Nordlicht_0906.qxp - Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein
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nr. 09 | 2006 Offizielles Mitteilungsblatt der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
<strong>Nordlicht</strong><br />
November 2006 | 9. jahrgang<br />
A K T U E L L<br />
DROHENDER ÄRZTEMANGEL<br />
IN SCHLESWIG-HOLSTEIN<br />
DIE NEUE<br />
NOTDIENST-<br />
ORDNUNG
2 HINWEIS<br />
+++ LETZTE MELDUNG +++ LETZTE MELDUNG +++ LETZTE MELDUNG +++<br />
Kennzeichnung der Vordruckmuster bei Unfällen<br />
Bei stichprobenartigen Prüfungen durch die Krankenkassen ist aufgefallen, dass die Unfallkennzeichnung auf<br />
Verordnungsblättern relativ selten erfolgt, obwohl eindeutige Diagnosen, die augenscheinlich auf ein Unfallereignis<br />
schließen lassen, angegeben werden. Da durch die korrekte Kennzeichnung zusätzliche Finanzmittel gewonnen<br />
werden, die unter anderem auch für höhere ärztliche Vergütungen verwendet werden können, sollte<br />
die konsequente Umsetzung im eigenen Interesse liegen.<br />
+++<br />
Pneumokokken und Meningokokkenimpfung<br />
Wie bereits im <strong>Nordlicht</strong> Nr. 8 mitgeteilt, kann sowohl die Pneumokokken- als auch die Meningokokkenimpfung<br />
nach der STIKO-Empfehlung 2006 zu Kassenlasten erbracht werden.<br />
Empfohlen wird die Pneumokokkenimpfung im 2.,3.,4. und 11. bis 14. Lebensmonat. Die Meningokokkenimpfung<br />
wird ab dem 12. vollendeten Lebensmonat empfohlen. Die STIKO sieht weiterhin vor, dass unabhängig<br />
von den genannten Terminen fehlende Impfungen nachgeholt werden sollen. Diese können auch zu Kassenlasten<br />
erbracht werden. Die Impfung der Kleinkinder sollte jedoch im Vordergrund stehen und es sollte abgewogen<br />
werden, ob die Impfung in einem höheren Lebensalter noch sinnvoll ist. Hier ist von dem Arzt jeweils<br />
eine Einzellfallentscheidung zu treffen, da es von Seiten der Krankenkassen keine Altersempfehlung gibt.<br />
THOMAS FROHBERG, KVSH<br />
+++<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
EDITORIAL<br />
Dr. Ingeborg Kreuz,<br />
stv.Vorsitzende, KVSH<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
zwei Dinge bewegen zur Zeit unsere Gemüter – zum einen die neue<br />
Notdienststruktur - zum anderen die geplante Gesundheitsreform.<br />
Bei der neuen Notdienststruktur befinden wir uns zur Zeit in der<br />
Umsetzungsphase. Dieses NORDLICHT informiert zum aktuellen Stand.<br />
Die Abgeordnetenversammlung hat am 11.10.2006 die neue<br />
Notdienstsatzung verabschiedet und - vorbehaltlich der Zustimmung<br />
der Kammerversammlung - die Voraussetzung geschaffen, dass die<br />
neue Struktur pünktlich zum 02.01.2007 landesweit umgesetzt werden<br />
kann. Unser Dank gilt hier neben den Mitarbeitern des Hauses<br />
unserem Notdienstbeauftragen Herrn Jens-Uwe Schneider und Herrn<br />
Dr. Hans-Joachim Commentz, der sich wie kein anderer für diese<br />
innovative Struktur einsetzt.<br />
Wenig erfreulich ist dagegen die Entwicklung der geplanten<br />
Gesundheitsreform. Allen warnenden Stimmen zum Trotz versucht die<br />
Große Koalition dieses Ungetüm auf den Weg zu bringen. Am<br />
25.10.2006 als Regierungsentwurf im Bundeskabinett beschlossen,<br />
wird schon zwei Tage später im Bundestag die erste Lesung erfolgen.<br />
Hoffen wir, dass - wie auf dem außerordentlichen Ärztetag am<br />
24.10.2006 in Berlin - die kritischen Stimmen Gehör finden.<br />
Eindrucksvoll wurde in Berlin von dem Präsidenten der<br />
Bundesärztekammer Herrn Prof. Jörg-D. Hoppe und dem KBV-<br />
Vorsitzenden Dr. Andreas Köhler vor den Folgen gewarnt.<br />
Mit Volldampf in die Staatsmedizin – dieses Szenario verknüpft sich<br />
unabdingbar mit der geplanten Reform und dies wollen wir mit allen<br />
Mitteln verhindern. Um es mit den Worten von Prof. Hoppe zu sagen:<br />
„Wir sind keine Staatsmediziner und wir sind auch keine<br />
Rationierungsassistenten“.<br />
Mit freundlichen Grüssen<br />
Ihre<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
3
4 INHALT<br />
TITELTHEMA<br />
Zur medizinischen Versorgung der<br />
Bevölkerung in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>................ 06<br />
Betrachtungen aus hausärztlicher Sicht – Weniger<br />
Weiterbildungsassistenten in der Allgemeinmedizin.<br />
Ärztemangel – was tun gegen eine<br />
Unterversorgung im ländlichen Raum?.......... 08<br />
Wie kann die Attraktivität der Niederlassung<br />
für Ärzte gefördert werden?<br />
Arbeiten bis über 68? .................................. 10<br />
Das NORDLICHT hat Ärztinnen und Ärzte befragt,<br />
wie sie sich verhalten würden.<br />
Der Hausarztmangel und ein<br />
mögliches Gegenmittel .................................. 12<br />
Situation bei den Hausärzten in ländlichen<br />
Gebieten besonders problematisch.<br />
IMPRESSUM<br />
NORDLICHT AKTUELL<br />
Offizielles Mitteilungsblatt<br />
der <strong>Kassenärztliche</strong>n<br />
<strong>Vereinigung</strong><br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
Herausgeber:<br />
<strong>Kassenärztliche</strong><br />
<strong>Vereinigung</strong><br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
Ralf Wilhelm Büchner<br />
(Vorsitzender, v.i.S.d.P.)<br />
Redaktion:<br />
Dr. Michael Drews (Leiter)<br />
Prof. Jens-Martin Träder<br />
(stv. Leiter)<br />
Hildegard Laitenberger<br />
Jakob Wilder<br />
Redaktionsbeirat:<br />
Ekkehard Becker<br />
Ralf Wilhelm Büchner<br />
Dr. Ralph Ennenbach<br />
Dr. Ingeborg Kreuz<br />
Reinhardt Hassenstein<br />
Robert Quentin<br />
06<br />
Die hausärztliche Versorgung in<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ist zurzeit in<br />
den kreisfreien Städten gut, in<br />
vielen Landkreisen ausreichend<br />
und in gewissen Problemregionen<br />
unzureichend. Die Tendenz in den<br />
Niederlassungszahlen und die<br />
Altersstruktur der Praxisinhaber geben<br />
berechtigten Anlass zur Sorge.<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
Bismarckallee 1–6<br />
23795 Bad Segeberg<br />
Tel.: 04551 / 883 356<br />
Fax: 04551 / 883 396<br />
Email: presse@kvsh.de<br />
http://www.kvsh.de<br />
Grafik:<br />
LayoutDeluxe, Hamburg<br />
Druck:<br />
Grafik + Druck, Kiel<br />
<strong>Kassenärztliche</strong> Bedarfsplanung .................. 14<br />
Bessere Aussichten für Frauen- und Nervenärzte.<br />
Kein Arzt mehr – weit und breit.................... 16<br />
Die Sorge vor einem massiven Ärztemangel wächst.<br />
Der dritte Weg – evolutionäre<br />
Revolution .................................................... 17<br />
Prof. Dr. Fritz Beske<br />
18<br />
Die Abgeordnetenversammlung hat die<br />
neue Notdienstsatzung verabschiedet.<br />
Wenn nun die Kammerversammlung<br />
ebenfalls zustimmt, wird in <strong>Schleswig</strong>-<br />
<strong>Holstein</strong> einmal mehr Versorgungsgeschichte<br />
geschrieben.<br />
Notdienst geht in die Umsetzungsphase ........ 18<br />
AV verabschiedet die neue Notdienstsatzung.<br />
Von Skepsis zu Akzeptanz .............................. 20<br />
Erfahrungsbericht zum neuen Notdienst.<br />
Das NORDLICHT erscheint monatlich als Informationsorgan der<br />
Mitglieder der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge und Leserbriefe geben nicht<br />
immer die Meinung des Herausgebers wieder; sie dienen dem<br />
freien Meinungsaustausch. Jede Einsendung behandelt die<br />
Redaktion sorgfältig. Die Redaktion behält sich die Auswahl der<br />
Zuschriften sowie deren sinnwahrende Kürzung ausdrücklich vor.<br />
Die Zeitschrift, alle Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />
geschützt. Nachdruck nur mit schriftlichem Einverständnis des<br />
Herausgebers. Wenn aus Gründen der Lesbarkeit die männliche<br />
Form eines Wortes genutzt wird („der Arzt“), ist hiermit selbstverständlich<br />
auch die weibliche Form gemeint („die Ärztin“).<br />
Preis je Heft: 6 Euro plus Porto.<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
AKTUELLES<br />
28<br />
„Endlich ist es soweit, wir<br />
können eine GmbH gründen“<br />
– solche und ähnliche<br />
Freudenrufe waren von vielen<br />
Ärzten zu vernehmen.<br />
Doch was hat es mit dieser<br />
Rechtsform wirklich auf sich?<br />
Vor- und Nachteile werden<br />
beleuchtet.<br />
Abgeordnetenversammlung<br />
Neue Notdienstsatzung verabschiedet ........................................ 22<br />
Nachrichten ........................................................ 24<br />
• Einigkeit: Reform großer Unsinn<br />
• Krankenkassen: Beiträge steigen drastisch<br />
• Erstes Carl Georg Schirren Symposium<br />
• Kassengebühr “sinnlos”<br />
• Hartmannbund bereitet bundesweite Praxisschließungen vor<br />
• KVMV: 44.000 Unterschriften gegen Reform..............................25<br />
• Wirtschaftsinstitute kritisieren Gesundheitsreform<br />
• KBV: Scharfe Kritik am Referentenentwurf<br />
• Gesundheitsreform erreicht den Bundestag<br />
Bürokratismus<br />
Viel Lärm um (bisher fast) nichts oder<br />
der Berg kreiste und gebar eine Maus.......................................... 30<br />
Vor Ort<br />
Leben auf der Schwelle ................................................................ 34<br />
Zu guter Letzt<br />
Zitate und Markantes aus Politik und Gesellschaft ...................... 35<br />
Buchtipp<br />
Oberender/ Hebborn/ Zerth: Wachstumsmarkt Gesundheit ........ 37<br />
Lärm um (bisher fast) nichts oder:<br />
Der Berg kreiste und gebar eine Maus.<br />
Lesen Sie einen Bericht über die<br />
Erfahrungen des „Entbürokratisierungs-<br />
30Viel<br />
beauftragten“ der KVSH.<br />
KV INTERN<br />
Qualitätssicherung<br />
Dialyse .......................................................................................... 26<br />
Phototherapeutische Keraktonomie ............................................ 26<br />
Neue Speichertechniken in der Sonographie .............................. 27<br />
Betriebswirtschaftliche Beratung<br />
„Endlich ist es soweit, wir können eine GmbH gründen“ ............ 28<br />
Psychotherapie<br />
Versorgung von psychisch kranken Menschen ............................ 36<br />
Seiten für das Praxisteam<br />
Checkliste: Telefonieren ................................................................39<br />
STANDARDS<br />
Editorial .............................................................. 03<br />
Forum .................................................................. 32<br />
Kolumne<br />
Bürokratie-Folter-Hitparade.......................................................... 35<br />
Steckbrief der Abgeordneten .............................. 38<br />
Dr. Friedrich-Wilhelm Busse<br />
Seminarkalender..................................................40<br />
Termine................................................................ 42<br />
Telefon .. .............................................................. 43<br />
Kreisstellen.......................................................... 44<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
5
6<br />
TITELTHEMA<br />
Ärztemangel – was tun gegen eine<br />
Unterversorgung im ländlichen Raum?<br />
Wie kann die Attraktivität der Niederlassung<br />
für Ärzte gefördert werden?<br />
Welche Maßnahmen sind bereits<br />
eingeleitet oder umgesetzt worden?<br />
Landräte, Landespolitiker und Ärzte<br />
geben Antworten.<br />
LANDRAT GEORG<br />
GORRISSEN,<br />
KREIS SEGEBERG<br />
„Auf der Grundlage des Versorgungsberichtes<br />
2005 der <strong>Kassenärztliche</strong>n<br />
<strong>Vereinigung</strong> des<br />
Landes <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
müssen wir für den Kreis Segeberg<br />
feststellen, dass die zukünftige<br />
ambulante Versorgung<br />
auch hier gefährdet ist. Bis 2015 ist damit zu rechnen, dass<br />
ohne zusätzliche Anreize für die Niederlassung im ländlichen<br />
Raum die Anzahl der praktischen Ärzte, Allgemeinmediziner<br />
und hausärztlichen Internisten aus Altersgründen um mehr als<br />
die Hälfte zurückgehen wird.<br />
Aus diesem Grunde muss für junge Ärztinnen und Ärzte der<br />
Arztberuf im ambulanten Sektor wieder attraktiver gestaltet<br />
werden. Der Kreis Segeberg unterstützt die Forderung nach<br />
Bürokratieabbau und leistungsgerechter Bezahlung in den<br />
Praxen. Ärztinnen und Ärzte sollten wieder zu 90 Prozent ihrer<br />
ärztlichen Tätigkeit nachgehen und nicht gleichzeitig neben<br />
ihrer kaufmännischen Verantwortung für ihre Praxis in die Bürokratie<br />
eingebunden sein. Hierfür sind management-orientierte<br />
Assistenzkräfte notwendig, die insbesondere in Medizinischen<br />
Versorgungszentren, Praxisgemeinschaften oder auch<br />
in Praxisnetzwerken in den Einsatz gebracht werden können.<br />
Alle Leistungsanbieter im ambulanten Sektor müssen sich<br />
verstärkt mit den teilstationären und stationären Leistungsanbietern<br />
vernetzen. Der im Februar 2006 gegründete Verein Telekommunikation<br />
Segeberger Ärzte (VTSÄ) ist hierfür ein gutes<br />
Beispiel. Die Gesundheitsregion Segeberg unterstützt die<br />
zukunftsgerichtete telemedizinische Vernetzung und bietet<br />
hierfür eine geeignete Plattform an auch mit dem Ziel, Fördermittel<br />
zu akquirieren."<br />
DR. HEINER GARG,<br />
STELLVERTRETENDER<br />
VORSITZENDER DER FDP-<br />
FRAKTION IM SCHLESWIG-<br />
HOLSTEINISCHEN LANDTAG<br />
„Wer dafür sorgt, die Polikliniken<br />
der ehemaligen DDR in<br />
Form von Medizinischen Versorgungszentren<br />
wieder aufleben<br />
zu lassen, darf nicht im<br />
selben Atemzug das fortschreitende Praxissterben auf dem<br />
Land beklagen. Die permanente Aushöhlung der Freiberuflichkeit<br />
des Arztes durch den Gesetzgeber muss gestoppt<br />
werden. Die Freiberuflichkeit muss wieder gestärkt werden.<br />
Diesem Ziel entgegenstehende Regelungen, z. B. im GMG,<br />
müssen zurückgenommen werden.“<br />
DER HAUSARZT –<br />
AUSSTERBENDE<br />
Zur medizinischen Versorgungssituation<br />
der Bevölkerung in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
aus hausärztlicher Sicht.<br />
PROF. DR. MED. JENS-MARTIN TRÄDER, FACHARZT FÜR ALLGEMEINMEDIZIN,<br />
LÜBECK; LEHRBEAUFTRAGTER FÜR ALLGEMEINMEDIZIN AN DER<br />
UNIVERSITÄT SCHLESWIG-HOLSTEIN, CAMPUS LÜBECK<br />
Die hausärztliche Versorgung in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ist zurzeit in den kreisfreien<br />
Städten zahlenmäßig gut, in vielen Landkreisen ausreichend und<br />
in gewissen Problemregionen unzureichend. Die Tendenz in den Niederlassungszahlen<br />
und die Altersstruktur der Praxisinhaber geben berechtigten Anlass<br />
zur Sorge.<br />
1. Analyse der momentanen Situation<br />
Zum Ende des Jahres 2005 wurde die hausärztliche Versorgung in <strong>Schleswig</strong>-<br />
<strong>Holstein</strong> von 1.503 Allgemeinärzten und praktischen Ärzten sichergestellt. Wie im<br />
gesamten Bundesgebiet steigt das Durchschnittsalter aller Vertragsärzte auch in<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> kontinuierlich an. Im Jahr 2005 stand das Durchschnittsalter<br />
der Vertragsärzte auf dem bisherigen Höchststand von 50,5 Jahren. Die Altersstruktur<br />
der Hausärzte in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> liegt höher als im Bundesdurchschnitt.<br />
Mehr als die Hälfte der Hausärzte in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> (58 Prozent) ist über<br />
50 Jahre alt und wird – wenn man den durchschnittlichen Eintritt in den Ruhestand<br />
optimistischerweise mit 65 Jahren annimmt – in den nächsten zehn Jahren<br />
die Praxis in „jüngere Hände“ abgeben wollen. Man muss daher von einem Ersatzbedarf<br />
von hochgerechnet ca. 900 Allgemeinärzten in den nächsten zehn Jahren<br />
für <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ausgehen.<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
EINE<br />
SPEZIES?<br />
Dieses Problem ist allerdings kein spezifisch norddeutsches: Bundesweit gibt<br />
es ähnliche Analysen, wobei die Situation in den neuen Bundesländern noch erheblich<br />
dramatischer ist. Es ist daher bundesweit von einem erheblichen Versorgungsproblem<br />
spätestens ab dem Jahr 2015 auszugehen. Schon in den nächsten<br />
Jahren werden diese Veränderungen regional zu erheblichen Verwerfungen führen,<br />
da das Versorgungsdefizit sich zunächst in ländlichen Kreisen auswirken wird.<br />
Diese Mangelsituation, die teilweise schon heute besteht, wird in der öffentlichen<br />
Wahrnehmung eher verschleiert, da die ausreichende Versorgung in den<br />
kreisfreien Städten die Sichtweise der Medien und der Bevölkerung majorisiert.<br />
2. Gegenmaßnahmen<br />
2.1 Förderung der Weiterbildung<br />
Als Gegenmaßnahme hat die <strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
(KVSH) schon vor Jahren eine Reihe von strukturellen Maßnahmen ergriffen. So fördert<br />
sie – gemeinsam mit den Krankenkassen – pro Jahr 140 Stellen für Ärztinnen<br />
und Ärzte, die sich in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin befinden,<br />
mit monatlich 2.044 Euro pro Weiterbildungsstelle. Zurzeit sind im Jahr<br />
ungefähr 100 dieser Stellen besetzt.<br />
2.2 Notdienst<br />
Die Unterversorgung zeigt sich schon jetzt am ehesten auf dem „flachen Land“,<br />
hier vor allem an der gesamten Westküste (Nordfriesland, Dithmarschen, Steinburg),<br />
im Bereich Angeln sowie im östlichen Herzogtum Lauenburg. Neben der Reduktion<br />
der allgemeinen Lebensqualität durch die Landflucht aus diesen ländlichen<br />
Gebieten liegt es vor allem an der hohen Dienstbelastung der Praxisinhaber, die das<br />
Haupthindernis für eine Neubesetzung der Praxen darstellt. Eine Möglichkeit, gegen<br />
diesen Trend zu arbeiten, besteht in der Entwicklung eines Notdienstsystems,<br />
das die Inhaber der Landarztpraxen von zu häufigen Diensten entlastet und damit<br />
LANDRAT REINHARD SAGER,<br />
KREIS OSTHOLSTEIN<br />
„Für die Region Ostholstein ist<br />
in den letzten Jahren das<br />
Thema Gesundheit zu einem<br />
neuen Schwerpunkt der Wirtschaftsentwicklung<br />
geworden.<br />
Den Gesundheitsstandort Ostholstein<br />
zu stärken und zu profilieren<br />
– das spielt für uns<br />
heute schon eine bedeutende Rolle. Nicht nur, dass der Kreis<br />
Standort von 15 Krankenhäusern und 21 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen<br />
ist, in denen mehrere 1.000 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter beschäftigt sind. Ergänzt wird<br />
dieses Angebot auch durch eine überdurchschnittlich hohe<br />
Anzahl von Einrichtungen der Seniorenbetreuung und<br />
–pflege, unter anderem ausgelöst durch die demographische<br />
Entwicklung. Nicht nur, dass die Bevölkerung des Kreises -<br />
wie fast überall in Deutschland - immer älter wird. Ostholstein<br />
ist darüber hinaus seit einigen Jahren verstärkt zum<br />
Ziel von Ruhestandswanderern geworden. Das heißt: Die<br />
wachsende Zahl der über 60-Jährigen wird nach Aussagen<br />
von Fachleuten zu Nachfragesteigerungen in all jenen Wirtschaftsbereichen<br />
führen, die den Bedürfnissen und Interessen<br />
der älteren Generation entsprechen. Dies sind nicht nur<br />
die Bereiche Kultur und Freizeit, sondern auch die Bereiche<br />
Gesundheit und Pflege. Sie gehören zu den Strukturgewinnern<br />
einer älter werdenden Gesellschaft. Die Kreisverwaltung<br />
beschäftigt sich daher schon seit längerer Zeit mit der demografischen<br />
Entwicklung und unterstützt diesen Prozess aktiv,<br />
beispielsweise durch die Analysierung und Auswertung von<br />
zusammengetragenen Zahlen und Fakten und soweit möglich<br />
durch gezielte Projektentwicklung oder -koordinierung.<br />
Alle vorgenannten Aktivitäten und Planungen tragen dazu<br />
bei, dass der Kreis Ostholstein als Standort auch für Fachärzte<br />
attraktiv bleiben oder möglicherweise noch interessanter<br />
werden wird. Auch die durch den Kreis vor drei Jahren<br />
durchgeführte Privatisierung der jetzigen Sana-Kliniken mit<br />
den Standorten Eutin, Oldenburg und Burg auf Fehmarn hat<br />
diesen Prozess unterstützt. Die Errichtung von Ärztehäusern<br />
in Oldenburg i. H. und in Burg auf Fehmarn sind ganz konkrete<br />
Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen<br />
Krankenhäusern einerseits und niedergelassenen Ärzten<br />
andererseits.“<br />
ANGELIKA BIRK (BÜNDNIS<br />
90/DIE GRÜNEN SCHLESWIG-<br />
HOLSTEIN), SOZIAL- UND<br />
GESUNDHEITSPOLITISCHE<br />
SPRECHERIN DER LAND-<br />
TAGS-FRAKTION SOWIE<br />
STELLVERTRETENDE<br />
FRAKTIONSVORSITZENDE<br />
„Teamarbeit statt Einzelkämpfertum,<br />
dies sehe ich als Zukunftsvision,<br />
auch und gerade für die Versorgung im ländlichen<br />
Bereich. Das heißt Integrierte Versorgung, Polikliniken,<br />
Gemeinschaftspraxen, auch gemeinschaftlich organisierte<br />
Notdienste. Es muss auch die Erlaubnis für etablierte Ärztinnen<br />
und Ärzte geben, Dependancen mit angestellten Ärztinnen<br />
und Ärzten zu eröffnen. Das persönliche Vertrauensverhältnis<br />
in der Behandlung muss darunter nicht leiden."<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
7
8 TITELTHEMA<br />
LANDRAT DR. JÖRN<br />
KLIMANT, KREIS<br />
DITHMARSCHEN<br />
„Der Einfluss der Kreisgremien<br />
und Landräte auf die Niederlassungspraxis<br />
in <strong>Schleswig</strong>-<br />
<strong>Holstein</strong> ist eher begrenzt, weil<br />
hierfür in erster Linie die <strong>Kassenärztliche</strong><br />
<strong>Vereinigung</strong> zuständig<br />
ist. Der Kreis Dithmarschen<br />
kann jedoch weitgehend auf die Attraktivität des Gesundheitsstandortes<br />
Dithmarschen Einfluss nehmen, weil er<br />
noch Gesellschafter der Westküstenkliniken Brunsbüttel und<br />
Heide ist. In dieser Funktion werden folgende Maßnahmen<br />
massiv gefördert:<br />
1. In den Westküstenkliniken sind in den letzten Jahren zusammen<br />
mit dem Qualitätsnetz Dithmarschen 23 Allgemeinmediziner<br />
ausgebildet worden, von denen sich ein Teil<br />
der Ärzte in Dithmarschen niedergelassen hat. Weitere<br />
acht Ärztinnen und Ärzte befinden sich derzeit in dieser<br />
Ausbildung in den Westküstenkliniken. Ein Teil der Ausbildung<br />
wird auch in niedergelassenen Praxen absolviert. Dadurch<br />
lernen Weiterbildungsassistenten die Situation einer<br />
Niederlassung in Dithmarschen kennen.<br />
2. In und an den Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide<br />
sind inzwischen 14 Facharztsitze in unmittelbarer räumlicher<br />
Verbindung tätig. Durch diese räumliche Nähe gibt<br />
es eine enge persönliche Zusammenarbeit mit den Ärzten<br />
der Kliniken. Diese Zusammenarbeit nutzt gemeinsame<br />
Ressourcen (z. B. Geräte und Konsiliardienste), damit die<br />
Arbeitszufriedenheit auf beiden Seiten wächst.<br />
3. In vier Fällen werden niedergelassene Ärzte im Rahmen<br />
der nach dem Kassenarztrecht zulässigen 13 Stunden/Woche<br />
mit einem Arbeitsvertrag in der Klinik beschäftigt und<br />
übernehmen in der Verzahnung Dienstaufgaben in den Kliniken<br />
wahr.<br />
4. Insgesamt sind acht Belegärzte an den Westküstenkliniken<br />
tätig. Dies ist der klassische Fall der Integrierten Versorgung<br />
und macht Arztpraxen in Dithmarschen attraktiv. Drei<br />
niedergelassene Ärzte führen darüber hinaus Operationen<br />
an den Kliniken durch.<br />
5. Es wird gerade ein interessantes Modell der Datenvernetzung<br />
zwischen den im Praxisnetz Dithmarschen (MQW) organisierten<br />
Ärzten und den Kliniken entwickelt, das mustergültig<br />
für <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> wäre. Damit wird Dithmarschen<br />
wieder einmal ein Vorbild in Sachen Innovation.<br />
6. Viele Fortbildungsaktivitäten zwischen niedergelassenen<br />
Ärzten und den Kliniken werden bereits gemeinsam am<br />
Bildungszentrum für Berufe im Gesundheitswesen organisiert.<br />
Damit wird eine ortsnahe Fortbildung angeboten.<br />
Auch dieses Angebot steigert die Attraktivität der Praxissitze<br />
in der Region.<br />
7. Seit dem 01.01.2002 wird bereits die Anlaufpraxis der<br />
niedergelassenen Ärzte aus dem Südkreis an der Westküstenklinik<br />
Brunsbüttel betrieben. Ein Modell, das jetzt auch<br />
an vielen Kliniken im Lande ab 01.01.2007 eingeführt<br />
werden soll. Die Schaffung größerer Notdienstbezirke ist<br />
ein Beitrag dazu, die Arztpraxen wieder attraktiver zu machen,<br />
weil die Zahl der Dienste reduziert wird.<br />
Insgesamt unterstützt die Politik im Kreis Dithmarschen über<br />
die Kliniken stark die Kooperationsbemühungen im Interesse<br />
eines innovativen Gesundheitsstandortes Dithmarschen.“<br />
die Tätigkeit dort wieder attraktiver erscheinen lässt. Hier erarbeitet die KVSH ein<br />
neues Notdienstkonzept.<br />
2.3 Steigerung der Attraktivität des Hausarztberufes<br />
Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt bei den Hausärzten zurzeit 59 Stunden<br />
pro Woche, wobei die Arbeitszeit in Landarztpraxen eher noch höher liegt.<br />
Über die Hälfte aller männlichen Hausärzte in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> gab an, mehr als<br />
60 Wochenstunden zu arbeiten. Die Arbeitsbelastung ist ein Hindernis für die Berufsanfänger,<br />
sich diesem Berufsfeld zuzuwenden, ein anderes ist die mangelhafte<br />
Honorierung.<br />
Hier muss daher einerseits bei der Arbeitsbelastung, andererseits vom Honorar<br />
her ein erheblicher Attraktivitätszuwachs erreicht werden, um die Versorgung<br />
der Bevölkerung durch Hausärzte auf lange Sicht sicher zu stellen.<br />
2.4 Nachwuchsförderung<br />
Eine andere Möglichkeit, auf diesen negativen Trend einzuwirken, liegt in der Ausbildung<br />
der Studenten. In der Vergangenheit (1995-2000) lag die Zahl der Studenten,<br />
die sich gegen Ende des Studiums vorstellen konnten Hausarzt zu werden,<br />
bei ca. drei bis fünf Prozent (mündliche Mitteilungen aus den Lehraufträgen in<br />
Kiel und Lübeck). Bis zum Jahr 2006 hat sich diese Zahl durch die Stiftungsprofessur<br />
in Kiel und die Umstrukturierung des Lehrauftrags in Lübeck auf ca. 15 Prozent<br />
(Kiel) und ca. 20 Prozent (Lübeck) deutlich gesteigert. Für eine ausreichende<br />
Anzahl an Hausärzten müsste die Zahl der Studenten, die am Ende des Studiums<br />
angeben, Hausärzte werden zu wollen, aber mindestens 25 Prozent betragen.<br />
3. Lösungsmöglichkeiten<br />
Es bleiben also drei Problemfelder bestehen, deren mögliche Abhilfe im Folgenden<br />
schlagwortartig skizziert wird:<br />
3.1 Förderung des Nachwuchses durch<br />
• Einrichtung der Allgemeinmedizin an beiden Universitäten in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>,<br />
um mehr Studenten als bisher auf die Hausarztmedizin aufmerksam zu<br />
machen,<br />
• Forschungsförderung für spezifisch hausärztliche Fragestellungen, um die Medizin<br />
für die Hausärzte transparent und nachvollziehbar zu gestalten und<br />
• Förderung der Facharztweiterbildung für Allgemeinärzte, um die Ausbildung<br />
zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu erleichtern.<br />
3.2 Begünstigung der Niederlassung in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> durch<br />
