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Bergtour 2001 Gletscherkurs - Alpinschule OASE-Alpin

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<strong>Bergtour</strong> <strong>2001</strong><br />

<strong>Gletscherkurs</strong><br />

(Blick auf den Piz Palü)<br />

Vom 31.08.<strong>2001</strong> bis 05.09.<strong>2001</strong><br />

Teilnehmer:<br />

Felix Bock<br />

Dieter Jadwiczek<br />

Wolfgang Jadwiczek<br />

Günter Kempenich<br />

Dieter Köppl<br />

Volker Lex<br />

Stephan Larkamp<br />

Harald Lohn<br />

Tim Lohn<br />

Bergführer: Georg Dempfle


Vorwort<br />

05.02.<strong>2001</strong><br />

Hallo, viel früher als in den vergangenen Jahren melde ich mich als Protokoller wieder<br />

zurück. Das liegt vor allem daran, dass wir unsere diesjährige Tourenplanung viel früher als<br />

sonst machen müssen, denn dieses Mal sind wir nicht nur von uns selbst sondern auch von<br />

einem Bergführer abhängig.<br />

Bereits in meinem letztjährigen Bericht habe ich angedeutet, dass wir in diesem Jahr einen<br />

<strong>Gletscherkurs</strong> machen wollen und Felix in seiner bewährten Form die Koordination wieder<br />

sicher zu stellen hat (was er übrigens sehr gerne tut). In seinem Winterurlaub hat er<br />

deshalb schon mal die Fühler ausgestreckt und in den letzten Tagen wurde die Sache dann<br />

sehr schnell konkret.<br />

AUSBILDUNGSINHALTE<br />

Praxis im Eis<br />

- Gehen mit Steigeisen und Pickel<br />

- Gehen auf Schneefeldern<br />

- Abbremsen von Stürzen<br />

- Anseilen auf dem Gletscher<br />

- Frontalzackentechnik<br />

- Fixpunkte in Schnee und Eis<br />

- Spaltenbergung<br />

Theorie im Eis<br />

- Ausrüstungskunde<br />

- Karten- und Führerlesen<br />

2


Eine solide Grundausbildung<br />

ist unabdingbare<br />

Voraussetzung für die<br />

begehrten Schnee-, Firn- und<br />

Eisgipfel der Alpen.<br />

Sicherungstechniken im Eis,<br />

Spaltenbergung, alpine<br />

Gefahren und, und, und...<br />

Dieser Intensivkurs bietet<br />

Ihnen alles Wissenswerte rund<br />

um`s hochalpine Bergsteigen!<br />

- Orientierung im Gebirge<br />

- <strong>Alpin</strong>e Gefahren<br />

- <strong>Alpin</strong>es Notsignal<br />

- Wetterkunde<br />

- Tourenplanung<br />

- Abschlußtour auf den<br />

Piz Palü (3.901 m)<br />

� 1000 m, � 1000 m. ca. 7 Std.<br />

Ein ganz schönes Programm das Felix da für uns ausgesucht hat und ich bin schon richtig<br />

heiß darauf den Kurs mitzumachen.<br />

Wir werden sogar unseren bisherigen Wander- und Hochgebirgsgebieten untreu. Wer sich<br />

ein wenig in der Bergwelt auskennt weiß, dass der Piz Palü in der Schweiz liegt und zwar in<br />

der Nähe von St. Moritz genau auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien in der<br />

Bernina.<br />

Er wird unser bisher höchster Berg sein den wir besteigen und die 4000-Meter-Grenze<br />

kommt wieder ein Stück näher.<br />

An der Grenze zu Italien stehen die mächtigen Gipfeln der Berninagruppe. Auf dem Bild sieht<br />

man (von links nach rechts) die folgenden Bergspitzen:<br />

Piz Palü (3905 m), Bellavista (3922 m), Crast' Aguzza (3601 m), Piz Bernina (4049 m)<br />

und Piz Scerscen (3971 m).<br />

Nach bisheriger Planung von Felix wollen wir am Freitag, dem 31.08.01 anfahren und die<br />

Nacht in einer Pension verbringen. Somit hätten wir am Folgetag nicht den Stress und<br />

müssten eventuell rasen um rechtzeitig am Treffpunkt zu sein. Der Kurs selbst geht bis<br />

Montag, dem 03.09.01. Danach wollen wir noch einen leichten Wander- oder je nachdem<br />

Ruhetag einlegen, am 05.09.01 absteigen und die Heimreise antreten.<br />

So zumindest die Planung aus heutiger Sicht. Da kann sich auch noch etwas ändern.<br />

Auch werden wir dieses Jahr Zuwachs erhalten. Mein Sohn Tim wird das erste Mal mit auf<br />

Tour gehen und der Mann von Anke, Stephan. Tim hat schon einige Bergerfahrung durch<br />

gemeinsame Touren in Österreich und Südtirol während unserer Sommerurlaube und in<br />

sofern bin ich mir sicher, dass er die notwendige Erfahrung, Trittsicherheit,<br />

Schwindelfreiheit und Kondition mitbringen wird. Wir werden uns auch gemeinsam<br />

vorbereiten. Allerdings muss er seine Ausrüstung noch etwas vervollständigen da diese nur<br />

3


auf Tagestouren ausgelegt ist und nicht auf Mehrtagestouren. Aber bis dahin wird dies auch<br />

geregelt sein. Stephan weiß auf jeden Fall schon mal wie ein Berg aussieht und kennt auch<br />

die sportliche Seite durch sein Skifahren. Den Rest werden wir ihm schon gemeinsam<br />

beibringen. Ausgestattet ist er schon wie Reinhold Messner, dafür hat Anke schon an<br />

Weihnachten des letzten Jahres gesorgt. Den Rest werden wir gemeinsam in den nächsten<br />

Wochen und Monaten besorgen. Ich hoffe nur, dass es bei Stephan klappt da es durch<br />

Urlaubsengpässe in Ankes Firma etwas Ärger gibt. Ich habe ihm den Termin erst mal per<br />

SMS aufs Handy geschickt und warte mal seine Reaktion ab. Bei Tim ist der Termin auf<br />

jeden Fall fest und auch mein Urlaub ist eingetragen und genehmigt. Wie mir Felix mitteilte,<br />

ist bei unseren beiden Wolfgangs die Sache auch fest und bei Günter ist und war so etwas<br />

noch nie ein Problem. Da Felix ihn aber telefonisch nicht erreichen konnte habe ich ihm<br />

vorerst auch mal eine SMS ins Handy gestellt damit er den Termin reservieren kann.<br />

Die diesjährige Tour liegt von der Jahreszeit, wie übrigens auch im letzten Jahr, nach der<br />

Rauenthaler Kerb, so dass wir uns spätestens dort zu einer letzten Absprache treffen<br />

werden. Es muss z.B. noch festgelegt werden wer fährt und wer was für die Allgemeinheit<br />

mitnimmt denn nicht alles brauchen wir in x-facher Ausfertigung (z.B. Fotoapparat, EH-Set<br />

etc.).<br />

Gut finde ich es auch, dass die fehlende Ausrüstung kostenlos von der Bergsteigerschule<br />

ausgeliehen wird. So können wir erst mal probieren ob dies auch etwas für uns ist, ohne<br />

gleich riesig Geld zu investieren. Also brauchen wir weder Klettersteigset, Seil, Schlingen,<br />

Hacken, Pickel, Helm oder Steigeisen vorerst anzuschaffen.<br />

Teilweise ist aber diese Ausrüstung schon vorhanden, so dass sich die Möglichkeit bietet,<br />

dieses Material individuell einzustellen und auszutesten.<br />

Für diejenigen die diesen Bericht als „Dritte“ lesen, hier ein kurzer Kartenausschnitt von<br />

unserem diesjährigen Wandergebiet.<br />

Und nun noch kurz zum Ausgangsort unserer diesjährigen Tour, einer der malerischten<br />

Orte im oberen Engardin, Pontresina.<br />

4


Pontresina (Bahnstation liegt auf 1777 m ü. M.), umrahmt von majestätischen Bergriesen,<br />

ist einer der angenehmsten Sommer- und Winterkurorte, denn die Möglichkeiten zu<br />

herrlichen Touren sind gross.<br />

Im Ortskern sind die schönen Engadiner Bauernhäuser bemerkenswert, überragt von<br />

der alten Pfarrkirche. Im Friedhof findet sich das Grabmal des sagenumwobenen<br />

"Königs der Bernina" des Meisterjägers Gian Marchet Colani (1772-1837).<br />

Der Maler Wilhelm Georgy war um 1850 in Pontresina heimisch und hat<br />

durch seine Bilder und Stiche mitgeholfen, die Landschaft des Oberengadins<br />

weltbekannt zu machen. Ein Dauergast Pontresinas war der Physiker Wilhelm Röntgen.<br />

Wer am Bahnhof Pontresina aussteigt, kann mit Pferde-Omnibussen (im Winter Schlitten)<br />

in das Val Roseg fahren. Es ist eines der schönsten Ausflugsziele mit Blick auf die<br />

vergletscherten Berge der Sellagruppe.<br />

Es ist wirklich fantastisch, was man nicht alles im Internet findet. Allein die tollen<br />

Tourenberichte und Bilder sind faszinierend und machen mir persönlich schon einen ganz<br />

gehörigen Appetit auf die bevorstehende Tour.<br />

Auch das nächste Bild finde ich fantastisch und freue mich, dies im September live erleben<br />

zu dürfen. Es zeigt den direkten Aufstieg über den Grat zum Gipfel des Piz Palü. Einfach<br />

klasse!<br />

5


Und was für ein Panorama wird uns erwarten? Ich hoffe sehr, dass wir schönes Wetter<br />

haben werden um die Landschaft und natürlich auch den Berg in vollen Zügen zu genießen.<br />

(Panoramablick vom Piz Morteratsch auf den Piz Palü)<br />

6


Und ein letztes Bild zum Vorgeschmack.<br />

(Piz Palü (links) und Bellavista)<br />

So, diese Eindrücke dürften fürs Erste einmal reichen um einen Vorgeschmack auf unsere<br />

Tour zu bekommen.<br />

Wir werden auf zwei Hütten übernachten. Die erste Tourenübernachtung wird auf der<br />

Boval-Hütte (2.495m) sein. Diese ist eine SAC-Hütte (SAC = Schweizer <strong>Alpin</strong> Club).<br />

