Tauern Haute Route (04.07. - 09.07.2010) (9 MB - Alpinschule ...
Tauern Haute Route (04.07. - 09.07.2010) (9 MB - Alpinschule ...
Tauern Haute Route (04.07. - 09.07.2010) (9 MB - Alpinschule ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1. Tag<br />
In Krimml, wo sich die mit einer Gesamtfallhöhe von 380m die<br />
höchsten Wasserfälle Österreichs zu Tal stürzen, ist der Treffpunkt<br />
für unsere Hochtourenwoche. Gegen 13:30 Uhr treffen<br />
nach und nach die insgesamt 8 Teilnehmer ein. Genau in dem<br />
Moment als ich Martin, unseren Bergführer, auf dem Parkplatz<br />
treffe entlädt sich ein kräftiger Regenschauer. So haben wir zum<br />
ersten Kennenlernen bei einem Kaffee etwas mehr Zeit. Nach<br />
dem Verteilen der zusätzlichen Ausrüstung (Steigeisen, Klettergurt,<br />
Karabiner) geht es endlich los zu den Krimmler Wasserfällen.<br />
Wir tauchen ein in den Nationalpark Hohe <strong>Tauern</strong> und gehen gut<br />
bepackt über den Wasserfallweg bis zum mittleren Wasserfall.<br />
Hier holt uns ein Taxi ab und fährt dann durch das Achental zur<br />
Materialseilbahn der Warnsdorfer Hütte. Das erspart uns einen<br />
langen und wenig interessanten Marsch auf Wirtschaftswegen.
Hier am Ende des Achentals hängen die Wolken tief und es<br />
ist merklich kühler. Wer möchte kann seinen Rucksack mit<br />
der Materialseilbahn nach oben transportieren lassen. Wir<br />
begeben uns nun in einen etwas mehr als einstündigen<br />
Aufstieg zur Warnsdorfer Hütte auf 2340m. Gerade recht, um<br />
sich auf die nächsten Tage einzustimmen. Beim Anblick der<br />
immer weiter ins Tal drückenden Wolken stellt sich die<br />
Frage, ob wir die Hütte wohl trocken erreichen werden?
Etwa 10 Minuten von der Warnsdorfer Hütte entfernt fällt starker<br />
Nieselregen aus dem grauen Einerlei.
2.Tag<br />
Ab 6 Uhr in der Früh erwachen alle so langsam wieder. Das Frühstück<br />
ist recht komfortabel und lässt kaum Wünsche offen. Eigentlich woll-<br />
ten wir um 8 Uhr aufbrechen. Aber es regnet, und da die Bergführer<br />
einen guten Draht zum Wettergott haben wird der Abmarsch um mehr<br />
als eine Stunde verschoben. Die Entscheidung war richtig. Der Regen<br />
hört auf, allerdings bleibt es neblig und nasskalt. Die Sicht ist nicht be-<br />
rauschend. Davon unbeeindruckt hat Martin den richtigen Weg stets<br />
fest im Blick. Gegen 11 Uhr erreichen wir den ersten Gipfel der Touren-<br />
woche, das Gamsspitzl(2888m). Es ist sehr windig wodurch es einem<br />
kälter vorkommt als es tatsächlich ist.<br />
Unterhalb des Gipfels suchen wir sichere Standplätze für eine kurze<br />
Rast und um den Klettergurt anzulegen. Dies ist nötig, denn von hier<br />
geht es bald angeseilt über den Obersulzbach Kees zum Maurer Törl,<br />
(3108m). Es sind noch einige Höhenmeter im Anstieg zu bewältigen.<br />
Mir erschien das an diesem Tag recht mühevoll, die Luft ist hier eben<br />
dünner. Um 13 Uhr erreichen wir das Maurertörl. Von hier sieht man<br />
Tagesziel und Stützpunkt des nächsten Tages, die Essener Rostocker<br />
Hütte.
auf dem Gamsspitzl 2888m Gletscher werden in den Hohen <strong>Tauern</strong> Kees genannt<br />
an der langen Leine
Blick vom Maurer Törl zum Tagesziel, der Essener Rostocker Hütte(Kreis)
Vom Maurertörl führt der südseitige Abstieg über den Maurer Kees.<br />
Bis zur Hütte sind rund 900Hm im Abstieg zu bewältigen. Je weiter<br />
wir ins Tal hinunter kommen, umso mehr müht sich die Sonne doch<br />
einmal dauerhaft zu scheinen. Und dann bei einer kleinen Rast ist es<br />
endlich soweit... Allerdings hapert es mit der Beständigkeit. Auf der<br />
letzten halben Stunde zur Hütte müssen die Regensachen wieder ange-<br />
zogen werden. So ist es ein Tag mit ständigem Wetterwechsel der bei<br />
Kaffee & Apfelstrudel am späten Nachmittag auf der Terrasse der Hütte<br />
einen nicht zu erwartenden Ausklang findet.<br />
3. Tag<br />
In der Nacht höre ich, dass es heftigst regnet. Was<br />
wird uns der Tag bringen, wo wir doch heute auf<br />
einen der besten Aussichtsgipfel der Venediger<br />
Gruppe wollen, die Simonyspitze (3441m). Als wir<br />
um 8 Uhr aufbrechen versteckt sich das Ziel irgend-<br />
wo hinter den grauen Wolken (Bild rechts). Wir<br />
wissen nicht so recht wie’s werden wird. Vereinzel-<br />
te Aufhellungen lassen hoffen.