• Förderung der Niederlassung von Hausärzten in Problemregionen (Westküste)<br />
durch Finanzierungshilfen und Umsatzgarantien sowie<br />
• Erleichterung der ärztlichen Tätigkeit durch Reduktion der Arbeitsbelastung<br />
durch geregelten Notdienst.<br />
3.3 Steigerung der Attraktivität des Berufsbildes durch<br />
• Erwirkung eines ausreichenden und berechenbaren Honorars für eine anstrengende,<br />
anspruchsvolle und verantwortungsvolle freiberufliche Tätigkeit<br />
sowie eine<br />
• Erleichterung der Arbeit am Patienten durch Entlastung der Praxen von überflüssiger<br />
Arbeit durch überbordende Bürokratie und Formularwesen.<br />
Fazit:<br />
Wenn auf diesen drei Arbeitsfeldern mit intensiven Bemühungen in einem nahen<br />
Zeitfenster Fortschritte erzielt werden können, dann – aber nur dann! – wird<br />
die hausärztliche Versorgung der Patienten in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> gut oder zumindest<br />
ausreichend sicher gestellt sein. Sollten hier keine Verbesserungen erreicht<br />
werden, wird es schon in naher Zukunft Versorgungsengpässe geben.<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
WENIGER<br />
WEITERBILDUNGSASSISTENTEN<br />
IN DER ALLGEMEINMEDIZIN<br />
BIANCA HARTZ, KVSH<br />
Es wird gegenwärtig viel über die Zukunft der vertragsärztlichen Versorgung<br />
und die Sicherstellung insbesondere im hausärztlichen Bereich spekuliert.<br />
Hier nun einige besorgniserregende Zahlen:<br />
Es ist absehbar, dass auch in diesem Jahr die zur Verfügung stehenden Mittel<br />
nicht ausgeschöpft werden.<br />
Die derzeitige Notdienststruktur dürfte ein Grund sein, weswegen Ärzte sich<br />
letztendlich gegen eine Tätigkeit als Hausarzt entscheiden. Vermutlich spielt aber<br />
auch die Tatsache eine Rolle, dass gerade dieses Fachgebiet auf eine Niederlassung<br />
als Vertragsarzt abzielt und nicht auf eine Beschäftigung im stationären Bereich.<br />
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich nach bundesweiten Erhebungen<br />
nur 2/3 der weitergebildeten Allgemeinmediziner - das heißt auch der<br />
bezuschussten Ärzte - tatsächlich niederlassen. Diese Zahl stammt aus dem Bericht<br />
„Qualifizierung für das Gebiet der Allgemeinmedizin“ für die 78. Gesundheitsministerkonferenz<br />
am 30.06./01.07.2005 (www.gmkonline.de) und wird u. a.<br />
darauf zurückgeführt, dass gerade im Bereich der Allgemeinmedizin ein hoher<br />
Frauenanteil existiert.<br />
Die Chancen, als weitergebildeter Facharzt für Allgemeinmedizin eine Möglichkeit<br />
zur Niederlassung zu finden, sind sehr gut. Es wird davon ausgegangen, dass<br />
bundesweit im Jahr 2006 ca. 2.210 Hausärzte auf ihre Zulassung verzichten, und von<br />
2006 bis 2010 besteht bundesweit ein Bedarf von 2.210 bis 3.100 Hausärzten pro Jahr.<br />
Das Verzichtsalter der Hausärzte lag in den Jahren 2005 und 2006 in <strong>Schleswig</strong>-<br />
<strong>Holstein</strong> bei 60,5 Jahren und ca. 16 Prozent der in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> niedergelassenen<br />
Hausärzte sind zwischen 60 und 65 Jahren alt. Weitere vier Prozent sogar<br />
bereits über 65 Jahre alt.<br />
Diese Zahlen sprechen für sich und es ist zu hoffen, dass die geplante Neustrukturierung<br />
des Notdienstes in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> sowie die sich aus dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz<br />
ergebenden Möglichkeiten dazu führen, dass sich<br />
mehr Ärztinnen und Ärzte für die Niederlassung als Hausarzt interessieren und<br />
sich entsprechend weiterbilden, um sich dann in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> niederzulassen."<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2004<br />
2006<br />
Gemäß Abschnitt III 3 a des<br />
Sicherstellungsstatutes zur<br />
Verfügung gestellte Zuschüsse<br />
für die Weiterbildung zum Arzt<br />
für Allgemeinmedizin<br />
71<br />
71<br />
142<br />
142<br />
142<br />
152<br />
152<br />
Tatsächlich<br />
in Anspruch<br />
genommene<br />
Zuschüsse<br />
68<br />
71<br />
104<br />
127<br />
133<br />
108<br />
67<br />
(STAND 18.09.2006)<br />
LANDRAT BOGISLAV-TESSEN<br />
VON GERLACH, KREIS<br />
SCHLESWIG-FLENSBURG<br />
„Um die Attraktivität der<br />
Niederlassung für Ärzte auf<br />
dem Land zu fördern, gilt es<br />
für Landrat Bogislav-Tessen<br />
von Gerlach an erster Stelle,<br />
die Notdienststruktur zu verbessern.<br />
Die <strong>Kassenärztliche</strong><br />
<strong>Vereinigung</strong> hat sich dieser Problematik angenommen und<br />
plant die Zusammenlegung der Notdienstringe zu Notdienstpraxen.<br />
Zurzeit läuft im Kreis <strong>Schleswig</strong>-Flensburg ein Modellversuch<br />
der Notdienstringe Böklund, Jübek, Kropp,<br />
<strong>Schleswig</strong> und Taarstedt. Eine Anlaufpraxis wurde im Martin-<br />
Luther-Krankenhaus eingerichtet, in der ein Arzt vor Ort tätig<br />
ist, ein zweiter fährt gegebenenfalls zu Hausbesuchen.<br />
Auf kommunaler Ebene – so der Landrat weiter – könnten<br />
die Bürgermeister und Amtsvorsteher die Moderation für die<br />
Zusammenlegung von Arztpraxen übernehmen, um wirtschaftlich<br />
rentablere Gemeinschaftspraxen zu gründen. Für<br />
das ehemalige Gebäude der Amtsverwaltung Tolk laufen<br />
Überlegungen zu einem Versuch dieser Art.<br />
Darüber hinaus hat die Wirtschaftsförderungs- und Regionalentwicklungsgesellschaft<br />
Flensburg/<strong>Schleswig</strong> damit begonnen,<br />
in Zusammenarbeit mit der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong><br />
die weißen Flecken bezüglich der Ansiedelung beziehungsweise<br />
Übernahme von Arztpraxen zu ermitteln. Gleichzeitig<br />
ist die WIREG darauf eingestellt, über besondere finanzielle<br />
Fördermöglichkeiten für diese Berufsgruppe Niederlassungswillige<br />
zu beraten.“<br />
JUTTA SCHÜMANN,<br />
GESUNDHEITSPOLITISCHE<br />
SPRECHERIN UND<br />
STELLVERTRETENDE<br />
VORSITZENDE DER<br />
SPD-LANDTAGSFRAKTION<br />
„Die ärztliche Versorgung in<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ist noch<br />
gesichert. Doch das hohe<br />
Durchschnittsalter der Hausärzte<br />
in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> und fehlender Nachwuchs könnten<br />
in einigen Regionen mittelfristig zu Versorgungsengpässen<br />
führen. Um dem entgegenzuwirken, wollen wir integrative<br />
Versorgungsformen ausbauen und die Notdienstsysteme<br />
verbessern, um insbesondere die Landarztpraxen von zu<br />
häufigen Diensten zu entlasten. Wir werden prüfen, inwieweit<br />
durch neue Kooperationsformen mit anderen medizinischen<br />
Dienstleistern und Krankenhäusern oder durch die Schaffung<br />
von Anlaufpraxen und Gemeinschaftspraxen die Versorgungssituation<br />
verbessert werden könnte. Wir werden dauerhaft<br />
einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin einrichten. Wir setzen<br />
uns dafür ein, die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin<br />
weiterhin systematisch zu fördern. Da es keine<br />
identischen Patentlösungen für alle Versorgungsregionen<br />
gibt, werden wir pragmatische Lösungen unter Beteiligung<br />
der Ärztevertretungen, des Landes, der Kommunen und der<br />
Kostenträger entwickeln. Auch die anstehende Gesundheitsreform<br />
auf Bundesebene wird die Möglichkeiten zur verbesserten<br />
Versorgung im ländlichen Raum erweitern.“<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
9
10 TITELTHEMA<br />
LANDRAT DR. BURGHARD<br />
ROCKE, KREIS STEINBURG<br />
„Das Problem ist der Ärztemangel.<br />
Ich habe mich auch<br />
aus der damaligen Funktion<br />
als Präsident der Deutschen<br />
Krankenhausgesellschaft bei<br />
der Landes- und Bundesregierung<br />
dafür eingesetzt, dass die<br />
Altersbegrenzungen bei Vertragsärzten<br />
fallen. Dieser - nicht nur von mir unternommene<br />
- Vorstoß hat teilweise Erfolg gehabt. Im Übrigen: Es gibt<br />
nicht nur einen Mangel an niedergelassenen Vertragsärzten,<br />
sondern auch an Krankenhausärzten. Stellschraube ist der<br />
numerus clausus an den Universitäten sowie bei den Vertragsärzten<br />
die Gebührenordnungen, bei den Krankenhausärzten<br />
die Tarifverträge und die Gebührenordnung für Wahlleistungen.<br />
Bei den permanenten Überlegungen und Verhandlungen<br />
wünsche ich der KBV eine glückliche Hand. Die<br />
KBV und die KVSH wissen, wer ihre Verhandlungspartner sind<br />
- jedenfalls nicht die Kreise.“<br />
LARS HARMS,<br />
GESUNDHEITSPOLITISCHER<br />
SPRECHER DES SSW<br />
„Um kurzfristig Versorgungsengpässe<br />
zu verhindern und<br />
um die Versorgung im ländlichen<br />
Raum sicherzustellen,<br />
müssen die Möglichkeiten der<br />
<strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong><br />
ausgeschöpft werden. Es gibt<br />
in diesem Rahmen schon gute Ansätze. Insbesondere finanzielle<br />
Anreize für die Ansiedlung von Ärzten im ländlichen<br />
Raum oder die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen können<br />
dazu beitragen, den negativen Trend aufzufangen.<br />
Ebenso begrüßen wir, dass die <strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong><br />
die Struktur der Notdienstregelung ändern will, denn gerade<br />
im ländlichen Raum führt diese zu einer erheblichen Überbelastung<br />
der niedergelassenen Hausärzte. Des Weiteren müssen<br />
die Altersgrenzen für erstmalige Zulassungen oder Beendigung<br />
der vertragsärztlichen Zulassung in Planungsbereichen<br />
gelockert werden, in denen eine Unterversorgung besteht.<br />
Zu den längerfristig haltbaren Lösungen gehören der Ausbau<br />
der integrativen Versorgung und die Schaffung durchlässiger<br />
Strukturen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.“<br />
LANDRAT GERD KRÄMER,<br />
KREIS HERZOGTUM<br />
LAUENBURG<br />
"Der Kreis Herzogtum Lauenburg<br />
verfügt jetzt und in den<br />
nächsten Jahren über eine<br />
gute Versorgung mit niedergelassenen<br />
Ärztinnen und Ärzten.<br />
Deshalb sind derzeit keine<br />
Maßnahmen notwendig, um<br />
die Attraktivität der Niederlassung<br />
zu fördern. Diese Frage kann sich allerdings in einigen<br />
Jahren stellen, wenn ältere Ärztinnen oder Ärzte ihre Praxis<br />
aufgeben."<br />
ARBEITEN<br />
BIS 68?<br />
Das NORDLICHT hat Ärztinnen und Ärzte<br />
befragt, wie sie sich verhalten würden.<br />
DR. UTA VON HAHN, HAUSÄRZTIN IN WEDEL.<br />
„Arbeiten über das 68. Lebensjahr<br />
hinaus, um den Ärztemagel abzumildern?<br />
Unter den momentanen<br />
und wahrscheinlich kommenden<br />
Rahmenbedingungen werde ich<br />
keine Lust haben, bis ins Grab zu<br />
arbeiten. Falls wir wieder ein freier Berufsstand werden<br />
sollten, werde ich darüber nachdenken.”<br />
DR. DIETER FREESE,<br />
ALLGEMEINARZT IN BAD SEGEBERG<br />
„Ich bin nach wie vor gerne ärztlich<br />
tätig, solange der Patient und seine<br />
Probleme im Mittelpunkt stehen und<br />
mein Handeln nach medizinischen<br />
Erwägungen bestimmt wird.<br />
Zunehmende Bürokratisierung,<br />
Einengung ärztlichen Tuns durch Rationierung und<br />
Reglementierung haben die Freude am Beruf gemindert<br />
und das Arzt-Patienten-Verhältnis zunehmend belastet,<br />
auch meinen moralischen Anspruch an meine Berufsvorstellungen.<br />
Daher kann ich mir nicht vorstellen,<br />
unter den jetzigen Rahmenbedingungen über das<br />
68. Lebensjahr hinaus zu arbeiten.“<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
DR. WOLF-GÜNTER RIESENKAMPFF,<br />
ALLGEMEINARZT AUS FRIEDRICHSKOOG<br />
„Wer noch kann und will, soll es<br />
doch tun.<br />
1. Unsere Patienten werden sich eh<br />
jüngeren Kollegen zuwenden,<br />
wenn wir Alten nicht mehr auf der<br />
Höhe sind.<br />
2. Unseren Politikern ist es sowieso<br />
egal. Ihnen geht es doch nur darum,<br />
Dumme zu finden, die sie für<br />
den desolaten Zustand in der GKV<br />
verantwortlich machen können.<br />
3. Für die anderen „Leistungsanbieter“<br />
ist ein alter Arzt keine Konkurrenz,<br />
weil er sich nicht mehr<br />
so zäh und unnachgiebig im<br />
Verhandeln von Geldern zeigt.<br />
Arbeitende alte Ärzte werden die<br />
Probleme nicht lösen, auch nicht<br />
übergangsweise. Nach dann 35 Jahren<br />
Arbeit, an 220 Tagen im Jahr, täglich<br />
zehn bis zwölf Stunden, voller<br />
Verantwortlichkeit für Patienten,<br />
Personal, Familie und mich und den<br />
Murksereien der Politiker aus Bonn<br />
und heute aus Berlin sehe ich es<br />
nicht ein, auch nur einen Tag länger<br />
als notwendig zu arbeiten.<br />
Schlussendlich: Mir reicht es! Macht<br />
das ohne mich. Gott erhalte mir<br />
Gesundheit, Lebensfreude und die<br />
Rente.“<br />
DR. GUNTER FANGERAU,<br />
ALLGEMEINARZT IN MELDORF<br />
„Die spontane Antwort: Ich bin doch<br />
nicht irre. Es gibt keinen Anreiz für<br />
mich, länger als bis zum 63sten<br />
Lebensjahr zu arbeiten. Zur Zeit geht<br />
es mir gut, da ich einen Praxispartner<br />
habe, der auch mein Nachfolger<br />
ist. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Wenn ich noch länger<br />
arbeiten soll, müsste sich einiges ändern:<br />
- Die Leistungen müssen in Euro bezahlt werden.<br />
- Die Zwangsfortbildung wird gestrichen.<br />
Wer das Zertifikat hat, wird besser bezahlt.<br />
- DMP werden wegen Nutzlosigkeit gestrichen, das<br />
gesparte Geld in Schulungen für Patienten gesteckt.<br />
- Existenzbedrohung der Hausarztpraxen durch<br />
Medikamentenregresse muss wegfallen.<br />
- Der Notdienst muss neu geregelt werden.<br />
- Mehr Wert auf Prävention als auf Reparaturmedizin.<br />
Wenn Sie dies machen, brauchen Sie mich nicht mehr,<br />
denn dann haben Sie ausreichend Nachwuchs.“<br />
DR. HANS-JOACHIM WIRTZ, CHIRURG IN PREETZ<br />
11<br />
„Zunächst sehe ich noch keinen Ärztemangel.<br />
Selbst wenn es einen gäbe,<br />
ist dieser durch die arztfeindliche<br />
Politik verursacht. Damit ist der<br />
Sicherstellungsauftrag ausgehebelt.“<br />
WILKO SCHOORMANS,<br />
ALLGEMEINARZT IN SCHLESWIG<br />
„Ich könnte es mir vorstellen, so<br />
lange zu arbeiten, da ich einerseits<br />
gerne arbeite und andererseits mich<br />
mit über 68 Jahren um mindestens<br />
20 Jahre jünger fühlen würde. Ob<br />
ich meine Frau davon überzeugen<br />
kann, ist allerdings fraglich.“<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL
12<br />
DER HAUSARZTMANGEL UND EIN MÖGLI<br />
Situation bei den Hausärzten<br />
in ländlichen Gebieten besonders<br />
problematisch.<br />
PROF. DR. JENS-MARTIN TRÄDER,<br />
ALLGEMEINARZT, LÜBECK<br />
Im Versorgungsbericht 2005 der KVSH wurde deutlich<br />
gemacht, dass in den nächsten zehn Jahren<br />
in den meisten Fachgruppen erhebliche Umbrüche<br />
durch die Überalterung der Ärzteschaft zu erwarten<br />
sind. Besonders problematisch stellt sich diese<br />
Situation bei den Hausärzten dar, hier vor allem in<br />
den ländlichen Gebieten.<br />
In den nächsten zehn Jahren werden wir ca. 1.000<br />
hausärztliche Praxissitze mit Nachfolgern besetzen<br />
müssen, wenn wir den momentanen Versorgungsstand<br />
halten wollen. An der Basis besteht der Wunsch – die<br />
Studenten haben den Reiz der Hausarztmedizin erkannt<br />
und geben zu ca. 15 Prozent gegen Ende des<br />
Studiums an, gerne Hausarzt/Hausärztin werden zu<br />
wollen. Doch dann kommt das Problem: Bisher muss<br />
sich jeder „Aspirant“ seine Weiterbildungszeit selbst<br />
zusammenstellen und organisieren. Viele Krankenhaus-Chefärzte<br />
stellen jemanden, der für z. B. ein Jahr<br />
in der Chirurgie arbeiten möchte, nicht ein. Begründung:<br />
In dieser Lehrzeit sei der „praktische Gewinn“<br />
für das Krankenhaus (mit Ausnahme der dadurch besetzten<br />
Nachtdienste) geringer, als wenn ein Assistent<br />
sechs Jahre auf dieser Abteilung kontinuierlich arbeite.<br />
Um diesem Dilemma abzuhelfen, haben sich die<br />
Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin der Universität<br />
Lübeck (Dres. von Kügelgen, Niebuhr, Träder) mit<br />
der Sana-Klinik Lübeck (ehemals Städtisches Krankenhaus<br />
Süd) zusammengesetzt und ein Konzept erarbeitet.<br />
Seitens der Klinik bieten Dr. E. Burmester und<br />
Dr. S. Mühlschlegel interessierten Ärztinnen und Ärz-<br />
ten ein „gestuftes Paket“ an, bei dem diese die für die<br />
Facharztanerkennung erforderlichen Zeiten in einem<br />
festen Vertrag zugesagt bekommen.<br />
Dieses Paket umfasst:<br />
1 Jahr Innere Medizin (stationär, Sana-Klinik Lübeck)<br />
1/2 Jahr Chirurgie (stationär, Sana-Klinik Lübeck)<br />
1 Jahr Innere Medizin (ambulant, Praxisklinik Travemünde)<br />
1/2 Jahr Chirurgie (halbstationär, Praxisklinik Travemünde)<br />
1 1/2 Jahre Hausarztpraxis (Weiterbildungsassistenz<br />
in Praxen in Lübeck).<br />
Das verbleibende halbe Jahr bietet Zeit für Hospitationen<br />
(Ortho, Augen, Haut, HNO, Gyn o. ä.) und für<br />
die Vorbereitung auf die Facharztprüfung. Die Zeiten<br />
in der Inneren decken die Erfordernisse (Funktionsdiagnostik<br />
wie EKG, Langzeit-EKG, Notarztwagen, Intensivmedizin,<br />
Sonographie, Lungenfunktionsdiagnostik)<br />
nach einem festen Curriculum ab. Die Zeit in<br />
der Chirurgie füllt die Kenntnislücken in kleiner Chirurgie,<br />
Erfahrung in der chirurgischen Ambulanz und<br />
der Notfallversorgung auf.<br />
Wir hätten mit diesem Modell, das von Kassen und<br />
KV mit einem Assistentenzuschuss gefördert werden<br />
kann, ein probates Mittel, dem Nachwuchsmangel abzuhelfen.<br />
Momentan werden pro Jahr ca. 100 Assistentenstellen<br />
gefördert. Durch Ausbildungsabbrecher,<br />
Umzug in andere Länder und Bundesländer gehen uns<br />
von diesen 100 Assistenten ca. 25 bis 30 pro Jahr verloren,<br />
es kommen also nur 70 Absolventen in den Praxen<br />
an. Bei einem Bedarf von 1.000 Hausärzten in den<br />
nächsten zehn Jahren haben wir also einen „Netto-<br />
Mangel“ von ca. 300 Hausärzten.<br />
In der Sana-Klinik Lübeck sollen bald insgesamt<br />
sechs Assistenten pro Jahr auf diese Weise ausgebildet<br />
werden. Wenn andere Kliniken (Unis Lübeck und Kiel,<br />
dazu Krankenhäuser in Heide, Flensburg, Neumünster<br />
u. a.) diesem Beispiel folgten, wäre die Problematik<br />
des Nachwuchsmangels schnell zu beheben, und<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> könnte seinen Bedarf an Hausund<br />
Landärzten aus eigener Kraft ersetzen.<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
CHES GEGENMITTEL<br />
In der Ärzte Zeitung vom 08./09.09.2006 standen zwei Artikel, die<br />
der kritischen Analyse bedürfen. Im ersten Beitrag berichtete das<br />
Blatt über die Schweizer Bemühungen, den Ärztemangel in der<br />
Alpenrepublik zu beheben oder zumindest dessen Folgen zu mindern.<br />
Man hat sich folgende „Rezepte“ ausgedacht:<br />
· Krankenschwestern in Praxen als erste Anlaufstelle für Patienten<br />
· Ausbildung der Medizinstudenten auch in Hausarztpraxen<br />
· Call-Center statt Wartezimmer<br />
· Neuorganisation des Notdienstes – „Notfallposten“ sollen auf<br />
dem Land die Versorgung sicherstellen<br />
· Verbindung der hausärztlichen Internisten mit den Hausärzten<br />
zu einem Berufsverband.<br />
Von hinten, beim letzten Punkt, begonnen: Der gemeinsame<br />
Berufsverband wurde zwar in Deutschland noch nicht beschlossen,<br />
der Hausärzteverband in Deutschland (BDA) ist aber schon seit<br />
Jahren für alle beitrittswilligen hausärztlichen Internisten offen.<br />
Die gemeinsame standespolitische Vertretung ist wichtig, viel wichtiger<br />
erscheint mir aber die Änderung der Weiterbildungsordnung.<br />
So wurde in Deutschland die gemeinsame Ausbildung der hausärztlichen<br />
Internisten und der Allgemeinärzte („Y-Modell“, Facharzt<br />
für allgemeine und innere Medizin) auf dem Ärztetag in Rostock<br />
im Mai 2002 beschlossen. Leider ist dieser Beschluss bisher von<br />
keiner Landesärztekammer dauerhaft umgesetzt worden.<br />
Der vierte Punkt befindet sich auch in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> gerade<br />
in der Planungs- und Abstimmungsphase. Jedoch können<br />
die für die Schweiz geplanten „Notfallposten“ mit minder „qualifizierten<br />
Hilfsärzten“ keine Lösung sein. In <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> soll<br />
in zentralen Anlaufpraxen die ambulante Versorgung in den sprechstundenfreien<br />
Zeiten sichergestellt werden. Von dort wird auch<br />
der so genannte „Fahrende Dienst“ zu denjenigen Hausbesuchspatienten<br />
geschickt, welche die Ambulanz nicht aufsuchen können.<br />
Dafür muss aber die Versorgung mit einer ausreichenden Anzahl<br />
an gut ausgebildeten Hausärzten sichergestellt werden. Damit sind<br />
wir bei Punkt zwei:<br />
In Deutschland wurde schon seit längerer Zeit die Notwendigkeit<br />
eines höheren Praxisbezuges im Medizinstudium gesehen und<br />
dementsprechend gehandelt. In Lübeck und vielen anderen deut-<br />
TITELTHEMA 13<br />
schen Universitäten durchlaufen die Studenten seit dem Jahr 2000<br />
während des 4. oder des 5. Studienjahres pflichtmäßig ein Blockpraktikum<br />
in einer hausärztlichen Lehrpraxis. Des Weiteren kann<br />
seit der Neufassung der Ausbildungsordnung für das Medizinstudium<br />
vom Herbst 2003 ein Tertial des praktischen Jahres (PJ) auch<br />
in hausärztlichen Lehrpraxen abgeleistet werden. In Lübeck ist<br />
dies seit dem Sommer 2006 als einer der ersten Universitäten in<br />
Deutschland strukturiert und straff organisiert der Fall. Wir berichteten<br />
darüber im NORDLICHT (Heft 8, 2006). Auf Grund dieser Änderungen<br />
ist zumindest in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> die Zahl der Studenten,<br />
die am Ende des Studiums den Berufswunsch „Hausarzt“<br />
angeben, von ca. zwei Prozent (1999) auf über 15 Prozent (2006) angestiegen.<br />
Details dazu lesen Sie im „Versorgungsbericht 2005“ der<br />
<strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> vom Juni 2006.<br />
Kommen wir nun zu den beiden problematischen Punkten: Die<br />
Patientenversorgung und Selektierung („Triage“) mittels eines Call-<br />
Centers kann nicht akzeptiert werden. Abgesehen von einer nicht<br />
lösbaren juristischen Problematik müssen hier auch massive ethische<br />
Bedenken angemeldet werden. Wildfremde Personen sollen<br />
per Telefon ohne persönliche Inaugenscheinnahme des Patienten<br />
entscheiden, welche Versorgungsebene zuständig ist? Dieses Vorgehen<br />
würde die ärztliche Kunst, die den Einsatz aller Sinne fordert,<br />
auf eine einzige Ebene reduzieren. Dieses reduktionistische Modell<br />
würden dieselben Autoren wahrscheinlich für ihre eigene medizinische<br />
Versorgung nicht akzeptieren, womöglich noch nicht einmal<br />
für die Diagnosestellung bei einem Motordefekt an ihrem<br />
Auto...<br />
In gleicher Weise kann auch das Angebot, dass Krankenschwestern<br />
in (verwaisten?) Hausarztpraxen eine Art „primary medical<br />
care“ durchführen, nicht ernsthaft erwogen werden. Dieses Modell<br />
wurde von einigen ostdeutschen Ländern für die Behebung des<br />
Landarztmangels in den neuen Ländern erwogen. Auch dieses<br />
Modell kann nicht greifen. Es dürfen die haftungsrechtlichen Konsequenzen<br />
dort ebenfalls nicht auf die Krankenschwestern abgewälzt<br />
werden. Wenn aber dann doch ein Arzt (oder eine Ärztin)<br />
den Patienten sehen muss, warum dann dieser – manchmal folgenschwere<br />
– Umweg?<br />
Die Konsequenz aus diesen Punkten<br />
kann nur heißen:<br />
Man muss die Arbeitsbedingungen und die wirtschaftliche Lage<br />
der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland verbessern.<br />
Dann werden wir auch keine Probleme mit dem ärztlichen Nachwuchs<br />
haben. An der Anzahl der ausgebildeten Studenten liegt es<br />
nicht. Wenn aber zwischen einem Viertel und einem Drittel der<br />
mit deutschen Steuergeldern ausgebildeten Ärzte entweder nicht<br />
ärztlich tätig wird oder im Ausland arbeitet, dann ist diese<br />
„Schwundquote“ der durch die Berufsaussichten in Deutschland<br />
frustrierten hoch qualifizierten jungen Menschen zu hoch.<br />
Unser Gemeinwesen kann sich auf Dauer diese unfreiwillige<br />
„Entwicklungshilfe“ nicht leisten. Der „deutsche Ärzteexport“ nach<br />
England, Norwegen, Schweden und Dänemark hilft gerade den<br />
reichsten Nationen Europas, ihrer Bevölkerung eine hochwertige,<br />
von Deutschland subventionierte Medizin zu bieten.<br />
Zu dieser Problematik gab es eine nette<br />
„Fundsache“ im gleichen Heft:<br />
„Den AU-Schein gibt’s vom Medizinmann“. In diesem Kurzbericht<br />
wurde eine Meldung der dpa zitiert, nach der in Simbabwe die<br />
Medizinmänner auf Geheiß des Gesundheitsministers des Landes<br />
Krankschreibungen bis zu einer Woche Länge vornehmen dürfen.<br />
Vielleicht dürfen sie dann irgendwann, wenn sie lange und<br />
erfolgreich genug krankgeschrieben haben, bei guter Führung zur<br />
Belohnung auch mal einen Wurmfortsatz herausnehmen?<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL
14 TITELTHEMA<br />
KASSENÄRZTLICHE BEDARFSPLANUNG<br />
Bessere Aussichten für Frauen- und Nervenärzte. Bereits<br />
24 Planungsbereiche gelten als kritisch im Sinne einer drohenden<br />
Unterversorgung. Niedersachsen ist stark betroffen.<br />
DR. RER. POL. THOMAS KOPETSCH, KBV<br />
Seit Beginn des Jahres 2006 stellt sich die Versorgungssituation<br />
im Bereich der Bedarfsplanung wie folgt dar: Die Zahl der nicht<br />
gesperrten Planungsbereiche ist von 14 Prozent auf 13 Prozent<br />
zurückgegangen. Dabei hat sich bei zehn Arztgruppen die Zahl<br />
der offenen Planungsbereiche verringert, bei vier (Vorjahr: eine)<br />
hingegen erhöht. Diese Arztgruppen sind die Chirurgen, Kinderärzte,<br />
Psychotherapeuten und Urologen.<br />
Die Entwicklung bei den Hausärzten zeigt ein uneinheitliches Bild.<br />
Einerseits hat sich zwar der Anteil der nicht gesperrten Planungsbereiche<br />
von 63 Prozent auf 62 Prozent vermindert. Damit stehen<br />
243 von 395 Planungsbereichen für die hausärztlichen Niederlassungen<br />
offen, wenngleich die Zahl der Niederlassungsmöglichkeiten<br />
insgesamt von 2.504 auf 2.217 gesunken ist. In den neuen Bundesländern<br />
sieht der Trend anders aus. Hier gibt es jetzt 759 Niederlassungsmöglichkeiten<br />
gegenüber 737 im Jahre 2005.<br />
Andererseits hat die Zahl der Planungsbereiche mit bedenklichem<br />
Versorgungsgrad zugenommen. Lag im Jahr 2005 nur in 20 Planungsbereichen<br />
der Versorgungsgrad unter 90 Prozent, so erhöhte<br />
sich diese Zahl 2006 auf 24. Das Problem des „Hausärzteschwundes“<br />
betrifft nicht nur die neuen Bundesländer, sondern zunehmend<br />
auch die alten. Von den genannten 24 Planungsbereichen mit kritischem<br />
Versorgungsgrad befinden sich zehn in den alten Bundesländern.<br />
Niedersachsen ist hier mit acht kritischen Planungsbereichen<br />
besonders stark betroffen.<br />
TABELLE 1 ANZAHL OFFENER PLANUNGSBEREICHE IN DEN KASSENÄRZTLICHEN VEREINIGUNGEN, ANFANG 2006<br />
Zugleich gibt es in den neuen Bundesländern kaum noch überversorgte<br />
Planungsbereiche. So ist in Mecklenburg-Vorpommern<br />
nur noch die Hansestadt Rostock überversorgt, in Brandenburg der<br />
Planungsbereich Frankfurt (Oder) und in Sachsen-Anhalt die Stadt<br />
