zds#19
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am<br />
wall<br />
Bremen & Bremerhaven<br />
FREIE HANSESTADT<br />
ZWISCHEN 53° NORD & 8° OST<br />
Die Zeitschrift Der Strasse<br />
SEHEN HÖREN<br />
SCHREIBEN<br />
Preis : 2 euro<br />
ein euro Für den Verkäufer<br />
Nr. 19 — november 2013<br />
36<br />
Alles<br />
muss ins<br />
Internet<br />
wiki und<br />
der schlaue<br />
mann<br />
12<br />
Sexarbeit<br />
nur<br />
selbstbestimmt<br />
aus<br />
zwängen<br />
befreien<br />
8<br />
Der Hunger<br />
ist groß<br />
Suppe mit<br />
obst
53° NORD & 8° OST<br />
Foto:<br />
Jakob Weber
am wall<br />
Editorial 5<br />
Historie<br />
1936 / 2013 6<br />
Am Wall in Zahlen 7<br />
Bildstrecke<br />
Wallseits 16<br />
Lyrik 41<br />
Wehmut<br />
Impressum 46<br />
Vorschau<br />
Riensberg 47<br />
Inhalt<br />
Suppe<br />
mit obst<br />
Ihre Töpfe stillen Hunger auf<br />
den Bremer Straßen. Eine<br />
Schmuddelwetterradtour mit<br />
den Suppenengeln<br />
8<br />
12<br />
24<br />
der<br />
erzfeind<br />
Marek zeichnet fast immer. Ein Museum<br />
ist ein Knast für Künstler, sagt er.<br />
Da müsse man rein. Zeichen setzen!<br />
aus<br />
zwängen<br />
befreien<br />
Hunderte Prostituierte arbeiten in<br />
Bremen, längst nicht alle freiwillig.<br />
Ein Gespräch über Selbstbestimmung,<br />
unerkannte Opfer und die Mängel<br />
des Prostitutionsgesetzes<br />
schnapp<br />
sie dir<br />
Genug getrunken. Genug getanzt.<br />
Jetzt auf schnellstem Weg nach<br />
Hause – durch die Wallanlagen?<br />
Ein Erfahrungsbericht<br />
tradition<br />
versus<br />
trend<br />
Auf online pfeift Hans Eulenbruch,<br />
genauso auf Rabattschlachten. Und<br />
trotzdem läuft sein Laden gut.<br />
Eine Anprobe bei „Harms am Wall“<br />
28<br />
32<br />
36<br />
wiki und<br />
der schlaue<br />
mann<br />
Klopfen, fragen, schreiben:<br />
Roland Kutzki hat „Am Wall“ ins Netz<br />
gebracht – einer seiner 1.200 Wikipedia-<br />
Artikel. Ein Querlesen zu Fuß, ganz<br />
ohne Hyperlinks
53° NORD & 8° OST<br />
Foto:<br />
Jakob Weber
am wall<br />
Die Zeitschrift der Straße<br />
Ein Projekt der Hochschule für<br />
Künste Bremen und der Hochschule<br />
Bremerhaven in Zusammenarbeit<br />
mit der Inneren Mission und der<br />
GISBU Bremerhaven.<br />
Die Straße der Zeitschrift<br />
Jede Ausgabe findet ihre Geschichten<br />
an einem Ort in Bremen / Bremerhaven.<br />
Sehen – Hören – Schreiben<br />
Jedem Artikel geht eine Beobachtung<br />
voraus – im oberen Seitenabschnitt.<br />
Abreißen oder dranlassen?<br />
Gute Frage. Probieren Sie’s aus!<br />
Kaufen<br />
Die Zeitschrift der Straße gibt es nur<br />
auf der Straße. Die Hälfte des Verkaufspreises<br />
ist für die VerkäuferInnen.<br />
Firmen, Institutionen und Nicht-Bremer-<br />
Innen senden wir die Zeitschrift auch<br />
per Abo ins Haus (32 € / 8 Ausgaben):<br />
abo@zeitschrift-der-strasse.de<br />
Wie weiter?<br />
Die Zeitschrift der Straße erscheint<br />
in der Regel alle acht Wochen.<br />
Die nächste Ausgabe Mitte Januar.<br />
Editorial<br />
5<br />
Sehen hören<br />
Schreiben<br />
Liebe Leserinnen und Leser!<br />
Jede Menge Geschichten ganz in eigener Sache hätten wir in diesem<br />
Heft schreiben können. Denn die Zeitschrift der Straße zieht um –<br />
mitten in die City. Nur einen Katzensprung vom Wall entfernt eröffnen<br />
wir im Dezember im Lloydhof (Hanseatenhof 9) unseren neuen<br />
Stützpunkt: Vertriebs- und Redaktionsbüro, Veranstaltungsort und<br />
Treffpunkt, Anlaufstelle für alle, die die Bremer Straßenzeitung kennenlernen,<br />
verkaufen und auf andere Weise unterstützen möchten.<br />
Kommen Sie gerne vorbei!<br />
Als Projekt, das sich der wachsenden gesellschaftlichen Entsolidarisierung<br />
entgegenstellt, überzeugte die Zeitschrift der Straße unlängst<br />
auch die Jury des bundesweiten Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte<br />
im Land der Ideen“. Eine wegweisende Idee für die Stadt von morgen,<br />
befand diese und kürte die Zeitschrift zu einem von 100 Gewinnern.<br />
Der Preis wird am 3. Februar, genau drei Jahre nach Erscheinen der<br />
ersten Ausgabe, übergeben werden – natürlich im Lloydhof. Dort, in<br />
unseren neuen Räumen, werden sich künftig übrigens regelmäßig Gelegenheiten<br />
finden, bei denen Sie die Zeitschrift der Straße live erleben<br />
können. Den begrenzten Platz im Heft haben wir deswegen auch dieses<br />
Mal mit vielen anderen erhellenden, vergnüglichen und spannenden<br />
Geschichten gefüllt.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />
Armin Simon<br />
und das ganze Team der Zeitschrift der Straße<br />
PS: Druckfrischer Kalender der Straße! Die Edition 2014 vereint das<br />
Beste aus 18 Ausgaben der Zeitschrift der Straße als Wandkalender,<br />
46 × 69 Zentimeter groß, mit junger Fotografie und Texten aus der<br />
und über die Zeitschrift der Straße. Die Auflage ist auf 100 Stück<br />
limitiert, die Sie exklusiv im „Buchladen Ostertor“ erhalten.
Historie<br />
6<br />
1936<br />
2013<br />
Text: Armin Simon<br />
Foto: Kay Michalak<br />
Auf außerbremischem Gebiet, jenseits der Stadtmauer<br />
und also dort, wo auch die Bürgerschaft keine Befugnisse<br />
mehr hatte, lassen sich Ende des 18. Jahrhunderts die<br />
ersten Mitglieder des Bremer „Raths“ Häuser bauen:<br />
hoch über der Stadt, auf dem Erdwall, der sie einmal gegen<br />
Angreifer schützen sollte. Auf dessen Rücken wächst<br />
nun vom Ostertor aus eine neue Straße, genannt Esplanade.<br />
1802 beschließen Rat und Bürgerschaft offiziell, die<br />
Befestigungsanlagen zu schleifen, es schlägt die Stunde<br />
der Landschaftsgärtner. Im Laufe vieler Jahre bauen sie<br />
das scharfe Zickzack der nutzlos gewordenen Verteidigungsanlagen<br />
zu einem wellig geschwungenen Grünzug<br />
um, lassen Hügelspitzen und Bastionen abtragen, Bäume<br />
und Sträucher pflanzen, schaffen Blickachsen aus dem<br />
Grün auf die Stadt. Die dehnt ihren Hoheitsbereich formal<br />
übrigens erst 1809 bis zum Wallgraben aus.<br />
1936, zu den Olympischen Spielen in Nazideutschland,<br />
hängen Hakenkreuzfahnen neben olympischen Ringen und<br />
Bremer Schlüssel in und über der Straße. Das Stadttheater<br />
auf der Bischofsnadelbastion, im obere Bild links zu<br />
sehen, fällt, wie auch ein Großteil der stadtseitig gelegenen<br />
alten Gebäude, wenige Jahre später den Bomben des<br />
Zweiten Weltkriegs zum Opfer.<br />
Historisches Foto: Dr. Heinrich Raschen / LIS Zentrum<br />
für Medien
am wall<br />
Zahlen<br />
und Fakten<br />
7<br />
am<br />
wall<br />
Ringförmige Straße um die Altstadt<br />
zwischen Oster- und Doventor<br />
auf den ehemaligen Befestigungsanlagen,<br />
1.800 Meter lang. Ausbau<br />
zur „Esplanade“ ab ca. 1790<br />
Recherche: Armin Simon<br />
Grund, warum die Bremer Anfang des 16. Jahrhunderts<br />
vor ihrer Stadtmauer große Erdwälle und<br />
Bastionen anlegten: Weiterentwicklung der Kanonen<br />
Grund, warum die Bremer 1802 die Schleifung<br />
ebenjener Befestigungsanlagen anordneten:<br />
Weiterentwicklung der Kanonen<br />
Grund für die „Sicherheitsüberprüfung“ des CDU-<br />
Hauses, die Fraktionschef Jens Eckhoff im Jahr 2000<br />
in Auftrag gab, nach Aussage der beauftragten<br />
Detektive: Angst vor einer Intrige<br />
Anzahl der entdeckten Wanzen im CDU-<br />
Haus 2003: 2<br />
Zeitpunkt, zu dem ein Ex-Stasi-Mann im Auftrag<br />
der Detektive die Wanzen angeblich eingebaut hat,<br />
laut polizeilichem Vernehmungsprotokoll:<br />
„Sicherheitsüberprüfung“ 2000<br />
Zeitraum, in dem der Bunker unterm Theaterberg<br />
als „Kunst-Krypta“ genutzt wurde: 1949 –1962<br />
Kunstform, die dem Kunsthändler Peter Hagenah<br />
dort zum Durchbruch verhalf: Keramik<br />
Auflage der Ausgabe des US-Magazins „Life“ im Jahr<br />
1954, in der der architektonisch spektakuläre neue<br />
Bunkereingang vorgestellt wurde: 5.400.000<br />
Strafe, mit der die Baubehörde Hagenah<br />
für den Umbau drohte: vier Wochen Haft<br />
Ende des Eingangsbauwerks im Jahr 1968: Abriss<br />
Einweihung des ersten Bremer „Comödienhauses“<br />
beim heutigen Olbers-Denkmal: 1792<br />
Einweihung des Theaterneubaus nebenan: 1843<br />
Mit dem Neubau verbundenes Ziel: hochwertiges<br />
Theater statt seichter Lustspiele<br />
Grund, warum der Theater-Aktienverein parallel<br />
zum Neubau das „Comödienhaus“ aufkaufte:<br />
Abriss zur Vermeidung von Konkurrenz<br />
Einweihung des Schauspielhauses am Goetheplatz: 1913<br />
Mit dem Neubau verbundenes Ziel: modernes<br />
Schauspiel statt seichter Operetten<br />
Länge der Glasüberdachung, in Metern: 600<br />
Begriff, mit dem der Landesdenkmalschützer deren<br />
Auswirkung auf die Optik der Häuser umschrieb:<br />
Unterschenkelamputation<br />
Jahr, in dem der Bremer „Rath“ zuletzt das Spielen<br />
in den Wallanlagen verbot: 1723<br />
Anzahl der Spielplätze in den Wallanlagen<br />
rechts der Weser im Jahr 2013: 1<br />
Cocktailpreise im „Wall-Café“ in den 1980ern, in DM:<br />
6,00 – 9,00<br />
Cocktailpreise in der „Lemon Lounge Wall-Café“,<br />
2013, in Euro: 7,50 – 18,00<br />
Anzahl der Hundehaufen: 6
8
am wall<br />
Fr, 13.57 Uhr<br />
Am Wall,<br />
Ecke Herdentorsteinweg<br />
Unter den nassen Kastanien sammeln<br />
sich Menschen. Warten sie?<br />
×<br />
14.01 Uhr<br />
Zwei schwere Lastenräder mit<br />
großen, fest montierten Edelstahlcontainern<br />
vor dem Sattel<br />
biegen um die Ecke. In die Gruppe<br />
kommt Bewegung.<br />
14.05 Uhr<br />
Die Kälte macht den Atem sichtbar.<br />
„Ich nehm bidde zwei Stück’n Zucker<br />
im Kaffee.“<br />
14.06 Uhr<br />
Geschmäcker sind verschieden:<br />
Zwei Männer prosten sich zu –<br />
sie trinken ihren Kaffee schwarz.<br />
reportage<br />
×<br />
Suppe<br />
Zwei schwere<br />
Lastenräder<br />
mit großen<br />
Edelstahlcontainern<br />
vor<br />
dem Sattel<br />
biegen um die<br />
Ecke. In die<br />
Gruppe kommt<br />
Bewegung.<br />
9<br />
mit obst<br />
Ihre Töpfe stillen Hunger auf<br />
den Bremer Straßen.<br />
Eine Schmuddelwetterradtour<br />
mit den Suppenengeln<br />
Text: Benjamin Eichler<br />
Fotos: Kay Michalak<br />
Schließt man die Augen, klingt jeder Regen<br />
wie ein kleiner Applaus. Augenaufschlag<br />
– willkommen Realität. Neben den<br />
lärmenden Autos der Straße steht eine<br />
hagere Person unter einem großen Kastanienbaum.<br />
Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen,<br />
sucht sie Schutz vor dem Regen.<br />
Regentropfen treffen die Nasenspitze.<br />
„Verdammt, wo bleiben die nur?“, murmelt<br />
sie mehr in ihren Kragen als in das<br />
Gesicht ihres Gegenübers. Norddeutsches<br />
Schmuddelwetter kann gnadenlos<br />
sein, so gnadenlos wie der Hunger. Der<br />
Magen des Mannes knurrt.<br />
Ein Freitagmittag, Mitte Oktober, Viertel<br />
vor zwei. Es stürmt bitterkalt. In dem<br />
kleinen Kastanienhain am Wall warten<br />
rund 30 Menschen auf Parkbänken oder<br />
unter Bäumen und blicken immer wieder<br />
in Richtung Straße. Der Regen hat den<br />
kleinen Platz in eine große Matschpfütze<br />
verwandelt. Schließlich biegt ein Lastenfahrrad<br />
um die Ecke, ein zweites folgt.<br />
Dann geht es ganz schnell. Keine zwei<br />
Minuten dauert es, bis Tische aufgebaut,<br />
Suppenkessel aufgedeckt und Plastikbehälter<br />
voller Obst aufgetischt sind. Warmes<br />
Essen für umsonst: Die Suppenengel sind<br />
da. Zu den Wartenden sind weitere dazugestoßen,<br />
es kommt Bewegung in die<br />
Gruppe. „Mahlzeit!“, klingt es über den<br />
Platz. Vor den Fahrrädern bildet sich eine<br />
Schlange, sie ist etwas kürzer als sonst.<br />
Zum Ende des Monats sieht das anders<br />
aus, da haben mehr Leute kein Geld mehr.
