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WIRTSCHAFT+MARKT 01-2016

WIRTSCHAFT+MARKT mit dem Titelthema Gesundheitswirtschaft.

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27. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft | Heft 1 | Januar/Februar 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>6 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />

BERLIN<br />

EIN GESCHÄFT<br />

FÜR VIELE<br />

BRANCHEN<br />

IM INTERVIEW<br />

Berlins Regierender<br />

Michael Müller<br />

REPORT<br />

Eberswalder<br />

Metall-Gen<br />

RATGEBER<br />

Gutschein<br />

statt Geld


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B folgende Konditionen: 1,40 % Sollzins p. a. und 1,41 % Effektivzins p. a. bei 10 Jahren Laufzeit, 2 tilgungsfreien Anlaufjahren und 10-jähriger Zinsbindung. Für einen Kredit<br />

über 3 Mio. EUR für einen Neubau zum KfW-Effizienzhaus 55 gelten in der Preisklasse B identische Konditionen. Zusätzlich wird der Rückzahlungsbetrag durch einen Tilgungszuschuss<br />

von bis zu 5 % des Zusagebetrages (maximal 50 EUR je Quadratmeter) gemindert (Stand 04.08.2<strong>01</strong>5).


EDITORIAL | 3<br />

Was Unternehmer<br />

im Jahr 2<strong>01</strong>6 von der<br />

Politik erwarten<br />

Mit dem Herzen dabei<br />

Foto: Torsten George, Titelfoto: babimu/fotolia.com<br />

Karsten Hintzmann<br />

Chefredakteur<br />

KH@WundM.info<br />

Die zurückliegenden zwölf Monate<br />

möchte man, wenn man die<br />

internationale Nachrichtenlage<br />

über das Jahr verfolgt hat, schnell hinter<br />

sich lassen. Erst dominierte die schier<br />

endlose Griechenland-Krise, die einen<br />

schweren Erosionsprozess im EU-<br />

Raum nach sich zog. Parallel dazu der<br />

schwelende Konflikt in der Ost-Ukraine,<br />

der die Beziehungen des Westens zu<br />

Russland immer frostiger werden ließ.<br />

All das wurde noch überlagert von dem<br />

gigantischen Flüchtlingsstrom, der Europa<br />

– und hier vor allem Deutschland<br />

– seit Monaten ohne Pause erreicht.<br />

Schnelle politische Lösungen sind für<br />

alle drei genannten Problemfelder nicht<br />

in Sicht. Fakt ist jedoch, dass die Häufung<br />

regionaler und internationaler Krisen<br />

sich auch auf die heimische Wirtschaft<br />

auswirkt.<br />

Blicken wir also nach vorn: Was erwarten<br />

wir vom neuen Jahr? Vor allem, dass<br />

es der Politik zumindest schrittweise<br />

gelingt, die Problemlagen zu entschärfen.<br />

Dazu braucht es nachhaltige Strategien,<br />

praxisnahe Gesetze sowie zügiges<br />

Verwaltungshandeln. Die Unternehmer<br />

des Landes erwarten, dass die politisch<br />

Verantwortlichen Rahmenbedingungen<br />

schaffen, die wirtschaftliches Engagement<br />

nicht behindern, sondern fördern.<br />

Um es klar zu sagen: Die deutsche Wirtschaft<br />

setzt unverändert auf ein starkes<br />

und geeintes Europa, in dem Probleme<br />

kollektiv und solidarisch angepackt werden.<br />

Die Flüchtlinge, die ein Bleiberecht<br />

und damit eine Perspektive in Deutschland<br />

erhalten, müssen so schnell wie<br />

möglich integriert werden und dem Arbeitsmarkt<br />

zur Verfügung stehen. Mittelfristig<br />

könnte es durch bedarfsorientierte<br />

Aus- und Weiterbildung gelingen,<br />

dem Fachkräftemangel wirksam entgegenzusteuern.<br />

In den neuen Bundesländern<br />

sind besonders viele mittelständische<br />

Unternehmen direkt von den Wirtschaftssanktionen<br />

gegen Russland betroffen.<br />

Die Bundesregierung sollte ihre<br />

Bemühungen verstärken, Russland wieder<br />

in die Familie der europäischen Partner<br />

aufzunehmen. Eine Erwartung, die<br />

beileibe nicht nur auf ökonomischen Eigeninteressen<br />

basiert. Die Geschichte<br />

hat oft genug gelehrt, wie wichtig es für<br />

die Stabilität in Europa ist, Russland als<br />

Partner an Bord zu haben.<br />

Bei allen Turbulenzen hat das Magazin<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> das zurückliegende<br />

Jahr auch dazu genutzt, den wirtschaftlichen<br />

Aufbruch der neuen Bundesländer<br />

in den letzten 25 Jahren zu<br />

reflektieren. Unsere Serie „Land der<br />

Wunder“ endet in dieser Ausgabe mit<br />

einer Bestandsaufnahme der Wirtschaft<br />

in Berlin. Im kommenden Jahr werden<br />

wir den Blick stärker nach vorn richten –<br />

auf die Zukunft Ostdeutschlands. Hierzu<br />

wird es neben dem Magazin neue und<br />

spannende Formate geben. Lassen Sie<br />

sich überraschen!<br />

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4 | W+M INHALT<br />

W+M TITELTHEMA<br />

Gesundheitswirtschaft:<br />

ein Geschäft für viele Branchen.......34<br />

W+M AKTUELL<br />

Köpfe......................................................................... 6<br />

Nachrichten............................................................... 8<br />

W+M LÄNDERREPORTS<br />

Ostdeutschland: Macher mit Mut,<br />

Ideen und Durchsetzungskraft.................................10<br />

Brandenburg: Eberswalder Metall-Gen...................12<br />

Thüringen: Gutes Geld für gute Milch......................13<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Anklam – Modellregion für Bioökonomie.................14<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Stromgarantie unter sibirischen Verhältnissen........16<br />

Titel<br />

Gesundheitswirtschaft<br />

34<br />

mit Wachtumspotenzial im Osten<br />

W+M SERIE LAND DER WUNDER:<br />

BERLIN<br />

Report: Metropole mit Anziehungskraft..................18<br />

Im Interview: Berlins<br />

Regierender Bürgermeister Michael Müller........... 20<br />

Erfolgreiche Cluster: Automotive,<br />

Energie, Start-ups, Tourismus ................................ 24<br />

EU-Förderung: Wie Berlin von Brüssel profitiert.......28<br />

Wirtschaftsanalyse von ifo-Chef Joachim Ragnitz....29<br />

W+M POLITIK<br />

25 Jahre Magazin <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong>:<br />

Sprachrohr des ostdeutschen Mittelstands............ 30<br />

Pro und Contra: Höhere Steuerehrlichkeit<br />

durch Ankauf von Steuer-CDs?............................... 32<br />

ifo-Geschäftsklimaindex für Ostdeutschland.......... 33<br />

Länderreport<br />

Gute Milch aus Rothenacker<br />

13<br />

Impressum<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />

Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />

Ausgabe 1/2<strong>01</strong>6<br />

Redaktionsschluss: 02.12.2<strong>01</strong>5<br />

Verlag: W+M Wirtschaft und Markt GmbH<br />

Zimmerstraße 56, 1<strong>01</strong>17 Berlin<br />

Tel.: 030 479071-0<br />

Fax: 030 479071-20<br />

www.WundM.info<br />

Herausgeber/Geschäftsführer:<br />

Frank Nehring, Tel.: 030 479071-11<br />

FN@WundM.info (Alleiniger Inhaber und<br />

Gesellschafter, Wohnort Berlin)<br />

Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />

Tel.: 030 479071-21, KH@WundM.info<br />

Redaktion: Janine Pirk-Schenker, Tel.: 030 479071-21,<br />

JP@WundM.info, Anja Strebe, Tel.: 030 479071-27,<br />

AS@WundM.info, Adrian M. Darr<br />

Autoren: Dr. Ulrich Conrad, Harald Lachmann,<br />

Rudolf Miethig, Anette Pröber, Matthias Salm,<br />

Thomas Schwandt<br />

Abo- und Anzeigenverwaltung, Vertrieb:<br />

Tobias Meier, Tel.: 030 479071-28, TM@WundM.info<br />

Marketing/Vertrieb: Kerstin Will, Tel.: 030 479071-24<br />

KW@WundM.info<br />

Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und<br />

Abonnementpreis:<br />

Die Zeitschrift <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint<br />

zweimonatlich. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft<br />

der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />

und Berlin sowie die Mitglieder des Vereins Brandenburgischer<br />

Ingenieure und Wirtschaftler (VBIW)<br />

erhalten diese Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.<br />

Einzelpreis: 5 €, Jahresabonnement (Inland):<br />

30 € inkl. MwSt. und Versand, Jahresabonnement<br />

(Ausland): 30 € inkl. MwSt. zzgl. Versand.<br />

Layout & Design: Möller Medienagentur GmbH,<br />

www.moeller-medienagentur.de<br />

Druck: Möller Druck und Verlag GmbH,<br />

ISSN 0863-5323<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur<br />

mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen<br />

nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />

Fotos übernehmen wir keine Haftung.<br />

Fotos: Hoda Bogdan/fotolia.com (oben), Harald Lachmann (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


W+M INHALT | 5<br />

W+M TITELTHEMA<br />

Report: Krisensicherer Jobmotor............................ 34<br />

Medizintechnik: Produkte für den Weltmarkt......... 36<br />

Pharma: Der Osten holt auf...................................... 37<br />

Leuchtturm I: Bavaria Klinik Kreischa –<br />

Mobiles Leben nach der Intensivstation................. 38<br />

Leuchtturm II: Unfallkrankenhaus Berlin –<br />

Alltag mit Notfällen................................................. 39<br />

Interview mit Mario Czaja,<br />

Gesundheitssenator in Berlin ................................. 40<br />

20<br />

Im Interview<br />

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller<br />

W+M RATGEBER<br />

Management: Wissenswertes für Unternehmer.... 42<br />

Recht: Urteile für Führungskräfte........................... 44<br />

Finanzen:<br />

Gutschein statt Geld............................................... 46<br />

So wird das Banking neu gedacht........................... 47<br />

Michael Bormann zu Betriebsprüfungen................ 48<br />

Literatur: Die ostdeutsche Bestsellerliste<br />

für Wirtschaftsliteratur............................................ 49<br />

Management & Lifestyle:<br />

Schreiben und bleiben............................................ 50<br />

Ballmode: So macht Mann eine gute Figur............. 52<br />

Serie Berlin<br />

Automotive mit Zukunft<br />

24<br />

W+M NETZWERK<br />

Preisverleihung in Berlin: Macher des Ostens........ 54<br />

Sächsischer Unternehmerball in Leipzig:<br />

Leidenschaft und Rhythmus................................... 55<br />

11. Ball der Generationen: Tanz in Bansin............... 56<br />

UV-Branchentag 2<strong>01</strong>5:<br />

Tourismuswirtschaft zieht Bilanz............................ 57<br />

UnternehmerTag in Berlin:<br />

Wertschöpfung durch Wertschätzung.................... 58<br />

UnternehmerTag in Hoyerswerda:<br />

Exzellenz im Unternehmertum............................... 59<br />

VBIW: Aktuelles aus dem Verein............................ 60<br />

Neues aus den Unternehmerverbänden................. 62<br />

W+M PORTRÄTS<br />

Matthias Ludwig: Mister Polo................................. 64<br />

Fotos: W+M (oben), IAV GmbH (Mitte), Inga Haar (unten)<br />

10 Preisverleihung<br />

Macher des Ostens<br />

Jörg Woltmann: Patriotischer Banker..................... 65<br />

W+M DIE LETZTE SEITE<br />

Ausblick und Personenregister............................... 66<br />

W+M WEITERE BEITRÄGE<br />

Editorial...................................................................... 3<br />

Impressum................................................................ 4<br />

Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt das Magazin<br />

W+M Exklusiv Berlin bei. Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


6 | W+M KÖPFE<br />

K<br />

3<br />

6<br />

Ö<br />

P<br />

1<br />

4<br />

F<br />

E<br />

2<br />

5<br />

7<br />

3<br />

Alexander Winter (44)<br />

Hotelier aus Rostock<br />

Toralf Weiße (49)<br />

1<br />

Firmenchef aus Leipzig<br />

Flüchtlinge seien die Fachkräfte von<br />

morgen, sagt der Geschäftsführer der<br />

Firma PPR Management aus Beucha<br />

bei Leipzig – einer Unternehmensberatung<br />

für Speziallogistik – in seiner Eigenschaft<br />

als Vorstandsvorsitzender des<br />

Netzwerks Logistik Leipzig-Halle. Denn<br />

für die 144 Mitglieder des Vereins, die<br />

zusammen 36.000 Mitarbeiter beschäftigen<br />

und 2,7 Milliarden Euro in der mitteldeutschen<br />

Region generieren, bilde<br />

die Fachkräftesicherung ein Kernanliegen<br />

der Netzwerkarbeit, so Weiße. Deshalb<br />

erarbeite man gegenwärtig gezielte<br />

Ausbildungsangebote für Flüchtlinge<br />

und Migranten. Seinen unternehmerischen<br />

Fokus legt der Logistik-Manager<br />

auf die Bereiche Maschinen-, Anlagenund<br />

Apparatebau, Medizintechnik, Elektro-<br />

und Kommunikationstechnik sowie<br />

Gesundheitswesen.<br />

2<br />

Ralf Scheler (51)<br />

Ingenieur aus Eilenburg<br />

Der geschäftsführende Gesellschafter<br />

der Schlüssel-Kratzsch GmbH im nordsächsischen<br />

Eilenburg schaut gern<br />

über den Tellerrand seines sechsköpfigen<br />

Metallbauunternehmens hinaus.<br />

So agierte der Maschineningenieur<br />

bereits 2006 bis 2<strong>01</strong>0 als Kreishandwerksmeister<br />

in Nordsachsen und ab<br />

2<strong>01</strong>1 als Präsident der Handwerkskammer<br />

Leipzig. Inzwischen gab Scheler<br />

aber auch diesen Posten an seinen<br />

Vize weiter, da er dieses Jahr zu den<br />

Oberbürgermeisterwahlen in seiner<br />

Heimatstadt antrat. Und hier siegte er<br />

als parteiloser Bewerber am Ende klar<br />

gegen seine beiden Kontrahenten von<br />

CDU und SPD. Somit regiert im Eilenburger<br />

Rathaus seit kurzem ein waschechter<br />

Unternehmer.<br />

Der Geschäftsführer der arcona Hotels<br />

& Resorts bat als Vorsitzender der Rostocker<br />

Kaufmannschaft im Oktober zur<br />

22. Jahresköste, an der 150 Kaufleute<br />

teilnahmen. Die Köste ist ein Festmahl,<br />

das jährlich nach Erntedank stattfindet<br />

und auf eine alte hanseatische Tradition<br />

zurückgeht: Kaufleute pflegen Kontakte<br />

und sammeln zugleich Geld für soziale<br />

Zwecke. „Wir übernehmen gern<br />

Verantwortung für die Gemeinschaft<br />

und tun Gutes“, sagt Winter. Mit fast<br />

60.000 Euro wurde in diesem Jahr die<br />

höchste Spendensumme seit Neugründung<br />

der Kaufmannschaft 1994 erreicht.<br />

Hauptspendenzweck ist die Rettung eines<br />

500 Jahre alten Rostocker Kunstwerkes.<br />

Der Nonnenaltar der Universitätskirche<br />

mit seinem kunsthistorisch<br />

wertvollen Schnitzrelief mit biblischen<br />

Motiven bedarf einer dringenden Rekonstruktion.<br />

Seit 1994 sammelte die Rostocker<br />

Kaufmannschaft über 660.000<br />

Euro für soziale und kulturelle Projekte<br />

in der Stadt.<br />

Fotos: Harald Lachmann (1, 2, 5, 6, 7), arcona Hotels (3), Privat (4)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


W+M KÖPFE | 7<br />

9<br />

Als Visionär für seine Stadt, dem es um<br />

mehr als Strom, Wärme und Abwasser<br />

geht, erweist sich zunehmend der Geschäftsführer<br />

der Stadtwerke Erfurt. So<br />

will der diplomierte Kaufmann mit seinem<br />

Unternehmen als Mehrheitsgesellschafter<br />

in die neue Multifunktionsarena<br />

einsteigen, zu der gerade das Steigerwaldstadion<br />

aufwändig umgebaut wird.<br />

Ziel sei es, das 39-Millionen-Euro-Projekt<br />

zum „Zentrum Europas“ zu machen,<br />

heißt es dazu selbstbewusst in Erfurt. Da<br />

die Stadt zudem die Bundesgartenschau<br />

2021 ausrichtet, betrieb Zaiß – um hierfür<br />

notwendige Rücklagen bilden zu können<br />

– zuletzt sehr engagiert<br />

den Verkauf der Erfurter<br />

Anteile am Erdgasgroßhändler<br />

VNG in Leipzig.<br />

Das ging zwar bisher nicht<br />

auf, aber man kann sicher sein,<br />

dass ihm etwas Neues einfällt.<br />

und Pfingsten, bescherten ihr das beste<br />

Geschäft des Jahres, berichtet die frühere<br />

Handballerin.<br />

8<br />

Ralf-Peter Hähle (54)<br />

Landwirt aus Schwerin<br />

8<br />

Fotos: Harald Lachmann (8, 9)<br />

4<br />

Katja Rumstich (36)<br />

Juniorchefin aus Parchim<br />

Seit Jahren unterstützt Katja Rumstich,<br />

Juniorchefin der Volker Rumstich<br />

Transport GmbH, die Berufsorientierung<br />

in der Region Parchim. Sie organisiert<br />

Veranstaltungen zur Verkehrserziehung<br />

an den Schulen und arbeitet<br />

als Vorstandsmitglied im Arbeitskreis<br />

SchuleWirtschaft mit. Das Unternehmen<br />

ist TOP-Ausbildungsbetrieb. Dieses<br />

Engagement wurde nun mit dem<br />

Preis der Fachkräfteinitiative „Durchstarten<br />

in MV“ gewürdigt. Herzlichen<br />

Glückwunsch!<br />

5<br />

Peter Zaiß (51)<br />

Diplom-Kaufmann aus Erfurt<br />

6<br />

Lutz Hering (45)<br />

Banker aus Zwickau<br />

Um ein Zeichen gegen Kinderarmut zu<br />

setzen, die sich in Sachsen seit 1990<br />

verdoppelt hat, gründete der Zwickauer<br />

Bankfachwirt und geschäftsführende<br />

Gesellschafter der Damm|Rumpf|Hering<br />

Vermögensverwaltung GmbH Dresden/<br />

Zwickau mit seinen Unternehmenspartnern<br />

Rocco Damm und Marco Rumpf<br />

die „Stiftung Kinderhilfe“. Deren Anliegen<br />

ist es, Kinder und Jugendliche aus<br />

sozial schwachen Familien zu helfen, sich<br />

„besser integrieren und selbstbewusster<br />

positionieren zu können, um ihre Talente<br />

zu entdecken und diese aktiv und<br />

kreativ auszuleben“. Bisher wurden über<br />

155.000 Euro eingeworben, wobei Hering<br />

und seine Geschäftsführerkollegen<br />

alle anfallenden operativen Kosten selbst<br />

tragen, damit jeder gespendete Euro<br />

auch direkt als Hilfe ankommt.<br />

7<br />

Hannelore Sachse (68)<br />

Fischzüchterin aus Zerbst<br />

Weil sie mit 46 Jahren arbeitslos geworden<br />

war, gründete die gelernte Handelskauffrau<br />

aus dem anhaltischen Deetz<br />

kurzentschlossen eine private Teichwirtschaft.<br />

Dazu erwarb sie von der damaligen<br />

Treuhand den Deetzer Teich<br />

zurück, der einst ihrem Vater gehörte,<br />

bevor er volkseigen wurde – und setzte<br />

sich noch einmal drei Jahre auf die<br />

Schulbank in der Fischereischule im<br />

sächsischen Königswartha. Und noch<br />

immer steht sie mit Wathose und Kescher<br />

im teils brusthohen Wasser, um<br />

Karpfen, Schleie oder Hechte herauszuhieven.<br />

Denn alle Monate, die auf „r“<br />

enden, vor allem zwischen Weihnachten<br />

Ein promovierter Landwirt steht seit Oktober<br />

als Obermeister der Landesinnung<br />

der Steinmetze und Steinbildhauer in<br />

Mecklenburg-Vorpommern vor. Mithin<br />

ist Ralf-Peter Hähle aus Bützow Seiteneinsteiger<br />

in der Branche. Erst mit 35 Jahren<br />

hatte er noch einmal eine Steinmetzlehre<br />

gemacht. Heute führt er als Inhaber<br />

zusammen mit seinem Sohn Klaus<br />

Hähle – er ist auch bereits Steinmetzmeister<br />

– ein Natursteinunternehmen in<br />

Bützow. Zudem unterhält er eine Filiale in<br />

Schwaan sowie ein eigenes Blumengeschäft<br />

am Friedhof in Bützow. Als seine<br />

wichtigste Aufgabe sieht es Hähle<br />

nunmehr, die Innung wieder attraktiver<br />

für Handwerksbetriebe zu machen, denn<br />

zuletzt hatte es hier Austritte gegeben.<br />

9<br />

Matthias Benesch (47)<br />

Ex-Bobfahrer aus Altenberg<br />

Der einstige Juniorenweltmeister und<br />

Europameister im Bobfahren schlägt sich<br />

inzwischen auch erfolgreich als Unternehmer<br />

im „Eiskanal“ – so der weltweit<br />

bekannte und geschätzte Markenname<br />

der Rennschlitten- und Bobbahn im ostsächsischen<br />

Altenberg/Osterzgebirge.<br />

Als geschäftsführender Gesellschafter<br />

der Wintersport Altenberg GmbH gelingt<br />

ihm sehr erfolgreich der Spagat<br />

zwischen Hochleistungssport und Volkssport.<br />

So logierten auf seiner Piste im<br />

Oktober und November wieder die deutschen<br />

sowie eine Reihe ausländischer<br />

Bob-Nationalteams zu Trainingslehrgängen.<br />

Und zugleich begrüßt er Besucher<br />

aus ganz Deutschland zu Offerten wie<br />

„Bobfahren für jedermann“ oder Ice-<br />

Tubing, einer rasanten Schussfahrt auf<br />

großen Gummireifen durch den Eiskanal.<br />

Zuweilen steigt er dann auch selbst noch<br />

als Steuermann zu.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


8 | W+M NACHRICHTEN<br />

Die chinesische Millionenstadt Chongqing liegt auf einer Halbinsel am Jangtsekiang.<br />