Auf dem Weg zur Hütte wird das Wetter wieder<br />
besser, sogar vereinzelte Sonnestrahlen kom-<br />
men durch. Die Simonyspitze ist weiterhin<br />
nicht zu sehen. Sie verschwindet hinter einem<br />
grauen Vorhang, also keine Aussicht und keine<br />
Ansicht. Schade.<br />
So hoffen wir auf eine Wetterbesserung für den<br />
morgigen Tag. Der Wetterdienst hat sie schon<br />
lange angekündigt.<br />
Aber je höher wir kommen desto schlechter<br />
werden die Bedingungen: Nebel, Regen und<br />
dann Schnee mit starkem Wind. Von wegen<br />
Aussichtsgipfel, man sieht nichts. Etwas<br />
unterhalb des Gipfel improvisieren wir mit den<br />
Wanderstöcken unser Gipfelkreuz und kehren<br />
dann um. In der Zwischenzeit hat es so heftig<br />
geschneit, das die Bergführer an einer<br />
Schlüsselstelle beim Abstieg Seile in den glatt<br />
gewordenen Fels hängen. So meistern alle<br />
auch diese kleine Schwierigkeit.
4.Tag<br />
Das Wetter zeigt sich freundlich aber kühl mit<br />
aufgelockerter Bewölkung. Sonnige Abschnitte<br />
nehmen zu. Durch den Wind steigt die Temperatur<br />
aber kaum.<br />
Heute führt uns der Schweriner Höhenweg von<br />
der Essen Rostocker Hütte zunächst hinauf zum<br />
Türmljoch (2790m) und dann wieder hinunter zur<br />
Johannishütte. Der Weg ist unschwierig, einige<br />
Restschneefelder müssen passiert werden. Auf<br />
dem Joch selber bläst ein kräftiger Wind. Auf den<br />
ersten Metern des Abstiegs vom Türmljoch hat<br />
man eine großartigen Blick auf die gegenüber<br />
liegende Talseite. Dort erkennt man dann das<br />
Tagesziel Defregger Haus und den Weg der dort<br />
hin führt. Es wird klar, das noch ein gutes Stück Weg vor uns liegt. Auf der einen Seite gehen wir den Schweriner Weg fast 700Hm hinunter<br />
zur Johannis Hütte, auf der anderen Seite steigen wir mit dem Weg Nr. 915 wieder 830Hm hinauf.<br />
Pünktlich zum Mittag erreichen wir die Johannishütte. Das Thermometer zeigt hier auf 2121m sieben Grad.<br />
Gestärkt und aufgewärmt brechen wir um 13 Uhr auf, und erreichen gegen halb vier das Defregger Haus<br />
(2952m). Es ist benannt nach dem österreichischen Maler “Franz von Defregger“. Beim Aufstieg wurde es<br />
kontinuierlich kälter, knapp 2° auf fast 3000m H öhe.
Impressionen vom Türmljoch (2790m)
Blick auf gegenüber liegende Talseite, Defregger Haus (Kreis)<br />
Der Dorferbach hat dem<br />
Gebiet um die Johannis<br />
Hütte Canyon ähnliche<br />
Züge verliehen. Es soll<br />
auch ein vorzügliches<br />
Bouldergebiet sein.
Eindrücke beim Aufstieg zum
Vor dem Abendessen gehe ich noch einmal nach<br />
draußen um Eindrücke rund ums Defregger Haus<br />
zu sammeln. Es ist sehr kalt, was durch den starken<br />
Wind nur noch verstärkt wird. Ohne Unterlass ziehen<br />
die Wolken um und durch die Venediger Gruppe. Zwei<br />
Stunden später sind die Wolken verschwunden, blauer<br />
Himmel und ein prächtiges Farbenspiel.<br />
Ob dies ein Vorgeschmack auf den morgigen Gipfeltag<br />
ist? Schön wär’s.....<br />
Der Abend klingt aus mit der zweiten Halbzeit des WM<br />
Halbfinale Deutschland-Spanien. Im Fernsehen?<br />
Nein, aus dem Radio auf Mittelwelle inklusive Rauschen<br />
und dauerndem Ausrichten der Antenne.
