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Wiener Staatsoper 1933-1936 Operntagebuch eines ... - Oper in Wien

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Die übrige Besetzung war die gleiche wie<br />

letztes Mal (10. Mai 1935)<br />

14.6.1935 „Götterdämmerung“<br />

Hr. Dr. We<strong>in</strong>gartner dirigiert fe<strong>in</strong>. Frl. Konetzny<br />

(Brünnhilde) ist etwas <strong>in</strong>disponiert, sie sche<strong>in</strong>t<br />

e<strong>in</strong> wenig müde zu se<strong>in</strong>. Fr. Angerer (Gutrun)<br />

ist stimmlich und darstellerisch sehr gut. Sehr<br />

hübsch und gut bei Stimme Fr. Anday<br />

(Waltraute). Die 3 Nornen (Anday, Achsel,<br />

Szantho) sowie die 3 Rhe<strong>in</strong>töchter (Michalsky,<br />

Bokor, Szantho) waren gut. Hr. Kalenberg<br />

(Siegfried) war schon lange nicht so fabelhaft;<br />

er sah sehr jung und fesch aus.; sang herrlich,<br />

sogar die Erzählung gelang ihm tadellos. Hr.<br />

Hofmann a.G. (Hagen) war ausgezeichnet.<br />

Sehr gut Hr. Schipper (Gunter), der jetzt sehr<br />

unregelmäßig gut s<strong>in</strong>gt. Hr. Weidemann<br />

(Alberich) spielt diese Rolle sehr gut.<br />

Die beigelegte „Götterdämmerungs“-Kritik ist<br />

vom 16. Juni 1935, wieder mit „Kr“ gezeichnet.<br />

Die Kritik schwärmt von We<strong>in</strong>gartner, dessen<br />

„musikalische Individualität“ sich „<strong>in</strong><br />

vollkommenster Uebere<strong>in</strong>stimmung mit der<br />

alten, großen Wagnertradition“ wisse. Und<br />

weiter: „(...); unter se<strong>in</strong>er Stabführung wird das<br />

musikalisch-geistige Ebenmaß des Ganzen,<br />

wird die <strong>in</strong>nere Harmonie der Dimensionen<br />

lebendig.“ Viel Bewunderung gibt es auch für<br />

den Hagen von Ludwig Hofmann, e<strong>in</strong>e „breite,<br />

wuchtige tiefschwarze Baßstimme“, die aber<br />

e<strong>in</strong> besonders Charakteristikum auszeichne:<br />

„Er s<strong>in</strong>gt schwarz <strong>in</strong> schwarz, und doch ist jede<br />

Schwärze e<strong>in</strong>e andere: mit dem Pr<strong>in</strong>zip der<br />

Negation werden auch deren mannigfaltige<br />

Auswirkungen hörbar.“<br />

15.6.1935 „Madame Butterfly“<br />

Dusol<strong>in</strong>a Giann<strong>in</strong>i sang die Chochosan; diese<br />

Rolle liegt ihr gar nicht; sie schaut nicht gut<br />

aus (Scheitel <strong>in</strong> der Mitte), und patzte beim<br />

Liebesduett ordentlich; die B erreichte sie mit<br />

Müh und Not; so sehr ich sie schätze, so gut<br />

sie mir im Konzert und Carmen gefiel, so<br />

wenig hatte ich dieses Mal für sie übrig; sie<br />

machte das Harakiri sehr gut. Hr. Piccaver<br />

(P<strong>in</strong>kerton) sang wieder e<strong>in</strong>mal ausgezeichnet.<br />

