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Beihilfe zur Selbsttötung - Zahnärztekammer Niedersachsen

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Die deutsche Krankheit<br />

MRSA, tote Frühgeborene, sterbende Pfl egeheimbewohner –<br />

»Hygiene« in Zeiten der Gesundheitswirtschaft –<br />

Milliarden auf den Konten der Kassen<br />

Schon wieder ESBL Klebsiellen auf<br />

frühgeborenen Kindern in der Bremer Klinik. Rasanter Anstieg der MRSA und Todes-Fälle in Kliniken<br />

und Pfl egeheimen, das »Hygiene-Problem« in Deutschland ist unübersehbar<br />

Wenn Patienten<br />

aus den<br />

Niederlanden<br />

sich in<br />

Deutschland<br />

eine neue Hüfte einsetzen<br />

lassen, werden sie nach<br />

der Rückkehr in ihre Heimat in<br />

der Klinik erst mal sofort isoliert<br />

und »dekontaminiert«<br />

Dr. Silke Lüder weil die holländischen Kliniken<br />

wissen, dass die MRSA Besiedelung<br />

nach Klinikaufenthalten in unserem<br />

Land um ein Vielfaches höher ist als in<br />

den Niederlanden.<br />

FOTO: ZKN-ARCHIV<br />

Was also läuft bei uns alles schief<br />

zu diesem Thema? Die Meinung<br />

der Infektionsspezialisten dazu:<br />

1. Wir geben zu viele Breitbandantibiotika,<br />

vor allem Chinolone und Cephalosporine<br />

der 3. Generation; diese<br />

führen zu resistenten Keimen,<br />

die später schwer beherrschbar sind.<br />

Die Anzahl der AB-Verordnungen ist<br />

in Ländern, die das hier besser machen<br />

– wie Dänemark zum Beispiel<br />

– gar nicht geringer, aber sie nutzen<br />

dort mehr Penicillin und andere<br />

nicht »Breitspektrum«-Medikamente.<br />

In Deutschland ist der ganze Kampf<br />

gegen MRSA bisher von den Kran-<br />

kenkassen im »ambulanten Sektor«<br />

mit keinem Cent bezahlt worden<br />

2. Wir befolgen noch nicht genug die<br />

grundlegenden Hygienestandards<br />

der Aktion »saubere Hände«. Da<br />

zum Beispiel MRSA sich in erster Linie<br />

im Nasenvorhof aufhält und<br />

über die (oft kontaminierten) Hände<br />

übertragen wird gibt es einfache<br />

Regeln, die (vor allem in den Kliniken<br />

aber nicht nur dort) sinnvoll<br />

sind:<br />

Im medizinischen Bereich – möglichst<br />

nicht mehr die Hände schütteln<br />

<strong>zur</strong> Begrüßung<br />

● vor jedem Patientenkontakt;<br />

● vor jeder aseptischen Tätigkeit;<br />

● nach jedem Kontakt mit potentiell<br />

infektiösem Material;<br />

● nach jedem direkten Patientenkontakt;<br />

● Hände desinfi zieren, auch wenn<br />

das bis zu 60 Mal am Tag ist.<br />

Das waren Hinweise aus einer Hygiene-Fortbildung<br />

der KV Hamburg,<br />

vorgetragen von einem deutschen und<br />

einem niederländischen Infektionsspezialisten.<br />

Was aber ist der Kern der<br />

»deutschen Krankheit«?<br />

Die deutschen Kassen geben kaum<br />

Geld für Hygiene aus. In Deutschland<br />

ist der ganze Kampf gegen MRSA bisher<br />

von den Krankenkassen im »ambulanten<br />

Sektor« mit keinem Cent bezahlt<br />

worden. In Deutschland gab es<br />

ein Ärzteteam, welches jetzt ca. zwei<br />

Jahre lang entwickelt hat, was man eigentlich<br />

tun müsste, um die weiter<br />

steigende Zahl an Infektionstoten vor<br />

allem in den Kliniken zu stoppen. Die<br />

Krankenkassen haben von den Empfehlungen<br />

der Spezialisten weniger als<br />

zehn Prozent übernommen.<br />

Herausgekommen ist eine neue<br />

Vergütungsregelung, die ein bezeichnendes<br />

Schlaglicht darauf wirft, wie<br />

viel den gesetzlichen Kassen in ihrem<br />

Sparwahn die Gesundheit ihrer Versicherten<br />

wert ist, nämlich fast nichts.<br />

MRSA Vergütungsregelung ab<br />

1.4.2012, ein Stück aus dem Tollhaus<br />

Es gibt eine Vergütungsregelung ab<br />

dem 1.4.2012. Erarbeitet vom Bewertungsausschuss<br />

(KBV und Kassen) im<br />

Dezember 2011. Unsprünglich wollten<br />

die Kassen eigentlich gar nichts für die<br />

ambulante Versorgung regeln, es »sei<br />

ja alles im RLV enthalten«. Für einen<br />

Teil der »Vergütung«, die man ab<br />

1.4.2012 nach Absolvierung einer Fortbildungsveranstaltung<br />

abrechnen<br />

darf, und die »extrabudgetär« gezahlt<br />

wird, wird die Morbiditätsorientierte<br />

Gesamtvergütung pro Versicherten<br />

und Quartal vorher »bereinigt«:<br />

1,8 Punkte pro Versichertem, bei 70<br />

Millionen Menschen ca. sechs Cent mal<br />

70 Millionen sind ca. vier Millionen Euro<br />

im Jahr. Dann gibt es eine Reihe von<br />

neuen Gebührenziffern, die man jetzt<br />

extrabudgetär abrechnen »darf«.<br />

10 Minuten Kassenarzt Arbeit, 8,90<br />

Euro, für die Statuserhebung 3,50 Euro.<br />

Unglaubliche Billigsätze für den<br />

Kassenarzt.<br />

Und bei wem darf man diese<br />

ganze aufwändige Arbeit machen?<br />

Nur bei speziell defi nierten »Risikopatienten«:<br />

Patienten, die im Rahmen der<br />

neuen Vereinbarung ambulant versorgt<br />

werden, müssen folgende Voraussetzungen<br />

erfüllen:<br />

Der MRSA-Risikopatient muss in<br />

den letzten sechs Monaten stationär<br />

4 | 2012 · ZKN MITTEILUNGEN · 373

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