Wiener Staatsoper 1933-1936 Operntagebuch eines ... - Oper in Wien
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Angerer (Antonia) ist herzlich schlecht, s<strong>in</strong>gt<br />
furchtbar falsch. Fr. Zimmermann (Andreas,<br />
Cochenille, Pitich<strong>in</strong>accio, Franz) ist sehr lustig.<br />
Hr. Schipper (L<strong>in</strong>dorf, Coppelius, Dapertutto,<br />
Mirakel) hat e<strong>in</strong>en guten Tag, die Spiegelarie<br />
schenkt er sich. Fr. With (Niklaus) ist sehr<br />
herzig. Hr. Piccaver (Hoffmann) liegt diese<br />
Rolle nicht besonders gut.<br />
25.4.1934 „Madame Butterfly“<br />
Hr. Alw<strong>in</strong> dirigiert wieder im Galopp. Fr.<br />
Gerhart (Chochosan) hat e<strong>in</strong>en sehr guten<br />
Tag., ihre Stimme kl<strong>in</strong>gt sehr schön, sie ist<br />
auch sehr herzig, hat nach der Arie und am<br />
Ende großen Beifall. Fr. With (Suzuki) ist gut.<br />
Hr. Piccaver (L<strong>in</strong>kerton) ist gut disponiert, das<br />
c im Duett gel<strong>in</strong>gt ihm sehr gut. Hr.<br />
Weidemann (Sharpleß) eignet sich ganz gut<br />
dazu.<br />
29.4.1934 „La Traviata“<br />
Hr. Reichenberger schläft beim Dirigieren<br />
wieder e<strong>in</strong>. Fr. Gerhart (Violetta) ist ziemlich<br />
schlecht. Hr. Charles Kullmann a.G. (Alfred) ist<br />
ganz gut, mit Helge Roßwaenge nicht zu<br />
vergleichen. Hr. Alexander Sved von der<br />
königl. Ungarischen <strong>Oper</strong> <strong>in</strong> Budapest a.G. ist<br />
e<strong>in</strong> wenig zu jung für diese Rolle; Hr. Schipper<br />
ist unvergleichlich besser.<br />
Kralik ist mit der Aufführung auch nicht<br />
zufrieden und spricht von e<strong>in</strong>er „dürftigen<br />
Verlegenheitsvorstellung“. Alexander Sved<br />
sang übrigens italienisch, das restliche<br />
Ensemble deutsch. Sved hat für „Kr“ etwas<br />
„Athletisches“, Kullmann wirkt auf ihn<br />
„e<strong>in</strong>igermaßen nüchtern und uns<strong>in</strong>nlich“, und<br />
„Violettas gesangliche Betörung wird von<br />
Maria Gerhart mehr angedeutet als wirklich<br />
realisiert“.<br />
30.4.1934 „Eiserne Heiland“<br />
Man sieht, daß Hr. Alw<strong>in</strong> das Dirigieren dieser<br />
<strong>Oper</strong> Freude macht. E<strong>in</strong>e prachtvolle <strong>Oper</strong>. Hr.<br />
Manowarda (Andreas Reutterer [?]) ist<br />
hervorragend. Fr. Hadrabova (Anita) s<strong>in</strong>gt sehr<br />
gut. Hr. Duhan ist e<strong>in</strong> typischer Pfarrer. Sehr<br />
gut Hr. Kalenberg (Rodrigo) e<strong>in</strong>e der wenigen<br />
Rollen, die ihm gut liegen. Gut Hr. Ettl (rote<br />
Klaus). Die <strong>Oper</strong> ist e<strong>in</strong>fach, machte e<strong>in</strong>en<br />
großen E<strong>in</strong>druck auf mich.<br />
„Der eiserne Heiland“ stammt von Max<br />
Oberleithner. Kralik beschreibt die Musik als<br />
„volkstümlichen Mischstil“ zwischen Wagner<br />
und d’Albert. Die Aufführung bezeichnet er als<br />
„sympathischen Erfolg“ für den Komponisten.<br />
Der Inhalt des 1917 an der Volksoper<br />
aufgeführten Werkes bezieht sich auf die<br />
nationalen Spannungen <strong>in</strong> Tirol.<br />
12<br />
4.5.1934 „Margarethe“<br />
Hr. Krips dirigiert ziemlich schlecht. Den Faust<br />
