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Nordlicht_0906.qxp - Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein

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nr. 09 | 2006 Offizielles Mitteilungsblatt der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

<strong>Nordlicht</strong><br />

November 2006 | 9. jahrgang<br />

A K T U E L L<br />

DROHENDER ÄRZTEMANGEL<br />

IN SCHLESWIG-HOLSTEIN<br />

DIE NEUE<br />

NOTDIENST-<br />

ORDNUNG


2 HINWEIS<br />

+++ LETZTE MELDUNG +++ LETZTE MELDUNG +++ LETZTE MELDUNG +++<br />

Kennzeichnung der Vordruckmuster bei Unfällen<br />

Bei stichprobenartigen Prüfungen durch die Krankenkassen ist aufgefallen, dass die Unfallkennzeichnung auf<br />

Verordnungsblättern relativ selten erfolgt, obwohl eindeutige Diagnosen, die augenscheinlich auf ein Unfallereignis<br />

schließen lassen, angegeben werden. Da durch die korrekte Kennzeichnung zusätzliche Finanzmittel gewonnen<br />

werden, die unter anderem auch für höhere ärztliche Vergütungen verwendet werden können, sollte<br />

die konsequente Umsetzung im eigenen Interesse liegen.<br />

+++<br />

Pneumokokken und Meningokokkenimpfung<br />

Wie bereits im <strong>Nordlicht</strong> Nr. 8 mitgeteilt, kann sowohl die Pneumokokken- als auch die Meningokokkenimpfung<br />

nach der STIKO-Empfehlung 2006 zu Kassenlasten erbracht werden.<br />

Empfohlen wird die Pneumokokkenimpfung im 2.,3.,4. und 11. bis 14. Lebensmonat. Die Meningokokkenimpfung<br />

wird ab dem 12. vollendeten Lebensmonat empfohlen. Die STIKO sieht weiterhin vor, dass unabhängig<br />

von den genannten Terminen fehlende Impfungen nachgeholt werden sollen. Diese können auch zu Kassenlasten<br />

erbracht werden. Die Impfung der Kleinkinder sollte jedoch im Vordergrund stehen und es sollte abgewogen<br />

werden, ob die Impfung in einem höheren Lebensalter noch sinnvoll ist. Hier ist von dem Arzt jeweils<br />

eine Einzellfallentscheidung zu treffen, da es von Seiten der Krankenkassen keine Altersempfehlung gibt.<br />

THOMAS FROHBERG, KVSH<br />

+++<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


EDITORIAL<br />

Dr. Ingeborg Kreuz,<br />

stv.Vorsitzende, KVSH<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

zwei Dinge bewegen zur Zeit unsere Gemüter – zum einen die neue<br />

Notdienststruktur - zum anderen die geplante Gesundheitsreform.<br />

Bei der neuen Notdienststruktur befinden wir uns zur Zeit in der<br />

Umsetzungsphase. Dieses NORDLICHT informiert zum aktuellen Stand.<br />

Die Abgeordnetenversammlung hat am 11.10.2006 die neue<br />

Notdienstsatzung verabschiedet und - vorbehaltlich der Zustimmung<br />

der Kammerversammlung - die Voraussetzung geschaffen, dass die<br />

neue Struktur pünktlich zum 02.01.2007 landesweit umgesetzt werden<br />

kann. Unser Dank gilt hier neben den Mitarbeitern des Hauses<br />

unserem Notdienstbeauftragen Herrn Jens-Uwe Schneider und Herrn<br />

Dr. Hans-Joachim Commentz, der sich wie kein anderer für diese<br />

innovative Struktur einsetzt.<br />

Wenig erfreulich ist dagegen die Entwicklung der geplanten<br />

Gesundheitsreform. Allen warnenden Stimmen zum Trotz versucht die<br />

Große Koalition dieses Ungetüm auf den Weg zu bringen. Am<br />

25.10.2006 als Regierungsentwurf im Bundeskabinett beschlossen,<br />

wird schon zwei Tage später im Bundestag die erste Lesung erfolgen.<br />

Hoffen wir, dass - wie auf dem außerordentlichen Ärztetag am<br />

24.10.2006 in Berlin - die kritischen Stimmen Gehör finden.<br />

Eindrucksvoll wurde in Berlin von dem Präsidenten der<br />

Bundesärztekammer Herrn Prof. Jörg-D. Hoppe und dem KBV-<br />

Vorsitzenden Dr. Andreas Köhler vor den Folgen gewarnt.<br />

Mit Volldampf in die Staatsmedizin – dieses Szenario verknüpft sich<br />

unabdingbar mit der geplanten Reform und dies wollen wir mit allen<br />

Mitteln verhindern. Um es mit den Worten von Prof. Hoppe zu sagen:<br />

„Wir sind keine Staatsmediziner und wir sind auch keine<br />

Rationierungsassistenten“.<br />

Mit freundlichen Grüssen<br />

Ihre<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

3


4 INHALT<br />

TITELTHEMA<br />

Zur medizinischen Versorgung der<br />

Bevölkerung in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>................ 06<br />

Betrachtungen aus hausärztlicher Sicht – Weniger<br />

Weiterbildungsassistenten in der Allgemeinmedizin.<br />

Ärztemangel – was tun gegen eine<br />

Unterversorgung im ländlichen Raum?.......... 08<br />

Wie kann die Attraktivität der Niederlassung<br />

für Ärzte gefördert werden?<br />

Arbeiten bis über 68? .................................. 10<br />

Das NORDLICHT hat Ärztinnen und Ärzte befragt,<br />

wie sie sich verhalten würden.<br />

Der Hausarztmangel und ein<br />

mögliches Gegenmittel .................................. 12<br />

Situation bei den Hausärzten in ländlichen<br />

Gebieten besonders problematisch.<br />

IMPRESSUM<br />

NORDLICHT AKTUELL<br />

Offizielles Mitteilungsblatt<br />

der <strong>Kassenärztliche</strong>n<br />

<strong>Vereinigung</strong><br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

Herausgeber:<br />

<strong>Kassenärztliche</strong><br />

<strong>Vereinigung</strong><br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

Ralf Wilhelm Büchner<br />

(Vorsitzender, v.i.S.d.P.)<br />

Redaktion:<br />

Dr. Michael Drews (Leiter)<br />

Prof. Jens-Martin Träder<br />

(stv. Leiter)<br />

Hildegard Laitenberger<br />

Jakob Wilder<br />

Redaktionsbeirat:<br />

Ekkehard Becker<br />

Ralf Wilhelm Büchner<br />

Dr. Ralph Ennenbach<br />

Dr. Ingeborg Kreuz<br />

Reinhardt Hassenstein<br />

Robert Quentin<br />

06<br />

Die hausärztliche Versorgung in<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ist zurzeit in<br />

den kreisfreien Städten gut, in<br />

vielen Landkreisen ausreichend<br />

und in gewissen Problemregionen<br />

unzureichend. Die Tendenz in den<br />

Niederlassungszahlen und die<br />

Altersstruktur der Praxisinhaber geben<br />

berechtigten Anlass zur Sorge.<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Bismarckallee 1–6<br />

23795 Bad Segeberg<br />

Tel.: 04551 / 883 356<br />

Fax: 04551 / 883 396<br />

Email: presse@kvsh.de<br />

http://www.kvsh.de<br />

Grafik:<br />

LayoutDeluxe, Hamburg<br />

Druck:<br />

Grafik + Druck, Kiel<br />

<strong>Kassenärztliche</strong> Bedarfsplanung .................. 14<br />

Bessere Aussichten für Frauen- und Nervenärzte.<br />

Kein Arzt mehr – weit und breit.................... 16<br />

Die Sorge vor einem massiven Ärztemangel wächst.<br />

Der dritte Weg – evolutionäre<br />

Revolution .................................................... 17<br />

Prof. Dr. Fritz Beske<br />

18<br />

Die Abgeordnetenversammlung hat die<br />

neue Notdienstsatzung verabschiedet.<br />

Wenn nun die Kammerversammlung<br />

ebenfalls zustimmt, wird in <strong>Schleswig</strong>-<br />

<strong>Holstein</strong> einmal mehr Versorgungsgeschichte<br />

geschrieben.<br />

Notdienst geht in die Umsetzungsphase ........ 18<br />

AV verabschiedet die neue Notdienstsatzung.<br />

Von Skepsis zu Akzeptanz .............................. 20<br />

Erfahrungsbericht zum neuen Notdienst.<br />

Das NORDLICHT erscheint monatlich als Informationsorgan der<br />

Mitglieder der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge und Leserbriefe geben nicht<br />

immer die Meinung des Herausgebers wieder; sie dienen dem<br />

freien Meinungsaustausch. Jede Einsendung behandelt die<br />

Redaktion sorgfältig. Die Redaktion behält sich die Auswahl der<br />

Zuschriften sowie deren sinnwahrende Kürzung ausdrücklich vor.<br />

Die Zeitschrift, alle Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />

geschützt. Nachdruck nur mit schriftlichem Einverständnis des<br />

Herausgebers. Wenn aus Gründen der Lesbarkeit die männliche<br />

Form eines Wortes genutzt wird („der Arzt“), ist hiermit selbstverständlich<br />

auch die weibliche Form gemeint („die Ärztin“).<br />

Preis je Heft: 6 Euro plus Porto.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


AKTUELLES<br />

28<br />

„Endlich ist es soweit, wir<br />

können eine GmbH gründen“<br />

– solche und ähnliche<br />

Freudenrufe waren von vielen<br />

Ärzten zu vernehmen.<br />

Doch was hat es mit dieser<br />

Rechtsform wirklich auf sich?<br />

Vor- und Nachteile werden<br />

beleuchtet.<br />

Abgeordnetenversammlung<br />

Neue Notdienstsatzung verabschiedet ........................................ 22<br />

Nachrichten ........................................................ 24<br />

• Einigkeit: Reform großer Unsinn<br />

• Krankenkassen: Beiträge steigen drastisch<br />

• Erstes Carl Georg Schirren Symposium<br />

• Kassengebühr “sinnlos”<br />

• Hartmannbund bereitet bundesweite Praxisschließungen vor<br />

• KVMV: 44.000 Unterschriften gegen Reform..............................25<br />

• Wirtschaftsinstitute kritisieren Gesundheitsreform<br />

• KBV: Scharfe Kritik am Referentenentwurf<br />

• Gesundheitsreform erreicht den Bundestag<br />

Bürokratismus<br />

Viel Lärm um (bisher fast) nichts oder<br />

der Berg kreiste und gebar eine Maus.......................................... 30<br />

Vor Ort<br />

Leben auf der Schwelle ................................................................ 34<br />

Zu guter Letzt<br />

Zitate und Markantes aus Politik und Gesellschaft ...................... 35<br />

Buchtipp<br />

Oberender/ Hebborn/ Zerth: Wachstumsmarkt Gesundheit ........ 37<br />

Lärm um (bisher fast) nichts oder:<br />

Der Berg kreiste und gebar eine Maus.<br />

Lesen Sie einen Bericht über die<br />

Erfahrungen des „Entbürokratisierungs-<br />

30Viel<br />

beauftragten“ der KVSH.<br />

KV INTERN<br />

Qualitätssicherung<br />

Dialyse .......................................................................................... 26<br />

Phototherapeutische Keraktonomie ............................................ 26<br />

Neue Speichertechniken in der Sonographie .............................. 27<br />

Betriebswirtschaftliche Beratung<br />

„Endlich ist es soweit, wir können eine GmbH gründen“ ............ 28<br />

Psychotherapie<br />

Versorgung von psychisch kranken Menschen ............................ 36<br />

Seiten für das Praxisteam<br />

Checkliste: Telefonieren ................................................................39<br />

STANDARDS<br />

Editorial .............................................................. 03<br />

Forum .................................................................. 32<br />

Kolumne<br />

Bürokratie-Folter-Hitparade.......................................................... 35<br />

Steckbrief der Abgeordneten .............................. 38<br />

Dr. Friedrich-Wilhelm Busse<br />

Seminarkalender..................................................40<br />

Termine................................................................ 42<br />

Telefon .. .............................................................. 43<br />

Kreisstellen.......................................................... 44<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

5


6<br />

TITELTHEMA<br />

Ärztemangel – was tun gegen eine<br />

Unterversorgung im ländlichen Raum?<br />

Wie kann die Attraktivität der Niederlassung<br />

für Ärzte gefördert werden?<br />

Welche Maßnahmen sind bereits<br />

eingeleitet oder umgesetzt worden?<br />

Landräte, Landespolitiker und Ärzte<br />

geben Antworten.<br />

LANDRAT GEORG<br />

GORRISSEN,<br />

KREIS SEGEBERG<br />

„Auf der Grundlage des Versorgungsberichtes<br />

2005 der <strong>Kassenärztliche</strong>n<br />

<strong>Vereinigung</strong> des<br />

Landes <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

müssen wir für den Kreis Segeberg<br />

feststellen, dass die zukünftige<br />

ambulante Versorgung<br />

auch hier gefährdet ist. Bis 2015 ist damit zu rechnen, dass<br />

ohne zusätzliche Anreize für die Niederlassung im ländlichen<br />

Raum die Anzahl der praktischen Ärzte, Allgemeinmediziner<br />

und hausärztlichen Internisten aus Altersgründen um mehr als<br />

die Hälfte zurückgehen wird.<br />

Aus diesem Grunde muss für junge Ärztinnen und Ärzte der<br />

Arztberuf im ambulanten Sektor wieder attraktiver gestaltet<br />

werden. Der Kreis Segeberg unterstützt die Forderung nach<br />

Bürokratieabbau und leistungsgerechter Bezahlung in den<br />

Praxen. Ärztinnen und Ärzte sollten wieder zu 90 Prozent ihrer<br />

ärztlichen Tätigkeit nachgehen und nicht gleichzeitig neben<br />

ihrer kaufmännischen Verantwortung für ihre Praxis in die Bürokratie<br />

eingebunden sein. Hierfür sind management-orientierte<br />

Assistenzkräfte notwendig, die insbesondere in Medizinischen<br />

Versorgungszentren, Praxisgemeinschaften oder auch<br />

in Praxisnetzwerken in den Einsatz gebracht werden können.<br />

Alle Leistungsanbieter im ambulanten Sektor müssen sich<br />

verstärkt mit den teilstationären und stationären Leistungsanbietern<br />

vernetzen. Der im Februar 2006 gegründete Verein Telekommunikation<br />

Segeberger Ärzte (VTSÄ) ist hierfür ein gutes<br />

Beispiel. Die Gesundheitsregion Segeberg unterstützt die<br />

zukunftsgerichtete telemedizinische Vernetzung und bietet<br />

hierfür eine geeignete Plattform an auch mit dem Ziel, Fördermittel<br />

zu akquirieren."<br />

DR. HEINER GARG,<br />

STELLVERTRETENDER<br />

VORSITZENDER DER FDP-<br />

FRAKTION IM SCHLESWIG-<br />

HOLSTEINISCHEN LANDTAG<br />

„Wer dafür sorgt, die Polikliniken<br />

der ehemaligen DDR in<br />

Form von Medizinischen Versorgungszentren<br />

wieder aufleben<br />

zu lassen, darf nicht im<br />

selben Atemzug das fortschreitende Praxissterben auf dem<br />

Land beklagen. Die permanente Aushöhlung der Freiberuflichkeit<br />

des Arztes durch den Gesetzgeber muss gestoppt<br />

werden. Die Freiberuflichkeit muss wieder gestärkt werden.<br />

Diesem Ziel entgegenstehende Regelungen, z. B. im GMG,<br />

müssen zurückgenommen werden.“<br />

DER HAUSARZT –<br />

AUSSTERBENDE<br />

Zur medizinischen Versorgungssituation<br />

der Bevölkerung in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

aus hausärztlicher Sicht.<br />

PROF. DR. MED. JENS-MARTIN TRÄDER, FACHARZT FÜR ALLGEMEINMEDIZIN,<br />

LÜBECK; LEHRBEAUFTRAGTER FÜR ALLGEMEINMEDIZIN AN DER<br />

UNIVERSITÄT SCHLESWIG-HOLSTEIN, CAMPUS LÜBECK<br />

Die hausärztliche Versorgung in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ist zurzeit in den kreisfreien<br />

Städten zahlenmäßig gut, in vielen Landkreisen ausreichend und<br />

in gewissen Problemregionen unzureichend. Die Tendenz in den Niederlassungszahlen<br />

und die Altersstruktur der Praxisinhaber geben berechtigten Anlass<br />

zur Sorge.<br />

1. Analyse der momentanen Situation<br />

Zum Ende des Jahres 2005 wurde die hausärztliche Versorgung in <strong>Schleswig</strong>-<br />

<strong>Holstein</strong> von 1.503 Allgemeinärzten und praktischen Ärzten sichergestellt. Wie im<br />

gesamten Bundesgebiet steigt das Durchschnittsalter aller Vertragsärzte auch in<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> kontinuierlich an. Im Jahr 2005 stand das Durchschnittsalter<br />

der Vertragsärzte auf dem bisherigen Höchststand von 50,5 Jahren. Die Altersstruktur<br />

der Hausärzte in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> liegt höher als im Bundesdurchschnitt.<br />

Mehr als die Hälfte der Hausärzte in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> (58 Prozent) ist über<br />

50 Jahre alt und wird – wenn man den durchschnittlichen Eintritt in den Ruhestand<br />

optimistischerweise mit 65 Jahren annimmt – in den nächsten zehn Jahren<br />

die Praxis in „jüngere Hände“ abgeben wollen. Man muss daher von einem Ersatzbedarf<br />

von hochgerechnet ca. 900 Allgemeinärzten in den nächsten zehn Jahren<br />

für <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ausgehen.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


EINE<br />

SPEZIES?<br />

Dieses Problem ist allerdings kein spezifisch norddeutsches: Bundesweit gibt<br />

es ähnliche Analysen, wobei die Situation in den neuen Bundesländern noch erheblich<br />

dramatischer ist. Es ist daher bundesweit von einem erheblichen Versorgungsproblem<br />

spätestens ab dem Jahr 2015 auszugehen. Schon in den nächsten<br />

Jahren werden diese Veränderungen regional zu erheblichen Verwerfungen führen,<br />

da das Versorgungsdefizit sich zunächst in ländlichen Kreisen auswirken wird.<br />

Diese Mangelsituation, die teilweise schon heute besteht, wird in der öffentlichen<br />

Wahrnehmung eher verschleiert, da die ausreichende Versorgung in den<br />

kreisfreien Städten die Sichtweise der Medien und der Bevölkerung majorisiert.<br />

2. Gegenmaßnahmen<br />

2.1 Förderung der Weiterbildung<br />

Als Gegenmaßnahme hat die <strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

(KVSH) schon vor Jahren eine Reihe von strukturellen Maßnahmen ergriffen. So fördert<br />

sie – gemeinsam mit den Krankenkassen – pro Jahr 140 Stellen für Ärztinnen<br />

und Ärzte, die sich in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin befinden,<br />

mit monatlich 2.044 Euro pro Weiterbildungsstelle. Zurzeit sind im Jahr<br />

ungefähr 100 dieser Stellen besetzt.<br />

2.2 Notdienst<br />

Die Unterversorgung zeigt sich schon jetzt am ehesten auf dem „flachen Land“,<br />

hier vor allem an der gesamten Westküste (Nordfriesland, Dithmarschen, Steinburg),<br />

im Bereich Angeln sowie im östlichen Herzogtum Lauenburg. Neben der Reduktion<br />

der allgemeinen Lebensqualität durch die Landflucht aus diesen ländlichen<br />

Gebieten liegt es vor allem an der hohen Dienstbelastung der Praxisinhaber, die das<br />

Haupthindernis für eine Neubesetzung der Praxen darstellt. Eine Möglichkeit, gegen<br />

diesen Trend zu arbeiten, besteht in der Entwicklung eines Notdienstsystems,<br />

das die Inhaber der Landarztpraxen von zu häufigen Diensten entlastet und damit<br />

LANDRAT REINHARD SAGER,<br />

KREIS OSTHOLSTEIN<br />

„Für die Region Ostholstein ist<br />

in den letzten Jahren das<br />

Thema Gesundheit zu einem<br />

neuen Schwerpunkt der Wirtschaftsentwicklung<br />

geworden.<br />

Den Gesundheitsstandort Ostholstein<br />

zu stärken und zu profilieren<br />

– das spielt für uns<br />

heute schon eine bedeutende Rolle. Nicht nur, dass der Kreis<br />

Standort von 15 Krankenhäusern und 21 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen<br />

ist, in denen mehrere 1.000 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter beschäftigt sind. Ergänzt wird<br />

dieses Angebot auch durch eine überdurchschnittlich hohe<br />

Anzahl von Einrichtungen der Seniorenbetreuung und<br />

–pflege, unter anderem ausgelöst durch die demographische<br />

Entwicklung. Nicht nur, dass die Bevölkerung des Kreises -<br />

wie fast überall in Deutschland - immer älter wird. Ostholstein<br />

ist darüber hinaus seit einigen Jahren verstärkt zum<br />

Ziel von Ruhestandswanderern geworden. Das heißt: Die<br />

wachsende Zahl der über 60-Jährigen wird nach Aussagen<br />

von Fachleuten zu Nachfragesteigerungen in all jenen Wirtschaftsbereichen<br />

führen, die den Bedürfnissen und Interessen<br />

der älteren Generation entsprechen. Dies sind nicht nur<br />

die Bereiche Kultur und Freizeit, sondern auch die Bereiche<br />

Gesundheit und Pflege. Sie gehören zu den Strukturgewinnern<br />

einer älter werdenden Gesellschaft. Die Kreisverwaltung<br />

beschäftigt sich daher schon seit längerer Zeit mit der demografischen<br />

Entwicklung und unterstützt diesen Prozess aktiv,<br />

beispielsweise durch die Analysierung und Auswertung von<br />

zusammengetragenen Zahlen und Fakten und soweit möglich<br />

durch gezielte Projektentwicklung oder -koordinierung.<br />

Alle vorgenannten Aktivitäten und Planungen tragen dazu<br />

bei, dass der Kreis Ostholstein als Standort auch für Fachärzte<br />

attraktiv bleiben oder möglicherweise noch interessanter<br />

werden wird. Auch die durch den Kreis vor drei Jahren<br />

durchgeführte Privatisierung der jetzigen Sana-Kliniken mit<br />

den Standorten Eutin, Oldenburg und Burg auf Fehmarn hat<br />

diesen Prozess unterstützt. Die Errichtung von Ärztehäusern<br />

in Oldenburg i. H. und in Burg auf Fehmarn sind ganz konkrete<br />

Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen<br />

Krankenhäusern einerseits und niedergelassenen Ärzten<br />

andererseits.“<br />

ANGELIKA BIRK (BÜNDNIS<br />

90/DIE GRÜNEN SCHLESWIG-<br />

HOLSTEIN), SOZIAL- UND<br />

GESUNDHEITSPOLITISCHE<br />

SPRECHERIN DER LAND-<br />

TAGS-FRAKTION SOWIE<br />

STELLVERTRETENDE<br />

FRAKTIONSVORSITZENDE<br />

„Teamarbeit statt Einzelkämpfertum,<br />

dies sehe ich als Zukunftsvision,<br />

auch und gerade für die Versorgung im ländlichen<br />

Bereich. Das heißt Integrierte Versorgung, Polikliniken,<br />

Gemeinschaftspraxen, auch gemeinschaftlich organisierte<br />

Notdienste. Es muss auch die Erlaubnis für etablierte Ärztinnen<br />

und Ärzte geben, Dependancen mit angestellten Ärztinnen<br />

und Ärzten zu eröffnen. Das persönliche Vertrauensverhältnis<br />

in der Behandlung muss darunter nicht leiden."<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

7


8 TITELTHEMA<br />

LANDRAT DR. JÖRN<br />

KLIMANT, KREIS<br />

DITHMARSCHEN<br />

„Der Einfluss der Kreisgremien<br />

und Landräte auf die Niederlassungspraxis<br />

in <strong>Schleswig</strong>-<br />

<strong>Holstein</strong> ist eher begrenzt, weil<br />

hierfür in erster Linie die <strong>Kassenärztliche</strong><br />

<strong>Vereinigung</strong> zuständig<br />

ist. Der Kreis Dithmarschen<br />

kann jedoch weitgehend auf die Attraktivität des Gesundheitsstandortes<br />

Dithmarschen Einfluss nehmen, weil er<br />

noch Gesellschafter der Westküstenkliniken Brunsbüttel und<br />

Heide ist. In dieser Funktion werden folgende Maßnahmen<br />

massiv gefördert:<br />

1. In den Westküstenkliniken sind in den letzten Jahren zusammen<br />

mit dem Qualitätsnetz Dithmarschen 23 Allgemeinmediziner<br />

ausgebildet worden, von denen sich ein Teil<br />

der Ärzte in Dithmarschen niedergelassen hat. Weitere<br />

acht Ärztinnen und Ärzte befinden sich derzeit in dieser<br />

Ausbildung in den Westküstenkliniken. Ein Teil der Ausbildung<br />

wird auch in niedergelassenen Praxen absolviert. Dadurch<br />

lernen Weiterbildungsassistenten die Situation einer<br />

Niederlassung in Dithmarschen kennen.<br />

2. In und an den Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide<br />

sind inzwischen 14 Facharztsitze in unmittelbarer räumlicher<br />

Verbindung tätig. Durch diese räumliche Nähe gibt<br />

es eine enge persönliche Zusammenarbeit mit den Ärzten<br />

der Kliniken. Diese Zusammenarbeit nutzt gemeinsame<br />

Ressourcen (z. B. Geräte und Konsiliardienste), damit die<br />

Arbeitszufriedenheit auf beiden Seiten wächst.<br />

3. In vier Fällen werden niedergelassene Ärzte im Rahmen<br />

der nach dem Kassenarztrecht zulässigen 13 Stunden/Woche<br />

mit einem Arbeitsvertrag in der Klinik beschäftigt und<br />

übernehmen in der Verzahnung Dienstaufgaben in den Kliniken<br />

wahr.<br />

4. Insgesamt sind acht Belegärzte an den Westküstenkliniken<br />

tätig. Dies ist der klassische Fall der Integrierten Versorgung<br />

und macht Arztpraxen in Dithmarschen attraktiv. Drei<br />

niedergelassene Ärzte führen darüber hinaus Operationen<br />

an den Kliniken durch.<br />

5. Es wird gerade ein interessantes Modell der Datenvernetzung<br />

zwischen den im Praxisnetz Dithmarschen (MQW) organisierten<br />

Ärzten und den Kliniken entwickelt, das mustergültig<br />

für <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> wäre. Damit wird Dithmarschen<br />

wieder einmal ein Vorbild in Sachen Innovation.<br />

6. Viele Fortbildungsaktivitäten zwischen niedergelassenen<br />

Ärzten und den Kliniken werden bereits gemeinsam am<br />

Bildungszentrum für Berufe im Gesundheitswesen organisiert.<br />

Damit wird eine ortsnahe Fortbildung angeboten.<br />

Auch dieses Angebot steigert die Attraktivität der Praxissitze<br />

in der Region.<br />

7. Seit dem 01.01.2002 wird bereits die Anlaufpraxis der<br />

niedergelassenen Ärzte aus dem Südkreis an der Westküstenklinik<br />

Brunsbüttel betrieben. Ein Modell, das jetzt auch<br />

an vielen Kliniken im Lande ab 01.01.2007 eingeführt<br />

werden soll. Die Schaffung größerer Notdienstbezirke ist<br />

ein Beitrag dazu, die Arztpraxen wieder attraktiver zu machen,<br />

weil die Zahl der Dienste reduziert wird.<br />

Insgesamt unterstützt die Politik im Kreis Dithmarschen über<br />

die Kliniken stark die Kooperationsbemühungen im Interesse<br />

eines innovativen Gesundheitsstandortes Dithmarschen.“<br />

die Tätigkeit dort wieder attraktiver erscheinen lässt. Hier erarbeitet die KVSH ein<br />

neues Notdienstkonzept.<br />

2.3 Steigerung der Attraktivität des Hausarztberufes<br />

Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt bei den Hausärzten zurzeit 59 Stunden<br />

pro Woche, wobei die Arbeitszeit in Landarztpraxen eher noch höher liegt.<br />

Über die Hälfte aller männlichen Hausärzte in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> gab an, mehr als<br />

60 Wochenstunden zu arbeiten. Die Arbeitsbelastung ist ein Hindernis für die Berufsanfänger,<br />

sich diesem Berufsfeld zuzuwenden, ein anderes ist die mangelhafte<br />

Honorierung.<br />

Hier muss daher einerseits bei der Arbeitsbelastung, andererseits vom Honorar<br />

her ein erheblicher Attraktivitätszuwachs erreicht werden, um die Versorgung<br />

der Bevölkerung durch Hausärzte auf lange Sicht sicher zu stellen.<br />

2.4 Nachwuchsförderung<br />

Eine andere Möglichkeit, auf diesen negativen Trend einzuwirken, liegt in der Ausbildung<br />

der Studenten. In der Vergangenheit (1995-2000) lag die Zahl der Studenten,<br />

die sich gegen Ende des Studiums vorstellen konnten Hausarzt zu werden,<br />

bei ca. drei bis fünf Prozent (mündliche Mitteilungen aus den Lehraufträgen in<br />

Kiel und Lübeck). Bis zum Jahr 2006 hat sich diese Zahl durch die Stiftungsprofessur<br />

in Kiel und die Umstrukturierung des Lehrauftrags in Lübeck auf ca. 15 Prozent<br />

(Kiel) und ca. 20 Prozent (Lübeck) deutlich gesteigert. Für eine ausreichende<br />

Anzahl an Hausärzten müsste die Zahl der Studenten, die am Ende des Studiums<br />

angeben, Hausärzte werden zu wollen, aber mindestens 25 Prozent betragen.<br />

3. Lösungsmöglichkeiten<br />

Es bleiben also drei Problemfelder bestehen, deren mögliche Abhilfe im Folgenden<br />

schlagwortartig skizziert wird:<br />

3.1 Förderung des Nachwuchses durch<br />

• Einrichtung der Allgemeinmedizin an beiden Universitäten in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>,<br />

um mehr Studenten als bisher auf die Hausarztmedizin aufmerksam zu<br />

machen,<br />

• Forschungsförderung für spezifisch hausärztliche Fragestellungen, um die Medizin<br />

für die Hausärzte transparent und nachvollziehbar zu gestalten und<br />

• Förderung der Facharztweiterbildung für Allgemeinärzte, um die Ausbildung<br />

zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu erleichtern.<br />

3.2 Begünstigung der Niederlassung in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> durch<br />

• Förderung der Niederlassung von Hausärzten in Problemregionen (Westküste)<br />

durch Finanzierungshilfen und Umsatzgarantien sowie<br />

• Erleichterung der ärztlichen Tätigkeit durch Reduktion der Arbeitsbelastung<br />

durch geregelten Notdienst.<br />

3.3 Steigerung der Attraktivität des Berufsbildes durch<br />

• Erwirkung eines ausreichenden und berechenbaren Honorars für eine anstrengende,<br />

anspruchsvolle und verantwortungsvolle freiberufliche Tätigkeit<br />

sowie eine<br />

• Erleichterung der Arbeit am Patienten durch Entlastung der Praxen von überflüssiger<br />