suppe<br />
mit obst<br />
10<br />
Viermal die Woche rollen die Suppenengel<br />
durch Bremen und geben Essen aus:<br />
warme Suppe und Brot, dazu wärmenden<br />
Kaffee, ein Tüte voll Obst und manchmal<br />
etwas Gebäck. Der kleine Platz am Rand<br />
der Wallanlagen ist die zweite Ausgabestelle<br />
heute. Auf dem Bahnhofsplatz, ihrer<br />
ersten Station, bleiben sie nur 30 Minuten.<br />
Die Zeit reicht nicht, um alle Hungrigen<br />
dort zu versorgen. Wer nichts mehr abbekommt,<br />
wird freundlich, aber bestimmt<br />
gebeten, zum Wall nachzukommen.<br />
Eine warme<br />
Mahlzeit und<br />
’nen Kaffee –<br />
„so was macht<br />
eine Stadt<br />
liebenswert“<br />
„Alle müssen sich anstellen. Wer drängelt,<br />
bekommt was von mir zu hören“, sagt<br />
Reinhard und wiederholt es gern noch<br />
mal. Ab und zu hilft der 62-Jährige mit bei<br />
der Ausgabe der warmen Suppe. Er weiß<br />
aus eigener Erfahrung, wie es ist, wenn<br />
am Ende des Monats kein Geld mehr für<br />
Essen da ist. Eine warme Mahlzeit und<br />
’nen Kaffee – „so etwas macht eine Stadt<br />
liebenswert“, sagt Reinhard. Heute ist<br />
Kürbissuppe mit Kartoffeln und Fleisch in<br />
den 60-Liter-Töpfen, dazu gibt es Brote<br />
mit Wurst oder Käse, außerdem Obst,<br />
Kompott und auf Wunsch abgepackte<br />
Backwaren vom Vortag. „Das ist kein<br />
‚Parkhotel‘-Essen hier, aber das erwartet<br />
auch niemand“, sagt Reinhard. Ordnung<br />
ist ihm wichtig im Leben, er achtet auch<br />
hier streng darauf. „Es geht nicht, dass<br />
einfach jemand in der Obstkiste wühlt.<br />
Du bekommst, was da ist; wenn es dir<br />
nicht passt, dann kriegst du halt nichts!“<br />
Aufmerksam auf die Suppenengel ist er<br />
geworden, als er noch für eine Zeitarbeitsfirma<br />
gearbeitet hat. Eines Nachmittags<br />
sieht er eine schlicht gekleidete Frau mit<br />
Gummistiefeln an den Füßen auf dem Platz<br />
stehen und Suppe verteilen. „Das war die<br />
Zia, die Gründerin der Suppenengel“, erzählt<br />
er. „Ich war begeistert.“<br />
Sozialstunden<br />
am Herd<br />
Mehr als 15 Jahre ist es her, dass Zia<br />
Gabriele Hüttinger den ersten Topf Suppe<br />
für die Armen auf den Bremer Straßen<br />
aufgesetzt hat. Spontan und in ihrer eigenen<br />
elf Quadratmeter großen Küche. Die<br />
„Tagesschau“ hatte über einen Kältetoten<br />
in Bremen berichtet, die Öffentlichkeit<br />
diskutierte, ob nachts die Bahnhöfe für<br />
Obdachlose geöffnet werden sollten.<br />
Zia Gabriele Hüttinger gingen die Bilder<br />
nicht mehr aus dem Kopf. Sie wollte<br />
nicht weiterhin untätig sein. Also stellte<br />
sie sich an den Herd, packte die Suppe<br />
auf ihr Fahrrad und zog los, um sie an<br />
frierende Obdachlose zu verteilen. „Ich<br />
wollte mich nicht auf den Gedanken verlassen:<br />
‚Die öffentlichen Einrichtungen<br />
werden sich schon kümmern.‘“ Inzwischen<br />
sind die Suppenengel ein eingetragener<br />
Verein und eine feste Größe zwischen<br />
Hauptbahnhof und Domsheide.<br />
Hüttingers Konzept: Die Suppe kommt zu<br />
den Leuten und nicht andersrum. Deshalb<br />
sieht man die Fahrräder das ganze<br />
Jahr über, egal bei welchem Wetter,<br />
durch die Innenstadt fahren. Mithilfe von<br />
mehr als 30 Freiwilligen versorgen sie<br />
täglich bis zu 150 Menschen. „Nicht nur<br />
Obdachlose“, unterstreicht Hüttinger,<br />
„sondern viele Menschen, die an der Armutsgrenze<br />
leben.“ „Kunden“, nennen sie<br />
die Bedürftigen. Deren Zahl nimmt zu.<br />
Jeder Suppentag beginnt in der Gemeindeküche<br />
der St.-Jakobi-Kirche in der Neustadt.<br />
Während andere noch schlafen,<br />
geht pünktlich um acht das weiße Licht<br />
der Neonröhren an. Mit wenigen, geübten<br />
Handgriffen knöpft sich Gerd Fechner die<br />
Kochjacke zu und bindet sich die schwarzgraue<br />
Schürze um. Insgesamt sind sie heute<br />
zu siebt in der Küche. Fechner zeigt<br />
den beiden Neuen im Team ihre Aufgaben:<br />
Gemüse und Obst waschen und schnippeln.<br />
Eine leistet ihre Sozialstunden ab, die andere,<br />
Miriam, ist freiwillig hier. Sie hat<br />
studiert, eine Zeit lang in den USA gelebt<br />
und ist momentan arbeitslos. „Mir würde<br />
zu Hause die Decke auf den Kopf fallen“,<br />
sagt sie. Während ihr kleiner Sohn in der<br />
Kita ist, will sie mindestens einmal pro<br />
Woche morgens mithelfen. „Ich brauche<br />
für so etwas immer einen festen Termin,<br />
sonst kommt mir was dazwischen.“<br />
Jeder hier hat eine Aufgabe. Zwei sitzen an<br />
einem Tisch und schmieren Brote; knapp<br />
20 Laibe verarbeiten sie zwischen neun<br />
und zwölf. Außerdem dabei: Waltraut, ein<br />
echtes Bremer Urgestein. Eine kleine Frau<br />
Ende 70, kurzes graues Haar. Auch sie<br />
trägt die schwarzgraue Kittelschürze und<br />
schnibbelt den Kürbis in Würfel. 15 Jahre<br />
lang stand sie bei „Gosh“ in der Lloydpassage<br />
in der Küche. Kochte fünf Jahre lang<br />
im „Deutschen Haus“ und besaß auch<br />
schon ein eigenes Restaurant. Seit vier<br />
Jahren ist sie bei den Suppenengeln. Viermal<br />
in der Woche hilft sie mit, immer<br />
montags, dienstags, mittwochs und freitags.<br />
Seitdem ihr Mann gestorben ist, hat<br />
sie viel Zeit. Steht sie mal nicht für die<br />
Suppenengel in der Küche, hilft sie in der<br />
Kirchengemeinde oder kümmert sich um<br />
den eigenen Garten. Waltraud liebt Fisch<br />
über alles, die Suppe hingegen isst sie<br />
nicht. „Ich brauche viel Vitamine und die<br />
werden in der Suppe zu sehr verkocht“,<br />
begründet sie und schiebt sich dann ein<br />
großes Stück Kürbis in den Mund: Sie<br />
schwört auf Rohkost.<br />
Brot für den<br />
kranken Freund<br />
Für die Kürbissuppe ist Gerd verantwortlich.<br />
Kein gelernter Koch, aber<br />
ein Rezeptbuch braucht er auch nicht. Er<br />
könne sich auf sein Gefühl verlassen, versichert<br />
er. Die Suppe ist würzig, aber lecker.<br />
„Am Anfang hat sich der ein oder<br />
andere beschwert, dass es zu versalzen<br />
ist. Aber den meisten schmeckt es so.“ Irgendwann<br />
habe er selbst mal auf der Straße<br />
gesessen, erzählen andere. Gerd selbst<br />
erzählt nur, dass er im Knast saß, weil er<br />
versucht hatte aus der DDR, in den Westen<br />
zu flüchten. Fünf Jahre sollte er eigentlich<br />
hinter Gittern bleiben, dann kam<br />
die Wende. Von heute auf morgen war er<br />
wieder ein freier Mann.
am wall<br />
14.07 Uhr<br />
Suppe für die Menschen,<br />
Leckerlis für die Hunde: Hier ist<br />
an alle gedacht.<br />
14.13 Uhr<br />
Der pausenlose Regen weicht<br />
langsam die Brote auf.<br />
reportage<br />
11<br />
20 Laibe Brot schmieren und belegen die Helferinnen<br />
und Helfer jeden Vormittag im Keller der St.-Jakobi-Kirche<br />
in der Neustadt<br />
Der süßliche Kürbisduft der Suppe zieht<br />
durch die ganze Küche. Die Zutaten sind<br />
Spenden: Ob und was es gibt, weiß vorher<br />
niemand. Obst und Gemüse etwa, erzählt<br />
Gerd, während er die dampfende<br />
Suppe umrührt, kriegten sie vom Markt,<br />
aus der Restekiste. Auch das Brot bekommen<br />
sie geschenkt, vom Bäcker: Sie<br />
verarbeiten, was sonst weggeschmissen<br />
würde. Gelagert werden die Lebensmittel<br />
im Keller der Kirche. Trotzdem entstehen<br />
Kosten: Margarine, Käse, Wurst, Kaffee,<br />
Zucker – all das muss dazugekauft werden.<br />
Dazu noch das Wegwerfgeschirr „wegen<br />
Aids-Ansteckungsgefahr“, der Sprit und<br />
die Wartung des Lieferwagens. Die Arbeit<br />
selbst ist komplett ehrenamtlich: Müssten<br />
sie den Helferinnen und Helfern Gehälter<br />
zahlen, könnten die Suppenengel nicht<br />
mehr existieren.<br />
Es wird unruhig in der Küche. Eigentlich<br />
ist Zia Gabriele Hüttinger momentan<br />
nicht arbeitsfähig, trotzdem steht sie<br />
plötzlich in der Tür. „Es hat heute Nacht<br />
hier jemand eingebrochen und den Computer<br />
gestohlen“, berichtet sie. Sofort gehen<br />
die Vermutungen los: Keine Suppe<br />
ohne Schnack. „War bestimmt jemand,<br />
der Drogen nimmt“, heißt es – da habe<br />
man hier schon schlechte Erfahrungen gemacht.<br />
Dann ist die Suppe fertig, die Fahrer<br />
stehen vor der Tür. Zu zweit hieven<br />
sie die schweren Töpfe in die Thermobehälter<br />
an den Fahrrädern. Und los!<br />
Das ganze<br />
Jahr, egal<br />
bei welchem<br />
Wetter<br />
Helfer und „Kunden“ kennen sich, zum<br />
Teil schon jahrelang. Steht mal einer nicht<br />
in der Schlange, fällt das gleich auf. „Nimm<br />
noch ein Brot für deinen kranken Freund<br />
zu Hause mit“, sagt die Frau, die hinterm<br />
Klapptisch steht. Der Regen prasselt ohne<br />
Unterlass, die Brote werden nass. „Es ist<br />
schön, dass ihr da seid“, sagt einer und lobt<br />
noch mal die Suppe. Mittlerweile ist es<br />
halb drei, der Suppenkessel beinahe leer.<br />
Auch der Platz lichtet sich immer mehr.<br />
Hin und wieder bittet noch jemand um<br />
Nachschlag. Nicht immer ist noch Essen<br />
übrig. Heute jedoch schon: „Will noch jemand<br />
Brot mitnehmen? Hierher!“<br />
Die Suppenengel, so schreiben sie über<br />
sich selbst auf ihrer Internetseite, wollen<br />
mehr sein als nur Essensausgabe, wollen<br />
„Hilfe zur Selbsthilfe“ ermöglichen und<br />
„Menschen, die aus dieser Situation aussteigen<br />
wollen“, Hilfestellungen geben.<br />
Zumindest an diesem Regentag ist dafür<br />
kaum Gelegenheit. Und im Winter, bei<br />
Minusgraden, wird es nicht besser werden.<br />
Nicht zuletzt deswegen haben sie<br />
sich am Vorabend im Team mehrheitlich<br />
dafür ausgesprochen, die Suppe von November<br />
bis Januar in leer stehenden Räumen<br />
des Lloydhofs auszuteilen – allerdings<br />
nur, wenn die „Kunden“ das auch<br />
gut finden. Bei der Essenausgabe liegt<br />
deshalb heute eine Strichliste aus. Die<br />
ganz überwiegende Mehrheit der Befragten<br />
unterschreibt bei „Ja“.