Na, sieht doch ganz nett aus, oder?<br />

7


Die zweite Tourenübernachtung wird auf der Diavolezza-Hütte sein.<br />

Leider habe ich nur ein kleines Bild finden können und habe zuerst nicht meinen Augen<br />

getraut, denn mit der Bezeichnung „Hütte“ verbinde ich doch etwas anderes. Ich denke,<br />

wenn da stehen würde „Hotel“ wäre das sicherlich nicht falsch und würde nicht die<br />

Verwunderung bei mir auslösen wie bei „Hütte“. Im Gegensatz zur Boval-Hütte mit ca. 100<br />

Schlafplätzen sind es hier 200. Ich denke, auch der direkte Seilbahnanschluss rechtfertigt<br />

die Größe der Hütte.<br />

Das folgende Bild zeigt nochmals alle Routen auf einen Blick die von der Boval-Hütte aus<br />

gegangen werden können.<br />

Die nun folgenden Bilder werden überwiegend Originale sein, die wir selbst auf der Tour<br />

geschossen haben.<br />

Ich werde jetzt das Vorwort beschließen und mein Tourenbüchlein und den Bleistift<br />

sorgsam wieder bei meinen Wandersachen verstauen. Der nächste Einsatz dieser Utensilien,<br />

so rechne ich, wird wohl kurz vor Beginn unserer Tour sein. Ich werde in den nächsten<br />

Wochen die vor vielen Jahren begonnene und stets weiterentwickelte Ausstattungs-Liste<br />

überarbeiten da wir auf dieser Tour wohl nicht so viel Material mitschleppen müssen wie<br />

auf den vorhergegangenen. Ich rechne auch damit das Felix von der Bergsteigerschule noch<br />

eine Ausstattungsliste erhalten wird, denn bei dem einen oder anderen Gegenstand bin ich<br />

mir auch nicht ganz sicher ob wir ihn mitnehmen müssen.<br />

Auch werde ich ganz fleißig in den nächsten Monaten meine steigeisenfesten Bergstiefel<br />

einlaufen damit mir die „blasenvollen“ Zeiten von der letztjährigen Tour erspart bleiben und<br />

bin auch guter Dinge, dass ich mich gegen den Schuh durchsetzten werde.<br />

Lassen wir uns mal überraschen.<br />

Jetzt aber Schluss bis zur Tour.<br />

Euer Protokoller<br />

8


15.02.<strong>2001</strong><br />

Tja, ersten kommt es anders und zweitens als man denkt.<br />

Eigentlich hatte ich nicht vor, schon heute wieder zum Tourenbüchlein zu greifen aber ich<br />

habe mir vorgenommen, dieses Mal eine möglichst vollständige Dokumentation zu erstellen<br />

und diese beginnt nun mal mit den Tourenvorbereitungen.<br />

In den letzten Tagen ist schon eine Menge passiert.<br />

Alle Mann haben den Termin blockiert und gehen mit!!! -ist das nicht klasse?-<br />

Wir werden also, wenn wir bis dahin gesund und munter sind, mindestens 7 Personen sein<br />

und evtl. kommt noch der Bergkumpel von Felix aus Sankt Peter Ording noch dazu.<br />

Also mit Bergführer sind es dann 8 bis 9 Personen – das ist Wahnsinn -.<br />

Die Vorbereitungen haben auch schon begonnen. Felix hat mir die Unterlagen der<br />

Bergsteigerschule zugefaxt und ich habe schon mal die Ausstattungsliste der diesjährigen<br />

Tour angepasst.<br />

Personalausweis Sonnencreme / Lippenschutz<br />

Alpenverein-Ausweis kleines Handtuch<br />

EC-Karte / Euro-Card Magnesium- u. Calciumtabletten<br />

Bargeld / Schweizer Franken<br />

Wasch- u. Rasierzeug / Kamm / Niveaca.<br />

300 Sfr.<br />

Creme<br />

Auslandskrankenschein /<br />

Trockenobst / Studentenfutter / Nüsse<br />

Reisekrankenzusatzversicherung<br />

Brustbeutel / Geldgürtel Proviantdose<br />

Sonnenbrille / Gletscherbrille Thermoskanne u. Sigg-Flasche<br />

Foto / Filme (Harald) Rucksack<br />

Taschenmesser / Multiwerkzeug Plastiktüten / Kompressionssack<br />

Notsignal-Set / Trillerpfeife (Felix u.<br />

Harald)<br />

Hüttenschlafsack<br />

2 Teleskopstöcke Regenhülle f. Rucksack<br />

Steigeisen + Beutel<br />

Helm / Bergseil / Karabiener<br />

Integralgurt / Schlingen / Abseilachter<br />

/ Eispickel / Eisschrauben<br />

Erste-Hilfe-Set<br />

(Tape/Leukoplast/Collagenpflaster<br />

/Aspirin / Wundsalbe/Kreislauftropfen)<br />

Taschenlampe und Stirnlampe<br />

Tourentagebuch / Stift (Harald)<br />

Uhr<br />

Karte 1:25.000 (Harald)<br />

Handy (Felix und Harald)<br />

Wind- und Regenschutz (Anorak und<br />

Überhose evtl. Goretex)<br />

Wollmütze / Hut (Sonnenschutz)<br />

Spezialunterwäsche<br />

Trekking-Hose + Ersatzhose<br />

2 x Wandersocken ggf. Innensocken<br />

Hüttenschuhe / Turnschuhe<br />

Bergschuhe ( möglichst<br />

steigeisenfest)<br />

Pullover oder Jacke (evt. Fleece)<br />

T-Shirt<br />

Handschuhe und Überhandschuhe<br />

Gamaschen<br />

Empfehlung der Bergsteigerschule für das Rucksackgewicht = 8 kg.<br />

Alle blau markierten Artikel können kostenlos ausgeliehen werden!<br />

9


Anhand dieser Liste können wir uns jetzt orientieren und auch noch fehlende<br />

Ausrüstungsgegenstände besorgen.<br />

Mit Tim und Stephan habe ich schon alles besprochen und bei Globetrotter in Hamburg<br />

sowie der Firma Lacra per Internet das fehlende Material bestellt.<br />

Ich dachte zwar, dass ich schon alles hätte aber doch gefehlt. Zum Beispiel Stirnlampe,<br />

Überhandschuhe, Gletscherbrille haben bisher nicht zu meiner Ausstattung gehört ....aber<br />

jetzt!<br />

Bei Tim haben wir noch die günstigen Winterschlußverkaufspreise von Lacra genutzt denn<br />

sonst wäre es für ihn finanziell kaum tragbar. Er hat erst im Januar diesen Jahres seine<br />

Ausbildung abgeschlossen. Da fehlt nun mal jede Mark. Aber mit etwas „Sponsoring by<br />

Paps“ und dem einen oder anderen Geburtstagsgeschenk – am 1. Juli wird er 20 !!! –<br />

werden wir das schon schaffen.<br />

Auf jeden Fall, und das ist wichtig, wird kein Schrott gekauft. Die Qualität des Materials hat<br />

die oberste Priorität, denn, wenns brenzlig wird müssen wir uns hundertprozentig darauf<br />

verlassen können.<br />

Heute rief mich Felix an um mir mitzuteilen, dass er heute nach Rauenthal kommt und sich<br />

morgen, also am Freitag, kurz mit uns zusammen setzen möchte mit dem Ziel, jedem seine<br />

Unterlagen zu übergeben und eine Anzahlung zu kassieren, denn darauf besteht die<br />

Bergsteigerschule. Das ist nicht mehr als recht. Er bat mich, dies kurzfristig zu<br />

organisieren. Zum Glück sind ja heute fast alle mit Handys ausgestattet, so dass ich recht<br />

schnell alle (fast alle) unter einem Hut hatte. Wir werden uns um 18.00 Uhr bei Günter<br />

treffen. Allein bei Stephan ist noch ein Fragezeichen, da er noch nicht weiß, wie er sich bei<br />

seiner Firma in Köln loseisen kann und somit nicht garantieren kann, dass er rechtzeitig in<br />

Rauenthal eintrifft. Mal schaun ob er es schaffen wird. Ansonsten werde ich Stephan am<br />

Samstag oder Sonntag nachinformieren.<br />

Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen. Auch der „Fahrdienst“ steht schon fest. Stephan hat<br />

sich bereit erklärt dies zu übernehmen. Das passt auch sehr gut, denn er fährt einen Van-<br />

Bus und somit werden wir keine Probleme bekommen wegen der Personen oder des<br />

Gepäcks, denn dieses mal sind wir immerhin von Rauenthal aus zu viert und Felix müssen<br />

wir ja auch noch einsammeln.<br />

So, ich denke, ich hab genug berichtet und schließe wieder mein Büchlein, mit Sicherheit<br />

aber nur bis zum Wochenende. Denn ich denke schon, von unserem Treffen wird es<br />

sicherlich das Eine oder Andere zu berichten geben.<br />

10


16.02.<strong>2001</strong><br />

Wie schon prophezeit hier das nächste Lebenszeichen des Protokollers.<br />

Pünktlich um 18.00 Uhr waren alle – bis auf Stephan- bei Günter versammelt und es wurde<br />

nochmals alles durchgesprochen. Felix brachte auch endlich mal die Bilder der<br />

letztjährigen Tour aus dem Sarntal mit, die Wolfgang ihm schon vor etlichen Monaten<br />

zugeschickt hatte. Aber manchmal ist bei ihm halt etwas Alzheimer angesagt und so fuhr er<br />

die Bilder schon einige Male von Remchingen nach Rauenthal und zurück, ohne dass wir<br />

auch nur ein Bild gesehen hätten. Aber das liegt auch sicherlich etwas am Alter. Der Gute<br />

wird nämlich am kommenden Montag, dem 19.02.<strong>2001</strong> wieder ein Jahr älter und wenn ich<br />

richtig gerechnet habe, 53 Jahre alt. Da darf man schon mal was vergessen, lieber Felix!<br />

Stephan hatte es nicht geschafft, hat sich auch leider nicht mehr telefonisch gemeldet aber<br />

ich werde ihn in den nächsten Tagen informieren und abkassieren. Seine Anzahlung habe<br />

ich erst mal vorgelegt.<br />

Wir bekamen von Felix jeweils einen Satz der vollständigen Unterlagen inkl.<br />