KOOPERATION MIT REGION CHONGQING<br />

ANLAGE FÜR FLEXIBLEN<br />

HIGHTECH-WERKSTOFF<br />

Rudolstadt. Die australische Talga Ressources<br />

wird in Rudolstadt mit einer neuartigen<br />

Produktionsanlage aus hochreinem<br />

Graphit den Hightech-Werkstoff<br />

Graphen herstellen. Das Material gilt wegen<br />

seiner Leitfähigkeit, Stabilität, Flexibilität<br />

und extremer Dünnschichtigkeit als<br />

Grundlage für zukünftige Innovationen.<br />

Dresden. Zum Abschluss einer Reise<br />

nach Chongqing informierte Sachsens<br />

Umweltminister Thomas Schmidt Ende<br />

Oktober, dass der ostdeutsche Freistaat<br />

und die zentralchinesische Region<br />

– hier leben rund 33 Millionen Menschen<br />

– künftig enger in den Bereichen<br />

Umwelt und Landwirtschaft kooperieren<br />

wollen. Die chinesischen Partner<br />

äußerten etwa Interesse an Agrarprodukten<br />

wie Obst, Käse und weiteren<br />

Milcherzeugnissen sowie zeitgemäßnachhaltigem<br />

Know-how in der Landwirtschaft.<br />

So will Sachsen helfen, Effizienz<br />

und Umweltverträglichkeit von<br />

Fischzuchtanlagen zu verbessern und<br />

Kläranlagen errichten. Auf einem Technologieforum<br />

hatte Schmidt Kontakte<br />

zu über hundert potenziellen Partnern<br />

geknüpft.<br />

IT-SPEZIALIST CGI GROUP<br />

SCHAFFT 300 NEUE STELLEN<br />

Erfurt. Der kanadische IT-Spezialist CGI<br />

Group will an seinem Standort in Erfurt<br />

bis 2<strong>01</strong>7 rund 300 neue Stellen schaffen.<br />

Hier betreibt das Unternehmen bereits ein<br />

Testzentrum für Managed und IT-Services,<br />

neu kommen der IT-Support und Consulting<br />

hinzu. Die geplante Investitionssumme<br />

liegt bei rund 2,5 Millionen Euro.<br />

UNTERNEHMERTAG<br />

STARK BESUCHT<br />

Leipzig. Tausende Entscheider<br />

aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft<br />

und Gesellschaft aus ganz<br />

Deutschland trafen sich Ende Oktober<br />

erneut zum Mittelständischen<br />

Unternehmertag (MUT) im Congress<br />

Center Leipzig auf dem Messegelände.<br />

Er fand bereits zum elften<br />

Mal statt und stand unter der<br />

Schirmherrschaft von Mario Ohoven,<br />

Präsident des Bundesverbandes<br />

mittelständische Wirtschaft<br />

(BVMW). Auf Wunsch der Teilnehmer<br />

war diesmal das Vortragsprogramm<br />

spürbar gestrafft worden,<br />

um mehr Raum für Gespräche<br />

an den 120 Ausstellungsständen<br />

zu schaffen. Ein Workshop, zu<br />

dem die sächsische Ministerin für<br />

Gleichstellung und Integration Petra<br />

Köpping geladen hatte, stand zudem<br />

unter dem Thema „Wege zur<br />

Integration von Flüchtlingen“. Der<br />

Chef der Vereinigten Bioenergie<br />

AG (Verbio) Claus Sauter ermutigte<br />

die Teilnehmer mit seinem Vortrag<br />

„Stroh zu Gold – Mittelstand sichert<br />

Deutschland die Technologieführerschaft“.<br />

Das ostdeutsche Unternehmen<br />

mit Sitz in Leipzig und<br />

Zörbig ist der einzige großindustrielle<br />

Produzent von Biodiesel, Bioethanol<br />

und Biomethan in Europa.<br />

WAGGONBAU NIESKY<br />

WIEDER IM AUFWIND<br />

BATTERIESPEICHER DER<br />

NEUESTEN GENERATION<br />

Niesky. Ein Großauftrag über drei Spezialzüge<br />

mit 111 Waggons sichert Waggonbau<br />

Niesky bis Ende 2<strong>01</strong>6 Vollauslastung,<br />

es gibt eine Erweiterungsoption über neun<br />

weitere. Die Züge sind für den Einsatz im<br />

Eurotunnel zwischen Frankreich und Großbritannien<br />

vorgesehen. Das Unternehmen<br />

besteht seit über 180 Jahren und hat eine<br />

schwierige Phase überstanden.<br />

Dresden. Mit der Auslieferung der ersten<br />

Batteriespeicher „MyReserve“ hat das Solarunternehmen<br />

SOLARWATT begonnen.<br />

Das revolutionäre System hatte im Juni<br />

2<strong>01</strong>5 auf der Intersolar Europe im München<br />

Aufsehen erregt. Es basiert auf der<br />

Lithium-Ionen-Technologie und ermöglicht<br />

einen Wirkungsgrad von 93 Prozent über<br />

den gesamten Lade- und Entladezyklus.<br />

Der Mittelständische Unternehmertag<br />

fand im Leipziger Congress Center statt.<br />

Fotos: Wikimedia Commons (oben), MUT GbR (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


W+M NACHRICHTEN | 9<br />

BERLIN UND LEIPZIG IM<br />

STÄDTERANKING VORN<br />

Frankfurt/Main. Berlin und Leipzig sind<br />

derzeit die Überflieger unter den deutschen<br />

Metropolen. Das ergab das aktuelle<br />

Städteranking, welches das Hamburgische<br />

Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) und<br />

die älteste deutsche Privatbank Berenberg<br />

regelmäßig erstellen. Demnach kletterte<br />

Berlin hinter Spitzenreiter München auf<br />

Platz zwei, gefolgt von Leipzig, das sich<br />

von Rang zwölf (2<strong>01</strong>3) vorkämpfte. Für die<br />

Zukunftsfähigkeit der sächsischen Metropole<br />

sprechen laut der Analyse vor allem<br />

eine dynamische Bevölkerungsentwicklung<br />

sowie hohe Zuwächse bei Erwerbstätigen<br />

und in der Produktivität. Auf den weiteren<br />

Plätzen folgen Frankfurt/Main, Bonn,<br />

Stuttgart, Köln und Hamburg. Unter den<br />

30 beleuchteten Städten befanden sich<br />

aus Ostdeutschland noch Dresden (Rang<br />

zehn) und Chemnitz (30). Als Maßstab für<br />

die Bewertung der Zukunftsfähigkeit einer<br />

Stadt gelten die Produktivitätsentwicklung<br />

sowie Standortfaktoren wie Bildung, Innovationsfähigkeit,<br />

Erreichbarkeit, Internationalität<br />

und demografische Entwicklung.<br />

MASCHINENBAU MIT HOHER EXPORTQUOTE<br />

Leipzig. Der ostdeutsche Maschinenbau<br />

sieht positiv in die Zukunft. Das<br />

ergab die Konjunkturumfrage für das<br />

dritte Quartal 2<strong>01</strong>5 unter den 350 Mitgliedern<br />

des Landesverbands Ost des<br />

Verbands Deutscher Maschinen- und<br />

Anlagenbau e. V. (VDMA). Demnach<br />

lag die durchschnittliche Auslastung<br />

Betriebe<br />

der Produktionskapazitäten bei 89<br />

Prozent. 60 Prozent der Unternehmen<br />

konnten ihre Maschinen zu mindestens<br />

90 Prozent und damit überdurchschnittlich<br />

hoch auslasten. Gleichzeitig<br />

hat sich der Auftragsbestand in den<br />

vergangenen Monaten wieder stabilisiert.<br />

Beschäftigte<br />

Umsatz<br />

in Mrd. Euro<br />

Exportquote<br />

in Prozent<br />

Berlin 34 9.330<br />

2,00 63,3<br />

Brandenburg 34 4.304<br />

0,55 50,6<br />

Mecklenburg-Vorpommern 29 5.612<br />

1,44 52,5<br />

Sachsen 199 33.344<br />

7,46 52,0<br />

Sachsen-Anhalt 77 12.223<br />

2,30 45,8<br />

Thüringen 97 15.128<br />

2,59 41,8<br />

Gesamt 470 79.941 16,34<br />

51,0<br />

Foto: VNG AG, Quelle Schaubild: VDMA Ost, Maschinenbau 2<strong>01</strong>4 in Ostdeutschland<br />

VNG BEKOMMT BADISCHEN EIGENTÜMER<br />

Leipzig. Die Leipziger Verbundnetz<br />

Gas AG (VNG) wechselt den Hauptgesellschafter.<br />

Ende Oktober wurde bekannt,<br />

dass der Oldenburger Versorger<br />

EWE seinen Anteil von 74,2 Prozent an<br />

VNG an die Energie Baden-Württemberg<br />

(EnBW) in Karlsruhe veräußert. Als<br />

Kaufpreis für das Aktienpaket fließen<br />

schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro.<br />

Diese Lösung für den umsatzstärksten<br />

Die Zentrale von VNG in Leipzig.<br />

ostdeutschen Konzern gilt als „Gewinn<br />

für Sachsen und den Standort Leipzig“,<br />

so Sachsens Ministerpräsident Stanislaw<br />

Tillich. Wichtig bei dem Deal war die<br />

Zusicherung der Badener, den Firmensitz<br />

weiterhin in Leipzig zu belassen.<br />

Neun ostdeutsche Kommunen, darunter<br />

Leipzig und Dresden, haben ihre Aktien<br />

von zusammen 25,79 Prozent in einer<br />

Beteiligungsgesellschaft gebündelt.<br />

MINDESTLOHN MACHT<br />

MINIJOBS ÜBERFLÜSSIG<br />

Halle. Knapp ein Jahr nach Einführung<br />

des Mindestlohns zeigen sich erste belastbare<br />

Folgen für den Arbeitsmarkt in<br />

Sachsen-Anhalt. Wie dazu aus der für<br />

Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständigen<br />

Dienststelle der Bundesagentur für<br />

Arbeit (BA) in Halle verlautet, sank durch<br />

die neue Lohnuntergrenze die Zahl der<br />

Minijobs im Land um knapp 6.000. Die<br />

meisten dieser Arbeitsverhältnisse erloschen<br />

dabei in den Branchen Gastronomie,<br />

Reinigung und Einzelhandel. Denn<br />

Minijobber dürfen im Monat nur bis 450<br />

Euro verdienen, wenn sie jedoch nun<br />

für 8,50 Euro die Stunde entlohnt werden,<br />

rechnet sich das aufgrund der damit<br />

deutlich verkürzten Arbeitszeit nicht<br />

mehr. Laut der BA wurden aber nur wenige<br />

Betroffene entlassen, sondern stattdessen<br />

in sozialversicherungspflichtige<br />

Arbeitsverhältnisse übernommen.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


10 | W+M LÄNDERREPORT<br />

Macher mit Mut,<br />

Ideen und Durchsetzungskraft<br />

Aus Haldensleben, Dresden und Chemnitz kommen die Sieger des erstmalig vergebenen Wirtschaftspreises<br />

„Macher 25“, mit dem der Verband Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) die bedeutende<br />

Rolle des Unternehmertums beim Aufbau Ost würdigte. Das Magazin <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> war als<br />

Medienpartner mit im Boot. Von Harald Lachmann<br />

Die Wahl der neun „Macher des Ostens<br />

2<strong>01</strong>5“ oblag einer Expertenjury,<br />

die unter Vorsitz des früheren<br />

Brandenburger Ministerpräsidenten<br />

Matthias Platzeck (SPD) stand. Das Gremium,<br />

dem auch Bosch-Aufsichtsratschef<br />

Franz Fehrenbach sowie Professor<br />

Andreas Pinkwart, Rektor der Handelshochschule<br />

Leipzig (HHL), angehörten,<br />

sichteten hierzu mehr als 150 Bewerbungen.<br />

Die Preisträger verbinde ihr<br />

„herausragender Einsatz für den Standort<br />

Ost“, sagte Dr. Sigrid Nikutta, VBKI-<br />

Präsidiumsmitglied und Chefin der Berliner<br />

Verkehrsbetriebe, bei der festlichen<br />

Preisverleihung am 20. Oktober in Berlin.<br />

Mit Tatkraft, Ideenreichtum und unter<br />

oft schwierigen Umständen hätten<br />

alle Teilnehmer einen wichtigen Beitrag<br />

zu einer lebendigen Unternehmenskultur<br />

geleistet.<br />

Kategorie Lebenswerk:<br />

Heinrich von Nathusius<br />

Der 71-jährige Heinrich von Nathusius<br />

stürzte sich vergangenes Jahr erneut in<br />

ein unternehmerisches Abenteuer, als er<br />

den insolventen Fahrradhersteller Mifa in<br />

Sangerhausen übernahm. Damit erhofft<br />

man sich in dem traditionsreichen sachsen-anhaltischen<br />

Unternehmen noch einmal<br />

jenen Erfolg, der dem gebürtigen Berliner<br />

bereits in Haldensleben gelang: Hier<br />

erwarb er 1992 von der Treuhand das vormalige<br />

IFA-Gelenkwellenwerk und formte<br />

es zu einem Hidden Champion, also einem<br />

der wenig bekannten Weltmarktführer.<br />

Denn die heutige IFA Rotorion Holding<br />

GmbH ist einer der größten Längswellenhersteller<br />

für die Autoindustrie. Ob Volkswagen,<br />

BMW oder Mercedes, ob Škoda,<br />

Heinrich von Nathusius (l.), Erstplatzierter in der Kategorie Lebenswerk, mit BVG-Chefin Sigrid<br />

Nikutta und dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit.<br />

Ford oder Porsche – alle beziehen sie Teile<br />

aus dem Familienunternehmen in Haldensleben,<br />

das Nathusius zunächst eher<br />

zufällig übernommen hatte. Denn als er<br />

nach der Wende Familiengräber in dem<br />

Bördestädtchen besuchte, fragten ihn Bürgermeister<br />

und Landrat, ob er hier nicht<br />

als Unternehmer einsteigen wolle. Heinrich<br />

von Nathusius – damals Chef der<br />

Krupp-Stahlhandelsgesellschaft in Duisburg<br />

– sagte bald zu, denn er sah dies als<br />

Chance, „selbstständig ein konkurrenzfähiges<br />

Unternehmen aufzubauen“. Denn<br />

Management mache eben „sehr viel mehr<br />

Spaß, wenn es das eigene Unternehmen<br />

ist“, begründete er diesen Schritt.<br />

Zunutze kam ihm dabei anfangs auch,<br />

dass IFA 1992 zwar keine marktfähigen<br />

Produkte und Aufträge, wohl aber<br />

„leistungsfähige und motivierte Mitarbeiter“<br />

besaß, erinnert er sich. Mit 80<br />

von ihnen fing Nathusius an, auch wenn<br />

er in der ersten Zeit „drei-, viermal nicht<br />

in der Lage war, die Löhne pünktlich zu<br />

bezahlen“. Doch es ging stetig aufwärts<br />

und heute hat Rotorion sogar Standorte<br />

in Shanghai (China) und Charleston<br />

(USA). Nathusius beschäftigt inzwischen<br />

über 2.000 Mitarbeiter und setzt im Jahr<br />

knapp eine halbe Milliarde Euro um.<br />

Kategorie Unternehmensnachfolge:<br />

Dresdener Lackfabrik novatic GmbH<br />

Eine erfolgreiche familiäre Stabübergabe<br />

gelang dem Dresdener Wilfried Zill mit<br />

seiner Lackfabrik, die er 1990 als vormaligen<br />

volkseigenen Betrieb privatisiert hatte.<br />

Denn seit seine Söhne Alexander und<br />

Jochen die Geschäftsführung übernahmen,<br />

kann der inzwischen 71-jährige Diplomchemiker<br />

ein wenig kürzer treten –<br />

auch wenn er noch immer ein Büro im<br />

Foto: Businessfotografie Inga Haar<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