12
am wall<br />
Fr, 18.40 Uhr<br />
Am Wall 157, „Harms am Wall“<br />
Zwei Damen verlassen ihre Arbeitsstätte.<br />
Eine von ihnen schließt<br />
die Tür ab, die andere lästert lautstark<br />
über eine Kundin.<br />
Fr, 19.12 Uhr<br />
Wallanlagen, Höhe Rosenplatz<br />
Eine alte Dame im Rollstuhl lässt sich<br />
von ihrer Enkelin durch den Park<br />
schieben. Sie stoppen an einer Bank,<br />
das junge Mädchen setzt sich.<br />
Keine sagt ein Wort.<br />
Fr, 20.32 Uhr<br />
Am Wall, Ecke Sögestraße<br />
Eine Frau eilt über die rote Ampel.<br />
Sie trägt noch die Schürze mit<br />
der kleinen Aufschrift „Café Knigge“.<br />
×<br />
Fr, 20.33 Uhr<br />
Ein Streifenwagen rollt über<br />
die Straße. Die Beamten verringern<br />
ihr Tempo, schauen der Frau<br />
hinterher.<br />
interview<br />
×<br />
Ein Streifen‐<br />
wagen rollt<br />
über die<br />
Straße. Die<br />
Beamten<br />
verringern<br />
ihr Tempo,<br />
schauen<br />
der Frau<br />
hinterher.<br />
13<br />
AUS<br />
ZWÄNGEN<br />
BEFREIEN<br />
Hunderte Prostituierte arbeiten<br />
in Bremen, längst nicht<br />
alle freiwillig. Ein Gespräch über<br />
Selbstbestimmung, unerkannte<br />
Opfer und die Mängel<br />
des Prostitutionsgesetzes<br />
Interview: Wiebke Plasse<br />
Illustration: Anna Bauer<br />
zds Frau Kähler, Sie beraten seit sieben Jahren verfahren auf, vermitteln Deutschkurse, kümmern<br />
uns um die Heimreise und stellen Kontakt<br />
von Menschenhandel und Zwangsprostitution<br />
betroffene Frauen in Bremen. Wie sieht diese zu Anlaufstellen im Heimatland her.<br />
Hilfe aus?<br />
zds Wie viele Frauen brauchen diese Unterstützung?<br />
Katharina Kähler Ganz unterschiedlich. Wir<br />
kümmern uns um praktische Dinge wie Aufenthaltsrecht,<br />
Sozialleistungen und eine sichere Unkrete<br />
Aussage zu machen, weil es nicht einmal<br />
Kähler Es ist ganz schwierig, dazu eine konterkunft.<br />
Wir stellen sicher, dass die Frauen medizinisch<br />
und psychosozial versorgt werden. Wir gibt. Außerdem sehen wir als Beratungsstelle für<br />
gesicherte Zahlen zur Prostitution in Bremen<br />
vermitteln ihnen Rechtsanwältinnen, begleiten Menschenhandel nur einen kleinen Ausschnitt<br />
sie bei Prozessen und sind ihre Anlaufstelle für der Sexarbeit. Schätzungen zufolge arbeiten<br />
alle wichtigen Fragen. Wir klären sie über ihre zwischen 500 und 800 Prostituierte in Bremen.<br />
rechtlichen Möglichkeiten als Zeugin im Straf-<br />
Zu sagen, wie viele davon jetzt legal oder illegal
aus<br />
zwängen<br />
befreien<br />
14<br />
arbeiten, wäre unseriös. Aber: In den letzten Jahren<br />
haben wir 30 bis 40 Frauen jährlich beraten.<br />
Die Dunkelziffer ist sicher nicht unerheblich.<br />
zds Melden sich betroffene Frauen selbst bei<br />
Ihnen und bitten um Hilfe?<br />
Kähler Nur die wenigsten. Viele sehen sich<br />
nicht als Opfer oder Betroffene einer Straftat.<br />
Ihre Situation im Heimatland war oftmals noch<br />
schlechter – selbst wenn sie nur 10 oder 20<br />
Euro am Tag behalten dürfen und den Rest an<br />
den Zuhälter abtreten müssen, sehen sie für<br />
ihre Lebenslage eine Verbesserung.<br />
zds Wie kommen Sie dann in Kontakt mit Ihnen?<br />
Kähler Etwa 75 Prozent kommen über die<br />
Polizei zu uns, weitere über andere Beratungsstellen<br />
oder Hilfsangebote. Viele haben in sogenannten<br />
Modellwohnungen gearbeitet, das sind<br />
im Prinzip Privatwohnungen, in denen Prostitution<br />
angeboten wird. Für das Hilfesystem sind<br />
die schwer erreichbar. Wenn wir erfahren, dass<br />
es eine Razzia gab und Frauen aufgegriffen wurden,<br />
die möglicherweise Opfer von Menschenhandel<br />
geworden sind, suchen wir sie auf oder<br />
laden sie hierher ein. Wir organisieren Dolmetscherinnen,<br />
erklären den Frauen ihre Rechte und<br />
stellen dar, welche Möglichkeiten sie haben. Je<br />
nachdem, wie sie sich entscheiden, beraten wir<br />
sie dann fortlaufend.<br />
zds Welche Möglichkeiten haben Betroffene?<br />
Kähler Sie haben das Recht, für sich zu reflektieren,<br />
ob sie eine Zeugenaussage machen möchten<br />
oder nicht. Für diese Zeit erhalten sie eine<br />
Aufenthaltserlaubnis und staatliche Transferleistungen.<br />
Gleiches gilt auch für den Zeitraum von<br />
einer Aussage bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens,<br />
sofern sie sich hierzu entschieden<br />
haben.<br />
zds Was aber nicht alle tun?<br />
Kähler Einige möchten so schnell wie möglich<br />
wieder in ihr Heimatland zurück. Frauen, die hier<br />
ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben, betreuen<br />
wir hingegen manchmal über mehrere Jahre.<br />
Wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt,<br />
unterstützen wir sie durch eine Vor- und Nachbereitung<br />
und durch eine persönliche Begleitung.<br />
Nach dem Prozess erarbeiten wir – sofern<br />
sie das wünschen und sie die Möglichkeit haben,<br />
ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen –<br />
auch neue Lebensperspektiven mit ihnen.<br />
zds Wovon hängt es ab, ob es zu einer Gerichtsverhandlung<br />
kommt?<br />
Kähler Hauptsächlich davon, inwieweit die Ermittlungsbehörden<br />
Beweise finden können. Im<br />
Falle von Menschenhandel sind das meist Zeugenaussagen<br />
– und die wiederum sind sehr oft<br />
abhängig von der individuellen Situation der Betroffenen:<br />
Eine Frau, die durch ihr persönliches<br />
Umfeld stark unter Druck steht, wird sich sehr<br />
gut überlegen, ob sie sich traut, eine offene Aussage<br />
zu machen. Oft kommen Täter und Opfer aus<br />
demselben Ort und stehen in Kontakt mit ihrer<br />
Familie im Heimatland. Dies kann dazu führen, dass<br />
sie sich entscheidet, keine Aussage zu machen, um<br />
ihre Familie nicht zu gefährden. Es gibt aber auch<br />
immer wieder Frauen, die sich aus den Zwängen<br />
befreien können. Im Schnitt haben wir in Bremen<br />
zwei bis drei Gerichtsverfahren im Jahr.<br />
zds Wann greift das Strafgesetzbuch überhaupt?<br />
Kähler Wenn Frauen in der Prostitution gegen<br />
ihren Willen oder ohne ihr Einverständnis bezüglich<br />
der Arbeitsbedingungen arbeiten müssen<br />
und dadurch zu Opfern werden. Das juristisch<br />
zu belegen, ist jedoch oft ein ganz schmaler Grat.<br />
Ganz klar fällt es unter Menschenhandel zum<br />
Zwecke der sexuellen Ausbeutung, wenn die Frau<br />
beispielsweise unter falschen Voraussetzungen<br />
ihr Heimatland verlassen hat, sie also getäuscht<br />
oder in einer Notlage ausgenutzt wurde. Natürlich<br />
ist es Zwang, wenn sie unter Gewaltanwendung<br />
zur Arbeit in der Prostitution gezwungen<br />
wird oder ihr Gewalt – sowohl psychischer als<br />
auch physischer Art – angedroht wird. Außerdem<br />
ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit zum<br />
selbstbestimmten Arbeiten ein wichtiger Faktor;<br />
das bedeutet konkret, dass sie selber entscheiden<br />
kann, welche Freier sie bedienen will, wo sie arbeitet,<br />
welche Dienstleistungen sie anbietet und<br />
vor allem auch, zu welchem Preis.<br />
zds Jede andere Arbeitnehmerin muss sich doch<br />
auch nach ihrem oder ihrer Vorgesetzten richten!<br />
Kähler Sie kann aber selbst entscheiden, ob<br />
sie dort überhaupt arbeiten will, ob sie mit den<br />
Arbeitsbedingungen einverstanden ist oder ob<br />
ihre persönlichen Grenzen überschritten sind.<br />
Und für die Arbeitgeber gibt es gesetzliche Vorgaben,<br />
an die sie sich halten müssen.<br />
zds Für Bordellbetreiber und Ähnliche nicht?<br />
Kähler Ein Arbeitsverhältnis in der Prostitution,<br />
auch wenn das eine der Intentionen des<br />
Prostitutionsgesetzes war, ist in den meisten Fällen<br />
nicht vergleichbar mit einem herkömmlichen<br />
Arbeitsverhältnis. Unsere Klientinnen jedenfalls<br />
zeigen uns deutlich durch ihre Erfahrungen und<br />
Erlebnisse, dass es ein großes Risiko gibt, wenn<br />
sie sich auf eine Tätigkeit in der Prostitution einlassen<br />
und die Rahmenbedingungen unsicher sind.<br />
zds Das Gesetz, in Kraft seit 2002, stellt Prostitution<br />
in rechtlicher Sicht in vielen Punkten gleich
am wall<br />
Fr, 21.00 Uhr<br />
Park zu den Wallanlagen,<br />
Höhe Herdentor<br />
Eine Gruppe Männer lässt sich auf<br />
den Bänken nieder. Aus ihren<br />
Plastiktüten holen sie Hemelinger<br />
Bier und Chips hervor.<br />
Fr, 21.10 Uhr<br />
Am Wall 77, „Club Monte Carlo“<br />
Ein älterer Herr tritt in den Laden.<br />
Auf dem Türschild steht „Club Monte<br />
Carlo“, hinter den Türen verbirgt sich<br />
ein Escortservice und ein Bordell.<br />
Fr, 21.17 Uhr<br />
Eine neue Ampel, die der Autofahrer<br />
des silbernen Mercedes missachtet.<br />
Er düst über Rot, weicht<br />
einem entgegenkommenden Wagen<br />
mit einem Schwenk aus.<br />
interview<br />
15<br />
mit anderen Dienstleistungen. Hat das Ihre<br />
Arbeit und die der Prostituierten erleichtert?<br />
Kähler Ich halte die Intention des Gesetzes<br />
für absolut richtig: Prostitution gehört entkriminalisiert.<br />
Zuvor gab es eine Art Doppelmoral,<br />
denn die Nachfrage nach Prostitution ist seit<br />
Menschheitsgedenken bekannt; auf der anderen<br />
Seite war Prostitution sittenwidrig und Frauen<br />
in der Prostitution rechtlos. Dass Frauen nun in<br />
einem Angestelltenverhältnis arbeiten und sich<br />
sozialversichern können, ist gut.<br />
zds Aber?<br />
Kähler Es wurde vergessen, die Rahmenbedingungen<br />
verbindlich zu regeln, vor allem auch<br />
Zugangsmöglichkeiten zu schaffen, um diejenigen<br />
aufzuspüren, die gegen ihren Willen und<br />
unter schlechten Rahmenbedingungen arbeiten.<br />
Wann ist eine Wohnung eine Prostitutionsstätte?<br />
Wann ist ein Club ein Bordell? Welche Auflagen<br />
müssen erfüllt werden? Unter welchen Bedingungen<br />
wird dort gearbeitet? Wir haben in<br />
Deutschland eine hohe Regulierung im Bereich<br />
des Gewerberechts für Gaststätten und anderes,<br />
diese fehlt im Bereich der Prostitution komplett.<br />
Um aber Frauen, die in Zwängen gefangen<br />
sind, entdecken und ihnen Hilfen anbieten zu<br />
können, brauchen wir dringend eine Regelung,<br />
um die Arbeitsorte kontrollieren zu können – jedoch<br />
ohne diejenigen zu diskriminieren, die ihrer<br />
Tätigkeit freiwillig nachgehen.<br />
zds Ist es für betroffene Frauen durch das<br />
Gesetz leichter geworden, sich zu wehren?<br />
Kähler Auf jeden Fall hat sich die Zahl der<br />
Frauen, die wir betreuen, in den vergangenen<br />
sechs Jahren verdoppelt, die Nachfrage nach<br />
unserem Beratungsangebot ist deutlich angestiegen.<br />
Das heißt aber nicht, dass auch der Menschenhandel<br />
zugenommen haben muss: Das wissen wir<br />
nicht. Es ist auch möglich, dass einfach das Vertrauen<br />
zu uns wächst, weil sich unsere Arbeit<br />
unter den Frauen im Milieu rumspricht, oder dass<br />
durch die vermehrte Ermittlungsarbeit der Polizei<br />
mehr Betroffene identifiziert werden können.<br />
zds Ist die Zahl der Prostituierten ebenfalls<br />
gestiegen?<br />
Kähler Was wir sehr stark bemerkt haben,<br />
war die EU-Osterweiterung 2007. Seitdem hat<br />
Bremen vermehrten Zulauf von bulgarischen<br />
Frauen, oft aus Minderheiten, die im eigenen Land<br />
sehr randständig leben. Im Bereich des Menschenhandels<br />
stellen uns diese EU-Erweiterungen vor<br />
eine ganz neue Problematik: Früher hatten die<br />
Frauen, die hier unter Zwang arbeiteten, in der<br />
Regel kein Aufenthaltsrecht; entdeckte die Polizei<br />
sie, nahm sie sie deswegen mit – und löste sie<br />
so erst mal aus ihrem Umfeld. Wenn sie dann befragt<br />
wurden, ergaben sich oft Hinweise auf Menschenhandel.<br />
Heute jedoch hat ein großer Teil<br />
der hier arbeitenden Frauen als EU-Bürgerinnen<br />
ein Aufenthaltsrecht. Wenn sie bei einer Kontrolle<br />
keine Hinweise auf eine Zwangssituation<br />
geben, gibt es außer freiwilligen Angeboten keine<br />
Handhabe. Und da greifen dann oftmals wieder<br />
die perfiden Druckmechanismen, die von Täterkreisen<br />
auf die Frauen ausgeübt werden.<br />
zds Was bedeuten diese Veränderungen für die<br />
Prostituierten?<br />
Kähler Es gibt viel Konkurrenz, Preisdruck und<br />
die Erwartungshaltung von vielen Freiern, immer<br />
mehr Leistungen für immer weniger Geld zu bekommen.<br />
zds Klingt, als gäben Sie den Freiern eine Mitschuld.<br />
Kähler Es geht hier nicht um Schuld, sondern<br />
darum, Verantwortung für das eigene Handeln<br />
zu übernehmen. Um Fair Play. Hier treffen zwei<br />
Menschen aufeinander, die sollten respektvoll<br />
miteinander umgehen, klare Vereinbarungen treffen.<br />
In Bezug auf die Zwangsprostitution gilt es,<br />
die Augen offen zu halten: Wirkt die Frau körperlich<br />
und psychisch unversehrt? Geht es ihr gut?<br />
Wird sie durch Kameras oder anwesende Personen<br />
kontrolliert? Bei wem wird bezahlt? Bezüglich<br />
dieser Fragen sollten Freier wachsam bleiben.<br />
Allerdings brauchen wir keine Superhelden. Ein<br />
anonymer Hinweis an uns oder die Polizei reicht<br />
schon.<br />
Zur Person<br />
Katharina Kähler, Dipl. Soziologin, arbeitet<br />
seit 2006 in der Beratungsstelle für Betroffene<br />
von Menschenhandel und Zwangsprostitution,<br />
die vom Verein für Innere Mission in Bremen<br />
getragen wird.