Sicherungsschein und Reiserücktrittskostenversicherung denn dieses Mal haben wir feste<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Eine wesentliche Sache, die mir noch nicht so klar war kam noch hinzu. Wir hatten zwar<br />

besprochen, dass wir bereits am Freitag, dem 31.08.<strong>2001</strong> anfahren und ich war der<br />

Meinung, so um die Mittagszeit müsse ausreichen. Wie Felix aber erklärte, sollten wir so<br />

früh wie möglich aufbrechen da in Bayern Ferienende ist und auch in Baden-Württemberg<br />

die letzte Ferienwoche begonnen hat. Wir müssen also mit hohem Verkehrsaufkommen<br />

rechnen und können auch nicht rasen da wir die Strecke nicht kennen. Es scheint bei Felix<br />

und Günter keine Probleme zu geben falls wir bereits morgen losfahren wollten. Ich denke<br />

auch, wenn Tim seinen Chef umgehend informiert, dass es bei ihm auch kein Problem<br />

geben wird.<br />

Bei Stephan weiß ich nichts und hoffe dies in den nächsten Tagen klären zu können und<br />

nun zum Problemfall. Wie immer, einer muss querschießen und das bin ich!<br />

Es klingt zwar arg überzogen, aber ich habe bereits heute schon einen Termin für diesen<br />

31.08. der, wegen internationaler Beteiligung, auch nicht verschoben werden kann und<br />

schon seit einigen Monaten feststeht.<br />

Ich werde mal mit meinem Bereichsleiter sprechen ob ich mich früher ausklinken kann,<br />

denn jede Stunde die wir früher fahren zählt, oder vielleicht brauch ich mich gar nicht erst<br />

einzuklinken bzw. kann es delegieren. Na lassen wir uns mal überraschen.<br />

Wie Felix uns mitteilte, gibt es wohl bei unseren beiden Wolfgang’s keine Schwierigkeiten<br />

wegen des früheren Aufbruchs.<br />

Inzwischen habe ich auch die Wanderkarte besorgen können, leider nur im Maßstab<br />

1 : 50.000, selbst im Internet gibt es lediglich die offizielle schweizerische Topografiekarte in<br />

idealen Maß von 1 : 25.000 aber dort sind keine Wanderwege, Gletscherwege, Klettersteige<br />

und Hütten eingezeichnet und damit für uns absolut nutzlos.<br />

Also werden wir uns mit der Karte begnügen müssen was dieses Jahr durch den Bergführer<br />

ja auch nicht schlimm ist. Und für den letzten Tourentag reicht die Karte sicherlich aus.<br />

Ich habe mal versucht das wesentliche Stück der Karte einzuscannen.<br />

Es ist zwar nicht ganz so gut geworden wie ich mir das vorgestellt habe aber ich denke, man<br />

kann das Wesentliche schon erkennen. Wegen der Kartengröße habe ich eine ganze Seite<br />

reservieren müssen sonst wäre die Karte zu klein geworden und wäre auch nicht mehr<br />

lesbar gewesen.<br />

11


Für heute schließe ich wieder mein Tourenbüchlein, werde noch die Überweisung für Tim<br />

und mich wegen der Reiserücktrittskostenversicherung ausfüllen, damit ich diese am<br />

Montag bei der Bank abgeben kann und anschließend mit meiner Liebsten unser<br />

Töchterchen Susanne besuchen. Es ist zwar noch ein Geheimnis und auch ich musste<br />

versprechen, kein Wort weiter zu sagen – tu ich auch nicht -. Ich schreibe es in mein<br />

Tourenbuch und bis zur Veröffentlichung meines Berichtes ist alles schon vorbei. Felix<br />

wollte eigentlich die letzte August-Woche die Tour machen aber ich habe wegen wichtiger<br />

nicht verschiebbarer Termine abgelehnt und bin an dem neuen Termin schuld. Der ganz<br />

doll wichtige Termin ist die Hochzeit unserer Kleinen mit Thomas am 23.08. (Standesamt)<br />

und am 25.08.<strong>2001</strong> (Kirche) und das Wochenende zuvor ist die Rauenthaler Kerb. Toll, da<br />

kommen wir nicht mehr aus dem feiern raus.<br />

Und heute Abend treffen wir uns zusammen mit den Eltern von Tom um die weiteren<br />

Einzelheiten zu besprechen. Denn da gibt es viel zu organisieren und zu planen. Es soll ja<br />

ein unvergessenes Ereignis werden und dafür wollen wir natürlich alles perfekt und<br />

rechtzeitig machen.<br />

So, mehr wird jetzt aber nicht verraten und das Büchlein endgültig geschlossen.<br />

Tschüß bis bald<br />

Euer Bleistiftstemmer<br />

Sonnenaufgang am Piz Palü. Der Gletscher im Vordergrund findet in der Fortezza ein felsiges Ende. Von der Fuorcla Prievlusa.<br />

Juli 2000. (Foto Noldi Barmettler)<br />

13


Dienstag, 14. August <strong>2001</strong><br />

Bei manchen Bergsteigern löscht das Bergerlebnis alle anderen Empfindungen aus. Für sie<br />

gibt es keine Spannung und keine Angst, kein Gestern und kein Morgen, wenn sie irgendwo<br />

klettern. Während sie in einer Wand sind, existiert für sie nichts rundherum. Nicht das Tal<br />

und nicht ihr Leben unten im Tal, überhaupt nichts. Diese Zufriedenheit und<br />

Unbekümmertheit bemächtigt sich meiner, wenn ich klettere und ich dabei gut<br />

vorankomme. Zit. Reinhold Messner.<br />

Das Zitat hat mir sehr gut gefallen da es die Realität widerspiegelt.<br />

Aber seit letztem Tourenbucheintrag hat sich eine Menge ereignet und die wesentlichen<br />

Dinge möchte ich doch noch kurz auf Papier bannen.<br />

Heute Mittag habe ich mit Felix telefoniert der mir eine gute und eine schlechte Nachricht<br />

übermittelte. Die Gute ist, dass der geplante Dienstag zur eigenen Tourengestaltung,<br />

allerdings ohne Hardware, nicht statt findet. Der Bergführer hat sich angeboten, uns am<br />

Dienstag noch zur Verfügung zu stehen inkl. des Equipments und das zum gleichen Preis,<br />

allerdings ohne Rabatt. Ich fand dies auch sehr gut und Felix wird alles veranlassen.<br />

Die schlechte Nachricht ist, dass unser Wolfgang R. leider absagen musste. Er hat sich mit<br />

Inliner fahren auf die Tour vorbereitet und sich dabei die Achillessehne verletzt. Somit sind<br />

wir noch 7 Touris und ein Bergführer. Schade für Wolfgang und für uns, denn er ist ein<br />

dufter Typ.<br />

Auch steht definitiv fest, dass der Kumpel von Felix, Volker aus St. Peter-Ording, auf jeden<br />

Fall dabei ist.<br />

Inzwischen wurde Tim gemustert und wir haben schon die ganze Zeit die Daumen gedrückt,<br />

dass er nicht noch zum 1.9. zur Bundeswehr eingezogen wird.<br />

Da er sich entschieden hat, die Zeitsoldatenschiene einzuschlagen und dies bei den<br />

Gebirgsjägern in Bad Reichenhall machen will, muss noch ein Eignungstest erfolgen und<br />

dieser wird voraussichtlich er im Laufe des Septembers erfolgen.<br />

Somit also auch Entwarnung von dieser Seite.<br />

Von Stephan habe ich nach unserem Urlaub noch nichts gehört. Aber ich denke schon,<br />

dass bei ihm auch alles klar geht.<br />

Ab kommenden Freitag ist in Rauenthal wieder die Kerb und da werden wir uns sehen und<br />

die letzten Absprachen treffen. Auf jeden Fall wird Wolfgang J. und Volker direkt anreisen,<br />

so dass Stephan, Tim und ich mit dem einen PKW und Günter, Felix und Dieter mit dem<br />

zweiten PKW fahren werden. Geplant ist, dass wir Felix gemeinsam in Remchingen abholen<br />

und dann anreisen.<br />

Ach ja, Dieter!!! Davon habe ich ja noch gar nicht berichtet. Günters Freund, Dieter Köppl,<br />

wird unsere Mannschaft dieses Jahr auch zum ersten Mal verstärken. Er hat zwar noch<br />

keinen Funken Bergerfahrung aber wenn er sich gut vorbereitet und wir ihn unterstützen<br />

wird er es ganz bestimmt schaffen und hoffentlich auch Spaß dabei haben.<br />

Und somit waren wir doch wieder 8 Touris.<br />

Zuvor werden Tim und ich noch einiges an Stress haben da ja in der Woche nach der<br />

Rauenthaler Kerb unsere Susi ihren Tom heiraten wird und da ist schon einiges<br />

vorzubereiten da alles perfekt sein soll. Ich bin sehr gespannt und freue mich schon riesig<br />

auch wenn eine kleine Träne trotzdem dabei ist.<br />

Dies ist die letzte Eintragung vor unserer Tour und so wünsche ich uns allen eine gute<br />

Anreise sowie tolles Wetter und eine unvergessliche Gletschertour.<br />

Tschüß, bis zur Tour<br />

14


DAV-Wetterbericht vom Mittwoch, 29. August <strong>2001</strong>, für das bevorstehende Wochenende.<br />

Weitere Aussichten:<br />

Westalpen:<br />

Am Freitag und Samstag in den Alpen häufige und anhaltende Niederschläge die besonders<br />

an der Alpensüdseite weiter kräftig ausfallen werden. Es kühlt weiter ab, dabei sinkt die<br />

Schneefallgrenze gegen 2000m. In weiterer Folge stellt sich eine kühle Nordströmung ein die<br />

im Nordstau weiter dichte Wolken, im Süden mehr Sonne bringt.<br />

Ostalpen:<br />

Am Freitag breiten sich die Niederschläge weiter gegen Osten aus und bis zum<br />

Wochenende erfassen sie den gesamten Ostalpenbereich. Dabei kann es besonders im<br />

