />
mit der wir unsere Kompetenzen<br />
in Sachen Veredelung unter Beweis<br />
stellen. In dieser Broschur sehen Sie dann<br />
«nur» das Papier und die Veredelung – keine<br />
Maschinen, keine Leute. Maschinen interessieren<br />
die Kunden nicht. Das letzte Projekt,<br />
das wir realisiert haben, lief unter dem Begriff<br />
«Sinne»: Da haben wir alle Register gezogen<br />
und sogar Auszeichnungen gewonnen.<br />
Sie haben diese Broschur mit einem sehr<br />
schönen Vorwort, mit einem hellen Lack,<br />
den man kaum sieht, bedruckt:<br />
«Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt<br />
der Wahrnehmung. Wir möchten Ihre Sinne<br />
reizen, Sie zum Sinnen animieren und bleibende<br />
Sinneseindrücke hinterlassen.»<br />
Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg<br />
mit Ihrer sinnvollen, sinnenreichen Tätigkeit<br />
und danken Ihnen für das Gespräch!<br />
Christian Borer: «Haute cuisine»<br />
im Druckgewerbe.