16
am wall<br />
bildstrecke<br />
17<br />
wallseits<br />
Fotos: Jakob Weber
18
am wall<br />
19
20
am wall<br />
21
22
am wall<br />
23
24
am wall<br />
Sa, 17.40 Uhr<br />
Wallanlagen, bei der Seebühne<br />
Ein Flaschensammler zieht eine<br />
Dose aus einem Mülleimer. Er dreht<br />
die Dose kurz und wirft sie, als<br />
er kein Pfandzeichen findet, achtlos<br />
neben sich ins Gebüsch.<br />
×<br />
17.44 Uhr<br />
Ein älterer Herr stellt sein Fahr-<br />
rad am Wegesrand ab. Er tritt über<br />
den Grünstreifen, lässt die Hosen<br />
runter und pisst, zwei Meter neben<br />
mir, ins Wallanlagenwasser, dort-<br />
hin, wo es ganz flach ist.<br />
18.10 Uhr<br />
Bischofsnadel,<br />
Ausgang Wallanlagen<br />
Was noch übrig ist, nun, da der<br />
Alkohol ihr Leben fast vollständig<br />
zerstört hat, ist Gesprächsstoff.<br />
„Kameradendiebstahl!“, sagt der<br />
eine, der schlimmste Diebstahl von<br />
allen sei das.<br />
prosa<br />
×<br />
Ein älterer<br />
Herr stellt<br />
sein Fahrrad<br />
ab. Er lässt<br />
die Hosen<br />
runter und<br />
pisst ins<br />
Wallanlagenwasser.<br />
25<br />
Der<br />
ERZFEIND<br />
Text: Maja-Maria Becker<br />
Illustration: Meijun Yan<br />
Ich bin sicher kein Superheld. Ab und an trag ich zwar meine Shorts<br />
über der Jeans, aber was ändert das? Heute bin ich aus der Kunsthalle<br />
geflogen.<br />
Bleistifte sind was für’n Knast, hat Marek gesagt, aber ich<br />
glaub nicht, dass er jemals im Knast war. Der war in „Ost“, wenn<br />
überhaupt, und da gibt’s nicht mal Fingerfarben. Wär ja auch noch<br />
schöner, hab ich der Aufsicht gesagt. Ein Kolbenfüller ist ein Präzisionswerkzeug.<br />
Pelikan. Montblanc. Schon mal gehört? Dies besondere<br />
Exemlar hat mich dreihundert gekostet und das is’ noch wenig. Meinen<br />
Sie, ich würd damit wen umnieten? Mit Federstärke extrafein? Sie<br />
rührte sich nicht, versicherte erneut, es wären nicht ihre Regeln. Ihre<br />
Stimme zitterte, als sie das sagte. Fast heulte sie. Ich deutete nur mit<br />
einem Blick Richtung Luftfeuchtigkeitsmesser, da ließ sie es bleiben.<br />
Dies ist das Bild. Das ist nicht weit von hier, eine Hand, halb<br />
aufgestützt im Frühsommer. Muss da Anfang zwanzig sein. Wieso?<br />
Hinter mir das Gras, sanft steigt es an. Licht dringt von oben durch
der<br />
erzfeind<br />
26<br />
die Bäume. Und nicht zu vergessen: die Seerosenblätter (nicht im<br />
Bild). Vergiss die Alte! Marek kratzt wieder an ’nem Pickel rum. Wir<br />
hatten ja vor, uns auf dem Viertelfest zu besaufen, doch der Typ am<br />
Ausschank nimmt unser Geld wie einer, der’s nicht nötig hat. Es kommen<br />
’ne Menge Wolken vom Meer, falls du Regen brauchst … Da<br />
kommen vor allem Bullen, ich schau zur Kunsthalle und Marek zieht<br />
mich schon: Zeig mir die Stelle von dem Foto! Er will mir Gutes tun,<br />
weil ja alles bloß Vorstellung, bloß ’ne Laune ist … Aber das stimmt<br />
nicht. Es ist alles wahr, sag ich, diese Unbeschwertheit, wenn sie nicht<br />
auf dem Bild wär, ich hätt sie längst vergessen. Nun sind da nur<br />
Werder-Fans, auf der Brust den letzten oder vorletzten Sponsor. Und<br />
Marek sagt: Jeder braucht ’ne Rüstung, selbst wenn sie von Pappe ist.<br />
Marek zeichnet fast immer. Kurze Bilder. Aus ein paar Strichen<br />
holt er so viel raus. Und aus seiner kurzen Pfeife steigt Rauch,<br />
ungeheure Dampfwolken sind das. Ein Museum ist ein Knast für<br />
Künstler, sagt er. Da müsse man rein. Zeichen setzen! Marek ist klein<br />
und dick, er weiß alles übers Lachen. Weißt du noch, der Typ, der dir<br />
auf die Schulter geklopft hat, dass du dir fast den Wein übers T-Shirt –<br />
ich mein, du drehst dich zu dem um und sagst: Gleich geschieht ’n<br />
Unglück! Und der nur: War das etwa dein erster Ritterschlag?!<br />
Kora klingelt. Marek spricht lang mit ihr. Sie reden über den<br />
Trend, der grad aus Tschechien kommt. Ich hör nur halb hin, weil er so<br />
rumfuchtelt und ans Wasser tritt, wo gleich darauf Enten schwimmen.<br />
Vor der Unterführung liegt ’ne Frau und Kinder kommen, Bierflaschen<br />
in den Händen, vom Dom. Wird Regen geben, sagt einer. Und auf der<br />
Brücke oben schreiten Beine.<br />
Du kamst aus Ritterhude. Wir lernten uns im „Tower“ kennen,<br />
vögelten ein paar Mal. Das war’s, hab ich gesagt. Und: Es gibt Phasen,<br />
da muss man sich auf Inhalte konzentrieren. Weiß nich’, was das<br />
sollte. Hätte es ja so leicht haben können. Hätt dir nichts beweisen<br />
müssen, nicht die Welt retten oder so. Sonntags „Tatort“ schauen,<br />
schweigend dasitzen, während es draußen Nacht wird, das hätt gereicht.<br />
Hab’s verbockt, sag ich, so viel ist klar. Kann nicht sagen, ob<br />
sich durch Insekten oder Regentropfen Kreise auf dem Wasser bilden.<br />
In Comics geht’s nicht um Helden, weißt du? Zuerst muss es<br />
Spektakel sein, dann ist da auch ein Held. Marek zeigt mir den Block.
am wall<br />
18.19 Uhr<br />
Am Wall, Ecke Herdentor<br />
Einer liegt da in einer wasserabweisenden<br />
Jacke, darin ein schepperndes<br />
Kofferradio. Der Mann<br />
schläft, vom Takt der Bahnen einzig<br />
durch etwas Buschwerk getrennt,<br />
auf dem Boden, im Regen. Die<br />
Baumhasel neben ihm kriegt mehr<br />
Stütze als er.<br />
18.19 Uhr<br />
Am Wall 161<br />
Eine Frau geht sehr langsam,<br />
als fiele ihr das Gehen mit Absätzen<br />
schwer. Jeder Schritt, als würde<br />
sie von Kippe zu Kippe staksen. Vom<br />
Dach ruft eine Krähe: „Harm.“<br />
18.42 Uhr<br />
Am Wall 200, Polizeirevier<br />
Die Situation ist angespannt. Zur Auflockerung<br />
– und weil ja nichts<br />
Schlimmes passiert ist – sage ich:<br />
„Sieht anders aus hier als im<br />
Bremer ‚Tatort‘.“ „Ich bin kein großer<br />
Freund vom Tatort“, sagt der Beamte.<br />
Seine Kollegin kommt auf mich zu<br />
und fordert mich auf, ihr zu folgen.<br />
prosa<br />
27<br />
Das ist die Reiterstatue, Marek hat dem Typen ’ne riesige Lanze in die<br />
Hand gezeichnet. Und? Cool, sag ich, der Kerl schielt und hat ’n Penis<br />
mit Vorhautverengung, aber sonst … Marek schnappt mir den Block<br />
weg. Frauen wollen, dass man zu ihnen ehrlich ist: Wenn sie dich für<br />
’nen Schurken halten, dann sei auch einer!<br />
Wir sitzen auf ’ner Bank – das ist der Ort in den Wallanlagen,<br />
an dessen Namen ich mich nich’ erinnern will – da kommt ein älterer<br />
Herr und stellt sein Fahrrad hinter uns ab. Er tritt ans Geländer, lässt<br />
die Hosen runter und pisst gleich vor uns ins Wasser. Dorthin, wo es<br />
ganz flach ist. Marek nimmt Papier und Stift. Lass dich von der Natur<br />
anwehen!, ruft er, und der Mann, der sehr groß und hager ist, zieht<br />
sehr umständlich und staksend alles wieder hoch, putzt sich die Nase<br />
mit ’nem Stofftaschentuch, das hat an seinem Rand Stickereien. Wir<br />
sind also alle Helden? Und Marek: Wir sind alle Superhelden, und<br />
Superschurken sind wir auch.<br />
Da seh ich die Frau aus der Kunsthalle wieder. Ich stoß<br />
Marek die Mütze vom Kopf, renn ihr nach, zwischen Autos und Straßenbahnen,<br />
und an der Mühle dann so lässig die Hände in die Jackentaschen.<br />
Sie aber is’ nirgends mehr zu sehen. Hab nur meinen Füller<br />
in der Tasche, mit dem ich nervös spiele. Superhelden können Bilder<br />
einfach so mit Laserstrahlen aus den Augen vernichten, hat Marek gesagt.<br />
Und bäm! ist da ein Rattern und Schleifen und blaues Lachen<br />
überall. Und ich bin ausgerechnet jetzt ausgerechnet hier. Nun also<br />
sehen wir uns wieder!, sag ich. Die Mechanik im Innern, die sich mit<br />
präzisen Bewegungen gegen das Rosten wehrt. Ich nehme Aufstellung,<br />
halte mir die Feder vors Auge, bis die Mühle dahinter verschwindet.<br />
Das ist mein Supermove! Nur die Flügel ragen noch hervor. Dann<br />
geht’s Schlag auf Schlag. Schon hebt es mich in die Luft, ich steig hoch<br />
wie aufm Freimarkt, spür den Wind. Unter mir die Wallanlagen, die<br />
Innenstadt, immer weiter kann ich sehen. Und da is’ auch Marek: Er<br />
kämpft aufm Domplatz gegen Halunken.<br />
Und als ich laute Rufe hör, lass ich los, flieg dicht über den<br />
Dächern. Überall Menschen mit großen Augen. Die Wolken reißen<br />
auf. Den Rest kann man sich ausmalen.