OSTDEUTSCHLAND | 11<br />

Erster Platz in der Kategorie Unternehmensnachfolge: Jochen, Wilfried<br />

und Alexander Zill (v. l.) von der Dresdener Lackfabrik novatic GmbH.<br />

Unternehmen hat. Mit dem Namen Zill<br />

verbinden Kunden seit einem Vierteljahrhundert<br />

maßgeschneiderte Lacke, Farben<br />

und Beschichtungsstoffe, die Dinge<br />

bunter oder haltbarer machen. Selbst zum<br />

„Blauen Wunder“ von Dresden, der berühmten<br />

Stahlbrücke über die Elbe, steuerten<br />

sie den optimalen Anstrichstoff bei.<br />

Zugute kam Zill Senior bei seiner Arbeit,<br />

dass er nie auf einen eigenen Forschungs-<br />

und Entwicklungsbereich verzichtete.<br />

„Hätten wir nicht selbst entwickelt,<br />

wären wir untergegangen wie alle<br />

DIE PREISTRÄGER<br />

Kategorie Lebenswerk<br />

1. Heinrich von Nathusius,<br />

IFA Rotorion Holding GmbH,<br />

Haldensleben (Sachsen-Anhalt)<br />

2. Petra Kröger-Schumann,<br />

Medizintechnik & Sanitätshaus<br />

Harald Kröger GmbH,<br />

Massen-Niederlausitz (Brandenburg)<br />

3. Dr. Eckhard Krone,<br />

EWG Eberswalder Wurst GmbH,<br />

Britz (Brandenburg)<br />

anderen Lackfabriken<br />

in Ostdeutschland“,<br />

sagt er. Denn<br />

über 30 Farbenhersteller<br />

gab es Ende<br />

der 1980er Jahre in<br />

der DDR – heute ist<br />

novatic der letzte eigenständige<br />

seiner<br />

Art im Osten. Das<br />

Unternehmen beschäftigt<br />

allein im<br />

Dresdener Stammwerk<br />

– es wird vom<br />

41-jährigen Alexander<br />

Zill geführt –<br />

heute mehr als 70<br />

Mitarbeiter und noch einmal so viele in<br />

weiteren Werken in Tschechien, Indien<br />

und Russland. Der Umsatz lag 2<strong>01</strong>4 bei<br />

37 Millionen Euro. Alexander hatte einst<br />

auf den Rat des Vaters hin Lacklaborant<br />

gelernt und anschließend Betriebswirtschaft<br />

studiert. Der 47-jährige Jochen<br />

gründete dagegen zunächst seine eigene<br />

Firma, ehe er 2008 in den väterlichen<br />

Betrieb einstieg. Seit 2<strong>01</strong>4 sind beide Geschäftsführer.<br />

Der Senior hatte sie dabei<br />

nach dem Motto gefördert, man müsse<br />

Vertrauen in sie haben und Verantwortung<br />

übertragen: „Immer ein bisschen<br />

mehr.“<br />

Kategorie Start-up/Innovation:<br />

Intenta GmbH<br />

Das sächsische Unternehmen ist spezialisiert<br />

auf Fahrassistenzsysteme, quasi die<br />

Vorstufe für selbstfahrende Autos. Hervorgegangen<br />

aus einem studentischen<br />

Forschungsprojekt, beschäftigen die beiden<br />

Gründer und Geschäftsführer Basel<br />

Fardi und Heiko Cramer – zwei promovierte<br />

Ingenieure – inzwischen hundert Mitarbeiter.<br />

Und die Nachfrage nach den Software-Lösungen,<br />

die Intenta in Chemnitz<br />

entwickelt, um dem Fahrer die Arbeit zu<br />

erleichtern, wächst weiter. Inzwischen ist<br />

selbst dort, wo Porsche oder Audi draufsteht,<br />

oft Intenta drin. Die Systeme informieren<br />

den Fahrer zum Beispiel, wenn er<br />

zu dicht auffährt oder einem Fußgänger<br />

zu nahe kommt, erläutert Dr. Fardi, ein<br />

gebürtiger Syrer. Das System lese sogar<br />

selbstständig Verkehrszeichen und warne<br />

den Fahrer, falls an einem Streckenabschnitt<br />

Tempo 30 vorgeschrieben ist.<br />

Der Firmenname leitet sich übrigens vom<br />

lateinischen „intentus“ ab, zu Deutsch:<br />

aufmerksam sein. Inzwischen hat Intenta<br />

noch ein zweites Standbein. Fardi und<br />

Cramer entwickelten eine 3D-Kamera, die<br />

vor allem in Krankenhäusern zum Einsatz<br />

kommt. Diese „intelligente Kamera“ beobachtet<br />

zum Beispiel, ob sich bei der<br />

Strahlentherapie während der Bestrahlung<br />

eines Patienten gerade medizinisches<br />

Personal in der Nähe aufhält und<br />

stoppt gegebenenfalls automatisch die<br />

Bestrahlung, um den Mitarbeiter der Klinik<br />

zu schützen. „Es geht mit unseren<br />

Kameras um den Schutz von Menschen,<br />

nicht um den Schutz vor Menschen, wie<br />

bei den meisten anderen Sicherheitskameras“,<br />

so Fardi.<br />

W+M<br />

Fotos: Businessfotografie Inga Haar<br />

Kategorie Unternehmensnachfolge<br />

1. Dresdener Lackfabrik novatic GmbH,<br />

Dresden (Sachsen)<br />

2. Ratiomat Einbauküchen GmbH,<br />

Leubsdorf (Sachsen)<br />

3. Königsee Implantate GmbH,<br />

Allendorf (Thüringen)<br />

Kategorie Start-up/Innovation<br />

1. Intenta GmbH, Chemnitz (Sachsen)<br />

2. EyeEm Mobile GmbH, Berlin<br />

3. reBuy GmbH, Berlin<br />

Basel Fardi (l.) und Heiko Cramer von Intenta sind die Sieger in der Kategorie Start-up/Innovation.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