Abendstimmung am Defregger Haus und Vorgeschmack auf’s Finale
5. Tag<br />
Heute beginnt der Tag früher als bisher, denn wir wollen um 7Uhr zum Großvenediger<br />
aufbrechen. Der Blickdurchs Fenster während des Fühstücks bestätigt die Wetterlage<br />
vom Vorabend, es sieht vielversprechend aus. Draußen hat es minusGrade und es weht<br />
ein kräftiger Wind. Nun kommt Kleidung zum Einsatz, die bisher tief unten im Rucksack<br />
verstaut war. Wir sind gut in der Zeit und um sieben Uhr bereits an dem einige Minuten<br />
oberhalb der Hütte liegenden Einstieg zum Gletscher. Beim Blick Richtung Gipfel sieht<br />
man schon früher gestartete Seilschaften. Steigeisen an, auf den Gletscher und Schritt<br />
für Schritt dem Gipfel entgegen. Wir ziehen vorbei am Rainer Horn und sind beeindruckt,<br />
von den Ausblicken, von dem traumhaten Wetter, aber auch von der Erfahrung sich über<br />
3000Hm zu bewegen. Hier auf dem Gletscher pfeift der Wind so heftig, das der Neuschnee<br />
der letzten Tage über dem Firn tanzt. Um 9:40 Uhr haben wir das Gipfelkreuz fest im Blick.<br />
Jetzt ist nur noch der gut einen halben Meter breite Grat zu bewältigen. Auch das ist für die<br />
meisten von uns Neuland. Tief durchatmen, konzentrieren und ruhigen Schrittes passieren.<br />
Um 9:50 Uhr erreichen wir das Gipfelkreuz auf 3666m. Berg heil!
am Einstieg zum Gletscher, rechts das Rainer Horn, in der Ferne der Großvenediger<br />
den Gipfel fest im Blick nur noch der Grat ist zu bewältigen
der Gipfelgrat, das letzte Hindernis zum Gipfelglück
sieht nicht nur kalt aus, gefühlte minus 10°<br />
Großvenediger vom Obersulzbach Kees gesehen
Wir steigen über die Venedigerscharte und das Obersulzbachkees ab.<br />
Der Wind läßt merklich nach, die Temperatur steigt. Dies können wir<br />
im unteren Teil des Kees merken, man sinkt deutlich tiefer ein. Auch<br />
der Abstieg ist beindruckend. Um 14:30 Uhr erreichen wir die traumhaft<br />
schön gelegene Kürsinger Hütte.
Von der Terasse kann man das Panorama mit Großem Geiger(3360m)<br />
und den umliegenden Gletschern richtig genießen. Heute passt einfach<br />
alles.<br />
Die Bergstiefel sind ausge-<br />
zogen. Ich kann den Tag bei<br />
einem kühlen Radler Revue<br />
passieren lassen.<br />
Zum Wohle!
Großer Geiger am Abend, ein traumhaft schöner Tag neigt sich dem Ende.<br />
6. Tag<br />
Eigentlich steht heute morgen der Keeskogel mit Sonnenaufgang auf dem Programm. Dafür ist die Zeit jedoch etwas knapp, da wir<br />
Mittags an der Talstation der Materialseilbahn sein müssen, wo uns das Hüttentaxi abholt und nach Krimml zurück bringt. Wir<br />
beschließen den morgen ruhig angehen zu lassen. Wer will macht noch einen Spaziergang zu einem dem Keesgogel vorgelagerten<br />
Gipfel oder läßt alternativ noch einmal die Impressionen rund um die Kürsinger Hütte auf sich wirken. Der “Spaziergang“ war eine<br />
lohnende Sache. Unterwegs treffen wir auf eine Herde Steinböcke und auf einige sehr neugierige Murmeltiere. Ebenso ist die Aussicht<br />
noch einmal grandios. Gegen 11 Uhr steigen wir zur Talstation ab wo bereits das Taxi wartet. Ein letzter Blick zurück ins Obersulzbach<br />
Tal mit Großem Geiger und die Tour geht langsam aber sicher zu Ende.
Groß und Kleinvenediger
Obersulzbachtal mit Großem Geiger<br />
Schlusswort:<br />
Es war eine superschöne Hochtourenwoche mit absolutem<br />
Kaiserwetter zum Finale. Auch die Simonyspitze in Nebel,<br />
Regen und Schnee hatte ihren Reiz. Die Gruppe hat gut har-<br />
moniert, alle haben auch Dank der guten Führung von Martin<br />
die Gipfel erreicht. Das es auch zum Abbruch einer Tour kom-<br />
men kann haben wir an der Johannishütte mitbekommen. Eine<br />
vierer Seilschaft gab hier wegen Kälte, Höhe, Schwierig-<br />
keitsgrad und Kniebeschwerden auf, der Bergführer selbst<br />
davon überrascht.<br />
Auf allen Hütten war die Unterbringung (zweier, vierer, zwölfer<br />
Zimmer) und Verpflegung gut. Abends gab es immer Menüs mit<br />
der Möglichkeit des Nachschlags. Bei einem guten Glas Rot-<br />
wein in gemütlicher Runde wurden die Tagesetappen vor- und<br />
nachbereitet, stets konnten wir vor der geplanten Startzeit<br />
aufbrechen. SCHÖN WAR’S !!!<br />
Fotos & Text: Wolfgang Hackenbroich<br />
Camera: Canon Powershot G11