28
am wall<br />
Fr, 1.12 Uhr<br />
Hillmannsplatz,<br />
Sparkassen-Filiale<br />
Ein Dutzend Menschen steht vor<br />
dem Außenautomat Schlange.<br />
Die beiden Automaten im geöffneten<br />
Innenbereich sind leer.<br />
1.20 Uhr<br />
Herdentor, Eingangsbereich<br />
des „Tower Musikclubs“<br />
Schnell noch Zigaretten kaufen ist<br />
nicht: Auch vor dem Kiosk steht<br />
eine Schlange. Den Verkäufer hält<br />
das nicht davon ab, mit einer Gruppe<br />
Frauen zu flirten.<br />
1.30 Uhr<br />
Wallanlagen, Höhe Herdentor<br />
Ein Mann stützt seine Freundin, die<br />
deutlich betrunken ist. Auf ihren<br />
High Heels kann sie keinen geraden<br />
Schritt mehr machen.<br />
1.50 Uhr<br />
Ende der Katharinenpassage,<br />
Eingang „NFF Club“<br />
Schon zehn Minuten Wartezeit<br />
an der Tür. „Einlassstopp, Laden zu<br />
voll“, ruft der Türsteher.<br />
reportage<br />
×<br />
„Du willst<br />
29<br />
SCHNAPP<br />
SIE DIR<br />
Genug getrunken. Genug getanzt.<br />
doch jetzt<br />
nicht alleine<br />
und zu Fuß<br />
nach Hause<br />
gehen?“,<br />
tadelt der<br />
Türsteher.<br />
„Wird schon<br />
klappen“,<br />
sage ich.<br />
Jetzt auf schnellstem Weg<br />
nach Hause – durch die Wallanlagen?<br />
Ein Erfahrungsbericht<br />
Text: Wiebke Plasse<br />
Fotos: Dave Scirocco<br />
Die Musik schallt aus den Boxen, die<br />
Stimmung ist auf dem Höhepunkt. Ein<br />
Flirt hier, ein Tanz dort. Langsam lässt<br />
meine Lust nach. Auch meine Freundinnen<br />
haben sich aus dem Staub gemacht: Nur<br />
eine von ihnen kann ich von meinem Platz<br />
aus noch beobachten. Sie unterhält sich<br />
angeregt mit einem Fremden, der verzweifelt<br />
ihren Körperkontakt sucht. Heute<br />
Nacht wird sie zu ihm nach Hause gehen<br />
– das lässt ihr Blick verraten. Ich schaue<br />
gelangweilt in die Gesichter der tanzenden<br />
Menge: Sie sind schön. Sie strahlen und<br />
lachen. Doch scheint das Licht ihnen direkt<br />
in die Augen, verschwimmt die Illusion:<br />
rote Augen, tiefe Augenringe, verwischtes<br />
Make-up. Der Alkohol fließt in großen<br />
Mengen in die durstigen Hälse der nimmersatten<br />
Nachtmenschen. Ein neues<br />
Lied, laut schreit der DJ durch sein Mikro.<br />
Die Tanzfläche füllt sich, von allen Seiten<br />
kommen Leute wie auf Befehl aus ihren<br />
Ecken. Sie stürmen an mir vorbei,<br />
schubsen, drängeln, um den besten Platz<br />
auf der Tanzfläche zu bekommen. Ein<br />
High-Heels-Absatz platziert sich genau<br />
auf meinem Fuß – autsch! Ich habe genug.<br />
Ich will nach Hause!<br />
„Süße, ich hau ab. Meld dich, wenn was ist.<br />
Kuss“. Schnell raus. Hunger stillen, noch<br />
ein wenig chillen, dann ins Bett. Ich<br />
schaue an mir herunter: Rock, Pumps, ein<br />
T-Shirt. Besonders elegant ist das nicht,<br />
„normal“, würde ich sagen. Schick macht<br />
sich hingegen die riesige Laufmasche am
schnapp<br />
sie dir<br />
30<br />
rechten Oberschenkel. Ein kleiner Ausrutscher<br />
mit der Zigarette und das Übel<br />
war geschehen: Von Bewegung zu Bewegung<br />
verwandelt sich das kleine Brandloch<br />
nun in ein großes Desaster. Meine<br />
eigentlich schwarze, blickdichte Strumpfhose<br />
ist nur noch ein Stofffetzen, reif für<br />
den Mülleimer. Und sie lässt mich wirken,<br />
als hätte ich eine aufregende Partynacht<br />
hinter mir. Von wegen …<br />
Hunger stillen<br />
mit Hindernissen<br />
„Eine Pizza Funghi bitte.“ Mitten im<br />
Getummel hungriger Partygäste ergattere<br />
ich noch einen freien Sitzplatz. Ein<br />
scheinbar aufsehenerregendes No go,<br />
sich in eine Runde fremder Menschen zu<br />
setzen – zum Essen, nicht zum Reden. So<br />
deute ich jedenfalls die Blicke der Mädchen<br />
auf 15-Zentimeter-Absätzen und kiloschwerer<br />
Haarspray-Frise an meinem<br />
Tisch. Sie mustern mich, beginnen zu reden.<br />
Immer lauter. Schlampe! Kein Geld<br />
für eine heile Strumpfhose, oder findste<br />
das geil? Ich schaue kurz hoch. Am liebsten<br />
würde ich lachen, wie die drei als<br />
Gruppe so stark sind und ich allein mit<br />
meiner riesigen Laufmasche das perfekte<br />
Opfer für nächtliche Pöbeleien zu sein<br />
scheine. Denk mir aber: Mund halten,<br />
weiter auf die Pizza starren und so tun,<br />
als hätte ich nichts gehört! Hab auch keine<br />
Lust, das weiter zu hören. Krame also<br />
in meiner Tasche. Strickjacke an, Kapuze<br />
hoch. MP3-Player raus, beide Stöpsel rein.<br />
Hatse Schiss, wa? Schallendes Gelächter.<br />
Ich freue mich auch. Denn sie ziehen ab,<br />
mit dem berauschenden Gefühl, beängstigend<br />
zu sein. Und ich hab meine Ruhe.<br />
Hey, darf ich mal ein Stück probieren?<br />
Zu früh gefreut! Ein anderer Gast, sichtbar<br />
betrunken, setzt sich neben mich,<br />
knallt seine Bierflasche auf den Tisch und<br />
rückt seinen Stuhl so nah, dass er mit einer<br />
Pobacke fast auf meinem Stuhl sitzt.<br />
Seine Freunde, die am Eingangsbereich<br />
auf ihre Bestellung warten, beobachten<br />
das Geschehen. Ich stehe auf, ohne Kommentar.<br />
Mir reicht’s. Schnappe meine Pizza<br />
und versuche, durch die Menschenmenge<br />
an der Theke den schnellsten Weg<br />
zum Ausgang zu finden. Die Gäste beobachten<br />
das, die drei Mädchen lachen wieder,<br />
schreien mir irgendwas hinterher.<br />
Macker, lass sie in Ruhe! Wenigstens ein<br />
paar reagieren, wie es sich gehört. Seine<br />
Freunde aber machen dem Betrunkenen<br />
Mut. Klopfen ihm auf die Schulter, animieren<br />
ihn, mir hinterherzulaufen. Es macht<br />
ihnen Spaß. Ran da! Die macht sich nur<br />
rar! Schnapp sie dir! Ich eile raus, auf die<br />
Straße. Etwa 50 Meter bis zum Taxistand.<br />
Er ist leer. Ich habe Angst: Gerade habe<br />
ich noch im Radio von einer Situation wie<br />
dieser gehört; die ist ausgeartet. Ich denke<br />
auch an den Kommentar des Türstehers<br />
beim Verlassen des Clubs vorhin: Ich<br />
wolle doch jetzt nicht allein nach Hau-se<br />
gehen! „Wird schon klappen“, habe ich<br />
erwidert. Er hat den Kopf geschüttelt.<br />
Und behielt recht. Deswegen bin ich nun<br />
hier, am leeren Taxistand. Denn ich habe<br />
keine Lust auf Polizei, Türsteher oder<br />
überhaupt auf mehr Aufsehen. Ich will<br />
einfach nur nach Hause. Taxi?! Keines da.<br />
Immer noch nicht. Der Betrunkene sieht<br />
es als Spiel. Er folgt mir über die Straße.<br />
Ey Süße, zier dich nicht so. Ich krieg dich<br />
schon noch!<br />
Mein Heimweg<br />
liegt in der<br />
Waffenverbotszone<br />
Plötzlich fährt doch ein Taxi vor. Ich stoppe<br />
es, indem ich fast vor die Motorhaube<br />
laufe. Beobachte, wie mein Verfolger<br />
unterdessen seinen Weg zurück in den<br />
Imbiss gefunden hat. Er lacht noch, läuft<br />
dann seinen Kumpels in den Arm, die ihm<br />
auf die Schulter klopfen, als habe er gerade<br />
eine Prüfung bestanden. „Bringen<br />
Sie mich bitte nach Hause? Ist etwa ein<br />
Kilometer.“ Ich höre die Jungs lachen. Der<br />
Taxifahrer verdreht die Augen, seufzt laut.<br />
Ob er ein Problem habe? Ja, junge Dame.<br />
Oder glauben Sie, dass ich von Ihrem popeligen<br />
Kilometer heute Nacht reich werde?<br />
Ich streite mich mit ihm – er hat<br />
schließlich eine Beförderungspflicht. Interessiert<br />
ihn aber nicht. Noch während ich<br />
durchs Fenster ein ordentliches Trinkgeld<br />
verspreche, legt er seine Hand auf den<br />
Schaltknopf, den ersten Gang ein und<br />
fährt los: Ein Frauennachttaxi solle ich<br />
mir rufen. Also gut.<br />
Durch<br />
die Nacht<br />
„14014? Ich hätte gern ein Frauennachttaxi<br />
zum Schüsselkorb bestellt.<br />
Wann kann ich circa damit rechnen?“ – „In<br />
etwa 20 bis 25 Minuten.“ – „Danke, dann<br />
nicht.“ Zu Fuß sind es nur etwa zehn Minuten<br />
nach Haus. Durch die Wallanlagen,<br />
unbeleuchtet und an betrunkenen Männern<br />
vorbei, die man da um diese Zeit gewöhnlich<br />
trifft, wäre es etwas kürzer.<br />
Dennoch will ich da nicht lang. Als ich<br />
neu in der Innenstadt war, fragte ich mal<br />
die Polizei, was ich denn am besten tun<br />
solle. Sie riet mir damals, beleuchtete<br />
und belebte Straßen für den Heimweg zu<br />
nutzen. Solche also wie die, von der ich<br />
gerade komme: wo ebenfalls betrunkene<br />
Gestalten meinen Weg kreuzen, mich beleidigen<br />
und anmachen. Immerhin: Mein<br />
Heimweg liegt in der Waffenverbotszone.<br />
Dort darf niemand auch nur ein<br />
Messer bei sich tragen. Raubüberfälle und<br />
Sexualdelikte gibt’s hier trotzdem – ohne<br />
Waffen. Vor kurzem hat eine Frau in den<br />
frühen Morgenstunden sogar eine Leiche<br />
gefunden … Mein Kopf ist voll mit Gedanken<br />
dieser Art. Ich verdränge sie, versuche,<br />
keine Angst zuzulassen. Du musst<br />
hier langgehen, um nach Hause zu kommen,<br />
sage ich mir. Nur noch dieses eine<br />
Mal, rede ich mir ein.<br />
Bist du noch wach? Bitte, nimm ab! – Keine<br />
Reaktion. Dabei wäre eine Unterhaltung,<br />
wenn auch nur am Telefon, genau<br />
das, was mich jetzt wohler fühlen ließe.<br />
Selbst ein arrangiertes Telefonat verschrecke<br />
Fremde, heißt es, man wirke<br />
verabredet. Andererseits: Wer sein<br />
Smartphone rausholt, erhöht das Risiko,<br />
genau deswegen überfallen und ausgeraubt<br />
zu werden. Sagt auch die Polizei. Ist<br />
eh zu spät! Was, wenn es nun jemand gesehen<br />
hat? Ich stelle das Gerät auf laut-
am wall<br />
2.00 Uhr<br />
Einlass. Endlich. Eine Gruppe<br />
Männer lässt uns vor. Wir sind drin!<br />
4.50 Uhr<br />
Der DJ dreht nochmal auf. Ich gehe.<br />
×<br />
Fr, 5.10 Uhr<br />
Ausgang „NFF Club“<br />
„Du willst doch jetzt nicht alleine<br />
und zu Fuß nach Hause gehen?“,<br />
tadelt der Türsteher.<br />
„Wird schon klappen“, sage ich,<br />
winke noch einmal und verabschiede<br />
mich.<br />
reportage<br />
31<br />
Zu Fuß sind es bloß zehn Minuten bis nach Hause,<br />
durch die Wallanlagen ist es etwas kürzer. Aber dunkler<br />
los – nicht, dass noch jemand anruft jetzt!<br />
Ich will ja eben keine Aufmerksamkeit.<br />
Wer weiß, was dann noch passiert. Ich zucke<br />
vor Schreck zusammen. Irgendjemand<br />
in unmittelbarer Nähe hat eine Glasflasche<br />
zu Boden geworfen. Keine Angst, sage<br />
ich mir wieder. Und: Es ist doch gut,<br />
wenn ich anderen Menschen begegne.<br />