12 | W+M LÄNDERREPORT BRANDENBURG<br />

Schweißarbeiten in der Finow<br />

Rohrsysteme GmbH Eberswalde.<br />

Eberswalder Metall-Gen<br />

des Barnims gehört die Ansiedlung zweier<br />

renommierter Mittelständler aus Baden-<br />

Württemberg – der Weber Automotive<br />

GmbH in Bernau und der Schmidt Maschinenbau<br />

GmbH in Eberswalde. Beide bringen<br />

Innovation und modernste Produktion<br />

mit in den Barnim. Firmeninhaber Herbert<br />

Schmidt hat sein Brandenburger Werk bereits<br />

erweitert: „Wir fühlen uns am Standort<br />

Eberswalde ausgesprochen wohl. Die<br />

Rahmenbedingungen passen. Am meisten<br />

freut es mich, dass ich hier so viele junge,<br />

motivierte und gut ausgebildete Fachkräfte<br />

gefunden habe. Mit ihnen hat unser Betrieb<br />

beste Perspektiven.“<br />

Im Brandenburger Landkreis Barnim, der in Ahrensfelde an der<br />

Berliner Stadtgrenze beginnt und über Bernau und Eberswalde bis in<br />

die Schorfheide reicht, hat sich eine vielfältige Industrielandschaft<br />

etabliert, die Schritt für Schritt wächst. Treiber des Aufschwungs ist<br />

die Metallurgie. Von Karsten Hintzmann<br />

Die Ursprünge der Metallverarbeitung<br />

im heutigen Landkreis Barnim<br />

reichen bis in die Anfänge<br />

des 17. Jahrhunderts zurück. Ab 1603<br />

wurde im Finowtal bereits Kupfer geschmiedet,<br />

100 Jahre später kamen<br />

eine Eisenspalterei und<br />

ein Messingwerk hinzu.<br />

Aus DDR-Zeiten kennt<br />

man den international<br />

erfolgreichen Kranbau<br />

Eberswalde, das Walzwerk<br />

Finow, den Rohrleitungsbau<br />

und das<br />

Reichsbahnausbesserungswerk.<br />

Nach der Deutschen<br />

Einheit und dem wirtschaftlichen<br />

Umbruch<br />

hatten auch die einstigen<br />

Kombinate in<br />

der Region Barnim keine Perspektive<br />

mehr. Allerdings entwickelten sich aus<br />

den überlebensfähigen und privatisierten<br />

Segmenten der einstigen Großbetriebe<br />

viele mittelständische Unternehmen,<br />

die an die Metalltradition anknüpften<br />

und heute industrielle Kerne im Nordosten<br />

Brandenburgs sind. Dazu zählen<br />

die Niederlassung der auf Kranbau spezialisierten<br />

Kirow Ardelt GmbH, die Finow<br />

Automotive GmbH, der Windkraftanlagenhersteller<br />

Senvion SE, die Finow<br />

Rohrsysteme GmbH und der<br />

Großwälzlagerhersteller<br />

Rothe Erde.<br />

Insgesamt existieren<br />

im Kreis Barnim<br />

40 metallverarbeitende<br />

Unternehmen<br />

mit mehr als<br />

2.000 Beschäftigten.<br />

Rüdiger<br />

Thunemann,<br />

Geschäftsführer<br />

der kreiseigenen<br />

Wirtschafts- und<br />

Tourismusentwicklungsgesellschaft<br />

WITO, hat eine einfache wie<br />

überzeugende Erklärung für den Boom<br />

der Metallurgie in der Region: „Wir sind<br />

vermutlich nicht die bekannteste Industrieregion<br />

des Landes, aber eine der traditionsreichsten.<br />

Das Eberswalder Metall-<br />

Gen vererbt sich hier bis heute.“ Zu den<br />

jüngsten Erfolgen der Wirtschaftsförderer<br />

„Wenn Sie investieren wollen,<br />

denken Sie an den Barnim!“<br />

WITO-Chef Rüdiger Thunemann.<br />

Die meisten Metall-Firmen im Barnim<br />

setzen auf Kooperation und Erfahrungsaustausch<br />

mit den Branchenunternehmen<br />

in der Nachbarschaft. Eine rege genutzte<br />

Plattform dafür ist das von der<br />

WITO 2002 begründete Barnimer „Netzwerk<br />

Metall“. Hier werden Kräfte gebündelt,<br />

Messeteilnahmen organisiert und<br />

auch die Nachwuchswerbung in den<br />

Schulen koordiniert.<br />

WITO-Chef Thunemann ist indes im Inund<br />

Ausland auf Achse, um für den Industriestandort<br />

Barnim zu werben. Thunemann:<br />

„Wir haben gute Argumente – die<br />

Nähe zur Bundeshauptstadt, eine ideale<br />

Anbindung per Bahn, Autobahn und Wasserstraße,<br />

voll erschlossene und sofort<br />

verfügbare Gewerbe- und Industrieflächen<br />

zu moderaten Preisen, qualifizierte<br />

Arbeitskräfte und ein wirtschaftsfreundliches<br />

Klima in den Verwaltungen. Die<br />

Brandenburger Höchstförderung gibt es<br />

noch dazu. Mein Appell an jeden von mir<br />

besuchten Unternehmer ist ganz schlicht:<br />

Wenn Sie investieren wollen, denken Sie<br />

an den Barnim!“<br />

W+M<br />

ZUSTÄNDIG FÜR ANSIEDLUNGEN<br />

WITO Wirtschafts- und<br />

Tourismusentwicklungsgesellschaft<br />

des Landkreises Barnim mbH<br />

Geschäftsführer<br />

Rüdiger Thunemann<br />

Telefon: 03334 59233<br />

thunemann@wito-barnim.de<br />

www.wito-barnim.de<br />

Fotos: WITO GmbH<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


LÄNDERREPORT THÜRINGEN | 13<br />

Gutes Geld für gute Milch<br />

Fotos: Harald Lachmann<br />

Die erste Prämisse in der Güterverwaltung „Nicolaus Schmidt“ AG<br />

in Rothenacker, einem leistungsfähigen Agrarbetrieb im Südosten<br />

Thüringens, lautet: Wer hier arbeitet, muss davon auch auskömmlich<br />

leben können. Bis Israel kennt man das Unternehmen, das mit seinen<br />

Leistungen das Spitzenniveau in der Thüringer Milchwirtschaft<br />

maßgeblich mitbestimmt. Von Harald Lachmann<br />

Im Büro von Stefan Kühne laufen die Geschicke<br />

von gleich fünf Agrarbetrieben<br />

zusammen. Allesamt stehen sie auf soliden<br />

Beinen. Den Grund hierfür sieht der<br />

Vorstandschef der Güterverwaltung „Nicolaus<br />

Schmidt“ AG in Rothenacker – sie<br />

bildet das Dach für den Verbund – vor allem<br />

in „unseren guten Leuten“. Kühne fordert<br />

ihnen einiges ab. Doch wer bei dem<br />

56-Jährigen in Lohn und Brot steht, verdient<br />

auch auskömmlich, egal ob als Traktorist<br />

oder als Melker im Kuhstall. „Wir<br />

zahlen weit über Tariflohn“, beteuert er.<br />

„Damit sind wir in der Region mit Spitze.“<br />

Vorstandschef Stefan Kühne.<br />

Hierbei begegnen sich in Kühnes Person<br />

ehrliche Leutseligkeit mit nüchternem unternehmerischem<br />

Kalkül und eben Liebe<br />

zur Region. „Harte Arbeit – gutes Geld!“,<br />

wiederholt er. „Wer bei uns tätig ist, muss<br />

so ordentlich verdienen, dass er gut leben<br />

kann, sonst geht er woanders hin.“<br />

Ihre Ecke sei nun einmal nicht die strukturstärkste,<br />

weshalb vieles auf der Landwirtschaft<br />

laste. „Wir müssen verhindern,<br />

dass das Land hier ausblutet.“ Schließlich<br />

hätten die meisten daheim noch einen<br />

Bauernhof zu unterhalten.<br />

So wie man Kühnes Gesicht die Lust an<br />

seinem Tun abliest, möchte er das auch<br />

bei seinen Leuten erleben: „Es muss Spaß<br />

machen, hier zu arbeiten!“ Nachdenklich<br />

fügt er hinzu: Das Schäbigste für einen<br />

Chef sei es doch, für eigene unternehmerische<br />

Fehler die Mitarbeiter zur Ader zu<br />

lassen, sich an ihren Löhnen zu vergreifen.<br />

Gleichmacherei gebe es indes nicht. Bezahlt<br />

werde konsequent nach Leistung sowie<br />

auf Basis vereinbarter Qualitätsprinzipien.<br />

Auch das hält der Unternehmer für<br />

„ganz wichtig“, gleichwohl dies durchaus<br />

für „recht deutliche monatliche Unterschiede“<br />

zwischen den Beschäftigten sorge.<br />

Wer etwa im Kuhstall beim Rauchen<br />

erwischt wird, darf mit Abzug rechnen.<br />

Die Kühe in Rothenacker bestimmen mit ihren<br />

Milchleistungen das Niveau in Thüringen mit.<br />

Wer gute Löhne zahlt, muss sich diese<br />

leisten können. So hat denn in Rothenacker<br />

jeder einzelne Arbeitsplatz auch Gewinn<br />

zu bringen „Wir machen nichts, womit<br />

wir nicht auch Geld verdienen“, so Kühne.<br />

Quersubventionen gebe es generell<br />

nicht: „Wir rechnen alle Prozesse scharf<br />

durch.“ Den Grundstein hierfür habe man<br />

bereits mit der Wende gelegt, als „wir uns<br />

davon verabschiedeten, Dinge zu tun, die<br />

man uns zuvor staatspolitisch zugeordnet<br />

hatte, auch wenn es in unserer Region<br />

nicht viel Ertrag abwarf“.<br />

Heute mache man „nur noch das, was wir<br />

gut können und wovon wir uns mittelfristig<br />

einen Gewinn versprechen“. So entsteht<br />

gerade ein hochmoderner neuer Milchstall.<br />

Recht geben den Landwirten aber<br />

auch Erfolge in kleinen, feinen Nischen: Israel<br />

kauft bei ihnen etwa koschere Milch,<br />

wozu extra ein Rabbi auf den Hof kommt.<br />

Und dass Landwirte tief in der Thüringer<br />

Provinz noch anders ihre Arbeit zu versilbern<br />

verstehen, beweisen ihre Börsengänge.<br />

Denn das Gros der Elektrizität, die die<br />

beiden Biogasanlagen des Betriebes generieren,<br />

handelt man gewinnbringend an<br />

der Europäischen Strombörse in Leipzig.<br />

Zunutze kommt dem Unternehmen hierbei,<br />

dass man technisch in der Lage ist, auf<br />

Abruf positive Regelenergie zu liefern, so<br />

dass sich etwa Netzschwankungen ausgleichen<br />

lassen. <br />

W+M<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


14 | W+M LÄNDERREPORT<br />

Das Gelände der Anklam Extrakt GmbH.<br />

Anklam auf dem Weg zur<br />

Modellregion für Bioökonomie<br />

Autoreifen aus Löwenzahn? Wurst aus Lupinensamen? Plastikflaschen<br />

aus Zuckerrohr? Was heute noch exotisch klingt, ist<br />

morgen vielleicht schon fester Bestandteil unseres Alltags. Dabei<br />

ließe sich die Aufzählung beliebig fortsetzen. All diese Produkte<br />

haben jedoch eines gemeinsam: Sie bestehen aus biobasierten<br />

Rohstoffen beziehungsweise basieren auf biologischen Prozessen.<br />

Sie sind Produkte der Bioökonomie. Von Steffen Piechullek<br />

Bio-Rohstoffe spielen branchenübergreifend<br />

eine immer wichtigere<br />

Rolle für die Herstellung unterschiedlichster<br />

Produkte. Mit seiner<br />

ausgeprägten Landwirtschaft, modernen<br />

Nahrungsmittelproduzenten und<br />

agrarisch ausgerichteten Forschungseinrichtungen<br />

ist der Osten Mecklenburg-<br />

Vorpommerns prädestiniert als Bioökonomie-Modellregion,<br />

so beispielsweise<br />

die kleine Stadt Anklam. Michael Galander,<br />

Bürgermeister von Anklam, wirbt für<br />

eine Investitionsförderung in der Bioökonomie.<br />

Er freute sich, im Oktober dieses<br />

Jahres bereits zum zweiten Mal Teilnehmer<br />

zur Bioökonomie-Konferenz in der<br />

13.000 Einwohner zählenden Stadt zu begrüßen.<br />

Unter dem Motto „Wir schreiben<br />

Zukunft“ warb die Tagung für Zusammenarbeit<br />

auf dem Gebiet der Bioökonomie<br />

und stellte Beispiele entsprechender<br />

Produkte aus der Region vor. Im Fokus<br />

der Veranstaltung standen daher insbesondere<br />

die Unternehmen und wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen, die sich in<br />

Mecklenburg-Vorpommern schon jetzt<br />

mit der Generierung biobasierter Wertschöpfungsketten<br />

beschäftigen.<br />

Aufstrebende Branche: Bioökonomie.<br />

Jüngstes Beispiel für die aufstrebende<br />

Branche ist die Anklam Extrakt GmbH.<br />

Das Unternehmen gewinnt auf besonders<br />

schonende Weise wertvolle Inhaltsstoffe<br />

aus getrockneten Pflanzen für die<br />

Pharma-, Lebensmittel-, Kosmetik- und<br />

Fotos: Anklam Extrakt GmbH<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


MECKLENBURG-VORPOMMERN | 15<br />

Foto: Anklam Extrakt GmbH<br />

Getränkeindustrie. Die besondere Stärke<br />

des Unternehmens liegt in der Umsetzung<br />

spezieller Vorgaben und Neuentwicklungen,<br />

die in enger Zusammenarbeit<br />

mit dem Kunden verwirklicht werden.<br />

Mit einer Pilotanlage ist es möglich,<br />

Musterproduktionen bereits in kleineren<br />

Mengen herzustellen, zu dokumentieren<br />

und zu optimieren: ein idealer Maßstab<br />

für Testverfahren in allen Bereichen von<br />

Wissenschaft und Entwicklung. Weitere<br />

Unternehmen, die sich in der Lilienthal-<br />

Stadt Anklam angesiedelt haben, sind<br />

die Zuckerfabrik Anklam und die NOA<br />

Naturoel Anklam AG. Die Zuckerfabrik<br />

ANSPRECHPARTNER FÜR<br />

UNTERNEHMEN DER BIOÖKONOMIE<br />

Wirtschaftsfördergesellschaft<br />

Vorpommern mbH<br />

Brandteichstraße 20<br />

17489 Greifswald<br />

Tel.: 03834 550605<br />

info@invest-in-vorpommern.de<br />

www.invest-in-vorpommern.de<br />

Anklam ist seit 2007<br />

die einzige Zuckerfabrik<br />

in Mecklenburg-<br />

Vorpommern. Das<br />

zur niederländischen<br />

Suiker Unie gehörende<br />

Unternehmen verarbeitet<br />

Zuckerrüben<br />

zu Zucker, Bioethanol<br />

und Tierfutter.<br />

Die Naturoel Anklam<br />

AG produziert Öle<br />

nach höchsten Qualitätsstandards.<br />

Dazu<br />

werden Saaten überwiegend<br />

von lokalen<br />

Landwirten verwendet, getreu dem<br />

Motto „Aus der Region, für die Region“.<br />

Jüngst hat das Unternehmen einen weiteren<br />

Absatzmarkt für sich erschlossen.<br />

So wird das Rapsöl aus Anklam auch als<br />

Schaumbremser in Biogasanlagen genutzt.<br />

Anklam Extrakt gewinnt wertvolle Inhaltsstoffe aus Pflanzen.<br />

Bioökonomie ist eine wegweisende und<br />

aussichtsreiche Alternative zur fossil-basierten<br />

Wirtschaft, deren Rohstoffbasis<br />

langsam aber sicher zur Neige geht. Vorpommern<br />

bietet attraktive Bedingungen<br />

für eine Ansiedlung in diesem Branchenfeld.<br />

Die Region bietet reichlich Flächen<br />

und Anbindung an den gesamten Ostseeraum,<br />

ein ausgezeichnetes Forschungsund<br />

Entwicklungsklima, eine gute Infrastruktur<br />

sowie hervorragende Fördermöglichkeiten.<br />

W+M<br />

Landwirtschaft & Bio-Ökonomie<br />

auf Deutschlands Sonnendeck<br />

Fotos: WERK3 · Thomas Grundner | made by WERK3.de<br />

Hansestadt Anklam<br />

Auf dem Weg zur Modellregion für die Bio-Ökonomie<br />

Innovative Vorzeigeunternehmen<br />

Geprägt von Handwerk, Land- und Nahrungsgüterwirtschaft<br />

Attraktive Förderkulisse für Investitionen<br />

Lebensqualität eines beliebten Urlaubslandes<br />

www.invest-in-vorpommern.de<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


16 | W+M LÄNDERREPORT<br />

Die erneuerte Stromleitung Mukran endet<br />

im Umspannwerk Mukran, das seit 2008 in<br />

Betrieb ist.<br />

Stromgarantie unter<br />

sibirischen Verhältnissen<br />

Der ostdeutsche Energieversorger E.DIS AG hat auf Rügen,<br />

Deutschlands größter Insel, eine 16 Kilometer lange Stromtrasse<br />

komplett erneuert. Sie versorgt die Region um den Fährhafen<br />

Sassnitz mit Strom. Die salzhaltige Meeresluft und das raue<br />

Küstenklima stellen besondere Anforderungen an die<br />

110-Kilovolt-Leitung. Von Thomas Schwandt<br />

Meister Ottmar Wallauer ist froh,<br />

dass es geschafft ist. Nach zwei<br />

Jahren Bauzeit ging Anfang November<br />

dieses Jahres die neue 110-Kilovolt-Leitung<br />

vom Umspannwerk im Fährhafen<br />

Sassnitz bis zum Anschluss an die<br />

Hauptleitung zwischen Bergen auf Rügen<br />

und dem Ostseebad Sellin in Betrieb. „Es<br />

war anstrengend, denn die Trasse wurde<br />

unter Stromlast komplett erneuert, die Leiterseile<br />

zur Energieversorgung zwischenzeitlich<br />

von einem provisorischen Gestänge<br />

getragen“, erzählt der 59-jährige Stralsunder.<br />

Er betreut in seinem Meisterbereich<br />

gemeinsam mit acht Kollegen 24<br />

Umspannwerke entlang der Ostseeküste,<br />

zwischen Barth und der Insel Usedom.<br />

Diese gehören zu den insgesamt 300 Umspannwerken<br />

des ostdeutschen Stromversorgers<br />

E.DIS AG in Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Brandenburg.<br />

