Cannstatter Volksfestzeitung 2011 - Cannstatter Volksfestverein
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20<br />
Volksfestseelsorger<br />
Manna*<br />
statt Hofbräu<br />
Glockengeläut, eine Kirche, Blumenschmuck – das gehört für<br />
viele zum Kirchgang dazu. Dass es auch einfacher geht und<br />
trotzdem stimmungsvoll sein kann, zeigt der Gottesdienst für<br />
Schausteller und Marktkaufleute während des <strong>Cannstatter</strong><br />
Volksfestes. Das Festzelt von Wirt Hans-Peter Grandl dient als<br />
Kirche und ein Biertisch als Altar. Eine schöne Decke, Kerzen,<br />
Kreuz und Bibel haben die Geistlichen mitgebracht, die den Gottesdienst<br />
zelebrieren: die Leiter der beiden Circus- und Schaustellerseelsorgen,<br />
Horst Heinrich von der EKD und sein katholischer<br />
Kollege Martin Fuchs.<br />
Diesen Luxus, dass wir<br />
gleichzeitig beide auf<br />
einem Platz sind, leisten<br />
wir uns nur zwei-, dreimal<br />
im Jahr“, sagt Fuchs. Denn das<br />
Arbeitspensum der beiden<br />
Geistlichen ist groß: Ihre<br />
„Pfarrei“ zieht sich von der<br />
Nordsee bis zu den Alpen, vom<br />
Westen bis zum Osten der Republik.<br />
Was für die Schausteller<br />
gilt, gilt auch für deren<br />
Geistliche – sie müssen reisen.<br />
Bremen, München, Stuttgart,<br />
Fürth, Zwickau, Magdeburg<br />
und Hannover. „Dann sind<br />
drei Wochen rum und ich war<br />
nicht einen Tag zu Hause“, er-<br />
zählt Horst Heinrich. 70 000<br />
Fahrkilometer addieren sich so<br />
locker im Jahr. Heinrich ist seit<br />
2003, Fuchs seit 2004 in der<br />
Circus- und Schaustellerseelsorge<br />
tätig – beide offensichtlich<br />
mit Leidenschaft. Heinrich<br />
sagt sogar: „Ich würde für eine<br />
normale Gemeinde nicht mehr<br />
taugen. Manches wäre mir zu<br />
festgezurrt, auch in der Denkweise.“<br />
Mögliche Probleme mit<br />
einem Kirchengemeinderat<br />
mag er sich gar nicht vorstellen.<br />
Fuchs wird lediglich an Weihnachten<br />
etwas wehmütig,<br />
wenn „ich dann bei der Messe<br />
nur dabei bin. Ein Fest in der<br />
Gemeinde selber zu machen,<br />
das ist schon schön.“ Aber da er<br />
fast bis Heiligabend unterwegs<br />
ist, kann er die kurze Winterpause<br />
auch genießen.<br />
Du gehörst zu uns ...<br />
Großmutter und Vater waren<br />
Markthändler – deshalb lernte<br />
Martin Fuchs schon als Junge<br />
viele Schausteller kennen.<br />
Nachdem er das Priesterseminar<br />
in Eichstätt absolviert hatte,<br />
ließen die Bekannten aus der<br />
reisenden Zunft nicht locker,<br />
erzählt Fuchs: „Du gehörst zu<br />
uns, wenn wir einen Pfarrer<br />
brauchen, kommen wir zu dir.“<br />
So lag es für den Oberpfälzer<br />
nahe, irgendwann ganz offiziell<br />
Schaustellerpfarrer zu werden.<br />
Nicht alles ist schillernd<br />
Für Pfarrer Heinrich war der<br />
Start als Circus- und Schaustellerseelsorger<br />
eine Achterbahnfahrt<br />
der Gefühle: Als Militär-