Süden grosse Niederschlagsmengen geben. Zudem kühlt es auf den Bergen deutlich<br />

ab, die Schneefallgrenze sinkt gegen 2000m. Am Sonntag vor allem im Norden weiter<br />

unbeständig, im Süden durch Nordwind wieder freundlicher.<br />

Vorhersage St. Moritz Flugplatz<br />

vom 30.08.<strong>2001</strong><br />

Do Fr Sa So Mo<br />

Vormittag 14° 9° 1° 4° 1°<br />

Nachmittag 11° 14° 10° 12° 14°<br />

Sonnenschein 0 % 30 % 27 % 30 % 67 %<br />

Niederschlag 47.1 mm 9.1 mm 5.6 mm 0.1 mm 0 mm<br />

Ich vermeide jeden weiteren Kommentar!<br />

Der letzte Blick ins Internet bringt mich nicht gerade in Freudentaumel. Was uns nach dem<br />

Wetterbericht erwartet, liegt irgendwo zwischen Wolkenbruch und arktischem Schneesturm.<br />

Ich glaube, die Ausrüstung, die wir dieses Mal brauchen wird sich auf Fleece-Material und<br />

Goretex-Utensilien beschränken. Aber trotzdem bin ich optimistisch, denn es gibt eigentlich<br />

nie das falsche Wetter sondern höchstens die falschen Klamotten.<br />

Ich habe Felix noch schnell den Wetterbericht per E-Mail zugeschickt. Einen Kommentar<br />

habe ich nicht mehr bekommen. Sicherlich ist er genau so geschockt wie ich. Aber wie oft<br />

schon konnten wir feststellen, dass sich die Wetterfrösche geirrt haben. Warum sollte es<br />

dieses Mal nicht auch so sein?<br />

Ich überprüfe jetzt zusammen mit Tim nochmals die Vollständigkeit der Ausrüstung, packe<br />

die restlichen Sachen in den Rucksack und werde dann den restlichen Abend mit Sigrid<br />

genießen.<br />

Morgen früh werden wir uns mit Stephan gegen 8.00 Uhr treffen und dann geht es los.<br />

Ich kann es kaum erwarten und hoffe, dass es eine unvergessliche Tour wird mit nur<br />

positiven Eindrücken und Erlebnissen.<br />

Ach da war ja noch etwas. Wolfgang J. rief in den letzten Tagen bei Felix an und fragte ihn,<br />

ob es ein Problem wäre, wenn sein Sohn Dieter auch noch mit auf Tour geht. Felix kennt<br />

uns alle gut genug, so dass er genau wusste, wir sagen ja. Somit sagte er, vorbehaltlich des<br />

o.K. durch die Bergschule, zu. Auch die Bergschule sah kein Problem und somit stand die<br />

neue Soll- und Ist-Stärke fest – 9 Touris und 1 Bergfex -. Man, dass hätte ich nicht gedacht,<br />

dass wir nun mit 10 Mann losmarschieren. Ich bin gespannt wie das in einer so großen<br />

Gruppe funktionieren bzw. harmonieren wird. Schaun wir mal.<br />

15


Freitag, 31.08.01<br />

Endlich wird es ernst, es geht los. Um 7.45 Uhr holte Stephan Tim und mich ab.<br />

Anschließend fuhren wir zu Günter um noch etwas Gepäck zu übernehmen da Günter und<br />

Dieter....., oh jeh, jetzt geht es schon los. Wir haben wieder, wie auch im letzten Jahr, eine<br />

Namensgleichheit. Dieses mal nicht zweimal Wolfgang sondern zweimal Dieter. Also dienen<br />

wieder die Nachnamen zur konkreten Identifikation = Dieter K(öppl) und Dieter J(adwiczek).<br />

Also nochmal ....da Günter und Dieter K. zusammen fahren und auch noch Felix<br />

mitnehmen. Wir haben ins Stephans Auto, einem Van-Bus, viel Platz und so spielen wir das<br />

Lastentaxi da Günters Mercedes doch etwas eingeschränkt ist, schon allein wegen des<br />

Weinvorrates den er immer mit sich führt.<br />

Schon ereilte uns die erste Panne. Der Kofferraumdeckel von Günters Mercedes lies sich<br />

nicht mehr öffnen. Tim probierte – ohne Erfolg – und so ging es allen. Günter versuchte es<br />

dann mit dem Reserveschlüssel und Gott sei Dank der Deckel ging auf. Allerdings traute<br />

sich keiner, auch nur ein Stück in den Kofferraum zu legen, denn die Gefahr bestand<br />

durchaus, dass sich dieses Mistding am Zielort nicht mehr öffnen lässt und dann stehen<br />

wir nur mit halber Ausrüstung da. Also übernahmen wir das ganze Gepäck von den beiden,<br />

bis auf den Wein. Der blieb bei Günter auf dem Rücksitz und starteten in Richtung<br />

Remchingen um Felix aufzusammeln. So ein sch..... Mercedes! Jetzt ging der<br />

Kofferraumdeckel nicht mehr zu! Erst nach mehrmaligen Versuchen ließ dieser sich<br />

überreden.<br />

Trotz dieser Sondereinlagen haben wir es geschafft, dass wir recht pünktlich, so gegen 8.00<br />

Uhr starten konnten.<br />

Um 9.30 Uhr waren wir dann, ohne Staus oder Pannen, bei Felix eingetroffen. Dort gab es<br />

natürlich wieder das obligatorische zweite Frühstück von Lotte und ca. 45 Minuten später<br />

waren wir wieder auf der Piste. Noch war das Wetter recht angenehm und auch die Sonne<br />

schien. Wir konnten es gar nicht glauben, dass der Wetterbericht tatsächlich recht haben<br />

sollte. Felix hätte am liebsten seinen PC durchs Fenster geworfen als er den Wetterbericht<br />

las, den ich ihm gemailt hatte. Alles sieht aber danach aus als hätte der Wetterdienst dieses<br />

Mal tatsächlich einen Fehler gemacht. Am frühen Nachmittag machten wir Rast im<br />

Restaurant auf dem Fern-Pass und dann ging es in einem Stück durch bis zum Ziel.<br />

Nun war es jedoch der Wetterbericht der uns in die Realität zurück holte. Es fing an zu<br />

schiffen was das Zeug hielt und dies setzte sich fort bis ans Ziel, den Gasthof Morteratsch<br />

den wir gegen 17.45 Uhr erreichten. Somit, in die Realität zurück gerufen, machten wir uns<br />

keine großen Hoffnungen für die nächsten Tage, denn die Langzeitwetterprognose sah gar<br />

nicht rosig aus (s. vorne). Mal schaun was uns der Petrus da bringen wird.<br />

16


Als wir im strömenden Regen ankamen sahen wir einen recht einladenden Gasthof der<br />

schon mehr Hotelcharakter hatte. Das rechtfertigte natürlich auch den Übernachtungspreis<br />

(inkl. Frühstück) von immerhin 48,00 sFR (ca. 60,00 DM). Als uns der Wirt allerdings das<br />

Quartier anwies, waren wir schon etwas „erstaunt“. Unser Lager befand sich auf der<br />

anderen Seite des Wildbaches in einer, zumindest von Außen, recht baufällig anmutenden<br />

Behausung, ...sorry, ein anderes Wort fällt mir leider dafür nicht ein. Die Lager bestanden<br />

aus mit Holzplatten voneinander getrennten Räumlichkeiten und dicht aneinander<br />

gepferchten Stockbetten. Aber es ist ja nur für eine Nacht und das werden wir schon<br />

überstehen.<br />

Volker war bereits vor uns eingetroffen, hatte schon etwas die Gegend erkundet – soweit<br />

dies bei dem Sauwetter möglich war – und hatte sich dann bis zu unserer Ankunft aufs Ohr<br />

gelegt.<br />

Gegen Abend waren wir dann komplett. Wolfgang J. und sein Sohn Dieter J. –also der<br />

zweite Dieter- waren auch eingetroffen.<br />

17


Nach dem gemeinsamen Abendessen, dem Austausch einiger Erinnerungen von der<br />

letztjährigen Tour und ganz tollen Bildern von Volker über einen Tandemfallschirmsprung<br />

machen wir uns langsam aber sicher ins Lager zum schlafen denn wir wollen morgen alle fit<br />

sein.<br />

Wir werden morgen gegen Mittag unseren Bergführer treffen und dann mit ihm, bei<br />

gleichzeitiger Ausbildung im Eis, die erste Station, die Boval-Hütte, ersteigen. Ich bin<br />

gespannt wie das alles wird.<br />

Aber jetzt sage ich erst einmal Gute Nacht Freunde und schlaft gut.<br />

Samstag, 01.09.01<br />

Es ist jetzt 21.10 Uhr und ich sitze mit meinen Kameraden auf der Boval-Hütte und ehrlich<br />

gesagt, ich bin schon etwas platt. Wir haben einen wunderschönen Tag erleben dürfen.<br />

Trotz der negativen Wetterprognose hatten wir ganz tolles Wetter und keinen einzigen<br />

Regentropfen oder Schneeflocke.<br />

Nach einem ausgiebigen Frühstück im Gasthof Morteratsch, dass übrigens den<br />

Übernachtungspreis etwas relativierte, denn er war sehr gut, packten wir unsere<br />

Rucksäcke, überprüften nochmals die Ausrüstung, vertraten uns noch etwas die Beine und<br />

warteten auf unseren Bergführer. Es war vereinbart, dass er so gegen 12.00 Uhr ankommen<br />

sollte. Wir haben dann noch etwas die Terrasse des Gasthofes bevölkert und was soll man<br />

schon tun wenn sonst nichts passiert .... ein Bier tat auch um diese Zeit schon gut.<br />

18


Um 11.30 Uhr kam dann unser Bergführer. Er heißt Georg und ist ein netter Typ. Zuerst<br />

wurde die Ausrüstung ergänzt, d.h. es wurden Steigeisen, Pickel, Eisschrauben, Karabiner,<br />

Pursickschlingen, Bandschlingen, Helme und Seile verteilt, damit alle ausreichend versorgt<br />

waren um im Eis zu „überleben“. Jeder bekam sein Paket ...oh Schreck, denn dieses Zeug<br />

musste ja auch noch in bzw. auf den Rucksack gepackt werden. Aber da sind wir schon<br />

Künstler und haben dies mehr oder weniger locker geschafft. Pünktlich wie die Maurer, um<br />

12.00 Uhr ging es dann los.<br />

19


Zuerst ging es auf ganz normalen, gut ausgebauten Bergwegen und Georg übertrug Tim die<br />

Führung der Gruppe anhand der Wanderkarte.Nach ca. 40 Minuten waren wir an der Zunge<br />

des Gletschers und jetzt wurde es ernst. Sitz- und Brustgurt anlegen, Einbinden der beiden<br />