gibt Hr. Karl Hauß von der städtischen <strong>Oper</strong> <strong>in</strong><br />
Hannover a.G., er hat ke<strong>in</strong>e große Stimme,<br />
daß c <strong>in</strong> der Cavat<strong>in</strong>e gel<strong>in</strong>gt ihm sehr gut. Hr.<br />
Fernando Autovi von der Mailänder Scala a.G.<br />
gibt e<strong>in</strong>en besonders komischen Mephisto;<br />
das Ständchen wiederholt er; sehr gut ist er<br />
am Schluß der Gartenszene. Hr. Schipper<br />
(Valent<strong>in</strong>) ist wieder etwas zu betrunken. Fr.<br />
Gerhart (Margarethe) ist reizend, sehr lieb ihre<br />
ersten Worte, bei Valent<strong>in</strong>s Tod we<strong>in</strong>t sie<br />
etwas unnatürlich und zum Schluß schreit sie<br />
zuviel. Frl. Michalsky (Siebel) s<strong>in</strong>gt schlecht.<br />
9.5.1934 „Der fliegende Holländer“<br />
Hr. Generalmusikdirektor Eugen Szenkar a.G.<br />
dirigierte ziemlich schlecht; man hörte nur<br />
Trompeten, Posaunen und Pauken, die<br />
Geigen sah man nur. Hr. Norbert (Daland)<br />
wirkt etwas komisch. Fr. Nemeth (Senta) sang<br />
besonders gut. Hr. Kalenberg (Erik) war<br />
wieder unmöglich. Gut Hr. Maikl (Steuermann)<br />
und Frl. Szantho (Mary). Hr. Friedrich Schorr<br />
a.G. sang den Holländer sehr gut. Besonders<br />
fe<strong>in</strong> wurde das Sp<strong>in</strong>nbild gesungen.<br />
Kralik beurteilt die Aufführung als „solides<br />
Normalmaß“, lobt kurz Schorr, widmet sich<br />
aber hauptsächlich dem Dirigenten, dem er<br />
Erfahrung, Rout<strong>in</strong>e und Ordnungswillen<br />
zugesteht, aber zugleich allzugroße Kreativität<br />
abspricht. „Dort, wo persönliche Nuancen<br />
hervortreten, fehlt der E<strong>in</strong>druck des<br />
Zw<strong>in</strong>genden, solche Stellen wirken gesucht,<br />
gekünstelt, man merkt die Absicht.“ Die Bläser<br />
sche<strong>in</strong>en außerdem ke<strong>in</strong>en guten Tag gehabt<br />
zu haben. Dr. Ernst Decsey zeigt sich <strong>in</strong> der<br />
Wochenausgabe des Neuen <strong><strong>Wien</strong>er</strong><br />
Tagblatts., Nr. 19, vom 12.Mai 1934, nicht<br />
begeistert. Er beg<strong>in</strong>nt die Rezension mit dem<br />
Satz „Aus der letzten Aufführung des<br />
‚Fliegenden Holländer‘ schied ich mit der<br />
Gewißheit, daß die Pauke das wichtigste<br />
Orchester<strong>in</strong>strument ist, wenn nicht die<br />
Trompeten und Posaunen.“ Ihn stört, dass die<br />
Viol<strong>in</strong>en „untergehen“ und dass Szenkar<br />
Wagner als „Blech-Komponisten“ herausstellt.<br />
Er bemerkt, dass die „deutsche Sprache, die<br />
von <strong>Oper</strong>nsängern gesprochen wird, ke<strong>in</strong> A<br />
hat.“ Er f<strong>in</strong>det das Mienenspiel von Maria<br />
Nemeth als Senta wenig gelungen: „Die<br />
Stimme gibt schon den musikalischen<br />
Kommentar.“ Er f<strong>in</strong>det, dass die Aufführung zu<br />
wenig „ergreifend“, sondern „zu künstlich“<br />
gewesen ist. Betreffend Schorr heißt es da:<br />
„Die nicht mehr leicht ansprechende Höhe des<br />
berühmten Baritons entzaubert den Hörer<br />
wieder, überkultiviert gesungene Stellen<br />
verursachten e<strong>in</strong> gewisses Schleppen (...)“