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Der Nescafé-PlaN: wer Profitiert? - Erklärung von Bern

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evB_Dokumentation_September 2011 kalter kaffee 7<br />

$ $<br />

BetroffeNe KaffeeorgaNisatioNeN<br />

saNtos roBlero<br />

geschäftsführer coopcafé 3<br />

«Trotz schöner Investitionsankündigungen wird<br />

der Konzern sehr wahrscheinlich auf die Preise<br />

drücken, und die Verlierer <strong>wer</strong>den einmal mehr<br />

die Kaffeeanbauenden sein. Erfahrungsgemäss gibt<br />

es alle 20 Jahre ungefähr zwei Jahre, in denen sie<br />

wirklich gute Preise bekommen für ihre Ware.<br />

Deshalb ist es so schwierig, sich <strong>von</strong> Krisen zu erholen.<br />

Wenn die Preise wenigstens über drei Jahre<br />

stabil bleiben würden, könnte man sich ein finanzielles<br />

Pölsterchen zulegen.»<br />

leoNarDo DuráN olgíN<br />

Berater in der Kooperative tosepan, Puebla 4<br />

«Über das staatliche Programm Trópico Húmedo<br />

des Landwirtschaftsministeriums bekommen jene<br />

Bauern, die Fairtrade-Kaffee produzieren, 450 Pe -<br />

sos pro Hektare. Wer eine neue Robusta-Plantage<br />

anlegt, erhält dafür 5700 Pesos pro Hektare. Auch<br />

eVB-KoMMeNtar<br />

Nestlé ist weltweit und in Mexiko grösster Kaffeeproduzent und<br />

nützt seine Marktmacht hemmungslos aus. Diese Kehrseite des<br />

<strong>Nescafé</strong>-Plans bekommen die zitierten Kaffeebauern besonders<br />

zu spüren. <strong>Der</strong> Konzern profitiert vom klientelistischen System<br />

Mexikos.<br />

Das bringt Nestlé gemäss nationalen Bauernorganisationen<br />

zum Beispiel 2,5 Mio. Franken aus dem staatlichen Förderprogramm<br />

Trópico Húmedo, das die Bauern zum Anbau <strong>von</strong> Robusta-Kaffee<br />

aus Nestlé-Pflanzen motivieren soll.<br />

Indirekt kommt der Konzern zudem in den Genuss weiterer<br />

Subventionen aus dem Programa de Fomento Productivo des<br />

Landwirtschaftsministeriums. Nestlé bestreitet, sich in die Politik<br />

einzumischen oder Unterstützung der Regierung zu erhalten.<br />

Mit verschiedenen Anreizsystemen und politischem Kalkül<br />

versucht Nestlé, Mexiko den Robusta-Kaffee schmackhaft zu<br />

machen. Unter der Einflussnahme des Konzerns auf die Verteilung<br />

der Subventionen leiden die Bio- und Fairtrade-Bauern und<br />

-Bäuerinnen, die im Vergleich zu Nestlé nur wenig Ressourcen<br />

haben, um für ihre Anliegen zu lobbyieren.<br />

1 Medienmitteilung <strong>von</strong> Nestlé zur Lancierung des <strong>Nescafé</strong>-Plans vom 27.8.2010.<br />

2 Medienmitteilung <strong>von</strong> Nestlé Mexiko zur Zusammenarbeit <strong>von</strong> Nestlé mit der<br />

mexikanischen Regierung im Kaffee- und Kakaosektor vom 5.2.2010.<br />

3 Bio- und Fairtrade-Kooperativenetz<strong>wer</strong>k in Chiapas: 37 Kooperativen und<br />

12 000 Kaffeebauern als Mitglieder.<br />

4 Fairtrade-Kooperative mit 17 000 Mitgliedern, die vorwiegend Kaffee, Honig<br />

und Pfeffer anbauen.<br />

5 In der Dachorganisation CNOC (Coordinadora Nacional de Organizaciones<br />

Cafetaleros) sind rund 70 000 Kleinbauern und -bäuerinnen aus 114 regionalen<br />