E.DIS hatte sich entschlossen, die seit 40<br />

Jahren bestehende Freileitung durch einen<br />

Neubau in Gänze auszutauschen. „Wir<br />

haben eine veraltete, noch aus DDR-Zeiten<br />

stammende Leitung durch eine neue,<br />

leistungsfähigere ersetzt, die dem heutigen<br />

Stand der Technik entspricht“, sagte<br />

E.DIS-Vorstandsvorsitzender Bernd Dubberstein<br />

am 4. November, als er gemeinsam<br />

mit Christian Pegel, Minister für Energie,<br />

Infrastruktur und Landesentwicklung<br />

von Mecklenburg-Vorpommern, die insgesamt<br />

16 Kilometer lange 110-Kilovolt-<br />

Leitung symbolisch unter Spannung setzte.<br />

Das Energieunternehmen investierte<br />

6,4 Millionen Euro in das Infrastrukturprojekt.<br />

Über die Leitung werden der Fährhafen<br />

Sassnitz samt angesiedelter Unternehmen,<br />

das nahegelegene Kreidewerk<br />

Rügen sowie die Hafenstadt Sassnitz und<br />

weitere Orte im nordöstlichen Teil der Insel<br />

zuverlässig mit Strom versorgt.<br />

Auf der Energietrasse wurden in den zurückliegenden<br />

24 Monaten sämtliche 50<br />

Stahlgittermasten demontiert und adäquat<br />

neue verzinkte Masten gesetzt. Sie sind<br />

besonders gegen Korrosion geschützt<br />

und standsicher. „An der Küste korrodieren<br />

elektrische Anlagen durch die aggressive<br />

salzhaltige Meeresluft stärker als im<br />

Binnenland“, erläutert Meister Wallauer.<br />

Auch müssen die Masten heftigeren Winden<br />

widerstehen und vereisen häufiger.<br />

Laut E.DIS befindet sich die Leitung an der<br />

Ostküste Rügens in einem „klimatisch ungünstigen<br />

Gebiet, mit den höchsten nach<br />

deutscher Norm anzunehmenden Windund<br />

Eislasten“. Die unwirtliche Ecke sei<br />

„das Sibirien von Mecklenburg-Vorpommern“,<br />

fügt Wallauer verschmitzt hinzu.<br />

Mit der erneuerten Mukraner Leitung<br />

hat Versorger E.DIS ein weiteres Vorha-<br />

Foto: Thomas Schwandt<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


MECKLENBURG-VORPOMMERN | 17<br />

Fotos: Thomas Schwandt<br />

ben im langfristigen Neu- und Ersatzbauprogramm<br />

für das eigene Stromnetz realisiert.<br />

Nach Aussage von Vorstandschef<br />

Dubberstein werden dafür allein 2<strong>01</strong>5 insgesamt<br />

150 Millionen Euro aufgewendet.<br />

In dieser Größenordnung bewegten sich<br />

auch die Investitionen in den zurückliegenden<br />

Jahren. Gegenwärtig wird in Mecklenburg-Vorpommern<br />

zudem die 110-Kilovolt-Leitung<br />

zwischen Karlshagen auf<br />

Usedom und Demmin umfänglich durch<br />

einen Neubau ersetzt. Im Frühjahr 2<strong>01</strong>6,<br />

informierte Dubberstein in Mukran, soll<br />

dann die Runderneuerung der Leitung zwischen<br />

Lüdershagen bei Stralsund und Bergen<br />

starten, der „Hauptschlagader“ zur<br />

Versorgung der Insel Rügen. Kein Ersatz-,<br />

sondern ein Neubau entsteht auf der Strecke<br />

zwischen Malchin und Stavenhagen.<br />

Diese Leitung ist vor allem dafür vorgesehen,<br />

im Land durch Windkraftanlagen<br />

erzeugten Strom „einzusammeln“ und in<br />

das 380-Kilovolt-Hochspannungsnetz einzuspeisen.<br />

„Neben der stabilen Energieversorgung<br />

wird das Leitungsnetz künftig stärker genutzt<br />

werden, um Strom aus Erneuerbaren<br />

Energien von den Erzeugerpunkten abzuholen<br />

und zu den Verbrauchern in andere<br />

Regionen Deutschlands zu transportieren“,<br />

umriss E.DIS-Chef Dubberstein<br />

die neue Herausforderung. Gut ein Viertel<br />

des in Mecklenburg-Vorpommern erzeugten<br />

sogenannten grünen Stroms werde<br />

bereits außer Landes befördert. Dieser<br />

stamme vor allem von Windkraftanlagen.<br />

In diesem Zusammenhang verwies der<br />

Vorstandsvorsitzende darauf, dass E.DIS<br />

Meister Ottmar Wallauer trägt Verantwortung für 24 Umspannwerke.<br />

pro Jahr einen dreistelligen Millionen-Betrag<br />

an Einspeisevergütung aufwendet,<br />

der nicht nach dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

in die bundesweite<br />

EEG-Umlage gewälzt wird. Diese so genannten<br />

vermiedenen Netzentgelte führten<br />

zu erheblichen Mehrkosten, die letztlich<br />

von den Kunden im E.DIS-Netzgebiet<br />

zu tragen sind.<br />

Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister<br />

Christian Pegel würdigte indes das Engagement<br />

der E.DIS AG zur umfassenden<br />

Modernisierung des Stromnetzes und damit<br />

den Beitrag des Versorgers, die Energiewende<br />

voranzutreiben. „Strom aus<br />

Mecklenburg-Vorpommern wird in die weiter<br />

südlich gelegenen Industriestandorte<br />

der Republik geleitet.“ Auch seien die ausgelösten<br />

Beschäftigungseffekte beachtlich.<br />

Mit Blick auf das Mukraner Leitungsprojekt<br />

meinte er: „Rund drei Viertel der<br />

Investitionssumme sind Bauleistungen,<br />

die von Firmen aus Deutschland erbracht<br />

wurden.“ Pegel nannte die Energiewende<br />

„eine Riesenchance“ für den mit Industriearbeitsplätzen<br />

wenig gesegneten Nordosten.<br />

„Der Energiesektor hat für einen echten<br />

Schub gesorgt, bis zu 18.000 Arbeitsplätze<br />

gibt es aktuell im Bereich Erneuerbare<br />

Energien im Land.“<br />

E.DIS-Chef Dubberstein und Infrastruktur-<br />

Minister Pegel (r.) setzen symbolisch die neue<br />

Stromleitung Mukran unter Spannung.<br />

Meister Ottmar Wallauer arbeitet bereits<br />

seit 1972 in der Energiewirtschaft. Er hat<br />

in den letzten vier Jahrzehnten neben<br />

zahlreichen strukturellen Veränderungen<br />

in der Branche vor allem den technischen<br />

Wandel miterlebt, der durch die Digitalisierung<br />

extrem beschleunigt wurde. Im<br />

20-Kilovolt-Schaltgeräteraum<br />

des<br />

Umspannwerkes<br />

in Mukran zeigt er<br />

auf die aneinandergereihten,<br />

je einen<br />

Meter breiten<br />

Schaltschränke.<br />

Es sind die Umspannpunkte<br />

zu<br />

den 20-Kilovolt-<br />

Leitungen, über<br />

die der Strom zu<br />

den nahegelegenen<br />

Verbraucherstellen<br />

weitergeleitet<br />

wird. „Für diese Umspanntechnik benötigten<br />

wir früher drei Mal so viel Platz.“<br />

Saisonbedingt wird über Umspannwerke<br />

in der Regel im Winter der meiste Strom<br />

abgerufen. Das ist auch im „Sibirien Mecklenburg-Vorpommerns“<br />

so. Doch in Mukran<br />

ist die Stromlast auch im Sommer<br />

überdurchschnittlich hoch. In der Urlauberregion<br />

Rügen bietet die Touristikwirtschaft<br />

ihren Gästen neben Strand und Meer auch<br />

viel Erholung und Spaß in modernen Wellnessbereichen,<br />

in vielfältiger Gastronomie<br />

und spannenden Erlebniswelten. Diese<br />

sind zum Großteil energieintensiv. Die erneuerte<br />

110-Kilovolt-Leitung bietet dafür<br />

eine hohe Stromgarantie. W+M<br />

E.DIS AG<br />

Das Versorgungsunternehmen E.DIS<br />

AG ist einer der größten regionalen<br />

Energiedienstleister in Deutschland.<br />

E.DIS betreibt in Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Brandenburg ein Stromleitungsnetz<br />

von 80.000 Kilometern<br />

Länge. Hinzu kommt im östlichen Teil<br />

Mecklenburg-Vorpommerns und im<br />

Norden von Brandenburg ein circa<br />

4.300 Kilometer langes Gasleitungsnetz.<br />

Das Unternehmen ist in Fürstenwalde<br />

(Brandenburg) ansässig und<br />

beschäftigt 2.500 Mitarbeiter. Hauptanteilseigner<br />

ist der Stromkonzern E.ON,<br />

rund ein Drittel der Anteile sind in kommunaler<br />

Hand.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


BERLIN<br />

Metropole mit<br />

Anziehungskraft<br />

Die Wirtschaft Berlins durchlief nach der Wiedervereinigung – wie<br />

in den anderen neuen Bundesländern auch – einen tiefgreifenden<br />

Strukturwandel. Bis Mitte der 1990er Jahre brachen gut 250.000<br />

Industriearbeitsplätze weg, darüber hinaus 60.000 Jobs in der<br />

öffentlichen Verwaltung. Doch seit der Jahrtausendwende geht es<br />

spürbar bergauf. Von Karsten Hintzmann<br />

Daimler investiert aktuell 500 Millionen Euro<br />

in das Berliner Mercedes-Benz-Werk.<br />

Inzwischen gehören die harten Jahre<br />

des Zusammenbruchs der großen Industriekombinate<br />

im Ostteil der Stadt<br />

und der durch das Auslaufen der „Berlin-<br />

Förderung“ ausgelösten Abwanderung<br />

etablierter Unternehmen aus dem Westteil<br />

Berlins der Vergangenheit an. Berlin<br />

ist heute eine international gefragte Metropole,<br />

in der sich etliche Hauptquartiere<br />

und Niederlassungen großer Konzerne<br />

angesiedelt haben. Das wirtschaftliche<br />

Rückgrat bildet ein zwar kleinteiliger,<br />

aber durchaus robuster Mittelstand. Darüber<br />

hinaus gilt Berlin als Start-up-Hauptstadt<br />

Europas. Keine andere Metropole<br />

des Kontinents verfügt über eine derart<br />

vitale Gründerszene, wie Berlin sie vorweisen<br />

kann.<br />

Nach Einschätzung der Berliner IHK surft<br />

die Stadt seit nunmehr zehn Jahren auf<br />

einer nicht abebbenden Wachstumswelle.<br />

Das Bruttoinlandsprodukt stieg zwischen<br />

2005 und 2<strong>01</strong>4 um 19,4 Prozent.<br />

Damit lag man deutlich über dem bundesweiten<br />

Durchschnitt. In diesem Zeitraum<br />

konnten einzelne Bereiche, wie das<br />

Gastgewerbe, der Einzelhandel sowie die<br />

Informations- und Kommunikationsbranche<br />

die Wertschöpfung sogar um rund<br />

30 Prozent steigern. Die Dienstleistungsbranche<br />

legte um 20 Prozent zu, das verarbeitende<br />

Gewerbe um für Berliner Verhältnisse<br />

beachtliche zwölf Prozent.<br />

Zweifellos beflügeln die idealen Standortfaktoren,<br />

die die Stadt zu bieten hat, den<br />

wirtschaftlichen Aufschwung. Die Metropole<br />

Berlin zeichnet sich durch hohe<br />

Internationalität, die Nähe zu den bundespolitischen<br />

Entscheidern, relativ niedrige<br />

Mieten und moderate Lebenshaltungskosten,<br />

ein außergewöhnlich vielfältiges<br />

Kulturangebot sowie attraktive Naherholungsgebiete<br />

inmitten der Stadt und einen<br />

gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr<br />

aus. Berlin ist zudem ein Zentrum<br />

der Wissenschaft. Neben elf staatlichen<br />

Hochschulen gibt es 22 staatlich anerkannte<br />

private Hochschulen. Insgesamt<br />

200.000 Menschen sind in 79 Einrichtungen<br />

in Wissenschaft und Forschung aktiv.<br />

Viele der Institute und Universitäten<br />

sind eng verzahnt mit jungen Unternehmen,<br />

die sich in den zahlreichen Tech-<br />

Foto: Daimler AG<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


SERIE BERLIN | 19<br />

Fotos: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung/Lopata (oben), Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH (unten)<br />