Wie lautete doch ein weiterer Rat der<br />
Polizei? „Suchen Sie die Nähe anderer<br />
Personengruppen.“<br />
Guten Aaaaabend, junge Frau! Eine Gruppe<br />
alkoholisierter Männer hat es sich auf<br />
einer der Parkbänke gemütlich gemacht –<br />
wie erwartet. Die Bierflaschen blitzen<br />
aus der Plastiktüte. Die Männer mustern<br />
mich, meine Laufmasche, grinsen. Ich tue<br />
so, als sei ich überhaupt nicht angesprochen<br />
worden. Musik hilft! Ich drehe sie<br />
laut, auf beiden Ohren. Nun höre ich<br />
nichts mehr, nichts von dem, was um<br />
mich herum passiert. Ist das schlau? Die<br />
Kapuze weit ins Gesicht gezogen stolpere<br />
ich so schnell wie auf meinen Pumps<br />
nur irgend möglich gen Zuhause.<br />
Schatz, sorry, dass ich dich allein laufen merke ich ohne mich noch mal um-drehen<br />
zu müssen. Was will er? Wieder<br />
lassen habe. Ich sitze gerade mit C. im Taxi,<br />
wir fahren zu ihm. Bist du gut angekommen?<br />
Gehen wir morgen wieder<br />
Angst. Ich bin fast vor meiner Tür, krame<br />
los?<br />
Ich schreie<br />
ihn an.<br />
Er schaut nur<br />
verschreckt<br />
Die letzten 100 Meter, ich kann meine<br />
Haustür schon sehen. Das Licht im Treppenhaus<br />
ist an. Vor mir läuft ein Mann, etwa<br />
in meinem Alter. Ich zünde mir meine<br />
letzte Zigarette an, daraufhin dreht er<br />
sich kurz um, läuft dann aber weiter.<br />
Guck nicht so, denke ich mir. Bitte lass es<br />
jetzt gut sein. Dann bleibt er stehen, ich<br />
haste vorbei. Bloß nicht ansprechen lassen!<br />
Als ich etwa zehn Meter vor ihm bin,<br />
setzt auch er sich wieder in Gang, das be-<br />
in meiner Tasche nach meinem Schlüssel.<br />
Merke, dass er auf mich zukommt. Immer<br />
näher. Hast du … – „Mann, lass mich in<br />
Ruhe. Was willst du? Spinnst du? Hau ab!“<br />
Ich schreie ihn an, lasse ihn seinen Satz<br />
nicht mal halb vollenden. Er schaut nur<br />
verschreckt. Ich schließe die Tür auf und<br />
lasse sie mit einem großen Knall hinter<br />
mir zufallen, atme tief durch. Angekommen.<br />
Vielleicht wollte er mich ja nur nach<br />
Feuer fragen?<br />
Morgen gehen wir wieder los, es wird<br />
wieder spät werden. „Geh dann nicht allein<br />
nach Haus“, rät meine Mutter immer<br />
gern. „Nimm dir lieber ein Taxi, auch für<br />
den kurzen Weg.“ Das Handy vibriert<br />
kurz. Bist du gut angekommen? Melde dich<br />
bitte! „Ja, alles gut. Morgen wieder! Freue<br />
mich! Kuss“.
32
am wall<br />
Di, 15.30 Uhr<br />
Am Wall, Ecke Herdentor<br />
Eine Gruppe junger Mädchen rennt<br />
zur Haltestelle. Als eine von ihnen<br />
ihre bunte Einkaufstasche verliert,<br />
brechen die anderen in lautes<br />
Gelächter aus.<br />
15.40 Uhr<br />
Es nieselt. Passanten zücken<br />
Regenschirme, andere ziehen ihre<br />
Schultern zusammen, verstecken<br />
Hände und Hälse in ihren Jacken<br />
und trotzen den Tropfen.<br />
15.45 Uhr<br />
Herdentorswallmühle<br />
Ein junger Mann mit Ohrstöpseln<br />
joggt durch die Wallanlagen. Einen<br />
Moment bleibt er stehen, rückt<br />
sein Shirt zurecht, wirft einen Blick<br />
auf sein Smartphone und läuft<br />
schließlich weiter.<br />
feature<br />
×<br />
Ein älteres<br />
Ehepaar<br />
schlendert<br />
eingehakt<br />
den Gehsteig<br />
lang. Sie<br />
zieht ihm<br />
am Ärmel in<br />
Richtung<br />
Schaufenster,<br />
er folgt ihr<br />
33<br />
TRADITION<br />
VERSUS<br />
TREND<br />
Auf online pfeift Hans Eulenbruch,<br />
widerwillig.<br />
genauso auf Rabattschlachten. Und<br />
trotzdem läuft sein Laden gut.<br />
Eine Anprobe bei „Harms am Wall“<br />
Text: Sonja Gersonde<br />
Fotos: Leonie Francke<br />
Ein Dienstag Anfang Oktober. Menschenmassen<br />
bevölkern die Straßen, es ist frühherbstlich<br />
frisch. Vorbei an „Orsay“,<br />
„New Yorker“, „Esprit“, an „Mango“, „Tally<br />
Weijl“ und „Promod“. Hier und da ein<br />
„Deichmann“, um die Ecke „C&A“ – und<br />
natürlich der schwedische Moderiese<br />
„H&M“. Schaufenster preisen die Trends<br />
des kommenden Winters an: Senfgelb ist<br />
also immer noch hip, dazu Erdtöne und<br />
Weinrot, wohin das Auge sieht. Die hier<br />
beschriebene könnte jede x-beliebige<br />
größere Stadt in Deutschland sein. In jeder<br />
bietet sich dasselbe Bild: Teenies, Junggebliebene<br />
und Mid-agers in Leggings, karierten<br />
Hemden, XXL-Schlauchschals, kakigrünen<br />
Parkas mit Kapuzen aus Fellimitat<br />
und Accessoires mit draufgedruckten<br />
schwarzen Schnurrbärtchen tragen ihre<br />
bunten Plastiktüten von Modegeschäft zu<br />
Modegeschäft. Die Innenstädte sind in festen<br />
Händen, und zwar in jenen der Filialisten.<br />
Bremen bildet da keinerlei Ausnahme.<br />
Während sich die Modeketten in der Sögeund<br />
Obernstraße ihre Rabattschlachten<br />
liefern, nimmt Hans Eulenbruch eine Straße<br />
weiter einen großen Schluck Multivitaminsaft.<br />
Der Inhaber und Geschäftsführer<br />
von „Harms am Wall“ sitzt an seinem<br />
massiven Schreibtisch im dritten Obergeschoss<br />
des imposanten Altbaus mit Blick<br />
auf die noch grünen Wallanlagen. Sein<br />
Territorium umfasst 1.500 Quadratmeter,<br />
verteilt auf fünf Etagen. Teppichboden,<br />
hohe Decken und hölzerne Treppen, deren<br />
Stufen beim Betreten bedrohlich knarren:<br />
Sie erzählen die Geschichte eines der<br />
ältesten inhabergeführten Fachgeschäfte<br />
Deutschlands. Dem Werbeslogan nach ist<br />
Harms ein Haus „für die schönen Dinge<br />
des Lebens“. Dass die relativ teuer sind,<br />
macht schon ein Blick in die Schaufenster<br />
klar: ein „kleines Schwarzes“ für um die<br />
500 Euro, Designer-Gummistiefel von<br />
Marc Cain in angesagtem Leo-Print, das<br />
Paar für 379 Euro. Nicht gerade ein<br />
Schnäppchen, und wer ist eigentlich Marc
tradition<br />
versus<br />
trend<br />
34<br />
Cain? Nachtwäsche schmückt ein komplettes<br />
Fenster, elegante Abendmode<br />
ziert ein weiteres. 40 Topmarken hat das<br />
Textilhaus im Angebot. „Das Herzstück<br />
ist unsere ‚DOB‘-Abteilung im ersten<br />
Obergeschoss“, verrät Hans Eulenbruch:<br />
Damen-Ober-Bekleidung. Schaut man<br />
sich auf der Straße um, was Bremerinnen<br />
da so tragen, sieht man Marken wie<br />
„Amisu“, „Divited“ und „Clockhouse“.<br />
Bei Harms ist nichts davon zu finden.<br />
Aber die 08/15-Bremerin gehört eben<br />
auch nicht zur Stammkundschaft des<br />
1865 als „Tuch-, Manufactur- und Modewarengeschäft“<br />
gegründeten Hauses. Und<br />
die Stammkunden sind Harms’ wirtschaftliche<br />
Basis. Mehr als die Hälfte seines<br />
Umsatzes, erzählt Eulenbruch stolz, mache<br />
er mit ihnen – ein außergewöhnlich hoher<br />
Anteil, den sich das Unternehmen über<br />
die Jahre hinweg hart erarbeitet habe.<br />
Von wegen<br />
Millionäre<br />
An diesem Nachmittag betreten nur<br />
vereinzelt Kundinnen und Kunden das<br />
Geschäft, meist Damen im fortgeschrittenen<br />
Alter. Sie sehen unscheinbar aus:<br />
keine Klunker, keine wuchtigen Handtaschen,<br />
keine kleinen, frisierten Hunde auf<br />
dem Arm (obwohl Eulenbruch einen großen<br />
Hundenapf am Eingang platziert hat).<br />
Understatement der Bremer Millionäre?<br />
Eulenbruch muss lachen: „Die Bremer<br />
Millionäre halten ihr Geld bei sich“, sagt<br />
er. „Die sind sparsam.“ Seine Kundschaft<br />
beschreibt er als „anspruchsvoll“ und mit<br />
mittlerem Einkommen. Was nicht ausschließt,<br />
dass der ein oder die andere<br />
durchaus auch schon mal 60.000 Euro im<br />
Jahr in den Harms’schen Hallen lassen.<br />
Eulenbruch trägt Anzug und Hemd, das<br />
Jackett hat er über seinen Schreibtischstuhl<br />
gehängt. Er redet gern und viel.<br />
Über seine Prokuristin und rechte Hand<br />
Antje Horn, die, so der Plan, in naher<br />
oder fernerer Zukunft die Unternehmensnachfolge<br />
antreten wird. Über Politik.<br />
Und über die ringförmige Straße um die<br />
Altstadt, deren Fassaden und Schaufenster<br />
bereits ins Grüne reichen – für ihn die<br />
schönste Einkaufsgegend der Stadt. Fast<br />
alle Läden hier sind inhabergeführte Fachgeschäfte.<br />
Hinter ihnen stecken keine<br />
Großkonzerne, die Verluste einzelner Filialen<br />
auch mal abfedern können.<br />
Die Verkäuferin<br />
kennt die<br />
„Problemzonen“<br />
ihrer Kunden<br />
Große Experimente oder radikale Sortimentsänderungen<br />
können für sie, wenn’s<br />
schiefläuft, das sofortige Aus bedeuten –<br />
eine bittere Erfahrung, die auch Eulenbruchs<br />
Vorgängerinnen machten, als sie<br />
das Modehaus um eine Möbelabteilung<br />
erweiterten. „Als ich im Januar 2001 das<br />
Geschäft übernommen habe, war Harms<br />
am Wall pleite. Punkt“, erinnert sich Eulenbruch.<br />
Nach umfassendem Umbau eröffnete<br />
er im September neu, ohne Möbel-,<br />
dafür mit doppelt so großer DOB-Abteilung.<br />
Heute schreibt die F. H. Harms<br />
GmbH wieder schwarze Zahlen. Im<br />
Herbst 2008 eröffnete das Tochterunternehmen<br />
„Milani-Moden“ in den „Havenwelten“<br />
in Bremerhaven, ein Fachgeschäft<br />
für hochwertige Damenmode. Kein Zauber,<br />
sagt Eulenbruch, sondern schlicht<br />
Service. „Wir betüddeln unsere Kunden<br />
noch.“ Viele seiner Stammkundinnen und<br />
-kunden hätten ihre ganz persönliche Verkäuferin,<br />
die nicht nur ihre „Problemzonen“,<br />
sondern auch ihre Lebensgeschichten,<br />
Lieblingsmarken, Konfektionsgrößen<br />
und die Namen ihrer Kinder kenne. „Langjährige<br />
Kunden bringen wir auch mal mit<br />
dem Auto nach Hause, wenn sie ihren<br />
Zug verpasst haben, oder statten ihnen<br />
Krankenbesuche ab.“<br />
Im Kassenbereich des ersten Obergeschosses<br />
ist eine der Verkäuferinnen in<br />
ein Gespräch mit einer Kundin vertieft.<br />
Die Dame, etwa Mitte 50, Dauerwelle<br />
und Knirps unterm Arm, ist umgeben von<br />
Strumpfwaren, akkurat im Regal platziert,<br />
von sorgsam zusammengefalteten und<br />
nach Farben sortierten Shirts, übersichtlich<br />
drapiert auf großflächigen Tischen.<br />
Keine überfüllten Kleiderständer und<br />
schon gar keine Grabbeltische. „Nein, geben<br />
Sie mir das mal in Größe 38. Danke, ja,<br />
das passt so, nein, das geht so mit.“ Es ist<br />
ein Verkaufsgespräch, wie es täglich abertausendmal<br />
irgendwo geführt wird, sieht<br />