Arbeit durch überbordende Bürokratie und Formularwesen.<br />

Fazit:<br />

Wenn auf diesen drei Arbeitsfeldern mit intensiven Bemühungen in einem nahen<br />

Zeitfenster Fortschritte erzielt werden können, dann – aber nur dann! – wird<br />

die hausärztliche Versorgung der Patienten in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> gut oder zumindest<br />

ausreichend sicher gestellt sein. Sollten hier keine Verbesserungen erreicht<br />

werden, wird es schon in naher Zukunft Versorgungsengpässe geben.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


WENIGER<br />

WEITERBILDUNGSASSISTENTEN<br />

IN DER ALLGEMEINMEDIZIN<br />

BIANCA HARTZ, KVSH<br />

Es wird gegenwärtig viel über die Zukunft der vertragsärztlichen Versorgung<br />

und die Sicherstellung insbesondere im hausärztlichen Bereich spekuliert.<br />

Hier nun einige besorgniserregende Zahlen:<br />

Es ist absehbar, dass auch in diesem Jahr die zur Verfügung stehenden Mittel<br />

nicht ausgeschöpft werden.<br />

Die derzeitige Notdienststruktur dürfte ein Grund sein, weswegen Ärzte sich<br />

letztendlich gegen eine Tätigkeit als Hausarzt entscheiden. Vermutlich spielt aber<br />

auch die Tatsache eine Rolle, dass gerade dieses Fachgebiet auf eine Niederlassung<br />

als Vertragsarzt abzielt und nicht auf eine Beschäftigung im stationären Bereich.<br />

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich nach bundesweiten Erhebungen<br />

nur 2/3 der weitergebildeten Allgemeinmediziner - das heißt auch der<br />

bezuschussten Ärzte - tatsächlich niederlassen. Diese Zahl stammt aus dem Bericht<br />

„Qualifizierung für das Gebiet der Allgemeinmedizin“ für die 78. Gesundheitsministerkonferenz<br />

am 30.06./01.07.2005 (www.gmkonline.de) und wird u. a.<br />

darauf zurückgeführt, dass gerade im Bereich der Allgemeinmedizin ein hoher<br />

Frauenanteil existiert.<br />

Die Chancen, als weitergebildeter Facharzt für Allgemeinmedizin eine Möglichkeit<br />

zur Niederlassung zu finden, sind sehr gut. Es wird davon ausgegangen, dass<br />

bundesweit im Jahr 2006 ca. 2.210 Hausärzte auf ihre Zulassung verzichten, und von<br />

2006 bis 2010 besteht bundesweit ein Bedarf von 2.210 bis 3.100 Hausärzten pro Jahr.<br />

Das Verzichtsalter der Hausärzte lag in den Jahren 2005 und 2006 in <strong>Schleswig</strong>-<br />

<strong>Holstein</strong> bei 60,5 Jahren und ca. 16 Prozent der in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> niedergelassenen<br />

Hausärzte sind zwischen 60 und 65 Jahren alt. Weitere vier Prozent sogar<br />

bereits über 65 Jahre alt.<br />

Diese Zahlen sprechen für sich und es ist zu hoffen, dass die geplante Neustrukturierung<br />

des Notdienstes in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> sowie die sich aus dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz<br />

ergebenden Möglichkeiten dazu führen, dass sich<br />

mehr Ärztinnen und Ärzte für die Niederlassung als Hausarzt interessieren und<br />

sich entsprechend weiterbilden, um sich dann in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> niederzulassen."<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2004<br />

2006<br />

Gemäß Abschnitt III 3 a des<br />

Sicherstellungsstatutes zur<br />

Verfügung gestellte Zuschüsse<br />

für die Weiterbildung zum Arzt<br />

für Allgemeinmedizin<br />

71<br />

71<br />

142<br />

142<br />

142<br />

152<br />

152<br />

Tatsächlich<br />

in Anspruch<br />

genommene<br />

Zuschüsse<br />

68<br />

71<br />

104<br />

127<br />

133<br />

108<br />

67<br />

(STAND 18.09.2006)<br />

LANDRAT BOGISLAV-TESSEN<br />

VON GERLACH, KREIS<br />

SCHLESWIG-FLENSBURG<br />

„Um die Attraktivität der<br />

Niederlassung für Ärzte auf<br />

dem Land zu fördern, gilt es<br />

für Landrat Bogislav-Tessen<br />

von Gerlach an erster Stelle,<br />

die Notdienststruktur zu verbessern.<br />

Die <strong>Kassenärztliche</strong><br />

<strong>Vereinigung</strong> hat sich dieser Problematik angenommen und<br />

plant die Zusammenlegung der Notdienstringe zu Notdienstpraxen.<br />

Zurzeit läuft im Kreis <strong>Schleswig</strong>-Flensburg ein Modellversuch<br />

der Notdienstringe Böklund, Jübek, Kropp,<br />

<strong>Schleswig</strong> und Taarstedt. Eine Anlaufpraxis wurde im Martin-<br />

Luther-Krankenhaus eingerichtet, in der ein Arzt vor Ort tätig<br />

ist, ein zweiter fährt gegebenenfalls zu Hausbesuchen.<br />

Auf kommunaler Ebene – so der Landrat weiter – könnten<br />

die Bürgermeister und Amtsvorsteher die Moderation für die<br />

Zusammenlegung von Arztpraxen übernehmen, um wirtschaftlich<br />

rentablere Gemeinschaftspraxen zu gründen. Für<br />

das ehemalige Gebäude der Amtsverwaltung Tolk laufen<br />

Überlegungen zu einem Versuch dieser Art.<br />

Darüber hinaus hat die Wirtschaftsförderungs- und Regionalentwicklungsgesellschaft<br />

Flensburg/<strong>Schleswig</strong> damit begonnen,<br />

in Zusammenarbeit mit der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong><br />

die weißen Flecken bezüglich der Ansiedelung beziehungsweise<br />

Übernahme von Arztpraxen zu ermitteln. Gleichzeitig<br />

ist die WIREG darauf eingestellt, über besondere finanzielle<br />

Fördermöglichkeiten für diese Berufsgruppe Niederlassungswillige<br />

zu beraten.“<br />

JUTTA SCHÜMANN,<br />

GESUNDHEITSPOLITISCHE<br />

SPRECHERIN UND<br />

STELLVERTRETENDE<br />

VORSITZENDE DER<br />

SPD-LANDTAGSFRAKTION<br />

„Die ärztliche Versorgung in<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ist noch<br />

gesichert. Doch das hohe<br />

Durchschnittsalter der Hausärzte<br />

in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> und fehlender Nachwuchs könnten<br />

in einigen Regionen mittelfristig zu Versorgungsengpässen<br />

führen. Um dem entgegenzuwirken, wollen wir integrative<br />

Versorgungsformen ausbauen und die Notdienstsysteme<br />

verbessern, um insbesondere die Landarztpraxen von zu<br />

häufigen Diensten zu entlasten. Wir werden prüfen, inwieweit<br />

durch neue Kooperationsformen mit anderen medizinischen<br />

Dienstleistern und Krankenhäusern oder durch die Schaffung<br />

von Anlaufpraxen und Gemeinschaftspraxen die Versorgungssituation<br />

verbessert werden könnte. Wir werden dauerhaft<br />

einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin einrichten. Wir setzen<br />

uns dafür ein, die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin<br />

weiterhin systematisch zu fördern. Da es keine<br />

identischen Patentlösungen für alle Versorgungsregionen<br />

gibt, werden wir pragmatische Lösungen unter Beteiligung<br />

der Ärztevertretungen, des Landes, der Kommunen und der<br />

Kostenträger entwickeln. Auch die anstehende Gesundheitsreform<br />

auf Bundesebene wird die Möglichkeiten zur verbesserten<br />

Versorgung im ländlichen Raum erweitern.“<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

9


10 TITELTHEMA<br />

LANDRAT DR. BURGHARD<br />

ROCKE, KREIS STEINBURG<br />

„Das Problem ist der Ärztemangel.<br />

Ich habe mich auch<br />

aus der damaligen Funktion<br />

als Präsident der Deutschen<br />

Krankenhausgesellschaft bei<br />

der Landes- und Bundesregierung<br />

dafür eingesetzt, dass die<br />

Altersbegrenzungen bei Vertragsärzten<br />

fallen. Dieser - nicht nur von mir unternommene<br />

- Vorstoß hat teilweise Erfolg gehabt. Im Übrigen: Es gibt<br />

nicht nur einen Mangel an niedergelassenen Vertragsärzten,<br />

sondern auch an Krankenhausärzten. Stellschraube ist der<br />

numerus clausus an den Universitäten sowie bei den Vertragsärzten<br />

die Gebührenordnungen, bei den Krankenhausärzten<br />

die Tarifverträge und die Gebührenordnung für Wahlleistungen.<br />

Bei den permanenten Überlegungen und Verhandlungen<br />

wünsche ich der KBV eine glückliche Hand. Die<br />

KBV und die KVSH wissen, wer ihre Verhandlungspartner sind<br />

- jedenfalls nicht die Kreise.“<br />

LARS HARMS,<br />

GESUNDHEITSPOLITISCHER<br />

SPRECHER DES SSW<br />

„Um kurzfristig Versorgungsengpässe<br />

zu verhindern und<br />

um die Versorgung im ländlichen<br />

Raum sicherzustellen,<br />

müssen die Möglichkeiten der<br />

<strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong><br />

ausgeschöpft werden. Es gibt<br />

in diesem Rahmen schon gute Ansätze. Insbesondere finanzielle<br />

Anreize für die Ansiedlung von Ärzten im ländlichen<br />

Raum oder die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen können<br />

dazu beitragen, den negativen Trend aufzufangen.<br />

Ebenso begrüßen wir, dass die <strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong><br />

die Struktur der Notdienstregelung ändern will, denn gerade<br />

im ländlichen Raum führt diese zu einer erheblichen Überbelastung<br />

der niedergelassenen Hausärzte. Des Weiteren müssen<br />

die Altersgrenzen für erstmalige Zulassungen oder Beendigung<br />

der vertragsärztlichen Zulassung in Planungsbereichen<br />

gelockert werden, in denen eine Unterversorgung besteht.<br />

Zu den längerfristig haltbaren Lösungen gehören der Ausbau<br />

der integrativen Versorgung und die Schaffung durchlässiger<br />

Strukturen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.“<br />

LANDRAT GERD KRÄMER,<br />

KREIS HERZOGTUM<br />

LAUENBURG<br />

"Der Kreis Herzogtum Lauenburg<br />

verfügt jetzt und in den<br />

nächsten Jahren über eine<br />

gute Versorgung mit niedergelassenen<br />

Ärztinnen und Ärzten.<br />

Deshalb sind derzeit keine<br />

Maßnahmen notwendig, um<br />

die Attraktivität der Niederlassung<br />

zu fördern. Diese Frage kann sich allerdings in einigen<br />

Jahren stellen, wenn ältere Ärztinnen oder Ärzte ihre Praxis<br />

aufgeben."<br />

ARBEITEN<br />

BIS 68?<br />

Das NORDLICHT hat Ärztinnen und Ärzte<br />

befragt, wie sie sich verhalten würden.<br />

DR. UTA VON HAHN, HAUSÄRZTIN IN WEDEL.<br />

„Arbeiten über das 68. Lebensjahr<br />

hinaus, um den Ärztemagel abzumildern?<br />

Unter den momentanen<br />

und wahrscheinlich kommenden<br />

Rahmenbedingungen werde ich<br />

keine Lust haben, bis ins Grab zu<br />

arbeiten. Falls wir wieder ein freier Berufsstand werden<br />

sollten, werde ich darüber nachdenken.”<br />

DR. DIETER FREESE,<br />

ALLGEMEINARZT IN BAD SEGEBERG<br />

„Ich bin nach wie vor gerne ärztlich<br />

tätig, solange der Patient und seine<br />

Probleme im Mittelpunkt stehen und<br />

mein Handeln nach medizinischen<br />

Erwägungen bestimmt wird.<br />

Zunehmende Bürokratisierung,<br />

Einengung ärztlichen Tuns durch Rationierung und<br />

Reglementierung haben die Freude am Beruf gemindert<br />

und das Arzt-Patienten-Verhältnis zunehmend belastet,<br />

auch meinen moralischen Anspruch an meine Berufsvorstellungen.<br />

Daher kann ich mir nicht vorstellen,<br />

unter den jetzigen Rahmenbedingungen über das<br />

68. Lebensjahr hinaus zu arbeiten.“<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


DR. WOLF-GÜNTER RIESENKAMPFF,<br />

ALLGEMEINARZT AUS FRIEDRICHSKOOG<br />

„Wer noch kann und will, soll es<br />

doch tun.<br />

1. Unsere Patienten werden sich eh<br />

jüngeren Kollegen zuwenden,<br />

wenn wir Alten nicht mehr auf der<br />

Höhe sind.<br />

2. Unseren Politikern ist es sowieso<br />

egal. Ihnen geht es doch nur darum,<br />

Dumme zu finden, die sie für<br />

den desolaten Zustand in der GKV<br />

verantwortlich machen können.<br />

3. Für die anderen „Leistungsanbieter“<br />

ist ein alter Arzt keine Konkurrenz,<br />

weil er sich nicht mehr<br />

so zäh und unnachgiebig im<br />

Verhandeln von Geldern zeigt.<br />

Arbeitende alte Ärzte werden die<br />

Probleme nicht lösen, auch nicht<br />

übergangsweise. Nach dann 35 Jahren<br />

Arbeit, an 220 Tagen im Jahr, täglich<br />

zehn bis zwölf Stunden, voller<br />

Verantwortlichkeit für Patienten,<br />

Personal, Familie und mich und den<br />

Murksereien der Politiker aus Bonn<br />

und heute aus Berlin sehe ich es<br />

nicht ein, auch nur einen Tag länger<br />

als notwendig zu arbeiten.<br />

Schlussendlich: Mir reicht es! Macht<br />

das ohne mich. Gott erhalte mir<br />

Gesundheit, Lebensfreude und die<br />

Rente.“<br />

DR. GUNTER FANGERAU,<br />

ALLGEMEINARZT IN MELDORF<br />

„Die spontane Antwort: Ich bin doch<br />

nicht irre. Es gibt keinen Anreiz für<br />

mich, länger als bis zum 63sten<br />

Lebensjahr zu arbeiten. Zur Zeit geht<br />

es mir gut, da ich einen Praxispartner<br />

habe, der auch mein Nachfolger<br />

ist. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Wenn ich noch länger<br />

arbeiten soll, müsste sich einiges ändern:<br />

- Die Leistungen müssen in Euro bezahlt werden.<br />

- Die Zwangsfortbildung wird gestrichen.<br />

Wer das Zertifikat hat, wird besser bezahlt.<br />

- DMP werden wegen Nutzlosigkeit gestrichen, das<br />

gesparte Geld in Schulungen für Patienten gesteckt.<br />

- Existenzbedrohung der Hausarztpraxen durch<br />

Medikamentenregresse muss wegfallen.<br />

- Der Notdienst muss neu geregelt werden.<br />

- Mehr Wert auf Prävention als auf Reparaturmedizin.<br />

Wenn Sie dies machen, brauchen Sie mich nicht mehr,<br />

denn dann haben Sie ausreichend Nachwuchs.“<br />

DR. HANS-JOACHIM WIRTZ, CHIRURG IN PREETZ<br />

11<br />

„Zunächst sehe ich noch keinen Ärztemangel.<br />

Selbst wenn es einen gäbe,<br />

ist dieser durch die arztfeindliche<br />

Politik verursacht. Damit ist der<br />

Sicherstellungsauftrag ausgehebelt.“<br />

WILKO SCHOORMANS,<br />

ALLGEMEINARZT IN SCHLESWIG<br />

„Ich könnte es mir vorstellen, so<br />

lange zu arbeiten, da ich einerseits<br />

gerne arbeite und andererseits mich<br />

mit über 68 Jahren um mindestens<br />

20 Jahre jünger fühlen würde. Ob<br />

ich meine Frau davon überzeugen<br />

kann, ist allerdings fraglich.“<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL


12<br />

DER HAUSARZTMANGEL UND EIN MÖGLI<br />

Situation bei den Hausärzten<br />

in ländlichen Gebieten besonders<br />

problematisch.<br />

PROF. DR. JENS-MARTIN TRÄDER,<br />

ALLGEMEINARZT, LÜBECK<br />

Im Versorgungsbericht 2005 der KVSH wurde deutlich<br />

gemacht, dass in den nächsten zehn Jahren<br />

in den meisten Fachgruppen erhebliche Umbrüche<br />

durch die Überalterung der Ärzteschaft zu erwarten<br />

sind. Besonders problematisch stellt sich diese<br />

Situation bei den Hausärzten dar, hier vor allem in<br />

den ländlichen Gebieten.<br />

In den nächsten zehn Jahren werden wir ca. 1.000<br />

hausärztliche Praxissitze mit Nachfolgern besetzen<br />

müssen, wenn wir den momentanen Versorgungsstand<br />

halten wollen. An der Basis besteht der Wunsch – die<br />

Studenten haben den Reiz der Hausarztmedizin erkannt<br />

und geben zu ca. 15 Prozent gegen Ende des<br />

Studiums an, gerne Hausarzt/Hausärztin werden zu<br />

wollen. Doch dann kommt das Problem: Bisher muss<br />

sich jeder „Aspirant“ seine Weiterbildungszeit selbst<br />

zusammenstellen und organisieren. Viele Krankenhaus-Chefärzte<br />

stellen jemanden, der für z. B. ein Jahr<br />

in der Chirurgie arbeiten möchte, nicht ein. Begründung:<br />

In dieser Lehrzeit sei der „praktische Gewinn“<br />

für das Krankenhaus (mit Ausnahme der dadurch besetzten<br />

Nachtdienste) geringer, als wenn ein Assistent<br />

sechs Jahre auf dieser Abteilung kontinuierlich arbeite.<br />

Um diesem Dilemma abzuhelfen, haben sich die<br />

Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin der Universität<br />

Lübeck (Dres. von Kügelgen, Niebuhr, Träder) mit<br />

der Sana-Klinik Lübeck (ehemals Städtisches Krankenhaus<br />

Süd) zusammengesetzt und ein Konzept erarbeitet.<br />

Seitens der Klinik bieten Dr. E. Burmester und<br />

Dr. S. Mühlschlegel interessierten Ärztinnen und Ärz-<br />

ten ein „gestuftes Paket“ an, bei dem diese die für die<br />

Facharztanerkennung erforderlichen Zeiten in einem<br />

festen Vertrag zugesagt bekommen.<br />

Dieses Paket umfasst:<br />

1 Jahr Innere Medizin (stationär, Sana-Klinik Lübeck)<br />

1/2 Jahr Chirurgie (stationär, Sana-Klinik Lübeck)<br />

1 Jahr Innere Medizin (ambulant, Praxisklinik Travemünde)<br />

1/2 Jahr Chirurgie (halbstationär, Praxisklinik Travemünde)<br />

1 1/2 Jahre Hausarztpraxis (Weiterbildungsassistenz<br />

in Praxen in Lübeck).<br />

Das verbleibende halbe Jahr bietet Zeit für Hospitationen<br />

(Ortho, Augen, Haut, HNO, Gyn o. ä.) und für<br />

die Vorbereitung auf die Facharztprüfung. Die Zeiten<br />

in der Inneren decken die Erfordernisse (Funktionsdiagnostik<br />

wie EKG, Langzeit-EKG, Notarztwagen, Intensivmedizin,<br />

Sonographie, Lungenfunktionsdiagnostik)<br />

nach einem festen Curriculum ab. Die Zeit in<br />

der Chirurgie füllt die Kenntnislücken in kleiner Chirurgie,<br />

Erfahrung in der chirurgischen Ambulanz und<br />

der Notfallversorgung auf.<br />

Wir hätten mit diesem Modell, das von Kassen und<br />

KV mit einem Assistentenzuschuss gefördert werden<br />

kann, ein probates Mittel, dem Nachwuchsmangel abzuhelfen.<br />

Momentan werden pro Jahr ca. 100 Assistentenstellen<br />

gefördert. Durch Ausbildungsabbrecher,<br />

Umzug in andere Länder und Bundesländer gehen uns<br />

von diesen 100 Assistenten ca. 25 bis 30 pro Jahr verloren,<br />

es kommen also nur 70 Absolventen in den Praxen<br />

an. Bei einem Bedarf von 1.000 Hausärzten in den<br />

nächsten zehn Jahren haben wir also einen „Netto-<br />

Mangel“ von ca. 300 Hausärzten.<br />

In der Sana-Klinik Lübeck sollen bald insgesamt<br />

sechs Assistenten pro Jahr auf diese Weise ausgebildet<br />

werden. Wenn andere Kliniken (Unis Lübeck und Kiel,<br />

dazu Krankenhäuser in Heide, Flensburg, Neumünster<br />

u. a.) diesem Beispiel folgten, wäre die Problematik<br />

des Nachwuchsmangels schnell zu beheben, und<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> könnte seinen Bedarf an Hausund<br />

Landärzten aus eigener Kraft ersetzen.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


CHES GEGENMITTEL<br />

In der Ärzte Zeitung vom 08./09.09.2006 standen zwei Artikel, die<br />

der kritischen Analyse bedürfen. Im ersten Beitrag berichtete das<br />

Blatt über die Schweizer Bemühungen, den Ärztemangel in der<br />

Alpenrepublik zu beheben oder zumindest dessen Folgen zu mindern.<br />

Man hat sich folgende „Rezepte“ ausgedacht:<br />

· Krankenschwestern in Praxen als erste Anlaufstelle für Patienten<br />

· Ausbildung der Medizinstudenten auch in Hausarztpraxen<br />

· Call-Center statt Wartezimmer<br />

· Neuorganisation des Notdienstes – „Notfallposten“ sollen auf<br />

dem Land die Versorgung sicherstellen<br />

· Verbindung der hausärztlichen Internisten mit den Hausärzten<br />

zu einem Berufsverband.<br />

Von hinten, beim letzten Punkt, begonnen: Der gemeinsame<br />

Berufsverband wurde zwar in Deutschland noch nicht beschlossen,<br />

der Hausärzteverband in Deutschland (BDA) ist aber schon seit<br />

Jahren für alle beitrittswilligen hausärztlichen Internisten offen.<br />

Die gemeinsame standespolitische Vertretung ist wichtig, viel wichtiger<br />

erscheint mir aber die Änderung der Weiterbildungsordnung.<br />

So wurde in Deutschland die gemeinsame Ausbildung der hausärztlichen<br />

Internisten und der Allgemeinärzte („Y-Modell“, Facharzt<br />

für allgemeine und innere Medizin) auf dem Ärztetag in Rostock<br />

im Mai 2002 beschlossen. Leider ist dieser Beschluss bisher von<br />

keiner Landesärztekammer dauerhaft umgesetzt worden.<br />

Der vierte Punkt befindet sich auch in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> gerade<br />

in der Planungs- und Abstimmungsphase. Jedoch können<br />

die für die Schweiz geplanten „Notfallposten“ mit minder „qualifizierten<br />

Hilfsärzten“ keine Lösung sein. In <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> soll<br />

in zentralen Anlaufpraxen die ambulante Versorgung in den sprechstundenfreien<br />

Zeiten sichergestellt werden. Von dort wird auch<br />

der so genannte „Fahrende Dienst“ zu denjenigen Hausbesuchspatienten<br />

geschickt, welche die Ambulanz nicht aufsuchen können.<br />

Dafür muss aber die Versorgung mit einer ausreichenden Anzahl<br />

an gut ausgebildeten Hausärzten sichergestellt werden. Damit sind<br />

wir bei Punkt zwei:<br />

In Deutschland wurde schon seit längerer Zeit die Notwendigkeit<br />

eines höheren Praxisbezuges im Medizinstudium gesehen und<br />

dementsprechend gehandelt. In Lübeck und vielen anderen deut-<br />

TITELTHEMA 13<br />

schen Universitäten durchlaufen die Studenten seit dem Jahr 2000<br />

während des 4. oder des 5. Studienjahres pflichtmäßig ein Blockpraktikum<br />

in einer hausärztlichen Lehrpraxis. Des Weiteren kann<br />

seit der Neufassung der Ausbildungsordnung für das Medizinstudium<br />

vom Herbst 2003 ein Tertial des praktischen Jahres (PJ) auch<br />

in hausärztlichen Lehrpraxen abgeleistet werden. In Lübeck ist<br />

dies seit dem Sommer 2006 als einer der ersten Universitäten in<br />

Deutschland strukturiert und straff organisiert der Fall. Wir berichteten<br />

darüber im NORDLICHT (Heft 8, 2006). Auf Grund dieser Änderungen<br />

ist zumindest in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> die Zahl der Studenten,<br />

die am Ende des Studiums den Berufswunsch „Hausarzt“<br />

angeben, von ca. zwei Prozent (1999) auf über 15 Prozent (2006) angestiegen.<br />

Details dazu lesen Sie im „Versorgungsbericht 2005“ der<br />

<strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> vom Juni 2006.<br />

Kommen wir nun zu den beiden problematischen Punkten: Die<br />

Patientenversorgung und Selektierung („Triage“) mittels eines Call-<br />

Centers kann nicht akzeptiert werden. Abgesehen von einer nicht<br />

lösbaren juristischen Problematik müssen hier auch massive ethische<br />

Bedenken angemeldet werden. Wildfremde Personen sollen<br />

per Telefon ohne persönliche Inaugenscheinnahme des Patienten<br />

entscheiden, welche Versorgungsebene zuständig ist? Dieses Vorgehen<br />

würde die ärztliche Kunst, die den Einsatz aller Sinne fordert,<br />

auf eine einzige Ebene reduzieren. Dieses reduktionistische Modell<br />

würden dieselben Autoren wahrscheinlich für ihre eigene medizinische<br />

Versorgung nicht akzeptieren, womöglich noch nicht einmal<br />

für die Diagnosestellung bei einem Motordefekt an ihrem<br />

Auto...<br />

In gleicher Weise kann auch das Angebot, dass Krankenschwestern<br />

in (verwaisten?) Hausarztpraxen eine Art „primary medical<br />

care“ durchführen, nicht ernsthaft erwogen werden. Dieses Modell<br />

wurde von einigen ostdeutschen Ländern für die Behebung des<br />

Landarztmangels in den neuen Ländern erwogen. Auch dieses<br />

Modell kann nicht greifen. Es dürfen die haftungsrechtlichen Konsequenzen<br />

dort ebenfalls nicht auf die Krankenschwestern abgewälzt<br />

werden. Wenn aber dann doch ein Arzt (oder eine Ärztin)<br />

den Patienten sehen muss, warum dann dieser – manchmal folgenschwere<br />

– Umweg?<br />

Die Konsequenz aus diesen Punkten<br />

kann nur heißen:<br />

Man muss die Arbeitsbedingungen und die wirtschaftliche Lage<br />

der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland verbessern.<br />

Dann werden wir auch keine Probleme mit dem ärztlichen Nachwuchs<br />

haben. An der Anzahl der ausgebildeten Studenten liegt es<br />

nicht. Wenn aber zwischen einem Viertel und einem Drittel der<br />

mit deutschen Steuergeldern ausgebildeten Ärzte entweder nicht<br />

ärztlich tätig wird oder im Ausland arbeitet, dann ist diese<br />

„Schwundquote“ der durch die Berufsaussichten in Deutschland<br />

frustrierten hoch qualifizierten jungen Menschen zu hoch.<br />

Unser Gemeinwesen kann sich auf Dauer diese unfreiwillige<br />

„Entwicklungshilfe“ nicht leisten. Der „deutsche Ärzteexport“ nach<br />

England, Norwegen, Schweden und Dänemark hilft gerade den<br />

reichsten Nationen Europas, ihrer Bevölkerung eine hochwertige,<br />

von Deutschland subventionierte Medizin zu bieten.<br />

Zu dieser Problematik gab es eine nette<br />

„Fundsache“ im gleichen Heft:<br />

„Den AU-Schein gibt’s vom Medizinmann“. In diesem Kurzbericht<br />

wurde eine Meldung der dpa zitiert, nach der in Simbabwe die<br />

Medizinmänner auf Geheiß des Gesundheitsministers des Landes<br />

Krankschreibungen bis zu einer Woche Länge vornehmen dürfen.<br />

Vielleicht dürfen sie dann irgendwann, wenn sie lange und<br />

erfolgreich genug krankgeschrieben haben, bei guter Führung zur<br />

Belohnung auch mal einen Wurmfortsatz herausnehmen?<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL


14 TITELTHEMA<br />

KASSENÄRZTLICHE BEDARFSPLANUNG<br />

Bessere Aussichten für Frauen- und Nervenärzte. Bereits<br />

24 Planungsbereiche gelten als kritisch im Sinne einer drohenden<br />

Unterversorgung. Niedersachsen ist stark betroffen.<br />

DR. RER. POL. THOMAS KOPETSCH, KBV<br />

Seit Beginn des Jahres 2006 stellt sich die Versorgungssituation<br />

im Bereich der Bedarfsplanung wie folgt dar: Die Zahl der nicht<br />

gesperrten Planungsbereiche ist von 14 Prozent auf 13 Prozent<br />

zurückgegangen. Dabei hat sich bei zehn Arztgruppen die Zahl<br />

der offenen Planungsbereiche verringert, bei vier (Vorjahr: eine)<br />

hingegen erhöht. Diese Arztgruppen sind die Chirurgen, Kinderärzte,<br />

Psychotherapeuten und Urologen.<br />

Die Entwicklung bei den Hausärzten zeigt ein uneinheitliches Bild.<br />

Einerseits hat sich zwar der Anteil der nicht gesperrten Planungsbereiche<br />

von 63 Prozent auf 62 Prozent vermindert. Damit stehen<br />

243 von 395 Planungsbereichen für die hausärztlichen Niederlassungen<br />

offen, wenngleich die Zahl der Niederlassungsmöglichkeiten<br />

insgesamt von 2.504 auf 2.217 gesunken ist. In den neuen Bundesländern<br />

sieht der Trend anders aus. Hier gibt es jetzt 759 Niederlassungsmöglichkeiten<br />

gegenüber 737 im Jahre 2005.<br />

Andererseits hat die Zahl der Planungsbereiche mit bedenklichem<br />

Versorgungsgrad zugenommen. Lag im Jahr 2005 nur in 20 Planungsbereichen<br />

der Versorgungsgrad unter 90 Prozent, so erhöhte<br />

sich diese Zahl 2006 auf 24. Das Problem des „Hausärzteschwundes“<br />

betrifft nicht nur die neuen Bundesländer, sondern zunehmend<br />

auch die alten. Von den genannten 24 Planungsbereichen mit kritischem<br />

Versorgungsgrad befinden sich zehn in den alten Bundesländern.<br />

Niedersachsen ist hier mit acht kritischen Planungsbereichen<br />

besonders stark betroffen.<br />

TABELLE 1 ANZAHL OFFENER PLANUNGSBEREICHE IN DEN KASSENÄRZTLICHEN VEREINIGUNGEN, ANFANG 2006<br />

Zugleich gibt es in den neuen Bundesländern kaum noch überversorgte<br />

Planungsbereiche. So ist in Mecklenburg-Vorpommern<br />

nur noch die Hansestadt Rostock überversorgt, in Brandenburg der<br />

Planungsbereich Frankfurt (Oder) und in Sachsen-Anhalt die Stadt<br />

Halle. Das Problem des Hausärztemangels ist weniger ein Ost-West-<br />

Problem als eher ein Stadt-Land-Problem. Alle Planungsbereiche<br />

mit kritischem Versorgungsgrad sind ländliche Kreise – mit der Ausnahme<br />

von Dessau.<br />

Bei der Betrachtung des hausärztlichen Versorgungsbereiches ist<br />

noch erwähnenswert, dass die Zahl der Allgemein-/Praktischen Ärzte<br />

um 0,6 Prozent zurückgegangen ist, die Zahl der Hausärzte allerdings<br />

nur um 0,2 Prozent. Dies ist dadurch bedingt, dass sich im<br />

Jahre 2005 viele Internisten, die vorher als Fachinternist tätig waren,<br />

für die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung entschieden haben.<br />

Fazit der aktuellen Entwicklung: Es herrscht eine weitgehende<br />

Niederlassungsfreiheit für Hausärzte bei einer faktischen Niederlassungssperre<br />

für Fachärzte. Hier bilden lediglich die ärztlichen<br />

Psychotherapeuten eine Ausnahme, denn für sie gilt eine gesetzlich<br />

verankerte Mindestquote von 40 Prozent (§ 101 Abs. 4 SGB V). Daraus<br />

ergeben sich rechnerische Niederlassungsmöglichkeiten für<br />

1.814 ärztliche Psychotherapeuten. Diese Zulassungsoptionen werden<br />

von den ärztlichen Psychotherapeuten auch genutzt, denn deren<br />

Zahl hat im letzten Jahr um 7,8 Prozent zugenommen. Bei allen<br />

anderen Arztgruppen (mit Ausnahme der Hautärzte) sind die Niederlassungsmöglichkeiten<br />

geringer geworden.<br />

<strong>Kassenärztliche</strong><br />

<strong>Vereinigung</strong><br />

PlanungsbereichegesamtAnästhesistenAugenärzteChirurgen<br />

Fachä. tät.<br />

Internisten<br />

Frauenärzte<br />

HNO-<br />

Ärzte<br />

Offene Planungsbereiche<br />

Haut- Kinder- Nervenärzte<br />

ärzte ärzte<br />

OrthopädenPsychotherapeutenRadiologenUrologenHaus-<br />

ärzte<br />

Baden-Württemb. 43 0 5 0 0 1 8 2 1 0 3 0 0 2 19<br />

Bayerns 79 0 20 2 0 10 9 4 6 6 2 1 7 3 52<br />

Berlin 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />

Brandenburg 16 4 2 0 0 0 0 1 0 1 0 3 1 1 15<br />

Bremen 2 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1<br />

Hamburg 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />

Hessen 26 1 6 0 0 2 1 2 2 3 3 9 2 2 10<br />

Mecklenb.-Vorp. 13 0 2 0 1 0 2 0 1 0 1 0 1 0 12<br />

Niedersachsen 44 5 13 1 1 7 3 5 5 6 10 0 3 2 31<br />

Nordrhein 27 0 2 0 0 1 2 1 1 2 0 1 0 0 11<br />

Rheinland-Pfalz 28 0 10 0 0 4 5 2 6 8 2 0 0 3 14<br />

Saarland 6 0 2 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1<br />

Sachsen 26 11 6 0 1 5 6 4 0 3 3 21 8 1 16<br />

Sachsen-Anhalt 23 11 3 1 0 5 5 4 5 13 6 13 3 2 22<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holst. 13 0 1 0 0 0 1 0 1 2 0 0 1 0 8<br />

Thüringen 20 7 6 0 0 2 2 4 0 8 5 6 2 1 15<br />

Westfalen-Lippe 27 0 1 0 0 0 0 0 1 1 1 0 0 0 16<br />

Summe Bund 395 40 81 4 3 38 44 30 30 53 45 54 28 17 243<br />

Anfang 2006: 13 % 100 10 21 1 1 10 11 7 8 13 9 14 7 4 62<br />

zum Vergleich: 395 60 86 3 4 51 50 30 29 67 45 51 31 15 248<br />

Anfang 2005: 14 % 100 15 22 1 1 13 13 8 7 17 11 13 8 5 63<br />

Quelle: Meldungen der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong>en<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


TABELLE 2 – ANTEILE DER ÜBER 59-JÄHRIGEN ÄRZTE (IN PROZENT)<br />

Arztgruppe Bundesgebiet Alte Bundes- Neue Bundesinsgesamt<br />

länder länder<br />

Kinderärzte 20,2 18,1 29,8<br />

Frauenärzte 19,8 19,8 19,2<br />

Hausärzte 19,2 17,0 30,4<br />

ärztliche Psychotherapeuten 18,1 18,2 15,0<br />

Nervenärzte 18,0 16,9 26,3<br />

Augenärzte 17,5 16,9 20,9<br />

Chirurgen 16,6 16,3 18,2<br />

HNO-Ärzte 16,6 16,1 19,2<br />

Urologen 16,4 16,6 15,4<br />

Hautärzte 14,0 13,2 18,3<br />

fachärztliche Internisten 13,9 13,7 14,6<br />

Orthopäden 13,1 13,0 13,8<br />

Radiologen 12,4 12,4 12,2<br />

Anästhesisten 6,8 6,6 8,5<br />

In den vergangenen Jahren hatten die Anästhesisten noch vergleichsweise<br />

gute Niederlassungsmöglichkeiten. Dies gehört inzwischen<br />

der Vergangenheit an. Die Zahl der offenen Planungsbereiche<br />

für diese Facharztgruppe ist in diesem Jahr nochmals drastisch<br />

gefallen; von 15 Prozent auf zehn Prozent. Im Jahr 2004 lag der Anteil<br />

noch bei 21 Prozent. Die Zulassungsmöglichkeiten der Augen- und<br />

Nervenärzte übersteigen mittlerweile die der Anästhesisten.<br />

Erstmals seit Einführung der Bedarfsplanung in ihrer jetzigen<br />

Form im Jahre 1993 wurden im letzten Jahr von den Landesausschüssen<br />

der Ärzte und Krankenkassen für einzelne Planungsbereiche<br />

oder Teile von Planungsbereichen Unterversorgung beziehungsweise<br />

drohende Unterversorgung festgestellt. In insgesamt<br />

sieben Bundesländern wurden solche Feststellungen getroffen, wobei<br />

in erster Linie die Hausärzte betroffen waren. Allerdings wurden<br />

Feststellungen über bestehende oder drohende Unterversorgung<br />

auch für die Gruppe der Augenärzte, Radiologen, Fachinternisten,<br />

Nervenärzte, Orthopäden, HNO-Ärzte und Hautärzte getroffen.<br />

Auf Grund der Altersstruktur der einzelnen Facharztgruppen lässt<br />

TABELLE 3 RESTLICHE ZULASSUNGSMÖGLICHKEITEN FÜR ÄRZTE* ANFANG 2006 (GRENZE BEI 110 %)<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

15<br />

sich abschätzen, bei welchen Fachgebieten in nächster Zeit mit verstärkten<br />

Abgängen zu rechnen ist und sich demzufolge Niederlassungsmöglichkeiten<br />

für Nachwuchsmediziner ergeben. Anhand der<br />

Tabelle 2 ist erkennbar, dass in den alten Bundesländern die Altersstruktur<br />

der Frauenärzte – gemessen am Anteil der über 59-Jährigen<br />

– recht ungünstig ist und demzufolge in den nächsten Jahren viele<br />

Abgänge zu erwarten sind. In den neuen Bundesländern kann neben<br />

der Altersstruktur der Hausärzte auch die der Nervenärzte (einschließlich<br />

der Neurologen und Psychiater) als recht ungünstig bezeichnet<br />

werden. Das bedeutet, dass sich für diese Arztgruppen in<br />

der nächsten Zeit viele Niederlassungsmöglichkeiten ergeben werden.<br />

An den Bedarfsplanungs-Richtlinien wurden im Jahre 2005 nur<br />

wenige Änderungen vorgenommen. Neu geregelt ist das Verfahren<br />

bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern um einen nach partieller<br />

Entsperrung eines Planungsbereiches zu besetzenden Vertragsarztsitz.<br />

Die alte Festlegung, dass über die Anträge allein nach Maßgabe<br />

der Reihenfolge ihres Einganges beim Zulassungsausschuss<br />

zu entscheiden ist, wurde vom Bundessozialgericht kritisiert. Das<br />

Gericht forderte den Gemeinsamen Bundesausschuss auf, eine andere<br />

Verfahrensgestaltung zu entwickeln.<br />

Nunmehr ist der Beschluss des Landesausschusses in den für amtliche<br />

Bekanntmachungen der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong>en vorgesehenen<br />

Blättern unter Angabe der Entscheidungskriterien und<br />

der Frist der Einreichung der Zulassungsanträge zu veröffentlichen.<br />

Unter mehreren Bewerbern entscheidet der Zulassungsausschuss<br />

unter Berücksichtigung folgender Kriterien: berufliche Eignung,<br />

Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, Approbationsalter sowie<br />

Wartelistenplatz. Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern<br />

soll die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes und ihre Beurteilung<br />

in Hinblick auf die bestmögliche Versorgung der Versicherten<br />

berücksichtigt werden.<br />

Eine weitere Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinien bestand<br />

darin, dass die Leistungsbeschränkungen, die bei qualitativen Sonderbedarfszulassungen<br />

ausgesprochen werden, nun nicht mehr nach<br />

fünf Jahren enden, sondern so lange weiterbestehen, wie der Planungsbereich<br />

für die einschlägige Arztgruppe gesperrt ist.<br />

(QUELLE: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, HEFT 33)<br />

<strong>Kassenärztliche</strong> Summe der Anästhe- Augen- Chir- Fachä. tät. Frauen- HNO- Haut- Kinder- Nerven- Ortho- Psychothe- Radio- Uro- Haus-<br />

<strong>Vereinigung</strong> Arztgruppen sisten ärzte urgen Internisten ärzte Ärzte ärzte ärzte ärzte päden rapeuten logen logen ärzte<br />

Bad.-Württemb. 321 0 11 0 0 1 13 5 1 0 3 134 0 2 151<br />

Bayerns 502 0 30 2 0 22 10 6 8 8 3 107 11 3 292<br />

Berlin 159 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 156 0 0 0<br />

Brandenburg 284 8 6 0 0 0 0 1 0 1 0 89 1 1 177<br />

Bremen 26 0 3 0 0 2 0 0 0 0 0 6 0 0 15<br />

Hamburg 42 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 41 0 0 0<br />

Hessen 109 1 9 0 0 3 1 2 2 4 4 40 2 2 39<br />

Mecklenb.-Vorp. 168 0 3 0 1 0 3 0 1 0 1 39 1 0 119<br />

Niedersachsen 689 5 27 1 2 8 5 7 8 10 14 153 3 2 444<br />

Nordrhein 373 0 3 0 0 1 2 1 1 3 0 274 0 0 88<br />

Rheinland-Pfalz 244 0 17 0 0 6 9 3 12 16 2 70 0 3 106<br />

Saarland 46 0 2 0 0 0 0 0 1 0 0 37 0 0 6<br />

Sachsen 604 20 9 0 2 10 8 5 0 5 3 425 11 1 105<br />

Sachsen-Anhalt 489 16 6 1 0 6 8 5 7 19 9 169 3 2 238<br />

<strong>Schleswig</strong>-Holst. 68 0 1 0 0 0 1 0 1 2 0 14 1 0 48<br />

Thüringen 302 14 8 0 0 5 3 4 0 14 6 125 2 1 120<br />

Westfalen-Lippe<br />

Bundesgebiet<br />

448 0 3 0 0 0 0 0 1 2 1 172 0 0 269<br />

insgesamt 4 874 67 139 4 5 64 63 39 43 84 46 2 051 35 17 2 217<br />

*einschließlich Psychologischer Psychotherapeuten Quelle: Meldungen der <strong>Kassenärztliche</strong>n <strong>Vereinigung</strong>en


16 TITELTHEMA<br />

AMBULANTE VERSORGUNG<br />

KEIN ARZT MEHR – WEIT UND BREIT<br />

Die Sorge vor einem massiven Ärztemangel wächst.<br />

Die KV Niedersachsen wirbt bereits bundesweit um Nachwuchs.<br />

JOSEF MAUS<br />

Zahlen lügen nicht, aber sie können täuschen.<br />

Ende 2005 waren bundesweit 1.433 mehr Ärztinnen<br />

und Ärzte in der ambulanten Versorgung<br />

tätig als im Jahr zuvor – insgesamt 134.798, davon<br />

126.252 in der regulären Niederlassung. Dies erscheint<br />

ausreichend, und doch wächst die Sorge, dass<br />

das Gesundheitswesen auf einen massiven Ärztemangel<br />

zusteuert.<br />

„Der Mangel an niedergelassenen Ärztinnen und<br />

Ärzten hat sich manifestiert“, sagt beispielsweise Eberhard<br />

Gramsch, der Vorstandsvorsitzende der <strong>Kassenärztliche</strong>n<br />

<strong>Vereinigung</strong> Niedersachsen (KVN). Im nach<br />

Bayern größten Flächenland der Bundesrepublik weiß<br />

man, dass es eigentlich schon fünf vor zwölf ist. Bis<br />

zum Jahr 2015 müssen sich rund 450 Ärzte in Niedersachsen<br />

niederlassen, damit eine Unterversorgung in<br />

bestimmten Regionen des Bundeslandes verhindert<br />

wird. Unterversorgung ist ein eher blutleerer Begriff<br />

mit geringer Alarmwirkung. Konkret bedeutet Unterversorgung<br />

jedoch: Tausende von Patienten haben –<br />

vor allem in ländlichen Gebieten – keinen Arzt mehr,<br />

zu dem sie gehen können. Erst recht wird es dann keine<br />

Ärzte mehr geben, die zum Patienten nach Hause kommen.<br />

Überall derselbe Trend, noch deutlicher im Osten<br />

Rund 450 fehlende Ärzte in den nächsten zehn Jahren<br />

nach Niedersachsen zu holen, dürfte kein unlösbares<br />

Problem sein. Aber: Das Flächenland im Norden<br />

steht nicht allein vor dieser Herausforderung. Nahezu<br />

überall zeichnet sich derselbe Trend ab, vor allem im<br />

Osten der Republik. Bei den wenigen Hundert Ärzten,<br />

die in Niedersachsen fehlen, geht es darum, eine Unterversorgung<br />

mit fatalen Folgen für die Bevölkerung zu<br />

verhindern. Soll hingegen der heutige Stand der ambulanten<br />

Versorgung beibehalten werden, fehlen schon<br />

3.679 Niedergelassene. Und auch das ist in anderen<br />

Bundesländern ähnlich. Besonders deutlich wird die<br />

Dramatik in Prozentzahlen. Die 3.679 Ärzte, die bis<br />

zum Jahr 2015 in Niedersachsen ausscheiden, stellen<br />

rund 30 Prozent aller Vertragsärzte des Bundeslandes.<br />

Knapp ein Drittel hört (allein aus Altersgründen) auf,<br />

und noch weiß niemand, wo der Nachwuchs herkommen<br />

soll.<br />

Die KVN wirbt jetzt bundesweit um niederlassungswillige<br />

Ärztinnen und Ärzte. „Werden Sie Hausarzt<br />

in Niedersachsen“ ist eine Anzeige im Rubrikenmarkt<br />

des Deutschen Ärzteblattes (Heft 8/2006) überschrieben.<br />

Niedersachsen streckt die Fühler aus, andere<br />

Bundesländer tun dies bereits auch, weitere werden<br />

folgen – auf verschiedenen Wegen.<br />

Im Norden hat der KV-Vorstand ein dreistufiges Konzept<br />

zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung beschlossen.<br />

Niederlassungsseminare der KV, Informationsveranstaltungen<br />

an Krankenhäusern und Universitäten,<br />

die Einbindung der KV in die Weiterbildungskurse<br />

zur Allgemeinmedizin und die Kooperation<br />

mit den Gemeinden sind der erste Schritt. Stufe<br />

zwei besteht aus der Förderung der Weiterbildung –<br />

zum Beispiel mit dem Angebot eines Ausbildungsplans<br />

mit exakt definierten Weiterbildungsabschnitten. Auch<br />

finanziell soll die Weiterbildung unterstützt werden.<br />

Im Gegenzug erwartet die KV die Bereitschaft, eine<br />

Niederlassungspflicht zu akzeptieren. Stufe drei besteht<br />

aus Umsatzgarantien für Ärzte in bestimmten<br />

Regionen, aus Zinszuschüssen sowie Zuschlägen für<br />

Landarztpraxen.<br />

Vor allem Letzteres ist entscheidend für die Zukunft<br />

der ambulanten Versorgung in Landkreisen wie Emsland,<br />

Gifhorn, Celle und Stade, um nur einige zu nennen.<br />

Überall dort gehen in etwa zehn Jahren die Lichter<br />

aus, wenn die Anwerbung nicht gelingen sollte.<br />

Dasselbe Schicksal droht beispielsweise auch den<br />

Bundesländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt und<br />

Thüringen. Dort scheiden bis zum Jahr 2015 zwischen<br />

40,8 und 42,9 Prozent der heute noch tätigen Hausärzte<br />

aus.<br />

Der Slogan der KV Niedersachsen könnte vor diesem<br />

Hintergrund erweitert werden: „Werden Sie Hausarzt<br />

in Deutschland!“.<br />

QUELLE: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, HEFT 11/2006<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


KOMMENTAR 17<br />

Der dritte Weg -<br />

evolutionäre Revolution<br />

Prof. Dr. Fritz Beske, Kiel<br />

Im Grundsatz gibt es zwei Wege zur Weiterentwicklung eines<br />

Gesundheitssystems, die Evolution und die Revolution. Die Evolution ist eine<br />

schrittweise Weiterentwicklung im System, die Revolution ein Systemwechsel.<br />

Die Entwicklung in unserem Gesundheitswesen ist bis zum GMG evolutionär<br />

verlaufen. Im Vordergrund standen nach der Aufbau-, Konsolidierung- und<br />

Ausbauphase Kostendämpfungsmaßnahmen überwiegend zu Lasten der<br />

Leistungserbringer.<br />

Das GMG brachte dann eine Reihe struktureller Veränderungen, in deren<br />

Mittelpunkt die Schwächung freiberuflicher Tätigkeit und die Stärkung von<br />

institutionellen Einrichtungen des Gesundheitswesens standen wie die ambulante<br />

Behandlung im Krankenhaus und medizinische Versorgungszentren (MVZ). Damit<br />

wurden Einrichtungen gestärkt oder geschaffen, die leichter zu steuern und zu<br />

reglementieren sind als auf Eigenständigkeit ausgerichtete niedergelassene Ärzte.<br />

Außerdem sind Mitarbeiter in Institutionen gewerkschaftsfähiger als Mitarbeiter<br />

niedergelassener Ärzte oder gar niedergelassene Ärzte selbst.<br />

Im ideologisch geprägten Trend liegt die Umsetzung des Eckpunktepapiers.<br />

Entscheidend sind vier Regelungen:<br />

• Der Gesundheitsfonds nivelliert die Krankenkassenstruktur und ebnet den Weg<br />

zur Einheitskasse.<br />

• Die einheitliche Festsetzung des Beitragssatzes aller Krankenkassen durch den<br />

Staat beendet ein Versicherungssystem, in dem die Einnahmen die Ausgaben<br />

decken müssen oder zumindest decken sollten.<br />

• Die Veränderungen in der privaten Krankenversicherung gefährden die Zukunft<br />

dieses eigenständigen Versicherungszweiges.<br />

• Die Entmachtung der Selbstverwaltung z. B. durch zentrale<br />

Krankenkassenverbände unter Staatsaufsicht, die hauptamtliche Besetzung des<br />

Gemeinsamen Bundesausschusses und die Aufgabeneinschränkung der<br />

kassenärztlichen <strong>Vereinigung</strong>en läuten das Ende eines staatsfernen, sich selbst<br />

verwaltenden Gesundheitswesens ein.<br />

Dies ist der Weg in ein anderes System. Es ist eine so kaum wahrgenommene,<br />

aber doch wohl durchdachte und konsequent durchgeführte evolutionäre<br />

Revolution.<br />

5 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL


18<br />

NOTDIENST<br />

NOTDIENST GEHT IN DIE<br />

UMSETZUNGSPHASE<br />

Die Abgeordnetenversammlung hat am 11.10.2006 die neue<br />

Notdienstsatzung nach 2. Lesung verabschiedet. Wenn nun die<br />

Kammerversammlung im November ebenfalls nach 2. Lesung zustimmt<br />

– woran wohl kein Zweifel besteht, wird zum Beginn des Jahres 2007<br />

in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> einmal mehr Versorgungsgeschichte geschrieben.<br />

Das neue Notdienstkonzept setzt Überlegungen, die auch in anderen<br />

KVen gemacht werden, konsequent um.<br />

EKKEHARD BECKER, KVSH<br />

Die Diskussion um die Neuordnung wurde intensiv, leidenschaftlich<br />

und hart geführt. Verschlechterung der Patientenversorgung,<br />

Überstülpen eines Systems, Schwächung<br />

der ambulanten Versorgung, Verteuerung der Versorgung wurden<br />

von den Kritikern ins Feld geführt. Die gegenteiligen Argumente<br />

von den Befürwortern.<br />

Zum Glück haben wir in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> bereits Notfallambulanzen<br />

an Krankenhäusern. Dass diese von den Patienten angenommen<br />

werden, muss also nicht bewiesen werden. Aber die Ausdehnung<br />

der Fahrbereiche? Die Kooperation mit einer Rettungsleitstelle?<br />

Das wird nie funktionieren, so die Skeptiker.<br />

Nochmals zum Glück – oder sagen wir richtigerweise: Aus Weitblick<br />

– hat die Kreisstelle <strong>Schleswig</strong>-Flensburg mit ihrem umtriebigen<br />

Vorsitzenden Dr. Hans-Joachim Commentz das neue Konzept in<br />

Grundzügen bereits zum 01.07.2006 umgesetzt (siehe Seite 20). Mit<br />

allen Fehlern, allen Reibungsverlusten, aber auch mit allen Gewinnen.<br />

Mit dem Ergebnis, dass nahezu alle Ärzte dem alten System keine<br />

Träne nachweinen. Und die Patienten haben die Vorteile sofort angenommen.<br />

An den <strong>Schleswig</strong>er Erfahrungen können wir nun das<br />

landesweite Konzept eichen. Unser Dank geht daher an die Kreisstelle<br />

<strong>Schleswig</strong>, an die Ärztinnen und Ärzte im Notdienst, an das<br />

Martin-Luther-Krankenhaus und an die Rettungsleitstelle der Berufsfeuerwehr<br />

Flensburg, in der die eingehenden Anrufe der 01805<br />

11 92 92 ankommen und weitergegeben werden.<br />

Die Diskussionen im Land und die Erfahrungen aus <strong>Schleswig</strong> haben<br />

Feinjustierungen am Konzept erforderlich gemacht. Die Eckpunkte<br />

bleiben im Wesentlichen unverändert (vgl. „Von der Qual zur Wahl“,<br />

NORDLICHT 05, Seite 30), daher im folgenden nur die Anpassungen.<br />

Notdienstbezirke und Anlaufpraxen<br />

Die Situation in den Kreisen Plön und Ostholstein konnten wir<br />

durch die Notfallpraxis Preetz und den zugeordneten Fahrdienst<br />

entspannen. Das entlastet auch das Kieler Ostufer, für Neustadt ist<br />

kein Fahrbezirk vorzusehen. Zur Versorgung der Bevölkerung und<br />

der Urlaubsgäste ist jedoch eine Notfallpraxis in Neustadt ganzjährig<br />

vorgesehen. Zudem haben Eutin und Lübeck eine Feinabstimmung<br />

ihrer gemeinsamen Bezirksgrenze vorgenommen.<br />

Neustadt war ursprünglich als saisonale Anlaufpraxis vorgesehen.<br />

Ebenso Eckernförde. In den weiteren Überlegungen machte es jedoch<br />

keinen Sinn, in den Urlaubszeiten Notfallpraxen an Krankenhäusern<br />

zu besetzen, in den Wintermonaten diese zu schließen. Daher<br />

wird auch Eckernförde ein ganzjähriger Standort. Mit einem fahrenden<br />

Dienst. Der löst das Problem in Schwansen, das zum Großteil<br />

von Kappeln aus versorgt werden sollte. Rendsburg und <strong>Schleswig</strong><br />

werden entlastet.<br />

Büsum wird als saisonale Notfallpraxis aufgenommen. Hier gibt es<br />

kein Krankenhaus, das sonst aufgesucht werden könnte. Die saisonale<br />

Öffnung ist in dem drittstärksten Feriengebiet unseres Landes<br />

sicherlich gerechtfertigt. Die Naturgewalten, die Eiderstedt geformt<br />

haben, sind der Grund für einen eigenen Fahrdienst. Ansonsten wäre<br />

Husum einfach zu groß gewesen.<br />

Der Speckgürtel um Hamburg wird durch die Standorte Reinbek<br />

und Heidberg noch etwas dicker. Heidberg wäre insoweit interessant,<br />

als hier eine KV-Grenzen überschreitende Lösung entstehen würde. Gespräche<br />

mit dem Krankenhaus und der KV Hamburg stehen an.<br />

Für die Nord- und Ostseeinseln benötigen wir eine Insellösung.<br />

Fehmarn, Sylt und Föhr werden von ganzjährigen Notfallpraxen profitieren.<br />

Außerhalb der Notfallpraxen werden die Dienste mit Tagespauschalen<br />

vergütet. Die Pauschale wird von der Größe der Insel<br />

abhängen und zwischen 100 Euro und 300 Euro betragen. Insgesamt<br />

eine Besserstellung auf jeder Insel.<br />

Anlaufpraxis-Kosten<br />

Für den Betrieb einer Anlaufpraxis haben wir im Mittel 48.000<br />

Euro kalkuliert. Da wir an den Standorten unterschiedliche Öffnungszeiten<br />

haben werden – in Kiel und Lübeck mehr Dienststunden<br />

als in <strong>Schleswig</strong> und sonst wo – werden die Kostensätze ebenfalls<br />

regional spezifiziert. Unsere Ansätze sehen keine Raumkosten für<br />

Krankenhäuser vor. Denn mit einer Notfallpraxis die niedergelassenen<br />

Vertragsärzte im Haus zu haben, ist für eine Klinik unbezahlbar.<br />

Das erkennen wir schon daran, dass bereits ein Krankenhaus<br />

ohne Notfallpraxis droht, die KVSH zu verklagen.<br />

Die Tiefe Nacht<br />

Wir wollen Krankenhäuser nicht für umbauten Raum, sondern<br />

den Krankenhausarzt für seine Leistungen im organisierten Notdienst<br />

vergüten. Das entspricht auch dem Wunsch der Ärztekammerversammlung.<br />

In der Nacht, wenn die Notfallpraxis am Kranken-<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


haus nicht durch einen Vertragsarzt besetzt ist, soll die Bereitschaft<br />

und Tätigkeit der Krankenhausärzte mit einer Pauschale abgegolten<br />

werden (Kieler Modell). Diese Pauschale wird zwischen 30 Euro<br />

und 100 Euro liegen und orientiert sich an einer geschätzten Fallzahl<br />

pro Nacht und dem bisherigen Erlös des jeweiligen Krankenhauses<br />

aus Notfällen. Es sind Gesamtvergütungsanteile, die schon immer<br />

in die Krankenhäuser geflossen sind.<br />

Fahren und gefahren werden<br />

Gut gemeint ist nicht immer schlecht gedacht. Größere Fahrbezirke<br />

bedeuten mehr Einsätze und längere Wege für den fahrenden Dienst.<br />

Um die Belastung für den Arzt zu reduzieren, hatte die Arbeitsgruppe<br />

Notdienst über einen Taxi-Dienst oder eine eigene Fahrzeugflotte mit<br />

Fahrer nachgedacht. Dieser Komfort ist jedoch von dem überwiegenden<br />

Teil der Ärzte abgelehnt worden. Aus nachvollziehbaren Gründen.<br />

Daher wird hier das Prinzip der persönlichen Präferenz greifen:<br />

Wer selbst fahren will, soll es tun. Für die übrigen wird die KV bei ausreichender<br />