Halle. Das Problem des Hausärztemangels ist weniger ein Ost-West-<br />
Problem als eher ein Stadt-Land-Problem. Alle Planungsbereiche<br />
mit kritischem Versorgungsgrad sind ländliche Kreise – mit der Ausnahme<br />
von Dessau.<br />
Bei der Betrachtung des hausärztlichen Versorgungsbereiches ist<br />
noch erwähnenswert, dass die Zahl der Allgemein-/Praktischen Ärzte<br />
um 0,6 Prozent zurückgegangen ist, die Zahl der Hausärzte allerdings<br />
nur um 0,2 Prozent. Dies ist dadurch bedingt, dass sich im<br />
Jahre 2005 viele Internisten, die vorher als Fachinternist tätig waren,<br />
für die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung entschieden haben.<br />
Fazit der aktuellen Entwicklung: Es herrscht eine weitgehende<br />
Niederlassungsfreiheit für Hausärzte bei einer faktischen Niederlassungssperre<br />
für Fachärzte. Hier bilden lediglich die ärztlichen<br />
Psychotherapeuten eine Ausnahme, denn für sie gilt eine gesetzlich<br />
verankerte Mindestquote von 40 Prozent (§ 101 Abs. 4 SGB V). Daraus<br />
ergeben sich rechnerische Niederlassungsmöglichkeiten für<br />
1.814 ärztliche Psychotherapeuten. Diese Zulassungsoptionen werden<br />
von den ärztlichen Psychotherapeuten auch genutzt, denn deren<br />
Zahl hat im letzten Jahr um 7,8 Prozent zugenommen. Bei allen<br />
anderen Arztgruppen (mit Ausnahme der Hautärzte) sind die Niederlassungsmöglichkeiten<br />
geringer geworden.<br />
<strong>Kassenärztliche</strong><br />
<strong>Vereinigung</strong><br />
PlanungsbereichegesamtAnästhesistenAugenärzteChirurgen<br />
Fachä. tät.<br />
Internisten<br />
Frauenärzte<br />
HNO-<br />
Ärzte<br />
Offene Planungsbereiche<br />
Haut- Kinder- Nervenärzte<br />
ärzte ärzte<br />
OrthopädenPsychotherapeutenRadiologenUrologenHaus-<br />
ärzte<br />
Baden-Württemb. 43 0 5 0 0 1 8 2 1 0 3 0 0 2 19<br />
Bayerns 79 0 20 2 0 10 9 4 6 6 2 1 7 3 52<br />
Berlin 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
Brandenburg 16 4 2 0 0 0 0 1 0 1 0 3 1 1 15<br />
Bremen 2 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1<br />
Hamburg 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
Hessen 26 1 6 0 0 2 1 2 2 3 3 9 2 2 10<br />
Mecklenb.-Vorp. 13 0 2 0 1 0 2 0 1 0 1 0 1 0 12<br />
Niedersachsen 44 5 13 1 1 7 3 5 5 6 10 0 3 2 31<br />
Nordrhein 27 0 2 0 0 1 2 1 1 2 0 1 0 0 11<br />
Rheinland-Pfalz 28 0 10 0 0 4 5 2 6 8 2 0 0 3 14<br />
Saarland 6 0 2 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1<br />
Sachsen 26 11 6 0 1 5 6 4 0 3 3 21 8 1 16<br />
Sachsen-Anhalt 23 11 3 1 0 5 5 4 5 13 6 13 3 2 22<br />
<strong>Schleswig</strong>-Holst. 13 0 1 0 0 0 1 0 1 2 0 0 1 0 8<br />
Thüringen 20 7 6 0 0 2 2 4 0 8 5 6 2 1 15<br />
Westfalen-Lippe 27 0 1 0 0 0 0 0 1 1 1 0 0 0 16<br />
Summe Bund 395 40 81 4 3 38 44 30 30 53 45 54 28 17 243<br />
Anfang 2006: 13 % 100 10 21 1 1 10 11 7 8 13 9 14 7 4 62<br />
zum Vergleich: 395 60 86 3 4 51 50 30 29 67 45 51 31 15 248<br />
Anfang 2005: 14 % 100 15 22 1 1 13 13 8 7 17 11 13 8 5 63<br />
Quelle: Meldungen der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong>en<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
TABELLE 2 – ANTEILE DER ÜBER 59-JÄHRIGEN ÄRZTE (IN PROZENT)<br />
Arztgruppe Bundesgebiet Alte Bundes- Neue Bundesinsgesamt<br />
länder länder<br />
Kinderärzte 20,2 18,1 29,8<br />
Frauenärzte 19,8 19,8 19,2<br />
Hausärzte 19,2 17,0 30,4<br />
ärztliche Psychotherapeuten 18,1 18,2 15,0<br />
Nervenärzte 18,0 16,9 26,3<br />
Augenärzte 17,5 16,9 20,9<br />
Chirurgen 16,6 16,3 18,2<br />
HNO-Ärzte 16,6 16,1 19,2<br />
Urologen 16,4 16,6 15,4<br />
Hautärzte 14,0 13,2 18,3<br />
fachärztliche Internisten 13,9 13,7 14,6<br />
Orthopäden 13,1 13,0 13,8<br />
Radiologen 12,4 12,4 12,2<br />
Anästhesisten 6,8 6,6 8,5<br />
In den vergangenen Jahren hatten die Anästhesisten noch vergleichsweise<br />
gute Niederlassungsmöglichkeiten. Dies gehört inzwischen<br />
der Vergangenheit an. Die Zahl der offenen Planungsbereiche<br />
für diese Facharztgruppe ist in diesem Jahr nochmals drastisch<br />
gefallen; von 15 Prozent auf zehn Prozent. Im Jahr 2004 lag der Anteil<br />
noch bei 21 Prozent. Die Zulassungsmöglichkeiten der Augen- und<br />
Nervenärzte übersteigen mittlerweile die der Anästhesisten.<br />
Erstmals seit Einführung der Bedarfsplanung in ihrer jetzigen<br />
Form im Jahre 1993 wurden im letzten Jahr von den Landesausschüssen<br />
der Ärzte und Krankenkassen für einzelne Planungsbereiche<br />
oder Teile von Planungsbereichen Unterversorgung beziehungsweise<br />
drohende Unterversorgung festgestellt. In insgesamt<br />
sieben Bundesländern wurden solche Feststellungen getroffen, wobei<br />
in erster Linie die Hausärzte betroffen waren. Allerdings wurden<br />
Feststellungen über bestehende oder drohende Unterversorgung<br />
auch für die Gruppe der Augenärzte, Radiologen, Fachinternisten,<br />
Nervenärzte, Orthopäden, HNO-Ärzte und Hautärzte getroffen.<br />
Auf Grund der Altersstruktur der einzelnen Facharztgruppen lässt<br />
TABELLE 3 RESTLICHE ZULASSUNGSMÖGLICHKEITEN FÜR ÄRZTE* ANFANG 2006 (GRENZE BEI 110 %)<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
15<br />
sich abschätzen, bei welchen Fachgebieten in nächster Zeit mit verstärkten<br />
Abgängen zu rechnen ist und sich demzufolge Niederlassungsmöglichkeiten<br />
für Nachwuchsmediziner ergeben. Anhand der<br />
Tabelle 2 ist erkennbar, dass in den alten Bundesländern die Altersstruktur<br />
der Frauenärzte – gemessen am Anteil der über 59-Jährigen<br />
– recht ungünstig ist und demzufolge in den nächsten Jahren viele<br />
Abgänge zu erwarten sind. In den neuen Bundesländern kann neben<br />
der Altersstruktur der Hausärzte auch die der Nervenärzte (einschließlich<br />
der Neurologen und Psychiater) als recht ungünstig bezeichnet<br />
werden. Das bedeutet, dass sich für diese Arztgruppen in<br />
der nächsten Zeit viele Niederlassungsmöglichkeiten ergeben werden.<br />
An den Bedarfsplanungs-Richtlinien wurden im Jahre 2005 nur<br />
wenige Änderungen vorgenommen. Neu geregelt ist das Verfahren<br />
bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern um einen nach partieller<br />
Entsperrung eines Planungsbereiches zu besetzenden Vertragsarztsitz.<br />
Die alte Festlegung, dass über die Anträge allein nach Maßgabe<br />
der Reihenfolge ihres Einganges beim Zulassungsausschuss<br />
zu entscheiden ist, wurde vom Bundessozialgericht kritisiert. Das<br />
Gericht forderte den Gemeinsamen Bundesausschuss auf, eine andere<br />
Verfahrensgestaltung zu entwickeln.<br />
Nunmehr ist der Beschluss des Landesausschusses in den für amtliche<br />
Bekanntmachungen der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong>en vorgesehenen<br />
Blättern unter Angabe der Entscheidungskriterien und<br />
der Frist der Einreichung der Zulassungsanträge zu veröffentlichen.<br />
Unter mehreren Bewerbern entscheidet der Zulassungsausschuss<br />
unter Berücksichtigung folgender Kriterien: berufliche Eignung,<br />
Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, Approbationsalter sowie<br />
Wartelistenplatz. Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern<br />
soll die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes und ihre Beurteilung<br />
in Hinblick auf die bestmögliche Versorgung der Versicherten<br />
berücksichtigt werden.<br />
Eine weitere Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinien bestand<br />
darin, dass die Leistungsbeschränkungen, die bei qualitativen Sonderbedarfszulassungen<br />
ausgesprochen werden, nun nicht mehr nach<br />
fünf Jahren enden, sondern so lange weiterbestehen, wie der Planungsbereich<br />
für die einschlägige Arztgruppe gesperrt ist.<br />
(QUELLE: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, HEFT 33)<br />
<strong>Kassenärztliche</strong> Summe der Anästhe- Augen- Chir- Fachä. tät. Frauen- HNO- Haut- Kinder- Nerven- Ortho- Psychothe- Radio- Uro- Haus-<br />
<strong>Vereinigung</strong> Arztgruppen sisten ärzte urgen Internisten ärzte Ärzte ärzte ärzte ärzte päden rapeuten logen logen ärzte<br />
Bad.-Württemb. 321 0 11 0 0 1 13 5 1 0 3 134 0 2 151<br />
Bayerns 502 0 30 2 0 22 10 6 8 8 3 107 11 3 292<br />
Berlin 159 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 156 0 0 0<br />
Brandenburg 284 8 6 0 0 0 0 1 0 1 0 89 1 1 177<br />
Bremen 26 0 3 0 0 2 0 0 0 0 0 6 0 0 15<br />
Hamburg 42 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 41 0 0 0<br />
Hessen 109 1 9 0 0 3 1 2 2 4 4 40 2 2 39<br />
Mecklenb.-Vorp. 168 0 3 0 1 0 3 0 1 0 1 39 1 0 119<br />
Niedersachsen 689 5 27 1 2 8 5 7 8 10 14 153 3 2 444<br />
Nordrhein 373 0 3 0 0 1 2 1 1 3 0 274 0 0 88<br />
Rheinland-Pfalz 244 0 17 0 0 6 9 3 12 16 2 70 0 3 106<br />
Saarland 46 0 2 0 0 0 0 0 1 0 0 37 0 0 6<br />
Sachsen 604 20 9 0 2 10 8 5 0 5 3 425 11 1 105<br />
Sachsen-Anhalt 489 16 6 1 0 6 8 5 7 19 9 169 3 2 238<br />
<strong>Schleswig</strong>-Holst. 68 0 1 0 0 0 1 0 1 2 0 14 1 0 48<br />
Thüringen 302 14 8 0 0 5 3 4 0 14 6 125 2 1 120<br />
Westfalen-Lippe<br />
Bundesgebiet<br />
448 0 3 0 0 0 0 0 1 2 1 172 0 0 269<br />
insgesamt 4 874 67 139 4 5 64 63 39 43 84 46 2 051 35 17 2 217<br />
*einschließlich Psychologischer Psychotherapeuten Quelle: Meldungen der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong>en
16 TITELTHEMA<br />
AMBULANTE VERSORGUNG<br />
KEIN ARZT MEHR – WEIT UND BREIT<br />
Die Sorge vor einem massiven Ärztemangel wächst.<br />
Die KV Niedersachsen wirbt bereits bundesweit um Nachwuchs.<br />
JOSEF MAUS<br />
Zahlen lügen nicht, aber sie können täuschen.<br />
Ende 2005 waren bundesweit 1.433 mehr Ärztinnen<br />
und Ärzte in der ambulanten Versorgung<br />
tätig als im Jahr zuvor – insgesamt 134.798, davon<br />
126.252 in der regulären Niederlassung. Dies erscheint<br />
ausreichend, und doch wächst die Sorge, dass<br />
das Gesundheitswesen auf einen massiven Ärztemangel<br />
zusteuert.<br />
„Der Mangel an niedergelassenen Ärztinnen und<br />
Ärzten hat sich manifestiert“, sagt beispielsweise Eberhard<br />
Gramsch, der Vorstandsvorsitzende der <strong>Kassenärztliche</strong>n<br />
<strong>Vereinigung</strong> Niedersachsen (KVN). Im nach<br />
Bayern größten Flächenland der Bundesrepublik weiß<br />
man, dass es eigentlich schon fünf vor zwölf ist. Bis<br />
zum Jahr 2015 müssen sich rund 450 Ärzte in Niedersachsen<br />
niederlassen, damit eine Unterversorgung in<br />
bestimmten Regionen des Bundeslandes verhindert<br />
wird. Unterversorgung ist ein eher blutleerer Begriff<br />
mit geringer Alarmwirkung. Konkret bedeutet Unterversorgung<br />
jedoch: Tausende von Patienten haben –<br />
vor allem in ländlichen Gebieten – keinen Arzt mehr,<br />
zu dem sie gehen können. Erst recht wird es dann keine<br />
Ärzte mehr geben, die zum Patienten nach Hause kommen.<br />
Überall derselbe Trend, noch deutlicher im Osten<br />
Rund 450 fehlende Ärzte in den nächsten zehn Jahren<br />
nach Niedersachsen zu holen, dürfte kein unlösbares<br />
Problem sein. Aber: Das Flächenland im Norden<br />
steht nicht allein vor dieser Herausforderung. Nahezu<br />
überall zeichnet sich derselbe Trend ab, vor allem im<br />
Osten der Republik. Bei den wenigen Hundert Ärzten,<br />
die in Niedersachsen fehlen, geht es darum, eine Unterversorgung<br />
mit fatalen Folgen für die Bevölkerung zu<br />
verhindern. Soll hingegen der heutige Stand der ambulanten<br />
Versorgung beibehalten werden, fehlen schon<br />
3.679 Niedergelassene. Und auch das ist in anderen<br />
Bundesländern ähnlich. Besonders deutlich wird die<br />
Dramatik in Prozentzahlen. Die 3.679 Ärzte, die bis<br />
zum Jahr 2015 in Niedersachsen ausscheiden, stellen<br />
rund 30 Prozent aller Vertragsärzte des Bundeslandes.<br />
Knapp ein Drittel hört (allein aus Altersgründen) auf,<br />
und noch weiß niemand, wo der Nachwuchs herkommen<br />
soll.<br />
Die KVN wirbt jetzt bundesweit um niederlassungswillige<br />
Ärztinnen und Ärzte. „Werden Sie Hausarzt<br />
in Niedersachsen“ ist eine Anzeige im Rubrikenmarkt<br />
des Deutschen Ärzteblattes (Heft 8/2006) überschrieben.<br />
Niedersachsen streckt die Fühler aus, andere<br />
Bundesländer tun dies bereits auch, weitere werden<br />
folgen – auf verschiedenen Wegen.<br />
Im Norden hat der KV-Vorstand ein dreistufiges Konzept<br />
zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung beschlossen.<br />
Niederlassungsseminare der KV, Informationsveranstaltungen<br />
an Krankenhäusern und Universitäten,<br />
die Einbindung der KV in die Weiterbildungskurse<br />
zur Allgemeinmedizin und die Kooperation<br />
mit den Gemeinden sind der erste Schritt. Stufe<br />
zwei besteht aus der Förderung der Weiterbildung –<br />
zum Beispiel mit dem Angebot eines Ausbildungsplans<br />
mit exakt definierten Weiterbildungsabschnitten. Auch<br />
finanziell soll die Weiterbildung unterstützt werden.<br />
Im Gegenzug erwartet die KV die Bereitschaft, eine<br />
Niederlassungspflicht zu akzeptieren. Stufe drei besteht<br />
aus Umsatzgarantien für Ärzte in bestimmten<br />
Regionen, aus Zinszuschüssen sowie Zuschlägen für<br />
Landarztpraxen.<br />
Vor allem Letzteres ist entscheidend für die Zukunft<br />
der ambulanten Versorgung in Landkreisen wie Emsland,<br />
Gifhorn, Celle und Stade, um nur einige zu nennen.<br />
Überall dort gehen in etwa zehn Jahren die Lichter<br />
aus, wenn die Anwerbung nicht gelingen sollte.<br />
Dasselbe Schicksal droht beispielsweise auch den<br />
Bundesländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt und<br />
Thüringen. Dort scheiden bis zum Jahr 2015 zwischen<br />
40,8 und 42,9 Prozent der heute noch tätigen Hausärzte<br />
aus.<br />
Der Slogan der KV Niedersachsen könnte vor diesem<br />
Hintergrund erweitert werden: „Werden Sie Hausarzt<br />
in Deutschland!“.<br />
QUELLE: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, HEFT 11/2006<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
KOMMENTAR 17<br />
Der dritte Weg -<br />
evolutionäre Revolution<br />
Prof. Dr. Fritz Beske, Kiel<br />
Im Grundsatz gibt es zwei Wege zur Weiterentwicklung eines<br />
Gesundheitssystems, die Evolution und die Revolution. Die Evolution ist eine<br />
schrittweise Weiterentwicklung im System, die Revolution ein Systemwechsel.<br />
Die Entwicklung in unserem Gesundheitswesen ist bis zum GMG evolutionär<br />
verlaufen. Im Vordergrund standen nach der Aufbau-, Konsolidierung- und<br />
Ausbauphase Kostendämpfungsmaßnahmen überwiegend zu Lasten der<br />
Leistungserbringer.<br />
Das GMG brachte dann eine Reihe struktureller Veränderungen, in deren<br />
Mittelpunkt die Schwächung freiberuflicher Tätigkeit und die Stärkung von<br />
institutionellen Einrichtungen des Gesundheitswesens standen wie die ambulante<br />
Behandlung im Krankenhaus und medizinische Versorgungszentren (MVZ). Damit<br />
wurden Einrichtungen gestärkt oder geschaffen, die leichter zu steuern und zu<br />
reglementieren sind als auf Eigenständigkeit ausgerichtete niedergelassene Ärzte.<br />
Außerdem sind Mitarbeiter in Institutionen gewerkschaftsfähiger als Mitarbeiter<br />
niedergelassener Ärzte oder gar niedergelassene Ärzte selbst.<br />
Im ideologisch geprägten Trend liegt die Umsetzung des Eckpunktepapiers.<br />
Entscheidend sind vier Regelungen:<br />
• Der Gesundheitsfonds nivelliert die Krankenkassenstruktur und ebnet den Weg<br />
zur Einheitskasse.<br />
• Die einheitliche Festsetzung des Beitragssatzes aller Krankenkassen durch den<br />
Staat beendet ein Versicherungssystem, in dem die Einnahmen die Ausgaben<br />
decken müssen oder zumindest decken sollten.<br />
• Die Veränderungen in der privaten Krankenversicherung gefährden die Zukunft<br />
dieses eigenständigen Versicherungszweiges.<br />
• Die Entmachtung der Selbstverwaltung z. B. durch zentrale<br />
Krankenkassenverbände unter Staatsaufsicht, die hauptamtliche Besetzung des<br />
Gemeinsamen Bundesausschusses und die Aufgabeneinschränkung der<br />
kassenärztlichen <strong>Vereinigung</strong>en läuten das Ende eines staatsfernen, sich selbst<br />
verwaltenden Gesundheitswesens ein.<br />
Dies ist der Weg in ein anderes System. Es ist eine so kaum wahrgenommene,<br />
aber doch wohl durchdachte und konsequent durchgeführte evolutionäre<br />
Revolution.<br />
5 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL
18<br />
NOTDIENST<br />
NOTDIENST GEHT IN DIE<br />
UMSETZUNGSPHASE<br />
Die Abgeordnetenversammlung hat am 11.10.2006 die neue<br />
Notdienstsatzung nach 2. Lesung verabschiedet. Wenn nun die<br />
Kammerversammlung im November ebenfalls nach 2. Lesung zustimmt<br />
– woran wohl kein Zweifel besteht, wird zum Beginn des Jahres 2007<br />
in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> einmal mehr Versorgungsgeschichte geschrieben.<br />
Das neue Notdienstkonzept setzt Überlegungen, die auch in anderen<br />
KVen gemacht werden, konsequent um.<br />
EKKEHARD BECKER, KVSH<br />
Die Diskussion um die Neuordnung wurde intensiv, leidenschaftlich<br />
und hart geführt. Verschlechterung der Patientenversorgung,<br />
Überstülpen eines Systems, Schwächung<br />
der ambulanten Versorgung, Verteuerung der Versorgung wurden<br />
von den Kritikern ins Feld geführt. Die gegenteiligen Argumente<br />
von den Befürwortern.<br />
Zum Glück haben wir in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> bereits Notfallambulanzen<br />
an Krankenhäusern. Dass diese von den Patienten angenommen<br />
werden, muss also nicht bewiesen werden. Aber die Ausdehnung<br />
der Fahrbereiche? Die Kooperation mit einer Rettungsleitstelle?<br />
Das wird nie funktionieren, so die Skeptiker.<br />
Nochmals zum Glück – oder sagen wir richtigerweise: Aus Weitblick<br />
– hat die Kreisstelle <strong>Schleswig</strong>-Flensburg mit ihrem umtriebigen<br />
Vorsitzenden Dr. Hans-Joachim Commentz das neue Konzept in<br />
Grundzügen bereits zum 01.07.2006 umgesetzt (siehe Seite 20). Mit<br />
allen Fehlern, allen Reibungsverlusten, aber auch mit allen Gewinnen.<br />
Mit dem Ergebnis, dass nahezu alle Ärzte dem alten System keine<br />
Träne nachweinen. Und die Patienten haben die Vorteile sofort angenommen.<br />
An den <strong>Schleswig</strong>er Erfahrungen können wir nun das<br />
landesweite Konzept eichen. Unser Dank geht daher an die Kreisstelle<br />
<strong>Schleswig</strong>, an die Ärztinnen und Ärzte im Notdienst, an das<br />
Martin-Luther-Krankenhaus und an die Rettungsleitstelle der Berufsfeuerwehr<br />
Flensburg, in der die eingehenden Anrufe der 01805<br />
11 92 92 ankommen und weitergegeben werden.<br />
Die Diskussionen im Land und die Erfahrungen aus <strong>Schleswig</strong> haben<br />
Feinjustierungen am Konzept erforderlich gemacht. Die Eckpunkte<br />
bleiben im Wesentlichen unverändert (vgl. „Von der Qual zur Wahl“,<br />
NORDLICHT 05, Seite 30), daher im folgenden nur die Anpassungen.<br />
Notdienstbezirke und Anlaufpraxen<br />
Die Situation in den Kreisen Plön und Ostholstein konnten wir<br />
durch die Notfallpraxis Preetz und den zugeordneten Fahrdienst<br />
entspannen. Das entlastet auch das Kieler Ostufer, für Neustadt ist<br />
kein Fahrbezirk vorzusehen. Zur Versorgung der Bevölkerung und<br />
der Urlaubsgäste ist jedoch eine Notfallpraxis in Neustadt ganzjährig<br />
vorgesehen. Zudem haben Eutin und Lübeck eine Feinabstimmung<br />
ihrer gemeinsamen Bezirksgrenze vorgenommen.<br />
Neustadt war ursprünglich als saisonale Anlaufpraxis vorgesehen.<br />
Ebenso Eckernförde. In den weiteren Überlegungen machte es jedoch<br />
keinen Sinn, in den Urlaubszeiten Notfallpraxen an Krankenhäusern<br />
zu besetzen, in den Wintermonaten diese zu schließen. Daher<br />
wird auch Eckernförde ein ganzjähriger Standort. Mit einem fahrenden<br />
Dienst. Der löst das Problem in Schwansen, das zum Großteil<br />
von Kappeln aus versorgt werden sollte. Rendsburg und <strong>Schleswig</strong><br />
werden entlastet.<br />
Büsum wird als saisonale Notfallpraxis aufgenommen. Hier gibt es<br />
kein Krankenhaus, das sonst aufgesucht werden könnte. Die saisonale<br />
Öffnung ist in dem drittstärksten Feriengebiet unseres Landes<br />
sicherlich gerechtfertigt. Die Naturgewalten, die Eiderstedt geformt<br />
haben, sind der Grund für einen eigenen Fahrdienst. Ansonsten wäre<br />
Husum einfach zu groß gewesen.<br />
Der Speckgürtel um Hamburg wird durch die Standorte Reinbek<br />
und Heidberg noch etwas dicker. Heidberg wäre insoweit interessant,<br />
als hier eine KV-Grenzen überschreitende Lösung entstehen würde. Gespräche<br />
mit dem Krankenhaus und der KV Hamburg stehen an.<br />
Für die Nord- und Ostseeinseln benötigen wir eine Insellösung.<br />
Fehmarn, Sylt und Föhr werden von ganzjährigen Notfallpraxen profitieren.<br />
Außerhalb der Notfallpraxen werden die Dienste mit Tagespauschalen<br />
vergütet. Die Pauschale wird von der Größe der Insel<br />
abhängen und zwischen 100 Euro und 300 Euro betragen. Insgesamt<br />
eine Besserstellung auf jeder Insel.<br />
Anlaufpraxis-Kosten<br />
Für den Betrieb einer Anlaufpraxis haben wir im Mittel 48.000<br />
Euro kalkuliert. Da wir an den Standorten unterschiedliche Öffnungszeiten<br />
haben werden – in Kiel und Lübeck mehr Dienststunden<br />
als in <strong>Schleswig</strong> und sonst wo – werden die Kostensätze ebenfalls<br />
regional spezifiziert. Unsere Ansätze sehen keine Raumkosten für<br />
Krankenhäuser vor. Denn mit einer Notfallpraxis die niedergelassenen<br />
Vertragsärzte im Haus zu haben, ist für eine Klinik unbezahlbar.<br />
Das erkennen wir schon daran, dass bereits ein Krankenhaus<br />
ohne Notfallpraxis droht, die KVSH zu verklagen.<br />
Die Tiefe Nacht<br />
Wir wollen Krankenhäuser nicht für umbauten Raum, sondern<br />
den Krankenhausarzt für seine Leistungen im organisierten Notdienst<br />
vergüten. Das entspricht auch dem Wunsch der Ärztekammerversammlung.<br />
In der Nacht, wenn die Notfallpraxis am Kranken-<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
haus nicht durch einen Vertragsarzt besetzt ist, soll die Bereitschaft<br />
und Tätigkeit der Krankenhausärzte mit einer Pauschale abgegolten<br />
werden (Kieler Modell). Diese Pauschale wird zwischen 30 Euro<br />
und 100 Euro liegen und orientiert sich an einer geschätzten Fallzahl<br />
pro Nacht und dem bisherigen Erlös des jeweiligen Krankenhauses<br />
aus Notfällen. Es sind Gesamtvergütungsanteile, die schon immer<br />
in die Krankenhäuser geflossen sind.<br />
Fahren und gefahren werden<br />
Gut gemeint ist nicht immer schlecht gedacht. Größere Fahrbezirke<br />
bedeuten mehr Einsätze und längere Wege für den fahrenden Dienst.<br />
Um die Belastung für den Arzt zu reduzieren, hatte die Arbeitsgruppe<br />
Notdienst über einen Taxi-Dienst oder eine eigene Fahrzeugflotte mit<br />
Fahrer nachgedacht. Dieser Komfort ist jedoch von dem überwiegenden<br />
Teil der Ärzte abgelehnt worden. Aus nachvollziehbaren Gründen.<br />
Daher wird hier das Prinzip der persönlichen Präferenz greifen:<br />
Wer selbst fahren will, soll es tun. Für die übrigen wird die KV bei ausreichender<br />
Nachfrage einen Service landesweit verhandeln.<br />
Verantwortliche vor Ort<br />
Die Organisation des Notdienstes vor Ort wird zukünftig kreisübergreifend<br />
sein. Daher sieht die neue Notdienstsatzung für jeden<br />
der 26 Notdienstbezirke einen Notdienstbeauftragten und einen<br />
Stellvertreter vor. Der Notdienstbeauftragte erstellt die Dienstpläne<br />
für den fahrenden Dienst und die Anlaufpraxis. Über ihn läuft auch<br />
die Abrechnung der durchgeführten Dienste. Er meldet diese per<br />
Liste zur KVSH, wo die Überweisung des Honorars auf das persönliche<br />
Konto des diensthabenden Arztes erfolgt. Der Notdienstbeauftragte<br />
der KVSH hat am 18. Oktober in Rendsburg die von den<br />
Kreisstellen benannten regionalen Beauftragten zu einer ersten<br />
Runde zusammengerufen.<br />
Abrechnung<br />
Auch wenn die Dienste auf der Basis von 50 Euro je Stunde pauschaliert<br />
vergütet werden, muss leider immer noch eine EBM-Dokumentation<br />
erfolgen. Wir beherbergen viele Gäste aus anderen<br />
Bundesländern, die bei „bereichsfremden“<br />
Krankenkassen versichert sind. Die Vergütung<br />
können wir von diesen Kassen<br />
nur über eine EBM-Abrechnung holen.<br />
Aber auch für „unsere“ Krankenkassen<br />
müssen Fallzahlen, Leistungen, Wegegelder<br />
und Patientendaten erfasst sein.<br />
Und leider auch der aufwändige Einzug<br />
der zehn Euro im Notdienst.<br />
Leitstellen<br />
In Kiel, Lübeck, Rendsburg und Flensburg<br />
haben die Ärzte eigens für den Notdienst Arztrufzentralen<br />
eingerichtet. Andere Notdienste<br />
kooperieren mit externen Dienstleistern. Die<br />
Modellregion <strong>Schleswig</strong> arbeitet mit der Rettungsleitstelle<br />
der Berufsfeuerwehr (BF) Flensburg<br />
zusammen. Die Erfahrungen der <strong>Schleswig</strong>er<br />
Ärzte zeigen, dass die Disponenten der BF einen guten<br />
Job machen. Nachdem wir nun über die 01805<br />
11 92 92 verlässliche Zahlen der eingehenden Anrufe sowie<br />
der Dauer der Anrufe haben, können wir über die Vergütung<br />
der Leitstelle Flensburg verhandeln. Gleichzeitig la-<br />
19<br />
den wir alle Rettungsleitstellen zu einer Zusammenarbeit ein. Wie<br />
diese Kooperationen aussehen und wann sie vor Ort starten können,<br />
hängt von den Leitstellen ab. Deshalb werden im Jahr 2007 auch<br />
die Arztrufzentralen zunächst bestehen bleiben. Es sei denn, dass<br />
wie in Flensburg die Entscheidung für eine neue Lösung gefallen ist.<br />
Fachärztliche Dienste<br />
Für die Notdienstversorgung in den Fachgebieten Augenheilkunde<br />
und HNO-Heilkunde wurde mit den beiden Berufsverbänden folgende<br />
Lösung besprochen: An Wochenenden und Feiertagen werden<br />
in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> jeweils fünf Ärzte für sechs Stunden (drei Stunden<br />
samstags, drei Stunden sonntags) Notfallsprechstunden in ihren<br />
Praxen leisten. Die Präsenzen sind regional so zu organisieren, dass<br />
eine möglichst gleichmäßige Erreichbarkeit gewährleistet wird. Dafür<br />
sind die beiden Notdienstbeauftragten dieser Fachgruppen verantwortlich.<br />
Wir denken daran, die Koordinierung der Anrufe für die<br />
fachärztlichen Dienste einer Leitstelle zu übertragen.<br />
Dienste der Kinder- und Jugendärzte<br />
Die Struktur sieht vor, dass in den Notfallpraxen an Wochenenden<br />
und Feiertagen auch Sprechstunden von Pädiatern integriert<br />
werden. Für die Notfallpraxen ist dies eine Abrundung des Angebots.<br />
Solche Sprechstunden werden seit Jahren in Kiel zur Zufriedenheit<br />
aller durchgeführt. Es funktioniert jedoch nur, wenn genügend<br />
Kinderärzte in dem Notdienstbezirk niedergelassen sind. Zur<br />
Ausgestaltung führen wir noch Gespräche mit dem Berufsverband der<br />
Kinder- und Jugendärzte.<br />
Weitergehende Informationen<br />
Wir informieren laufend über die Kreisstellen, die regionalen Notdienstbeauftragten,<br />
das NORDLICHT und über unsere Internet-Seite.<br />
Am 23. Oktober haben alle dienstpflichtigen Ärzte ein Anschreiben<br />
