Wiener Staatsoper 1933-1936 Operntagebuch eines ... - Oper in Wien
Wiener Staatsoper 1933-1936 Operntagebuch eines ... - Oper in Wien
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Vielseitigkeit. Hr. Zimmermann ist trotz se<strong>in</strong>er<br />
Bemühungen nicht der richtige Matteo. Man<br />
muß immer e<strong>in</strong> Lächeln unterdrücken, wenn er<br />
auftritt. (...) Fr. Gerhart (Fiakermilli) macht ihre<br />
Sache sehr gut. Sie jodelt fesch und es tut<br />
wohl, daß diese <strong><strong>Wien</strong>er</strong>-Type von e<strong>in</strong>er<br />
<strong><strong>Wien</strong>er</strong><strong>in</strong> so gut dargestellt wird. Am Schluß ist<br />
es sehr komisch, wenn das Wasserglas, das<br />
Mandryka aus Freude zu Boden wirft, nicht<br />
zerbricht; man hört, daß auch die <strong>Oper</strong><br />
unzerbrechliches Glas benützt. – Die <strong>Oper</strong><br />
er<strong>in</strong>nert an den „Rosenkavalier“, gefällt mir<br />
aber besser als dieser.<br />
30.10.<strong>1933</strong> „Aida“<br />
Hr. Reichenberger dirigierte, wie immer jede<br />
Aida-Vorstellung mit Eifer; diese Aufführung<br />
dürfte ihm immer im Gedächtnis bleiben. Als<br />
Radames war Josè de Trévi , angeblich von<br />
der großen <strong>Oper</strong> <strong>in</strong> Paris, angekündigt. Se<strong>in</strong><br />
Aussehen ist nicht unsympathisch, se<strong>in</strong><br />
Gesang aber furchtbar.; er sang italienisch, die<br />
Arie sang er um e<strong>in</strong>ige Töne tiefer; er ließ<br />
nach dem 1. Akt wegen e<strong>in</strong>er<br />
Magenverstimmung um Nachsicht bitten; es<br />
war schrecklich ihm zuzuhören. Die übrige<br />
Besetzung war das Gastes würdig. Hr. Markoff<br />
(König) stolperte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Takten. Fr. Anday<br />
(Amneris) sang so halbwegs. Fr. Pauly (Aida)<br />
war auch immer zu tief. Beim Schlußduett<br />
wollte sie ihrem Partner zuliebe falsch s<strong>in</strong>gen,<br />
aber es gelang ihr nicht. Hr. Schipper<br />
(Amonasro) hat wieder zuviel <strong>in</strong>s Glaserl<br />
geschaut, s<strong>in</strong>gt wieder unmöglich. Die<br />
e<strong>in</strong>zigen Lichtblicke s<strong>in</strong>d Fr. Helletsgruber<br />
(Priester<strong>in</strong>) und Hr. Manowarda (Ramphis);<br />
aber auch sie können diese skandalöse<br />
Aufführung, <strong>in</strong> der sogar das Ballett patzte,<br />
nicht viel besser gestalten. Es ist<br />
schauderhaft, daß man solche Leute wie Hr.<br />
Trévi s<strong>in</strong>gen läßt.<br />
Hierzu e<strong>in</strong> Zeitungsausschnitt, der betreffend<br />
Trévi anmerkt: „(...) harte Stimme,<br />
unzulängliche Technik, brüchige Kantilene,<br />
unre<strong>in</strong>e Intonation, zumal <strong>in</strong> der flachen,<br />
gepreßten und gewaltsam angesetzten Höhe.<br />
(...) Auch sonst war diesmal die Vorstellung so<br />
geartet, daß darüber lieber Stillschweigen<br />
gebreitet werden soll. Kr.“<br />
3.11.<strong>1933</strong> „Boris Godunow“<br />
Hr. Alw<strong>in</strong> dirigiert gut; die <strong>Oper</strong> liegt ihm. Der<br />
Boris des Hr. Schipper ist e<strong>in</strong>e vortreffliche<br />
Leistung; stimmlich ist er sehr gut und auch<br />
die Darstellung ist e<strong>in</strong>zigartig. Frl. Michalsky<br />
(Fjodor) ist sehr herzig, die Rolle ist ihr etwas<br />
zu tief. Reizend Fr. Bokor (Xenia), Fr. With<br />