Nachfrage einen Service landesweit verhandeln.<br />

Verantwortliche vor Ort<br />

Die Organisation des Notdienstes vor Ort wird zukünftig kreisübergreifend<br />

sein. Daher sieht die neue Notdienstsatzung für jeden<br />

der 26 Notdienstbezirke einen Notdienstbeauftragten und einen<br />

Stellvertreter vor. Der Notdienstbeauftragte erstellt die Dienstpläne<br />

für den fahrenden Dienst und die Anlaufpraxis. Über ihn läuft auch<br />

die Abrechnung der durchgeführten Dienste. Er meldet diese per<br />

Liste zur KVSH, wo die Überweisung des Honorars auf das persönliche<br />

Konto des diensthabenden Arztes erfolgt. Der Notdienstbeauftragte<br />

der KVSH hat am 18. Oktober in Rendsburg die von den<br />

Kreisstellen benannten regionalen Beauftragten zu einer ersten<br />

Runde zusammengerufen.<br />

Abrechnung<br />

Auch wenn die Dienste auf der Basis von 50 Euro je Stunde pauschaliert<br />

vergütet werden, muss leider immer noch eine EBM-Dokumentation<br />

erfolgen. Wir beherbergen viele Gäste aus anderen<br />

Bundesländern, die bei „bereichsfremden“<br />

Krankenkassen versichert sind. Die Vergütung<br />

können wir von diesen Kassen<br />

nur über eine EBM-Abrechnung holen.<br />

Aber auch für „unsere“ Krankenkassen<br />

müssen Fallzahlen, Leistungen, Wegegelder<br />

und Patientendaten erfasst sein.<br />

Und leider auch der aufwändige Einzug<br />

der zehn Euro im Notdienst.<br />

Leitstellen<br />

In Kiel, Lübeck, Rendsburg und Flensburg<br />

haben die Ärzte eigens für den Notdienst Arztrufzentralen<br />

eingerichtet. Andere Notdienste<br />

kooperieren mit externen Dienstleistern. Die<br />

Modellregion <strong>Schleswig</strong> arbeitet mit der Rettungsleitstelle<br />

der Berufsfeuerwehr (BF) Flensburg<br />

zusammen. Die Erfahrungen der <strong>Schleswig</strong>er<br />

Ärzte zeigen, dass die Disponenten der BF einen guten<br />

Job machen. Nachdem wir nun über die 01805<br />

11 92 92 verlässliche Zahlen der eingehenden Anrufe sowie<br />

der Dauer der Anrufe haben, können wir über die Vergütung<br />

der Leitstelle Flensburg verhandeln. Gleichzeitig la-<br />

19<br />

den wir alle Rettungsleitstellen zu einer Zusammenarbeit ein. Wie<br />

diese Kooperationen aussehen und wann sie vor Ort starten können,<br />

hängt von den Leitstellen ab. Deshalb werden im Jahr 2007 auch<br />

die Arztrufzentralen zunächst bestehen bleiben. Es sei denn, dass<br />

wie in Flensburg die Entscheidung für eine neue Lösung gefallen ist.<br />

Fachärztliche Dienste<br />

Für die Notdienstversorgung in den Fachgebieten Augenheilkunde<br />

und HNO-Heilkunde wurde mit den beiden Berufsverbänden folgende<br />

Lösung besprochen: An Wochenenden und Feiertagen werden<br />

in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> jeweils fünf Ärzte für sechs Stunden (drei Stunden<br />

samstags, drei Stunden sonntags) Notfallsprechstunden in ihren<br />

Praxen leisten. Die Präsenzen sind regional so zu organisieren, dass<br />

eine möglichst gleichmäßige Erreichbarkeit gewährleistet wird. Dafür<br />

sind die beiden Notdienstbeauftragten dieser Fachgruppen verantwortlich.<br />

Wir denken daran, die Koordinierung der Anrufe für die<br />

fachärztlichen Dienste einer Leitstelle zu übertragen.<br />

Dienste der Kinder- und Jugendärzte<br />

Die Struktur sieht vor, dass in den Notfallpraxen an Wochenenden<br />

und Feiertagen auch Sprechstunden von Pädiatern integriert<br />

werden. Für die Notfallpraxen ist dies eine Abrundung des Angebots.<br />

Solche Sprechstunden werden seit Jahren in Kiel zur Zufriedenheit<br />

aller durchgeführt. Es funktioniert jedoch nur, wenn genügend<br />

Kinderärzte in dem Notdienstbezirk niedergelassen sind. Zur<br />

Ausgestaltung führen wir noch Gespräche mit dem Berufsverband der<br />

Kinder- und Jugendärzte.<br />

Weitergehende Informationen<br />

Wir informieren laufend über die Kreisstellen, die regionalen Notdienstbeauftragten,<br />

das NORDLICHT und über unsere Internet-Seite.<br />

Am 23. Oktober haben alle dienstpflichtigen Ärzte ein Anschreiben<br />

sowie einen Fragebogen zum neuen Notdienst erhalten. In dem Fragebogen<br />

bitten wir um Nennung von Präferenzen im Notdienst<br />

(Werktage, Wochenenden, Notfallpraxis oder fahrender Dienst etc.).<br />

Die Ergebnisse bereiten wir für die regionalen Dienstbeauftragten<br />

auf. Wir wollen damit die Dienstplanerstellung vor Ort erleichtern.<br />

Auf www.kvsh.de finden Sie auf der homepage die hier abgebildete<br />

Karte der Notdienstbezirke mit Gemeindegrenzen<br />

sowie die Namen der zuständigen<br />

Notdienstbeauftragten. Unsere Hotline<br />

04551 883 883 ist auch für Fragen<br />

zum Notdienst geschaltet.<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL


20<br />

VON SKEPSIS ZU AKZEPTANZ<br />

Ein Erfahrungsbericht aus <strong>Schleswig</strong>.<br />

DR. HANS-JOACHIM COMMENTZ, PRAKT. ARZT, SCHLESWIG<br />

Am 01. Juli, pünktlich um acht Uhr, wurde unsere neue Notdienstnummer<br />

01805 119292 für ca. 80.000 Menschen in unserem<br />

neuen <strong>Schleswig</strong>er Notdienstbereich geschaltet. Zwei<br />

Jahre Planung und Überzeugungsarbeit lagen hinter mir, jetzt musste<br />

sich unser neues Konzept aus Anlaufpraxis im Martin-Luther-<br />

Krankenhaus und „Fahrendem Dienst“, koordiniert durch die Leitstelle<br />

der Berufsfeuerwehr Flensburg, im Alltag bewähren. Spannend!<br />

Hatte ich zwei Tage vorher doch noch einmal ordentlich Prügel<br />

von den Kollegen des Krankenhauses bezogen, die sich zu spät<br />

und unvollständig informiert fühlten. Eine berechtigte Kritik! Denn<br />

auch auf sie kam eine ungewohnte Situation zu: Urplötzlich sollten<br />

sie nicht nur tagsüber in den gemeinsamen Ambulanzräumen<br />

Tür an Tür mit uns zusammenarbeiten, in der „tiefen Nacht“ sogar<br />

die alleinige Versorgung der Patienten übernehmen. Horrorszenarien<br />

wurden konstruiert, volle Flure nachts um halb eins…..<br />

Ich nehme es vorweg: Alles spielte sich kurzfristig ein. Die Bedenken<br />

der Kollegen des Krankenhauses waren unberechtigt, statt<br />

Mehrbelastung gab es in der Folgezeit für sie eher Entlastung und<br />

jetzt Zufriedenheit.<br />

Aber zurück zum 01. Juli. Die Sprechstunde in der Anlaufpraxis<br />

machte ein erfahrener Kollege aus Kropp, den bekanntermaßen<br />

nichts aus der Bahn wirft. Den Besuchsdienst übernahm mein Kollege<br />

aus der Gemeinschaftspraxis. Ich glaubte mich unabkömmlich<br />

in der Leitstelle der Berufsfeuerwehr Flensburg bei der Entgegennahme<br />

der Patientenanrufe. Weit gefehlt! Hier saßen Profis, die auf<br />

meine Hilfe nicht angewiesen waren: reibungsloser Ablauf trotz über<br />

60 Anrufen!<br />

Also, schnell zum Auto und zurück nach <strong>Schleswig</strong>, denn in der<br />

Anlaufpraxis brannte bereits vor zehn Uhr der Boden: über 50 Patienten,<br />

neu eingestelltes Personal, die Lesegeräte funktionierten<br />

nicht, zu wenig Sitzgelegenheiten, der Sprechstundenbedarf war<br />

nicht gekommen, es fehlten die Formulare. Chaos pur!<br />

Situation im Besuchsdienst<br />

Der Einzige, der sich an diesem wunderschönen Sommertag einen<br />

geruhsamen Tag machte, war mein Kollege im Besuchsdienst: Sonnen<br />

auf seiner neuen Terrasse war angesagt. Von den ehemals 40<br />

Besuchen waren gerade einmal acht Besuche übrig geblieben. Eine<br />

ANRUFE IN DER „TIEFEN“ NACHT<br />

(50 Anrufe in vier Wochen)<br />

24.7.-30.7.<br />

Tendenz, die sich in den nächsten Wochen bestätigte: Abnahme der<br />

Besuchstätigkeit auf weniger als ⁄ der gewohnten Einsätze!<br />

Die Probleme in der Anlaufpraxis hatte ich mir selber gemacht.<br />

zu sehr das Ganze gesehen, zu wenig im Detail geplant, zu wenig<br />

delegiert, alles selber machen wollen. Die letzten Tagen waren mit<br />

Presseterminen, Versammlung mit den Kollegen, Programmieren<br />

der Navigationsgeräte und Handys wie im Fluge vergangen.<br />

Nun ja, wir kamen über den Tag. Das Personal des Krankenhauses<br />

half, wo es konnte, der Wegfall des Sprechstundenbedarfs war somit<br />

zu verschmerzen. Formulare fanden sich auch, die Administration<br />

fand über die Computer des Martin-Luther-Krankenhauses statt.<br />

Die nächsten Tage und Wochen bestätigten unser neues Notdienstkonzept.<br />

Die Patienten nahmen die Einrichtung der Anlaufpraxis<br />

(160 Patienten pro Woche mit deutlichem Schwerpunkt am Wochenende)<br />

an, die Besuchshäufigkeit blieb niedrig (400 Besuche im<br />

gesamten 3. Quartal, statt früher 1.600 Besuche im gleichen Zeitraum!),<br />

die Leitstelle in Flensburg verrichtete weiter professionelle<br />

Arbeit.<br />

PATIENTENUMFRAGE DER ANLAUFPRAXIS SCHLESWIG (128 Antworten)<br />

...................................................................................................................... Sehr gut / positiv ..........in Ordnung .......... nicht so gut/<br />

......................................................................................................................................................................................................schlecht<br />

Wie beurteilen Sie die neue Regelung, die Sie bittet in die Anlaufpraxis zu kommen? ................ 71........................ 35 .......................... 21<br />

Wie beurteilen Sie das Vorhandensein der Möglichkeit des Krankenhauses im Hintergrund? .. 102........................ 22.............................. 0<br />

Wie beurteilen Sie die Bearbeitungszeit Ihrer gesundheitlichen Probleme?................................ 60 ......................35 .......................... 13<br />

Wie beurteilen Sie die Freundlichkeit unserer Mitarbeiter? ........................................................ 71 ........................11 ............................ 2<br />

Wie beurteilen Sie die Wegleitung zur Anlaufpraxis im MLK? .................................................... 84........................ 33 ............................ 4<br />

Wie sind Sie in die Anlaufpraxis gelangt? ................................ Eigener PKW/gefahren worden 104 ............ zu Fuß 15 ............ Bus / Taxi 3<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

11<br />

9<br />

31.7.-06.08.<br />

18<br />

07.08.-13.08.<br />

12<br />

14.8.-20.08.


ANRUFE UNTER 01805 11 92 92 (3. Quartal 2006)<br />

40<br />

PATIENTEN IN DER ANLAUFPRAXIS<br />

Pro Woche 160, pro Monat 665<br />

38<br />

50<br />

49<br />

UMFRAGE UNTER DEN ÄRZTEN DES<br />

NOTDIENSTBEREICHES SCHLESWIG<br />

von 100 Bögen -> 67 zurück<br />

8<br />

13<br />

7<br />

9<br />

MONTAG<br />

DIENSTAG<br />

MITTWOCH<br />

DONNERSTAG<br />

FREITAG<br />

SAMSTAG<br />

SONNTAG<br />

Ärzte im Ärzte in der Im Notdienst<br />

Besuchsdienst 28 Anlaufpraxis 22 nicht beteiligt 17<br />

… gegen ihren Willen eingeteilt........................................................................3<br />

… mit der Arbeit der Leitzentrale zufrieden ............................................ _> 95%<br />

… Besuche haben sich reduziert ..............................................................20 :7<br />

… Einrichtung einer Anlaufpraxis richtig....................................................100%<br />

… Pauschalierung der richtige Weg ..........................................................65 : 2<br />

… halte 50 Euro für angemessen............................................................ _> 80%<br />

… KM Radius verkleinern und weniger Geld............................................ _> 20%<br />

… lieber wieder nach EBM bezahlt werden..............................................Keiner!<br />

… würde lieber mit eigenem PKW fahren ................................................ 27 :7<br />

… Einführung der neuen Struktur landesweit .......................................... _> 85%<br />

… lieber wieder zum alten Konzept zurück ..............................................2 : 67!<br />

… mit dem Dienstplan zufrieden ..............................................................56 :8<br />

15<br />

14<br />

15<br />

13<br />

5<br />

9<br />

MONTAG<br />

DIENSTAG<br />

MITTWOCH<br />

DONNERSTAG<br />

FREITAG<br />

SAMSTAG<br />

SONNTAG<br />

Immer wieder sprachen mich in den vergangenen<br />

Wochen beteiligte Kollegen aus unserem Notdienstbereich<br />

an und fragten: „Warum haben wir das nicht<br />

schon lange vorher gemacht? Endlich feste Preise, kein<br />

Hamsterrad mehr.“<br />

Sie vergessen, wie viel Überzeugungsarbeit notwendig<br />

war. Seit zwei Jahren sind Ralf Büchner, unser<br />

KV-Vorstandsvorsitzender, und Ekkehard Becker, Leiter<br />

der Strukturabteilung, durchs Land gezogen und<br />

hatten in unzähligen Veranstaltungen die Bedenken<br />

der Kollegen aufgenommen und in dieses Konzept eingearbeitet:<br />

Es sollte nicht mehr kosten, die Qualität<br />

der medizinischen Versorgung eher gesteigert werden,<br />

die Kollegen auf dem Land entlastet werden, ein vernünftiger<br />

Stundenlohn sollte dabei auch noch raus<br />

kommen.<br />

Ich meine dieser Spagat ist gelungen. Und dennoch<br />

häuften sich in den letzten Wochen im übrigen <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

die Bedenken: viel zu große Bezirke, zu<br />

lange Wege, die Patienten machen das nicht mit, alles<br />

soll so bleiben, wie es ist …..<br />

Auswertung der Umfrage<br />

Mein Großvater hätte gesagt “we blieven bite ole“.<br />

Bedenken lassen sich am besten mit Fakten widerlegen.<br />

Wir legten über 14 Tage im Wartezimmer der Anlaufpraxis<br />

einen Fragebogen aus, den die Patienten anonymisiert<br />

ausfüllen konnten. Immerhin erhielten wir<br />

127 Bögen zurück. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen:<br />

Über 85 Prozent beurteilten die neue Regelung,<br />

die ja auch von ihnen zum Teil längere Wege abverlangt,<br />

positiv, alle 127 Befragten befanden vor allem<br />

die Integration dieser Struktur in das Krankenhaus mit<br />

seinen medizinischen Möglichkeiten als großen Vorteil.<br />

Nun mussten noch meine eigenen Kollegen in einer<br />

Befragung herhalten. Von 100 ausgesendeten Bögen<br />

erhielt ich innerhalb von 48 Std. 67 Bögen zurück.<br />

Überragend!<br />

Keiner der Befragten wollte wieder in die alte Struktur<br />

zurück. Die Pauschalierung, die Einrichtung der<br />

Anlaufpraxis, die Freiwilligkeit im Dienstplan, die Arbeit<br />

der Leitstelle, alles fand überwiegend Zuspruch.<br />

Selbst die Höhe der Stundenpauschale wurde positiv<br />

bewertet. Sehr gespannt war ich auf die Beantwortung<br />

der Frage, ob man lieber die Notdienstbereiche verkleinert,<br />

bei niedrigerem Stundenlohn. Nur knapp 20<br />

Prozent würden dieser Lösung zustimmen. Die Frage:<br />

„eigener PKW oder Taxilösung“ ging 27:7 gegen das<br />

Taxi aus.<br />

Nun war alles wieder gut: Patienten zufrieden, keine<br />

negative Kritik (Leserbriefe) in den Medien und meine<br />

eigenen Kollegen, vor Jahresfrist doch eher Zweifler,<br />

begeistert.<br />

Am 02.01.2007 wird das übrige <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

auf die neue Struktur umgestellt. Noch viel Arbeit wartet,<br />

zurücklehnen ist noch nicht angesagt. Wir <strong>Schleswig</strong>er<br />

laden natürlich jeden ein, sich bei uns einmal<br />

umzusehen und sich von dem neuen System zu überzeugen.Versprochen.<br />

„FAHRENDER“ DIENST<br />

Montag, Dienstag, Donnerstag .................. ca. 1 - 3 Besuche<br />

Mittwoch, Freitag ...................................... ca. 3 - 5 Besuche<br />

Samstag, Sonntag .................................. ca. 8 - 15 Besuche<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

21


22 ABGEORDNETENVERSAMMLUNG<br />

MEILENSTEIN GESETZT!<br />

Verabschiedung der neuen Notdienstsatzung.<br />

KARSTEN WILKENING, KVSH<br />

Markant säumen Meilensteine unsere Chausseen im Land.<br />

Früher dienten sie der Post, um nach präzise festgelegten<br />

Entfernungen die Beförderungszeiten, Personen- oder<br />

Extrapostsätze zu regeln. Die Zeit ist vorangeschritten, doch auch<br />

heute sprechen wir von Meilensteinen als Synonym bei innovativen<br />

Prozessen. Wenn neben dem Endergebnis einer Innovation<br />

auch Zwischenergebnisse verlangt werden, so stellen diese Zwischenergebnisse<br />

„Meilensteine“ dar.<br />

4. Arbeitsentwurf zum WSG („WahnSinnsGesetz“)<br />

Zu Beginn der Abgeordnetenversammlung zeigte der Vorsitzender<br />

der KVSH, Ralf Büchner, in seinem Bericht zur Lage, dass eine einzige<br />

Konstante alle bislang vorliegenden Arbeitsentwürfe der Bundesregierung<br />

durchzieht: „Keine Meinung, keine Ahnung, kein Konzept“<br />

(frei nach Marius Müller-Westernhagen). Der Gesundheitsfonds<br />

soll kommen, die Länderschutzklausel für reiche Bundesländer<br />

ist vorgesehen, die Budgetierung wird drückender und die Finanzkraft<br />

der Bundesländer einbezogen. Kurzum: „Der Befund ist<br />

beschämend“ – dieser Ausspruch von Bundespräsident Dr. Horst<br />

Köhler in Richtung der Bildung wäre nach Büchners Auffassung geradezu<br />

passend für die Gesetzesvorlage.<br />

Nur die Einführung wirklich fester Preise, eine Preisbildung auf<br />

Basis 5,11 Cent, solidarische Grundleistungen in Verbindung mit individuellen<br />

Wahlleistungen und wahrer Wettbewerb werden von<br />

Büchner als zukunftsweisend angesehen. Wenn die bisherigen Hochrechnungen<br />

zutreffen, dann werden allein <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> durch<br />

die Mechanik des Gesundheitsfonds gut 480 Millionen (!) Euro fehlen.<br />

In dieser Situation ist es nach Büchners Auffassung besonders<br />

wichtig, Widerstand gegen das Gesetzesvorhaben zu demonstrieren.<br />

Und auch konkret über die strategische Ausrichtung der KVen<br />

und der KBV zu sprechen. Wäre der Zusammenschluss zu einer Organisationseinheit<br />

vorteilhaft oder gibt es andere Optionen? Ganz<br />

gleich, zu welchem Ergebnis man in diesem Prozess kommt, die Gestaltungs-<br />

und Handlungsfähigkeit für unser Land ist und bleibt<br />

nach Büchners Auffassung von zentraler Bedeutung!<br />

Als Meilenstein der Gesundheitspolitik in Deutschland kann dieser<br />

Gesetzentwurf durchaus gewertet werden – allerdings in die völlig<br />

falsche Richtung „Staatsmedizin“. Vernünftigerweise sollte ihn<br />

deshalb das Schicksal einiger seiner Brüder und Schwestern in Granit<br />

ereilen: Untergepflügt oder zerbrochen am Straßenrand zu enden.<br />

Neue Notdienstsatzung setzt Meilenstein<br />

Der Neustrukturierung des Notdienstes wird zur Zeit viel öffentliche<br />

Aufmerksamkeit geschenkt, und die Gebietskörperschaften<br />

signalisieren Akzeptanz für die neue Struktur. Vor diesem Hintergrund<br />

stellte sich die Abgeordnetenversammlung nach den vielfältigen<br />

Diskussionen in den letzten Monaten der Aufgabe, die neue<br />

Notdienstsatzung als formalen Rahmen zu verabschieden. Die Aufsicht<br />

des Landes hatte der KVSH im Vorwege mitgeteilt, dass sie die<br />

Satzung nicht genehmigen werde - da sie von der Aufsicht als nicht<br />

genehmigungspflichtig angesehen wird. Auch werde die Aufsicht<br />

die Satzung nicht beanstanden. Mit dieser Antwort wurden die di-<br />

versen Details der neuen Satzung von den Abgeordneten intensiv<br />

diskutiert und nochmals Meinungen ausgetauscht.<br />

Trotz aller Meinungen und Details – die Neustruktur wird nach<br />

übereinstimmender Meinung der Abgeordneten einheitlich organisiert,<br />

lässt dabei regionale Differenzierungen zu und wird laufend<br />

auf ihre finanziellen Auswirkungen überprüft. Das Ziel der Abgeordneten<br />

ist eine zukunftssichere und gute Struktur für unser Land.<br />

Damit dieses System in Zukunft aber überhaupt flexibel und lernfähig<br />

sein kann, musste die verbale Umschreibung in Form der neuen<br />

Satzung beschlossen werden. Bei fünf Enthaltungen wurde die neue<br />

Notdienstsatzung einstimmig beschlossen. Somit ist ein wichtiges<br />

Zwischenziel bis zum voraussichtlichen Start der neuen Notdienststruktur<br />

am 01.01.2007 erreicht. Die Abgeordnetenversammlung hat<br />

am 11.10.2006 mit der Verabschiedung der neuen Notdienstsatzung<br />

einen robust definierten Meilenstein gesetzt und dem weiteren Pro-<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


zess eine klar verständliche Struktur gegeben. Das nächste Zwischenziel<br />

wartet im November, wenn die Notdienstsatzung in der Ärztekammer<br />

zur Abstimmung gestellt wird.<br />

Bericht der beratenden Fachausschüsse<br />

Seit der letzten Abgeordnetenversammlung (06.09.2006) hatte nur<br />

der beratende Fachausschuss der Hausärzte getagt. Dr. Stefan Jost,<br />

Vorsitzender des Fachausschusses, berichtete von der Nachbereitung<br />

der Demonstration in Berlin, der Diskussion des 3. Arbeitsentwurfes<br />

zum neuen Gesetz und einer geplanten Klausursitzung des<br />

Ausschusses im November, um die beratende Funktion weiter zu<br />

schärfen. Der fachärztliche und der psychotherapeutische Fachausschuss<br />

werden erst Ende Oktober wieder tagen.<br />

Satzungsangelegenheiten<br />

Der Satzungsausschuss hatte sich vor der Abgeordnetenversammlung<br />

mit diversen Themen auseinandergesetzt. Dem Antrag der<br />

Fachausschüsse, für jedes Mitglied der beratenden Fachausschüsse<br />

Vakanzvertreter zu benennen, wurde nicht entsprochen. Bei jeweils<br />

zwölf Mitgliedern der drei Ausschüsse wären sonst nochmals 36 Vertreter<br />

zu wählen. Grundsätzlich sprach sich die Abgeordnetenversammlung<br />

für eine Stellvertreterregelung aus. Die Abgeordneten votierten<br />

in einer ersten Abstimmung mit sieben Ja-Stimmen, acht<br />

Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen dagegen, für jedes Mitglied eines<br />

Fachausschusses einen Vertreter zu benennen. Mehrheitlich<br />

stimmten sie aber dafür, je Ausschuss vier Vertreter zu benennen.<br />

Der Satzungsausschuss wird einen Formulierungsvorschlag erarbeiten.<br />

Bei den Kompetenzbereichen des Vorstandes wurde festgelegt,<br />

dass die Ressorts „Struktur der Versorgung“ und „Verträge“ in den<br />

Bereich des Vorsitzenden der KVSH, Ralf Büchner, fallen. Diese Ressorts<br />

bedürfen der Außenvertretung, für die der Vorsitzende verantwortlich<br />

zeichnet. Innerhalb des Vorstandes wird weiterhin ressortübergreifend<br />

gearbeitet, um gemeinsam strukturelle Anpassungen<br />

und Vertragsinhalte zum Wohle der Ärzteschaft zu erarbeiten.<br />

Beim Passus „Wegzug von Abgeordneten aus ihrem Wahlkreis“<br />

waren diverse Abgeordnete der Auffassung, dass die gewählten Vertreter<br />

auch als Repräsentanten ihrer Region in der Abgeordnetenversammlung<br />

sitzen. Außerdem gäbe es bei der Wahl zur Abgeordnetenversammlung<br />

keine Landesliste, sondern das Regionalwahlrecht.<br />

Zu dieser Thematik wird der Satzungsausschuss eine entsprechende<br />

Formulierung erarbeiten.<br />

Mithaftung der Kassen bei HVM-Risiken<br />

Nach wie vor fordert die KVSH von den Krankenkassen die Mithaftung<br />

bei HVM-Risiken in der Vereinbarung zum HVM. Finanzvorstand<br />

Dr. Ralph Ennenbach berichtete, dass die Kassen dieses<br />

naturgemäß anders sehen und das Argument der befreienden Zahlung<br />

der Gesamtvergütung ins Feld führen, um keine Nachschusspflicht<br />

für sich ableiten zu müssen. Diese Argumentation ist nicht<br />

akzeptabel, und die KVSH wird ihre Forderung weiter betreiben. Im<br />

Bereich QuaMaDi sei man sich mit den Kassen einig, für den flächendeckenden<br />

Vertrag eine Bereinigung bei den Mammographien<br />

vorzunehmen. In diesem Zusammenhang erläuterte Ennenbach,<br />

dass die neu definierte Schnittstelle für die Abrechnung gegenüber<br />

den Krankenkassen (ehemaliges Formblatt 3, jetzt: vdx-Schnittstelle)<br />

zu gewissen zeitlichen Verzögerungen bei den Abschlagszahlungen<br />

der Kassen geführt hat. Das Problem werde aber in Kürze gelöst sein.<br />

Bei den Verträgen berichtete der Vorsitzende Ralf Büchner, dass<br />

mit der IKK eine Honorarvereinbarung für das Jahr 2006 geschlossen<br />

werden konnte. Mit der IKK-direkt habe man für Einzelleistungen<br />

einen Punktwert von 5,11 Cent vereinbaren können. Mit der AOK,<br />

BKK, LKK und dem VdAK/AEV laufen die Verhandlungen noch und<br />

bewegen sich in den gesetzlich vorgegebenen engen Korridoren der<br />

Gestaltungsmöglichkeit.<br />

So konnte zumindest im Bereich der neuen Notdienststruktur die<br />

Gestaltungs- und Handlungsfähigkeit der KVSH unter Beweis gestellt<br />

und etwas gänzlich Neues verabschiedet werden. Dieser Meilenstein<br />

hat seinen Platz auf dem richtigen Weg in die Zukunft gefunden.<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

23


24 AKTUELL<br />

Einigkeit: Reform<br />

großer Unsinn<br />

Bad Segeberg (Q) - Auf einer Informationsveranstaltung<br />

der Arbeitsgemeinschaft Patienten und Selbsthilfegruppen<br />

(APS) zu den Eckpunkten der geplanten<br />

Gesundheitsreform haben die Beteiligten den Inhalt<br />

der Reform übereinstimmend abgelehnt. Die stellvertretende<br />

Vorsitzende der KVSH, Dr. Ingeborg Kreuz,<br />

erwartet eine Verschärfung der Honorarsituation für<br />

Ärzte, wenn die Reform so käme. Dr. Heiner Garg von<br />

der FDP geißelte den Gesundheitsfonds als unausgegoren<br />

und „bürokratisches Monster.“<br />

Rudolf Facklam vom VdAK sieht die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Krankenkassen durch den Fonds gänzlich<br />

genommen. Günter Schulz von der APS setzte sich<br />

noch mal dafür ein, dass ein Prozent Zuschlag auf den<br />

Kassenbeitrag für manche eine Überforderung darstellt<br />

und für einige auch über zwei Prozent ihres Einkommens<br />

liegen kann.<br />

Erstes Carl-Georg Schirren<br />

Symposium in Kiel<br />

Kiel (Q) - In Gedenken an den Kieler Hautarzt Dr.<br />

Carl-Georg Schirren, der über 50 Jahre niedergelassener<br />

war, findet zum ersten Mal ein Dermatologie-Symposium<br />

zu dessen Gedenken in Kiel statt. Geplant sind<br />

Fachvorträge von Experten der Universitäten Berlin<br />

und Kiel. Außerdem kommen niedergelassene Fachärzte<br />

zu Wort, die über ihre verschiedenen Schwerpunktgebiete<br />

in der Dermatologie, aber auch aus anderen<br />

Fachrichtungen der Medizin berichten.<br />

Beginn ist der 09. November, 09.00 -13.00 Uhr im<br />

Hotel Steigenberger, Schlossgarten 7, Kiel.<br />

Kassengebühr „sinnlos“<br />

Düsseldorf - Die Allianz Private Krankenversicherung<br />

und der Gesundheitsökonom Professor<br />

Eckhard Knappe plädieren für die Einführung einer<br />

prozentualen Selbstbeteiligung mit einer jährlichen<br />

Obergrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung.<br />

Ihr Vorschlag: Zehn Prozent Eigenbeteiligung bei<br />

allen Leistungen bis zu 600 Euro im Jahr. Nur wenn<br />

die Patienten die Preise der in Anspruch genommenen<br />

Leistungen kennen und selbst von der Wahl<br />

des günstigsten Angebots profitieren, lässt sich eine<br />

Steuerungswirkung erzielen, sagte Knappe. Er hat für<br />

die Allianz ein Gutachten zum Thema "Eigenverantwortung"<br />

erstellt. Von pauschalen Gebühren hält<br />

der Ökonom dagegen nichts. "Gebühren wie die<br />

Praxisgebühr sind das Sinnloseste, was es gibt."<br />

QUELLE: ÄRZTE ZEITUNG VOM 23.10.2006<br />

Krankenkassen:<br />

Beiträge steigen drastisch<br />

Berlin/Hamburg - Das Hamburger Abendblatt berichtet, dass auf die gesetzlich<br />

Krankenversicherten als Folge der geplanten Gesundheitsreform drastische Beitragssteigerungen<br />

zukommen. Davor warnte der Krankenkassenverband, der seine<br />

Kritik an den Plänen der Koalition noch einmal verschärfte.<br />

Nach Berechnungen des Verbandes werden die Beiträge durch die Reform von<br />

derzeit 14,3 Prozent vom Monatsbrutto auf bis zu 15,9 Prozent steigen. Bei einem<br />