nologieparks der Stadt angesiedelt haben.<br />

Flaggschiff ist hier der WISTA-<br />

Technologiepark in Adlershof, wo<br />

gleich mehrere Weltmarktführer<br />

ihre Entwicklungs- und Produktionsbasis<br />

haben. Erst vor wenigen<br />

Wochen öffnete der Clean-<br />

Tech Business Park in Marzahn<br />

seine Pforten, der größte Industriepark<br />

im Stadtgebiet, der nachhaltig<br />

und umweltschonend produzierende<br />

Unternehmen anlocken soll.<br />

Einen erheblichen Anteil am wirtschaftlichen<br />

Aufschwung der Stadt hat die Wirtschaftsförderung<br />

Berlin Partner für Wirtschaft<br />

und Technologie GmbH – kurz Berlin<br />

Partner genannt. Bei der Gesellschaft<br />

handelt es sich um ein in den neuen Ländern<br />

einmaliges öffentlich-privates Förderinstrument,<br />

an dem sowohl die Berliner<br />

Landesregierung als auch 200 Unternehmen<br />

beteiligt sind. Allein im ersten<br />

Halbjahr 2<strong>01</strong>5 hat Berlin Partner 141 Ansiedlungs-<br />

und Erweiterungsprojekte unterstützt,<br />

bei denen 223 Millionen Euro investiert<br />

und mehr als 3.000 neue Arbeitsplätze<br />

geschaffen wurden. Entsprechend<br />

positiv fällt das Fazit von Stefan Franzke,<br />

Sprecher der Geschäftsführung von Berlin<br />

Partner, aus, wenn er auf das Erreichte<br />

zurückblickt: „Seit dem Mauerfall hat<br />

sich die Hauptstadt zu einem international<br />

angesagten Wirtschafts- und Technologiestandort<br />

sowie einer der wichtigsten<br />

Start-up-Metropolen Europas entwickelt.<br />

Mehr und mehr Unternehmen aus<br />

der ganzen Welt siedeln sich in der deutschen<br />

Hauptstadt an – und sie investieren<br />

langfristig. Berlin überholte gerade<br />

London beim Zufluss von Venture Capital,<br />

die Arbeitslosenzahlen sinken und der<br />

Zuzug nach Berlin steigt stetig. Hinsichtlich<br />

des Wirtschaftswachstums liegt die<br />

Hauptstadt bundesweit vorn, was höhere<br />

Umsätze, Aufträge und Arbeitsplätze<br />

belegen. Anteil daran haben vor allem die<br />

Branchen Gesundheitswirtschaft, Dienstleistungen<br />

und IT, aber auch der boomende<br />

Tourismus, der Jahr für Jahr neue Rekorde<br />

aufstellt.“<br />

Cornelia Yzer ist<br />

seit drei Jahren<br />

Wirtschaftssenatorin<br />

in Berlin.<br />

Zu den von den politisch Verantwortlichen<br />

im Senat sowie von Berlin Partner<br />

identifizierten und geförderten Clustern<br />

zählen aktuell die Gesundheitswirtschaft<br />

(hier arbeiten mittlerweile 315.000<br />

Menschen in 130 Kliniken, 300 Medizintechnik-,<br />

230 Biotechnologie- sowie 30<br />

Pharmaunternehmen), die Medien-<br />

und Kreativwirtschaft,<br />

der Bereich Verkehr/Mobilität/Logistik,<br />

Energietechnik,<br />

Optik, Dienstleistungswirtschaft<br />

sowie die industrielle<br />

Produktion.<br />

BERLINS WIRTSCHAFTSSENATOREN SEIT 1990<br />

Name<br />

Norbert Meisner (SPD)<br />

Elmar Pieroth (CDU)<br />

Wolfgang Branoner (CDU)<br />

Juliane von Friesen (Grüne)<br />

Gregor Gysi (PDS)<br />

Harald Wolf (Die Linke)<br />

Sybille von Obernitz<br />

(parteilos)<br />

Cornelia Yzer (CDU)<br />

Dr. Stefan Franzke, Sprecher der<br />

Geschäftsführung von Berlin Partner.<br />

Amtszeit<br />

1991–1996<br />

1996–1998<br />

1998–20<strong>01</strong><br />

20<strong>01</strong>–2002<br />

2002<br />

2002–2<strong>01</strong>1<br />

2<strong>01</strong>1–2<strong>01</strong>2<br />

seit 09/2<strong>01</strong>2<br />

Berlin-Partner-Chef<br />

Franzke begrüßt die<br />

Renaissance der Industrieproduktion:<br />

„Nach einem tiefgreifenden<br />

Strukturwandel<br />

entwickelt sich die Berliner Industrie<br />

wieder positiv, ist innovativ, wettbewerbsfähig,<br />

exportorientiert und international<br />

ausgerichtet, vor allem was<br />

das Thema Industrie 4.0 angeht. Daimler<br />

investiert gerade 500 Millionen Euro,<br />

um sein Berliner Werk in einen Hightech-<br />

Standort zu verwandeln. BMW hat fast<br />

seine komplette Motorradproduktion im<br />

Westen der Stadt und Würth baut gerade<br />

sein Competence Center in Berlin<br />

auf. Der größte Produktionsstandort von<br />

Siemens ist Berlin. In Ansiedlungs- und<br />

Expansionsprojekten, die Berlin Partner<br />

2<strong>01</strong>4 begleitet hat, entstand jeder dritte<br />

neue Arbeitsplatz in der Industrie.<br />

Im Schnitt wird dabei eine viertel Million<br />

Euro pro Arbeitsplatz investiert – ein<br />

Beweis dafür, wie stark Unternehmer<br />

auf den Industriestandort Berlin<br />

setzen.“<br />

Wirtschaftsforscher<br />

wie Wirtschaftsförderer<br />

gehen angesichts<br />

der Rahmenbedingungen<br />

und der internationalen<br />

Reputation<br />

davon aus, dass<br />

der Wirtschaftsboom,<br />

der Berlin erfasst hat,<br />

noch lange andauert.<br />

Ein Selbstläufer ist<br />

dies freilich nicht. Daher<br />

tourt Berlins oberster Wirtschaftsförderer<br />

mit seinem Team in diesen Wochen<br />

durch fünf europäische Metropolen,<br />

um die Werbetrommel für die Stadt<br />

zu rühren. In Wien, Stockholm, London,<br />

Amsterdam und Paris hat man in besten<br />

City-Lagen eigene Berlin-Läden eigerichtet,<br />

in denen 21 Berliner Marken<br />

und Start-ups präsentiert werden. Im<br />

Jahr zuvor warb man in New York, Tokio,<br />

Buenos Aires und Tel Aviv für den Wirtschaftsstandort<br />

Berlin. „Was wir immer<br />

wieder erleben: Die Menschen sind begeistert<br />

von der deutschen Hauptstadt“,<br />

freut sich Stefan Franzke. W+M<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


20 | W+M SERIE<br />

„Wir wollen Planungssicherheit<br />

geben und investieren“<br />

W+M-Interview mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD)<br />

W+M: Herr Regierender Bürgermeister,<br />

Sie selbst waren vor Ihrer politischen<br />

Laufbahn mittelständischer Unternehmer,<br />

haben die kleine Druckerei Ihres<br />

Vaters in Tempelhof fortgeführt. Wie hat<br />

sich aus Sicht des Unternehmers und Politikers<br />

Müller die Wirtschaft in der Hauptstadt<br />

seit der deutschen Einheit entwickelt?<br />

Michael Müller: Nach einer ganz bitteren<br />

Phase mit 20 Prozent Arbeitslosigkeit,<br />

dem Wegbrechen der Industrie, der<br />

ausbleibenden Rückkehr von Konzernzentralen<br />

und ausbleibenden Investitionen<br />

gelang es zunächst, die wirtschaftliche<br />

Lage in der Stadt zu konsolidieren, ehe es<br />

dann endlich wirklich bergauf ging. Heute<br />

haben wir beispielsweise bei der Gesundheitswirtschaft<br />

die komplette Wertschöpfungskette<br />

in der Stadt. Wir haben<br />

eine prosperierende Kreativ- und Medienwirtschaft.<br />

Und – darüber bin ich besonders<br />

glücklich – wir haben neue Industrie,<br />

Zukunftstechnologien und eine starke<br />

Gründerszene. Dafür haben wir lange<br />

und hart gearbeitet.<br />

W+M: Gibt es noch Unterschiede hinsichtlich<br />

der Stärke, Größe und Innovationskraft<br />

zwischen den Unternehmen im<br />

Ost- und im Westteil der Stadt?<br />

Michael Müller: Ich sehe eigentlich keine<br />

großen Unterschiede mehr. Die alten<br />

großen Strukturen sind uns damals ohnehin<br />

weggebrochen. Heute haben wir<br />

im Westteil der Stadt Daimler, BMW<br />

und Bayer als große Player und im Ostteil<br />

mit Knorr-Bremse, Bombardier oder<br />

Stadler starke Unternehmen. Die neu entstehenden<br />

kleinen und kreativen Industrieunternehmen<br />

siedeln sich vorrangig in<br />

den Technologieparks an und die gibt es<br />

sowohl im West- als auch im Ostteil. Da<br />

ist Adlershof herausragend groß und erfolgreich.<br />

Auch der CleanTech Business<br />

Park in Marzahn oder der Campus rund<br />

um die Technische Universität Berlin entwickeln<br />

sich hervorragend.<br />

W+M: Nach der Wende setzten die politisch<br />

Verantwortlichen in der Stadt zunächst<br />

nicht auf den Industriestandort<br />

Berlin. Wurde das einfach verschlafen?<br />

Michael Müller: Bei dem Begriff „verschlafen“<br />

schwingt die Unterstellung mit,<br />

wir hätten uns bewusst entschieden,<br />

dass wir Industrie nicht wollten. So war<br />

es ja nicht. Die Industrie war weg – die<br />

Unternehmen gingen entweder fort aus<br />

der Stadt oder waren vom einen auf den<br />

anderen Tag pleite. In kürzester Zeit brachen<br />

damals 200.000 Industriearbeitsplätze<br />

weg. Daher musste sich die Berliner<br />

Politik – in einer schwierigen Finanzlage<br />

– mit den wenigen Ressourcen auf<br />

Felder konzentrieren, wo man tatsächlich<br />

Arbeitsplätze schaffen konnte. Das waren<br />

Dienstleistungen zum Beispiel in der<br />

Gesundheitsbranche, Tourismus oder der<br />

Kulturbereich. Fakt ist, dass wir uns heute<br />

mit größeren finanziellen Möglichkeiten<br />

wieder stärker um Industrieansiedlungen<br />

kümmern können. Das ändert<br />

gleichzeitig nichts an der Tatsache, dass<br />

wir uns zielgerichtet für Technologiezentren,<br />

Zukunftstechnologien, Energietechnik,<br />

Mobilität, Gebäudetechnik und Recycling<br />

engagieren. Das sind Themenfelder,<br />

auf die wir heute setzen. Da agieren mitunter<br />

Unternehmen mit zehn bis 20 Mitarbeitern,<br />

die aber über ein unglaublich<br />

großes Innovationspotenzial verfügen.<br />

W+M: Welche speziellen Stärken zeichnen<br />

den Berliner Mittelstand aus?<br />

Michael Müller: Unser Mittelstand wird<br />

getragen durch die vielen kleinen und<br />

Kleinstunternehmer – gerade im Handwerk<br />

und im Einzelhandel. Das ist ohnehin<br />

ein Bereich, der geprägt ist von dieser<br />

Klein-Struktur. Aber er ist für Berlin<br />

eine wirtschaftspolitische Säule, die mir<br />

wichtig ist. Dort haben wir zigtausende<br />

Arbeitsplätze und im Übrigen standen der<br />

Einzelhandel und das Handwerk auch in<br />

den vielen wirtschaftlich schweren Jahren<br />

für Ausbildungsplätze. Unsere Berliner<br />

Wirtschaft ist aber auch darüber<br />

hinaus eher von kleinen Unternehmen<br />

geprägt, Firmen mit bis zu 50 Beschäftigten.<br />

Ungefähr 80 Prozent der Unternehmen<br />

sind so aufgestellt.<br />

W+M: Wo drückt – wirtschaftspolitisch<br />

betrachtet – noch der Schuh in der Bundeshauptstadt?<br />

Michael Müller: Wir haben eine Vielzahl<br />

großer Industrieunternehmen mit klassischen<br />

Produktionsstrecken und Massenproduktionen<br />

verloren, die wir wohl<br />

auch nicht mehr in die Stadt zurückholen<br />

können. Daran glaube ich angesichts<br />

der globalen Entwicklungen übrigens für<br />

ganz Deutschland nicht. Solche Neuansiedlungen<br />

wie Porsche in Sachsen sind<br />

toll. Aber angesichts des internationalen<br />

Wettbewerbs werden sie in Deutschland<br />

sicher die Ausnahme bleiben. Der Trend<br />

geht ganz dahin, die klassische Industrieproduktion<br />

an preiswertere Produktions-<br />

Foto: W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


BERLIN | 21<br />

Fotos: W+M<br />

Nach dem Interview: Michael Müller mit W+M-Herausgeber Frank Nehring (r.) und W+M-<br />