Organisationen aus den Hauptkaffeeanbaugebieten Mexikos organisiert.<br />

die Produktion <strong>von</strong> Robusta-Setzlingen wird<br />

unterstützt. <strong>Der</strong>en Herstellung ist grösstenteils in<br />

den Händen <strong>von</strong> Nestlé. Kurzfristig mag das attraktiv<br />

sein, langfristig ist der Anbau <strong>von</strong> minder<strong>wer</strong>tigem<br />

Kaffee wegen der tieferen Preise jedoch<br />

verheerend für die Bauernfamilien. Zum Glück<br />

scheinen unsere Protestaktionen zu wirken, denn<br />

bislang beteiligten sich nur wenige Bauern am<br />

Nestlé-Programm.»<br />

ferNaNDo celis<br />

Direktor der mexikanischen Kleinbauernorganisation<br />

cNoc 5<br />

«Nestlé lässt seine Kaffeeproduktion vom mexikanischen<br />

Staat subventionieren und kommuniziert<br />

zugleich seine grossartigen Investitionen in Mexiko.<br />

Zur Optimierung der staatlichen Zuschüsse<br />

wendet Nestlé verschiedene Strategien an. Auf<br />

oberster Ebene sichert sich CEO Paul Bulcke regelmässige<br />

Treffen mit Mexikos Präsidenten Felipe<br />

Calderón. Über den nationalen Verein für landwirtschaftliche<br />

Angelegenheiten (Consejo Nacional<br />

Agropecuario), bei dem Nestlé Mitglied ist,<br />

half der Konzern denn auch, Calderóns Wahlkampagne<br />

zu finanzieren, so wie 2010 auch jene des<br />

Gouverneurs <strong>von</strong> Veracruz, Javier Duarte. Parallel<br />

dazu infiltriert Nestlé – jeweils auf oberster Ebene<br />

– neben dem Landwirtschaftsministerium auch<br />

den Dachverband der Grossproduzenten (CMPC)<br />

und den nationalen Bauernverband (CNC), das<br />

sind zwei der drei Stimmen im Produzentensektor<br />

des mexikanischen Kaffeeverbandes (Amecafé), in<br />

welchem Industrie, Händler und Produzierende<br />

zusammengeschlossen sind (siehe Grafik S. 14) und<br />

kontrolliert so die politische Gestaltung des Kaffeesektors.<br />

Zum Beispiel veranlasst der Konzern<br />

den Staat zu Subventionsprogrammen, die den Anbau<br />

<strong>von</strong> billigem Robusta-Kaffee für die <strong>Nescafé</strong>-<br />

Produktion fördern. Gleichzeitig importiert die<br />

mexikanische Kaffeeindustrie – allen voran Nestlé<br />

– über die USA seit Jahren Robusta. Zwischenhändler<br />

<strong>von</strong> Nestlé berichten uns, dass sich diese<br />

Importe 2011 <strong>von</strong> 30 000 auf 60 000 Tonnen erhöht<br />

hätten. Seit Jahren protestieren wir gegen diese<br />

Billigimporte, weil sie massiv auf die lokalen Kaffeepreise<br />

drücken und unsere Existenz bedrohen.<br />

Obschon das nationale Gesetz zur nachhaltigen<br />

ländlichen Entwicklung Analysen zu den Auswirkungen<br />

der Kaffeeimporte auf die Kaffeeanbauenden<br />

verlangt und regelmässige Studien zur loka -<br />

len Marktsituation vorschreibt, <strong>wer</strong>den diese <strong>von</strong><br />

Nestlé seit jeher blockiert. Dies ermöglicht es dem<br />

Konzern, ohne Legitimationsprobleme Einfluss auf<br />

Politik und Landwirtschaft zu nehmen.»

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