Gehalt von 2.500 Euro wären das dann für den Arbeitnehmeranteil 222 anstatt<br />

derzeit 200 Euro.<br />

Die Kassen warnten zudem vor Leistungseinschränkungen zulasten von Versicherten<br />

und Kranken. "Bei dieser Gesundheitsreform gibt es eigentlich nur Verlierer",<br />

sagte Doris Pfeiffer, Vorsitzende des Ersatzkassenverbandes.<br />

Die Beitragserhöhungen werden nach Ansicht der Kassen noch nicht reichen, um<br />

das erwartete Defizit von 16 Milliarden Euro zu decken. Weil einige Kassen sich<br />

zum Start des Gesundheitsfonds 2009 entschulden müssen, droht eine weitere<br />

Steigerung um 0,4 Prozentpunkte.<br />

Davon unabhängig dürfte die monatliche Belastung der Versicherten auch noch<br />

wegen der Zusatzbeiträge steigen, die die Kassen in Zukunft erheben können. Acht<br />

Euro pro Monat Extraprämie können es ohne weitere Einkommensprüfung sein.<br />

Ist der Zusatzbeitrag höher, darf ein Prozent des Bruttoeinkommens nicht überschritten<br />

werden. Jetzt haben die Kassen errechnet, dass die Versicherten im Schnitt<br />

zwölf Euro zusätzlich berappen müssen. Dies gilt vor allem für Ballungszentren<br />

wie Hamburg mit hoher Arztdichte und vielen Gutverdienern. Nach dem Szenario<br />

des Verbandes drohen auch Insolvenzen großer Krankenkassen. Dann könne<br />

es passieren, "dass die Gesundheitsversorgung in einer Region zusammenbricht",<br />

so Verbandschefin Pfeiffer. Ärzte und Kliniken müssten in so einem Fall um ihre Bezahlung<br />

bangen. AOK-Chef Hans Jürgen Ahrens forderte ein Sofortpaket in Höhe<br />

von zehn Milliarden Euro aus Steuermitteln für die Kassen. Der Zuschuss aus der<br />

Tabaksteuer dürfe nicht gekürzt werden, Arbeitslosengeld-Bezieher müssten volle<br />

Beiträge entrichten, der Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel dürfe nicht erhöht<br />

werden.<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dagegen, die Reform schaffe mehr<br />

Wettbewerb. Der umstrittene Fonds stelle von 2009 an sicher, dass pro Krankheitsfall<br />

und Krankheitsart in ganz Deutschland gleich viel Geld zur Behandlung<br />

zur Verfügung stehe. Das Bundesgesundheitsministerium wies die Berechnungen<br />

des Kassenverbandes zurück.<br />

Hartmannbund bereitet bundesweite<br />

Praxisschließungen vor<br />

Berlin - Eine neue Stufe des ärztlichen Widerstandes gegen die geplante Gesundheitsreform<br />

der Großen Koalition steht nach Aussagen des Hartmannbundes<br />

unmittelbar bevor: Auf die Phase der Großdemonstrationen mit weit über<br />

100.000 Ärzten in den vergangenen Monaten soll es ab Dezember eine bundesweite<br />

Welle regionaler Praxisschließungen geben. Das kündigte heute in Berlin<br />

der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Kuno Winn, an: "Wir Ärzte haben monatelang<br />

in einer Mischung aus Protesten und Dialog versucht, das Schlimmste abzuwenden.<br />

Jetzt ist es Zeit für eine Phase des konkreten Widerstandes."Mit den<br />

vorbereiteten Maßnahmen solle zunächst bis Mitte März kommenden Jahres in ausgewählten<br />

Versorgungsbereichen exemplarisch der drohende Versorgungsnotstand<br />

demonstriert werden. "Wir werden dort jeweils an drei Tagen in der Woche<br />

aufzeigen, wozu die Zerstörung der wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung<br />

durch die Gesundheitsreform führen wird", sagte Winn.<br />

QUELLE: FACHARZT.DE VOM 23.10.2006<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


KV Mecklenburg-Vorpommern:<br />

44.000 Unterschriften<br />

gegen Reform<br />

Rostock - Die <strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> Mecklenburg-Vorpommern<br />

hat nach eigenen Angaben<br />

44.000 Unterschriften von Patienten und niedergelassenen<br />

Ärzten gegen die Gesetzesentwürfe zur Gesundheitsreform<br />

gesammelt. Mit den Unterschriften<br />

wehre man sich gegen eine Verschlechterung der medizinischen<br />

Versorgung im Land, teilte die KV in Schwerin<br />

mit. Die Unterschriftenkampagne soll in den nächsten<br />

Wochen fortgesetzt werden.<br />

Die geplante Reform sehe eine Angleichung der für<br />

die ambulante Versorgung zur Verfügung stehenden<br />

Mittel an die Wirtschaftskraft des jeweiligen Bundeslandes<br />

vor. Nur in den wirtschaftlich gut gestellten Ländern<br />

sei daher künftig eine bessere Versorgung gewährleistet,<br />

kritisierte die KV-Mecklenburg-Vorpommern<br />

sei jedoch das ärmste Bundesland. Das Bruttoinlandsprodukt<br />

entspreche 67 Prozent des Bundesdurchschnitts.<br />

Trotz mehrerer Demonstrationen in diesem<br />

und im vergangenen Jahr habe die Regierung die<br />

Forderung der Ärzte bisher nicht berücksichtigt.<br />

QUELLE: ÄRZTE ZEITUNG VOM 18.10.2006<br />

Gesundheitsreform erreicht den Bundestag<br />

Bedenken in der SPD-Bundestagsfraktion.<br />

Ablehnung in der<br />

SPD-Fraktion: Wolfgang<br />

Wodarg nannte Zahlen.<br />

Berlin - Die Bundesregierung drückt bei der Gesundheitsreform<br />

aufs Tempo. Nach der erwarteten<br />

Zustimmung im Bundeskabinett soll sich der<br />

Bundesrat bereits im November mit dem umfangreichen<br />

Reformpaket befassen. Dazu sollten Fristen<br />

verkürzt werden. Zuvor hatten bei der internen<br />

Anhörung der Länder vor allem Vertreter der<br />

CDU-geführten Länder erhebliche Bedenken gegen<br />

die Reform deutlich gemacht. Insbesondere wurde<br />

nach Angaben von Teilnehmern verlangt, dass alle<br />

durch die Reform ausgelösten Finanzströme - vom<br />

Risikostrukturausgleich über die individuellen Zuzahlungen<br />

oder Erstattungen je Kasse bis hin zum<br />

einheitlichen Beitrag für den Gesundheitsfonds - in<br />

einem neuen Gutachten aufgelistet und erörtert werden<br />

müssten. Hintergrund sind die erheblichen<br />

Unterschiede in den Berechnungen, die die Länder<br />

einerseits und das Bundesversicherungsamt andererseits<br />

angestellt hatten. Die Länder drängen zudem<br />

auf eine schnelle Vorlage der Ergebnisse dieser<br />

und anderer schon vereinbarter Studien, damit die<br />

daraus zu ziehenden Konsequenzen noch in das Gesetz<br />

eingearbeitet werden könnten. Grundsätzliche<br />

Vorbehalte äußerten die Ländervertreter nach Angaben<br />

von Teilnehmern auch gegen den geplanten<br />

Umbau der privaten Krankenversicherung.<br />

Wirtschaftsinstitute kritisieren<br />

Gesundheitsreform<br />

Berlin - Die sechs führenden Wirtschaftsinstitute haben in ihrem Herbstgutachten<br />

die geplante Gesundheitsreform kritisiert. Erforderlich wäre ein Systemwechsel,<br />

der es den Bürgern mehr als bislang überließe, die Entscheidungen über<br />

Art und Umfang ihrer Krankenversicherung selbst zu treffen, schreiben die Ökonomen<br />

in ihrem in Berlin vorgestellten Gutachten. Die Koalition plane dagegen mit<br />

ihrer Gesundheitsreform weiter bürokratische Eingriffe des Staates, etwa die Deckelung<br />

der Ausgaben und die Fixierung von Preisen. Die Nachhaltigkeit der Sozialsysteme<br />

werde nicht gesichert, monieren die Institute auch in Bezug auf die Krankenversicherung.<br />

QUELLE: FACHARZT.DE VOM 19.10.2006<br />

KBV: Scharfe Kritik am Referentenentwurf<br />

Berlin - Die <strong>Kassenärztliche</strong> Bundesvereinigung (KBV) hat den Referentenentwurf<br />

zur Gesundheitsreform in einer aktuellen Stellungnahme scharf kritisiert.<br />

Ob Vergütungssystem, Gesundheitsfonds oder Wettbewerbsorientierung – mit der<br />

geplanten Reform konterkariere die große Koalition ihre eigenen Reformziele, lautet<br />

das Fazit des KBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Andreas Köhler. "Statt der politisch<br />

zugesagten Abschaffung der Budgets und der Einführung fester Preise für ärztliche<br />

Leistungen, entnehmen wir dem Referentenentwurf hinsichtlich der vertragsärztlichen<br />

Vergütung sogar eine künftig dreifache Budgetierung", kritisierte der<br />

KBV-Chef weiter. QUELLE: FACHARZT.DE VOM17.10.2006<br />

Vor allen aus den Reihen der SPD wurden Vorbehalte<br />

laut. Der Arzt und Gesundheitspolitiker Wolfgang<br />

Wodarg sagte, 35 Mitglieder der Fraktion lehnten<br />

das Gesetz ab. Sein Kollege Karl Lauterbach verlangte,<br />

den für 2009 geplanten Beginn des Gesundheitsfonds<br />

auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl<br />

zu verschieben. Auch in der Union gab es<br />

Kritik. Im Fraktionsvorstand kam es zu mehr als einem<br />

Dutzend Meldungen. Der Chef der CSU-<br />

Gruppe, Peter Ramsauer, verlangte, von Rückzahlungen<br />

der Kassen an die Versicherten müssten auch<br />

die Arbeitgeber profitieren. Der Sozialverband<br />

Deutschland und die Volkssolidarität warnten vor<br />

einer "gravierenden Schieflage" und riefen zu einem<br />

Neuanfang auf. In Nürnberg demonstrierten Tausende<br />

Ärzte gegen die Gesundheitspolitik.<br />

QUELLE: FAZ VOM 18.10.2006<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

25


26 QUALITÄTSSICHERUNG<br />

DIALYSE<br />

Einführung einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />

zur Sicherung der Qualität von Dialysebehandlungen nach den<br />

§§ 136 und 136a SGB V.<br />

MARION RAMPOLDT, KVSH<br />

Mit Wirkung zum 24.06.2006 ist eine Richtlinie zur Sicherung<br />

der Qualität von Dialyse-Behandlungen in Kraft getreten.<br />

Diese Richtlinie setzt erstmals die Einrichtung<br />

standardisierter Datenwege voraus. Für die Umsetzung ist es erforderlich,<br />

dass die entsprechende Praxissoftware auf die Datenerhebung<br />

einschließlich der erforderlichen Datenschnittstellen vorbereitet<br />

wird, da die Dokumentationen ausschließlich elektronisch<br />

zu erstellen sind.<br />

Warum?<br />

60.000 Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz wurden im Jahre<br />

2006 ambulant mit einem der Dialyseverfahren behandelt. Hierzu<br />

stehen bundesweit 1.200 Einrichtungen zur Verfügung, die eine flächendeckende<br />

kontinuierliche Versorgung auch beispielsweise im<br />

Rahmen einer Feriendialyse sicherstellen. In <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> haben<br />

wir 26 Dialysepraxen, es werden ca. 1.800 Patienten pro Jahr dialysiert,<br />

wobei 1.500 auf die Praxis-Zentrumsdialyse entfallen.<br />

Seit Einführung der Dialyse als Regelleistung in die gesetzliche<br />

Krankenversicherung ist ein stetiger Zuwachs an dialysepflichtigen<br />

Patienten zu verzeichnen. Diese Tatsache wird u. a. zurückgeführt<br />

auf die Inzidenz des Diabetes mellitus als auch auf die steigende Lebenserwartung.<br />

Auffällig ist, dass bestimmte Verfahren wie die Peritonealdialyse<br />

nicht in gleichem Maße zur Anwendung kommen wie<br />

in anderen Industrieländern.<br />

Die Qualität der Dialysebehandlung wurde bislang über die Definition<br />

von Strukturkriterien, wie z. B. Arzt-Patienten-Schlüssel oder<br />

zu verwendende Geräte gesichert. Insbesondere auf Grund der im<br />

Jahr 2002 eingeführten pauschalierten Vergütung wurde befürchtet,<br />

dass Qualitätsstandards wie z. B. die Frequenz und Dauer der Dialysebehandlung<br />

unter zunehmendem Wirtschaftlichkeitsdruck schleichend<br />

nach unten verändern werden. In der neuen Richtlinie sind<br />

nunmehr Qualitätsindikatoren festgelegt, die Hinweise zur eigenen<br />

Standortbestimmung der Dialyseeinrichtung und auch mögliche<br />

Qualitätsprobleme liefern können.<br />

Wie?<br />

Diese Indikatoren teilen sich auf in einen Kern- und einen erweiterten<br />

Indikatorensatz. Während der Kernindikatorensatz (Dauer<br />

und Frequenz der Dialysebehandlung, Kt/V und Hb-Wert) an eine<br />

bundesweite Auswertungsstelle zu senden ist, können die weiteren<br />

Indikatoren (z. B. Albumin, Gabe von Erythropoese stimulierenden<br />

Faktoren) an einen frei zu wählenden Berichtersteller (Datenauswerter)<br />

gesendet werden, der zusätzlich festgelegte Auflagen erfüllen<br />

muss. Für beide Bereiche erhält die Dialyseeinrichtung einen<br />

Feedbackbericht, der die eigenen erzielten Ergebnisse in einen anonymisierten<br />

Vergleich mit allen Daten der anderen Dialyseeinrichtungen<br />

setzt.<br />

Ausschließlich für die vier Kernindikatoren wurden Korridore festgelegt.<br />

Ein zweimaliges, quartalsbezogenes Unter- oder Überschreiten<br />

kann für die bei der KVSH eingerichtete Qualitätssicherungskommission<br />

Anlass sein, die Einrichtung zur Stellungnahme aufzufordern.<br />

Die Auffälligkeiten können durch Einrichtungsbesonderheiten<br />

jedoch auch durch unzureichende Behandlungsqualität bedingt<br />

sein. Dies voneinander zu trennen, wird Aufgabe der Fachkommission<br />

sein.<br />

Wann?<br />

Der Gemeinsame Bundesausschuss wird eine Ausschreibung eines<br />

zentralen Datenanalysten vornehmen. Erst wenn der Zuschlag<br />

erteilt worden ist, beginnt für die Arztpraxis die Datensammlung.<br />

Dieser Termin wird den betroffenen Dialysepraxen gesondert mitgeteilt,<br />

der Beginn ist für Anfang 2007 geplant. Die Richtlinie sieht<br />

nach Beginn der Datenerhebung einen 18-monatigen Übergangszeitraum<br />

vor, eine Sanktionierung ist für diesen Zeitraum nicht vorgesehen.<br />

Die Richtlinie sowie die Anlagen können unter www.kvsh.de<br />

eingesehen werden.<br />

PHOTOTHERAPEUTISCHE KERATEKTOMIE (PTK)<br />

VERTRAGSÄRZTLICHE LEISTUNG – ABER AB WANN?<br />

DIETRICH BARTZ, KVSH<br />

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat bereits im Juni 2006<br />

die Einführung der Phototherapeutischen Keratektomie<br />

(PTK) mit dem Excimer-Laser bei folgenden Indikationen<br />

beschlossen:<br />

1. Rezidivierende Hornhauterosio<br />

2. oberflächliche Hornhautnarben<br />

3. Hornhautdystrophie<br />

4. Hornhautdegeneration und<br />

5. oberflächliche Hornhautirregularitäten (außer Pterygium)<br />

Dieser Beschluss ist am 14. Oktober 2006 in Kraft getreten und<br />

wird in Kürze auch im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht. Wie uns<br />

die KBV mitteilt, wird zwischenzeitlich mit den Krankenkassen darüber<br />

beraten, wie der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />

zur PTK im EBM berücksichtigt wird und ob in diesem Zusammenhang<br />

eine weitere Qualitätssicherungsvereinbarung abzuschließen<br />

ist. Bis zum Abschluss dieser Beratungen und bis zur Schaffung<br />

geeigneter Gebührenordnungspositionen im EBM kann die<br />

hier in Rede stehende Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung<br />

nicht erbracht und abgerechnet werden.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


NEUE SPEICHERTECHNIKEN IN<br />

DER SONOGRAPHIE<br />

Eine Regelung für <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>. Seminar in Theorie und Praxis.<br />

PROF. DR. JENS-MARTIN TRÄDER,<br />

ALLGEMEINARZT, LÜBECK<br />

Nachdem in der Photographie, beim Video und<br />

vielen anderen Bildanwendungen die Speicherung<br />

von Bildern und Filmsequenzen in<br />

elektronischen Dateien, auf CDs, auf Speichersticks<br />

und Speicherkarten gang und gäbe ist, schien die Forderung<br />

der KV, die Dokumentation weiterhin auf Videoprinterpapier<br />

durchführen zu lassen, fast antiquiert.<br />

Die Sonographiekommission der KVSH hat vor<br />

einigen Jahren bei der <strong>Kassenärztliche</strong>n Bundesvereinigung<br />

(KBV) einen Vorstoß unternommen, eine Einigung<br />

hinsichtlich einer Änderung dieser Standards<br />

zu erreichen. Nachdem wir nun nach etlichen Jahren<br />

keine befriedigende Antwort erhalten haben, ist es an<br />

der Zeit, eine Regelung für <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> einzusetzen,<br />

bis eine bundeseinheitliche Regelung nachgeliefert<br />

wird.<br />

Fortbildungsveranstaltung<br />

Aus diesem Grunde hat die Sonographiekommission<br />

eine Fortbildungsveranstaltung organisiert, bei<br />

der Techniker, Wissenschaftler und Praktiker über die<br />

Umsetzung dieser Veränderungen berichten konnten.<br />

Knapp 50 Teilnehmer waren nach Bad Segeberg gekommen,<br />

um sich über diese Themen zu informieren.<br />

Im Eingangsreferat nahm Herr Thomas Bussmann<br />

zur Frage Stellung, welche Dateiformate sich für die<br />

Speicherung medizinischer Bilddaten eignen. Zu Zeiten<br />

der knappen und teuren Speichermedien war eine<br />

Datenkompression wünschenswert, die dann aber zu<br />

eindeutig nachweisbarem Qualitätsverlust beim medizinischen<br />

Informationsgehalt führte. In den heutigen<br />

Zeiten spielen Dateigrößen und Speicherplatz<br />

kaum noch eine Rolle, und auch bei der elektronischen<br />

Übertragung via DSL oder Hochgeschwindigkeitsleitungen<br />

sind Datenmengen nur noch selten ein Problem.<br />

Daher lautete sein Plädoyer: Die Bilddaten sollten<br />

so komplett wie möglich erhalten und gespeichert<br />

werden. Als Dateiformate sind in der Medizin der DI-<br />

COM-Standard, der jpg-Datei für Standbilder sowie<br />

das mpeg-Format für bewegte Seqenzen üblich. Auf<br />

Kompressionsverfahren für Bilddateien sollte also weitgehend<br />

verzichtet werden.<br />

Erfahrungsberichte aus der Praxis<br />

Danach folgte mein Bericht über häufig monierte<br />

Fehler bei der monatlichen Arbeit in der Qualitätssicherung<br />

in der Sonographiekommission. Ich plädierte<br />

für die Umsetzung der Sonographie-Richtlinien der<br />

KVSH. Darin wird gefordert, dass jedes untersuchte<br />

Organ auch dann dokumentiert werden muss, wenn<br />

kein pathologischer Befund festzustellen war. Die voll-<br />

ständige Dokumentation ist für die Abrechenbarkeit<br />

der Leistung erforderlich. Die Kostenträger könnten<br />

bei Kontrollen die nicht ausreichende Dokumentation<br />

bemängeln und die betreffenden Leistungen streichen.<br />

Die Papierqualität – so denn über Video-Printer dokumentiert<br />

wird – sollte gut sein, das Bildformat sollte<br />

so groß wie möglich gewählt werden, Organgrößen<br />

und Organbezeichnungen sollten erkennbar sein. Das<br />

minimale Bildformat von 36 x 60 mm wird öfters unterschritten,<br />

teilweise sogar erheblich.<br />

Im zweiten Teil des Berichtes stellte Herr Dr. Dünnweber,<br />

Orthopäde aus Flensburg, häufig auftretende<br />

Messfehler beim Ausmessen der Säuglingshüften vor.<br />

Er berichtete über die Einrichtung einer „Taskforce<br />

Säuglingshüfte“, die wegen der erheblich angestiegenen<br />

Kontrollfrequenzen der Dokumentationen in der<br />

Sonographie erforderlich geworden ist.<br />

Danach folgte ein weiterer Exkurs von mir über das<br />

seit 2006 mögliche Einreichen von elektronisch dokumentierten<br />

Befunden zur Qualitätssicherung. Hier werden<br />

CDs, DVDs und Magnetoptische Discs (MODs)<br />

neben den Videokassetten und Printerausdrucken als<br />

Medien akzeptiert. Die Dateiformate DICOM, JPG,<br />

MPEG und TIFF können gelesen werden. Diese Qualitätssicherung<br />

erfolgt dann „papierfrei“ und wird wahrscheinlich<br />

ab 2007 sogar vollkommen elektronisch unter<br />

Nutzung des Intranetzes „kvsh.ssl“ erfolgen können.<br />

Als dritter Referent zeigte Herr Meitsch, Medizin-<br />

Techniker, in welcher Weise die modernen Ultraschallgeräte<br />

diese neuen Dokumentationsweisen in<br />

die Praxis umsetzen. Herr Meitsch demonstrierte anhand<br />

von Sonographiegeräten und Praxiscomputersystemen,<br />

wie sich die Ultraschallbilder in den Praxisalltag<br />

– besonders bei der elektronisch geführten Patientenakte<br />

und bei der Schreibung eines Befundberichtes<br />

– problemlos einbinden lassen. Für einige der<br />

Zuhörer war dieser Teil „bekannter Praxisalltag“, für<br />

einen Großteil der Hörer jedoch „futuristisches Neuland“.<br />

Nach Diskussion und Kaffeepause hatten die Teilnehmer<br />

dann am frühen Abend Gelegenheit, die gewonnenen<br />

Erkenntnisse an Geräten und Übungsprobanden<br />

in die Praxis umzusetzen. Mit fünf Ultraschallgeräten<br />

konnten die neueste sonographische<br />

Technik ausprobiert und das elektronische Archivieren<br />

geübt werden. Nach intensivem Probieren und längerem<br />

Diskutieren strebten die Teilnehmer nach Hause.<br />

Eine gelungene Veranstaltung, welche eine hohe Praxisrelevanz<br />

hatte.<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

27


28<br />

KV INTERN BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE BERATUNG<br />

„Endlich ist es soweit, wir können<br />

GmbH:<br />

Gesellschaft mit<br />

beschränkter<br />

Hoffnung<br />

eine GmbH gründen“<br />

GmbH: Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung.<br />

HORST STINGL, STEUERBERATER, VEREIDIGTER<br />

BUCHPRÜFER, VEREIDIGTER UND ÖFFENTLICH<br />

BESTELLTER SACHVERSTÄNDIGER FÜR DIE<br />

BEWERTUNG VON ARZT- UND ZAHNARZTPRAXEN<br />

IN MELSDORF<br />

Solche und ähnliche Freudenrufe hat der Verfasser<br />

vernommen. Nicht immer zur eigenen Begeisterung.<br />

Was hat es nun auf sich mit dieser<br />

Rechtsform?<br />

Vor- und Nachteile sollen kurz im Folgenden erläutert<br />

werden, ersetzen aber keine eingehende rechtliche<br />

und wirtschaftliche Beratung, da dies für die Ärzte<br />

wirklich Neuland ist.<br />

Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG),<br />

das aller Voraussicht nach zum 01.01.2007 in Kraft treten<br />

wird, beschreibt gesetzestechnisch und in den entsprechenden<br />

Gesetzesbegründungen zumindest für<br />

den Leistungserbringer MVZ als erlaubte Rechtsform<br />

die GmbH.<br />

Auf regionaler Ebene müssen die Möglichkeiten<br />

noch umgesetzt werden, auch als Leistungserbringer<br />

in Form der Einzelpraxis oder aber als andere Ärztegemeinschaft<br />

(ohne MVZ zu sein) die Rechtsform der<br />

GmbH zu wählen. Dies ist wohl nicht aufzuhalten, da<br />

die auf dem Deutschen Ärztetag in 2004 beschlossene<br />

Musterberufsordnung dies vorsieht und nicht ersichtlich<br />

ist, warum ein Leistungserbringer, nämlich<br />

MVZ, bevorzugt sein soll.<br />

Die GmbH – Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />

– ist eine sehr formalgesetzlich ausgestaltete Gesellschaftsform<br />

hinsichtlich Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung,<br />

Geschäftsführung und Haftung.<br />

Fragt man den erstmals mit dieser Frage befassten<br />

Arzt, kommt meistens als Argument für die GmbH die<br />

Haftungsbeschränkung. Dies ist nur bedingt richtig,<br />

da zum einen explizit für das MVZ in Form einer GmbH<br />

als Zulassungsvoraussetzung eine Bürgschaftserklärung<br />

der Gesellschafter erforderlich ist. Hierdurch wird<br />

bei Auflösung sichergestellt, dass für eventuelle Regressansprüche<br />

der Krankenkassen die Gesellschafter<br />

persönlich haften.<br />

Dies ist zwar für das MVZ beschrieben, dürfte aber<br />

für die Ärzte-GmbH, wenn sie denn zugelassen wird,<br />

gleichermaßen gelten.<br />

Nicht anders wird sich gegenüber der GmbH eine<br />

Bank bzw. eine Leasinggesellschaft für wertvolle medizinisch-technische<br />

Geräte gegenüber der GmbH verhalten.<br />

Es wird kein Geld in Investitionen der GmbH<br />

mit Beschränkung auf deren Haftung herausgegeben<br />

werden, wenn nicht alle Gesellschafter persönlich daneben<br />

haften.<br />

„Dies ist ja wie bei einer Einzelpraxis oder GbR!“<br />

wird jetzt der Eine oder Andere erstaunt feststellen.<br />

Hierin liegt also kein Vorteil, es sei denn auf die Haftungsbeschränkung<br />

für die üblichen Verbindlichkeiten<br />

des laufenden Geschäftsverkehrs, die allerdings<br />

auch heute keine Bedrohung darstellen.<br />

Folgendes Beispiel soll für den einfachen Fall einer<br />

Gemeinschaftspraxis die Vorgehensweise beleuchten:<br />

Dr. Müller und Meier betreiben derzeit eine fachübergreifende<br />

Gemeinschaftspraxis als Allgemeinarzt<br />

und Fachinternist in der Form einer GbR. Sie gründen<br />

eine GmbH und bringen ihre bisherige Gemeinschaftspraxis<br />

in diese ein. Sie haben ein Gutachten,<br />

dass ihre Gemeinschaftspraxis 300.000 Euro wert ist. Sie<br />

können also das notwendige Stammkapital der GmbH<br />

in Höhe von mindestens 25.000 Euro durch Sacheinlage<br />

(Einlage der Gemeinschaftspraxis) aufbringen.<br />

Dies bedarf eines Sachgründungsberichts und einer<br />

Bestätigung des Sachverständigen zusätzlich zu dem<br />

Gutachten, dass die Sacheinlage den Wert des Kapitals<br />

auch erreicht.<br />

Für die GmbH gelten die Vorschriften des GmbH-<br />

Gesetzes und des Handelsgesetzbuches (HGB). Es ist<br />

eine Eröffnungsbilanz zu fertigen und zu jedem Jahresende<br />

ein Jahresabschluss mit einem Anhang zu erstellen.<br />

Gegenüber dem Handelsregister besteht Hinterlegungspflicht<br />

des Jahresabschlusses. Die GmbH ist<br />

ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform, so definiert im<br />

Handelsgesetzbuch. Die Abschlüsse richten sich nach<br />

Kaufmannsrecht.<br />

Die Ärzte benötigen eine Lohnsteuerkarte und einen<br />

Dienstvertrag, da sie gegenüber der GmbH in einer<br />

Angestellten-Doppelfunktion tätig werden müssen<br />

oder können: Zum einen sind sie (einer der Gesellschafter<br />

oder aber auch ein Dritter, z. B. eine Ehefrau)<br />

gesetzliches Organ der GmbH, nämlich Geschäftsführer.<br />

Des weiteren können sie ihre ärztliche Tätigkeit<br />

gegenüber der GmbH nur in einem Dienstverhältnis<br />

ausüben. Es ist also ein festes Gehalt schriftlich<br />

zu vereinbaren und wie mit einem fremden Angestellten<br />

auch tatsächlich abzuwickeln.<br />

Hierauf legt das Finanzamt besonderen Wert, denn<br />

es überprüft alle Verträge zwischen Gesellschafter und<br />

GmbH auf Fremdüblichkeit. Sollte es zu unüblichen, zu<br />

Lasten der GmbH gehenden Absprachen kommen,<br />

fingiert die Steuer eine so genannte verdeckte Gewinnausschüttung.<br />

Diese führt in den meisten Fällen<br />

zu einer zusätzlichen Steuerbelastung. Das heißt also,<br />

Mietverträge mit Grundeigentum eines Gesellschafters,<br />

Ehegattenarbeitsverträge und die eigenen Anstellungsverträge<br />

müssen fremdüblich sein. Bei den<br />

vereinbarten Arztgehältern ist es nicht auszuschließen,<br />

dass sich das Finanzamt an den Vergütungsgruppen<br />

angestellter Ärzte nach BAT hält. Damit sind<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


dann Bruttogehälter zwischen 70.000 Euro und 90.000<br />

Euro sicherlich angemessen. Das, was dann in der Gemeinschaftspraxis<br />

bisher mehr verdient und ohne Weiteres<br />

entnommen wurde, kann bei einer GmbH nur<br />

über eine alljährliche Gewinnausschüttung, eventuell<br />

verbunden mit einer Tantieme, ausgekehrt werden.<br />

Dieser Gewinn wird allerdings vorab bei einer GmbH<br />

zusätzlich um die Gewerbesteuer geschmälert.<br />

Wie in diesem nicht in die Tiefe gehenden und nicht<br />

vollständigen Beispiel zu erkennen, ist ein hoher formaler<br />

Aufwand mit der GmbH verbunden. Hinzu kommen<br />

Zusatzkosten, die durch die besonderen Vorschriften<br />

des GmbH-Gesetzes bzw. durch die Existenz<br />

der GmbH verursacht werden. Zu nennen sind höhere<br />

Jahresabschlusskosten sowie IHK-Beiträge.<br />

Als Fazit bleibt hier festzuhalten, dass für die Konstellation<br />

einer „einfachen“ Gemeinschaftspraxis die<br />

GmbH-Form als solche eher nicht angebracht ist.<br />

Ein zweites Beispiel:<br />

Eine große radiologische Gemeinschaftspraxis, bestehend<br />

aus den vier Gründern, möchte weitere Investitionen<br />

tätigen, ihr Leistungsspektrum erweitern und<br />

dazu weitere Ärzte anstellen bzw. auch weitere junge<br />

Radiologen mit Sitz aber ohne eigene Praxis in die Gesellschaft<br />

aufnehmen.<br />

Die Investitionen in die radiologische Gemeinschaftspraxis<br />

waren bisher volumenmäßig sehr hoch<br />

und werden zukünftig zur Anpassung an den technischen<br />

Fortschritt nicht weniger. Junge neue Kollegen,<br />

die aufgenommen werden sollen, haften mit ihrem<br />

persönlichen Privatvermögen für alle zukünftigen, aber<br />

nach der neuen BGH-Rechtsprechung auch für alle<br />

durch die Altgesellschafter verursachten Geschäftsschulden.<br />

Das sind Schulden aus Betrieb und Investitionen<br />

der Praxis, aber auch noch nicht bekannte Regresse<br />

gegenüber den Kassen. In diesem Fall ist es auch<br />

aus Sicht der Einsteiger zum eigenen Schutz überlegenswert,<br />

ob die haftungsbegrenzende Wirkung der<br />

GmbH zur Anwendung kommt. Weiter ist vorstellbar,<br />

dass es den Altgesellschaftern bzw. einem der Altgesellschafter<br />

als Geschäftsführer nicht recht ist, dass ei-<br />

nes Tages die Neueintritte die Mehrheit haben. Klare<br />

Strukturen im Sinne einer einheitlichen Geschäftsführung<br />

und Vertretung können besser in der GmbH<br />

umgesetzt werden. Die damit verbundene kaufmännische<br />

Buchhaltung und Jahresabschlüsse waren in<br />

der Regel schon auf Grund der Investitionsvolumina<br />

und der Umsätze und Kosten in der Personengesellschaft<br />

eingerichtet. Die zukünftig vergrößerte Struktur<br />

erfordert erst recht eine in kaufmännischer Weise<br />

eingerichtete Finanzbuchhaltung. Die hinzutretende<br />

Gewerbesteuerpflicht bei der GmbH wäre vermutlich<br />

eines Tages auch in der Personengesellschaft mit angestellten<br />

Ärzten, evtl. sogar fachfremder Gebietsbezeichnung,<br />

erreicht.<br />

Fazit:<br />

Für diese Fallgestaltung wäre es fast schon erforderlich, sich mit der Rechtsform<br />

der GmbH auseinander zu setzen und prüfen zu lassen, ob diese nicht vorteilhaft<br />

gegenüber einer personalistischen Struktur ist.<br />

Zwischen den oben beschriebenen Beispielen gibt es eine Vielzahl von Abstufungen,<br />

die im Einzelfall überprüft werden müssen. Hier kommt es darauf an, welchen wirtschaftlichen<br />

und strategischen Zweck der Unternehmerarzt mit der Wahl der Rechtsform<br />

GmbH verfolgt. Eine pauschale Aussage wie „mit der GmbH haften wir nicht<br />

mehr“ oder „jetzt können wir auch werben wie der Handwerker nebenan“ sind nicht<br />

geeignet, als Entscheidungsgrundlage für eine so komplexe Rechtsform zu dienen.<br />