sowie einen Fragebogen zum neuen Notdienst erhalten. In dem Fragebogen<br />
bitten wir um Nennung von Präferenzen im Notdienst<br />
(Werktage, Wochenenden, Notfallpraxis oder fahrender Dienst etc.).<br />
Die Ergebnisse bereiten wir für die regionalen Dienstbeauftragten<br />
auf. Wir wollen damit die Dienstplanerstellung vor Ort erleichtern.<br />
Auf www.kvsh.de finden Sie auf der homepage die hier abgebildete<br />
Karte der Notdienstbezirke mit Gemeindegrenzen<br />
sowie die Namen der zuständigen<br />
Notdienstbeauftragten. Unsere Hotline<br />
04551 883 883 ist auch für Fragen<br />
zum Notdienst geschaltet.<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL
20<br />
VON SKEPSIS ZU AKZEPTANZ<br />
Ein Erfahrungsbericht aus <strong>Schleswig</strong>.<br />
DR. HANS-JOACHIM COMMENTZ, PRAKT. ARZT, SCHLESWIG<br />
Am 01. Juli, pünktlich um acht Uhr, wurde unsere neue Notdienstnummer<br />
01805 119292 für ca. 80.000 Menschen in unserem<br />
neuen <strong>Schleswig</strong>er Notdienstbereich geschaltet. Zwei<br />
Jahre Planung und Überzeugungsarbeit lagen hinter mir, jetzt musste<br />
sich unser neues Konzept aus Anlaufpraxis im Martin-Luther-<br />
Krankenhaus und „Fahrendem Dienst“, koordiniert durch die Leitstelle<br />
der Berufsfeuerwehr Flensburg, im Alltag bewähren. Spannend!<br />
Hatte ich zwei Tage vorher doch noch einmal ordentlich Prügel<br />
von den Kollegen des Krankenhauses bezogen, die sich zu spät<br />
und unvollständig informiert fühlten. Eine berechtigte Kritik! Denn<br />
auch auf sie kam eine ungewohnte Situation zu: Urplötzlich sollten<br />
sie nicht nur tagsüber in den gemeinsamen Ambulanzräumen<br />
Tür an Tür mit uns zusammenarbeiten, in der „tiefen Nacht“ sogar<br />
die alleinige Versorgung der Patienten übernehmen. Horrorszenarien<br />
wurden konstruiert, volle Flure nachts um halb eins…..<br />
Ich nehme es vorweg: Alles spielte sich kurzfristig ein. Die Bedenken<br />
der Kollegen des Krankenhauses waren unberechtigt, statt<br />
Mehrbelastung gab es in der Folgezeit für sie eher Entlastung und<br />
jetzt Zufriedenheit.<br />
Aber zurück zum 01. Juli. Die Sprechstunde in der Anlaufpraxis<br />
machte ein erfahrener Kollege aus Kropp, den bekanntermaßen<br />
nichts aus der Bahn wirft. Den Besuchsdienst übernahm mein Kollege<br />
aus der Gemeinschaftspraxis. Ich glaubte mich unabkömmlich<br />
in der Leitstelle der Berufsfeuerwehr Flensburg bei der Entgegennahme<br />
der Patientenanrufe. Weit gefehlt! Hier saßen Profis, die auf<br />
meine Hilfe nicht angewiesen waren: reibungsloser Ablauf trotz über<br />
60 Anrufen!<br />
Also, schnell zum Auto und zurück nach <strong>Schleswig</strong>, denn in der<br />
Anlaufpraxis brannte bereits vor zehn Uhr der Boden: über 50 Patienten,<br />
neu eingestelltes Personal, die Lesegeräte funktionierten<br />
nicht, zu wenig Sitzgelegenheiten, der Sprechstundenbedarf war<br />
nicht gekommen, es fehlten die Formulare. Chaos pur!<br />
Situation im Besuchsdienst<br />
Der Einzige, der sich an diesem wunderschönen Sommertag einen<br />
geruhsamen Tag machte, war mein Kollege im Besuchsdienst: Sonnen<br />
auf seiner neuen Terrasse war angesagt. Von den ehemals 40<br />
Besuchen waren gerade einmal acht Besuche übrig geblieben. Eine<br />
ANRUFE IN DER „TIEFEN“ NACHT<br />
(50 Anrufe in vier Wochen)<br />
24.7.-30.7.<br />
Tendenz, die sich in den nächsten Wochen bestätigte: Abnahme der<br />
Besuchstätigkeit auf weniger als ⁄ der gewohnten Einsätze!<br />
Die Probleme in der Anlaufpraxis hatte ich mir selber gemacht.<br />
zu sehr das Ganze gesehen, zu wenig im Detail geplant, zu wenig<br />
delegiert, alles selber machen wollen. Die letzten Tagen waren mit<br />
Presseterminen, Versammlung mit den Kollegen, Programmieren<br />
der Navigationsgeräte und Handys wie im Fluge vergangen.<br />
Nun ja, wir kamen über den Tag. Das Personal des Krankenhauses<br />
half, wo es konnte, der Wegfall des Sprechstundenbedarfs war somit<br />
zu verschmerzen. Formulare fanden sich auch, die Administration<br />
fand über die Computer des Martin-Luther-Krankenhauses statt.<br />
Die nächsten Tage und Wochen bestätigten unser neues Notdienstkonzept.<br />
Die Patienten nahmen die Einrichtung der Anlaufpraxis<br />
(160 Patienten pro Woche mit deutlichem Schwerpunkt am Wochenende)<br />
an, die Besuchshäufigkeit blieb niedrig (400 Besuche im<br />
gesamten 3. Quartal, statt früher 1.600 Besuche im gleichen Zeitraum!),<br />
die Leitstelle in Flensburg verrichtete weiter professionelle<br />
Arbeit.<br />
PATIENTENUMFRAGE DER ANLAUFPRAXIS SCHLESWIG (128 Antworten)<br />
...................................................................................................................... Sehr gut / positiv ..........in Ordnung .......... nicht so gut/<br />
......................................................................................................................................................................................................schlecht<br />
Wie beurteilen Sie die neue Regelung, die Sie bittet in die Anlaufpraxis zu kommen? ................ 71........................ 35 .......................... 21<br />
Wie beurteilen Sie das Vorhandensein der Möglichkeit des Krankenhauses im Hintergrund? .. 102........................ 22.............................. 0<br />
Wie beurteilen Sie die Bearbeitungszeit Ihrer gesundheitlichen Probleme?................................ 60 ......................35 .......................... 13<br />
Wie beurteilen Sie die Freundlichkeit unserer Mitarbeiter? ........................................................ 71 ........................11 ............................ 2<br />
Wie beurteilen Sie die Wegleitung zur Anlaufpraxis im MLK? .................................................... 84........................ 33 ............................ 4<br />
Wie sind Sie in die Anlaufpraxis gelangt? ................................ Eigener PKW/gefahren worden 104 ............ zu Fuß 15 ............ Bus / Taxi 3<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006<br />
20<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
11<br />
9<br />
31.7.-06.08.<br />
18<br />
07.08.-13.08.<br />
12<br />
14.8.-20.08.
ANRUFE UNTER 01805 11 92 92 (3. Quartal 2006)<br />
40<br />
PATIENTEN IN DER ANLAUFPRAXIS<br />
Pro Woche 160, pro Monat 665<br />
38<br />
50<br />
49<br />
UMFRAGE UNTER DEN ÄRZTEN DES<br />
NOTDIENSTBEREICHES SCHLESWIG<br />
von 100 Bögen -> 67 zurück<br />
8<br />
13<br />
7<br />
9<br />
MONTAG<br />
DIENSTAG<br />
MITTWOCH<br />
DONNERSTAG<br />
FREITAG<br />
SAMSTAG<br />
SONNTAG<br />
Ärzte im Ärzte in der Im Notdienst<br />
Besuchsdienst 28 Anlaufpraxis 22 nicht beteiligt 17<br />
… gegen ihren Willen eingeteilt........................................................................3<br />
… mit der Arbeit der Leitzentrale zufrieden ............................................ _> 95%<br />
… Besuche haben sich reduziert ..............................................................20 :7<br />
… Einrichtung einer Anlaufpraxis richtig....................................................100%<br />
… Pauschalierung der richtige Weg ..........................................................65 : 2<br />
… halte 50 Euro für angemessen............................................................ _> 80%<br />
… KM Radius verkleinern und weniger Geld............................................ _> 20%<br />
… lieber wieder nach EBM bezahlt werden..............................................Keiner!<br />
… würde lieber mit eigenem PKW fahren ................................................ 27 :7<br />
… Einführung der neuen Struktur landesweit .......................................... _> 85%<br />
… lieber wieder zum alten Konzept zurück ..............................................2 : 67!<br />
… mit dem Dienstplan zufrieden ..............................................................56 :8<br />
15<br />
14<br />
15<br />
13<br />
5<br />
9<br />
MONTAG<br />
DIENSTAG<br />
MITTWOCH<br />
DONNERSTAG<br />
FREITAG<br />
SAMSTAG<br />
SONNTAG<br />
Immer wieder sprachen mich in den vergangenen<br />
Wochen beteiligte Kollegen aus unserem Notdienstbereich<br />
an und fragten: „Warum haben wir das nicht<br />
schon lange vorher gemacht? Endlich feste Preise, kein<br />
Hamsterrad mehr.“<br />
Sie vergessen, wie viel Überzeugungsarbeit notwendig<br />
war. Seit zwei Jahren sind Ralf Büchner, unser<br />
KV-Vorstandsvorsitzender, und Ekkehard Becker, Leiter<br />
der Strukturabteilung, durchs Land gezogen und<br />
hatten in unzähligen Veranstaltungen die Bedenken<br />
der Kollegen aufgenommen und in dieses Konzept eingearbeitet:<br />
Es sollte nicht mehr kosten, die Qualität<br />
der medizinischen Versorgung eher gesteigert werden,<br />
die Kollegen auf dem Land entlastet werden, ein vernünftiger<br />
Stundenlohn sollte dabei auch noch raus<br />
kommen.<br />
Ich meine dieser Spagat ist gelungen. Und dennoch<br />
häuften sich in den letzten Wochen im übrigen <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
die Bedenken: viel zu große Bezirke, zu<br />
lange Wege, die Patienten machen das nicht mit, alles<br />
soll so bleiben, wie es ist …..<br />
Auswertung der Umfrage<br />
Mein Großvater hätte gesagt “we blieven bite ole“.<br />
Bedenken lassen sich am besten mit Fakten widerlegen.<br />
Wir legten über 14 Tage im Wartezimmer der Anlaufpraxis<br />
einen Fragebogen aus, den die Patienten anonymisiert<br />
ausfüllen konnten. Immerhin erhielten wir<br />
127 Bögen zurück. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen:<br />
Über 85 Prozent beurteilten die neue Regelung,<br />
die ja auch von ihnen zum Teil längere Wege abverlangt,<br />
positiv, alle 127 Befragten befanden vor allem<br />
die Integration dieser Struktur in das Krankenhaus mit<br />
seinen medizinischen Möglichkeiten als großen Vorteil.<br />
Nun mussten noch meine eigenen Kollegen in einer<br />
Befragung herhalten. Von 100 ausgesendeten Bögen<br />
erhielt ich innerhalb von 48 Std. 67 Bögen zurück.<br />
Überragend!<br />
Keiner der Befragten wollte wieder in die alte Struktur<br />
zurück. Die Pauschalierung, die Einrichtung der<br />
Anlaufpraxis, die Freiwilligkeit im Dienstplan, die Arbeit<br />
der Leitstelle, alles fand überwiegend Zuspruch.<br />
Selbst die Höhe der Stundenpauschale wurde positiv<br />
bewertet. Sehr gespannt war ich auf die Beantwortung<br />
der Frage, ob man lieber die Notdienstbereiche verkleinert,<br />
bei niedrigerem Stundenlohn. Nur knapp 20<br />
Prozent würden dieser Lösung zustimmen. Die Frage:<br />
„eigener PKW oder Taxilösung“ ging 27:7 gegen das<br />
Taxi aus.<br />
Nun war alles wieder gut: Patienten zufrieden, keine<br />
negative Kritik (Leserbriefe) in den Medien und meine<br />
eigenen Kollegen, vor Jahresfrist doch eher Zweifler,<br />
begeistert.<br />
Am 02.01.2007 wird das übrige <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
auf die neue Struktur umgestellt. Noch viel Arbeit wartet,<br />
zurücklehnen ist noch nicht angesagt. Wir <strong>Schleswig</strong>er<br />
laden natürlich jeden ein, sich bei uns einmal<br />
umzusehen und sich von dem neuen System zu überzeugen.Versprochen.<br />
„FAHRENDER“ DIENST<br />
Montag, Dienstag, Donnerstag .................. ca. 1 - 3 Besuche<br />
Mittwoch, Freitag ...................................... ca. 3 - 5 Besuche<br />
Samstag, Sonntag .................................. ca. 8 - 15 Besuche<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
21
22 ABGEORDNETENVERSAMMLUNG<br />
MEILENSTEIN GESETZT!<br />
Verabschiedung der neuen Notdienstsatzung.<br />
KARSTEN WILKENING, KVSH<br />
Markant säumen Meilensteine unsere Chausseen im Land.<br />
Früher dienten sie der Post, um nach präzise festgelegten<br />
Entfernungen die Beförderungszeiten, Personen- oder<br />
Extrapostsätze zu regeln. Die Zeit ist vorangeschritten, doch auch<br />
heute sprechen wir von Meilensteinen als Synonym bei innovativen<br />
Prozessen. Wenn neben dem Endergebnis einer Innovation<br />
auch Zwischenergebnisse verlangt werden, so stellen diese Zwischenergebnisse<br />
„Meilensteine“ dar.<br />
4. Arbeitsentwurf zum WSG („WahnSinnsGesetz“)<br />
Zu Beginn der Abgeordnetenversammlung zeigte der Vorsitzender<br />
der KVSH, Ralf Büchner, in seinem Bericht zur Lage, dass eine einzige<br />
Konstante alle bislang vorliegenden Arbeitsentwürfe der Bundesregierung<br />
durchzieht: „Keine Meinung, keine Ahnung, kein Konzept“<br />
(frei nach Marius Müller-Westernhagen). Der Gesundheitsfonds<br />
soll kommen, die Länderschutzklausel für reiche Bundesländer<br />
ist vorgesehen, die Budgetierung wird drückender und die Finanzkraft<br />
der Bundesländer einbezogen. Kurzum: „Der Befund ist<br />
beschämend“ – dieser Ausspruch von Bundespräsident Dr. Horst<br />
Köhler in Richtung der Bildung wäre nach Büchners Auffassung geradezu<br />
passend für die Gesetzesvorlage.<br />
Nur die Einführung wirklich fester Preise, eine Preisbildung auf<br />
Basis 5,11 Cent, solidarische Grundleistungen in Verbindung mit individuellen<br />
Wahlleistungen und wahrer Wettbewerb werden von<br />
Büchner als zukunftsweisend angesehen. Wenn die bisherigen Hochrechnungen<br />
zutreffen, dann werden allein <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> durch<br />
die Mechanik des Gesundheitsfonds gut 480 Millionen (!) Euro fehlen.<br />
In dieser Situation ist es nach Büchners Auffassung besonders<br />
wichtig, Widerstand gegen das Gesetzesvorhaben zu demonstrieren.<br />
Und auch konkret über die strategische Ausrichtung der KVen<br />
und der KBV zu sprechen. Wäre der Zusammenschluss zu einer Organisationseinheit<br />
vorteilhaft oder gibt es andere Optionen? Ganz<br />
gleich, zu welchem Ergebnis man in diesem Prozess kommt, die Gestaltungs-<br />
und Handlungsfähigkeit für unser Land ist und bleibt<br />
nach Büchners Auffassung von zentraler Bedeutung!<br />
Als Meilenstein der Gesundheitspolitik in Deutschland kann dieser<br />
Gesetzentwurf durchaus gewertet werden – allerdings in die völlig<br />
falsche Richtung „Staatsmedizin“. Vernünftigerweise sollte ihn<br />
deshalb das Schicksal einiger seiner Brüder und Schwestern in Granit<br />
ereilen: Untergepflügt oder zerbrochen am Straßenrand zu enden.<br />
Neue Notdienstsatzung setzt Meilenstein<br />
Der Neustrukturierung des Notdienstes wird zur Zeit viel öffentliche<br />
Aufmerksamkeit geschenkt, und die Gebietskörperschaften<br />
signalisieren Akzeptanz für die neue Struktur. Vor diesem Hintergrund<br />
stellte sich die Abgeordnetenversammlung nach den vielfältigen<br />
Diskussionen in den letzten Monaten der Aufgabe, die neue<br />
Notdienstsatzung als formalen Rahmen zu verabschieden. Die Aufsicht<br />
des Landes hatte der KVSH im Vorwege mitgeteilt, dass sie die<br />
Satzung nicht genehmigen werde - da sie von der Aufsicht als nicht<br />
genehmigungspflichtig angesehen wird. Auch werde die Aufsicht<br />
die Satzung nicht beanstanden. Mit dieser Antwort wurden die di-<br />
versen Details der neuen Satzung von den Abgeordneten intensiv<br />
diskutiert und nochmals Meinungen ausgetauscht.<br />
Trotz aller Meinungen und Details – die Neustruktur wird nach<br />
übereinstimmender Meinung der Abgeordneten einheitlich organisiert,<br />
lässt dabei regionale Differenzierungen zu und wird laufend<br />
auf ihre finanziellen Auswirkungen überprüft. Das Ziel der Abgeordneten<br />
ist eine zukunftssichere und gute Struktur für unser Land.<br />
Damit dieses System in Zukunft aber überhaupt flexibel und lernfähig<br />
sein kann, musste die verbale Umschreibung in Form der neuen<br />
Satzung beschlossen werden. Bei fünf Enthaltungen wurde die neue<br />
Notdienstsatzung einstimmig beschlossen. Somit ist ein wichtiges<br />
Zwischenziel bis zum voraussichtlichen Start der neuen Notdienststruktur<br />
am 01.01.2007 erreicht. Die Abgeordnetenversammlung hat<br />
am 11.10.2006 mit der Verabschiedung der neuen Notdienstsatzung<br />
einen robust definierten Meilenstein gesetzt und dem weiteren Pro-<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
zess eine klar verständliche Struktur gegeben. Das nächste Zwischenziel<br />
wartet im November, wenn die Notdienstsatzung in der Ärztekammer<br />
zur Abstimmung gestellt wird.<br />
Bericht der beratenden Fachausschüsse<br />
Seit der letzten Abgeordnetenversammlung (06.09.2006) hatte nur<br />
der beratende Fachausschuss der Hausärzte getagt. Dr. Stefan Jost,<br />
Vorsitzender des Fachausschusses, berichtete von der Nachbereitung<br />
der Demonstration in Berlin, der Diskussion des 3. Arbeitsentwurfes<br />
zum neuen Gesetz und einer geplanten Klausursitzung des<br />
Ausschusses im November, um die beratende Funktion weiter zu<br />
schärfen. Der fachärztliche und der psychotherapeutische Fachausschuss<br />
werden erst Ende Oktober wieder tagen.<br />
Satzungsangelegenheiten<br />
Der Satzungsausschuss hatte sich vor der Abgeordnetenversammlung<br />
mit diversen Themen auseinandergesetzt. Dem Antrag der<br />
Fachausschüsse, für jedes Mitglied der beratenden Fachausschüsse<br />
Vakanzvertreter zu benennen, wurde nicht entsprochen. Bei jeweils<br />
zwölf Mitgliedern der drei Ausschüsse wären sonst nochmals 36 Vertreter<br />
zu wählen. Grundsätzlich sprach sich die Abgeordnetenversammlung<br />
für eine Stellvertreterregelung aus. Die Abgeordneten votierten<br />
in einer ersten Abstimmung mit sieben Ja-Stimmen, acht<br />
Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen dagegen, für jedes Mitglied eines<br />
Fachausschusses einen Vertreter zu benennen. Mehrheitlich<br />
stimmten sie aber dafür, je Ausschuss vier Vertreter zu benennen.<br />
Der Satzungsausschuss wird einen Formulierungsvorschlag erarbeiten.<br />
Bei den Kompetenzbereichen des Vorstandes wurde festgelegt,<br />
dass die Ressorts „Struktur der Versorgung“ und „Verträge“ in den<br />
Bereich des Vorsitzenden der KVSH, Ralf Büchner, fallen. Diese Ressorts<br />
bedürfen der Außenvertretung, für die der Vorsitzende verantwortlich<br />
zeichnet. Innerhalb des Vorstandes wird weiterhin ressortübergreifend<br />
gearbeitet, um gemeinsam strukturelle Anpassungen<br />
und Vertragsinhalte zum Wohle der Ärzteschaft zu erarbeiten.<br />
Beim Passus „Wegzug von Abgeordneten aus ihrem Wahlkreis“<br />
waren diverse Abgeordnete der Auffassung, dass die gewählten Vertreter<br />
auch als Repräsentanten ihrer Region in der Abgeordnetenversammlung<br />
sitzen. Außerdem gäbe es bei der Wahl zur Abgeordnetenversammlung<br />
keine Landesliste, sondern das Regionalwahlrecht.<br />
Zu dieser Thematik wird der Satzungsausschuss eine entsprechende<br />
Formulierung erarbeiten.<br />
Mithaftung der Kassen bei HVM-Risiken<br />
Nach wie vor fordert die KVSH von den Krankenkassen die Mithaftung<br />
bei HVM-Risiken in der Vereinbarung zum HVM. Finanzvorstand<br />
Dr. Ralph Ennenbach berichtete, dass die Kassen dieses<br />
naturgemäß anders sehen und das Argument der befreienden Zahlung<br />
der Gesamtvergütung ins Feld führen, um keine Nachschusspflicht<br />
für sich ableiten zu müssen. Diese Argumentation ist nicht<br />
akzeptabel, und die KVSH wird ihre Forderung weiter betreiben. Im<br />
Bereich QuaMaDi sei man sich mit den Kassen einig, für den flächendeckenden<br />
Vertrag eine Bereinigung bei den Mammographien<br />
vorzunehmen. In diesem Zusammenhang erläuterte Ennenbach,<br />
dass die neu definierte Schnittstelle für die Abrechnung gegenüber<br />
den Krankenkassen (ehemaliges Formblatt 3, jetzt: vdx-Schnittstelle)<br />
zu gewissen zeitlichen Verzögerungen bei den Abschlagszahlungen<br />
der Kassen geführt hat. Das Problem werde aber in Kürze gelöst sein.<br />
Bei den Verträgen berichtete der Vorsitzende Ralf Büchner, dass<br />
mit der IKK eine Honorarvereinbarung für das Jahr 2006 geschlossen<br />
werden konnte. Mit der IKK-direkt habe man für Einzelleistungen<br />
einen Punktwert von 5,11 Cent vereinbaren können. Mit der AOK,<br />
BKK, LKK und dem VdAK/AEV laufen die Verhandlungen noch und<br />
bewegen sich in den gesetzlich vorgegebenen engen Korridoren der<br />
Gestaltungsmöglichkeit.<br />
So konnte zumindest im Bereich der neuen Notdienststruktur die<br />
Gestaltungs- und Handlungsfähigkeit der KVSH unter Beweis gestellt<br />
und etwas gänzlich Neues verabschiedet werden. Dieser Meilenstein<br />
hat seinen Platz auf dem richtigen Weg in die Zukunft gefunden.<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
23
24 AKTUELL<br />
Einigkeit: Reform<br />
großer Unsinn<br />
Bad Segeberg (Q) - Auf einer Informationsveranstaltung<br />
der Arbeitsgemeinschaft Patienten und Selbsthilfegruppen<br />
(APS) zu den Eckpunkten der geplanten<br />
Gesundheitsreform haben die Beteiligten den Inhalt<br />
der Reform übereinstimmend abgelehnt. Die stellvertretende<br />
Vorsitzende der KVSH, Dr. Ingeborg Kreuz,<br />
erwartet eine Verschärfung der Honorarsituation für<br />
Ärzte, wenn die Reform so käme. Dr. Heiner Garg von<br />
der FDP geißelte den Gesundheitsfonds als unausgegoren<br />
und „bürokratisches Monster.“<br />
Rudolf Facklam vom VdAK sieht die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Krankenkassen durch den Fonds gänzlich<br />
genommen. Günter Schulz von der APS setzte sich<br />
noch mal dafür ein, dass ein Prozent Zuschlag auf den<br />
Kassenbeitrag für manche eine Überforderung darstellt<br />
und für einige auch über zwei Prozent ihres Einkommens<br />
liegen kann.<br />
Erstes Carl-Georg Schirren<br />
Symposium in Kiel<br />
Kiel (Q) - In Gedenken an den Kieler Hautarzt Dr.<br />
Carl-Georg Schirren, der über 50 Jahre niedergelassener<br />
war, findet zum ersten Mal ein Dermatologie-Symposium<br />
zu dessen Gedenken in Kiel statt. Geplant sind<br />
Fachvorträge von Experten der Universitäten Berlin<br />
und Kiel. Außerdem kommen niedergelassene Fachärzte<br />
zu Wort, die über ihre verschiedenen Schwerpunktgebiete<br />
in der Dermatologie, aber auch aus anderen<br />
Fachrichtungen der Medizin berichten.<br />
Beginn ist der 09. November, 09.00 -13.00 Uhr im<br />
Hotel Steigenberger, Schlossgarten 7, Kiel.<br />
Kassengebühr „sinnlos“<br />
Düsseldorf - Die Allianz Private Krankenversicherung<br />
und der Gesundheitsökonom Professor<br />
Eckhard Knappe plädieren für die Einführung einer<br />
prozentualen Selbstbeteiligung mit einer jährlichen<br />
Obergrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung.<br />
Ihr Vorschlag: Zehn Prozent Eigenbeteiligung bei<br />
allen Leistungen bis zu 600 Euro im Jahr. Nur wenn<br />
die Patienten die Preise der in Anspruch genommenen<br />
Leistungen kennen und selbst von der Wahl<br />
des günstigsten Angebots profitieren, lässt sich eine<br />
Steuerungswirkung erzielen, sagte Knappe. Er hat für<br />
die Allianz ein Gutachten zum Thema "Eigenverantwortung"<br />
erstellt. Von pauschalen Gebühren hält<br />
der Ökonom dagegen nichts. "Gebühren wie die<br />
Praxisgebühr sind das Sinnloseste, was es gibt."<br />
QUELLE: ÄRZTE ZEITUNG VOM 23.10.2006<br />
Krankenkassen:<br />
Beiträge steigen drastisch<br />
Berlin/Hamburg - Das Hamburger Abendblatt berichtet, dass auf die gesetzlich<br />
Krankenversicherten als Folge der geplanten Gesundheitsreform drastische Beitragssteigerungen<br />
zukommen. Davor warnte der Krankenkassenverband, der seine<br />
Kritik an den Plänen der Koalition noch einmal verschärfte.<br />
Nach Berechnungen des Verbandes werden die Beiträge durch die Reform von<br />
derzeit 14,3 Prozent vom Monatsbrutto auf bis zu 15,9 Prozent steigen. Bei einem<br />
Gehalt von 2.500 Euro wären das dann für den Arbeitnehmeranteil 222 anstatt<br />
derzeit 200 Euro.<br />
Die Kassen warnten zudem vor Leistungseinschränkungen zulasten von Versicherten<br />
und Kranken. "Bei dieser Gesundheitsreform gibt es eigentlich nur Verlierer",<br />
sagte Doris Pfeiffer, Vorsitzende des Ersatzkassenverbandes.<br />
Die Beitragserhöhungen werden nach Ansicht der Kassen noch nicht reichen, um<br />
das erwartete Defizit von 16 Milliarden Euro zu decken. Weil einige Kassen sich<br />
zum Start des Gesundheitsfonds 2009 entschulden müssen, droht eine weitere<br />
Steigerung um 0,4 Prozentpunkte.<br />
Davon unabhängig dürfte die monatliche Belastung der Versicherten auch noch<br />
wegen der Zusatzbeiträge steigen, die die Kassen in Zukunft erheben können. Acht<br />
Euro pro Monat Extraprämie können es ohne weitere Einkommensprüfung sein.<br />
Ist der Zusatzbeitrag höher, darf ein Prozent des Bruttoeinkommens nicht überschritten<br />
werden. Jetzt haben die Kassen errechnet, dass die Versicherten im Schnitt<br />
zwölf Euro zusätzlich berappen müssen. Dies gilt vor allem für Ballungszentren<br />
wie Hamburg mit hoher Arztdichte und vielen Gutverdienern. Nach dem Szenario<br />
des Verbandes drohen auch Insolvenzen großer Krankenkassen. Dann könne<br />
es passieren, "dass die Gesundheitsversorgung in einer Region zusammenbricht",<br />
so Verbandschefin Pfeiffer. Ärzte und Kliniken müssten in so einem Fall um ihre Bezahlung<br />
bangen. AOK-Chef Hans Jürgen Ahrens forderte ein Sofortpaket in Höhe<br />
von zehn Milliarden Euro aus Steuermitteln für die Kassen. Der Zuschuss aus der<br />
Tabaksteuer dürfe nicht gekürzt werden, Arbeitslosengeld-Bezieher müssten volle<br />
Beiträge entrichten, der Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel dürfe nicht erhöht<br />
werden.<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dagegen, die Reform schaffe mehr<br />
Wettbewerb. Der umstrittene Fonds stelle von 2009 an sicher, dass pro Krankheitsfall<br />
und Krankheitsart in ganz Deutschland gleich viel Geld zur Behandlung<br />
zur Verfügung stehe. Das Bundesgesundheitsministerium wies die Berechnungen<br />
des Kassenverbandes zurück.<br />
Hartmannbund bereitet bundesweite<br />
Praxisschließungen vor<br />
Berlin - Eine neue Stufe des ärztlichen Widerstandes gegen die geplante Gesundheitsreform<br />
der Großen Koalition steht nach Aussagen des Hartmannbundes<br />
unmittelbar bevor: Auf die Phase der Großdemonstrationen mit weit über<br />
100.000 Ärzten in den vergangenen Monaten soll es ab Dezember eine bundesweite<br />
Welle regionaler Praxisschließungen geben. Das kündigte heute in Berlin<br />
der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Kuno Winn, an: "Wir Ärzte haben monatelang<br />
in einer Mischung aus Protesten und Dialog versucht, das Schlimmste abzuwenden.<br />
Jetzt ist es Zeit für eine Phase des konkreten Widerstandes."Mit den<br />
vorbereiteten Maßnahmen solle zunächst bis Mitte März kommenden Jahres in ausgewählten<br />
Versorgungsbereichen exemplarisch der drohende Versorgungsnotstand<br />
demonstriert werden. "Wir werden dort jeweils an drei Tagen in der Woche<br />
aufzeigen, wozu die Zerstörung der wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung<br />
durch die Gesundheitsreform führen wird", sagte Winn.<br />
QUELLE: FACHARZT.DE VOM 23.10.2006<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
KV Mecklenburg-Vorpommern:<br />
44.000 Unterschriften<br />