man einmal von den aufgerissenen Verpackungen<br />
ab, die sich an der Kasse stapeln,<br />
weil die Verkäuferin der Kundin jedes<br />
Hemdchen einzeln präsentiert hat – so<br />
lange, bis das für sie passende gefunden<br />
war. Vermutlich wird sie die kommende<br />
halbe Stunde damit verbringen, die Hemden<br />
wieder einzusortieren.<br />
Die Kundin verlässt den Laden und passiert<br />
die Harms-Passage, die den Wall auf<br />
Höhe der Museumstraße mit der Innenstadt<br />
verbindet und für mehr Laufkundschaft<br />
sorgen sollte. 100 Quadratmeter<br />
Ladenfläche gab Eulenbruch damals dafür<br />
her. „Im Nachhinein hätte ich die lieber<br />
wieder zurück, um auszubauen“, grummelt<br />
er, denn das Konzept ging nicht auf.<br />
Der Wall stehe noch immer weit hinter<br />
seinen Möglichkeiten zurück, klagt Eulenbruch,<br />
der unter anderem in der „Wall-<br />
Werbe-Gemeinschaft“ und im Vorstand<br />
des Einzelhandelsverbands die Interessen<br />
der Geschäftsleute am Wall vertritt.<br />
Visitenkarte<br />
statt Onlineshop<br />
In der City, vor den Kabinen bei<br />
H&M, bildet sich eine Schlange. Man<br />
braucht nicht vor Ort zu sein, um das zu<br />
wissen. In den Umkleiden stapeln sich die<br />
auf links gedrehten Kleidungsstücke, Plastikbügel<br />
landen lautlos auf dem Boden.<br />
Menschen drehen sich um die eigene<br />
Achse, ziehen Bäuche ein, zupfen sich am<br />
Ausschnitt. Freundinnen beraten, ob sich<br />
der Kauf des zehnten Basic-Tops lohnt,<br />
fragen sich, warum sie in den Spiegeln so<br />
unförmig aussehen. Das Personal sortiert<br />
die ungewollten Stücke auf den Kleiderstangen<br />
und anschließend an ihren eigentlichen<br />
Platz zurück. Muskelkater wird das<br />
geben, so voll beladen sind die Arme. Ab<br />
und an ist ein „Bitte nicht zu zweit in die<br />
Umkleiden“ zu hören. Für individuelle Beratung<br />
bleibt keine Zeit. Aber ist die
am wall<br />
15.55 Uhr<br />
Am Wall, Höhe Harms-Passage<br />
Eine Dame im Rollstuhl verlässt in<br />
Begleitung einer weiteren Dame das<br />
Textilhaus „Harms“. Ihre rechte<br />
Hand ruht auf einer Tüte mit dem<br />
blauen Logo des Geschäfts.<br />
×<br />
18.20 Uhr<br />
Ein älteres Ehepaar schlendert<br />
eingehakt den Gehsteig lang. Sie<br />
zieht ihm am Ärmel in Richtung<br />
Schaufenster, er folgt ihr widerwillig.<br />
feature<br />
35<br />
Die Dame könnte ihren Lieblingsstil und die Namen Ihrer<br />
Kinder kennen. Die Kleider aber kommen von der Stange<br />
überhaupt gewünscht? Ist die gute Freundin<br />
nicht ohnehin ehrlicher als die Verkäuferin,<br />
die – ja, eben nur verkaufen will?<br />
„Service“ bedeutet bei den Modeketten<br />
vor allem Umtauschgarantie, lange Rückgabezeiten<br />
und bequemes Onlineshopping<br />
vom heimischen Sofa aus. Bei Harms<br />
am Wall ticken die Uhren noch anders.<br />
Zwar werden auch hier Kleidungsstücke<br />
auf Wunsch nach Hause geliefert. Der<br />
Webauftritt aber gleicht fast schon einer<br />
dieser Internetleichen, ist mehr einfache<br />
Visitenkarte als digitales Aushängeschild.<br />
Der Fokus, das ist deutlich, liegt bei dem,<br />
was im Geschäft selbst passiert. Für Eulenbruch<br />
bedeutet „Service“ in erster Linie<br />
individuelle Betreuung und Beratung<br />
im Laden. Das, so ist er überzeugt, entspreche<br />
auch dem Bedürfnis seiner Zielgruppe.<br />
Die gehöre eh nicht zu jenen, die<br />
sich ihre Warenkörbe im Internet füllten.<br />
50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt<br />
Eulenbruch. Nicht eine einzige<br />
betriebsbedingte Kündigung musste er bis<br />
dato aussprechen, nicht mal im Zuge der<br />
Sanierung 2001. Einige Angestellte sind<br />
seit über 40 Jahren im Unternehmen. Sie<br />
kamen als Lehrlinge. Und blieben.<br />
Einige sind<br />
schon mehr als<br />
40 Jahre dabei<br />
Die Schaufenster der Filialisten hingegen<br />
sind plakatiert mit Jobangeboten. Die<br />
Nachfrage nach 450-Euro- und Teilzeitkräften<br />
ist konstant hoch – ebenso wie<br />
deren Fluktuation. Ob als Ferienaushilfe,<br />
Übergangs- oder Studentenjob: Jeder<br />
kennt wen, der irgendwann einmal einen<br />
Zwischenstopp als „Verkäufer“ in einer<br />
der zahlreichen Mode- und Einzelhandelsketten<br />
eingelegt hat. Hans Eulenbruch<br />
schämt sich für diese Unternehmen. „Ich<br />
finde es katastrophal, wie die mit unseren<br />
‚Human Ressources‘ umgehen“, sagt er<br />
kopfschüttelnd. Deren ständige Rabattaktionen<br />
seien nur durch auf ein Minimum<br />
reduzierte Personalkosten finanzierbar.<br />
„Und dann lassen sie sich zertifizieren, für<br />
nachhaltige Herstellung oder als familienfreundliche<br />
Arbeitgeber!“, schimpft Eulenbruch.<br />
Fachhändler wie er beschäftigten<br />
auf gleicher Fläche doppelt bis dreimal<br />
so viele Angestellte. Familienfreundlichkeit,<br />
Nachhaltigkeit und altersgerechtes<br />
Einkaufen seien für ihn Selbstverständlichkeiten:<br />
„Das muss ich nicht durch ein<br />
Blatt Papier zum Ausdruck bringen.“<br />
Harms’ eigentliche Konkurrenz hat sich<br />
mit dem Modehaus „Stiesing“ – gegründet<br />
1895 – in der Sögestraße sowie „Ristedt“<br />
am Ansgarikirchhof mitten zwischen die<br />
Filialisten gemogelt. Doch Eulenbruch<br />
winkt ab. „Die Konkurrenz ist in Bremen<br />
nicht sonderlich groß“, hält er fest. „Fahren<br />
Sie mal nach Düsseldorf oder Hamburg,<br />
da haben Sie die zigfache Auswahl.“<br />
Er selbst kaufe im Übrigen seit Jahren bei<br />
Stiesing ein, gibt er zu, denn „die führen<br />
wesentlich mehr Herrenmode als wir“.
36
am wall<br />
Mi, 10.32 Uhr<br />
Am Wall, zwischen Nr. 135 und<br />
Nr. 198<br />
Dicke Regentropfen fallen auf das<br />
Glasdach. Eine junge Frau, beladen<br />
mit Einkaufstüten, schiebt eilig sich<br />
und das im Kinderwagen sitzende<br />
Baby unter die Überdachung. „Im<br />
zentralen Bereich der Straße, beidseitig<br />
vom Herdentor, wurde in<br />
Bauabschnitten vor und nach 2000<br />
eine gläserne Überdachung des<br />
Bürgersteiges errichtet.“<br />
10.40 Uhr<br />
Am Wall 137–139<br />
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite<br />
beschnuppern sich zwei<br />
Hunde. Die Herrchen schauen mit<br />
leicht säuerlicher Miene auf die sich<br />
langsam bildenden Pfützen. „Seit<br />
2003 ein modernes Geschäftshaus<br />
mit der Kleinen Wallpassage zur<br />
Herdentorswallstraße; Architekturbüro<br />
Gert Schulze“.<br />
porträt<br />
37<br />
WIKI UND<br />
DER SCHLAUE<br />
MANN<br />
Klopfen, fragen, schreiben:<br />
Roland Kutzki hat „Am Wall“ ins Netz<br />
gebracht – einer seiner<br />
1.200 Wikipedia-Artikel. Ein Querlesen<br />
zu Fuß, ganz ohne Hyperlinks<br />
Text: Olga Gala<br />
Fotos: Franziska von den Driesch<br />
„Am Wall 74A war von 1849 bis 1875 Sitz<br />
der Kunsthandlung August Wilhelm<br />
Wedekind.“ „Am Wall 83A war der<br />
Wohnsitz von Dr. August Ferdinand<br />
Arnold Iken (1793–1853), Jurist, Bremer<br />
Syndicus (1828–1849) und Richter.“ Diese<br />
Zeilen hat Roland Kutzki geschrieben.<br />
Sie stammen aus dem Wikipedia-Artikel<br />
„Am Wall“(Bremen). Seit sieben Jahren<br />
ist Kutzki bei der 2001 gegründeten Online-Enzyklopädie<br />
dabei. Rund 1.200 ihrer<br />
Texte hat er verfasst, unzählige weitere<br />
gesichtet, auf Plausibilität und Form überprüft<br />
also. Ungereimtheiten recherchiert<br />
er nach, Unpassendes markiert er. „Ferkeleien“<br />
streiche er gleich raus, betont er.<br />
An diesem sonnigen Septembernachmittag<br />
geht Kutzki, 71 Jahre, am Wall spazieren.<br />
Bei der Bischofsnadel bleibt er stehen.<br />
Als junger Architekt hat er bei<br />
schönem Wetter seine Mittagspausen in<br />
den Wallanlagen verbracht. „Eine wunderbare<br />
Angelegenheit für Schnellerholung<br />
war das.“ Den kleinen Tunnel gab es<br />
damals noch nicht. „Ich hab natürlich mitverfolgt,<br />
wie er entstanden ist und wie<br />
man ihn sich vorher gewünscht hat.“ Der<br />
Namen der Passage rufe oft Verwunderung<br />
hervor, sagt er und schiebt die Erklärung<br />
gleich hinterher: „Durch eine<br />
kleine Pforte in der Stadtmauer sind die<br />
Bischöfe durchgegangen.“ Für weitere<br />
Details verweist er auf Wikipedia: „Zwischen<br />
Nr. 168 und Nr. 169 befindet sich<br />
die Bischofsnadel. Hier befand sich das im<br />
Jahr 1274 errichtete Bischofstor (‚Acus<br />
episcopi‘), ein enger Durchgang für die<br />
Geistlichkeit. Der Abriss erfolgte 1802/04<br />
und 1838 der Bau eines kleinen Wachhauses<br />
mit gusseiserner Toranlage in den<br />
Wallanlagen.“
wiki und<br />
der schlaue<br />
mann<br />
38<br />
Kutzki trennt strikt nach Themen. Zur<br />
Geschichte des Walls etwa taucht in<br />
seinem Artikel über die Straße auf dessen<br />
Rücken wenig auf, diese gehöre in<br />
den Beitrag „Wallanlagen“ oder „Bremer<br />
Stadtmauer“. So würden Dopplungen<br />
vermieden, die Struktur bleibe nachvollziehbar,<br />
erklärt er. Ein Link führt von einem<br />
Text zum anderen. Verlinken sei sehr<br />
wichtig, sagt Kutzki, wenn auch oft eine<br />
mühselige Arbeit, die viel Zeit koste.<br />
Kutzki arbeitet genau, aber schnell. Länger<br />
als ein paar Tage sitzt er selten an einem<br />
Artikel. Man wolle schließlich auch<br />
fertig werden, sagt er, und „da nicht so<br />
lange rumbröseln“. Den Beitrag „Am<br />
Wall“, 3.500 Wörter lang, hat er in knapp<br />
einer Woche geschrieben. In den Text hat<br />
er viel Mühe hineingesteckt. „Ich bin den<br />
Wall längsgegangen und habe mir Haus<br />
für Haus Notizen gemacht“, erzählt er.<br />
An einigen wenigen Haustüren hat er<br />
auch geklopft und Fragen gestellt. Wenn<br />
er über Straßen schreibe, mache er das<br />
immer so, sagt er. Davon abgesehen recherchiere<br />
er aber in der Regel nur vom<br />
Schreibtisch aus. Die meisten Informationen<br />
bekommt er im Netz – von Google<br />
oder von Wikipedia selbst. Für den<br />
„Am Wall“-Artikel etwa nutzte er die in<br />
der Online-Enzyklopädie verfügbaren<br />
Bremer Denkmallisten, an denen er ebenfalls<br />
mitgearbeitet hatte. Sogar das<br />
Staatsarchiv stellt seine Jahrbücher mittlerweile<br />
online: „Da muss ich da ja gar<br />
nicht mehr hin.“<br />
Vom Einzelnen<br />
zum Ganzen<br />
Kutzki arbeitete zuletzt als Stadtplaner<br />