Es ist also grundsätzlich zu begrüßen, dass auch den Ärzten die Rechtsform der<br />

GmbH zukünftig wie allen anderen Wirtschaftsunternehmen offen steht. Wie bei den<br />

anderen Wirtschaftsunternehmen muss aber auch bei den Ärzten die Einzelfallprüfung<br />

aller Aspekte den Ausschlag geben.<br />

Eine in der Wirtschaft verbreitete, die Vor- und Nachteile der einzelnen Gesellschaftsformen<br />

verbindende Gesellschaft mit beiden Komponenten körperschaftlicher<br />

und personalistischer Struktur ist die so genannte GmbH & Co. KG (Kommanditgesellschaft).<br />

Diese ist in der Berufsordnung als ärztliche Kooperationsgemeinschaft<br />

nicht erlaubt, da sie auf einen gewerblichen Zweck gerichtet ist (so die<br />

Begründung). Wie oben beschrieben, ist die GmbH jedoch Kraft Gesetzes in jedem<br />

Fall ein gewerbliches Unternehmen. Wenn also die reine Körperschaft erlaubt ist,<br />

ist es meines Erachtens nur eine Frage der Zeit, wann sich die zuständigen Entscheidungsträger<br />

der Frage annehmen müssen, ob nicht auch andere im Handelsrecht<br />

vorgesehene Gesellschaftsformen für den Arzt zulässig sind.<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

29


30 BÜROKRATISMUS<br />

VIEL LÄRM UM (BISHER FAST) NICHTS! ODER: DER BERG<br />

NÜTZT DAS BOHREN VON DICKEN BRETTERN,<br />

Bericht über meine Erfahrungen als<br />

„Entbürokratisierungsbeauftragter“ der KVSH.<br />

ANDREAS STANISAK, ALLGEMEINARZT, KLANXBÜLL<br />

Der Anstoß kam von den KVen der Neuen Länder. Mit einem<br />

Brief an den KBV- Vorsitzenden Dr. Richter-Reichhelm forderte<br />

Dr. Eckert (KVMV) die Einrichtung eines Entbürokratisierungsausschusses<br />

der KBV, deren Aufgabe die gründliche<br />

Prüfung der Praxistauglichkeit und –belastung jeder einzelnen neu<br />

einzuführenden Maßnahme sein sollte.<br />

Die zunehmende Papierflut durch Kassenanfragen, Dokumentationsanforderungen<br />

bei DMP, ICD 10, Krankentransportschein, Chronikerbegründung,<br />

regressbedrohte Beachtung der OTC Liste, Formularunwesen<br />

in der Prävention, Rehabilitation und Heilmittelverordnung<br />

neben den Zumutungen durch das Kassieren der „Praxisgebühr“<br />

waren (und sind es bis heute) kaum noch zu bewältigen<br />

und dienten (dienen immer noch nicht!) der Qualität der Krankenversorgung<br />

sondern der Kontrolle durch die Kostenträger und staatlichen<br />

Behörden unter dem Diktat der Kostenminderung.<br />

Am 02.04.2004 beschlossen dann der Länderausschuss und der<br />

KBV-Vorstand die Einrichtung eines Entbürokratisierungsausschusses,<br />

der mit der Aufgabe betraut wurde,<br />

1. nicht nur zukünftig zu erstellende, sondern auch bereits existierende<br />

Formulare auf ihre Notwendigkeit und Praxistauglichkeit<br />

zu überprüfen,<br />

2. bürokratische Bestimmungen im BMV-Ä und EKV sowie den Richtlinien<br />

des Gemeinsamen Bundesausschusses zu prüfen und Änderungen<br />

zu beantragen und<br />

3. Ansprechpartner der niedergelassenen Ärzte in Fragen zur Ent-<br />

bürokratisierung zu sein.<br />

Projektiert wurden Transportschein, AU-RL, Regeln für einfach zu<br />

handhabende Vordrucke (u. a. einheitliches Format, Vermeidung<br />

von Durchschlägen und Redundanzen, z. B. zweimal Datum und<br />

Möglichkeiten, das Patientenfeld bei Hausbesuchen Quittung, Rezepte,<br />

AU etc. nur einmal schreiben zu müssen), Vorschläge zur Eintreibung<br />

der Kassengebühr durch die Kassen, Vereinheitlichung der<br />

Chronikerregelung).<br />

Als Mitglied des damaligen ehrenamtlichen Vorstandes der KVSH<br />

und als Hausarzt mit 26 Jahren erlebter praktischer Erfahrungen auf<br />

diesem Gebiet ließ ich mich nicht zweimal bitten, in diesem Ausschuss<br />

mitzuarbeiten.<br />

In der konstituierenden Sitzung am 16.05.2004 forderten wir u. a., die<br />

Einführung des neuen Musters 4 (Verordnung einer Krankenbeförderung)<br />

zu stoppen und es beim alten (sie erinnern sich – DIN A 6) zu belassen.<br />

Geplant war ein DIN A 4 Monstrum mit Angaben der Diagnosen<br />

für den Taxifahrer. Ich durfte darüber hinaus Dr. Dominik Graf von Stillfried<br />

von der KBV auf vier Seiten neun weitere Ungereimtheiten und<br />

Schikanen darstellen, gipfelnd mit der Bemerkung, dass der stöhnende<br />

Senior nachts mit Harnverhalt bei verstopftem suprapubischen Katheter<br />

bei der gewissenhaften Ausfüllung nun wirklich stört, nachdem<br />

es schon nicht gelang, zehn Euro und die Chipkarte aufzutreiben. Im übrigen<br />

fehle die (im dazugehörigen Gesetz ausdrücklich ermöglichte) Ankreuzstelle:<br />

Notfall (am besten mit dem Zusatz: Weitere Auskünfte durch<br />

den Unterzeichner im Nachhinein kostenpflichtig durch den Kostenträger,<br />

falls Zweifel an den „WANZ“ Prinzipien bestehen).<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


Was kam dabei heraus?<br />

Es konnte lediglich erreicht werden, die Diagnosenangaben nicht<br />

mehr vorzusehen. Dazu gelang es, alle Angaben von DIN A 4 auf A 5<br />

zu komprimieren.<br />

Auch gelang es, bei der Chronikerregelung durchzusetzen, dass<br />

zuerst die Kasse prüft, ob Voraussetzungen vorliegen, die nur sie beurteilen<br />

kann und dass wir erst dann die Diagnosen und medizinischen<br />

Einschätzungen eintragen.<br />

Darf ich an dieser Stelle schon einmal auf meine Überschriftensammlung<br />

verweisen?<br />

Ferner forderten wir Regelungen, die eine Nachreichung der Vordrucke<br />

bei Notfällen möglich macht, weil die Patientenversorgung<br />

Vorrang hat – bisher kein Ergebnis.<br />

Dafür wurde eine (bedingt durch den Umzug der KBV nach Berlin<br />

mit großer zeitlicher Verzögerung inzwischen eingerichtete) internetbasierte<br />

Informationsplattform beschlossen.<br />

Am 09.07.2004 trafen wir uns wieder, inzwischen gab es einen Beschluss<br />

der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, dass u. a. auch<br />

die KVen Vorschläge zum Abbau von Dokumentationsaufwand, soweit<br />

dieser durch rechtliche Vorgaben bedingt ist, erarbeiten sollten.<br />

Haben Sie in Ihrer täglichen Praxis schon etwas davon bemerkt? Ich<br />

nicht!<br />

Bis zur nächsten Sitzung am 17.09.2004 sichteten wir die 261 Mails<br />

mit 370 Vorschlägen der Kolleginnen und Kollegen, die die Internet<br />

Plattform erreichten. Es gab dort aus meiner Sicht neben vielen<br />

Unmutsäußerungen („KBV und KVen abschaffen“) sofort umsetzbare<br />

Vorschläge wie<br />

- Abschaffung des Musters 61 A-D (Rehaantrag für die Kassen!),<br />

- Kontrolle der Substitutionsbehandlung („Meldung und Fortbildung<br />

reicht aus, wir sind keine Erstklässler, denen man mit substanzloser<br />

Ordnungsflut das ABC des Linderns und Heilens beizubringen<br />

versucht“),<br />

- Streichung der „Kopfgeburt Heilmittel RL und Formulare, („ein<br />

Rezept wie früher reicht aus, Zwang zu ökonomischer Verordnungsweise<br />

besteht sowieso durch Richtgrößen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen,<br />

die Therapeuten halten sich sowieso nicht an<br />

die Verordnungen, machen Osteopathie und Fußreflexzonenmassagen.<br />

Wer prüft diese Praxen?“)<br />

- Abschaffung der Überforderungsregeln, alle Patienten, die schon<br />

diese Grenze erreichen sind meistens chronisch krank.<br />

- Inkontinenzbescheinigungen für Heime sind überflüssig.<br />

- Das Ausfüllen der Doku Bögen für die GU und KV ist bei EDV Doku<br />

überflüssig, die Auswertung erfolgt sowieso durch einen Mikrozensus.<br />

- Kassenanfragen über die Dauer der AU erst ab 4. Woche.<br />

- Textcomputeranfragen der Versorgungsämter sind völlig überladen<br />

und gehen am medizinischen Befund vorbei, die KBV sollte<br />

verhandeln, dass wir die Patienten einbestellen und Gutachten<br />

nach GOÄ abrechnen.<br />

Ein Kollege aus Thüringen brachte es auf den Punkt: „Nur drei Formulare<br />

(Rezept, AU und KH Einweisung), alle anderen werden von<br />

den Kassen ausgestellt, so viele wie sie wollen“<br />

Ein Traum!?!<br />

Leider wurden bisher Umsetzungen nicht in die Wege geleitet!<br />

(s. meine Überschriftauswahl!)<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

31<br />

Immerhin beschloss der Länderausschuss (den es ja seit der KBV-<br />

Reform nicht mehr gibt), dass unser Ausschuss durch zeitgerechte<br />

Zuleitung der Arbeits - und Entschlussentwürfe von Richtlinien oder<br />

Formularkommissionen an den Gemeinsamen Bundesausschuss beteiligt<br />

werden soll! Nichts wurde davon umgesetzt.<br />

Was nützt es, dass wir Ausschussmitglieder unser Selbstverständnis<br />

so definierten, dass wir uns zu allen Fragen äußern, die bürokratische<br />

Abläufe in der Praxis betreffen, dass wir fordern, vor der<br />

Einführung eines neuen Formulars grundsätzlich eine Kostenbewertung<br />

des Einsatzes zu erstellen und vor Gesetzesänderungen<br />

eine Gesetzesfolgeabschätzung vorzunehmen und offen zu legen<br />

(Beispiel Medizinproduktegesetz).<br />

Haben wir nun zur Entrümpelung beigetragen? Haben wir zum<br />

spürbaren Abbau von Bürokratiemonstern in unseren Praxen beitragen<br />

können? Hat sich bei der KBV eine Sensibilität für (oder gegen)<br />

Bürokratie entwickelt? Haben wir Ergebnisse bei der Eindämmung<br />

der Bürokratie vorzuweisen?<br />

Was hat die „Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen<br />

von Staatssekretärin Caspers-Merk im Gesundheitsministerium<br />

erreicht?<br />

Sie fragte bei der KBV an, den Änderungsbedarf konkret zu nennen,<br />

niemand von uns wurde gebeten, dort vorzutragen.<br />

Irgendwas mit Vereinfachung und Zusammenfassung von DMP-<br />

Programmen und Formularen wurde dort veröffentlicht (da geht es<br />

ja auch um finanzielle Interessen der Kassen, weil Patienten und<br />

KREISSTE UND GEBAR EINE MAUS! ODER: WAS<br />

WENN SIE NICHT ABGEBAUT WERDEN?<br />

Ärzte nicht so mitmachen, wie man es gerne hätte), ansonsten nicht<br />

mal heiße Luft bezüglich Vorschlägen, die uns wirklich entlasten.<br />

Welcher Versicherte oder Patient, welcher Politiker, welcher Kassenmitarbeiter<br />

ließ sich von den (richtigen) Zahlen im Ergebnisbericht<br />

der Umfrage zum Aufwand für Bürokratie in Arztpraxen des<br />

Dezernats 4 der KBV vom September 2005 („Praxisgebühr 8,6 Mio<br />

Stunden, Kassenanfragen eine Million, DMP 400.000 ) wirklich beeindrucken?<br />

Alle fordern mehr Zeit für das Arzt-Patientengespräch und weniger<br />

Wartezeit, aber niemand glaubt uns, wenn wir erklären, was uns<br />

davon abhält!<br />

Immerhin demonstrieren wir jetzt in Berlin und anderswo, machen<br />

uns Gedanken, wie wir uns spürbar wehren können.<br />

Unser Ausschuss hat seitdem nicht mehr getagt, auch im chatroom<br />

herrscht Schweigen.<br />

Unser Vorsitzender, Kollege Otto aus MV, will prüfen, ob es uns<br />

noch gibt!


32 FORUM<br />

<strong>Nordlicht</strong> 05/2006, Seite 30<br />

DIE STAATSMEDIZIN DURCH DIE HINTERTÜR<br />

Betrachtung zur Umstrukturierung des<br />

Notdienstes<br />

Der Wunsch als Vater des Gedankens. Die<br />

niedergelassene Ärzteschaft gewinnt die Initiative:<br />

Reform - oder Revolution? - des Notdienstes,<br />

Verbesserung der Honorierung ärztlicher<br />

Dienstleistung, qua Entlastung der<br />

Landpraxen Beitrag zur Sicherung derer Existenz<br />

(und Erhaltung ihrer Verkaufbarkeit),<br />

Steigerung unserer Reputation, Beweis der<br />

Innovations- und Gestaltungskraft berufspolitischer<br />

Mandate.<br />

Der Zusammenfassung nicht wirtschaftlich<br />

betreibbarer Notdienstbezirke zu größeren<br />

Einheiten ist unstrittig der richtige Weg,<br />

verbunden mit einer Entlastung der Ärzte und<br />

ihrer Familien, ohne dabei - wenn man es<br />

richtig macht - die medizinische Versorgung<br />

der Bevölkerung zu verschlechtern.<br />

Leider ist nicht dies, sondern die obligatorische<br />

Installation der „Anlaufpraxen“ zum<br />

Prüfstein mutiert. Sie hat aber mit dem eigentlichen<br />

Anliegen nur in sofern zu tun, dass<br />

sie als Option der richtige Weg sein kann. Weder<br />

ergibt sich aus der bisherigen Erfahrung<br />

ein zwingender Grund, eine zentrale Rufnummer<br />

und eine „markante“ Adresse zu haben<br />

(die Patienten haben unsere Heterogenität<br />

bislang gut verkraftet), noch ist das „Einrücken“<br />

des Kassenarztes in eine ihm fremde<br />

Ambulanz, die Zusammenarbeit mit einer ihm<br />

fremden Arzthelferin und die Vergütung leistungsunabhängig<br />

nach Zeit genau das, was<br />

uns bislang von den abhängig Beschäftigten<br />

unterschied. (Auch ein Fahrdienst mit Chauffeur<br />

hat allenfalls ganz frühe landärztliche Wurzeln<br />

in Postkutschenzeit - seither ist des Arztes<br />

nächtlicher Weg einsam und autark).<br />

Objektiv sind Anmietung von Krankenhausräumen<br />

(statt Arbeit in unseren Praxen)<br />

ein zusätzlicher Kostenpunkt - und, falls gratis,<br />

suspekt (spätestens seit unserem letzten<br />

Altkanzler weiß man, dass es im wirklichen<br />

Leben keine zwecklosen Geschenke gibt). KVeigener<br />

Fuhrpark, die Kosten für den Fahrer<br />

und die Arzthelferin und die für die Notdienstzentralen<br />

(auch hier: wir sind gut beraten,<br />

eine solche Arbeit uns nicht schenken zu<br />

lassen!): alles muss aus dem Notdienstbudget<br />

abgezweigt werden. Und falls uns darin<br />

URLAUB AUF KOSTEN<br />

DER GKV – GIBT ES DAS?<br />

MITNICHTEN – „DR. HOLIDAY<br />

WIRD’S RICHTEN“<br />

unsere „Geldgeber“, die Krankenkassen, entgegenkämen,<br />

wäre auch hier nach dem<br />

Hintergedanken zu fragen.<br />

Wie gesagt: Es mag dies alles richtig, zweckmäßig<br />

und notwendig sein - es ist aber keinesfalls<br />

bewiesen, dass es für alle Notdienstbezirke<br />

der alleinseeligmachende Weg ist.<br />

Wenn das Ziel eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen<br />

von uns Ärztinnen und Ärzten<br />

im kassenärztlichen Notdienst ist, hat man<br />

hier über das Ziel hinausgeschossen. Dazu<br />

möchte ich anführen:<br />

1.) „Jahrzehntelange Reglementierung .. haben<br />

die Freiberuflichkeit von Ärztinnen und<br />

Ärzten in unerträglichem Maße eingeschränkt.<br />

Der Gesetzgeber muss sich darauf reduzieren,<br />

die Rahmenbedingungen zu schaffen, in<br />

denen sich der Arzt gemäß seinem Statut als<br />

Freiberufler entwickelt. Der Missbrauch der<br />

körperschaftlichen Struktur zur Umsetzung<br />

staatlicher Repressalien wird nicht länger hingenommen.<br />

(Fünf-Punkte-Plan gemäß KVSH-<br />

Protest-Newsletter). - Die „Behörde“ KV gebärdete<br />

sich, bestünde sie auf den oben genannten<br />

Accessoires, obrigkeitlich reglementierend.<br />

2.) „Die niedergelassene Arztpraxis in<br />

Deutschland ist zum Tode verurteilt….Bisher<br />

hat das KV-System den ihm vom Staat übertragenen<br />

Auftrag getreulich erfüllt: Die Mangelverwaltung<br />

des zunehmend unterfinanzierten<br />

Sachleistungssystems und das Durchdrücken<br />

gesetzlich verpackter Repressalien<br />

gegen die ärztliche Basis….Ein starker Geldfluss<br />

aus dem Topf der niedergelassenen Ärzte<br />

hin zu Versorgungszentren und für die ambulante<br />

Behandlung an Krankenhäusern ist vorprogrammiert.<br />

Den eigentlichen Todesstoß,<br />

und hier sind auch die „Landärzte“ betroffen,<br />

werden uns die subventionierten Krankenhäuser<br />

und Versorgungszentren geben, die<br />

sich bereits für den ambulanten Markt präparieren.<br />

Die Situation wird dem niedergelassenen<br />

Arzt kaum Überlebenschancen geben“<br />

(Aufruf der „Freie[n] Ärzteschaft e. V.“). - Warum<br />

sieht hier kein KV-Boss die Gefahr, dass<br />

wir nach erfolgreicher Installation der Notdienstanlaufpraxen<br />

aus diesen verdrängt werden<br />

könnten?<br />

Wenn sich für einen Notdienstring in der<br />

Kürzlich berichtete mir eine Patientin, dass<br />

sie eine Flusskreuzfahrt von Passau nach<br />

Wien gemacht habe, an deren Kosten sich<br />

die GEK mit 185 Euro beteiligt habe. Als<br />

Gegenleistung habe sie Nordic Walking gelernt<br />

und an einer Rückenschulung in Gruppen<br />

teilgenommen.<br />

Angesichts immer stärkerer Kürzungen im<br />

kurativen Bereich, habe ich mich bei der GEK<br />

über diese Form der Prävention informiert<br />

Arbeitsteilung eine solche Anlaufpraxis als<br />

zweckmäßig erweisen sollte, mag er sie - mit<br />

Hilfe unserer KV! - einrichten, wenn nicht,<br />

dürfen Kolleginnen und Kollegen nicht dazu<br />

gezwungen werden. In der Logik eines Bürokratieabbaus<br />

böte sich an, dass die (größer<br />

gewordenen) Notdienstbezirke ihr bisheriges<br />

Gesamtnotdiensthonorar als Budget bekämen,<br />

dessen „Bewirtschaftung“ aber ihren<br />

Mitgliedern allein obläge.<br />

Es gibt zwischen einer neidvollen und kontrollsüchtigen<br />

medizinunkundigen Politik und<br />

uns Ärztinnen und Ärzten - und damit auch<br />

unseren Patienten - viele Frontlinien. Das Bestreben<br />

aller Ärzte muss sein, diese Linien<br />

möglichst jenseits der eigenen Gruppe zu halten.<br />

Eine KV, die ein - in dieser Totalität einer<br />

obligatorischen Struktur - staatsmedizinisch<br />

duftendes Modell allen überstülpte, zöge eine<br />

(weitere) dieser Linien zwischen viele der ihren<br />

und sich.<br />

Wenn wir Deregulierung und Entbürokratisierung<br />

ernst meinen, denn bedeutete die<br />

oben genannte Budget-Regelung (Selbstbewirtschaftung<br />

ohne unnötige Vorgaben) eine<br />

konformere Lösung. Und dass bei pauschal<br />

(nach Zeit) vergüteten Diensten natürlich keinerlei<br />

Punkte oder Abrechnungsziffern mehr<br />

aufgeschrieben werden, versteht sich am<br />

Rande bemerkt aus dem gleichen Grund - Abbau<br />

von Bürokratie - von selbst, oder?<br />

Verehrte Kolleginnen und Kollegen im KV-<br />

Vorstand, die Befürchtung, mit den Anlaufpraxen<br />

einen weiteren staatsmedizinischen<br />

Baustein zu schaffen, mag falsch oder richtig<br />

sein. Aber wie lautete ein Lebensmotto des<br />

Denkers und Berichters Joachim Fest, das er<br />

übrigens seinem Deutschlehrer verdankte:<br />

„Im Zweifel für den Zweifel!“<br />

Oder, um es ketzerisch zu sagen: Im FAX<br />

der KV als Patienten-Informationsblatt vom<br />

20. September 2006 wird links oben ein Poster<br />

abgebildet. Dort steht klein „Gesundheitsreform“<br />

und groß „Mit Volldampf in die<br />

Staatsmedizin“. Hoffen wir, dass der flüchtige<br />

Leser dieses nicht als neues Motto der <strong>Kassenärztliche</strong>n<br />

<strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>s<br />

(v)erkennen muss!<br />

DR. MARTIN GATTERMANN,<br />

ALLGEMEINARZT, ST. PETER-ORDING<br />

und prompt einen Katalog zugeschickt bekommen.<br />

Format DIN A 4, Hochglanz mit<br />

40 Seiten vom Reisebüro „Dr. Holiday" in Regensburg<br />

mit Urlaubsmöglichkeiten in fünf<br />

europäischen Ländern.<br />

0-Ton : "Gesundheits-, Fitness- und Entspannungsurlaub<br />

in Europa. Supergünstig<br />

mit Krankenkassen-Zuschuss." Und weiter:<br />

„Sie brauchen weder einen Antrag zu stellen<br />

noch ihren Arzt zu fragen, keine Bewilligung<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


<strong>Nordlicht</strong> 06 und 07/2006,<br />

„OHNE DMP GEHT NICHTS MEHR, ODER?“<br />

Das Ärztenetz Neustadt hat in den vergangenen<br />

Monaten versucht, am Strukturvertrag<br />

zwischen AOK und KV teilzunehmen.<br />

Dies wurde bisher seitens der AOK mit dem<br />

Hinweis verwehrt, die Neustädter Ärzte beteiligten<br />

sich nicht in ausreichendem Maß<br />

an den DMPs.<br />

Zielsetzung des Vertrages ist eigentlich "die<br />

Förderung von Qualität und Wirtschaftlichkeit",<br />

d. h. Kosten einzusparen, vor allen Dingen<br />

im Medikamentensektor, bei Heil- und<br />

Hilfsmitteln, bei der Vermeidung von Krankenhausbehandlung.<br />

So steht es jedenfalls<br />

in der Präambel und im § 2 des Vertrages.<br />

Dazu hat sich das Neustädter Ärztenetz bereit<br />

erklärt.<br />

Zielsetzung der AOK scheint einzig und allein<br />

zu sein, den Vertrag als weiteren Hebel<br />

zur Ausweitung der DMPs zu benutzen, oder<br />

sollte man besser sagen zu "missbrauchen".<br />

Dies wurde in mehrfachen Gesprächen mit<br />

AOK-Vertretern deutlich.<br />

In abendfüllenden Vorträgen - seitens der<br />

AOK Informationsveranstaltung genannt -<br />

macht die Kasse auf ihre missliche finanzielle<br />

Lage aufmerksam, mit der sie gleichzeitig die<br />

kostenaufwendigen Werbefeldzüge für DMPs<br />

bei Patienten und Ärzten rechtfertigt. Mit anderen<br />

Worten, es geht der Kasse nur um das<br />

eigene Geld.<br />

An dieser Stelle sei grundsätzlich von unserer<br />

Seite aus betont, dass gegen eine strukturierte<br />

Behandlung Z. B. von Diabetikern<br />

medizinisch nichts einzuwenden ist. Die vorgegebene<br />

Struktur DMP ist jedoch an den so<br />

genannten Risikostrukturausgleich zwischen<br />

den Krankenkassen geknüpft. Wegen dieser<br />

Gelder werden DMPs zum zentralen finanziellen<br />

Kalkül der Krankenkassen.<br />

Die Teilnahme von Ärzten an den Diseasemanagementprogrammen<br />

macht uns zunehmend<br />

zu Managern des Geldes und damit<br />

abhängig von den Krankenkassen. Was<br />

man unter Struktur und Qualität in der medizinischen<br />

Behandlung versteht, bestim-<br />

durch die GEK oder den Nachweis der Notwendigkeit<br />

erbringen. Einfach das attraktivste<br />

Angebot auswählen und anmelden. Jeder<br />

GEK - Versicherte kann jeweils einmal<br />

pro Jahr eine Gesundheitswoche buchen."<br />

So einfach ist es also. Nicht so kompliziert<br />

wie unsere kurative Medizin, deren Notwendigkeit<br />

und Wirtschaftlichkeit durch das SGB<br />

V vorgeschrieben ist und bei Zuwiderhandlungen<br />

Regresse drohen. Bei einer derartigen<br />

men dann nicht mehr wir Ärzte, sondern die<br />

Bürokraten der gesetzlichen Kassen.<br />

Nur wer stromlinienförmig sich diesen<br />

Strukturen unterwirft, bekommt Geld außerhalb<br />

des Budgets, darf an Strukturverträgen<br />

teilnehmen, darf seinen Patienten weiter<br />

Herzsport verordnen usw. usw. Immer weitere<br />

Bedingungen werden schleichend an<br />

das gefällige Mitwirken bei DMPs geknüpft.<br />

Dies ist gleichbedeutend mit der Aufgabe<br />

unserer ärztlichen Freiheit und Selbstständigkeit.<br />

Wir investieren immer mehr Zeit und<br />

Energie in ungeliebte Bürokratie (gegen die<br />

wir ja gleichzeitig demonstrieren) und in ein<br />

ohnehin marodes Kassensystem, welches<br />

von Grund auf saniert werden muss. Das<br />

sollte allen Kollegen, die wohlfeil an DMPs<br />

teilnehmen, bewusst sein.<br />

Die Perfidie des Systems DMP zeigt sich<br />

nicht zuletzt in den von einigen Kassen ausgelobten<br />

Bonusmodellen (z. B. 30 Euro Kassengebühr<br />

pro Jahr zurück).<br />

Die politische Unverschämtheit, uns Ärzte<br />

unentgeltlich als Geldeintreiber für die gesetzlichen<br />

Krankassen zu missbrauchen, wird<br />

noch dadurch überboten, dass darum herum<br />

zusätzlich ein Bonussystem der Kassen<br />

installiert wird, welches wiederum durch uns<br />

Ärzte gesteuert werden soll - unentgeltlich<br />

natürlich.<br />

Ich denke, wir Ärzte müssen diesem supermarktähnlichen<br />

Geldgeschacher endlich Einhalt<br />

gebieten, solidarisch DMPs ablehnen,<br />

und uns auf unsere eigentlichen Aufgaben<br />

konzentrieren.<br />

Das Neustädter Ärztenetz hat sich bewusst<br />

gegen die Ausweitung der DMPs entschieden,<br />

um auch ein Zeichen für andere Ärztenetze<br />

zu setzen. Den Kassen muss klargemacht<br />

werden, dass wir Ärzte sind, und nicht<br />

deren instrumentalisierte finanzielle Handlanger.<br />

Noch ein Wort zur überbordenden Bürokratie:<br />

Ich habe mir überlegt, welche unseren<br />

Alltag belastenden Bürokratismen wir in den<br />

Urlaubsfinanzierung mit ineffektiver Prävention<br />

müsste eigentlich die Aufsichtsbehörde<br />

für das Versicherungswesen aktiv werden.<br />

Ich empfehle allen, sich die Internetseite<br />

www.dr-holiday.de anzusehen. Sie werden<br />

feststellen, dass mehrere Krankenkassen genau<br />

so verfahren, wie die bisher zitierte GEK.<br />

Ich überlege mir ernsthaft, bei „Dr. Holiday"<br />

einzusteigen. Auf Kreuzfahrten wird doch<br />

auch ein Schiffsarzt gebraucht und bei Ur-<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL<br />