gegen Reform<br />
Rostock - Die <strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> Mecklenburg-Vorpommern<br />
hat nach eigenen Angaben<br />
44.000 Unterschriften von Patienten und niedergelassenen<br />
Ärzten gegen die Gesetzesentwürfe zur Gesundheitsreform<br />
gesammelt. Mit den Unterschriften<br />
wehre man sich gegen eine Verschlechterung der medizinischen<br />
Versorgung im Land, teilte die KV in Schwerin<br />
mit. Die Unterschriftenkampagne soll in den nächsten<br />
Wochen fortgesetzt werden.<br />
Die geplante Reform sehe eine Angleichung der für<br />
die ambulante Versorgung zur Verfügung stehenden<br />
Mittel an die Wirtschaftskraft des jeweiligen Bundeslandes<br />
vor. Nur in den wirtschaftlich gut gestellten Ländern<br />
sei daher künftig eine bessere Versorgung gewährleistet,<br />
kritisierte die KV-Mecklenburg-Vorpommern<br />
sei jedoch das ärmste Bundesland. Das Bruttoinlandsprodukt<br />
entspreche 67 Prozent des Bundesdurchschnitts.<br />
Trotz mehrerer Demonstrationen in diesem<br />
und im vergangenen Jahr habe die Regierung die<br />
Forderung der Ärzte bisher nicht berücksichtigt.<br />
QUELLE: ÄRZTE ZEITUNG VOM 18.10.2006<br />
Gesundheitsreform erreicht den Bundestag<br />
Bedenken in der SPD-Bundestagsfraktion.<br />
Ablehnung in der<br />
SPD-Fraktion: Wolfgang<br />
Wodarg nannte Zahlen.<br />
Berlin - Die Bundesregierung drückt bei der Gesundheitsreform<br />
aufs Tempo. Nach der erwarteten<br />
Zustimmung im Bundeskabinett soll sich der<br />
Bundesrat bereits im November mit dem umfangreichen<br />
Reformpaket befassen. Dazu sollten Fristen<br />
verkürzt werden. Zuvor hatten bei der internen<br />
Anhörung der Länder vor allem Vertreter der<br />
CDU-geführten Länder erhebliche Bedenken gegen<br />
die Reform deutlich gemacht. Insbesondere wurde<br />
nach Angaben von Teilnehmern verlangt, dass alle<br />
durch die Reform ausgelösten Finanzströme - vom<br />
Risikostrukturausgleich über die individuellen Zuzahlungen<br />
oder Erstattungen je Kasse bis hin zum<br />
einheitlichen Beitrag für den Gesundheitsfonds - in<br />
einem neuen Gutachten aufgelistet und erörtert werden<br />
müssten. Hintergrund sind die erheblichen<br />
Unterschiede in den Berechnungen, die die Länder<br />
einerseits und das Bundesversicherungsamt andererseits<br />
angestellt hatten. Die Länder drängen zudem<br />
auf eine schnelle Vorlage der Ergebnisse dieser<br />
und anderer schon vereinbarter Studien, damit die<br />
daraus zu ziehenden Konsequenzen noch in das Gesetz<br />
eingearbeitet werden könnten. Grundsätzliche<br />
Vorbehalte äußerten die Ländervertreter nach Angaben<br />
von Teilnehmern auch gegen den geplanten<br />
Umbau der privaten Krankenversicherung.<br />
Wirtschaftsinstitute kritisieren<br />
Gesundheitsreform<br />
Berlin - Die sechs führenden Wirtschaftsinstitute haben in ihrem Herbstgutachten<br />
die geplante Gesundheitsreform kritisiert. Erforderlich wäre ein Systemwechsel,<br />
der es den Bürgern mehr als bislang überließe, die Entscheidungen über<br />
Art und Umfang ihrer Krankenversicherung selbst zu treffen, schreiben die Ökonomen<br />
in ihrem in Berlin vorgestellten Gutachten. Die Koalition plane dagegen mit<br />
ihrer Gesundheitsreform weiter bürokratische Eingriffe des Staates, etwa die Deckelung<br />
der Ausgaben und die Fixierung von Preisen. Die Nachhaltigkeit der Sozialsysteme<br />
werde nicht gesichert, monieren die Institute auch in Bezug auf die Krankenversicherung.<br />
QUELLE: FACHARZT.DE VOM 19.10.2006<br />
KBV: Scharfe Kritik am Referentenentwurf<br />
Berlin - Die <strong>Kassenärztliche</strong> Bundesvereinigung (KBV) hat den Referentenentwurf<br />
zur Gesundheitsreform in einer aktuellen Stellungnahme scharf kritisiert.<br />
Ob Vergütungssystem, Gesundheitsfonds oder Wettbewerbsorientierung – mit der<br />
geplanten Reform konterkariere die große Koalition ihre eigenen Reformziele, lautet<br />
das Fazit des KBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Andreas Köhler. "Statt der politisch<br />
zugesagten Abschaffung der Budgets und der Einführung fester Preise für ärztliche<br />
Leistungen, entnehmen wir dem Referentenentwurf hinsichtlich der vertragsärztlichen<br />
Vergütung sogar eine künftig dreifache Budgetierung", kritisierte der<br />
KBV-Chef weiter. QUELLE: FACHARZT.DE VOM17.10.2006<br />
Vor allen aus den Reihen der SPD wurden Vorbehalte<br />
laut. Der Arzt und Gesundheitspolitiker Wolfgang<br />
Wodarg sagte, 35 Mitglieder der Fraktion lehnten<br />
das Gesetz ab. Sein Kollege Karl Lauterbach verlangte,<br />
den für 2009 geplanten Beginn des Gesundheitsfonds<br />
auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl<br />
zu verschieben. Auch in der Union gab es<br />
Kritik. Im Fraktionsvorstand kam es zu mehr als einem<br />
Dutzend Meldungen. Der Chef der CSU-<br />
Gruppe, Peter Ramsauer, verlangte, von Rückzahlungen<br />
der Kassen an die Versicherten müssten auch<br />
die Arbeitgeber profitieren. Der Sozialverband<br />
Deutschland und die Volkssolidarität warnten vor<br />
einer "gravierenden Schieflage" und riefen zu einem<br />
Neuanfang auf. In Nürnberg demonstrierten Tausende<br />
Ärzte gegen die Gesundheitspolitik.<br />
QUELLE: FAZ VOM 18.10.2006<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
25
26 QUALITÄTSSICHERUNG<br />
DIALYSE<br />
Einführung einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />
zur Sicherung der Qualität von Dialysebehandlungen nach den<br />
§§ 136 und 136a SGB V.<br />
MARION RAMPOLDT, KVSH<br />
Mit Wirkung zum 24.06.2006 ist eine Richtlinie zur Sicherung<br />
der Qualität von Dialyse-Behandlungen in Kraft getreten.<br />
Diese Richtlinie setzt erstmals die Einrichtung<br />
standardisierter Datenwege voraus. Für die Umsetzung ist es erforderlich,<br />
dass die entsprechende Praxissoftware auf die Datenerhebung<br />
einschließlich der erforderlichen Datenschnittstellen vorbereitet<br />
wird, da die Dokumentationen ausschließlich elektronisch<br />
zu erstellen sind.<br />
Warum?<br />
60.000 Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz wurden im Jahre<br />
2006 ambulant mit einem der Dialyseverfahren behandelt. Hierzu<br />
stehen bundesweit 1.200 Einrichtungen zur Verfügung, die eine flächendeckende<br />
kontinuierliche Versorgung auch beispielsweise im<br />
Rahmen einer Feriendialyse sicherstellen. In <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> haben<br />
wir 26 Dialysepraxen, es werden ca. 1.800 Patienten pro Jahr dialysiert,<br />
wobei 1.500 auf die Praxis-Zentrumsdialyse entfallen.<br />
Seit Einführung der Dialyse als Regelleistung in die gesetzliche<br />
Krankenversicherung ist ein stetiger Zuwachs an dialysepflichtigen<br />
Patienten zu verzeichnen. Diese Tatsache wird u. a. zurückgeführt<br />
auf die Inzidenz des Diabetes mellitus als auch auf die steigende Lebenserwartung.<br />
Auffällig ist, dass bestimmte Verfahren wie die Peritonealdialyse<br />
nicht in gleichem Maße zur Anwendung kommen wie<br />
in anderen Industrieländern.<br />
Die Qualität der Dialysebehandlung wurde bislang über die Definition<br />
von Strukturkriterien, wie z. B. Arzt-Patienten-Schlüssel oder<br />
zu verwendende Geräte gesichert. Insbesondere auf Grund der im<br />
Jahr 2002 eingeführten pauschalierten Vergütung wurde befürchtet,<br />
dass Qualitätsstandards wie z. B. die Frequenz und Dauer der Dialysebehandlung<br />
unter zunehmendem Wirtschaftlichkeitsdruck schleichend<br />
nach unten verändern werden. In der neuen Richtlinie sind<br />
nunmehr Qualitätsindikatoren festgelegt, die Hinweise zur eigenen<br />
Standortbestimmung der Dialyseeinrichtung und auch mögliche<br />
Qualitätsprobleme liefern können.<br />
Wie?<br />
Diese Indikatoren teilen sich auf in einen Kern- und einen erweiterten<br />
Indikatorensatz. Während der Kernindikatorensatz (Dauer<br />
und Frequenz der Dialysebehandlung, Kt/V und Hb-Wert) an eine<br />
bundesweite Auswertungsstelle zu senden ist, können die weiteren<br />
Indikatoren (z. B. Albumin, Gabe von Erythropoese stimulierenden<br />
Faktoren) an einen frei zu wählenden Berichtersteller (Datenauswerter)<br />
gesendet werden, der zusätzlich festgelegte Auflagen erfüllen<br />
muss. Für beide Bereiche erhält die Dialyseeinrichtung einen<br />
Feedbackbericht, der die eigenen erzielten Ergebnisse in einen anonymisierten<br />
Vergleich mit allen Daten der anderen Dialyseeinrichtungen<br />
setzt.<br />
Ausschließlich für die vier Kernindikatoren wurden Korridore festgelegt.<br />
Ein zweimaliges, quartalsbezogenes Unter- oder Überschreiten<br />
kann für die bei der KVSH eingerichtete Qualitätssicherungskommission<br />
Anlass sein, die Einrichtung zur Stellungnahme aufzufordern.<br />
Die Auffälligkeiten können durch Einrichtungsbesonderheiten<br />
jedoch auch durch unzureichende Behandlungsqualität bedingt<br />
sein. Dies voneinander zu trennen, wird Aufgabe der Fachkommission<br />
sein.<br />
Wann?<br />
Der Gemeinsame Bundesausschuss wird eine Ausschreibung eines<br />
zentralen Datenanalysten vornehmen. Erst wenn der Zuschlag<br />
erteilt worden ist, beginnt für die Arztpraxis die Datensammlung.<br />
Dieser Termin wird den betroffenen Dialysepraxen gesondert mitgeteilt,<br />
der Beginn ist für Anfang 2007 geplant. Die Richtlinie sieht<br />
nach Beginn der Datenerhebung einen 18-monatigen Übergangszeitraum<br />
vor, eine Sanktionierung ist für diesen Zeitraum nicht vorgesehen.<br />
Die Richtlinie sowie die Anlagen können unter www.kvsh.de<br />
eingesehen werden.<br />
PHOTOTHERAPEUTISCHE KERATEKTOMIE (PTK)<br />
VERTRAGSÄRZTLICHE LEISTUNG – ABER AB WANN?<br />
DIETRICH BARTZ, KVSH<br />
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat bereits im Juni 2006<br />
die Einführung der Phototherapeutischen Keratektomie<br />
(PTK) mit dem Excimer-Laser bei folgenden Indikationen<br />
beschlossen:<br />
1. Rezidivierende Hornhauterosio<br />
2. oberflächliche Hornhautnarben<br />
3. Hornhautdystrophie<br />
4. Hornhautdegeneration und<br />
5. oberflächliche Hornhautirregularitäten (außer Pterygium)<br />
Dieser Beschluss ist am 14. Oktober 2006 in Kraft getreten und<br />
wird in Kürze auch im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht. Wie uns<br />
die KBV mitteilt, wird zwischenzeitlich mit den Krankenkassen darüber<br />
beraten, wie der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />
zur PTK im EBM berücksichtigt wird und ob in diesem Zusammenhang<br />
eine weitere Qualitätssicherungsvereinbarung abzuschließen<br />
ist. Bis zum Abschluss dieser Beratungen und bis zur Schaffung<br />
geeigneter Gebührenordnungspositionen im EBM kann die<br />
hier in Rede stehende Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung<br />
nicht erbracht und abgerechnet werden.<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
NEUE SPEICHERTECHNIKEN IN<br />
DER SONOGRAPHIE<br />
Eine Regelung für <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>. Seminar in Theorie und Praxis.<br />
PROF. DR. JENS-MARTIN TRÄDER,<br />
ALLGEMEINARZT, LÜBECK<br />
Nachdem in der Photographie, beim Video und<br />
vielen anderen Bildanwendungen die Speicherung<br />
von Bildern und Filmsequenzen in<br />
elektronischen Dateien, auf CDs, auf Speichersticks<br />
und Speicherkarten gang und gäbe ist, schien die Forderung<br />
der KV, die Dokumentation weiterhin auf Videoprinterpapier<br />
durchführen zu lassen, fast antiquiert.<br />
Die Sonographiekommission der KVSH hat vor<br />
einigen Jahren bei der <strong>Kassenärztliche</strong>n Bundesvereinigung<br />
(KBV) einen Vorstoß unternommen, eine Einigung<br />
hinsichtlich einer Änderung dieser Standards<br />
zu erreichen. Nachdem wir nun nach etlichen Jahren<br />
keine befriedigende Antwort erhalten haben, ist es an<br />
der Zeit, eine Regelung für <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> einzusetzen,<br />
bis eine bundeseinheitliche Regelung nachgeliefert<br />
wird.<br />
Fortbildungsveranstaltung<br />
Aus diesem Grunde hat die Sonographiekommission<br />
eine Fortbildungsveranstaltung organisiert, bei<br />
der Techniker, Wissenschaftler und Praktiker über die<br />
Umsetzung dieser Veränderungen berichten konnten.<br />
Knapp 50 Teilnehmer waren nach Bad Segeberg gekommen,<br />
um sich über diese Themen zu informieren.<br />
Im Eingangsreferat nahm Herr Thomas Bussmann<br />
zur Frage Stellung, welche Dateiformate sich für die<br />
Speicherung medizinischer Bilddaten eignen. Zu Zeiten<br />
der knappen und teuren Speichermedien war eine<br />
Datenkompression wünschenswert, die dann aber zu<br />
eindeutig nachweisbarem Qualitätsverlust beim medizinischen<br />
Informationsgehalt führte. In den heutigen<br />
Zeiten spielen Dateigrößen und Speicherplatz<br />
kaum noch eine Rolle, und auch bei der elektronischen<br />
Übertragung via DSL oder Hochgeschwindigkeitsleitungen<br />
sind Datenmengen nur noch selten ein Problem.<br />
Daher lautete sein Plädoyer: Die Bilddaten sollten<br />
so komplett wie möglich erhalten und gespeichert<br />
werden. Als Dateiformate sind in der Medizin der DI-<br />
COM-Standard, der jpg-Datei für Standbilder sowie<br />
das mpeg-Format für bewegte Seqenzen üblich. Auf<br />
Kompressionsverfahren für Bilddateien sollte also weitgehend<br />
verzichtet werden.<br />
Erfahrungsberichte aus der Praxis<br />
Danach folgte mein Bericht über häufig monierte<br />
Fehler bei der monatlichen Arbeit in der Qualitätssicherung<br />
in der Sonographiekommission. Ich plädierte<br />
für die Umsetzung der Sonographie-Richtlinien der<br />
KVSH. Darin wird gefordert, dass jedes untersuchte<br />
Organ auch dann dokumentiert werden muss, wenn<br />
kein pathologischer Befund festzustellen war. Die voll-<br />
ständige Dokumentation ist für die Abrechenbarkeit<br />
der Leistung erforderlich. Die Kostenträger könnten<br />
bei Kontrollen die nicht ausreichende Dokumentation<br />
bemängeln und die betreffenden Leistungen streichen.<br />
Die Papierqualität – so denn über Video-Printer dokumentiert<br />
wird – sollte gut sein, das Bildformat sollte<br />
so groß wie möglich gewählt werden, Organgrößen<br />
und Organbezeichnungen sollten erkennbar sein. Das<br />
minimale Bildformat von 36 x 60 mm wird öfters unterschritten,<br />
teilweise sogar erheblich.<br />
Im zweiten Teil des Berichtes stellte Herr Dr. Dünnweber,<br />
Orthopäde aus Flensburg, häufig auftretende<br />
Messfehler beim Ausmessen der Säuglingshüften vor.<br />
Er berichtete über die Einrichtung einer „Taskforce<br />
Säuglingshüfte“, die wegen der erheblich angestiegenen<br />
Kontrollfrequenzen der Dokumentationen in der<br />
Sonographie erforderlich geworden ist.<br />
Danach folgte ein weiterer Exkurs von mir über das<br />
seit 2006 mögliche Einreichen von elektronisch dokumentierten<br />
Befunden zur Qualitätssicherung. Hier werden<br />
CDs, DVDs und Magnetoptische Discs (MODs)<br />
neben den Videokassetten und Printerausdrucken als<br />
Medien akzeptiert. Die Dateiformate DICOM, JPG,<br />
MPEG und TIFF können gelesen werden. Diese Qualitätssicherung<br />
erfolgt dann „papierfrei“ und wird wahrscheinlich<br />
ab 2007 sogar vollkommen elektronisch unter<br />
Nutzung des Intranetzes „kvsh.ssl“ erfolgen können.<br />
Als dritter Referent zeigte Herr Meitsch, Medizin-<br />
Techniker, in welcher Weise die modernen Ultraschallgeräte<br />
diese neuen Dokumentationsweisen in<br />
die Praxis umsetzen. Herr Meitsch demonstrierte anhand<br />
von Sonographiegeräten und Praxiscomputersystemen,<br />
wie sich die Ultraschallbilder in den Praxisalltag<br />
– besonders bei der elektronisch geführten Patientenakte<br />
und bei der Schreibung eines Befundberichtes<br />
– problemlos einbinden lassen. Für einige der<br />
Zuhörer war dieser Teil „bekannter Praxisalltag“, für<br />
einen Großteil der Hörer jedoch „futuristisches Neuland“.<br />
Nach Diskussion und Kaffeepause hatten die Teilnehmer<br />
dann am frühen Abend Gelegenheit, die gewonnenen<br />
Erkenntnisse an Geräten und Übungsprobanden<br />
in die Praxis umzusetzen. Mit fünf Ultraschallgeräten<br />
konnten die neueste sonographische<br />
Technik ausprobiert und das elektronische Archivieren<br />
geübt werden. Nach intensivem Probieren und längerem<br />
Diskutieren strebten die Teilnehmer nach Hause.<br />
Eine gelungene Veranstaltung, welche eine hohe Praxisrelevanz<br />
hatte.<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
27
28<br />
KV INTERN BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE BERATUNG<br />
„Endlich ist es soweit, wir können<br />
GmbH:<br />
Gesellschaft mit<br />
beschränkter<br />
Hoffnung<br />
eine GmbH gründen“<br />
GmbH: Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung.<br />
HORST STINGL, STEUERBERATER, VEREIDIGTER<br />
BUCHPRÜFER, VEREIDIGTER UND ÖFFENTLICH<br />
BESTELLTER SACHVERSTÄNDIGER FÜR DIE<br />
BEWERTUNG VON ARZT- UND ZAHNARZTPRAXEN<br />
IN MELSDORF<br />
Solche und ähnliche Freudenrufe hat der Verfasser<br />
vernommen. Nicht immer zur eigenen Begeisterung.<br />
Was hat es nun auf sich mit dieser<br />
Rechtsform?<br />
Vor- und Nachteile sollen kurz im Folgenden erläutert<br />
werden, ersetzen aber keine eingehende rechtliche<br />
und wirtschaftliche Beratung, da dies für die Ärzte<br />
wirklich Neuland ist.<br />
Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG),<br />
das aller Voraussicht nach zum 01.01.2007 in Kraft treten<br />
wird, beschreibt gesetzestechnisch und in den entsprechenden<br />
Gesetzesbegründungen zumindest für<br />
den Leistungserbringer MVZ als erlaubte Rechtsform<br />
die GmbH.<br />
Auf regionaler Ebene müssen die Möglichkeiten<br />
noch umgesetzt werden, auch als Leistungserbringer<br />
in Form der Einzelpraxis oder aber als andere Ärztegemeinschaft<br />
(ohne MVZ zu sein) die Rechtsform der<br />
GmbH zu wählen. Dies ist wohl nicht aufzuhalten, da<br />
die auf dem Deutschen Ärztetag in 2004 beschlossene<br />
Musterberufsordnung dies vorsieht und nicht ersichtlich<br />
ist, warum ein Leistungserbringer, nämlich<br />
MVZ, bevorzugt sein soll.<br />
Die GmbH – Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />
– ist eine sehr formalgesetzlich ausgestaltete Gesellschaftsform<br />
hinsichtlich Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung,<br />
Geschäftsführung und Haftung.<br />
Fragt man den erstmals mit dieser Frage befassten<br />
Arzt, kommt meistens als Argument für die GmbH die<br />
Haftungsbeschränkung. Dies ist nur bedingt richtig,<br />
da zum einen explizit für das MVZ in Form einer GmbH<br />
als Zulassungsvoraussetzung eine Bürgschaftserklärung<br />
der Gesellschafter erforderlich ist. Hierdurch wird<br />
bei Auflösung sichergestellt, dass für eventuelle Regressansprüche<br />
der Krankenkassen die Gesellschafter<br />
persönlich haften.<br />
Dies ist zwar für das MVZ beschrieben, dürfte aber<br />
für die Ärzte-GmbH, wenn sie denn zugelassen wird,<br />
gleichermaßen gelten.<br />
Nicht anders wird sich gegenüber der GmbH eine<br />
Bank bzw. eine Leasinggesellschaft für wertvolle medizinisch-technische<br />
Geräte gegenüber der GmbH verhalten.<br />
Es wird kein Geld in Investitionen der GmbH<br />
mit Beschränkung auf deren Haftung herausgegeben<br />
werden, wenn nicht alle Gesellschafter persönlich daneben<br />
haften.<br />
„Dies ist ja wie bei einer Einzelpraxis oder GbR!“<br />
wird jetzt der Eine oder Andere erstaunt feststellen.<br />
Hierin liegt also kein Vorteil, es sei denn auf die Haftungsbeschränkung<br />
für die üblichen Verbindlichkeiten<br />
des laufenden Geschäftsverkehrs, die allerdings<br />
auch heute keine Bedrohung darstellen.<br />
Folgendes Beispiel soll für den einfachen Fall einer<br />
Gemeinschaftspraxis die Vorgehensweise beleuchten:<br />
Dr. Müller und Meier betreiben derzeit eine fachübergreifende<br />
Gemeinschaftspraxis als Allgemeinarzt<br />
und Fachinternist in der Form einer GbR. Sie gründen<br />
eine GmbH und bringen ihre bisherige Gemeinschaftspraxis<br />
in diese ein. Sie haben ein Gutachten,<br />
dass ihre Gemeinschaftspraxis 300.000 Euro wert ist. Sie<br />
können also das notwendige Stammkapital der GmbH<br />
in Höhe von mindestens 25.000 Euro durch Sacheinlage<br />
(Einlage der Gemeinschaftspraxis) aufbringen.<br />
Dies bedarf eines Sachgründungsberichts und einer<br />
Bestätigung des Sachverständigen zusätzlich zu dem<br />
Gutachten, dass die Sacheinlage den Wert des Kapitals<br />
auch erreicht.<br />
Für die GmbH gelten die Vorschriften des GmbH-<br />
Gesetzes und des Handelsgesetzbuches (HGB). Es ist<br />
eine Eröffnungsbilanz zu fertigen und zu jedem Jahresende<br />
ein Jahresabschluss mit einem Anhang zu erstellen.<br />
Gegenüber dem Handelsregister besteht Hinterlegungspflicht<br />
des Jahresabschlusses. Die GmbH ist<br />
ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform, so definiert im<br />
Handelsgesetzbuch. Die Abschlüsse richten sich nach<br />
Kaufmannsrecht.<br />
Die Ärzte benötigen eine Lohnsteuerkarte und einen<br />
Dienstvertrag, da sie gegenüber der GmbH in einer<br />
Angestellten-Doppelfunktion tätig werden müssen<br />
oder können: Zum einen sind sie (einer der Gesellschafter<br />
oder aber auch ein Dritter, z. B. eine Ehefrau)<br />
gesetzliches Organ der GmbH, nämlich Geschäftsführer.<br />
Des weiteren können sie ihre ärztliche Tätigkeit<br />
gegenüber der GmbH nur in einem Dienstverhältnis<br />
ausüben. Es ist also ein festes Gehalt schriftlich<br />
zu vereinbaren und wie mit einem fremden Angestellten<br />
auch tatsächlich abzuwickeln.<br />
Hierauf legt das Finanzamt besonderen Wert, denn<br />
es überprüft alle Verträge zwischen Gesellschafter und<br />
GmbH auf Fremdüblichkeit. Sollte es zu unüblichen, zu<br />
Lasten der GmbH gehenden Absprachen kommen,<br />
fingiert die Steuer eine so genannte verdeckte Gewinnausschüttung.<br />
Diese führt in den meisten Fällen<br />
zu einer zusätzlichen Steuerbelastung. Das heißt also,<br />
Mietverträge mit Grundeigentum eines Gesellschafters,<br />
Ehegattenarbeitsverträge und die eigenen Anstellungsverträge<br />
müssen fremdüblich sein. Bei den<br />
vereinbarten Arztgehältern ist es nicht auszuschließen,<br />
dass sich das Finanzamt an den Vergütungsgruppen<br />
angestellter Ärzte nach BAT hält. Damit sind<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
dann Bruttogehälter zwischen 70.000 Euro und 90.000<br />
Euro sicherlich angemessen. Das, was dann in der Gemeinschaftspraxis<br />
bisher mehr verdient und ohne Weiteres<br />
entnommen wurde, kann bei einer GmbH nur<br />
über eine alljährliche Gewinnausschüttung, eventuell<br />
verbunden mit einer Tantieme, ausgekehrt werden.<br />
Dieser Gewinn wird allerdings vorab bei einer GmbH<br />
zusätzlich um die Gewerbesteuer geschmälert.<br />
Wie in diesem nicht in die Tiefe gehenden und nicht<br />
vollständigen Beispiel zu erkennen, ist ein hoher formaler<br />
Aufwand mit der GmbH verbunden. Hinzu kommen<br />
Zusatzkosten, die durch die besonderen Vorschriften<br />
des GmbH-Gesetzes bzw. durch die Existenz<br />
der GmbH verursacht werden. Zu nennen sind höhere<br />
Jahresabschlusskosten sowie IHK-Beiträge.<br />
Als Fazit bleibt hier festzuhalten, dass für die Konstellation<br />
einer „einfachen“ Gemeinschaftspraxis die<br />
GmbH-Form als solche eher nicht angebracht ist.<br />
Ein zweites Beispiel:<br />
Eine große radiologische Gemeinschaftspraxis, bestehend<br />
aus den vier Gründern, möchte weitere Investitionen<br />
tätigen, ihr Leistungsspektrum erweitern und<br />
dazu weitere Ärzte anstellen bzw. auch weitere junge<br />
Radiologen mit Sitz aber ohne eigene Praxis in die Gesellschaft<br />
aufnehmen.<br />
Die Investitionen in die radiologische Gemeinschaftspraxis<br />
waren bisher volumenmäßig sehr hoch<br />
und werden zukünftig zur Anpassung an den technischen<br />
Fortschritt nicht weniger. Junge neue Kollegen,<br />
die aufgenommen werden sollen, haften mit ihrem<br />
persönlichen Privatvermögen für alle zukünftigen, aber<br />
nach der neuen BGH-Rechtsprechung auch für alle<br />
durch die Altgesellschafter verursachten Geschäftsschulden.<br />
Das sind Schulden aus Betrieb und Investitionen<br />
der Praxis, aber auch noch nicht bekannte Regresse<br />
gegenüber den Kassen. In diesem Fall ist es auch<br />
aus Sicht der Einsteiger zum eigenen Schutz überlegenswert,<br />
ob die haftungsbegrenzende Wirkung der<br />
GmbH zur Anwendung kommt. Weiter ist vorstellbar,<br />
dass es den Altgesellschaftern bzw. einem der Altgesellschafter<br />
als Geschäftsführer nicht recht ist, dass ei-<br />
nes Tages die Neueintritte die Mehrheit haben. Klare<br />
Strukturen im Sinne einer einheitlichen Geschäftsführung<br />
und Vertretung können besser in der GmbH<br />
umgesetzt werden. Die damit verbundene kaufmännische<br />
Buchhaltung und Jahresabschlüsse waren in<br />
der Regel schon auf Grund der Investitionsvolumina<br />
und der Umsätze und Kosten in der Personengesellschaft<br />
eingerichtet. Die zukünftig vergrößerte Struktur<br />
erfordert erst recht eine in kaufmännischer Weise<br />
eingerichtete Finanzbuchhaltung. Die hinzutretende<br />
Gewerbesteuerpflicht bei der GmbH wäre vermutlich<br />
eines Tages auch in der Personengesellschaft mit angestellten<br />
Ärzten, evtl. sogar fachfremder Gebietsbezeichnung,<br />
erreicht.<br />
Fazit:<br />
Für diese Fallgestaltung wäre es fast schon erforderlich, sich mit der Rechtsform<br />
der GmbH auseinander zu setzen und prüfen zu lassen, ob diese nicht vorteilhaft<br />
gegenüber einer personalistischen Struktur ist.<br />
Zwischen den oben beschriebenen Beispielen gibt es eine Vielzahl von Abstufungen,<br />
die im Einzelfall überprüft werden müssen. Hier kommt es darauf an, welchen wirtschaftlichen<br />
und strategischen Zweck der Unternehmerarzt mit der Wahl der Rechtsform<br />
GmbH verfolgt. Eine pauschale Aussage wie „mit der GmbH haften wir nicht<br />
mehr“ oder „jetzt können wir auch werben wie der Handwerker nebenan“ sind nicht<br />
geeignet, als Entscheidungsgrundlage für eine so komplexe Rechtsform zu dienen.<br />
Es ist also grundsätzlich zu begrüßen, dass auch den Ärzten die Rechtsform der<br />
GmbH zukünftig wie allen anderen Wirtschaftsunternehmen offen steht. Wie bei den<br />
anderen Wirtschaftsunternehmen muss aber auch bei den Ärzten die Einzelfallprüfung<br />
aller Aspekte den Ausschlag geben.<br />
Eine in der Wirtschaft verbreitete, die Vor- und Nachteile der einzelnen Gesellschaftsformen<br />
verbindende Gesellschaft mit beiden Komponenten körperschaftlicher<br />
und personalistischer Struktur ist die so genannte GmbH & Co. KG (Kommanditgesellschaft).<br />
Diese ist in der Berufsordnung als ärztliche Kooperationsgemeinschaft<br />
nicht erlaubt, da sie auf einen gewerblichen Zweck gerichtet ist (so die<br />
Begründung). Wie oben beschrieben, ist die GmbH jedoch Kraft Gesetzes in jedem<br />
Fall ein gewerbliches Unternehmen. Wenn also die reine Körperschaft erlaubt ist,<br />
ist es meines Erachtens nur eine Frage der Zeit, wann sich die zuständigen Entscheidungsträger<br />