Gurte mit der Bandschlinge ...erst mal üben, Gamaschen anziehen, Steigeisen an den<br />

jeweiligen Schuh anpassen und anlegen, die Handschuhe und Überhandschuhe anziehen,<br />

Eispickel in die Hand und rauf auf den Gletscher.<br />

20


Das ist schon ein ungewöhnliches Gefühl plötzlich mit Steigeisen gehen zu wollen, denn der<br />

physiologische Ablauf beim Gehen ist bedingt durch die Abrollbewegung des Fußes ein ganz<br />

anderer als mit den Eisen. Georg sagte uns, dass wir im leichten Grätschschritt immer den<br />

ganzen Fuß aufsetzen müssen. Auch dürfen wir keine zu großen Schritte machen da wir<br />

sonst auf der Nase liegen und das ist im Gletschereis sehr schmerzhaft und meist auch<br />

blutig. Also ging es mit trägem Elefantengang los und ich glaube wir alle mussten mehr oder<br />

weniger trotzdem unsere eigenen Erfahrungen machen, d.h. wie schnell man ins rutschen<br />

kommt wenn man z.B. nicht mindestens zehn Zacken des Steigeisens im Eis hat.<br />

So trotteten wir brav unserem Georg hinterher der uns immer wieder Hilfestellungen gab<br />

und dies auf eine sehr angenehme und ruhige Art was alle ganz positiv bemerkten. Mit der<br />

Zeit wurden wir dann auch immer sicherer im Gehen und es machte echt Spaß.<br />

21


Der nächste Halt war an einer sogenannten „Gletschermühle“. Dies ist eine durch Wasser<br />

entstandene senkrechte Röhre, man kann auch sagen ein Kamin deren Boden man nicht<br />

sehen kann, also sehr tief, mit dem wir auch noch unseren Spaß haben sollten.<br />

Georg machte nun mit uns alle Steigtechniken durch und ließ uns diese ausgiebig üben.<br />

Zuerst natürlich mit weniger Erfolg und der eine oder andere sauste auch mal ein paar<br />

Meter den Hang hinunter ....gell Tim!! Aber wie mit so manchem macht auch hier die Übung<br />

den Meister und wir wurden immer sicherer.<br />

Zum Schluss ging es ans Steileisklettern und dieses übten wir in der Gletschermühle. Georg<br />

lies uns am Sicherungsseil in die Mühle hinein und dann ging es mit zwei Kurzpickeln und<br />

in sogenannter Frontalzackentechnik wieder aus der Mühle heraus. Die tollen Bilder<br />

beweisen, was wir für einen Spaß hatten.<br />

Felix in der Gletschermühle<br />

23


Dieter J. im Aufstieg aus der Gletschermühle<br />

Der Einzige der etwas Probleme hatte war unser Dieter K. Er rutschte mehrmals im Aufstieg<br />

aus und zog sich eine Oberschenkelzerrung zu. Hoffentlich hält er durch.<br />

Aber auch den Protokoller hat es erwischt. Am tiefsten Punkt des Aufstieges in der<br />

Gletschermühle kam ich durch eine ungewollte Drehbewegung etwas sehr nah mit dem<br />

Gesicht ans Eis mit der Folge, dass ich mir eine Schnittwunde zwischen Oberlippe und<br />

Nasenansatz zuzog und ich wie ein „Schwein“ blutete. Zum Glück war Stephan sofort mit<br />

einem Pflaster zu Stelle und wer den Schaden hat „spottet bekanntlich jeder Beschreibung“<br />

, war ich das Ziel einiger gezielter Paparazzi-Fotos und Georg kommentierte das Ganze mit<br />

dem Satz: „Schaust aus wie der Hittler“<br />

Das hat man davon, wenn man das Eis „küsst“!<br />

Dies lies uns aber auch nicht die Laune verderben und wir waren von unseren ersten<br />

Lehrstunden auf dem Gletscher begeistert. Nachdem alle ihr Training in der<br />

Gletschermühle, außer Wolfgang J. –der nahm Rücksicht auf sein Alter-, beendet hatten,<br />

ging es weiter Richtung Boval-Hütte.<br />

24


Leider wurde Dieter’s (K.) Oberschenkelzerrung immer schlimmer, so dass die Pausen in<br />

immer kürzeren Intervallen erforderlich wurden. Georg entschied dann, nicht den normalen<br />

Weg zur Hütte zu nehmen, denn dieser würde uns um den ganzen Gletscher herumführen<br />

und diese Strapaze wollte er dem Dieter nicht mehr zumuten, sondern den direkten Weg<br />

über den Gletscherbruch zu nehmen. Der Weg war tatsächlich wesentlich kürzer aber ganz<br />

schön haarig! Wir tapsten nur zwischen kleineren und größeren Gletscherspalten umher<br />

und so mancher mutiger Sprung war auch erforderlich. Dieter J. hatte vor dem<br />

Gletscherbruch von Dieter K. den Rucksack zusätzlich übernommen, quer auf seinen<br />

gepackt und musste das alles also mit doppelten Gepäck machen. Lieber Dieter, ich muss<br />

25


sagen „Hut ab“ vor Deiner kameradschaftlichen Einstellung aber auch Deiner Kraft und<br />

Kondition. Das war vorbildlich ... nah ja, die Youngsters haben halt doch im Punkto Kraft<br />

und Ausdauer die Nase vorn, ich gebe es ja zu!<br />

Um 18.00 Uhr hatten wir dann endlich die Boval-Hütte erreicht. Glücklich aber schon etwas<br />

platt.<br />

Inzwischen hat sich bei mir auch eine alte Sportverletzung wieder zurück gemeldet, ein<br />

Muskelfaserriss im linken Unterschenkel, den ich mir im Frühjahr beim Laufen zugezogen<br />

hatte. Aber es geht noch recht gut und ich hoffe nicht, dass es in den Folgetagen schlimmer<br />

wird.<br />

26


Apropos Fotos! Da haben wir dieses mal auch den Profi unter uns und wieder heißt er<br />

Dieter J.<br />

Dieter hat eine tolle Digitalkamera dabei mit ausreichend Kapazität für ca. 200 Bilder. Da<br />

komme ich mit meinem 36er-Film nicht mit. Eines steht aber auf jeden Fall fest. Wir werden<br />

dieses Mal sicherlich eine ganze Menge toller Bilder haben und ich werde auch den Bericht<br />

entsprechend mit vielen Bildern spicken. Dieter wird mir einige Bilder übers Internet<br />

schicken aber die meisten auf CD-ROM brennen und per Post übersenden. Ich bin schon<br />

riesig gespannt auf die hoffentlich tollen Aufnahmen.<br />

Jetzt sitzen wir zusammen, nach einem guten Abendessen und besprechen die Tour für<br />

morgen. Hoffentlich hält das Wetter und auch unsere Muskeln, Bänder und Knochen. Dann<br />

kann eigentlich nichts mehr schief gehen.<br />

Ich lege jetzt mein Schreibgerät in die Ecke, werde noch ein Bier trinken und dann geht es<br />

aufs Lager. Schaun wir mal, was der Sonntag bringen wird.<br />

Sonntag, 02.09.<strong>2001</strong><br />

Wie vereinbart sitzen alle Mann um 7.30 Uhr am Frühstückstisch. Man erzählt<br />

irgendwelchen Quatsch von Jemanden, der angeblich einen großen Teil der Nacht<br />

geschnarcht haben soll. Komisch, ich habe nichts gehört aber, so wurde mir bestätigt, man<br />

höre sein eigenes Schnarchen so gut wie gar nicht.<br />

Der gestrige Tag hat noch sehr viele Eindrücke hinterlassen, teils in unseren Köpfen, teils<br />

aber auch durch Dieters Zerrung und meiner Schnittwunde. Alle sind aber gut drauf, lassen<br />

sich das Frühstück schmecken und sind schon ganz heiß auf das, was uns heute erwartet,<br />

der Aufstieg zur Diavolezza-Hütte und natürlich das Lernen und Üben.<br />

Zuerst ging es nach unserem Aufbruch, um 8.45 Uhr, über Fels und Geröll direkt an den<br />

Gletschermoränen vorbei bis Georg den Weg über ein Firnfeld einschlug. Ich denke mal,<br />

dass dies wohl auch der reguläre Weg von gestern gewesen wäre.<br />

28


Auf dem Firnfeld versuchte gerade eine illustre Gruppe einen Heißluftballon, der vorher von<br />

einem Hubschrauber gebracht wurde, aufsteigen zu lassen. Wie wir jedoch feststellen<br />

konnten, ohne Erfolg.<br />

Dann ging es weiter durch einen Gletscherbruch. Dort war wieder Ausbildung angesagt.<br />

..unser Oldie im Steileis<br />

29


Zuerst übten wir das Setzen von Eisschrauben, dann das Sichern eines Seilpartners im<br />

Steileis und zwar sowohl im Auf- als auch im Abstieg. Das hat wahnsinnig viel Spaß<br />

gemacht und unsere Youngster, Tim, Dieter J. und Stephan haben die Nase gar nicht voll<br />

genug bekommen.<br />

Nach der Mittagsrast ging es dann nicht über den Normalweg weiter sondern mitten durch<br />

den Gletscherbruch. Ich glaube, das wir dies alle nie vergessen werden in welch teilweise<br />

abenteuerlichen Art und Weise wir zwischen den Gletscherspalten herumgeturn sind. Ich<br />

hätte mir das in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Aber auch Georg war<br />

jetzt mehr gefordert, denn einen Idealweg im Gletscherbruch gibt es nun mal nicht und man<br />

muss ständig Ausschau halten wo man wie am besten weiter kommt.<br />

Dann ging es nochmals durch Fels und Schutt bis Georg uns wieder auf ein Firnfeld gelotst<br />

hatte.<br />

Auf dem Firnfeld waren kaum noch die Gletscherspalten zu sehen so dass es an der Zeit<br />

war die nächste Lektion zu lernen, das Anseilen und gehen in Seilschaften auf dem<br />

Gletscher. Nach der grundsätzlichen Einführung wurden zwei Seilschaften gebildet. Die<br />

Erste bestand aus Georg, Wolfgang J., Volker, Günter und Stephan und die Zweite aus mir<br />

–der Esel nennt sich eigentlich immer zuerst aber ich habe die chronologische Reihenfolge<br />

einhalten wollen in der wir am Seil gingen-, Dieter K., Felix, Tim und Dieter J.<br />

