05.12.2012 Aufrufe

Nordlicht_0906.qxp - Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein

Nordlicht_0906.qxp - Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein

Nordlicht_0906.qxp - Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

36 KV INTERN PSYCHOTHERAPIE<br />

VERSORGUNG VON PSYCHISCH<br />

KRANKEN MENSCHEN<br />

Zwei Heilberufe und vielfältige Methodik.<br />

HEIKO BORCHERS, PSYCHOLOGISCHER PSYCHOTHERAPEUT,<br />

KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPEUT<br />

Die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung<br />

im Bereich der psychischen, psychiatrischen sowie<br />

psychiatrisch-neurologischen Erkrankungen als messbares<br />

Ganzes abzubilden, ist so gut wie nicht möglich. Bei dem Versuch,<br />

es doch zu wagen, stößt man schnell auf Dissensen - unterschiedliche<br />

Ansichten der an der Versorgung beteiligten Heilberufe<br />

und Fachgruppen. Bekanntermaßen wird die Versorgung in diesem<br />

Bereich von zwei verschiedenartigen Heilberufen gewährleistet,<br />

einerseits Ärzten, andererseits Psychologischen Psychotherapeuten<br />

sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Hinzu<br />

kommt die Tatsache, dass es in keinem Gebiet der Heilkunde dermaßen<br />

viele sich unterscheidende Behandlungsverfahren und -<br />

methoden für ein und dieselbe Krankheit gibt wie hier. Der Angststörung<br />

beispielsweise lässt sich allein nur im Bereich der gesetzlichen<br />

Krankenversicherungen schon mit mehreren Behandlungsverfahren<br />

beikommen. Denkbar ist hier die rein psychopharmakologische<br />

Herangehensweise oder eine der drei psychotherapeutischen<br />

Interventionen: Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte<br />

Psychotherapie oder Psychoanalyse. Und selbstverständlich<br />

auch die Kombination von Pharmakotherapie und Psychotherapie.<br />

Wie leicht und übersichtlich erscheint es dagegen, einen entzündeten<br />

Appendix zu entfernen. Die Methodenvielfalt ist bereichernd<br />

und wäre an sich gar nicht schlecht, aber zu jeder Methode gehört<br />

auch mindestens ein Verfechter eben dieser Methodik und oft geht<br />

da das Problem los - beim "verfechten". Von daher mögen in der<br />

Überwindung der Uneinheitlichkeit noch einige Ressourcen für<br />

eine effizientere und nachhaltigere Versorgung liegen.<br />

Wie viel Versorgung?<br />

Es lässt sich von daher nicht quantifizieren, was mehr zur Versorgung<br />

beiträgt, das Verschreiben eines Psychopharmaka, das psychiatrische<br />

Gespräch, die psychosomatische Grundversorgung oder<br />

die Durchführung einer Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse.<br />

Möglich ist lediglich, in einfachen Anzahlwerten festzustellen, wie<br />

viele Psychotherapeuten der ambulanten Versorgung der Bevölkerung<br />

in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

zur Verfügung stehen. Die Zählung zur Feststellung des<br />

Psychotherapeuten-Versorgungsgrades der KVSH vom 14.08.2006<br />

weist insgesamt 404 Psychologische Psychotherapeuten und Kinder-<br />

und Jugendlichenpsychotherapeuten zusammen aus. Damit<br />

sind diese Psychotherapeuten nach den Hausärzten die zweitgrößte<br />

Gruppe innerhalb der KVSH. Diese Zählung auf Grund der Bedarfsplanung<br />

trennt nicht zwischen Psychologischen Psychotherapeuten<br />

und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. In <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

sind jedoch ungefähr 50 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten<br />

ambulant vertragspsychotherapeutisch tätig.<br />

Die Anzahl der ärztlichen Psychotherapeuten fließt in diese Zählung<br />

häufig nicht in vollem Umfang ein, weil einige nur teilweise psychotherapeutisch<br />

tätig sind, von daher ergibt sich im Ergebnis eine ge-<br />

brochene Zahl von 148,9 Ärzten. Neben diesen Psychotherapeuten<br />

versorgen auch die ungefähr 130 Fachärzte für Neurologie psychisch<br />

und psychiatrisch erkrankte Menschen in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>.<br />

Die durchschnittliche Fallzahl eines Facharztes für Psychosomatische<br />

Medizin und Psychotherapie liegt bei 49 Patienten pro Quartal<br />

und die eines Psychologischen Psychotherapeuten bei 38 Patienten<br />

pro Quartal. Demgegenüber liegen die Fallzahlen der Fachärzte<br />

für Psychiatrie sowie Neurologie bei durchschnittlich 650 Patienten<br />

pro Quartal.<br />

Hochwertige Versorgung<br />

Die in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> niedergelassenen Psychotherapeuten,<br />

Psychiater und Neurologen stellen eine hochwertige ambulante Versorgung<br />

der Bevölkerung im Bereich psychischer und psychiatrischer<br />

Erkrankungen zur Verfügung. Die Uneinheitlichkeit in diesem<br />

Bereich mindert deren Leistung und Qualität nicht. Wie lange und ob<br />

überhaupt dieses Niveau noch zu halten ist, muss leider ernsthaft<br />

in Frage gestellt werden. Der stetig zunehmenden Zahl von Menschen<br />

mit psychischen, psychiatrischen sowie psychiatrisch-neurologischen<br />

Erkrankungen steht eine negative Arztzahlentwicklung,<br />

ein steigendes Desinteresse an einer Niederlassung auf Grund sinkender<br />

Honorar- und Ertragsentwicklungen verbunden mit zunehmender<br />

Belastung durch Bürokratie, Zwangsfortbildung und Pseudo-<br />

Qualitätsmanagement gegenüber. Nur allein die Zunahme der psychischen,<br />

psychiatrischen sowie psychiatrisch-neurologischen Erkrankungen<br />

in schönen Gesundheitsberichten zu dokumentieren<br />

und zu prognostizieren, wie es viele Krankenkassen gerne machen,<br />

wird die Versorgung von Morgen nicht sichern.<br />

Nachtrag zum Artikel<br />

„Was sind eigentlich Psychotherapeuten?“ NORDLICHT 8/2006:<br />

Selbstverständlich haben die Bezeichnungen Facharzt für Psychotherapeutische<br />

Medizin sowie Facharzt für Neurologie und Psychiatrie<br />

weiterhin Gültigkeit. Heute jedoch werden sie nach der<br />

Weiterbildung nicht mehr verliehen, sondern nur die im Artikel<br />

erwähnten neuen Gebietsbezeichnungen.<br />

<strong>Nordlicht</strong> AKTUELL 09 | 2006

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!