Einblick – Beiträge zu Bundesrat und Föderalismus
25 Jahre Wiedervereinigung – das bedeutet auch: 25 Jahre – 16 Länder. Als die DDR am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik beitrat, kamen zugleich die „neuen“ Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hinzu. Seitdem hat sich viel verändert. Nicht nur politisch – etwa im Bundesrat –, sondern vor allem auch gesellschaftlich. Beispiele sind die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien – und wie sie heute unser Leben prägen.
25 Jahre Wiedervereinigung – das bedeutet auch: 25 Jahre – 16 Länder. Als die DDR am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik beitrat, kamen zugleich die „neuen“ Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hinzu. Seitdem hat sich viel verändert. Nicht nur politisch – etwa im Bundesrat –, sondern vor allem auch gesellschaftlich. Beispiele sind die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien – und wie sie heute unser Leben prägen.
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34 | 35 EINBLICK<br />
REISETAGEBUCH: HELGA WEYHE<br />
Deutschlands älteste Buchhändlerin<br />
„749 Lexington Avenue“. Das Straßenschild hängt nicht in New<br />
York, sondern an einem 135 Jahre alten Holzregal der „Buchhandlung<br />
H. Weyhe“ in Salzwedel. Es riecht nach Fußbodenöl.<br />
Die breiten Holzdielen knarzen, wenn man von den Kinderbüchern<br />
<strong>zu</strong>r Belletristik hinübergeht. Im Hinterzimmer sitzt Helga<br />
Weyhe an ihrem Computer. „Das ist schon mein zweiter“, sagt sie.<br />
„Den ersten hat mir nach der Wende der Börsenverein des Deutschen<br />
Buchhandels geschenkt.“ Bestellungen gibt sie sofort ein,<br />
damit das Buch am nächsten Tag ankommt: „Schnelle Lieferung<br />
hat eine lange Tradition im Buchhandel“, sagt sie. „Das war schon<br />
in den 30er-Jahren so.“<br />
Mit 92 Jahren ist Helga Weyhe Deutschlands älteste Buchhändlerin.<br />
Den Laden führt sie in dritter Generation; mit Freude <strong>und</strong> Disziplin,<br />
an sechs Tagen pro Woche <strong>und</strong> mit einer fast grenzenlosen<br />
Leidenschaft für Bücher. Nur Krimis <strong>und</strong> Bestseller-Stapel findet<br />
man bei ihr nicht. „Ich bemühe mich, das vorrätig <strong>zu</strong> haben, was<br />
es woanders nicht gibt“, sagt sie.<br />
Die burschikose kleine Frau ist viel herumgekommen. Sie hat in<br />
Breslau, Königsberg <strong>und</strong> Wien studiert, Deutsch <strong>und</strong> Geschichte.<br />
Und wären nicht Krieg <strong>und</strong> Mauerbau gewesen, dann wäre Helga<br />
Weyhe nach New York gezogen. Denn in besagter Lexington<br />
Avenue besaß ihr Onkel Erhard die „Weyhe Art Books“. „Er<br />
war ein hervorragender Antiquar <strong>und</strong> hat viele junge Künstler<br />
gefördert“, erinnert sie sich. Doch alles kam anders. 1944 musste<br />
sie ihr Studium abbrechen <strong>und</strong> in die Altmark <strong>zu</strong>rückkehren. Sie<br />
arbeitete in der Buchhandlung ihres Vaters. 1965 übernahm sie<br />
das Geschäft ganz.<br />
Als private Buchhändlerin hatte Helga Weyhe es<br />
nicht leicht in der DDR. Volkseigene Betriebe wurden<br />
bevor<strong>zu</strong>gt, etwa wenn es um Lizenzausgaben<br />
ging. Wie sie das fand? „Man war sauer. Man hat<br />
sich nie daran gewöhnt, aber man musste damit<br />
leben.“<br />
Nach der Wiedervereinigung stand ihr Geschäft<br />
vor einer ganz an deren Herausforderung. Es ging<br />
darum, aus dem Überangebot das Beste für die<br />
eigene Stammk<strong>und</strong>schaft <strong>zu</strong> filtern. Wie ihr das<br />
gelang? „Ich habe richtig nette Buchhändler in<br />
Lüneburg <strong>und</strong> in Lüchow kennengelernt. Die rieten<br />
mir: ‚Suchen Sie sich ganz besondere Verlage.‘ Und<br />
ich lerne bis heute von den K<strong>und</strong>en.“<br />
Am häufigsten erklingt die Türglocke am Wochenende,<br />
wenn Touristen die Stadt im Nordwesten Sachsen-Anhalts<br />
besuchen. „Manche von ihnen kommen<br />
immer wieder her“, freut sich die Buchhändlerin.<br />
„Dann heißt es: ‚Jetzt gehen wir <strong>zu</strong> Weyhes‘.“<br />
* Für den Text hat unsere Mitarbeiterin Ulla Rettig<br />
die Buchhandlung von Frau Weyhe im Mai 2015<br />
besucht.