der Frage annehmen müssen, ob nicht auch andere im Handelsrecht<br />
vorgesehene Gesellschaftsformen für den Arzt zulässig sind.<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
29
30 BÜROKRATISMUS<br />
VIEL LÄRM UM (BISHER FAST) NICHTS! ODER: DER BERG<br />
NÜTZT DAS BOHREN VON DICKEN BRETTERN,<br />
Bericht über meine Erfahrungen als<br />
„Entbürokratisierungsbeauftragter“ der KVSH.<br />
ANDREAS STANISAK, ALLGEMEINARZT, KLANXBÜLL<br />
Der Anstoß kam von den KVen der Neuen Länder. Mit einem<br />
Brief an den KBV- Vorsitzenden Dr. Richter-Reichhelm forderte<br />
Dr. Eckert (KVMV) die Einrichtung eines Entbürokratisierungsausschusses<br />
der KBV, deren Aufgabe die gründliche<br />
Prüfung der Praxistauglichkeit und –belastung jeder einzelnen neu<br />
einzuführenden Maßnahme sein sollte.<br />
Die zunehmende Papierflut durch Kassenanfragen, Dokumentationsanforderungen<br />
bei DMP, ICD 10, Krankentransportschein, Chronikerbegründung,<br />
regressbedrohte Beachtung der OTC Liste, Formularunwesen<br />
in der Prävention, Rehabilitation und Heilmittelverordnung<br />
neben den Zumutungen durch das Kassieren der „Praxisgebühr“<br />
waren (und sind es bis heute) kaum noch zu bewältigen<br />
und dienten (dienen immer noch nicht!) der Qualität der Krankenversorgung<br />
sondern der Kontrolle durch die Kostenträger und staatlichen<br />
Behörden unter dem Diktat der Kostenminderung.<br />
Am 02.04.2004 beschlossen dann der Länderausschuss und der<br />
KBV-Vorstand die Einrichtung eines Entbürokratisierungsausschusses,<br />
der mit der Aufgabe betraut wurde,<br />
1. nicht nur zukünftig zu erstellende, sondern auch bereits existierende<br />
Formulare auf ihre Notwendigkeit und Praxistauglichkeit<br />
zu überprüfen,<br />
2. bürokratische Bestimmungen im BMV-Ä und EKV sowie den Richtlinien<br />
des Gemeinsamen Bundesausschusses zu prüfen und Änderungen<br />
zu beantragen und<br />
3. Ansprechpartner der niedergelassenen Ärzte in Fragen zur Ent-<br />
bürokratisierung zu sein.<br />
Projektiert wurden Transportschein, AU-RL, Regeln für einfach zu<br />
handhabende Vordrucke (u. a. einheitliches Format, Vermeidung<br />
von Durchschlägen und Redundanzen, z. B. zweimal Datum und<br />
Möglichkeiten, das Patientenfeld bei Hausbesuchen Quittung, Rezepte,<br />
AU etc. nur einmal schreiben zu müssen), Vorschläge zur Eintreibung<br />
der Kassengebühr durch die Kassen, Vereinheitlichung der<br />
Chronikerregelung).<br />
Als Mitglied des damaligen ehrenamtlichen Vorstandes der KVSH<br />
und als Hausarzt mit 26 Jahren erlebter praktischer Erfahrungen auf<br />
diesem Gebiet ließ ich mich nicht zweimal bitten, in diesem Ausschuss<br />
mitzuarbeiten.<br />
In der konstituierenden Sitzung am 16.05.2004 forderten wir u. a., die<br />
Einführung des neuen Musters 4 (Verordnung einer Krankenbeförderung)<br />
zu stoppen und es beim alten (sie erinnern sich – DIN A 6) zu belassen.<br />
Geplant war ein DIN A 4 Monstrum mit Angaben der Diagnosen<br />
für den Taxifahrer. Ich durfte darüber hinaus Dr. Dominik Graf von Stillfried<br />
von der KBV auf vier Seiten neun weitere Ungereimtheiten und<br />
Schikanen darstellen, gipfelnd mit der Bemerkung, dass der stöhnende<br />
Senior nachts mit Harnverhalt bei verstopftem suprapubischen Katheter<br />
bei der gewissenhaften Ausfüllung nun wirklich stört, nachdem<br />
es schon nicht gelang, zehn Euro und die Chipkarte aufzutreiben. Im übrigen<br />
fehle die (im dazugehörigen Gesetz ausdrücklich ermöglichte) Ankreuzstelle:<br />
Notfall (am besten mit dem Zusatz: Weitere Auskünfte durch<br />
den Unterzeichner im Nachhinein kostenpflichtig durch den Kostenträger,<br />
falls Zweifel an den „WANZ“ Prinzipien bestehen).<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
Was kam dabei heraus?<br />
Es konnte lediglich erreicht werden, die Diagnosenangaben nicht<br />
mehr vorzusehen. Dazu gelang es, alle Angaben von DIN A 4 auf A 5<br />
zu komprimieren.<br />
Auch gelang es, bei der Chronikerregelung durchzusetzen, dass<br />
zuerst die Kasse prüft, ob Voraussetzungen vorliegen, die nur sie beurteilen<br />
kann und dass wir erst dann die Diagnosen und medizinischen<br />
Einschätzungen eintragen.<br />
Darf ich an dieser Stelle schon einmal auf meine Überschriftensammlung<br />
verweisen?<br />
Ferner forderten wir Regelungen, die eine Nachreichung der Vordrucke<br />
bei Notfällen möglich macht, weil die Patientenversorgung<br />
Vorrang hat – bisher kein Ergebnis.<br />
Dafür wurde eine (bedingt durch den Umzug der KBV nach Berlin<br />
mit großer zeitlicher Verzögerung inzwischen eingerichtete) internetbasierte<br />
Informationsplattform beschlossen.<br />
Am 09.07.2004 trafen wir uns wieder, inzwischen gab es einen Beschluss<br />
der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, dass u. a. auch<br />
die KVen Vorschläge zum Abbau von Dokumentationsaufwand, soweit<br />
dieser durch rechtliche Vorgaben bedingt ist, erarbeiten sollten.<br />
Haben Sie in Ihrer täglichen Praxis schon etwas davon bemerkt? Ich<br />
nicht!<br />
Bis zur nächsten Sitzung am 17.09.2004 sichteten wir die 261 Mails<br />
mit 370 Vorschlägen der Kolleginnen und Kollegen, die die Internet<br />
Plattform erreichten. Es gab dort aus meiner Sicht neben vielen<br />
Unmutsäußerungen („KBV und KVen abschaffen“) sofort umsetzbare<br />
Vorschläge wie<br />
- Abschaffung des Musters 61 A-D (Rehaantrag für die Kassen!),<br />
- Kontrolle der Substitutionsbehandlung („Meldung und Fortbildung<br />
reicht aus, wir sind keine Erstklässler, denen man mit substanzloser<br />
Ordnungsflut das ABC des Linderns und Heilens beizubringen<br />
versucht“),<br />
- Streichung der „Kopfgeburt Heilmittel RL und Formulare, („ein<br />
Rezept wie früher reicht aus, Zwang zu ökonomischer Verordnungsweise<br />
besteht sowieso durch Richtgrößen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen,<br />
die Therapeuten halten sich sowieso nicht an<br />
die Verordnungen, machen Osteopathie und Fußreflexzonenmassagen.<br />
Wer prüft diese Praxen?“)<br />
- Abschaffung der Überforderungsregeln, alle Patienten, die schon<br />
diese Grenze erreichen sind meistens chronisch krank.<br />
- Inkontinenzbescheinigungen für Heime sind überflüssig.<br />
- Das Ausfüllen der Doku Bögen für die GU und KV ist bei EDV Doku<br />
überflüssig, die Auswertung erfolgt sowieso durch einen Mikrozensus.<br />
- Kassenanfragen über die Dauer der AU erst ab 4. Woche.<br />
- Textcomputeranfragen der Versorgungsämter sind völlig überladen<br />
und gehen am medizinischen Befund vorbei, die KBV sollte<br />
verhandeln, dass wir die Patienten einbestellen und Gutachten<br />
nach GOÄ abrechnen.<br />
Ein Kollege aus Thüringen brachte es auf den Punkt: „Nur drei Formulare<br />
(Rezept, AU und KH Einweisung), alle anderen werden von<br />
den Kassen ausgestellt, so viele wie sie wollen“<br />
Ein Traum!?!<br />
Leider wurden bisher Umsetzungen nicht in die Wege geleitet!<br />
(s. meine Überschriftauswahl!)<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
31<br />
Immerhin beschloss der Länderausschuss (den es ja seit der KBV-<br />
Reform nicht mehr gibt), dass unser Ausschuss durch zeitgerechte<br />
Zuleitung der Arbeits - und Entschlussentwürfe von Richtlinien oder<br />
Formularkommissionen an den Gemeinsamen Bundesausschuss beteiligt<br />
werden soll! Nichts wurde davon umgesetzt.<br />
Was nützt es, dass wir Ausschussmitglieder unser Selbstverständnis<br />
so definierten, dass wir uns zu allen Fragen äußern, die bürokratische<br />
Abläufe in der Praxis betreffen, dass wir fordern, vor der<br />
Einführung eines neuen Formulars grundsätzlich eine Kostenbewertung<br />
des Einsatzes zu erstellen und vor Gesetzesänderungen<br />
eine Gesetzesfolgeabschätzung vorzunehmen und offen zu legen<br />
(Beispiel Medizinproduktegesetz).<br />
Haben wir nun zur Entrümpelung beigetragen? Haben wir zum<br />
spürbaren Abbau von Bürokratiemonstern in unseren Praxen beitragen<br />
können? Hat sich bei der KBV eine Sensibilität für (oder gegen)<br />
Bürokratie entwickelt? Haben wir Ergebnisse bei der Eindämmung<br />
der Bürokratie vorzuweisen?<br />
Was hat die „Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen<br />
von Staatssekretärin Caspers-Merk im Gesundheitsministerium<br />
erreicht?<br />
Sie fragte bei der KBV an, den Änderungsbedarf konkret zu nennen,<br />
niemand von uns wurde gebeten, dort vorzutragen.<br />
Irgendwas mit Vereinfachung und Zusammenfassung von DMP-<br />
Programmen und Formularen wurde dort veröffentlicht (da geht es<br />
ja auch um finanzielle Interessen der Kassen, weil Patienten und<br />
KREISSTE UND GEBAR EINE MAUS! ODER: WAS<br />
WENN SIE NICHT ABGEBAUT WERDEN?<br />
Ärzte nicht so mitmachen, wie man es gerne hätte), ansonsten nicht<br />
mal heiße Luft bezüglich Vorschlägen, die uns wirklich entlasten.<br />
Welcher Versicherte oder Patient, welcher Politiker, welcher Kassenmitarbeiter<br />
ließ sich von den (richtigen) Zahlen im Ergebnisbericht<br />
der Umfrage zum Aufwand für Bürokratie in Arztpraxen des<br />
Dezernats 4 der KBV vom September 2005 („Praxisgebühr 8,6 Mio<br />
Stunden, Kassenanfragen eine Million, DMP 400.000 ) wirklich beeindrucken?<br />
Alle fordern mehr Zeit für das Arzt-Patientengespräch und weniger<br />
Wartezeit, aber niemand glaubt uns, wenn wir erklären, was uns<br />
davon abhält!<br />
Immerhin demonstrieren wir jetzt in Berlin und anderswo, machen<br />
uns Gedanken, wie wir uns spürbar wehren können.<br />
Unser Ausschuss hat seitdem nicht mehr getagt, auch im chatroom<br />
herrscht Schweigen.<br />
Unser Vorsitzender, Kollege Otto aus MV, will prüfen, ob es uns<br />
noch gibt!
32 FORUM<br />
<strong>Nordlicht</strong> 05/2006, Seite 30<br />
DIE STAATSMEDIZIN DURCH DIE HINTERTÜR<br />
Betrachtung zur Umstrukturierung des<br />
Notdienstes<br />
Der Wunsch als Vater des Gedankens. Die<br />
niedergelassene Ärzteschaft gewinnt die Initiative:<br />
Reform - oder Revolution? - des Notdienstes,<br />
Verbesserung der Honorierung ärztlicher<br />
Dienstleistung, qua Entlastung der<br />
Landpraxen Beitrag zur Sicherung derer Existenz<br />
(und Erhaltung ihrer Verkaufbarkeit),<br />
Steigerung unserer Reputation, Beweis der<br />
Innovations- und Gestaltungskraft berufspolitischer<br />
Mandate.<br />
Der Zusammenfassung nicht wirtschaftlich<br />
betreibbarer Notdienstbezirke zu größeren<br />
Einheiten ist unstrittig der richtige Weg,<br />
verbunden mit einer Entlastung der Ärzte und<br />
ihrer Familien, ohne dabei - wenn man es<br />
richtig macht - die medizinische Versorgung<br />
der Bevölkerung zu verschlechtern.<br />
Leider ist nicht dies, sondern die obligatorische<br />
Installation der „Anlaufpraxen“ zum<br />
Prüfstein mutiert. Sie hat aber mit dem eigentlichen<br />
Anliegen nur in sofern zu tun, dass<br />
sie als Option der richtige Weg sein kann. Weder<br />
ergibt sich aus der bisherigen Erfahrung<br />
ein zwingender Grund, eine zentrale Rufnummer<br />
und eine „markante“ Adresse zu haben<br />
(die Patienten haben unsere Heterogenität<br />
bislang gut verkraftet), noch ist das „Einrücken“<br />
des Kassenarztes in eine ihm fremde<br />
Ambulanz, die Zusammenarbeit mit einer ihm<br />
fremden Arzthelferin und die Vergütung leistungsunabhängig<br />
nach Zeit genau das, was<br />
uns bislang von den abhängig Beschäftigten<br />
unterschied. (Auch ein Fahrdienst mit Chauffeur<br />
hat allenfalls ganz frühe landärztliche Wurzeln<br />
in Postkutschenzeit - seither ist des Arztes<br />
nächtlicher Weg einsam und autark).<br />
Objektiv sind Anmietung von Krankenhausräumen<br />
(statt Arbeit in unseren Praxen)<br />
ein zusätzlicher Kostenpunkt - und, falls gratis,<br />
suspekt (spätestens seit unserem letzten<br />
Altkanzler weiß man, dass es im wirklichen<br />
Leben keine zwecklosen Geschenke gibt). KVeigener<br />
Fuhrpark, die Kosten für den Fahrer<br />
und die Arzthelferin und die für die Notdienstzentralen<br />
(auch hier: wir sind gut beraten,<br />
eine solche Arbeit uns nicht schenken zu<br />
lassen!): alles muss aus dem Notdienstbudget<br />
abgezweigt werden. Und falls uns darin<br />
URLAUB AUF KOSTEN<br />
DER GKV – GIBT ES DAS?<br />
MITNICHTEN – „DR. HOLIDAY<br />
WIRD’S RICHTEN“<br />
unsere „Geldgeber“, die Krankenkassen, entgegenkämen,<br />
wäre auch hier nach dem<br />
Hintergedanken zu fragen.<br />
Wie gesagt: Es mag dies alles richtig, zweckmäßig<br />
und notwendig sein - es ist aber keinesfalls<br />
bewiesen, dass es für alle Notdienstbezirke<br />
der alleinseeligmachende Weg ist.<br />
Wenn das Ziel eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen<br />
von uns Ärztinnen und Ärzten<br />
im kassenärztlichen Notdienst ist, hat man<br />
hier über das Ziel hinausgeschossen. Dazu<br />
möchte ich anführen:<br />
1.) „Jahrzehntelange Reglementierung .. haben<br />
die Freiberuflichkeit von Ärztinnen und<br />
Ärzten in unerträglichem Maße eingeschränkt.<br />
Der Gesetzgeber muss sich darauf reduzieren,<br />
die Rahmenbedingungen zu schaffen, in<br />
denen sich der Arzt gemäß seinem Statut als<br />
Freiberufler entwickelt. Der Missbrauch der<br />
körperschaftlichen Struktur zur Umsetzung<br />
staatlicher Repressalien wird nicht länger hingenommen.<br />
(Fünf-Punkte-Plan gemäß KVSH-<br />
Protest-Newsletter). - Die „Behörde“ KV gebärdete<br />
sich, bestünde sie auf den oben genannten<br />
Accessoires, obrigkeitlich reglementierend.<br />
2.) „Die niedergelassene Arztpraxis in<br />
Deutschland ist zum Tode verurteilt….Bisher<br />
hat das KV-System den ihm vom Staat übertragenen<br />
Auftrag getreulich erfüllt: Die Mangelverwaltung<br />
des zunehmend unterfinanzierten<br />
Sachleistungssystems und das Durchdrücken<br />
gesetzlich verpackter Repressalien<br />
gegen die ärztliche Basis….Ein starker Geldfluss<br />
aus dem Topf der niedergelassenen Ärzte<br />
hin zu Versorgungszentren und für die ambulante<br />
Behandlung an Krankenhäusern ist vorprogrammiert.<br />
Den eigentlichen Todesstoß,<br />
und hier sind auch die „Landärzte“ betroffen,<br />
werden uns die subventionierten Krankenhäuser<br />
und Versorgungszentren geben, die<br />
sich bereits für den ambulanten Markt präparieren.<br />
Die Situation wird dem niedergelassenen<br />
Arzt kaum Überlebenschancen geben“<br />
(Aufruf der „Freie[n] Ärzteschaft e. V.“). - Warum<br />
sieht hier kein KV-Boss die Gefahr, dass<br />
wir nach erfolgreicher Installation der Notdienstanlaufpraxen<br />
aus diesen verdrängt werden<br />
könnten?<br />
Wenn sich für einen Notdienstring in der<br />
Kürzlich berichtete mir eine Patientin, dass<br />
sie eine Flusskreuzfahrt von Passau nach<br />
Wien gemacht habe, an deren Kosten sich<br />
die GEK mit 185 Euro beteiligt habe. Als<br />
Gegenleistung habe sie Nordic Walking gelernt<br />
und an einer Rückenschulung in Gruppen<br />
teilgenommen.<br />
Angesichts immer stärkerer Kürzungen im<br />
kurativen Bereich, habe ich mich bei der GEK<br />
über diese Form der Prävention informiert<br />
Arbeitsteilung eine solche Anlaufpraxis als<br />
zweckmäßig erweisen sollte, mag er sie - mit<br />
Hilfe unserer KV! - einrichten, wenn nicht,<br />
dürfen Kolleginnen und Kollegen nicht dazu<br />
gezwungen werden. In der Logik eines Bürokratieabbaus<br />
böte sich an, dass die (größer<br />
gewordenen) Notdienstbezirke ihr bisheriges<br />
Gesamtnotdiensthonorar als Budget bekämen,<br />
dessen „Bewirtschaftung“ aber ihren<br />
Mitgliedern allein obläge.<br />
Es gibt zwischen einer neidvollen und kontrollsüchtigen<br />
medizinunkundigen Politik und<br />
uns Ärztinnen und Ärzten - und damit auch<br />
unseren Patienten - viele Frontlinien. Das Bestreben<br />
aller Ärzte muss sein, diese Linien<br />
möglichst jenseits der eigenen Gruppe zu halten.<br />
Eine KV, die ein - in dieser Totalität einer<br />
obligatorischen Struktur - staatsmedizinisch<br />
duftendes Modell allen überstülpte, zöge eine<br />
(weitere) dieser Linien zwischen viele der ihren<br />
und sich.<br />
Wenn wir Deregulierung und Entbürokratisierung<br />
ernst meinen, denn bedeutete die<br />
oben genannte Budget-Regelung (Selbstbewirtschaftung<br />
ohne unnötige Vorgaben) eine<br />
konformere Lösung. Und dass bei pauschal<br />
(nach Zeit) vergüteten Diensten natürlich keinerlei<br />
Punkte oder Abrechnungsziffern mehr<br />
aufgeschrieben werden, versteht sich am<br />
Rande bemerkt aus dem gleichen Grund - Abbau<br />
von Bürokratie - von selbst, oder?<br />
Verehrte Kolleginnen und Kollegen im KV-<br />
Vorstand, die Befürchtung, mit den Anlaufpraxen<br />
einen weiteren staatsmedizinischen<br />
Baustein zu schaffen, mag falsch oder richtig<br />
sein. Aber wie lautete ein Lebensmotto des<br />
Denkers und Berichters Joachim Fest, das er<br />
übrigens seinem Deutschlehrer verdankte:<br />
„Im Zweifel für den Zweifel!“<br />
Oder, um es ketzerisch zu sagen: Im FAX<br />
der KV als Patienten-Informationsblatt vom<br />
20. September 2006 wird links oben ein Poster<br />
abgebildet. Dort steht klein „Gesundheitsreform“<br />
und groß „Mit Volldampf in die<br />
Staatsmedizin“. Hoffen wir, dass der flüchtige<br />
Leser dieses nicht als neues Motto der <strong>Kassenärztliche</strong>n<br />
<strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>s<br />
(v)erkennen muss!<br />
DR. MARTIN GATTERMANN,<br />
ALLGEMEINARZT, ST. PETER-ORDING<br />
und prompt einen Katalog zugeschickt bekommen.<br />
Format DIN A 4, Hochglanz mit<br />
40 Seiten vom Reisebüro „Dr. Holiday" in Regensburg<br />
mit Urlaubsmöglichkeiten in fünf<br />
europäischen Ländern.<br />
0-Ton : "Gesundheits-, Fitness- und Entspannungsurlaub<br />
in Europa. Supergünstig<br />
mit Krankenkassen-Zuschuss." Und weiter:<br />
„Sie brauchen weder einen Antrag zu stellen<br />
noch ihren Arzt zu fragen, keine Bewilligung<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
<strong>Nordlicht</strong> 06 und 07/2006,<br />
„OHNE DMP GEHT NICHTS MEHR, ODER?“<br />
Das Ärztenetz Neustadt hat in den vergangenen<br />
Monaten versucht, am Strukturvertrag<br />
zwischen AOK und KV teilzunehmen.<br />
Dies wurde bisher seitens der AOK mit dem<br />
Hinweis verwehrt, die Neustädter Ärzte beteiligten<br />
sich nicht in ausreichendem Maß<br />
an den DMPs.<br />
Zielsetzung des Vertrages ist eigentlich "die<br />
Förderung von Qualität und Wirtschaftlichkeit",<br />
d. h. Kosten einzusparen, vor allen Dingen<br />
im Medikamentensektor, bei Heil- und<br />
Hilfsmitteln, bei der Vermeidung von Krankenhausbehandlung.<br />
So steht es jedenfalls<br />
in der Präambel und im § 2 des Vertrages.<br />
Dazu hat sich das Neustädter Ärztenetz bereit<br />
erklärt.<br />
Zielsetzung der AOK scheint einzig und allein<br />
zu sein, den Vertrag als weiteren Hebel<br />
zur Ausweitung der DMPs zu benutzen, oder<br />
sollte man besser sagen zu "missbrauchen".<br />
Dies wurde in mehrfachen Gesprächen mit<br />
AOK-Vertretern deutlich.<br />
In abendfüllenden Vorträgen - seitens der<br />
AOK Informationsveranstaltung genannt -<br />
macht die Kasse auf ihre missliche finanzielle<br />
Lage aufmerksam, mit der sie gleichzeitig die<br />
kostenaufwendigen Werbefeldzüge für DMPs<br />
bei Patienten und Ärzten rechtfertigt. Mit anderen<br />
Worten, es geht der Kasse nur um das<br />
eigene Geld.<br />
An dieser Stelle sei grundsätzlich von unserer<br />
Seite aus betont, dass gegen eine strukturierte<br />
Behandlung Z. B. von Diabetikern<br />
medizinisch nichts einzuwenden ist. Die vorgegebene<br />
Struktur DMP ist jedoch an den so<br />
genannten Risikostrukturausgleich zwischen<br />
den Krankenkassen geknüpft. Wegen dieser<br />
Gelder werden DMPs zum zentralen finanziellen<br />
Kalkül der Krankenkassen.<br />
Die Teilnahme von Ärzten an den Diseasemanagementprogrammen<br />
macht uns zunehmend<br />
zu Managern des Geldes und damit<br />
abhängig von den Krankenkassen. Was<br />
man unter Struktur und Qualität in der medizinischen<br />
Behandlung versteht, bestim-<br />
durch die GEK oder den Nachweis der Notwendigkeit<br />
erbringen. Einfach das attraktivste<br />
Angebot auswählen und anmelden. Jeder<br />
GEK - Versicherte kann jeweils einmal<br />
pro Jahr eine Gesundheitswoche buchen."<br />
So einfach ist es also. Nicht so kompliziert<br />
wie unsere kurative Medizin, deren Notwendigkeit<br />
und Wirtschaftlichkeit durch das SGB<br />
V vorgeschrieben ist und bei Zuwiderhandlungen<br />
Regresse drohen. Bei einer derartigen<br />
men dann nicht mehr wir Ärzte, sondern die<br />
Bürokraten der gesetzlichen Kassen.<br />
Nur wer stromlinienförmig sich diesen<br />
Strukturen unterwirft, bekommt Geld außerhalb<br />
des Budgets, darf an Strukturverträgen<br />
teilnehmen, darf seinen Patienten weiter<br />
Herzsport verordnen usw. usw. Immer weitere<br />
Bedingungen werden schleichend an<br />
das gefällige Mitwirken bei DMPs geknüpft.<br />
Dies ist gleichbedeutend mit der Aufgabe<br />
unserer ärztlichen Freiheit und Selbstständigkeit.<br />
Wir investieren immer mehr Zeit und<br />
Energie in ungeliebte Bürokratie (gegen die<br />
wir ja gleichzeitig demonstrieren) und in ein<br />
ohnehin marodes Kassensystem, welches<br />
von Grund auf saniert werden muss. Das<br />
sollte allen Kollegen, die wohlfeil an DMPs<br />
teilnehmen, bewusst sein.<br />
Die Perfidie des Systems DMP zeigt sich<br />
nicht zuletzt in den von einigen Kassen ausgelobten<br />
Bonusmodellen (z. B. 30 Euro Kassengebühr<br />
pro Jahr zurück).<br />
Die politische Unverschämtheit, uns Ärzte<br />
unentgeltlich als Geldeintreiber für die gesetzlichen<br />
Krankassen zu missbrauchen, wird<br />
noch dadurch überboten, dass darum herum<br />
zusätzlich ein Bonussystem der Kassen<br />
installiert wird, welches wiederum durch uns<br />
Ärzte gesteuert werden soll - unentgeltlich<br />
natürlich.<br />
Ich denke, wir Ärzte müssen diesem supermarktähnlichen<br />
Geldgeschacher endlich Einhalt<br />
gebieten, solidarisch DMPs ablehnen,<br />
und uns auf unsere eigentlichen Aufgaben<br />
konzentrieren.<br />
Das Neustädter Ärztenetz hat sich bewusst<br />
gegen die Ausweitung der DMPs entschieden,<br />
um auch ein Zeichen für andere Ärztenetze<br />
zu setzen. Den Kassen muss klargemacht<br />
werden, dass wir Ärzte sind, und nicht<br />
deren instrumentalisierte finanzielle Handlanger.<br />
Noch ein Wort zur überbordenden Bürokratie:<br />
Ich habe mir überlegt, welche unseren<br />
Alltag belastenden Bürokratismen wir in den<br />
Urlaubsfinanzierung mit ineffektiver Prävention<br />
müsste eigentlich die Aufsichtsbehörde<br />
für das Versicherungswesen aktiv werden.<br />
Ich empfehle allen, sich die Internetseite<br />
www.dr-holiday.de anzusehen. Sie werden<br />
feststellen, dass mehrere Krankenkassen genau<br />
so verfahren, wie die bisher zitierte GEK.<br />
Ich überlege mir ernsthaft, bei „Dr. Holiday"<br />
einzusteigen. Auf Kreuzfahrten wird doch<br />
auch ein Schiffsarzt gebraucht und bei Ur-<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />
33<br />
letzten Jahren klaglos in unsere Abläufe integriert<br />
haben. Hier eine (wahrscheinlich unvollständige)<br />
Aufzählung:<br />
1. Einziehen der Kassengebühr (bei befreiten<br />
und Vertreterpatienten nicht, bei letzteren<br />
nur einmal nicht, beim zweiten Mal<br />
doch, im Notdienst erst bei allen, neuerdings<br />
bei den eigenen Patienten nicht, bei<br />
Urlaubern nur bei Weiterbehandlung mit<br />
gültigem Überweisungsschein nicht, usw.<br />
usw.), Mahnverfahren...<br />
2. Verschlüsselung der Diagnosen nach ICD-10.<br />
3. Vierstellige Schlüsselnummern auf Heilmittelrezepten,<br />
zus. Formulierungen für<br />
Therapieart, -ziel, -spezifizierung, Berücksichtigung<br />
von Regelfall oder Nichtregelfall<br />
usw.<br />
4. Fünfstelliger EBM, bei dem man auch nach<br />
über einem Jahr noch nachschlagen muss.<br />
5. Seitenlange Reha-Anträge (Muster 61) mit<br />
Kreuzchen, Kästchen usw.<br />
6. DMPs (betrifft nur willige Kollegen): Pro<br />
Krankheit und Quartal ein völlig unübersichtlicher<br />
Bogen Kreuzchen und Kästchen<br />
(bei einem Kreuzchen zuviel oder zuwenig<br />
gibt es kein Geld!) für inzwischen fünf<br />
Krankheiten, über 50 verschiedene Abrechnungsziffern,<br />
fünfstellig, versteht sich.<br />
7. Angesichts erhöhter Ablehnungsrate von<br />
Rehamaßnahmen und Kuren (z. B. Mutter-Kind)<br />
inflationäre Zunahme von Stellungnahmen,<br />
Begründungen usw.<br />
8. Sammeln von Fortbildungspunkten (Anm.:<br />
Fortbildung ist gut und wichtig)<br />
9. Für die Zukunft: QM mit Dokumentation,<br />
Betriebsbegehungen mit allen Vor- und<br />
Nacharbeiten.<br />
10. Ausfüllen von Bonusheften fiir die Krankenkassen.<br />
Für mich stellt sich allmählich<br />
die Frage, inwieweit es ethisch noch vertretbar<br />
ist, unseren Patienten die mit diesem<br />
Moloch verbrachte Zeit vorzuenthalten.<br />
DR. MED. CHRISTOPH SCHÜTTE,<br />
ALLGEMEINARZT, NEUSTADT<br />
lauben mit Fitness-Training von Ungeübten<br />
ist ein anwesender Doktor doch ganz sinnvoll.<br />
Diese Tätigkeit unterliegt auch nicht<br />
dem Punktwerteverfall, sondern wird mit<br />
festen und hohen Euros honoriert.<br />
DR. MANFRED SIMON,<br />
ALLGEMEINARZT, KRONSHAGEN
34 VOR ORT<br />
LEBEN AUF DER SCHWELLE<br />
JAKOB WILDER, KVSH<br />
Das Christian Jensen Kolleg in Breklum bietet in seiner<br />
neuen Seminarreihe für Menschen in Schwellensituationen<br />
eine Verbindung von Seelsorge und Therapie.<br />
Gelegen unter dem weiten Himmel Nordfrieslands:<br />
Das Christian Jensen Kolleg ist die ökumenische<br />
Tagungs- und Bildungsstätte der<br />
Nordelbischen Kirche in Breklum. Ein Ort, an dem seit<br />
vielen Jahrzehnten Menschen aus unterschiedlichen<br />
Kulturen, Lebensbereichen, Berufen und Ländern miteinander<br />
ins Gespräch kommen. Die besondere geographische<br />
Lage macht auch den besonderen Reiz der<br />
Bildungsstätte aus. Vor einigen Jahren ist die gesamte<br />
Anlage modernisiert und attraktiv umgestaltet worden.<br />
Die Nordsee ist nur etwa 15 Autominuten entfernt.<br />
Einen besonderen Freizeit- und Erholungswert<br />
haben deshalb Fahrradtouren und Wandern . Wer ein<br />
Dr. Kay-Ulrich Bronk:<br />
“Jeder Tag beginnt mit<br />
einem Atemschöpfen in<br />
Bewegung”.<br />
Das Martineum des<br />
Christian Jensen Kollegs<br />
in Breklum.<br />
Blick in eins der<br />
komplett modernisierten<br />
Zimmer des Kollegs -<br />
im Hintergrund der<br />
historische Altbau.<br />
Das Team des Christian Jensen Kollegs sorgt für einen<br />
angenehmen Ablauf der Seminare.<br />
wenig mehr Zeit mitbringt, dem erschließt sich die<br />
einmalige Natur auf Halligfahrten und geführten Wattwanderungen.<br />
Freunde der bildenden Kunst können<br />
die Kunstausstellungen im Richard-Haizmann-Museum<br />
in Niebüll und das Noldemuseum in Seebüll besuchen.<br />
Neues Seminarangebot<br />
Dr. Kay-Ulrich Bronk, Pastor und Leiter des Kollegs<br />
erläutert den besonderen Charakter des neuen Seminarangebots<br />
“Leben auf der Schwelle”: “Wir wenden<br />