im Osten Deutschlands, zehn,<br />
manchmal auch 16 Stunden am Tag. Nach<br />
seiner Pensionierung suchte er nach einer<br />
neuen Aufgabe. Sein politisches Engagement<br />
bei der SPD und das soziale in<br />
seinem Stadtteil plus ein bisschen Gartenarbeit<br />
– das alles lastete ihn nicht aus.<br />
„Ich habe damals einige Artikel auf Wikipedia<br />
gelesen und dachte: ‚Das ist ja grottenschlecht.‘“<br />
Kutzki wollte es besser<br />
machen. Anfangs ergänzte er die Texte<br />
lediglich. Irgendwann begann er selbst zu<br />
schreiben, zunächst über die UdSSR, weil<br />
ihn das interessierte und es da wenig gab,<br />
dann auch über Bremen. Er stellte Listen<br />
über die Angehörigen des Politbüros auf,<br />
schrieb über Wirtschafts- und Innenpolitik<br />
der Sowjetunion. Gewissenhaft. Genau<br />
recherchiert. „Wenn man diese Arbeit<br />
macht, sind Meinungen nicht gefragt,<br />
nur enzyklopädische Feststellungen“,<br />
sagt Kutzki. „Klar, bei einem Nationalsozialisten<br />
geht meine Neutralität vielleicht<br />
auch etwas baden“, räumt er ein, „aber<br />
ansonsten schreib ich über einen Christdemokraten<br />
genauso wertneutral wie<br />
über einen Sozialdemokraten. Denn es<br />
ist hier eine Enzyklopädie und keine<br />
Meinungsbörse.“<br />
Das ist hier<br />
eine<br />
Enzyklopädie<br />
und keine<br />
Meinungsbörse<br />
Rund 20 Stunden pro Woche investiert<br />
er in Wikipedia. Kutzki sagt, er denke<br />
induktiv – vom Einzelnen arbeite er sich<br />
zum Ganzen vor, ohne dieses aus dem<br />
Blick zu verlieren. Gerade schreibt er an<br />
einer vollständigen Liste der Bremer Bürgerschaftsabgeordneten<br />
ab 1945. Über<br />
alle Parlamentarier, die länger als zwölf<br />
Jahre ein Mandat innehatten oder besonders<br />
erwähnenswert sind, verfasst er<br />
eine kurze Biografie. Bald sind die Abgeordneten<br />
der Jahre 1854 bis 1933 dran.<br />
Die Recherche ist da schwierig. Nicht<br />
alle sind namentlich erfasst. Es gibt viele<br />
Lücken. Kutzki wird versuchen, sie zu<br />
schließen. Die Struktur seiner Texte hat<br />
er standardisiert.<br />
Bis zu drei Biografien schafft er so am<br />
Tag. Routinearbeit, die nicht besonders<br />
spannend ist. Kutzki macht sie trotzdem.<br />
Der Vollständigkeit halber. „Man will dem<br />
Thema ja auch gerecht werden und das<br />
ganze Kapitel Bürgerschaftsabgeordnete<br />
abschließen“, sagt Kutzki. Das Schreiben<br />
macht ihm mehr Spaß als die Recherche.<br />
Aber die gehört nun mal dazu: Arbeit, die<br />
gemacht werden muss – auch wenn es ein<br />
Hobby ist.<br />
Der Raumwert<br />
der Bäume<br />
Der Spaziergang am Wall geht weiter.<br />
Klassizistische Bauten. Hohe Fensterbögen.<br />
Verzierte Fassaden. Kutzki geht<br />
daran vorbei. Erst ein schlichter Bau aus<br />
den späten 1950er-Jahren weckt seine<br />
Aufmerksamkeit. „Diese sehr schlanken<br />
Säulen sind bemerkenswert“, sagt er,<br />
„das strahlt eine Ruhe aus. Ein sehr attraktives<br />
Haus.“ Ganz anders das zwei<br />
Nummern weiter. „Ein sehr aufgeregtes<br />
Gebäude“, urteilt Kutzki. „Das ist unnötig.“<br />
In Wikipedia schreibt er über den<br />
1950er-Jahre Bau: „Am Wall 128–13 steht<br />
seit 1956 das von Friedrich Kraemer aus<br />
Braunschweig entworfene fünf- bis sechsgeschossige<br />
Bürohaus für die Versicherung<br />
Vereinigte Leben. Das moderne Gebäude<br />
aus Beton und Glas und mit seinen<br />
frei stehenden Tragwerkspfeilern ist ein<br />
Kontrast zu seinen flächigen Nachbarhäusern.<br />
Hier führt eine Treppe zur Ansgaritorswallstraße<br />
und zur Knochenhauerstraße.<br />
Hier residiert heute die DAK und<br />
die Signal-Iduna-Versicherung.“<br />
Kutzki war jahrelang als Architekt in Bremen<br />
tätig. Im November 1990, gleich<br />
nach der Wiedervereinigung, ging er nach<br />
Mecklenburg-Vorpommern, wo er bis<br />
2004 Leiter des Bereichs Städtebauförderung,<br />
Stadtentwicklung und Stadterneuerung<br />
war. „Obwohl ich als Schüler eigentlich<br />
eher faul war, entwickelte ich mich<br />
immer mehr zum Workaholic.“ Kutzki<br />
lacht viel, während er erzählt. Zitiert hin<br />
und wieder den Philosophen Karl Popper.<br />
Erinnert sich an seine Studentenzeit, als<br />
er Vorsitzender des Studentenbundes<br />
Bremen und für das damals studentisch<br />
betriebene Jazzlokal „StuBu“ an der Ostendorpstraße<br />
verantwortlich war. Wie<br />
sie mithalfen, den Abriss des Viertels zu<br />
verhindern. Ein 68er sei er gewesen.<br />
Kutzki weiß noch jeden Namen, die seiner<br />
Mitstreiter, der Kollegen und politischen<br />
Führungsgrößen, Orts- und Stra-
am wall<br />
16.20 Uhr<br />
Am Wall, zwischen Nr. 144 und<br />
Nr. 142<br />
Jemand hat ein Brötchen fallen<br />
lassen. Ein paar Tauben picken die<br />
Krümel auf. „Das 1229 errichtete<br />
Herdentor (‚portam gregum‘) als Weg<br />
der Viehherden von der Sögestraße<br />
zur Bürgerweide. Der Turmabriss erfolgte<br />
1802/04 und 1826.“<br />
porträt<br />
39<br />
Die alten „Spiegel“-Artikel sind längst alle online abrufbar.<br />
Online-Autor Roland Kutzki jedoch archiviert die Hefte noch<br />
ganz klassisch – in Papierform<br />
ßennamen. Er erzählt viel. Unterhaltsam.<br />
Verliert sich manchmal in Details. Ein Idealist<br />
sei er gewesen, heute sei er es immer<br />
noch. Städte müssten funktional sein,<br />
natürlich. Aber Beton mitten in der Innenstadt?<br />
Das gehe doch nicht. Da müsse<br />
Granit her! Beton sehe nicht nur unästhetischer<br />
aus, sondern müsse auch<br />
schneller ersetzt werden. Langfristig also<br />
keine Ersparnis. „Eine granitgebrochene<br />
Platte hingegen hat Anstand“, sagt Kutzki.<br />
Und die Stadt müsse sich mehr zum<br />
Wasser öffnen. Wie er sich einst über<br />
den Ausbau der Schlachte gefreut hat! Für<br />
solche Vorhaben, sagt er, müsse man auch<br />
etwas investieren – aber nur, wenn es<br />
auch wirklich einen Mehrwert bringe. Eine<br />
S- und U-Bahn etwa brauche Bremen<br />
nicht: Unnötig. Zu teuer. Da hat er sich<br />
seinerzeit gegen gewehrt.<br />
An der Kreuzung Herdentor/Am Wall<br />
steht eine kleine Baumgruppe. Früher gab<br />
es hier ein Reisezentrum, einen kleinen<br />
Pavillon. Der stand im Weg. Irgendwann<br />
sei er endlich verschwunden, stattdessen<br />
wurden Kastanien gepflanzt. „Die Wallanlagen<br />
verlieren ja an Qualität, wenn die<br />
Durchgängigkeit nicht gegeben ist und<br />
man das hier zubaut.“ An manchen Stellen<br />
seien sie sehr schmal, fälle man nur<br />
drei oder vier Bäume, verliere der ganze<br />
grüne Raum an Wert, sagt Kutzki – nicht<br />
aus ökologischer Perspektive, da mache<br />
ein einziger Baum nicht viel aus. Aber<br />
städtebaulich sei er wichtig. Jeder einzelne.<br />
Die Struktur<br />
seiner Texte<br />
hat er<br />
standardisiert<br />
Kutzki ist ein Mann mit Prinzipien. Bei<br />
Wikipedia beschäftigt er sich mit Themen,<br />
die er für relevant hält. Spannend findet<br />
auch er sie nicht immer. „Man schreibt<br />
aber manchmal auch Dinge, die einfach<br />
nur Spaß machen“, sagt er. So hat er etwa<br />
einen Text über seine alte Schule und<br />
eine „Liste bedeutsamer Schiffsabfahrten<br />
und -ankünfte in Bremerhaven“ verfasst,<br />
100 Einträge, fein säuberlich aufgelistet<br />
über die Jahre 1827 bis 2012, von der<br />
schwedischen Schaluppe „Lyk good Hab“<br />
bis zum Containerschiff „CMA CGM<br />
Marco Polo“. Kutzki ist in Bremerhaven<br />
aufgewachsen, Schiffsankünfte waren für<br />
ihn als Junge immer ein wichtiges Ereignis:<br />
„Da habe ich mir erlaubt, einen Artikel<br />
nach meinem Gusto zu schreiben.“<br />
Während er spricht, schaut er in Richtung<br />
Loriotplatz vor dem „Swissôtel“. „Früher<br />
war da ein eingeschossiges Gebäude, drin<br />
war das Hillmann-Café. Da ging man<br />
tanzen mit den jungen und hoffentlich<br />
hübschen Mädchen. Das Gebäude war<br />
hässlich, aber für mich ein wichtiger Anlaufpunkt,<br />
hatte Erinnerungswert“, erzählt<br />
Kutzki. „Trotzdem musste es weg.“ Denn<br />
dieses Provisorium sei einfach keine Raumkante<br />
zum Wall gewesen. Und eine solche<br />
sei sehr wichtig gerade hier, damit sich<br />
das Grün hineinlegen könne in den ehemaligen<br />
Befestigungsring um die City und<br />
sich nicht einfach unkontrolliert ausbreite.<br />
Die Struktur muss schließlich gewahrt<br />
bleiben. Der frühere Architekt und Städteplaner<br />
ist da streng.
nachruf<br />
40<br />
Boris Willy Schulze<br />
gestorben am 18. september 2013<br />
im alter von 33 jahren.<br />
Verkäufer der Zeitschrift der StraSSe –<br />
stand meist in findorff<br />
und am bahnhofsvorplatz
am wall<br />
weh<br />
mut<br />
lyrik<br />
Text: Hardy<br />
Hardy verkauft die Zeitschrift der<br />
Straße unter anderem in Riensberg und<br />
vor „Alnatura“ in der Faulenstraße.<br />
41<br />
Wandle durch die Straßen, abwesend, gleich einer Trance<br />
Woher komm ich … wohin geh ich?<br />
heim …?<br />
nach Haus?<br />
Was ist ein Zuhaus? Wo ist mein Zuhaus …?<br />
Wandle ich in der Leere?<br />
In die Leere …?<br />
Sehnsucht …<br />
Schau den Pärchen nach, die liebevoll sich umarmen<br />
… Liebe?<br />
Voller Wehmut ich schau, auf erleuchtete Fenster,<br />
warmes Licht auf die Gassen fällt.<br />
Menschen lachen, halten sich im Arm, liebevoll …,<br />
sie haben ein Zuhause …<br />
Wehmut …<br />
Wandle gedankenvertieft, abwesend der Geist, trüb das Bewusstsein.<br />
Sehnsucht nach etwas, was mir genommen.<br />
Schmerzen …<br />
Wohin geh ich, woher komm ich …?<br />
Ist es das Ende meines Weges,<br />
der Weg, den viele vor mir gingen?<br />
Wehmut …<br />
Sehnsucht nach dem, was vergangen,<br />
es kehrt nie mehr zurück …!<br />
Wehmut …<br />
Zeig mir den Weg, zeig mir den Sinn,<br />
die Kräfte schwinden, die Sicht ist trüb,<br />
wohin geh ich …!<br />
Wehmut …
42
am wall<br />
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43<br />
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Redaktion<br />
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Benjamin Eichler<br />
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Vertrieb<br />
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vorschau<br />
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