Und dann ging es zuerst über das Firnfeld und weil es ja auch anstrengen soll, vorerst ohne<br />

Steigeisen. Danach querten wir den Gletscher in einem Umweg zur Hütte. Zu diesem<br />

Zeitpunkt waren wir alle, außer Georg, schon ziemlich platt. Aus den ursprünglichen drei<br />

Stunden Aufstieg wurden, das möchte ich schon mal vorweg nehmen, 9.30 Std.!!!<br />

Und dann passierte das, was keiner von uns auch nur im Entferntesten vermutet hätte,<br />

auch nicht mal unser Georg.<br />

In der ersten Seilschaft krachte Volker tatsächlich in eine verdeckte Gletscherspalte. Er<br />

hatte keinen Boden mehr unter den Füßen und schaute, dank der straffen Seilführung,<br />

glücklicher Weise noch mit Kopf und Schultern aus der Gletscherspalte heraus. Somit<br />

konnten wir schon mal original Spaltenbergung üben. Das war schon ganz schön<br />

aufregend. Es ist doch was ganz anderes, auf einem Gletscher zu gehen wo man alle Spalten<br />

sieht, als dort, wo diese zugeschneit sind.<br />

30


Zum Glück ist Volker nur mit dem Schreck davon gekommen und hat sich keine Verletzung<br />

zugezogen.<br />

Anschließend gingen wir noch viel vorsichtiger über den Gletscher als vorher und waren<br />

froh und glücklich als wir das Ende des Gletschers erblicken konnten. Dies soll jedoch nicht<br />

heißen, dass es uns keine Spaß gemacht hätte, wir wären sicherlich noch stundenlang<br />

weiter auf dem Gletscher geblieben. Was uns zu schaffen machte war einfach die fehlende<br />

Flüssigkeit und die schwindende Kondition. Der Tiefschlag kam dann am Ende des<br />

Gletscherfeldes. Jetzt mussten wir nochmals durch steilen Fels und Schutt und einige<br />

kleinere Schneefelder bis wir endlich um 18.30 Uhr die Diavolezza-Hütte erreichten.<br />

Ich glaube sagen zu können, dass ich persönlich in meinem bisherigen Leben noch niemals<br />

so weit an die persönlichen konditionellen Grenzen gegangen bin wie heute.<br />

Wir hatten uns bei den Trinkvorräten auf eine 3-4 Std.-Tour vorbereitet, so dass wir total<br />

ausgetrocknet waren.<br />

Dann machte uns der Hüttenwirt klar, dass wir, bevor wir etwas zu trinken bekommen, erst<br />

einmal Quartier machen müssen. Ich glaube, keiner von uns hat jemals so gerne<br />

Leitungswasser im Waschraum getrunken wie heute. Die Stimmung war ebenfalls etwas auf<br />

31


dem Nullpunkt. Zum Glück haben wir alle gut durchgehalten, auch Dieter K. mit seiner<br />

Verletzung. Danach gabs was zum Futtern und wir haben versucht unseren<br />

Flüssigkeitshaushalt wieder aufzufüllen.<br />

Die ersten Stimmen wurden laut, dass wir den morgigen Aufstieg kaum schaffen werden da<br />

wir ja heute schon total platt sind. Nach langem hin und her wurde dann entschieden, dass<br />

wir morgen Ausbildung machen, denn uns fehlen schon noch ein paar Kenntnisse und<br />

Techniken um uns sicher im Gletscher und Eis zu bewegen und die Besteigung des Piz Palü<br />

fällt, trotz der traurigen Blicke und auch Kommentare von Dieter J. und Tim, aus.<br />

Mir persönlich fiel ein Stein vom Herzen, denn ich glaube, dass ich nach den heutigen<br />

Strapazen den Aufstieg nicht gut verkraftet hätte.<br />

Tja und so nebenbei gab es auch schon die ersten personenbezogenen Spitznamen. Tim,<br />

unser Benjamin in der Truppe, sorgte selbst dafür mit der Äußerung "ich bin ja noch im<br />

Wachstum“ und egal um was es ging, das Satzende bestand sehr häufig bei Allen aus<br />

diesem Halbsatz, wenn es um ihn ging. Anders bei Volker, denn sein Absturz in die<br />

Gletscherspalte brachte ihm den Spitznamen „nordfriesischer Spaltenspürhund“ ein. Und<br />

wer hat diesen Spitznamen erfunden?? Natürlich unser Benjamin Tim!<br />

Jetzt werden wir noch etwas für unseren Flüssigkeitshaushalt tun und dann unsere müden<br />

und kaputten Knochen und Muskeln zur Ruhe betten.<br />

32


Lassen wir uns überraschen was der morgige Tag bringen wird. Für heute mache ich das<br />

Tourenbüchlein zu.<br />

Montag, 03.09.<strong>2001</strong><br />

Als ich die Augen aufmachte sah ich einen strahlenden Morgen mit wolkenfreiem Himmel<br />

und Sonne total schon um 7.00 Uhr. Das versprach schon einiges und nach und nach<br />

krabbelten alle Mann aus ihren Schlafsäcken.<br />

Trotz Tiefschlaf war einigen von uns noch die Strapazen des Vortages anzusehen bzw. –<br />

merken.<br />

Um 7.30 Uhr saßen wieder Alle am Futtertrog und um 8.45 Uhr standen wir startklar vor<br />

der Hütte. Das Schöne war, dieses mal blieb ein Großteil unseres Gepäcks auf der Hütte<br />

und nur die Sachen, die wir wirklich brauchten, inkl. natürlich ausreichend Flüssigkeit –wir<br />

haben ja alle vom Vortag gelernt-, wurde mitgenommen. Dann schoss Dieter J. noch ein<br />

Gruppenfoto mit Selbstauslöser und los gings.<br />

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Unser heutiges Trainingsterrain war nur unweit der Hütte auf einem großen und etwas<br />

abschüssigen Firnfeld.<br />

An Ausbildungsinhalten war heute angesagt:<br />

das Abbremsen von Stürzen auf Schnee-, Firn- und Gletscherfeldern, das Abseilen mit<br />

Abseilachter und Selbstsicherung, das Bauen eines Flaschenzuges zur Bergung von<br />

Personen aus Gletscherspalten zum Einen bei Personen die bei Bewusstsein sind (mit der<br />

losen Rolle), zum Anderen bei Bewusstlosen.<br />

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...und zum Schluss die Selbstrettung aus Gletscherspalten mit Pursickschlingen, dem<br />

sogenannten „Aufpursicken“.<br />

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Das war doch noch ganz schön viel an Ausbildung was wir verinnerlichen mussten. Danach<br />

gings zurück auf die Hütte und Georg zeigte uns noch den Umgang mit Karte und Kompass<br />

sowie die Orientierung bei unterschiedlichen Sichtverhältnissen.<br />

Danach verabschiedete er sich von uns und fuhr mit der Seilbahn ins Tal und direkt nach<br />

Hause. Die Ausrüstung lies er uns da. Wolfgang und Dieter J. werden sie ihm am Mittwoch<br />

zurück bringen.<br />

Er hat sich ganz lieb von uns verabschiedet und, obwohl er niemals viel gesprochen hat,<br />

lobte er die ganze Mannschaft wegen der „ganz tollen Kameradschaft“ und der<br />

Selbstverständlichkeit wie man sich gegenseitig hilft. Das käme leider nur sehr selten vor<br />

und schon gar nicht in einer so großen Gruppe wie wir es dieses Mal sind.<br />

Ich denke, darauf können wir sehr stolz sein denn es waren doch einige Personen dabei die<br />

der Eine oder Andere nicht kannte und ob da immer die Chemie stimmt und man sich<br />

riechen kann ist keinesfalls immer selbstverständlich. Das es aber doch so war, zeigte uns<br />

das Lob von Georg.<br />

Auch wir haben ihm zu danken für seine immer sehr ruhige und besonnene Art und Weise.<br />

Er ist niemals ein unkalkulierbares Risiko eingegangen und hat uns sicher über alle<br />

Stationen unserer Tour gebracht auch wenn er uns konditionell ganz schön gefordert hat.<br />

Aber auch das ist eine Erfahrung um seine Möglichkeiten und Grenzen besser kennen<br />

lernen zu können. Vielleicht machen wir in den nächsten Jahren mal wieder eine Tour bei<br />

der uns Georg als Bergführer begleitet. Ich würde mich sehr darüber freuen.<br />

Dann, es war so gegen 14.00 Uhr, wurde erst mal gevespert und etwas relaxt. Unsere<br />

Youngsters gingen dann wieder aufs Firnfeld und übten nochmals das Gelernte.<br />

Man sieht den Bildern an, dass es ihnen allen unheimlich viel Spaß macht.<br />

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Wir Oldies haben uns noch etwas die Sonne auf den Kopf (für Bauch war es zu kalt)<br />

scheinen lassen, das Quartier wieder bezogen und danach habe ich mich an den Rand des<br />

Firnfeldes verzogen um in aller Ruhe unser Tourenbuch zu schreiben, damit keiner unserer<br />

Eindrücke verloren geht.<br />

Es ist jetzt 17.15 Uhr und der Nebel hat die Sonne verdrängt. Es wird sofort kühl und die<br />

Hände werden klamm. Ich werde vorerst meinen Bleistift einpacken denn mit kalten Pfoten<br />

lässt es sich nicht mehr gut schreiben.<br />

Morgen werden wir direkt bis zum Gasthof Morteratsch absteigen, einen schönen<br />

Tourenabschluss feiern und am Mittwoch, nach dem Frühstück, die Heimfahrt antreten.<br />

Dann ist diese schöne Tour, auf die wir uns alle so gefreut haben leider auch schon wieder<br />

zu Ende. Also genießen wir noch jede Minute die wir auf der Tour sein dürfen und saugen<br />

alle Eindrücke in uns auf. Hoffentlich können wir in unserer stressreichen Zeit noch lange<br />

davon zehren.<br />

Ich gehe jetzt wieder zurück zur Hütte, mache mich frisch fürs Abendessen und werde<br />

sicherlich mit allen Kameraden noch den einen oder anderen Bier- oder Weinkrug, in<br />

gemütlicher Runde, leeren.<br />

Ich bin gespannt wie wir uns morgen, ohne Bergführer, schlagen werden. Je nach Erfolg<br />

wird dies bestimmt auch ein Parameter für unsere zukünftigen Touren sein. Na schaun wir<br />

mal und gute Nacht.<br />

39


Dienstag, 04.09.<strong>2001</strong><br />

Heute fiel zumindest mir das Aufstehen rein physiologisch wieder etwas leichter da der<br />

gestrige Tag doch schon erholsamer war als die Tage zuvor. Leider konnte ich bei meinem<br />

ersten Blick durchs Fenster keine Sonne feststellen. Es war stark bewölkt und trüb.<br />