33<br />

letzten Jahren klaglos in unsere Abläufe integriert<br />

haben. Hier eine (wahrscheinlich unvollständige)<br />

Aufzählung:<br />

1. Einziehen der Kassengebühr (bei befreiten<br />

und Vertreterpatienten nicht, bei letzteren<br />

nur einmal nicht, beim zweiten Mal<br />

doch, im Notdienst erst bei allen, neuerdings<br />

bei den eigenen Patienten nicht, bei<br />

Urlaubern nur bei Weiterbehandlung mit<br />

gültigem Überweisungsschein nicht, usw.<br />

usw.), Mahnverfahren...<br />

2. Verschlüsselung der Diagnosen nach ICD-10.<br />

3. Vierstellige Schlüsselnummern auf Heilmittelrezepten,<br />

zus. Formulierungen für<br />

Therapieart, -ziel, -spezifizierung, Berücksichtigung<br />

von Regelfall oder Nichtregelfall<br />

usw.<br />

4. Fünfstelliger EBM, bei dem man auch nach<br />

über einem Jahr noch nachschlagen muss.<br />

5. Seitenlange Reha-Anträge (Muster 61) mit<br />

Kreuzchen, Kästchen usw.<br />

6. DMPs (betrifft nur willige Kollegen): Pro<br />

Krankheit und Quartal ein völlig unübersichtlicher<br />

Bogen Kreuzchen und Kästchen<br />

(bei einem Kreuzchen zuviel oder zuwenig<br />

gibt es kein Geld!) für inzwischen fünf<br />

Krankheiten, über 50 verschiedene Abrechnungsziffern,<br />

fünfstellig, versteht sich.<br />

7. Angesichts erhöhter Ablehnungsrate von<br />

Rehamaßnahmen und Kuren (z. B. Mutter-Kind)<br />

inflationäre Zunahme von Stellungnahmen,<br />

Begründungen usw.<br />

8. Sammeln von Fortbildungspunkten (Anm.:<br />

Fortbildung ist gut und wichtig)<br />

9. Für die Zukunft: QM mit Dokumentation,<br />

Betriebsbegehungen mit allen Vor- und<br />

Nacharbeiten.<br />

10. Ausfüllen von Bonusheften fiir die Krankenkassen.<br />

Für mich stellt sich allmählich<br />

die Frage, inwieweit es ethisch noch vertretbar<br />

ist, unseren Patienten die mit diesem<br />

Moloch verbrachte Zeit vorzuenthalten.<br />

DR. MED. CHRISTOPH SCHÜTTE,<br />

ALLGEMEINARZT, NEUSTADT<br />

lauben mit Fitness-Training von Ungeübten<br />

ist ein anwesender Doktor doch ganz sinnvoll.<br />

Diese Tätigkeit unterliegt auch nicht<br />

dem Punktwerteverfall, sondern wird mit<br />

festen und hohen Euros honoriert.<br />

DR. MANFRED SIMON,<br />

ALLGEMEINARZT, KRONSHAGEN


34 VOR ORT<br />

LEBEN AUF DER SCHWELLE<br />

JAKOB WILDER, KVSH<br />

Das Christian Jensen Kolleg in Breklum bietet in seiner<br />

neuen Seminarreihe für Menschen in Schwellensituationen<br />

eine Verbindung von Seelsorge und Therapie.<br />

Gelegen unter dem weiten Himmel Nordfrieslands:<br />

Das Christian Jensen Kolleg ist die ökumenische<br />

Tagungs- und Bildungsstätte der<br />

Nordelbischen Kirche in Breklum. Ein Ort, an dem seit<br />

vielen Jahrzehnten Menschen aus unterschiedlichen<br />

Kulturen, Lebensbereichen, Berufen und Ländern miteinander<br />

ins Gespräch kommen. Die besondere geographische<br />

Lage macht auch den besonderen Reiz der<br />

Bildungsstätte aus. Vor einigen Jahren ist die gesamte<br />

Anlage modernisiert und attraktiv umgestaltet worden.<br />

Die Nordsee ist nur etwa 15 Autominuten entfernt.<br />

Einen besonderen Freizeit- und Erholungswert<br />

haben deshalb Fahrradtouren und Wandern . Wer ein<br />

Dr. Kay-Ulrich Bronk:<br />

“Jeder Tag beginnt mit<br />

einem Atemschöpfen in<br />

Bewegung”.<br />

Das Martineum des<br />

Christian Jensen Kollegs<br />

in Breklum.<br />

Blick in eins der<br />

komplett modernisierten<br />

Zimmer des Kollegs -<br />

im Hintergrund der<br />

historische Altbau.<br />

Das Team des Christian Jensen Kollegs sorgt für einen<br />

angenehmen Ablauf der Seminare.<br />

wenig mehr Zeit mitbringt, dem erschließt sich die<br />

einmalige Natur auf Halligfahrten und geführten Wattwanderungen.<br />

Freunde der bildenden Kunst können<br />

die Kunstausstellungen im Richard-Haizmann-Museum<br />

in Niebüll und das Noldemuseum in Seebüll besuchen.<br />

Neues Seminarangebot<br />

Dr. Kay-Ulrich Bronk, Pastor und Leiter des Kollegs<br />

erläutert den besonderen Charakter des neuen Seminarangebots<br />

“Leben auf der Schwelle”: “Wir wenden<br />

uns mit unserem Modellprojekt an Menschen in<br />

Schwellensituationen wie z. B. nach Trennung, Tod<br />

oder Arbeitsplatzwechsel. Wir möchten den Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmern im Rahmen eines Urlaubs<br />

an der Nordsee die Möglichkeit geben, sich innerlich<br />

zu klären. In Begleitung eines Arztes, einer psychologischen<br />

Psychotherapeutin und eines Seelsorgers wird<br />

die Gruppe miteinander ins Gespräch kommen. Für<br />

die Seminarreihe suchen wir noch Sponsoren und<br />

Unterstützer, und haben dann an die Krankenkassen<br />

gedacht.”<br />

Das Pilotseminar wird vom 08. bis zum 15. Juni 2007<br />

stattfinden. Interessenten können sich im Internet unter<br />

www.christianjensenkolleg.de informieren. Eine<br />

Anmeldung für das Seminar kann direkt unter der Telefonnummer<br />

04671 911 20, unter der Faxnummer<br />

04671 25 84 oder per Mail unter info@christianjensenkolleg.de<br />

vorgenommen werden.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


KV INTERN KOLUMNE / ZU GUTER LETZT 35<br />

WIE ICH ES SEHE ...<br />

Bürokratie-<br />

Folter-Hitparade:<br />

Wer bekommt<br />

den ersten Platz?<br />

Dr. Michael Drews<br />

Wenn man einmal eine Hitliste zeitintensivärgerlicher<br />

bis überladen-überflüssig-sinnloser<br />

Bürokratismusfolter-Vorgaben für Vertragsärzte<br />

aufstellen und den Spitzenreiter einer solchen<br />

Bürokratismus-Folter-Hitparade mit der „verbogenen<br />

Kanüle mit Rostbesatz“ auszeichnen würde<br />

– es gäbe eine Fülle aussichtsreicher Kandidaten für<br />

diese begehrte Trophäe.<br />

Die ungeliebten und immer noch völlig überfrachteten<br />

DMP-Bögen würden sich einen heißen Wettkampf<br />

liefern mit dem immer noch zeitintensiven und<br />

ärgerlichen Verwaltungsakt des Kassierens der zehn-<br />

Euro-Kassengebühr. – Die Ärztekammer würde mit<br />

ihrem Meldebogen zu Krebserkrankungen (die im Einzelfall<br />

auch schon einmal bei ein und demselben Patienten<br />

von einem halben Dutzend Kollegen gleichzeitig<br />

abgegeben werden...) ins Rennen gehen. Die Rezeptformulare<br />

für Krankengymnastik, Ergotherapie<br />

und Logopädie wetteifern mit dem Krankentransportscheinformular<br />

vor stationärer Einweisung, für<br />

dessen korrektes Ausfüllen ein zusätzliches Semester<br />

Verwaltungsrecht nötig ist sowie beim Ausfüllen am<br />

Patientenbett ein Suchscheinwerfer plus Leselupe<br />

zwingend erforderlich sind.<br />

Das Formular für den ambulanten Pflegedienst hätte<br />

allerdings größte Mühe, den mehrseitigen Reha-Antrag<br />

aus dem Feld zu schlagen. – Ein ganz heißer Kandidat<br />

für die Bürokratismus-Nonsens-Hitparade ist<br />

auch der jetzt gültige EBM 2000plus, der dem Vertragsarzt<br />

bei jeder Quartalsabrechnung erneut ein<br />

mehrseitiges Streichkonzert von fälschlich angeschriebenen<br />

oder sich ausschließenden inkompatiblen<br />

EBM-Ziffern beschert, das man eigentlich nur<br />

noch als braver Vertragsarzt KV-gläubig ratlos-kopfschüttelnd<br />

akzeptieren, jedoch kaum noch nachvollziehen<br />

kann.<br />

ZU GUTER LETZT<br />

Gesundheitsexperte Prof.<br />

Lauterbach in seinem Wahlkreis<br />

in Leverkusen zum<br />

Koalitionsbeschluss zur<br />

Gesundheitsreform: Die Gesundheitsreform<br />

sei „noch<br />

nicht in trockenen Tüchern“<br />

- sie sei „ein Reformfiasko<br />

für die Bevölkerung“ ...<br />

Letzterer Aussage ist wohl<br />

aus ärztlicher Sicht nichts<br />

hinzuzufügen!<br />

Zuständige Gesellschaft für Telematikanwendung gibt<br />

zu bedenken, dass bei der Einführung der Gesundheitskarte<br />

statt der vom Gesundheitsministerium geplanten<br />

1,4 Milliarden Euro möglicherweise Kosten von<br />

3,9 bis 7 Milliarden Euro entstehen könnten ... (Bericht<br />

in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung):<br />

Bundesgesundheitsministerium hat Wachstumsraten<br />

für die beitragspflichtigen Einnahmen der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung für 2007 veröffentlicht: 0,28 Prozent<br />

für die alten Bundesländer - 1,05 Prozent für die<br />

neuen Bundesländer. Wachstumsspielräume für Vertragsärzte<br />

sind demnach begrenzt - Honorar 2007 wird<br />

stagnieren (zu deutsch: bei steigenden Kosten weiter sinken!)<br />

Hups - wer hätte das gedacht ....<br />

Doch für mich ist ein ganz heißer und kaum schlagbarer<br />

Kandidat für die „verbogene Kanüle mit Rostbesatz“<br />

die ICD-Kodierung, deren tieferer Sinn mir<br />

immer schon und wohl auch für alle Ewigkeit verborgen<br />

bleiben wird. Warum etwa eine Krankheit wie der<br />

Diabetes mellitus mit seinen vielen Facetten in der<br />

ICD-Kodierung mit fünfeinhalb Dutzend verschiedenen<br />

Kodierungsziffern abgebildet werden muss, wird<br />

wohl für immer das Geheimnis der ICD-Schöpfer bleiben.<br />

Wer allen Ernstes glaubt, mit dieser ICD-Verschlüsselung<br />

in Praxis und Klinik ein realistisches Abbild<br />

der Morbidität dieser Gesellschaft zu erhalten oder<br />

aus diesem Verschlüsselungszirkus gar irgendwelche<br />

Qualitätsnormen ableiten möchte, dem ist ohnehin<br />

nicht zu helfen. Die Realität dieser ICD-Kodierung in<br />

der Klinik sieht doch so aus, dass die Patienten nach<br />

Möglichkeit „DRG-gerecht“ kodiert werden. Und in<br />

der Vertragsarztpraxis spuckt der Computer den jeweiligen<br />

Symptomen der Patienten entsprechend<br />

irgendeine ICD-Kodierung aus – ob diese nun wirklich<br />

passt oder nicht, interessiert doch ohnehin niemanden!<br />

Natürlich erhebt diese Kandidatenkür keinerlei Anspruch<br />

auf Vollständigkeit und wird mit Sicherheit<br />

durch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachgebieten<br />

ergänzt werden können. Doch trotz aller verbalen<br />

Beteuerungen, dass der Bürokratismus in diesem<br />

Lande zurückgefahren werden soll, trotz Einsetzung<br />

von Anti-Bürokratismus-Kommissionen auf KBV-<br />

Ebene, dürfte eines wohl auch für die Zukunft unbestritten<br />

sein: Für die „verbogene Kanüle mit Rostbesatz“<br />

wird es auch weiterhin in der Zukunft jede Menge<br />

neuer Kandidaten geben!<br />

Koalititon hat seit Amtseintritt<br />

vor einem Jahr 3,4 Millionen Euro<br />

für PR-Kampagnen zur<br />

Gesundheitsreform ausgegeben....<br />

Wer als Vertragsarzt allen Ernstes gehofft haben mag,<br />

die Gesundheitsreform würde einen Hauch von leistungsgerechtem<br />

Honorar mit sich bringen - wer ferner darauf<br />

vertraut hat, die Finanzierung der Polimorbidität dieser Gesellschaft<br />

und einer Luxusmedizin-Mentalität vieler Patienten<br />

würde von den Vertragsärzten genommen und auf die an<br />

sich zuständigen Krankenkassen zurückverlagert werden,<br />

möge den neusten Spruch eines Spitzenbeamten aus dem<br />

Gesundheitsministerium über seine Praxis hängen:<br />

„Es ist doch naiv zu glauben, wir<br />

führen eine Eurogebührenordnung ein<br />

und lassen dann den Himmel offen!“<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL


36 KV INTERN PSYCHOTHERAPIE<br />

VERSORGUNG VON PSYCHISCH<br />

KRANKEN MENSCHEN<br />

Zwei Heilberufe und vielfältige Methodik.<br />

HEIKO BORCHERS, PSYCHOLOGISCHER PSYCHOTHERAPEUT,<br />

KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPEUT<br />

Die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung<br />

im Bereich der psychischen, psychiatrischen sowie<br />

psychiatrisch-neurologischen Erkrankungen als messbares<br />

Ganzes abzubilden, ist so gut wie nicht möglich. Bei dem Versuch,<br />

es doch zu wagen, stößt man schnell auf Dissensen - unterschiedliche<br />

Ansichten der an der Versorgung beteiligten Heilberufe<br />

und Fachgruppen. Bekanntermaßen wird die Versorgung in diesem<br />

Bereich von zwei verschiedenartigen Heilberufen gewährleistet,<br />

einerseits Ärzten, andererseits Psychologischen Psychotherapeuten<br />

sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Hinzu<br />

kommt die Tatsache, dass es in keinem Gebiet der Heilkunde dermaßen<br />

viele sich unterscheidende Behandlungsverfahren und -<br />

methoden für ein und dieselbe Krankheit gibt wie hier. Der Angststörung<br />

beispielsweise lässt sich allein nur im Bereich der gesetzlichen<br />

Krankenversicherungen schon mit mehreren Behandlungsverfahren<br />

beikommen. Denkbar ist hier die rein psychopharmakologische<br />

Herangehensweise oder eine der drei psychotherapeutischen<br />

Interventionen: Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte<br />

Psychotherapie oder Psychoanalyse. Und selbstverständlich<br />

auch die Kombination von Pharmakotherapie und Psychotherapie.<br />

Wie leicht und übersichtlich erscheint es dagegen, einen entzündeten<br />

Appendix zu entfernen. Die Methodenvielfalt ist bereichernd<br />

und wäre an sich gar nicht schlecht, aber zu jeder Methode gehört<br />

auch mindestens ein Verfechter eben dieser Methodik und oft geht<br />

da das Problem los - beim "verfechten". Von daher mögen in der<br />

Überwindung der Uneinheitlichkeit noch einige Ressourcen für<br />

eine effizientere und nachhaltigere Versorgung liegen.<br />

Wie viel Versorgung?<br />

Es lässt sich von daher nicht quantifizieren, was mehr zur Versorgung<br />

beiträgt, das Verschreiben eines Psychopharmaka, das psychiatrische<br />

Gespräch, die psychosomatische Grundversorgung oder<br />

die Durchführung einer Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse.<br />

Möglich ist lediglich, in einfachen Anzahlwerten festzustellen, wie<br />

viele Psychotherapeuten der ambulanten Versorgung der Bevölkerung<br />

in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

zur Verfügung stehen. Die Zählung zur Feststellung des<br />

Psychotherapeuten-Versorgungsgrades der KVSH vom 14.08.2006<br />

weist insgesamt 404 Psychologische Psychotherapeuten und Kinder-<br />

und Jugendlichenpsychotherapeuten zusammen aus. Damit<br />

sind diese Psychotherapeuten nach den Hausärzten die zweitgrößte<br />

Gruppe innerhalb der KVSH. Diese Zählung auf Grund der Bedarfsplanung<br />

trennt nicht zwischen Psychologischen Psychotherapeuten<br />

und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. In <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

sind jedoch ungefähr 50 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten<br />

ambulant vertragspsychotherapeutisch tätig.<br />

Die Anzahl der ärztlichen Psychotherapeuten fließt in diese Zählung<br />

häufig nicht in vollem Umfang ein, weil einige nur teilweise psychotherapeutisch<br />

tätig sind, von daher ergibt sich im Ergebnis eine ge-<br />

brochene Zahl von 148,9 Ärzten. Neben diesen Psychotherapeuten<br />

versorgen auch die ungefähr 130 Fachärzte für Neurologie psychisch<br />

und psychiatrisch erkrankte Menschen in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>.<br />

Die durchschnittliche Fallzahl eines Facharztes für Psychosomatische<br />

Medizin und Psychotherapie liegt bei 49 Patienten pro Quartal<br />

und die eines Psychologischen Psychotherapeuten bei 38 Patienten<br />

pro Quartal. Demgegenüber liegen die Fallzahlen der Fachärzte<br />

für Psychiatrie sowie Neurologie bei durchschnittlich 650 Patienten<br />

pro Quartal.<br />

Hochwertige Versorgung<br />

Die in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> niedergelassenen Psychotherapeuten,<br />

Psychiater und Neurologen stellen eine hochwertige ambulante Versorgung<br />

der Bevölkerung im Bereich psychischer und psychiatrischer<br />

Erkrankungen zur Verfügung. Die Uneinheitlichkeit in diesem<br />

Bereich mindert deren Leistung und Qualität nicht. Wie lange und ob<br />

überhaupt dieses Niveau noch zu halten ist, muss leider ernsthaft<br />

in Frage gestellt werden. Der stetig zunehmenden Zahl von Menschen<br />

mit psychischen, psychiatrischen sowie psychiatrisch-neurologischen<br />

Erkrankungen steht eine negative Arztzahlentwicklung,<br />

ein steigendes Desinteresse an einer Niederlassung auf Grund sinkender<br />

Honorar- und Ertragsentwicklungen verbunden mit zunehmender<br />

Belastung durch Bürokratie, Zwangsfortbildung und Pseudo-<br />

Qualitätsmanagement gegenüber. Nur allein die Zunahme der psychischen,<br />

psychiatrischen sowie psychiatrisch-neurologischen Erkrankungen<br />

in schönen Gesundheitsberichten zu dokumentieren<br />

und zu prognostizieren, wie es viele Krankenkassen gerne machen,<br />

wird die Versorgung von Morgen nicht sichern.<br />

Nachtrag zum Artikel<br />

„Was sind eigentlich Psychotherapeuten?“ NORDLICHT 8/2006:<br />

Selbstverständlich haben die Bezeichnungen Facharzt für Psychotherapeutische<br />

Medizin sowie Facharzt für Neurologie und Psychiatrie<br />

weiterhin Gültigkeit. Heute jedoch werden sie nach der<br />

Weiterbildung nicht mehr verliehen, sondern nur die im Artikel<br />

erwähnten neuen Gebietsbezeichnungen.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


BUCHTIPP 37<br />

WACHSTUMSMARKT GESUNDHEIT<br />

Oberender/Hebborn/Zerth: Für Vertragsärzte als Post-Praxislektüre<br />

empfohlen – für Gesundheitspolitiker als Pflichtlektüre verordnet!<br />

PROF. DR. JENS-MARTIN TRÄDER, ALLGEMEINARZT, LÜBECK<br />

Die Bayreuther Wirtschaftswissenschaftler Oberender, Hebborn<br />

und Zerth legen in ihrem Buch eine schonungslose<br />

Analyse unseres Gesundheitswesens vor. Im Gegensatz zu<br />

vielen anderen Autoren, die mit den Entwicklungen in Deutschland<br />

ebenfalls unzufrieden sind, führen sie in ihrem Buch auch Lösungsvorschläge<br />

an, die eine genauere Betrachtung wert sind. Das<br />

Buch ist lesenswert für alle, die sich mit den aktuellen Problemen<br />

unseres Gesundheitssystems beschäftigen.<br />

Einige interessante Darstellungen, die bekannte Zahlen neu und<br />

intelligent zusammenstellen, wodurch andere Interpretationen angeregt<br />

werden, habe ich exzerpiert und hier abgebildet.<br />

KostensteIle 1960 relativ 2004 relativ Steigerung<br />

Gesamtausgaben 4,9 100% 130,18 100% 28,9fach<br />

Verwaltungsausgaben 0,3 6,30% 8,1 5,80% 26,4fach<br />

Leistungsausgaben 4,6 100% 131,16 100% 28,5fach<br />

Heil- und Hilfsmittel 0,1 2,20% 8,18 6,20% 80fach<br />

Krankenhaus 0,8 17,80% 47,59 36,30% 58,2fach<br />

Arzneimittel 0,6 12,20% 21,43 16,30% 38,1fach<br />

zahnärztl. Behandlung 0,4 8,90% 11,26 8,60% 27,5fach<br />

ärztliche Behandlung 1 21,10% 21,43 16,30% 22,1fach<br />

Krankengeld 1,4 30,00% 6,37 4,90% 4,6fach<br />

Bei dieser Tabelle fällt auf, dass sich in den vergangenen 45 Jahren<br />

die Werte für ärztliche und zahnärztliche Behandlung sowie für Verwaltungskosten<br />

etwa in dem Maße gesteigert haben wie die gesamten<br />

Leistungsausgaben. Die Kosten für Arzneimittel, für Behandlung<br />

im Krankenhaus und Ausgaben für Heil- und Hilfsmittel<br />

sind überdurchschnittlich gestiegen. Damit ist die Hauptquelle der<br />

Kostensteigerungen im Gesundheitswesen klar zu identifizieren.<br />

Als Hauptfehler unseres GKV-Systems sehen Oberender und Kollegen<br />

die von ihnen so bezeichnete "Freifahrermentalität" der Versicherten.<br />

Zum einen hängt die Höhe des Beitrages nicht von der<br />

persönlichen Lebensführung ab, gesundheitsschädliches Verhalten<br />

wird nicht durch steigende Versicherungsbeiträge "bestraft". Zum<br />

anderen hätten die Versicherten viele dieser Gesundheitsleistungen<br />

nicht von selbst nachgefragt, wenn sie diese im Einzelfall auch bezahlen<br />

müssten. Die Nachfrage ist von der Tatsache, dass sie diese Leistungen<br />

im Versicherungspaket ohne Mehrkosten wahrnehmen<br />

können, induziert worden. Die Krankenkassen fördern diese Nachfrage<br />

sogar noch durch Sonderprogramme.<br />

Ein weiterer Belastungsfaktor ist durch die steigende Lebenserwartung<br />

bedingt. Die Zahl der Hochbetagten, die Multimorbidität und<br />

die Anzahl der chronischdegenerativen Erkrankungen (und auch<br />

der Pflegefälle) steigen an, wodurch die Ausgabensituation der Krankenkassen<br />

verschlechtert wird. Da die Gesamthonorierung der<br />

niedergelassenen Ärzteschaft jedoch durch die Budgetierung (und<br />

durch die Zahlung einer Kopfpauschale) konstant gehalten wird, ist<br />

die Wirkung auf den Haushalt der Krankenkassen weniger fatal als<br />

die Entwicklung auf dem Sektor der Heil- und Hilfsmittel, der Krankenhauskosten<br />

und der Medikamentenkosten.<br />

Oberender und Kollegen kritisieren im abschließenden Kapitel<br />

folgende Hauptpunkte:<br />

1. Falsche Anreize des Systems an die Versicherten,<br />

möglichst viele Leistungen<br />

in Anspruch zu nehmen, anstatt die<br />

Frage nach einem Eigenbeitrag in Form<br />

einer Veränderung des eigenen Verhaltens<br />

zu stellen,<br />

2. Hemmnisse der Marktmechanismen<br />

durch die Verordnungs- und Regelungsflut,<br />

3. Kostendämpfung im Gesundheitswesen<br />

als Selbstzweck, damit Risiko der<br />

Zerstörung des Wachstumsmarktes Gesundheitswesen.<br />

An Veränderungen, die diesen Namen verdienten, ist zurzeit nichts<br />

in Sicht. Die momentane Reformdebatte kuriert an einigen kleineren<br />

Symptomen, aber nicht an der Krankheitsursache. Beide Modelle,<br />

die von der Regierung zurzeit favorisiert werden (Bürgerversicherung<br />

[SPD] und Gesundheitsprämie [CDU]), versuchen die<br />

Einnahmeseite zu erweitern, anstatt Fehlsteuerungen auf der Ausgabenseite<br />

zu vermeiden.<br />

Als alternatives Versicherungsmodell stellen Oberender und Kollegen<br />

die Überlegung vor, eine kollektive Versicherungspflicht für<br />

eine Basisversorgung einzuführen, ohne in der Versicherung ein immanentes<br />

"Umverteilungsmodul" zu belassen. Zusatzversicherungswünsche<br />

können eigenverantwortlich und in separaten Verträgen<br />

mit den Versicherungen abgeschlossen werden. Demzufolge<br />

müssen die Prämien risikoorientiert sein. Diese Prämien werden alters-<br />

und geschlechtsspezifisch erhoben und nach den Gesetzen<br />

der Versicherungsmathematik vorausberechnet. Hier hätte jeder<br />

Beitragszahler den Anreiz, durch die Minimierung der individuellen<br />

Risiken den Beitrag niedrig zu halten.<br />

Die soziale Komponente erhält man in diesem Modell dadurch,<br />

dass jeder Bürger, der durch hohe Versicherungsbeiträge übermäßig<br />

stark belastet würde, eine Beihilfe bekäme, welche diese Belastung<br />

zumindest teilweise auffangen könnte.<br />

Die Krankenversicherung solle die in der Jugend und jungen Erwachsenenzeit<br />

bezahlten Beiträge kapitalsichernd anlegen und für<br />

die Versorgung im Alter nutzen.<br />

Als Quintessenz kommen Oberender und Kollegen also auf eine<br />

Kombination aus dem Teilkasko-Vollkasko-Modell und dem Kapitalanspar-(<br />

=Vorsorge-)modell einer Lebensversicherung mit einer<br />

sozialen Ausgleichsmechanik. Der größte Hemmschuh scheint der<br />

durch die Folgen des 2. Weltkriegs bedingte Generationenvertrag,<br />

der nicht - oder nur schwer - in ein Beitragsrücklagemodell zurückzuführen<br />

ist. Dieser Generationenvertrag führt dazu, dass zurzeit<br />

nur noch die Beitragszahler unter 30 Jahren Nettozahler in unser<br />

System sind, und dass fast alle anderen Jahrgänge Nettoempfänger<br />

darstellen.<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL


38 STECKBRIEF<br />

!<br />

Wer vertritt meine Interessen in der Abgeordnetenversammlung? Welche Ansichten haben die gewählten Vertreter?<br />

Das NORDLICHT stellt Ihnen an dieser Stelle in einer Serie die Abgeordneten vor.<br />

1. Ihre Ziele für die kommende Wahlperiode:<br />

2. Ihre Assoziationen, wenn Sie das<br />

Wort Gesundheitswesen hören?<br />

3. Ihre Gedanken, wenn Sie morgens die Praxis betreten<br />

und abends, wenn Sie sie verlassen?<br />

4. Wie halten Sie sich bei Marathonsitzungen fit?<br />

5. Wodurch zeichnet sich für Sie<br />

ein guter Patient aus?<br />

6. Welchen Politiker würden Sie gern treffen<br />

und was würden Sie ihn fragen?<br />

7. Die größte medizinische Errungenschaft?<br />

8. Wie überzeugen Sie einen Kollegen,<br />

Ihnen Ihren Notdienst abzunehmen?<br />

9. Ihr guter Rat für Ihren Praxisnachfolger:<br />

10. Ihr bester Arztwitz?<br />

11. Wo sehen Sie die KVSH in zehn Jahren?<br />

NAME GEBURTSDATUM<br />

DR. FRIEDRICH-WILHELM BUSSE<br />

FAMILIE<br />

verheiratet, ein Sohn<br />

SITZ DER PRAXIS FACHRICHTUNG<br />

Lübeck Chirurg<br />

WAHLPERIODE WEITERE ÄMTER<br />

I.Wahlperiode<br />

Mitglied im Facharztausschuss<br />

24.11.1951<br />

Da es meine erste Wahlperiode ist, muss ich mich erstmal orientieren. Mein Ziel ist<br />

es, die Freiberuflichkeit aller Ärzte im Gesundheitswesen zu sichern, und sie ohne<br />

staatliche Drangsalierung in einer handlungsfähigen Verwaltung<br />

zusammenzuschließen.<br />

Zur Zeit findet sich trotz der stärksten Regierung, die wir je hatten in der Geschichte<br />

der BRD, kein maßgeblicher Politiker, der den Menschen im Land klar die<br />

notwendigen Einschnitte erklärt und sie auf die Verschlechterung der Versorgung<br />

hinweist.<br />

Hoffentlich kommt in der kurzen Mittagspause kein Pharmareferent.<br />

Abends nach Klinik, Praxis und Visite: „Hoffentlich hast du keinen Fehler gemacht<br />

oder irgendetwas übersehen.“<br />

Konzentration aufs Wichtige, Kaffee und ab und zu einen Keks.<br />

Interesse an seinem Leiden und kritisches Hinterfragen der angebotenen Therapie.<br />