Hr. Weidemann (Konsul), Fr. With (Suzuki)<br />

leisteten das Ihre.<br />

16.6.1935 „Tristan und Isolde“<br />

Furtwängler dirigierte; anfangs war wenig<br />

Stimmung und ich konnte nicht viel<br />

Unterschied f<strong>in</strong>den, aber vom 2. Akt an wurde<br />

es immer schöner. Hr. Pistor (Tristan) sang<br />

etliche Male (leider an e<strong>in</strong>igen schönen Stellen<br />

im Liebesduett) ziemlich falsch; se<strong>in</strong> Spiel war<br />

ausgezeichnet. Frl. Konetzny (Isolde) sang<br />

blendend, sie war wunderbar. Fr. Szantho<br />

28<br />

(Brangäne, zum 1. Mal) war sehr gut und ich<br />

staunte namentlich über die Höhe. Hr.<br />

Schipper (Kurwenal) sang gut. Hr. Hofmann<br />

(Marke) gefiel mir ausgezeichnet. Gut waren<br />

auch Hr. Duhan (Melot) Hr. Ettl (Steuermann)<br />

Hr. Gallos (Hirt) Hr. Grünn<strong>in</strong>ger (Stimme des<br />

Seemanns) gefiel mir nicht, Hr. Prof. Morawec<br />

spielte das Violasolo sehr schön.<br />

Der dazu passende Zeitungsausschnitt widmet<br />

sich vor allem dem Dirigat Wilhelm<br />

Furtwänglers. Da heißt es unter anderem: „Der<br />

tiefen Innerlichkeit der Furtwänglerischen<br />

Deutung entspricht die Breite se<strong>in</strong>er Zeitmaße.<br />

Charakteristisches Grundelement der<br />

Aufführung bleibt das ekstatische „Tristan“-<br />

Adagio, das förmlich <strong>in</strong> jede Note e<strong>in</strong><br />

Höchstmaß von Gefühl, Bedeutung und<br />

Ausdruck e<strong>in</strong>strömen läßt. H<strong>in</strong>gebung,<br />

traumhaftes Siche<strong>in</strong>sp<strong>in</strong>nen, zeitlose<br />

Versunkenheit..., die Atemzüge werden immer<br />

tiefer, immer breiter, und bisweilen sche<strong>in</strong>t<br />

alles stillzustehen, und nur das <strong>in</strong>nere Ohr<br />

lauscht und vernimmt.“ Kralik notiert aber auch<br />

e<strong>in</strong>e hohe „Transparenz“, „Leuchtkraft <strong>in</strong> der<br />

Farbgebung“, und fe<strong>in</strong>e Übergänge und er<br />

sieht neben aller „geistigen Orientierung“ auch<br />

e<strong>in</strong> „musikantisches artistisches Ziel“. Er<br />

spricht von „meisterlich“ aufgebauten<br />

Steigerungen, die sich mit „elementarer<br />

Gewalt“ entladen. Pistor ist für ihn e<strong>in</strong> „Meister<br />

der heroischen Gesangsdeklamation“, wenn<br />

auch mit hörbaren Problemen im zweiten Akt.<br />

18.6.1935 „Zauberflöte“<br />

Dirigent: Hr. Krips. Hr. Norbert (Sarastro) ist<br />

durch se<strong>in</strong>e Kle<strong>in</strong>heit eigentümlich, s<strong>in</strong>gt aber<br />

schön. Fr. Gerhart (König<strong>in</strong>) sang recht<br />

hübsch und hatte nach der 2. Arie großen<br />

Applaus. Fr. Schumann (Pam<strong>in</strong>a) sang<br />

reizend. Hr. Kalenberg (Tam<strong>in</strong>o) war nicht so<br />

schlecht, er sang manchmal recht hübsch. Hr.<br />

Duhan (Papageno) hat nicht mehr viel Stimme,<br />

es geht aber noch. Frl. Komarek (Papagena)<br />

war sehr herzig. Hr. Wernigk (Monostatos)<br />

machte se<strong>in</strong>e Sache gut.<br />

27.6.1935 „Aida“<br />

Hr. Reichenberger dirigiert zum vorletzten Mal,<br />

da er pensioniert wird mit Ende der Saison. Fr.<br />

Nemeth (Aida) sah ich schon lange nicht so<br />

gut; sie sang herrlich. Fr. Anday (Amneris)<br />

kirrte e<strong>in</strong>ige Male beträchtlich. Fr. Hadrabova<br />

(Priester<strong>in</strong>) sang entsetzlich. Hr. Moritz W... [?]<br />

a.G. (Radames) war nicht schlecht, doch kam<br />

ihm bei der Romanze Schleim <strong>in</strong> die Kehle. Hr.<br />

Sved a.G. (Amonasro) leistete wieder<br />

hervorragendes. Hr. Norbert (Ramphis) ist<br />

wohl für Priesterrollen zu kle<strong>in</strong>. Hr. Zec (König)

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