Wolfgang J. sagte mir, dass eine Frau, mit der er sich gestern auf der Hütte unterhalten<br />

hatte, sagte, wir bekämen ab heute schlechtes Wetter. Sie scheint Recht zu haben.<br />

Nach der Morgentoilette gings ab zum Frühstück und während wir uns dies schmecken<br />

ließen, fing es ganz leicht an zu schneien aber nur ganz feine Schneeflocken und somit auch<br />

kein Grund zu großer Besorgnis.<br />

Anschließend wurden die Lager geräumt, die Rucksäcke gepackt und wieder alle notwendige<br />

Hardware gerichtet. Während dieser Vorbereitungen konnten wir feststellen, dass der<br />

Schneefall doch immer stärker und die Flocken immer Dicker wurden. Oh je, ich glaube das<br />

gibt heute zum Abschluss noch mal ein echtes Abenteuer.<br />

Wir entschlossen uns, doch besser gleich die Jacken und Überhosen bzw. den Goretex-<br />

Kram anzuziehen denn sicherlich wären wir sonst sehr schnell nass bis auf die Haut.<br />

Also noch mal raus aus dem Sitz- und Brustgurt und Klamotten an und danach wieder rein<br />

in dasselbe. Dann wurden die Rucksäcke geschultert und raus gings in die nasskalte und<br />

weise Pracht<br />

40


.<br />

Unser erster Blick ins Tal verhieß auch nichts Gutes, denn dort war nichts mehr zu sehen<br />

außer Neben ohne Ende.<br />

Erste Zweifel kamen mir, ob wir nicht doch besser die Seilbahn nehmen sollten aber ich<br />

wollte nicht der Buhmann sein und schon gar kein Spielverderber. Sicherlich sah ich die<br />

Sache doch völlig falsch.<br />

41


Zum Glück hatten wir ja Dieter J. der mit Karte und Kompass durch seine Bundeswehrzeit<br />

umgehen kann und der wird uns schon auf dem richtigen Weg durch die Gletscher und<br />

Firnfelder bringen.<br />

Zuerst stiegen wir sehr steil im Fels und Geröll ab und man konnte schon feststellen, dass<br />

die Sache wesentlich klitschiger war als in den Tagen zuvor, also war höchste Vorsicht<br />

geboten. Über einen Muränenkamm ging es dann hinab zum Gletscher. Hier konnte man<br />

feststellen, dass es schon ganz schön geschneit hatte. Es waren keine Vorgängerspuren<br />

mehr zu erkennen. Zunächst seilten wir uns in eine 4er und 5er Seilschaft ein und dann<br />

querten wir den Gletscher bis zur gegenüber liegenden Geröllmuräne. Auf dieser Muräne<br />

ging es im steilen und sehr rutschigem Auf und Ab bis an den Einstieg auf den Morteratsch-<br />

Gletscher. Jetzt hies es wieder die Steigeisen anlegen und nicht zu vergessen, es schneite<br />

unaufhörlich und ganz schön dicke Flocken. Unsere Rucksäcke waren schon total<br />

durchnässt, aus den Handschuhen und unseren Schirmmützen lief das Wasser<br />

unaufhörlich.<br />

Einfach toll, dieses Ambiente!<br />

42


An den beiden Tagen zuvor hatte sich mein linkes Steigeisen ab und zu einmal gelöst und<br />

ich hatte gestern noch Georg gebeten dieses noch mal zu überprüfen. Er hatte es auch<br />

etwas verstellt und ich war mir sicher, dass es jetzt halten würde.<br />

Nach dem alle die Eisen unter den Füßen und den Pickel gezückt hatten gings, allerdings<br />

jetzt nicht mehr angeseilt –jetzt konnten wir die Spalten wieder sehen-, weiter auf dem<br />

Abstieg. Inzwischen wechselten sich Schneefall und aufziehender Nebel damit ab, uns die<br />

Sicht massiv zu erschweren und somit war die Orientierung auch sehr schwer. Wir konnten<br />

die beiden Seitenmuränen und die Gletscherbrüche nicht einsehen.<br />

Zu allem Übel hatte ich mich im festen Sitz der Steigeisen doch eines Besseren belehren<br />

lassen müssen. Nicht nur das linke Eisen löste sich ständig, d.h. alle 15 Minuten mal,<br />

sondern jetzt auch noch das rechte. Dies hieß, ständig die Karawane anhalten,<br />

Überhandschuhe und Handschuhe ausziehen, teilweise Rucksack runter, Eisen komplett<br />

lösen und neu fest machen, wieder die nassen Handschuhe mit großer Mühe anziehen, das<br />

gleiche galt für die Überhandschuhe, den Rucksack wieder auf den Rücken und weiter<br />

marschieren. Ich bewundere wirklich meine Kameraden die dies ohne Meckerei hinnahmen.<br />

Lediglich Dieter J. machte mir den Vorschlag, es mal Barfuss zu versuchen. Darauf bin ich<br />

allerdings nicht eingegangen, komisch, warum nur?<br />

Wir brauchten wegen der verflixt schlechten Sicht mehrere Versuche um auf dem Gletscher<br />

und dem jeweiligen Gletscherrand mit seinem Gletscherbruch den richtigen Abstieg zu<br />

finden und „irrten“ teilweise laut fluchend über den Gletscher. Ich glaube der eine oder<br />

andere sah sich schon als Gletschermumie. Lustig war es aber auf keinen Fall.<br />

43


Unsere beiden Youngsters, Dieter J. und Tim gingen vor und erkundeten den richtigen Weg<br />

nach dem Günter auch einen Bergsteiger auf dem Gletscher ausmachen konnte. Die Jungs<br />

brachten uns dann doch heil und sicher über den Gletscher. Komisch auf einmal war es<br />

total egal ob wir nass wie die Katzen waren, ob es schneite oder regnete. Hauptsache wir<br />

hatten den Weg auf dem Gletscher im Griff. Danke Dieter J., dass war hauptsächlich Dein<br />

Verdienst.<br />

Nach dem wir im unteren Abschnitt des Gletschers waren ging der Schnee in Regen über<br />

aber die Sicht wurde auch wesentlich besser und dann fiel auch die Orientierung viel<br />

leichter. Mein Steigeisen verabschiedete sich erneut was mich fast an den Rand des<br />

Wahnsinns führte und ich war stinksauer.<br />

Ich beantragte nochmals eine Steigeneisenmontierpause und Stephan half mir. Ich griff jetzt<br />

zur letzten Möglichkeit das Steigeisen im Halt zu verbessern, ich habe sie kleiner gestellt.<br />

Und siehe da, es hielt tatsächlich. Warum kam ich nicht schon früher auf diese Idee?<br />

Zur gleichen Zeit wurde unser Felix etwas übermütig und meinte, in Manier eines<br />

Weitspringers über einen Gletscherbach mit steil ansteigendem Gegenufer springen zu<br />

müssen. Mensch Bock, wie alt bist Du eigentlich? Und wie das halt mal so ist, je oller um so<br />

doller, legte er sich etwas unsanft auf die Knochen mit dem Ergebnis, dass er sich sein<br />

Fußgelenk verdrehte. Zum Glück war es nicht mehr sehr weit bis zum Fuß des Gletschers<br />

und wir brachten ihn ohne weiteren Schaden heil runter.<br />

Geschafft, wir sind alle heil, bis auf Felix, runter gekommen und sind auch alle stolz auf<br />

diese Leistung, es ohne Bergführer auch geschafft zu haben. Über die paar kleinen<br />

Problemchen da oben wollen wir nicht mehr reden, das war doch nichts besonderes...oder?<br />

Nun zogen wir die Steigeisen ein letztes Mal aus, verstauten den Pickel am Rucksack und<br />

wanderten in Richtung Gasthof Morteratsch, natürlich nicht ohne einen etwas wehmütigen<br />

Blick zurück zum Gletscher. Inzwischen hörte es auf zu regnen, warum auch nicht, wir<br />

waren ja sowieso total durchnässt. Während wir dem gut ausgebauten Weg folgten krachte<br />

es gegenüber in der Steinwand ganz massiv und wir konnten miterleben wie eine<br />

Steinlawine dort herunter prasselte. Das war schon imposant, mit welcher Wucht die Steine<br />

teilweise Bäume umknickten und ins Tal rasten. Wenn sich dort ein Wanderer befunden<br />

hätte wäre wohl nichts mehr von ihm übrig geblieben.<br />

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Gegen 14.00 Uhr hatten wir dann den Gasthof erreicht und machten dort für die heutige<br />

Nacht nochmals Quartier. Leider gab es keinen Trockenraum und der vorhandene Oelofen<br />

zeigte auch keine Bereitschaft anzuspringen. Somit verteilten wir unsere nassen Sachen im<br />

ganzen Lager. Überall tropfte es sinnlich vor sich hin.<br />

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Wir zogen erst mal trockene Sachen an und wärmten uns dann in der Gaststube des<br />

Gasthofes.<br />

Nach einem gemütlichen Essen und vielen guten Gesprächen gaben auch unsere „Neuen“<br />

ein Feedback zur Tour. Ich möchte es kurz zusammen fassen, von allen Seiten eine absolut<br />

positive Rückmeldung was wir „Alten“ ebenfalls bestätigen konnten.<br />

Gerade auch unsere beiden Jüngsten haben sich unheimlich gut verstanden obwohl,<br />

zwischen den Beiden liegen auch 13 Jahre. Ich sprechen von Tim mit seinen gerade mal<br />

zwanzig Lenzen und Dieter J. mit immerhin 33 Jahren. Die Zwei wollen sogar, wenn es<br />

terminlich klappt, separat zu unseren Touren ihre Steileisklettererfahrungen vertiefen.<br />

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Jungs, ich freue mich riesig, dass es Euch so gut gefallen hat und wünsche Euch für Eure<br />