uns mit unserem Modellprojekt an Menschen in<br />
Schwellensituationen wie z. B. nach Trennung, Tod<br />
oder Arbeitsplatzwechsel. Wir möchten den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern im Rahmen eines Urlaubs<br />
an der Nordsee die Möglichkeit geben, sich innerlich<br />
zu klären. In Begleitung eines Arztes, einer psychologischen<br />
Psychotherapeutin und eines Seelsorgers wird<br />
die Gruppe miteinander ins Gespräch kommen. Für<br />
die Seminarreihe suchen wir noch Sponsoren und<br />
Unterstützer, und haben dann an die Krankenkassen<br />
gedacht.”<br />
Das Pilotseminar wird vom 08. bis zum 15. Juni 2007<br />
stattfinden. Interessenten können sich im Internet unter<br />
www.christianjensenkolleg.de informieren. Eine<br />
Anmeldung für das Seminar kann direkt unter der Telefonnummer<br />
04671 911 20, unter der Faxnummer<br />
04671 25 84 oder per Mail unter info@christianjensenkolleg.de<br />
vorgenommen werden.<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
KV INTERN KOLUMNE / ZU GUTER LETZT 35<br />
WIE ICH ES SEHE ...<br />
Bürokratie-<br />
Folter-Hitparade:<br />
Wer bekommt<br />
den ersten Platz?<br />
Dr. Michael Drews<br />
Wenn man einmal eine Hitliste zeitintensivärgerlicher<br />
bis überladen-überflüssig-sinnloser<br />
Bürokratismusfolter-Vorgaben für Vertragsärzte<br />
aufstellen und den Spitzenreiter einer solchen<br />
Bürokratismus-Folter-Hitparade mit der „verbogenen<br />
Kanüle mit Rostbesatz“ auszeichnen würde<br />
– es gäbe eine Fülle aussichtsreicher Kandidaten für<br />
diese begehrte Trophäe.<br />
Die ungeliebten und immer noch völlig überfrachteten<br />
DMP-Bögen würden sich einen heißen Wettkampf<br />
liefern mit dem immer noch zeitintensiven und<br />
ärgerlichen Verwaltungsakt des Kassierens der zehn-<br />
Euro-Kassengebühr. – Die Ärztekammer würde mit<br />
ihrem Meldebogen zu Krebserkrankungen (die im Einzelfall<br />
auch schon einmal bei ein und demselben Patienten<br />
von einem halben Dutzend Kollegen gleichzeitig<br />
abgegeben werden...) ins Rennen gehen. Die Rezeptformulare<br />
für Krankengymnastik, Ergotherapie<br />
und Logopädie wetteifern mit dem Krankentransportscheinformular<br />
vor stationärer Einweisung, für<br />
dessen korrektes Ausfüllen ein zusätzliches Semester<br />
Verwaltungsrecht nötig ist sowie beim Ausfüllen am<br />
Patientenbett ein Suchscheinwerfer plus Leselupe<br />
zwingend erforderlich sind.<br />
Das Formular für den ambulanten Pflegedienst hätte<br />
allerdings größte Mühe, den mehrseitigen Reha-Antrag<br />
aus dem Feld zu schlagen. – Ein ganz heißer Kandidat<br />
für die Bürokratismus-Nonsens-Hitparade ist<br />
auch der jetzt gültige EBM 2000plus, der dem Vertragsarzt<br />
bei jeder Quartalsabrechnung erneut ein<br />
mehrseitiges Streichkonzert von fälschlich angeschriebenen<br />
oder sich ausschließenden inkompatiblen<br />
EBM-Ziffern beschert, das man eigentlich nur<br />
noch als braver Vertragsarzt KV-gläubig ratlos-kopfschüttelnd<br />
akzeptieren, jedoch kaum noch nachvollziehen<br />
kann.<br />
ZU GUTER LETZT<br />
Gesundheitsexperte Prof.<br />
Lauterbach in seinem Wahlkreis<br />
in Leverkusen zum<br />
Koalitionsbeschluss zur<br />
Gesundheitsreform: Die Gesundheitsreform<br />
sei „noch<br />
nicht in trockenen Tüchern“<br />
- sie sei „ein Reformfiasko<br />
für die Bevölkerung“ ...<br />
Letzterer Aussage ist wohl<br />
aus ärztlicher Sicht nichts<br />
hinzuzufügen!<br />
Zuständige Gesellschaft für Telematikanwendung gibt<br />
zu bedenken, dass bei der Einführung der Gesundheitskarte<br />
statt der vom Gesundheitsministerium geplanten<br />
1,4 Milliarden Euro möglicherweise Kosten von<br />
3,9 bis 7 Milliarden Euro entstehen könnten ... (Bericht<br />
in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung):<br />
Bundesgesundheitsministerium hat Wachstumsraten<br />
für die beitragspflichtigen Einnahmen der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung für 2007 veröffentlicht: 0,28 Prozent<br />
für die alten Bundesländer - 1,05 Prozent für die<br />
neuen Bundesländer. Wachstumsspielräume für Vertragsärzte<br />
sind demnach begrenzt - Honorar 2007 wird<br />
stagnieren (zu deutsch: bei steigenden Kosten weiter sinken!)<br />
Hups - wer hätte das gedacht ....<br />
Doch für mich ist ein ganz heißer und kaum schlagbarer<br />
Kandidat für die „verbogene Kanüle mit Rostbesatz“<br />
die ICD-Kodierung, deren tieferer Sinn mir<br />
immer schon und wohl auch für alle Ewigkeit verborgen<br />
bleiben wird. Warum etwa eine Krankheit wie der<br />
Diabetes mellitus mit seinen vielen Facetten in der<br />
ICD-Kodierung mit fünfeinhalb Dutzend verschiedenen<br />
Kodierungsziffern abgebildet werden muss, wird<br />
wohl für immer das Geheimnis der ICD-Schöpfer bleiben.<br />
Wer allen Ernstes glaubt, mit dieser ICD-Verschlüsselung<br />
in Praxis und Klinik ein realistisches Abbild<br />
der Morbidität dieser Gesellschaft zu erhalten oder<br />
aus diesem Verschlüsselungszirkus gar irgendwelche<br />
Qualitätsnormen ableiten möchte, dem ist ohnehin<br />
nicht zu helfen. Die Realität dieser ICD-Kodierung in<br />
der Klinik sieht doch so aus, dass die Patienten nach<br />
Möglichkeit „DRG-gerecht“ kodiert werden. Und in<br />
der Vertragsarztpraxis spuckt der Computer den jeweiligen<br />
Symptomen der Patienten entsprechend<br />
irgendeine ICD-Kodierung aus – ob diese nun wirklich<br />
passt oder nicht, interessiert doch ohnehin niemanden!<br />
Natürlich erhebt diese Kandidatenkür keinerlei Anspruch<br />
auf Vollständigkeit und wird mit Sicherheit<br />
durch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachgebieten<br />
ergänzt werden können. Doch trotz aller verbalen<br />
Beteuerungen, dass der Bürokratismus in diesem<br />
Lande zurückgefahren werden soll, trotz Einsetzung<br />
von Anti-Bürokratismus-Kommissionen auf KBV-<br />
Ebene, dürfte eines wohl auch für die Zukunft unbestritten<br />
sein: Für die „verbogene Kanüle mit Rostbesatz“<br />
wird es auch weiterhin in der Zukunft jede Menge<br />
neuer Kandidaten geben!<br />
Koalititon hat seit Amtseintritt<br />
vor einem Jahr 3,4 Millionen Euro<br />
für PR-Kampagnen zur<br />
Gesundheitsreform ausgegeben....<br />
Wer als Vertragsarzt allen Ernstes gehofft haben mag,<br />
die Gesundheitsreform würde einen Hauch von leistungsgerechtem<br />
Honorar mit sich bringen - wer ferner darauf<br />
vertraut hat, die Finanzierung der Polimorbidität dieser Gesellschaft<br />
und einer Luxusmedizin-Mentalität vieler Patienten<br />
würde von den Vertragsärzten genommen und auf die an<br />
sich zuständigen Krankenkassen zurückverlagert werden,<br />
möge den neusten Spruch eines Spitzenbeamten aus dem<br />
Gesundheitsministerium über seine Praxis hängen:<br />
„Es ist doch naiv zu glauben, wir<br />
führen eine Eurogebührenordnung ein<br />
und lassen dann den Himmel offen!“<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL
36 KV INTERN PSYCHOTHERAPIE<br />
VERSORGUNG VON PSYCHISCH<br />
KRANKEN MENSCHEN<br />
Zwei Heilberufe und vielfältige Methodik.<br />
HEIKO BORCHERS, PSYCHOLOGISCHER PSYCHOTHERAPEUT,<br />
KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPEUT<br />
Die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung<br />
im Bereich der psychischen, psychiatrischen sowie<br />
psychiatrisch-neurologischen Erkrankungen als messbares<br />
Ganzes abzubilden, ist so gut wie nicht möglich. Bei dem Versuch,<br />
es doch zu wagen, stößt man schnell auf Dissensen - unterschiedliche<br />
Ansichten der an der Versorgung beteiligten Heilberufe<br />
und Fachgruppen. Bekanntermaßen wird die Versorgung in diesem<br />
Bereich von zwei verschiedenartigen Heilberufen gewährleistet,<br />
einerseits Ärzten, andererseits Psychologischen Psychotherapeuten<br />
sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Hinzu<br />
kommt die Tatsache, dass es in keinem Gebiet der Heilkunde dermaßen<br />
viele sich unterscheidende Behandlungsverfahren und -<br />
methoden für ein und dieselbe Krankheit gibt wie hier. Der Angststörung<br />
beispielsweise lässt sich allein nur im Bereich der gesetzlichen<br />
Krankenversicherungen schon mit mehreren Behandlungsverfahren<br />
beikommen. Denkbar ist hier die rein psychopharmakologische<br />
Herangehensweise oder eine der drei psychotherapeutischen<br />
Interventionen: Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte<br />
Psychotherapie oder Psychoanalyse. Und selbstverständlich<br />
auch die Kombination von Pharmakotherapie und Psychotherapie.<br />
Wie leicht und übersichtlich erscheint es dagegen, einen entzündeten<br />
Appendix zu entfernen. Die Methodenvielfalt ist bereichernd<br />
und wäre an sich gar nicht schlecht, aber zu jeder Methode gehört<br />
auch mindestens ein Verfechter eben dieser Methodik und oft geht<br />
da das Problem los - beim "verfechten". Von daher mögen in der<br />
Überwindung der Uneinheitlichkeit noch einige Ressourcen für<br />
eine effizientere und nachhaltigere Versorgung liegen.<br />
Wie viel Versorgung?<br />
Es lässt sich von daher nicht quantifizieren, was mehr zur Versorgung<br />
beiträgt, das Verschreiben eines Psychopharmaka, das psychiatrische<br />
Gespräch, die psychosomatische Grundversorgung oder<br />
die Durchführung einer Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse.<br />
Möglich ist lediglich, in einfachen Anzahlwerten festzustellen, wie<br />
viele Psychotherapeuten der ambulanten Versorgung der Bevölkerung<br />
in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
zur Verfügung stehen. Die Zählung zur Feststellung des<br />
Psychotherapeuten-Versorgungsgrades der KVSH vom 14.08.2006<br />
weist insgesamt 404 Psychologische Psychotherapeuten und Kinder-<br />
und Jugendlichenpsychotherapeuten zusammen aus. Damit<br />
sind diese Psychotherapeuten nach den Hausärzten die zweitgrößte<br />
Gruppe innerhalb der KVSH. Diese Zählung auf Grund der Bedarfsplanung<br />
trennt nicht zwischen Psychologischen Psychotherapeuten<br />
und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. In <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
sind jedoch ungefähr 50 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten<br />
ambulant vertragspsychotherapeutisch tätig.<br />
Die Anzahl der ärztlichen Psychotherapeuten fließt in diese Zählung<br />
häufig nicht in vollem Umfang ein, weil einige nur teilweise psychotherapeutisch<br />
tätig sind, von daher ergibt sich im Ergebnis eine ge-<br />
brochene Zahl von 148,9 Ärzten. Neben diesen Psychotherapeuten<br />
versorgen auch die ungefähr 130 Fachärzte für Neurologie psychisch<br />
und psychiatrisch erkrankte Menschen in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>.<br />
Die durchschnittliche Fallzahl eines Facharztes für Psychosomatische<br />
Medizin und Psychotherapie liegt bei 49 Patienten pro Quartal<br />
und die eines Psychologischen Psychotherapeuten bei 38 Patienten<br />
pro Quartal. Demgegenüber liegen die Fallzahlen der Fachärzte<br />
für Psychiatrie sowie Neurologie bei durchschnittlich 650 Patienten<br />
pro Quartal.<br />
Hochwertige Versorgung<br />
Die in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> niedergelassenen Psychotherapeuten,<br />
Psychiater und Neurologen stellen eine hochwertige ambulante Versorgung<br />
der Bevölkerung im Bereich psychischer und psychiatrischer<br />
Erkrankungen zur Verfügung. Die Uneinheitlichkeit in diesem<br />
Bereich mindert deren Leistung und Qualität nicht. Wie lange und ob<br />
überhaupt dieses Niveau noch zu halten ist, muss leider ernsthaft<br />
in Frage gestellt werden. Der stetig zunehmenden Zahl von Menschen<br />
mit psychischen, psychiatrischen sowie psychiatrisch-neurologischen<br />
Erkrankungen steht eine negative Arztzahlentwicklung,<br />
ein steigendes Desinteresse an einer Niederlassung auf Grund sinkender<br />
Honorar- und Ertragsentwicklungen verbunden mit zunehmender<br />
Belastung durch Bürokratie, Zwangsfortbildung und Pseudo-<br />
Qualitätsmanagement gegenüber. Nur allein die Zunahme der psychischen,<br />
psychiatrischen sowie psychiatrisch-neurologischen Erkrankungen<br />
in schönen Gesundheitsberichten zu dokumentieren<br />
und zu prognostizieren, wie es viele Krankenkassen gerne machen,<br />
wird die Versorgung von Morgen nicht sichern.<br />
Nachtrag zum Artikel<br />
„Was sind eigentlich Psychotherapeuten?“ NORDLICHT 8/2006:<br />
Selbstverständlich haben die Bezeichnungen Facharzt für Psychotherapeutische<br />
Medizin sowie Facharzt für Neurologie und Psychiatrie<br />
weiterhin Gültigkeit. Heute jedoch werden sie nach der<br />
Weiterbildung nicht mehr verliehen, sondern nur die im Artikel<br />
erwähnten neuen Gebietsbezeichnungen.<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
BUCHTIPP 37<br />
WACHSTUMSMARKT GESUNDHEIT<br />
Oberender/Hebborn/Zerth: Für Vertragsärzte als Post-Praxislektüre<br />
empfohlen – für Gesundheitspolitiker als Pflichtlektüre verordnet!<br />
PROF. DR. JENS-MARTIN TRÄDER, ALLGEMEINARZT, LÜBECK<br />
Die Bayreuther Wirtschaftswissenschaftler Oberender, Hebborn<br />
und Zerth legen in ihrem Buch eine schonungslose<br />
Analyse unseres Gesundheitswesens vor. Im Gegensatz zu<br />
vielen anderen Autoren, die mit den Entwicklungen in Deutschland<br />
ebenfalls unzufrieden sind, führen sie in ihrem Buch auch Lösungsvorschläge<br />
an, die eine genauere Betrachtung wert sind. Das<br />
Buch ist lesenswert für alle, die sich mit den aktuellen Problemen<br />
unseres Gesundheitssystems beschäftigen.<br />
Einige interessante Darstellungen, die bekannte Zahlen neu und<br />
intelligent zusammenstellen, wodurch andere Interpretationen angeregt<br />
werden, habe ich exzerpiert und hier abgebildet.<br />
KostensteIle 1960 relativ 2004 relativ Steigerung<br />
Gesamtausgaben 4,9 100% 130,18 100% 28,9fach<br />
Verwaltungsausgaben 0,3 6,30% 8,1 5,80% 26,4fach<br />
Leistungsausgaben 4,6 100% 131,16 100% 28,5fach<br />
Heil- und Hilfsmittel 0,1 2,20% 8,18 6,20% 80fach<br />
Krankenhaus 0,8 17,80% 47,59 36,30% 58,2fach<br />
Arzneimittel 0,6 12,20% 21,43 16,30% 38,1fach<br />
zahnärztl. Behandlung 0,4 8,90% 11,26 8,60% 27,5fach<br />
ärztliche Behandlung 1 21,10% 21,43 16,30% 22,1fach<br />
Krankengeld 1,4 30,00% 6,37 4,90% 4,6fach<br />
Bei dieser Tabelle fällt auf, dass sich in den vergangenen 45 Jahren<br />
die Werte für ärztliche und zahnärztliche Behandlung sowie für Verwaltungskosten<br />
etwa in dem Maße gesteigert haben wie die gesamten<br />
Leistungsausgaben. Die Kosten für Arzneimittel, für Behandlung<br />
im Krankenhaus und Ausgaben für Heil- und Hilfsmittel<br />
sind überdurchschnittlich gestiegen. Damit ist die Hauptquelle der<br />
Kostensteigerungen im Gesundheitswesen klar zu identifizieren.<br />
Als Hauptfehler unseres GKV-Systems sehen Oberender und Kollegen<br />
die von ihnen so bezeichnete "Freifahrermentalität" der Versicherten.<br />
Zum einen hängt die Höhe des Beitrages nicht von der<br />
persönlichen Lebensführung ab, gesundheitsschädliches Verhalten<br />
wird nicht durch steigende Versicherungsbeiträge "bestraft". Zum<br />
anderen hätten die Versicherten viele dieser Gesundheitsleistungen<br />
nicht von selbst nachgefragt, wenn sie diese im Einzelfall auch bezahlen<br />
müssten. Die Nachfrage ist von der Tatsache, dass sie diese Leistungen<br />
im Versicherungspaket ohne Mehrkosten wahrnehmen<br />
können, induziert worden. Die Krankenkassen fördern diese Nachfrage<br />
sogar noch durch Sonderprogramme.<br />
Ein weiterer Belastungsfaktor ist durch die steigende Lebenserwartung<br />
bedingt. Die Zahl der Hochbetagten, die Multimorbidität und<br />
die Anzahl der chronischdegenerativen Erkrankungen (und auch<br />
der Pflegefälle) steigen an, wodurch die Ausgabensituation der Krankenkassen<br />
verschlechtert wird. Da die Gesamthonorierung der<br />
niedergelassenen Ärzteschaft jedoch durch die Budgetierung (und<br />
durch die Zahlung einer Kopfpauschale) konstant gehalten wird, ist<br />
die Wirkung auf den Haushalt der Krankenkassen weniger fatal als<br />
die Entwicklung auf dem Sektor der Heil- und Hilfsmittel, der Krankenhauskosten<br />
und der Medikamentenkosten.<br />
Oberender und Kollegen kritisieren im abschließenden Kapitel<br />
folgende Hauptpunkte:<br />
1. Falsche Anreize des Systems an die Versicherten,<br />
möglichst viele Leistungen<br />
in Anspruch zu nehmen, anstatt die<br />
Frage nach einem Eigenbeitrag in Form<br />
einer Veränderung des eigenen Verhaltens<br />
zu stellen,<br />
2. Hemmnisse der Marktmechanismen<br />
durch die Verordnungs- und Regelungsflut,<br />
3. Kostendämpfung im Gesundheitswesen<br />
als Selbstzweck, damit Risiko der<br />
Zerstörung des Wachstumsmarktes Gesundheitswesen.<br />
An Veränderungen, die diesen Namen verdienten, ist zurzeit nichts<br />
in Sicht. Die momentane Reformdebatte kuriert an einigen kleineren<br />
Symptomen, aber nicht an der Krankheitsursache. Beide Modelle,<br />
die von der Regierung zurzeit favorisiert werden (Bürgerversicherung<br />
[SPD] und Gesundheitsprämie [CDU]), versuchen die<br />
Einnahmeseite zu erweitern, anstatt Fehlsteuerungen auf der Ausgabenseite<br />
zu vermeiden.<br />
Als alternatives Versicherungsmodell stellen Oberender und Kollegen<br />
die Überlegung vor, eine kollektive Versicherungspflicht für<br />
eine Basisversorgung einzuführen, ohne in der Versicherung ein immanentes<br />
"Umverteilungsmodul" zu belassen. Zusatzversicherungswünsche<br />
können eigenverantwortlich und in separaten Verträgen<br />
mit den Versicherungen abgeschlossen werden. Demzufolge<br />
müssen die Prämien risikoorientiert sein. Diese Prämien werden alters-<br />
und geschlechtsspezifisch erhoben und nach den Gesetzen<br />
der Versicherungsmathematik vorausberechnet. Hier hätte jeder<br />
Beitragszahler den Anreiz, durch die Minimierung der individuellen<br />
Risiken den Beitrag niedrig zu halten.<br />
Die soziale Komponente erhält man in diesem Modell dadurch,<br />
dass jeder Bürger, der durch hohe Versicherungsbeiträge übermäßig<br />
stark belastet würde, eine Beihilfe bekäme, welche diese Belastung<br />
zumindest teilweise auffangen könnte.<br />
Die Krankenversicherung solle die in der Jugend und jungen Erwachsenenzeit<br />
bezahlten Beiträge kapitalsichernd anlegen und für<br />
die Versorgung im Alter nutzen.<br />
Als Quintessenz kommen Oberender und Kollegen also auf eine<br />
Kombination aus dem Teilkasko-Vollkasko-Modell und dem Kapitalanspar-(<br />
=Vorsorge-)modell einer Lebensversicherung mit einer<br />
sozialen Ausgleichsmechanik. Der größte Hemmschuh scheint der<br />
durch die Folgen des 2. Weltkriegs bedingte Generationenvertrag,<br />
der nicht - oder nur schwer - in ein Beitragsrücklagemodell zurückzuführen<br />
ist. Dieser Generationenvertrag führt dazu, dass zurzeit<br />
nur noch die Beitragszahler unter 30 Jahren Nettozahler in unser<br />
System sind, und dass fast alle anderen Jahrgänge Nettoempfänger<br />
darstellen.<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL
38 STECKBRIEF<br />
!<br />
Wer vertritt meine Interessen in der Abgeordnetenversammlung? Welche Ansichten haben die gewählten Vertreter?<br />
Das NORDLICHT stellt Ihnen an dieser Stelle in einer Serie die Abgeordneten vor.<br />
1. Ihre Ziele für die kommende Wahlperiode:<br />
2. Ihre Assoziationen, wenn Sie das<br />
Wort Gesundheitswesen hören?<br />
3. Ihre Gedanken, wenn Sie morgens die Praxis betreten<br />
und abends, wenn Sie sie verlassen?<br />
4. Wie halten Sie sich bei Marathonsitzungen fit?<br />
5. Wodurch zeichnet sich für Sie<br />
ein guter Patient aus?<br />
6. Welchen Politiker würden Sie gern treffen<br />
und was würden Sie ihn fragen?<br />
7. Die größte medizinische Errungenschaft?<br />
8. Wie überzeugen Sie einen Kollegen,<br />
Ihnen Ihren Notdienst abzunehmen?<br />
9. Ihr guter Rat für Ihren Praxisnachfolger:<br />
10. Ihr bester Arztwitz?<br />
11. Wo sehen Sie die KVSH in zehn Jahren?<br />
NAME GEBURTSDATUM<br />
DR. FRIEDRICH-WILHELM BUSSE<br />
FAMILIE<br />
verheiratet, ein Sohn<br />
SITZ DER PRAXIS FACHRICHTUNG<br />
Lübeck Chirurg<br />
WAHLPERIODE WEITERE ÄMTER<br />
I.Wahlperiode<br />
Mitglied im Facharztausschuss<br />
24.11.1951<br />
Da es meine erste Wahlperiode ist, muss ich mich erstmal orientieren. Mein Ziel ist<br />
es, die Freiberuflichkeit aller Ärzte im Gesundheitswesen zu sichern, und sie ohne<br />
staatliche Drangsalierung in einer handlungsfähigen Verwaltung<br />
zusammenzuschließen.<br />
Zur Zeit findet sich trotz der stärksten Regierung, die wir je hatten in der Geschichte<br />
der BRD, kein maßgeblicher Politiker, der den Menschen im Land klar die<br />
notwendigen Einschnitte erklärt und sie auf die Verschlechterung der Versorgung<br />
hinweist.<br />
Hoffentlich kommt in der kurzen Mittagspause kein Pharmareferent.<br />
Abends nach Klinik, Praxis und Visite: „Hoffentlich hast du keinen Fehler gemacht<br />
oder irgendetwas übersehen.“<br />
Konzentration aufs Wichtige, Kaffee und ab und zu einen Keks.<br />
Interesse an seinem Leiden und kritisches Hinterfragen der angebotenen Therapie.<br />
Letztlich gute Kooperation mit dem Arzt.<br />
Karl Lauterbach.<br />
Was ich ihm sagen würde, schreibe ich lieber nicht.<br />
Schutzimpfungen und die Narkose bzw. Lokalanästhesie.<br />
Mit dem wahren Grund und einem Tauschangebot.<br />
Wenn sich überhaupt noch ein Chirurg niederlässt: Den Patienten in den<br />
Vordergrund stellen, aber sich auch früh genug um das Verwaltungsumfeld kümmern.<br />
Kommt ein Pferd zum Arzt. Fragt der Doktor: „Mann, warum machen Sie so ein<br />
langes Gesicht?“<br />
Wenn es sie noch in dieser Form geben sollte, vertritt sie hoffentlich nach wie vor<br />
die Interessen aller freiberuflichen Haus- und Fachärzte.<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
SEITE FÜR DAS PRAXISTEAM 39<br />
TELEFONIEREN<br />
PROF. DR. JENS-MARTIN TRÄDER, ALLGEMEINARZT, LÜBECK<br />
• Abgedroschen und nachlässig gesprochene<br />
Meldetexte sind kein Renommee für die Praxis.<br />
Begrüßungsformel langsam und deutlich sprechen,<br />
besonders bei älteren Patienten wichtig!<br />
• Die Namensnennung der Helferin kann - zum besseren<br />
Verständnis - auch erst dann erfolgen, wenn der Patient sich gemeldet hat, z. B.<br />
Arzthelferin: „Praxis Dr. Müller, guten Morgen“<br />
Patient: „Else Krank, ich brauche dringend einen Termin“<br />
Arzthelferin: „Hier ist Frau Hurtig, wir kennen uns ja, Frau Krank, gerne helfe ich Ihnen weiter.“<br />
• Die Namensnennung des Patienten im Gespräch hat immer eine spontane<br />
und herzliche Wirkung „Was kann ich für Sie tun, Herr Meier?“<br />
Mit dem Namen schlagen wir eine zwischenmenschliche Brücke.<br />
• Wenn der Name des Patienten nicht recht verstanden wird, in verbindlichem Ton nachfragen:<br />
„Bitte seien Sie so freundlich und buchstabieren Sie mir Ihren Namen, ich habe Sie nur<br />
undeutlich verstanden.“<br />
• Unbedingt vermeiden: „Wie war noch gleich Ihr Name?“<br />
• Ein wirkungsvoller und befriedigender Dialog kommt durch aktives Zuhören<br />
und gezielte Zwischenfragen zu Stande („Wer fragt, führt!“).<br />
• Hilfreich sind kurze, konkrete Sätze, Rückfragen wie z. B.<br />
„Sind Sie damit einverstanden?“ – „Hatten Sie das so gemeint?“ – „Entspricht das Ihren Vorstellungen?“<br />
• Auf Fachlatein und Fremdwörter verzichten!<br />
• Immer wieder vergewissern, ob man richtig verstanden hat, was der Patient eigentlich will!<br />
• Nicht stumm den Ausführungen folgen, sondern mit einem „Ja“, „Ich verstehe“<br />
oder „Ja, gerne“ signalisieren, dass man genau zuhört.<br />
• In jedem Fall und immer versuchen, den Patienten zufrieden zu stellen mit:<br />
dem Versprechen, sich um die Sache zu kümmern<br />
mit dem versprochenen Rückruf<br />
mit einer festen Terminzusage<br />
mit dem Hinweis auf die Telefonsprechstunde<br />
mit der Auskunft, wo man ihm weiterhelfen kann.<br />
• Die eigene Stimmung ist entscheidend für die Qualität eines Telefongespräches.<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL
40 WAS? WANN? WO?<br />
SEMINARE Zu<br />
Wenn nichts anderes angegeben ist, Anmeldungen bitte an:<br />
<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
Qualitätssicherung, Mareike Ralf Telefon: 04551 883 332<br />
Bismarckallee 1 - 6, Fax: 04551 883 374<br />
23795 Bad Segeberg E-Mail: mareike.ralf@kvsh.de<br />
Seminar für Ärztinnen und Ärzte<br />
„WENN SCHMERZEN „NERVEN“..., DANN SCHMERZEN (HÄUFIG) NERVEN“<br />
- NEUROPATHISCHE SCHMERZSYNDROME -<br />
Seminaren wird nicht mehr persönlich eingeladen.<br />
Bekanntmachungen erfolgen ausschließlich über das NORDLICHT.<br />
Wie wir in den letzten Jahren zunehmend haben lernen können, sind neuronale Schädigungsmechanismen nicht nur für die Entstehung klassischer<br />
neuropathischer Schmerzbilder verantwortlich (z.B.: Trigeminusneuralgie, Postzosterneuralgie, Causalgie bei diabetischer Polyneuropathie).<br />
Vielmehr stellen sie häufig eine wesentliche Teilkomponente dar bei primär nicht neurogen klassifizierten Beschwerdebildern (z.B. Schmerzen<br />
nach lokalen Traumen, bei Tumoren, viszeralen Störungen), und sie tragen hierbei oft eine wesentliche Verantwortung für entstandene<br />
Chronifizierungsprozesse, deren Ursachen im Verlauf rätselhaft geblieben sind.<br />
Dieses Seminar gibt Auskunft zu dem aktuellen Kenntnisstand der Entstehung und Chronifizierung neuropathischer Schmerzen und vermittelt<br />
eine Hilfe zur raschen Erkennung neuropathischer (Teil-) Störungen bei der Analyse chronischer Schmerzzustände mit Hinweisen auf die Nutzung<br />
der entsprechenden Therapiestandards. Für diese Veranstaltung sind Fortbildungspunkte bei der Ärztekammer <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> beantragt<br />
worden.<br />
Datum: ...........................................15. November, 16.00 s.t.-19.00 Uhr<br />
Ort: ................................................Sitzungssaal der Abgeordnetenversammlung im Hause der KVSH, Bismarckallee 1-6, 23795 Bad Segeberg<br />
Ärztliche Leitung: .........................Dr. med. Claus Maschler, Neurologe und Mitglied der Schmerztherapie-Kommission, Lübeck<br />
Referent: .......................................Dr. med. Volker Lindner, Arzt für Neurologie und Psychiatrie am Universitätsklinikum <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, Campus Kiel<br />
Teilnahmebedingungen: ................Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, werden die Anmeldungen in der Reihenfolge des Posteingangs berücksichtigt. Erhalten Sie<br />
keine Absage, so gilt die Teilnahme als bestätigt. Das Seminar ist kostenfrei.<br />
Anmeldung und Auskunft .............Anmeldungen bitte schriftlich bis zum 06. November 2006 (gern auch per Fax oder Email) an die<br />
<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, Abt. Qualitätssicherung (Anschrift siehe oben)<br />
Seminar für Arzthelferinnen<br />
„DIE ARZTABRECHNUNG – SIE FRAGEN, WIR ANTWORTEN“<br />
Im Rahmen dieses Seminars werden wir mit Ihren Mitarbeiterinnen aktuelle Abrechnungsfragen zum neuen EBM und zur GOÄ erörtern.<br />