(Amme, Wirt<strong>in</strong>) ist <strong>in</strong> beiden Rollen gut.<br />
Angenehm die helle, weiche Stimme Hr.<br />
6<br />
Gallos (Schuiski). Sehr hübsch s<strong>in</strong>gt Hr.<br />
Markhoff (Pimen). L<strong>in</strong>ks aus dem Dunkeln hört<br />
man den ersten Meckerer Kalenbergs<br />
(Demetrius); er macht sich ganz gut, nur kann<br />
er den Text nicht. Fr. Achsel (Mar<strong>in</strong>a) leistet<br />
sich allerhand. (...) Gute Leistungen weist der<br />
Chor auf.<br />
4.11.<strong>1933</strong> „Turandot“<br />
Dirigent ist Hr. Reichenberger. Den Kalaf gibt<br />
Jan Kiepura; er s<strong>in</strong>gt gut, sieht auch hübsch<br />
aus, dürfte aber heiser gewesen sei; se<strong>in</strong>e<br />
Stimme ist sehr gut, aber er hat ke<strong>in</strong>e Technik<br />
und s<strong>in</strong>gt ohne Seele. Fr. Nemeth ist e<strong>in</strong>e<br />
herrliche Turandot. Leider hatte ich ke<strong>in</strong>e<br />
Gelegenheit die <strong>Oper</strong> zu sehen, da wahns<strong>in</strong>nig<br />
viel Leute waren. Wenn Fr. Helletsgruber (Liu)<br />
ihre Arie „Höre mich an Herr...“ beg<strong>in</strong>nt,<br />
kommen e<strong>in</strong>em die Tränen. Gut außerdem Hr.<br />
Wernigk (Altoum), Hr. Markhoff (Timur); sehr<br />
unterhaltlich die 3 Masken P<strong>in</strong>g (Hammes),<br />
Pong (Maikl), Pang (Gallos). Die <strong>Oper</strong><br />
wunderschön, die Inszenierung fabelhaft.<br />
Wirklich das K<strong>in</strong>opublikum, es verlangt, daß<br />
Kipura den neuen Schlager „N<strong>in</strong>on“ [?] als<br />
Draufgabe geben soll. Kiepura verschafft sich<br />
Ruhe und sagt dann: „Ich danke für den<br />
Beifall, aber „N<strong>in</strong>on“ kann ich <strong>in</strong> diesem Hause<br />
nicht s<strong>in</strong>gen.“<br />
10.11.<strong>1933</strong> „Walküre“<br />
E<strong>in</strong>e sehr schöne Aufführung unter der Leitung<br />
von Clemens Krauß. Frl. Anny Konetzny von<br />
der <strong>Staatsoper</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> a.G. sang die<br />
Brünnhilde; e<strong>in</strong>e vollendetere Darstellung ist<br />
schwer möglich; sie besitzt e<strong>in</strong>e wunderbare,<br />
große Stimme, auch ihr Spiel ist<br />
ausgezeichnet. Als zweiter Gast, ebenfalls von<br />
der <strong>Staatsoper</strong> Berl<strong>in</strong>, sang Hr. Walter<br />
Großmann den Wotan sehr hübsch; se<strong>in</strong>e<br />
Stimme ist etwas kle<strong>in</strong>, aber er war se<strong>in</strong>er<br />
Partner<strong>in</strong> würdig. Hr. Völker (Siegmund) und<br />
Fr. Ursuleac (Siegl<strong>in</strong>de) waren e<strong>in</strong> prächtiges<br />
Paar. Hr. Mayr ist für die Rolle des Hund<strong>in</strong>g<br />
sehr geeignet. Fr. Rünger (Fricka) sang so gut<br />
wie gewöhnlich. In diese schöne Aufführung<br />
reihten sich die Walküren, allen voran Fr.<br />
Helletsgruber (Helmwige) und Fr. Bokor<br />
(Ortl<strong>in</strong>de), hübsch e<strong>in</strong>. Es tut wohl. Endlich<br />
wieder e<strong>in</strong>e anständige Aufführung zu sehen.<br />
Zur Walküre f<strong>in</strong>det sich wieder e<strong>in</strong> mit „Kr.“<br />
gezeichneter Zeitungsausschnitt. Er bezieht<br />
sich vor allem auf die Gäste aus Berl<strong>in</strong> und<br />
nennt sie „e<strong>in</strong> vollkommenes Götterpaar“.<br />
11.11.<strong>1933</strong> „Zauberflöte“<br />
Hr. Krips dirigiert sehr matt. Hr. Mayr<br />
(Sarastro) s<strong>in</strong>gt die „Heiligen Hallen“ wie