Abenteuer im Steil- oder Wassefall-Eis ein gutes Gelingen und viel Spaß.<br />

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So langsam werden alle etwas bettschwer. Günter und Volker werfen noch eine Runde<br />

Feuerwasser und dann trotten wir langsam ins Lager zurück.<br />

Morgen starten wir in die Heimat und ich freue mich schon sehr auf meine Lieben. Ich weiß,<br />

auch meine Kameraden freuen sich auf zuhause. Jetzt lege ich wieder den Stift zur Seite,<br />

ziehe die Bettdecke bis an den Hals und mache die Augen zu. Gute Nacht.<br />

Mittwoch, 05.09.<strong>2001</strong><br />

Das Wetter ist uns heute auch nicht besonders gesonnen. Es ist trüb und feucht. Für<br />

unsere Rückreise im trockenen und warmen PKW ist uns das auch völlig egal. Nach einem<br />

ausgiebigen Frühstück räumten wir das Lager. Wolfgang und Dieter J. packten die<br />

Hardware für die Bergsteigerschule ein. Sie werden diese auf dem Heimweg bei Georg vorbei<br />

bringen. Unsere Sachen waren natürlich noch immer nass bzw. feucht und so packten wir<br />

sie auch in die Autos.<br />

Ein letzter Blick zurück<br />

Nun war die Zeit gekommen um Abschied zu nehmen. Verdammt, obwohl wir in dieser<br />

Formation das erste Mal unterwegs waren tat es doch schon etwas weh. Nach einem<br />

herzlichen Abschied traten wir gegen 9.30 Uhr die Rückfahrt an.<br />

Wolfgang und Dieter J. wollten über die Bodenseestrecke fahren, Volker über Innsbruck bis<br />

zu seiner Schwester in der Nähe von München, Günter, Dieter K. und Felix den gleichen<br />

Weg wie wir, d. h. über den Reschenpass, allerdings wollten sie noch mal kurz nach<br />

Pontresina reinfahren. Also trennten sich schon direkt von der Hauptstraße aus unsere<br />

Wege. Hoffentlich kommen alle heil und gesund zuhause an.<br />

Was macht man eigentlich, wenn man sich auf der Hinfahrt auf den Vordermann bzw. das<br />

Vorderauto wegen der Orientierung verlassen hat und keine Straßenkarte mit führt, auf der<br />

Rückfahrt???<br />

Ganz einfache Antwort: Man verfährt sich!<br />

Gesagt getan. Zuerst konnten wir uns sehr gut nach den Straßenschildern richten bis in<br />

einem kleinen Städtchen, der Name ist mir leider entfallen, es nur noch Richtung Davos<br />

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oder Meran ging. Also mussten wir uns, wohl oder übel entscheiden. Nach Davos wollten wir<br />

nicht, denn das lag viel zu weit weg von unserer Route. Also konnte es nur Meran sein. Das<br />

war auch logisch, denn auf der Hinfahrt gab es zwei Abzweigungen –einmal Richtung<br />

Reschenpass und einmal noch in der Schweiz- nach Meran. Also stand unsere Richtung<br />

fest, wir fahren Richtung Meran. Auf der Fahrt stellten wir sehr viele Parallelen zur Hinfahrt<br />

fest. Zum Einen waren dies Baustellen oder enge Ortsdurchfahren oder zum Anderen<br />

strategisch markante Punkte wie z.B. Hotels, Lokale oder besonders eindrucksvolle<br />

Gebäude. Also mussten wir eindeutig auf dem richtigen Weg sein. Dann kam ein Pass, der<br />

Ofenpass. Ich weis ganz genau, dass ich diesen Namen auf der Hinfahrt gelesen hatte aber<br />

ob wir tatsächlich über den Ofenpass kamen kann ich nicht mehr sagen. Also fuhren wir<br />

weiter bis endlich die Grenze kam. Endlich, also waren wir doch richtig! Oder????<br />

Als wir die Grenze passierten stellten wir plötzlich fest, dass wir die Grenze zwischen der<br />

Schweiz und Italien überschritten aber nicht wie geplant nach Österreich! Das nächste<br />

Hinweisschild verriet uns, dass wir uns ca. 35 km vor Meran befanden. Oh je, also doch<br />

total verfahren. Na gut, dann machen wir halt das Beste daraus und versuchen uns<br />

Richtung Reschenpass durchzuschlagen was uns übrigens, da ich mich nun wieder sehr<br />

gut auskannte, durch unsere Südtirolurlaube, nicht schwer fiel. Übrigens, hier in Südtirol<br />

standen tausend Sonnen am Himmel und es war keine Wolke zu sehen. Eine typische<br />

Wetterscheide. Es wurde uns zeitweise richtig warm im Auto. Jetzt waren wir aber auf der<br />

richtigen Strecke und fuhren nun zielorientiert den richtigen Weg über den Reschenpass<br />

und Zams nach Landeck und anschließend über den Fernpass Richtung Füssen und dann<br />

die Autobahn Richtung Ulm und Heilbronn.<br />

Sobald wir wieder in Österreich und anschließend im Allgäu waren regenete es wieder ohne<br />

Ende. Kurz vor Heilbronn legten wir eine Ess-, Tank- und Pinkelpause ein, übrigens die<br />

einzige da wir ja noch bei guter Zeit zuhause ankommen wollten. Alles ging gut bis kurz vor<br />

Crailsheim. Da ereilte uns noch eine Autobahnvollsperrung wegen eines LKW-Unfalles. Die<br />

Konsequenz war mindestens eine Stunde stauen und anschließend Umleitung über die<br />

Bundesstraße bis kurz vor Schwäbisch Hall und dann wieder auf die Piste. Zwischen<br />

Heidelberg und Darmstadt gab es dann noch eine Baustelle mit Stau die wir durch Nutzung<br />

der Mannheimer Autobahn umgehen konnten. Endlich um ca. 19.00 Uhr, nach fast 10stündiger<br />

Odyssee waren wir wieder zuhause, zwar etwas müde und abgeschlafft aber doch<br />

glücklich.<br />

Alle wurden schon sehsüchtig erwartet und wir konnten ja auch eine Menge erzählen.<br />

Anschließend mussten noch alle Sachen ausgepackt und überwiegend der Waschmaschine<br />

zugeführt werden. Danach gab es noch einen Schlummertrunk und ab in die Falle, denn<br />

zumindest Tim und ich mussten morgen wieder voll da sein und unseren Mann in der<br />

Firma stehen. So sage ich für diese Tour und mein Tourenbüchlein zum letzen Mal gute<br />

Nacht und hoffentlich bis bald zur nächsten Tour.<br />

Euer Protokoller<br />

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Nachbetrachtungen<br />

Jetzt sitze ich zuhause in meinem Büro. Die Bergsachen sind alle sauber und ordentlich<br />

verstaut und das Einzige, dass noch an unsere diesjährige Tour erinnert, sind die vor mir<br />

liegenden Fotos und mein Tourenbüchlein.<br />

Ich glaube, die Bilder habe ich mir schon hundert mal angesehen und jedes mal zähre ich<br />

noch von den wunderschönen Eindrücken die wir alle erleben durften. Dieter J., der mir<br />

direkt nach der Tour die ersten Digital-Bilder per E-Mail geschickt hat, empfindet dies<br />

ähnlich, denn er schrieb mir:<br />

„Es war eine ganz klasse Tour und ich habe mich sehr wohl gefühlt, es<br />

hat riesig Spaß gemacht und vor allem, ich fühle mich erholter wie<br />

wenn ich 2 Wochen in der Sonne am Strand gelegen hätte.“<br />

Ich glaube, sein Satz sagt das aus was wir alle denken und fühlen.<br />

Der erste Grobentwurf des Tourenberichtes ist auch fertig und ich warte noch auf Dieters<br />

CD-ROM mit den restlichen Bildern, damit ich diese noch einbinden kann.<br />

Inzwischen hat uns alle der Alltag wieder. Tim hatte in den letzten Tagen seinen<br />

Eignungstest für die Verwendung als Unteroffizier bei der Bundeswehr in Düsseldorf und<br />

hat bestanden. Am 5.11.01 wird er seinen Wehrdienst bei den Gebirgsjägern in<br />

Bischofswiesen und Bad Reichenhall antreten und wenn er es sich nicht innerhalb der<br />

ersten 4 Monate anders überlegt, wird dies mindestens die nächsten 4 Jahre sein Domizil<br />

sein.<br />

Für ihn steht allerdings hundertprozentig fest, dass er auf unserer nächsten Tour in 2002<br />

wieder dabei ist. Vielleicht können wir dann das Eine oder Andere von Tim lernen was uns<br />

noch an Wissen für unsere Touren fehlt. Na, schaun wir mal.<br />

Wie ich Felix kenne, wird er schon wieder fleißig dabei sein die neuen Tourenentwürfe<br />

abzuchecken und sicherlich wird er noch in diesem Jahr seine ersten Vorschläge kund tun.<br />

Wir werden dann sehr schnell einen Termin festlegen müssen, damit jeder diesen in seiner<br />

Urlaubsplanung mit der Familie und der Firma berücksichtigen kann. Ich bin schon jetzt<br />

gespannt darauf was er zusammen basteln wird.<br />

Ich mache jetzt für dieses Jahr endgültig mein Büchlein zu und werde es sorgfältig bei den<br />

Wandersachen verstauen.<br />

Hoffentlich gefällt Euch allen mein Bericht und bringt Euch auch die eine oder andere<br />

Erinnerung, an wunderschöne Stunden die wir in der Bernina erleben durften, zurück.<br />

Zuletzt auch noch ein Danke an unsere Lieben die uns jedes Jahr die Möglichkeit geben,<br />

uns für ein paar Tage auszuklinken, denn auch dies ist nicht selbstverständlich. Vielleicht<br />

könnt Ihr aber auch an meiner Berichterstattung erkennen, wie sehr uns dies gefällt und<br />

was es uns bringt. Ich habe es nicht glauben wollen wenn ich hörte, die Berge machen<br />

süchtig. Inzwischen kann ich das nur bestätigen aber zum Glück ist es keine Sucht die<br />

unsere Gesundheit gefährdet, zumindest so lange nicht, wie wir umsichtig sind und nur<br />

soviel riskieren wie alle vertreten können.<br />

Ich wünsche Euch allen eine gute Zeit.<br />

Tschüß bis bald<br />

Eurer<br />

Protokoller<br />

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