Datum: ...........................................22. November, 14.00 s.t.-17.00 Uhr<br />
Ort: ................................................Hotel Altes Gymnasium, Süderstr. 6-8, 25813 Husum<br />
Referenten: ...................................Dietrich Bartz, Leiter der Abt. Qualitätssicherung<br />
Peter Tietgen, Abrechnungsleiter<br />
Ernst Sievers, stellv. Abrechnungsleiter<br />
Gastreferent: .................................Jörg Ruge, Privatärztliche Verrechnungsstelle<br />
Teilnahmebedingungen: ................Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, werden die Anmeldungen in der Reihenfolge des Posteingangs berücksichtigt. Erhalten Sie<br />
keine Absage, so gilt die Teilnahme als bestätigt. Das Seminar ist kostenfrei.<br />
Achtung: .......................................Dieses Seminar betrifft die Arzthelferinnen folgender Kreise: Nordfriesland, <strong>Schleswig</strong>-Flensburg, Flensburg-Stadt,<br />
Dithmarschen, Rendsburg-Eckernförde<br />
Anmeldung und Auskunft .............Anmeldungen bitte schriftlich bis zum 13. November 2006 (gern auch per Fax oder Email) an die<br />
<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, Abt. Qualitätssicherung (Anschrift siehe oben)<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
Seminar für Arzthelferinnen<br />
„DIE ARZTABRECHNUNG – SIE FRAGEN, WIR ANTWORTEN“<br />
Im Rahmen dieses Seminars werden wir mit Ihren Mitarbeiterinnen aktuelle Abrechnungsfragen zum neuen EBM und zur GOÄ erörtern.<br />
Datum: ...........................................06. Dezember, 14.00 s.t.-17.00 Uhr<br />
Ort: ................................................Sitzungssaal der Abgeordnetenversammlung im Hause der KVSH, Bismarckallee 1-6, 23795 Bad Segeberg<br />
Referenten: ...................................Dietrich Bartz, Leiter der Abt. Qualitätssicherung<br />
Peter Tietgen, Abrechnungsleiter<br />
Ernst Sievers, stellv. Abrechnungsleiter<br />
Gastreferent: .................................Jörg Ruge, Privatärztliche Verrechnungsstelle<br />
Teilnahmebedingungen: ................Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, werden die Anmeldungen in der Reihenfolge des Posteingangs berücksichtigt. Erhalten Sie<br />
keine Absage, so gilt die Teilnahme als bestätigt. Das Seminar ist kostenfrei.<br />
Achtung: .......................................Dieses Seminar betrifft die Arzthelferinnen folgender Kreise: Segeberg, Lübeck, Ostholstein, Hzgt. Lauenburg, Stormarn,<br />
Neumünster, Kiel, Steinburg, Pinneberg, Plön<br />
Anmeldung und Auskunft .............Anmeldungen bitte schriftlich bis zum 27. November 2006 (gern auch per Fax oder Email) an die<br />
<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, Abt. Qualitätssicherung (Anschrift siehe oben links)<br />
41<br />
ANZEIGE
42 WAS? WANN? WO?<br />
VERANSTALTUNGEN Nur<br />
<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
08. NOVEMBER 15.00 UHR<br />
WORKSHOP JOBSHARING<br />
Anmeldung und Info: Tel. 04551 883 881<br />
Ort: Sitzungszentrum der KVSH, Kuba 1 und 2<br />
11. + 12. NOVEMBER, 09.00 - 17.00 UHR<br />
MODERATOREN-TRAINING<br />
Info: Regina Steffen<br />
Tel. 04551 883 292<br />
14. NOVEMBER 15.00 UHR<br />
WORKSHOP MVZ<br />
Anmeldung und Info: Tel. 04551 883 881<br />
Ort: Sitzungszentrum der KVSH, Kuba 1 und 2<br />
22. NOVEMBER 15.00 UHR<br />
WORKSHOP PRAXISABGABE<br />
Anmeldung und Info: Tel. 04551 883 881<br />
Ort: Sitzungszentrum der KVSH, Kuba 1 und 2<br />
Kreisstellen <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
09. NOVEMBER<br />
QUALITÄTSZIRKEL ONKOLOGIE<br />
Primärer Lebertumor<br />
Ort: I. Medizinische Klinik, Schittenhelmstraße 12, 24105 Kiel<br />
2 OG, gegenüber der Bibliothek<br />
Info: Prof. Dr. Frank Gieseler<br />
Tel. 0431 597 13 93, Fax 0431 597 12 48<br />
21. NOVEMBER<br />
SONO-ARBEITSKREIS: ARTEFAKTE<br />
Ort: Diako, Radiologisches Institut<br />
Info: Kreisstelle Flensburg<br />
Tel. 0461 429 39, Fax 0461 468 91<br />
22. NOVEMBER, 10.00 UHR<br />
KREISSTELLEN-VOLLVERSAMMLUNG<br />
MIT PROTESTTAG<br />
Ort: Hotel des Nordens<br />
Info: Kreisstelle Flensburg<br />
Tel. 0461 429 39, Fax 0461 468 91<br />
22. NOVEMBER, 19.00 UHR<br />
DIFFERENTIALTHERAPIE BEI<br />
HYPERCHOLESTERINÄMIE<br />
Ort: Diako, Fliednersaal I<br />
Info: Kreisstelle Flensburg<br />
Tel. 0461 429 39, Fax 0461 468 91<br />
22. NOVEMBER, 19.00 UHR<br />
FORTBILDUNG NEUE THERAPIEOPTIONEN DES<br />
COLOREKTALEN KARZINOMS<br />
Ort: Reha-Klinik Nordfriesland, St. Peter-Ording<br />
Info: Kreisstelle Flensburg<br />
Tel. 0461 429 39, Fax 0461 468 91<br />
für KVSH-Termine<br />
übernehmen wir Gewähr.<br />
14. DEZEMBER<br />
QUALITÄTSZIRKEL ONKOLOGIE<br />
Gerinnungsprobleme bei Tumorpatienten<br />
Ort: I. Medizinische Klinik, Schittenhelmstraße 12, 24105 Kiel<br />
2 OG, gegenüber der Bibliothek<br />
Info: Prof. Dr. Frank Gieseler<br />
Tel. 0431 597 13 93, Fax 0431 597 12 48<br />
Ärztegenossenschaft<br />
29. NOVEMBER, 15.00 - 17.00 UHR<br />
SEMINAR „HYGIENE IN DER ARZTPRAXIS“<br />
Ort: Harrislee-Wassersleben<br />
06. DEZEMBER, 15.00 - 17.00 UHR<br />
SEMINAR „HYGIENE IN DER ARZTPRAXIS“<br />
Ort: Ratzeburg<br />
Info: Manfred Krutzinna<br />
Tel. 04551 99 99 10<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
09. NOVEMBER 19.30 UHR<br />
ANWENDERTREFFEN FÜR ÄRZTINNEN UND ÄRZTE<br />
Schwerpunktthema QM<br />
Ort: Maria-Merian-Straße 9, 24145 Kiel Wellsee<br />
Info: K-LINE Kiel<br />
Tel. 0431 710 31 03, Fax 0431 710 31 99, Mail hotline@k-line.de<br />
11. NOVEMBER, 09. - CA. 13.30 UHR<br />
SCHMERZ IM ALTER - LEIDEN OHNE ENDE?<br />
Ort: Turnhalle Hesterberg, Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
<strong>Schleswig</strong>, Friedrich-Ebert-Straße, 24837 <strong>Schleswig</strong><br />
Info: Dr. Harald Lucius<br />
Tel. 04621 83 11 20<br />
18. NOVEMBER, 09.00 - CA. 16.30 UHR<br />
ATEMWEGSINFEKTE / REISEMEDIZINISCHE ASPEKTE<br />
IM PRAXISALLTAG<br />
Ort: Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung,<br />
Esmarchstraße 4-6, 23795 Bad Segeberg<br />
Info: Petra Petersen<br />
Tel. 04551 803 166<br />
18. NOVEMBER, 10.00 - 16.30 UHR<br />
„FEHLER VERMEIDEN! AUFKLÄRUNG UND<br />
DOKUMENTATION IN DER KLINIK“<br />
Ort: AOK-Direktion Kiel-Wellsee, Edisonstr. 70<br />
Info und Anmeldung: Dr. Holger Thomsen (bis zum 10.11.2006)<br />
Tel. 0431-605-1732, Fax: 0431-605251732, Mail: symposium@sh-aok.de<br />
06. DEZEMBER, 16.00 - CA. 19.30 UHR<br />
SCHLAFSTÖRUNGEN EIN HÄUFIGES PROBLEM IN DER<br />
HAUSARZTPRAXIS / PSYCHOPHARMAKA<br />
Ort: Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung,<br />
Esmarchstraße 4-6, 23795 Bad Segeberg<br />
Info: Petra Petersen<br />
Tel. 04551 803 166<br />
<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006
ANSPRECHPARTNER IN DER KVSH 43<br />
KONTAKT<br />
<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
Bismarckallee 1 - 6<br />
23795 Bad Segeberg<br />
Hauptanschluss: 04551 / 883-0<br />
Fax: 04551 / 883-209<br />
Vorsitzender.................................................................. Ralf W. Büchner .......................................................................................................................... 217/486<br />
Stellv. Vorsitzende ........................................................ Dr. Ingeborg Kreuz ...................................................................................................................... 218/355<br />
Finanzvorstand.............................................................. Dr. Ralph Ennenbach .................................................................................................................. 218/355<br />
Abrechnung – Leiter...................................................... Peter Tietgen/Ernst Sievers ................................................................ (Fax: -322)................ 267/245/388<br />
Abrechnungs-Hotline / EBM-Hotline ................................................................................................................................................................................ 388 / 883<br />
Abteilung Recht – Leiter - Justitiar ................................ Klaus-Henning Sterzik ................................................................................................................ 230/251<br />
Abteilung Recht ............................................................ Maria Behrenbeck/Dagmar Hergert-Lüder/Tom-Christian Brümmer ...................................... 251/265/474<br />
Amb. Operieren ............................................................ Aenne Villwock/Doreen Knoblauch .............................................................................................. 369/445<br />
Arthroskopie (QS) .......................................................... Aenne Villwock/Doreen Knoblauch .............................................................................................. 369/445<br />
Ärztl. Stelle (Röntgen ) .................................................. Dietrich Bartz/Angelika Rott/Uta Markl.................................................................................. 266/386/393<br />
Ärztl. Stelle (Nuklearmed./Strahlentherapie) .................. Dietrich Bartz/Thomas Müller ...................................................................................................... 266/325<br />
Arztregister ................................................................ Katja Fiehn/Anja Scheil/Dorit Scheske ................................................................................................ 254<br />
Assistenz-Genehmigung................................................ Petra Fitzner/Brigitte Gottwald .................................................................................................... 384/255<br />
Asthma-Schulung ........................................................ Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />
Betriebswirtschaftliche Beratung .................................. Marion Grosse.................................................................................................................................... 343<br />
Chirotherapie (Genehmigung) ........................................ Helga Hartz ........................................................................................................................................ 453<br />
Dialyse-Kommission/LDL; QS ........................................ Marion Rampoldt................................................................................................................................ 444<br />
Diabetes-Kommission (QS) ............................................ Aenne Villwock/Helga Hartz ........................................................................................................ 369/453<br />
DMP und Vereinbarung Team ........................................ Helga Hartz/Marion Rampoldt/Inga Petitjean ........................................................................ 453/444/315<br />
EDV in der Arztpraxis .................................................... Timo Rickers/Thomas Stefaniw .................................................................................................. 286/307<br />
ESWL............................................................................ Marion Rampoldt .............................................................................................................................. 444<br />
Finanzbuchhaltung........................................................ Erich Neugebauer .............................................................................................................................. 241<br />
Formularausgabe .......................................................... Sylvia Warzecha ................................................................................................................................ 250<br />
Fortbildung f. Ärzte / Arzthelferinnen .............................. Mareike Ralf ...................................................................................................................................... 332<br />
Herzschrittmacherkontrollen.......................................... Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />
Honorar ( Leiter) und HVM ............................................ Karl-Heinz Buthmann ........................................................................................................................ 208<br />
HVM-Team.................................................................... Inge Feddern...................................................................................................................................... 383<br />
Internet ........................................................................ Jakob Wilder ...................................................................................................................................... 475<br />
Invasive Kardiologie ...................................................... Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />
Kernspintomographie-Komm./Genehmig. ...................... Ute Tasche ........................................................................................................................................ 485<br />
Koloskopie-Kommission ................................................ Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />
Kommunikation, Presseinformationen............................ Robert Quentin .................................................................................. (Fax: -396) .............................. 381<br />
Krankengeldzahlungen.................................................. Doris Eppel ........................................................................................................................................ 220<br />
Laborleistung (O III) Kommission.................................... Marion Rampoldt .............................................................................................................................. 444<br />
Langzeit-EKG (Genehmigung) ........................................ Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />
Mammographie ............................................................ Angelika Masuch................................................................................................................................ 458<br />
Niederlassung / Zulassung ............................................ Susanne Bach-Nagel/André Zwaka/Evelyn Kreker ................................................................ 378/327/346<br />
.................................................................................... Daniel Jacoby/Bastian Gnade ...................................................................................................... 259/291<br />
Niederlassungsberatung................................................ Bianca Hartz/Evelyn Kreker ........................................................................................................ 254/346<br />
.................................................................................... Susanne Bach-Nagel/André Zwaka.............................................................................................. 378/327<br />
<strong>Nordlicht</strong> aktuell............................................................ Hildegard Laitenberger ...................................................................... (Fax: -7356) ............................ 356<br />
Onkologie-Kommission.................................................. Aenne Villwock/Doreen Knoblauch................................................................................................369/445<br />
Otoakustische Emissionen ............................................ Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />
Personal........................................................................ Monique Müller/Anke Tonn/Anke Siemers .......................................... (Fax: -451)................ 275/295/333<br />
Photodyn. Therapie am Augenhintergrund...................... Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />
Phys.-Med. Leistungen (Genehmig.) .............................. Helga Hartz ........................................................................................................................................ 453<br />
Plausibilitätsausschuss.................................................. Ulrike Moszeik .................................................................................................................................. 336<br />
Psychotherapie ............................................................ Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />
Qualitätssicherung – Leiter............................................ Dietrich Bartz .................................................................................... (Fax: -374) ...................... 266/262<br />
Qualitätszirkel / Qualitätsmanagement .......................... Regina Steffen/Kathrin Zander/Angelika Ströbel.................................. (Fax: -374)................ 292/382/204<br />
Qualitätssicherungskommission-Drogensubstitution ...... Astrid Patscha .................................................................................................................................... 340<br />
QuaMaDi ...................................................................... Kathrin Zander/Dietrich Bartz ...................................................................................................... 382/266<br />
Radiologie-Kommission ................................................ Dietrich Bartz/Ute Tasche/Anja Lange .................................................................................. 266/485/360<br />
Röntgen (Anträge) ........................................................ Ute Tasche ........................................................................................................................................ 485<br />
Röntgen (Qualitätssicherung) ........................................ Anja Lange ........................................................................................................................................ 360<br />
Rückforderungen der Kostenträger ................................ Heinz Szardenings.............................................................................................................................. 323<br />
Schlafapnoe.................................................................. Marion Rampoldt................................................................................................................................ 444<br />
Schmerztherapie .......................................................... Monika Vogt ...................................................................................................................................... 366<br />
Sonographie-Kommission.............................................. Sabrina Kämpf/Susanne Paap .................................................................................................... 533/228<br />
Sozialpsychiatrie-Vereinbarung...................................... Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />
Soziotherapie ................................................................ Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />
Sprechstundenbedarf .................................................... Heidi Dabelstein ................................................................................................................................ 353<br />
Struktur und Verträge - Leiter ........................................ Ekkehard Becker................................................................................ (Fax: -488) .............................. 331<br />
Teilzahlungen................................................................ Brunhild Böttcher/Dirk Ludwig .................................................................................................... 231/233<br />
Umweltmedizin / Umweltausschuss .............................. Marion Rampoldt .............................................................................................................................. 444<br />
Verordnung medizin. Rehaleistungen ............................ Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />
Verordnungsmanagement - Leiter ................................ Lothar Flessau ................................................................................................................................... 426<br />
Verordnungsmanagement ............................................ Dr. Marion Packenius/Thomas Frohberg ...................................................................................... 351/304<br />
Verträge (Sonstige)........................................................ Martin Maisch.................................................................................................................................... 244<br />
Widersprüche (Abteilung Recht) .................................... Gudrun Molitor .................................................................................................................................. 439<br />
Zulassung – Leiterin .................................................... Bianca Hartz ...................................................................................... (Fax: -276) ...................... 255/358<br />
Zytologie (Kommission) ................................................ Marion Rampoldt................................................................................................................................ 444<br />
09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL
IHRE ANSPRECHPARTNER IN DEN KREISSTELLEN DER KVSH<br />
Kiel<br />
Kreisstelle:<br />
Herzog Friedrich Str. 49, 24103 Kiel,<br />
Tel.: 0431 / 932 22<br />
Fax: 0431 / 971 96 82<br />
Dr. Heiko Giesel, Frauenarzt,<br />
Tel.: 0431 / 931 31<br />
Fax: 0431 / 974 13 22<br />
mail: Kreisstelle.Kiel@kvsh.de<br />
Lübeck<br />
Kreisstelle: Parade 5, 23552 Lübeck,<br />
Tel.: 0451 / 722 40<br />
Fax: 0451 / 706 31 79<br />
Dr. Andreas Bobrowski, Laborarzt,<br />
Tel.: 0451 / 610 90 0<br />
Fax: 0451 / 610 90 10<br />
mail: kvhl@dgn.de<br />
Flensburg<br />
Kreisstelle: Meisenstr. 16, 24939 Flensburg,<br />
Tel.: 0461 / 42939<br />
Fax: 0461 / 46891<br />
Dr. Wolfgang Barchasch, Frauenarzt,<br />
Tel.: 0461 / 277 00<br />
Fax: 0461 / 281 49<br />
mail: Kreisstelle.Flensburg@kvsh.de<br />
Neumünster<br />
Dr. Norbert Spilok, Chirurg,<br />
Tel.: 04321 / 94 77 0<br />
Fax: 04321 / 94 77 77 00<br />
mail: Kreisstelle.Neumuenster@kvsh.de<br />
PRÜFINSTANZEN WIRTSCHAFTLICHKEIT<br />
Kreis Dithmarschen<br />
Dr. Wolf-Günter Riesenkampff, Allgemeinarzt,<br />
Tel.: 04854 / 900 10<br />
Fax: 04854 / 90 48 11<br />
mail: Kreisstelle.Dithmarschen@kvsh.de<br />
Kreis Herzogtum Lauenburg<br />
Dr. Monika Schliffke, Allgemeinärztin,<br />
Tel.: 04541 / 35 85<br />
Fax: 04541 / 843 91<br />
mail: Kreisstelle.Lauenburg@kvsh.de<br />
Kreis Nordfriesland<br />
Dr. Thomas Maurer, Allgemeinarzt,<br />
Tel.: 04662 / 30 01<br />
Fax: 04662 / 30 02<br />
mail: Kreisstelle.Nordfriesland@kvsh.de<br />
Kreis Ostholstein<br />
Bernd Thomas, Augenarzt,<br />
Tel.: 04362 / 90 04 40<br />
Fax: 04362 / 90 04 41<br />
mail: Kreisstelle.Ostholstein@kvsh.de<br />
Kreis Pinneberg<br />
Dr. Michael Renner, Radiologe,<br />
Tel.: 04121 / 48 29 29<br />
Fax: 04121 / 48 29 29<br />
mail: Kreisstelle.Pinneberg@kvsh.de<br />
Kreis Plön<br />
Dr. Joachim Pohl, Allgemeinarzt,<br />
Tel.: 04526 / 10 00<br />
Fax: 04526 / 18 49<br />
mail: Kreisstelle.Ploen@kvsh.de<br />
Kreis Rendsburg-Eckernförde<br />
Carl Culemeyer, Allgemeinarzt,<br />
Tel.: 04353 / 10 00<br />
Fax: 04353 / 18 49<br />
mail: KVKreisRdEck@aol.com<br />
Kreis <strong>Schleswig</strong>-Flensburg<br />
Dr. Hans-Joachim Commentz, prakt. Arzt,<br />
Tel.: 04621 / 525 44<br />
Fax: 04621 / 515 00<br />
mail: Kreisstelle.<strong>Schleswig</strong>@kvsh.de<br />
Kreis Segeberg<br />
Dr. Dieter Freese, Allgemeinarzt,<br />
Tel.: 04551 / 40 55<br />
Fax: 04551 / 922 05<br />
mail: Kreisstelle.Segeberg@kvsh.de<br />
Kreis Steinburg<br />
Gerhard Marioth, Radiologe,<br />
Tel.: 04821 / 620 98<br />
Fax: 04821 / 35 17<br />
mail: Kreisstelle.Steinburg@kvsh.de<br />
Kreis Stormarn<br />
Dr. Hans Irmer, Arzt,<br />
Tel.: 04102 / 526 10<br />
Fax: 04102 / 526 78<br />
mail: Kreisstelle.Stormarn@kvsh.de<br />
Rosenstraße 28 - 23795 Bad Segeberg - Telefon 04551 / 9010-0 - Fax 04551 / 90 10 22<br />
Vorsitzender des Prüfungsausschusses ......................... Prof. Günther Jansen ......................................................................................................................9010-0<br />
Vorsitzender des Beschwerdeausschusses ................... Dr. Johann David Wadephul ............................................................................................................9010-0<br />
Leiter der Dienststelle ................................................... Jörg Schröder ................................................................................................................................901021<br />
Wirtschaftlichkeitsprüfung Arznei................................... Timo Emcke ..................................................................................................................................901018<br />
Arznei-/Pharmakotherapie-Beratung ............................. Elsbeth Kampen, Katja Junge ..........................................................................................901023, 901024<br />
Arznei allgemein ........................................................... Manuela Johnsen, Melanie Hoffmann, Tanja Bauer ............................................901020, 901019, 901016<br />
Verordnungen (Arznei/Heilmittel/Daten) ......................... Timo Emcke, Elsbeth Kampen ..........................................................................................901018, 901023<br />
Wirtschaftlichkeitsprüfung Honorar ............................... Hans-Peter Morwinski, Birgit Wiese, ................................................................................901011, 901012<br />
..................................................................................... Manfred Vogt, Iris Flaegel ................................................................................................901013, 901015<br />
Zweitmeinungsverfahren:<br />
Rheuma ....................................................................... Birgit Wiese, Bärbel Maschke............................................................................................901012, 901025<br />
Gastro........................................................................... Hans-Peter Morwinski....................................................................................................................901011