Letztlich gute Kooperation mit dem Arzt.<br />

Karl Lauterbach.<br />

Was ich ihm sagen würde, schreibe ich lieber nicht.<br />

Schutzimpfungen und die Narkose bzw. Lokalanästhesie.<br />

Mit dem wahren Grund und einem Tauschangebot.<br />

Wenn sich überhaupt noch ein Chirurg niederlässt: Den Patienten in den<br />

Vordergrund stellen, aber sich auch früh genug um das Verwaltungsumfeld kümmern.<br />

Kommt ein Pferd zum Arzt. Fragt der Doktor: „Mann, warum machen Sie so ein<br />

langes Gesicht?“<br />

Wenn es sie noch in dieser Form geben sollte, vertritt sie hoffentlich nach wie vor<br />

die Interessen aller freiberuflichen Haus- und Fachärzte.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


SEITE FÜR DAS PRAXISTEAM 39<br />

TELEFONIEREN<br />

PROF. DR. JENS-MARTIN TRÄDER, ALLGEMEINARZT, LÜBECK<br />

• Abgedroschen und nachlässig gesprochene<br />

Meldetexte sind kein Renommee für die Praxis.<br />

Begrüßungsformel langsam und deutlich sprechen,<br />

besonders bei älteren Patienten wichtig!<br />

• Die Namensnennung der Helferin kann - zum besseren<br />

Verständnis - auch erst dann erfolgen, wenn der Patient sich gemeldet hat, z. B.<br />

Arzthelferin: „Praxis Dr. Müller, guten Morgen“<br />

Patient: „Else Krank, ich brauche dringend einen Termin“<br />

Arzthelferin: „Hier ist Frau Hurtig, wir kennen uns ja, Frau Krank, gerne helfe ich Ihnen weiter.“<br />

• Die Namensnennung des Patienten im Gespräch hat immer eine spontane<br />

und herzliche Wirkung „Was kann ich für Sie tun, Herr Meier?“<br />

Mit dem Namen schlagen wir eine zwischenmenschliche Brücke.<br />

• Wenn der Name des Patienten nicht recht verstanden wird, in verbindlichem Ton nachfragen:<br />

„Bitte seien Sie so freundlich und buchstabieren Sie mir Ihren Namen, ich habe Sie nur<br />

undeutlich verstanden.“<br />

• Unbedingt vermeiden: „Wie war noch gleich Ihr Name?“<br />

• Ein wirkungsvoller und befriedigender Dialog kommt durch aktives Zuhören<br />

und gezielte Zwischenfragen zu Stande („Wer fragt, führt!“).<br />

• Hilfreich sind kurze, konkrete Sätze, Rückfragen wie z. B.<br />

„Sind Sie damit einverstanden?“ – „Hatten Sie das so gemeint?“ – „Entspricht das Ihren Vorstellungen?“<br />

• Auf Fachlatein und Fremdwörter verzichten!<br />

• Immer wieder vergewissern, ob man richtig verstanden hat, was der Patient eigentlich will!<br />

• Nicht stumm den Ausführungen folgen, sondern mit einem „Ja“, „Ich verstehe“<br />

oder „Ja, gerne“ signalisieren, dass man genau zuhört.<br />

• In jedem Fall und immer versuchen, den Patienten zufrieden zu stellen mit:<br />

dem Versprechen, sich um die Sache zu kümmern<br />

mit dem versprochenen Rückruf<br />

mit einer festen Terminzusage<br />

mit dem Hinweis auf die Telefonsprechstunde<br />

mit der Auskunft, wo man ihm weiterhelfen kann.<br />

• Die eigene Stimmung ist entscheidend für die Qualität eines Telefongespräches.<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL


40 WAS? WANN? WO?<br />

SEMINARE Zu<br />

Wenn nichts anderes angegeben ist, Anmeldungen bitte an:<br />

<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

Qualitätssicherung, Mareike Ralf Telefon: 04551 883 332<br />

Bismarckallee 1 - 6, Fax: 04551 883 374<br />

23795 Bad Segeberg E-Mail: mareike.ralf@kvsh.de<br />

Seminar für Ärztinnen und Ärzte<br />

„WENN SCHMERZEN „NERVEN“..., DANN SCHMERZEN (HÄUFIG) NERVEN“<br />

- NEUROPATHISCHE SCHMERZSYNDROME -<br />

Seminaren wird nicht mehr persönlich eingeladen.<br />

Bekanntmachungen erfolgen ausschließlich über das NORDLICHT.<br />

Wie wir in den letzten Jahren zunehmend haben lernen können, sind neuronale Schädigungsmechanismen nicht nur für die Entstehung klassischer<br />

neuropathischer Schmerzbilder verantwortlich (z.B.: Trigeminusneuralgie, Postzosterneuralgie, Causalgie bei diabetischer Polyneuropathie).<br />

Vielmehr stellen sie häufig eine wesentliche Teilkomponente dar bei primär nicht neurogen klassifizierten Beschwerdebildern (z.B. Schmerzen<br />

nach lokalen Traumen, bei Tumoren, viszeralen Störungen), und sie tragen hierbei oft eine wesentliche Verantwortung für entstandene<br />

Chronifizierungsprozesse, deren Ursachen im Verlauf rätselhaft geblieben sind.<br />

Dieses Seminar gibt Auskunft zu dem aktuellen Kenntnisstand der Entstehung und Chronifizierung neuropathischer Schmerzen und vermittelt<br />

eine Hilfe zur raschen Erkennung neuropathischer (Teil-) Störungen bei der Analyse chronischer Schmerzzustände mit Hinweisen auf die Nutzung<br />

der entsprechenden Therapiestandards. Für diese Veranstaltung sind Fortbildungspunkte bei der Ärztekammer <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> beantragt<br />

worden.<br />

Datum: ...........................................15. November, 16.00 s.t.-19.00 Uhr<br />

Ort: ................................................Sitzungssaal der Abgeordnetenversammlung im Hause der KVSH, Bismarckallee 1-6, 23795 Bad Segeberg<br />

Ärztliche Leitung: .........................Dr. med. Claus Maschler, Neurologe und Mitglied der Schmerztherapie-Kommission, Lübeck<br />

Referent: .......................................Dr. med. Volker Lindner, Arzt für Neurologie und Psychiatrie am Universitätsklinikum <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, Campus Kiel<br />

Teilnahmebedingungen: ................Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, werden die Anmeldungen in der Reihenfolge des Posteingangs berücksichtigt. Erhalten Sie<br />

keine Absage, so gilt die Teilnahme als bestätigt. Das Seminar ist kostenfrei.<br />

Anmeldung und Auskunft .............Anmeldungen bitte schriftlich bis zum 06. November 2006 (gern auch per Fax oder Email) an die<br />

<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, Abt. Qualitätssicherung (Anschrift siehe oben)<br />

Seminar für Arzthelferinnen<br />

„DIE ARZTABRECHNUNG – SIE FRAGEN, WIR ANTWORTEN“<br />

Im Rahmen dieses Seminars werden wir mit Ihren Mitarbeiterinnen aktuelle Abrechnungsfragen zum neuen EBM und zur GOÄ erörtern.<br />

Datum: ...........................................22. November, 14.00 s.t.-17.00 Uhr<br />

Ort: ................................................Hotel Altes Gymnasium, Süderstr. 6-8, 25813 Husum<br />

Referenten: ...................................Dietrich Bartz, Leiter der Abt. Qualitätssicherung<br />

Peter Tietgen, Abrechnungsleiter<br />

Ernst Sievers, stellv. Abrechnungsleiter<br />

Gastreferent: .................................Jörg Ruge, Privatärztliche Verrechnungsstelle<br />

Teilnahmebedingungen: ................Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, werden die Anmeldungen in der Reihenfolge des Posteingangs berücksichtigt. Erhalten Sie<br />

keine Absage, so gilt die Teilnahme als bestätigt. Das Seminar ist kostenfrei.<br />

Achtung: .......................................Dieses Seminar betrifft die Arzthelferinnen folgender Kreise: Nordfriesland, <strong>Schleswig</strong>-Flensburg, Flensburg-Stadt,<br />

Dithmarschen, Rendsburg-Eckernförde<br />

Anmeldung und Auskunft .............Anmeldungen bitte schriftlich bis zum 13. November 2006 (gern auch per Fax oder Email) an die<br />

<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, Abt. Qualitätssicherung (Anschrift siehe oben)<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


Seminar für Arzthelferinnen<br />

„DIE ARZTABRECHNUNG – SIE FRAGEN, WIR ANTWORTEN“<br />

Im Rahmen dieses Seminars werden wir mit Ihren Mitarbeiterinnen aktuelle Abrechnungsfragen zum neuen EBM und zur GOÄ erörtern.<br />

Datum: ...........................................06. Dezember, 14.00 s.t.-17.00 Uhr<br />

Ort: ................................................Sitzungssaal der Abgeordnetenversammlung im Hause der KVSH, Bismarckallee 1-6, 23795 Bad Segeberg<br />

Referenten: ...................................Dietrich Bartz, Leiter der Abt. Qualitätssicherung<br />

Peter Tietgen, Abrechnungsleiter<br />

Ernst Sievers, stellv. Abrechnungsleiter<br />

Gastreferent: .................................Jörg Ruge, Privatärztliche Verrechnungsstelle<br />

Teilnahmebedingungen: ................Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, werden die Anmeldungen in der Reihenfolge des Posteingangs berücksichtigt. Erhalten Sie<br />

keine Absage, so gilt die Teilnahme als bestätigt. Das Seminar ist kostenfrei.<br />

Achtung: .......................................Dieses Seminar betrifft die Arzthelferinnen folgender Kreise: Segeberg, Lübeck, Ostholstein, Hzgt. Lauenburg, Stormarn,<br />

Neumünster, Kiel, Steinburg, Pinneberg, Plön<br />

Anmeldung und Auskunft .............Anmeldungen bitte schriftlich bis zum 27. November 2006 (gern auch per Fax oder Email) an die<br />

<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, Abt. Qualitätssicherung (Anschrift siehe oben links)<br />

41<br />

ANZEIGE


42 WAS? WANN? WO?<br />

VERANSTALTUNGEN Nur<br />

<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

08. NOVEMBER 15.00 UHR<br />

WORKSHOP JOBSHARING<br />

Anmeldung und Info: Tel. 04551 883 881<br />

Ort: Sitzungszentrum der KVSH, Kuba 1 und 2<br />

11. + 12. NOVEMBER, 09.00 - 17.00 UHR<br />

MODERATOREN-TRAINING<br />

Info: Regina Steffen<br />

Tel. 04551 883 292<br />

14. NOVEMBER 15.00 UHR<br />

WORKSHOP MVZ<br />

Anmeldung und Info: Tel. 04551 883 881<br />

Ort: Sitzungszentrum der KVSH, Kuba 1 und 2<br />

22. NOVEMBER 15.00 UHR<br />

WORKSHOP PRAXISABGABE<br />

Anmeldung und Info: Tel. 04551 883 881<br />

Ort: Sitzungszentrum der KVSH, Kuba 1 und 2<br />

Kreisstellen <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

09. NOVEMBER<br />

QUALITÄTSZIRKEL ONKOLOGIE<br />

Primärer Lebertumor<br />

Ort: I. Medizinische Klinik, Schittenhelmstraße 12, 24105 Kiel<br />

2 OG, gegenüber der Bibliothek<br />

Info: Prof. Dr. Frank Gieseler<br />

Tel. 0431 597 13 93, Fax 0431 597 12 48<br />

21. NOVEMBER<br />

SONO-ARBEITSKREIS: ARTEFAKTE<br />

Ort: Diako, Radiologisches Institut<br />

Info: Kreisstelle Flensburg<br />

Tel. 0461 429 39, Fax 0461 468 91<br />

22. NOVEMBER, 10.00 UHR<br />

KREISSTELLEN-VOLLVERSAMMLUNG<br />

MIT PROTESTTAG<br />

Ort: Hotel des Nordens<br />

Info: Kreisstelle Flensburg<br />

Tel. 0461 429 39, Fax 0461 468 91<br />

22. NOVEMBER, 19.00 UHR<br />

DIFFERENTIALTHERAPIE BEI<br />

HYPERCHOLESTERINÄMIE<br />

Ort: Diako, Fliednersaal I<br />

Info: Kreisstelle Flensburg<br />

Tel. 0461 429 39, Fax 0461 468 91<br />

22. NOVEMBER, 19.00 UHR<br />

FORTBILDUNG NEUE THERAPIEOPTIONEN DES<br />

COLOREKTALEN KARZINOMS<br />

Ort: Reha-Klinik Nordfriesland, St. Peter-Ording<br />

Info: Kreisstelle Flensburg<br />

Tel. 0461 429 39, Fax 0461 468 91<br />

für KVSH-Termine<br />

übernehmen wir Gewähr.<br />

14. DEZEMBER<br />

QUALITÄTSZIRKEL ONKOLOGIE<br />

Gerinnungsprobleme bei Tumorpatienten<br />

Ort: I. Medizinische Klinik, Schittenhelmstraße 12, 24105 Kiel<br />

2 OG, gegenüber der Bibliothek<br />

Info: Prof. Dr. Frank Gieseler<br />

Tel. 0431 597 13 93, Fax 0431 597 12 48<br />

Ärztegenossenschaft<br />

29. NOVEMBER, 15.00 - 17.00 UHR<br />

SEMINAR „HYGIENE IN DER ARZTPRAXIS“<br />

Ort: Harrislee-Wassersleben<br />

06. DEZEMBER, 15.00 - 17.00 UHR<br />

SEMINAR „HYGIENE IN DER ARZTPRAXIS“<br />

Ort: Ratzeburg<br />

Info: Manfred Krutzinna<br />

Tel. 04551 99 99 10<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

09. NOVEMBER 19.30 UHR<br />

ANWENDERTREFFEN FÜR ÄRZTINNEN UND ÄRZTE<br />

Schwerpunktthema QM<br />

Ort: Maria-Merian-Straße 9, 24145 Kiel Wellsee<br />

Info: K-LINE Kiel<br />

Tel. 0431 710 31 03, Fax 0431 710 31 99, Mail hotline@k-line.de<br />

11. NOVEMBER, 09. - CA. 13.30 UHR<br />

SCHMERZ IM ALTER - LEIDEN OHNE ENDE?<br />

Ort: Turnhalle Hesterberg, Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

<strong>Schleswig</strong>, Friedrich-Ebert-Straße, 24837 <strong>Schleswig</strong><br />

Info: Dr. Harald Lucius<br />

Tel. 04621 83 11 20<br />

18. NOVEMBER, 09.00 - CA. 16.30 UHR<br />

ATEMWEGSINFEKTE / REISEMEDIZINISCHE ASPEKTE<br />

IM PRAXISALLTAG<br />

Ort: Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung,<br />

Esmarchstraße 4-6, 23795 Bad Segeberg<br />

Info: Petra Petersen<br />

Tel. 04551 803 166<br />

18. NOVEMBER, 10.00 - 16.30 UHR<br />

„FEHLER VERMEIDEN! AUFKLÄRUNG UND<br />

DOKUMENTATION IN DER KLINIK“<br />

Ort: AOK-Direktion Kiel-Wellsee, Edisonstr. 70<br />

Info und Anmeldung: Dr. Holger Thomsen (bis zum 10.11.2006)<br />

Tel. 0431-605-1732, Fax: 0431-605251732, Mail: symposium@sh-aok.de<br />

06. DEZEMBER, 16.00 - CA. 19.30 UHR<br />

SCHLAFSTÖRUNGEN EIN HÄUFIGES PROBLEM IN DER<br />

HAUSARZTPRAXIS / PSYCHOPHARMAKA<br />

Ort: Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung,<br />

Esmarchstraße 4-6, 23795 Bad Segeberg<br />

Info: Petra Petersen<br />

Tel. 04551 803 166<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006


ANSPRECHPARTNER IN DER KVSH 43<br />

KONTAKT<br />

<strong>Kassenärztliche</strong> <strong>Vereinigung</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

Bismarckallee 1 - 6<br />

23795 Bad Segeberg<br />

Hauptanschluss: 04551 / 883-0<br />

Fax: 04551 / 883-209<br />

Vorsitzender.................................................................. Ralf W. Büchner .......................................................................................................................... 217/486<br />

Stellv. Vorsitzende ........................................................ Dr. Ingeborg Kreuz ...................................................................................................................... 218/355<br />

Finanzvorstand.............................................................. Dr. Ralph Ennenbach .................................................................................................................. 218/355<br />

Abrechnung – Leiter...................................................... Peter Tietgen/Ernst Sievers ................................................................ (Fax: -322)................ 267/245/388<br />

Abrechnungs-Hotline / EBM-Hotline ................................................................................................................................................................................ 388 / 883<br />

Abteilung Recht – Leiter - Justitiar ................................ Klaus-Henning Sterzik ................................................................................................................ 230/251<br />

Abteilung Recht ............................................................ Maria Behrenbeck/Dagmar Hergert-Lüder/Tom-Christian Brümmer ...................................... 251/265/474<br />

Amb. Operieren ............................................................ Aenne Villwock/Doreen Knoblauch .............................................................................................. 369/445<br />

Arthroskopie (QS) .......................................................... Aenne Villwock/Doreen Knoblauch .............................................................................................. 369/445<br />

Ärztl. Stelle (Röntgen ) .................................................. Dietrich Bartz/Angelika Rott/Uta Markl.................................................................................. 266/386/393<br />

Ärztl. Stelle (Nuklearmed./Strahlentherapie) .................. Dietrich Bartz/Thomas Müller ...................................................................................................... 266/325<br />

Arztregister ................................................................ Katja Fiehn/Anja Scheil/Dorit Scheske ................................................................................................ 254<br />

Assistenz-Genehmigung................................................ Petra Fitzner/Brigitte Gottwald .................................................................................................... 384/255<br />

Asthma-Schulung ........................................................ Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />

Betriebswirtschaftliche Beratung .................................. Marion Grosse.................................................................................................................................... 343<br />

Chirotherapie (Genehmigung) ........................................ Helga Hartz ........................................................................................................................................ 453<br />

Dialyse-Kommission/LDL; QS ........................................ Marion Rampoldt................................................................................................................................ 444<br />

Diabetes-Kommission (QS) ............................................ Aenne Villwock/Helga Hartz ........................................................................................................ 369/453<br />

DMP und Vereinbarung Team ........................................ Helga Hartz/Marion Rampoldt/Inga Petitjean ........................................................................ 453/444/315<br />

EDV in der Arztpraxis .................................................... Timo Rickers/Thomas Stefaniw .................................................................................................. 286/307<br />

ESWL............................................................................ Marion Rampoldt .............................................................................................................................. 444<br />

Finanzbuchhaltung........................................................ Erich Neugebauer .............................................................................................................................. 241<br />

Formularausgabe .......................................................... Sylvia Warzecha ................................................................................................................................ 250<br />

Fortbildung f. Ärzte / Arzthelferinnen .............................. Mareike Ralf ...................................................................................................................................... 332<br />

Herzschrittmacherkontrollen.......................................... Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />

Honorar ( Leiter) und HVM ............................................ Karl-Heinz Buthmann ........................................................................................................................ 208<br />

HVM-Team.................................................................... Inge Feddern...................................................................................................................................... 383<br />

Internet ........................................................................ Jakob Wilder ...................................................................................................................................... 475<br />

Invasive Kardiologie ...................................................... Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />

Kernspintomographie-Komm./Genehmig. ...................... Ute Tasche ........................................................................................................................................ 485<br />

Koloskopie-Kommission ................................................ Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />

Kommunikation, Presseinformationen............................ Robert Quentin .................................................................................. (Fax: -396) .............................. 381<br />

Krankengeldzahlungen.................................................. Doris Eppel ........................................................................................................................................ 220<br />

Laborleistung (O III) Kommission.................................... Marion Rampoldt .............................................................................................................................. 444<br />

Langzeit-EKG (Genehmigung) ........................................ Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />

Mammographie ............................................................ Angelika Masuch................................................................................................................................ 458<br />

Niederlassung / Zulassung ............................................ Susanne Bach-Nagel/André Zwaka/Evelyn Kreker ................................................................ 378/327/346<br />

.................................................................................... Daniel Jacoby/Bastian Gnade ...................................................................................................... 259/291<br />

Niederlassungsberatung................................................ Bianca Hartz/Evelyn Kreker ........................................................................................................ 254/346<br />

.................................................................................... Susanne Bach-Nagel/André Zwaka.............................................................................................. 378/327<br />

<strong>Nordlicht</strong> aktuell............................................................ Hildegard Laitenberger ...................................................................... (Fax: -7356) ............................ 356<br />

Onkologie-Kommission.................................................. Aenne Villwock/Doreen Knoblauch................................................................................................369/445<br />

Otoakustische Emissionen ............................................ Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />

Personal........................................................................ Monique Müller/Anke Tonn/Anke Siemers .......................................... (Fax: -451)................ 275/295/333<br />

Photodyn. Therapie am Augenhintergrund...................... Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />

Phys.-Med. Leistungen (Genehmig.) .............................. Helga Hartz ........................................................................................................................................ 453<br />

Plausibilitätsausschuss.................................................. Ulrike Moszeik .................................................................................................................................. 336<br />

Psychotherapie ............................................................ Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />

Qualitätssicherung – Leiter............................................ Dietrich Bartz .................................................................................... (Fax: -374) ...................... 266/262<br />

Qualitätszirkel / Qualitätsmanagement .......................... Regina Steffen/Kathrin Zander/Angelika Ströbel.................................. (Fax: -374)................ 292/382/204<br />

Qualitätssicherungskommission-Drogensubstitution ...... Astrid Patscha .................................................................................................................................... 340<br />

QuaMaDi ...................................................................... Kathrin Zander/Dietrich Bartz ...................................................................................................... 382/266<br />

Radiologie-Kommission ................................................ Dietrich Bartz/Ute Tasche/Anja Lange .................................................................................. 266/485/360<br />

Röntgen (Anträge) ........................................................ Ute Tasche ........................................................................................................................................ 485<br />

Röntgen (Qualitätssicherung) ........................................ Anja Lange ........................................................................................................................................ 360<br />

Rückforderungen der Kostenträger ................................ Heinz Szardenings.............................................................................................................................. 323<br />

Schlafapnoe.................................................................. Marion Rampoldt................................................................................................................................ 444<br />

Schmerztherapie .......................................................... Monika Vogt ...................................................................................................................................... 366<br />

Sonographie-Kommission.............................................. Sabrina Kämpf/Susanne Paap .................................................................................................... 533/228<br />

Sozialpsychiatrie-Vereinbarung...................................... Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />

Soziotherapie ................................................................ Melanie Krille .................................................................................................................................... 321<br />

Sprechstundenbedarf .................................................... Heidi Dabelstein ................................................................................................................................ 353<br />

Struktur und Verträge - Leiter ........................................ Ekkehard Becker................................................................................ (Fax: -488) .............................. 331<br />

Teilzahlungen................................................................ Brunhild Böttcher/Dirk Ludwig .................................................................................................... 231/233<br />

Umweltmedizin / Umweltausschuss .............................. Marion Rampoldt .............................................................................................................................. 444<br />

Verordnung medizin. Rehaleistungen ............................ Stephanie Purrucker .......................................................................................................................... 459<br />

Verordnungsmanagement - Leiter ................................ Lothar Flessau ................................................................................................................................... 426<br />

Verordnungsmanagement ............................................ Dr. Marion Packenius/Thomas Frohberg ...................................................................................... 351/304<br />

Verträge (Sonstige)........................................................ Martin Maisch.................................................................................................................................... 244<br />

Widersprüche (Abteilung Recht) .................................... Gudrun Molitor .................................................................................................................................. 439<br />

Zulassung – Leiterin .................................................... Bianca Hartz ...................................................................................... (Fax: -276) ...................... 255/358<br />

Zytologie (Kommission) ................................................ Marion Rampoldt................................................................................................................................ 444<br />

09 | 2006 <strong>Nordlicht</strong> AKTUELL


IHRE ANSPRECHPARTNER IN DEN KREISSTELLEN DER KVSH<br />

Kiel<br />

Kreisstelle:<br />

Herzog Friedrich Str. 49, 24103 Kiel,<br />

Tel.: 0431 / 932 22<br />

Fax: 0431 / 971 96 82<br />

Dr. Heiko Giesel, Frauenarzt,<br />

Tel.: 0431 / 931 31<br />

Fax: 0431 / 974 13 22<br />

mail: Kreisstelle.Kiel@kvsh.de<br />

Lübeck<br />

Kreisstelle: Parade 5, 23552 Lübeck,<br />

Tel.: 0451 / 722 40<br />

Fax: 0451 / 706 31 79<br />

Dr. Andreas Bobrowski, Laborarzt,<br />

Tel.: 0451 / 610 90 0<br />

Fax: 0451 / 610 90 10<br />

mail: kvhl@dgn.de<br />

Flensburg<br />

Kreisstelle: Meisenstr. 16, 24939 Flensburg,<br />

Tel.: 0461 / 42939<br />

Fax: 0461 / 46891<br />

Dr. Wolfgang Barchasch, Frauenarzt,<br />

Tel.: 0461 / 277 00<br />

Fax: 0461 / 281 49<br />

mail: Kreisstelle.Flensburg@kvsh.de<br />

Neumünster<br />

Dr. Norbert Spilok, Chirurg,<br />

Tel.: 04321 / 94 77 0<br />

Fax: 04321 / 94 77 77 00<br />

mail: Kreisstelle.Neumuenster@kvsh.de<br />

PRÜFINSTANZEN WIRTSCHAFTLICHKEIT<br />

Kreis Dithmarschen<br />

Dr. Wolf-Günter Riesenkampff, Allgemeinarzt,<br />

Tel.: 04854 / 900 10<br />

Fax: 04854 / 90 48 11<br />

mail: Kreisstelle.Dithmarschen@kvsh.de<br />

Kreis Herzogtum Lauenburg<br />

Dr. Monika Schliffke, Allgemeinärztin,<br />

Tel.: 04541 / 35 85<br />

Fax: 04541 / 843 91<br />

mail: Kreisstelle.Lauenburg@kvsh.de<br />

Kreis Nordfriesland<br />

Dr. Thomas Maurer, Allgemeinarzt,<br />

Tel.: 04662 / 30 01<br />

Fax: 04662 / 30 02<br />

mail: Kreisstelle.Nordfriesland@kvsh.de<br />

Kreis Ostholstein<br />

Bernd Thomas, Augenarzt,<br />

Tel.: 04362 / 90 04 40<br />

Fax: 04362 / 90 04 41<br />

mail: Kreisstelle.Ostholstein@kvsh.de<br />

Kreis Pinneberg<br />

Dr. Michael Renner, Radiologe,<br />

Tel.: 04121 / 48 29 29<br />

Fax: 04121 / 48 29 29<br />

mail: Kreisstelle.Pinneberg@kvsh.de<br />

Kreis Plön<br />

Dr. Joachim Pohl, Allgemeinarzt,<br />

Tel.: 04526 / 10 00<br />

Fax: 04526 / 18 49<br />

mail: Kreisstelle.Ploen@kvsh.de<br />

Kreis Rendsburg-Eckernförde<br />

Carl Culemeyer, Allgemeinarzt,<br />

Tel.: 04353 / 10 00<br />

Fax: 04353 / 18 49<br />

mail: KVKreisRdEck@aol.com<br />

Kreis <strong>Schleswig</strong>-Flensburg<br />

Dr. Hans-Joachim Commentz, prakt. Arzt,<br />

Tel.: 04621 / 525 44<br />

Fax: 04621 / 515 00<br />

mail: Kreisstelle.<strong>Schleswig</strong>@kvsh.de<br />

Kreis Segeberg<br />

Dr. Dieter Freese, Allgemeinarzt,<br />

Tel.: 04551 / 40 55<br />

Fax: 04551 / 922 05<br />

mail: Kreisstelle.Segeberg@kvsh.de<br />

Kreis Steinburg<br />

Gerhard Marioth, Radiologe,<br />

Tel.: 04821 / 620 98<br />

Fax: 04821 / 35 17<br />

mail: Kreisstelle.Steinburg@kvsh.de<br />

Kreis Stormarn<br />

Dr. Hans Irmer, Arzt,<br />

Tel.: 04102 / 526 10<br />

Fax: 04102 / 526 78<br />

mail: Kreisstelle.Stormarn@kvsh.de<br />

Rosenstraße 28 - 23795 Bad Segeberg - Telefon 04551 / 9010-0 - Fax 04551 / 90 10 22<br />

Vorsitzender des Prüfungsausschusses ......................... Prof. Günther Jansen ......................................................................................................................9010-0<br />

Vorsitzender des Beschwerdeausschusses ................... Dr. Johann David Wadephul ............................................................................................................9010-0<br />

Leiter der Dienststelle ................................................... Jörg Schröder ................................................................................................................................901021<br />

Wirtschaftlichkeitsprüfung Arznei................................... Timo Emcke ..................................................................................................................................901018<br />

Arznei-/Pharmakotherapie-Beratung ............................. Elsbeth Kampen, Katja Junge ..........................................................................................901023, 901024<br />

Arznei allgemein ........................................................... Manuela Johnsen, Melanie Hoffmann, Tanja Bauer ............................................901020, 901019, 901016<br />

Verordnungen (Arznei/Heilmittel/Daten) ......................... Timo Emcke, Elsbeth Kampen ..........................................................................................901018, 901023<br />

Wirtschaftlichkeitsprüfung Honorar ............................... Hans-Peter Morwinski, Birgit Wiese, ................................................................................901011, 901012<br />

..................................................................................... Manfred Vogt, Iris Flaegel ................................................................................................901013, 901015<br />

Zweitmeinungsverfahren:<br />

Rheuma ....................................................................... Birgit Wiese, Bärbel Maschke............................................................................................901012, 901025<br />

Gastro........................................................................... Hans-Peter Morwinski....................................................................................................................901011

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