Chefredakteur Karsten Hintzmann (l.).<br />

standorte zu verlagern. Spannend sind<br />

aber auch neue Technologien und ihre<br />

Produktion, in enger Verbindung mit der<br />

Wissenschaft. Dort, aber auch sonst sehe<br />

ich unsere Stadt wirklich gut aufgestellt.<br />

W+M: Welche Branchen könnten in den<br />

kommenden Jahren in Berlin durchstarten?<br />

Michael Müller: Zum einen ist das nach<br />

wie vor die Gesundheitswirtschaft. Ich<br />

bin sehr froh, dass wir uns mit unserer<br />

Clusterstrategie sehr stark auf einige<br />

wenige Bereiche fokussiert haben.<br />

Ich glaube, dass wir das – leichte Kritik<br />

muss hier erlaubt sein – etwas besser<br />

gemacht haben, als andere ostdeutsche<br />

Länder. Dort hat man mitunter 20 bis 25<br />

Themenschwerpunkte. Und da kommt<br />

man schnell in die Situation, dass am<br />

Ende dann gar nichts mehr ein Schwerpunkt<br />

ist. Wir haben uns anfänglich auf<br />

Seit einem Jahr Berlins Regierender<br />

Bürgermeister: Michael Müller (SPD).<br />

fünf Schwerpunkte konzentriert. Da war<br />

der Gesundheitsbereich dabei. Wir haben<br />

große Klinikkonzerne wie die Charité,<br />

Vivantes oder Helios in der Stadt.<br />

Dazu kommt das starke wissenschaftliche<br />

Umfeld durch den universitären und<br />

außeruniversitären Bereich. Wir haben<br />

große Pharmaunternehmen mit Bayer,<br />

Pfizer oder Berlin-Chemie und viele kleinere<br />

innovative Unternehmen. Und nicht<br />

zu vergessen: eine umfangreiche Dienstleistungssparte,<br />

die bis hin zu Wellness-<br />

Angeboten reicht. Hier findet sich die<br />

komplette Wertschöpfungskette. Unsere<br />

Gesundheitswirtschaft hat immer<br />

noch Entwicklungspotenzial, auch im Zusammenhang<br />

mit der wachsenden und<br />

älter werdenden Stadt. Das ist ein riesiger<br />

Markt, der ständig wächst.<br />

Ganz wichtig sind uns aber auch die Zukunftstechnologien,<br />

die wir mit dem Begriff<br />

Smart City verbinden. Bei uns ist<br />

das tatsächlich auch angewandte Wirtschaftspolitik,<br />

weil wir – um auf das jährliche<br />

Bevölkerungswachstum von etwa<br />

40.000 Menschen reagieren zu können<br />

– neue Antworten geben auf Fragen der<br />

Energie-, Gebäude- und Klimatechnik.<br />

Hier verbinden wir Wachstumsprozesse<br />

mit wirtschaftspolitischen Ambitionen.<br />

W+M: Sie sind zwar erst seit einem Jahr<br />

Regierender Bürgermeister, aber bereits<br />

seit vier Jahren Mitglied der Berliner Landesregierung.<br />

Auf welche Entwicklungen,<br />

Leuchttürme oder Einzelansiedlungen<br />

in diesem Zeitraum sind Sie besonders<br />

stolz?<br />

Michael Müller: Jenseits der klassischen<br />

Wirtschaftspolitik war es für uns<br />

ganz wichtig, dass wir einen so großen<br />

Schritt nach vorne bei der Infrastrukturentwicklung<br />

und dem Wohnungsbau machen<br />

konnten. Das hat auch wiederum<br />

viele Investitionen und Arbeitsplätze in<br />

die Stadt geholt. Allein in der laufenden<br />

Legislaturperiode konnten wir den Wohnungsbau<br />

von 2.000 auf 11.000 Wohnungen<br />

pro Jahr steigern. Das ist bundesweit<br />

beispielgebend. Und ich freue mich<br />

sehr, dass wir international heute nicht<br />

mehr nur als Stadt der Kultur,<br />

sondern auch als<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


22 | W+M SERIE BERLIN<br />

te die wir haben, also auch die Sonderzuweisungen,<br />

sind für uns unverzichtbar.<br />

W+M: Eine persönliche Frage zum Abschluss:<br />

Sie kommen aus ganz geerdeten<br />

Verhältnissen. Ihr Vater ist aktiver Sozialdemokrat,<br />

Ihre Großmutter bekennende<br />

Christdemokratin. Noch vor gut einem<br />

Jahr stand Ihr politischer Werdegang auf<br />

des Messers Schneide. Woran denkt der<br />

Mensch Michael Müller, wenn er mit seiner<br />

Frau durch den Tempelhofer Kiez spaziert<br />

und dabei seinen atemberaubenden<br />

Aufstieg zum Regierenden Bürgermeister<br />

der Bundeshauptstadt Revue passieren<br />

lässt?<br />

Stadt der Wissenschaft und Wirtschaft<br />

wahrgenommen werden. Ich war vor einigen<br />

Wochen mit einer Wirtschaftsdelegation<br />

in Israel. Dort und auch bei anderen<br />

Reisen fällt auf: Wir müssen Berlin<br />

nicht vorstellen. Wir müssen nichts erklären.<br />

Im Ausland kennt man uns, viele Unternehmen<br />

haben bereits Kooperationen<br />

mit Berliner Firmen.<br />

W+M: Im kommenden Jahr sind Abgeordnetenhauswahlen<br />

in Berlin. Im Vorfeld<br />

müssen Sie auch den Unternehmern erklären,<br />

warum es richtig ist, Sie und Ihre<br />

Partei erneut mit der Regierungsverantwortung<br />

zu betrauen. Mit welchen konkreten<br />

Maßnahmen wollen Sie den wirtschaftlichen<br />

Aufschwung Berlins weiter<br />

ankurbeln?<br />

Michael Müller: Wir wollen Planungssicherheit<br />

geben und investieren. Wir sind<br />

inzwischen in der Phase, in der wir konsolidieren<br />

und Schulden abbauen können,<br />

aber trotzdem einen Teil der erarbeiteten<br />

Überschüsse auch investieren, beispielsweise<br />

in die Infrastruktur. Es ist für Unternehmen<br />

auch wichtiger, einen Straßenausbau,<br />

eine Autobahnabfahrt, eine Gewerbefläche,<br />

die entwickelt ist, zu haben.<br />

Dazu kommt die Planungssicherheit speziell<br />

im wissenschaftlichen Umfeld. Wir<br />

haben ein zusätzliches Investitionsprogramm<br />

für die Hochschulen mit einem<br />

Volumen von 100 Millionen Euro pro Jahr<br />

aufgelegt und das für die nächsten zehn<br />

Jahre. Das Ziel ist, wissenschaftliche Innovation<br />

auch tatsächlich in wirtschaftliche<br />

Produktion umzusetzen. Ich denke,<br />

dass das alles zusammen sehr attraktiv<br />

für die Berliner Wirtschaft ist – die Flächen<br />

zu haben, die wir sichern, Infrastrukturausbau<br />

und die Schnittstelle zur Wissenschaft<br />

zu stärken.<br />

W+M: Sollte die Sonderförderung Ost<br />

nach Ablauf des Solidarpaktes Ende 2<strong>01</strong>9<br />

fortgesetzt werden?<br />

Michael Müller: Noch ist ja offen, was<br />

beim Länderfinanzausgleich am Ende verabredet<br />

wird. Im bestehenden System ist<br />

es unverzichtbar, dass die über Jahrzehnte<br />

gewachsenen Infrastrukturschwächen<br />

im Osten, die so schnell nicht aufzuholen<br />

sind, weiterhin ausgeglichen werden<br />

durch Sonderzuweisungen. Sollten wir<br />

zu einer komplett neuen Bund-Länder-<br />

Finanzbeziehungsverabredung kommen,<br />

die diese Nachteile auffängt, kann man<br />

auch darüber reden. Noch ist das aber unklar.<br />

Und daher sage ich, die Instrumen-<br />

Michael Müller: Ich bin zwar schon seit<br />

35 Jahren SPD-Mitglied und seit 20 Jahren<br />

im Abgeordnetenhaus. Ich war Fraktionschef<br />

und Stadtentwicklungssenator.<br />

Aber es war für mich selbst nicht zu erahnen,<br />

dass es noch einmal diese Wende<br />

und diesen großen Schritt nach vorn<br />

geben würde. Ich empfinde es als Geschenk<br />

und Glücksfall, so noch einmal<br />

ganz anders Politik in meiner Heimatstadt<br />

gestalten zu können. Das ist ein Privileg,<br />

das ich genieße.<br />

Interview: Karsten Hintzmann<br />

und Frank Nehring<br />

ZUR PERSON<br />

Michael Müller wurde am 9. Dezember<br />

1964 in Berlin geboren. Nachdem er<br />

die Mittlere Reife abgelegt hatte, besuchte<br />

er die Fachoberschule für Wirtschaft<br />

und Verwaltung. Im Anschluss<br />

an eine kaufmännische Lehre arbeitete<br />

er von 1986 bis 2<strong>01</strong>1 als selbstständiger<br />

Drucker. 1981 trat Michael Müller<br />

in die SPD ein. Seit 1996 ist er Mitglied<br />

des Berliner Abgeordnetenhauses. Von<br />

20<strong>01</strong> bis 2<strong>01</strong>1 fungierte er als Chef der<br />

SPD-Abgeordnetenhausfraktion. Parallel<br />

dazu war er von 2004 bis 2<strong>01</strong>2<br />

Landesvorsitzender der Berliner SPD.<br />

Seit 2<strong>01</strong>1 ist er Mitglied der Berliner<br />

Landesregierung – zunächst war er Bürgermeister<br />

und Stadtentwicklungssenator.<br />

Seit dem 11. Dezember 2<strong>01</strong>4 ist<br />

er Regierender Bürgermeister. Michael<br />

Müller ist verheiratet und Vater zweier<br />

Kinder.<br />

Foto: W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


Titel_WuM_0515.indd 1 18.08.15 22:27<br />

0<strong>01</strong>_Titel_0315 1 23.04.2<strong>01</strong>5 14:44:45<br />

Titel_WuM_0615.indd 1<br />

21.10.15 11:32 Uhr<br />

Titel_WuM_0415.indd 1<br />

18.06.15 13:16 Uhr<br />

W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 4/2<strong>01</strong>4<br />

25. Jahrgang | Heft 4 | August/September 2<strong>01</strong>4 | e 3,50 | ZKZ 84618<br />

W I rtsC haft+<br />

Markt<br />

Das OstDEutsC h E u ntE rnE h MEr M a G azI n<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 5/2<strong>01</strong>4<br />

25. Jahrgang | Heft 5 | Oktober/November 2<strong>01</strong>4 | € 3,50 | ZKZ 84618<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

Gründerzeit<br />

im Osten<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

Wende<br />

Energiewende<br />

auf dem<br />

Prüfstand<br />

Aufbruch<br />

Im<br />

Interview:<br />

Christine<br />

Lieberknecht<br />

Blühende Landschaften?<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />

26. Jahrgang | Heft 1-2 | März/April 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />

26. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

26. Jahrgang | Heft 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

BRANDENBURG<br />

SACHSEN-ANHALT<br />

MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />

IM INTERVIEW<br />

Ministerpräsident<br />

Dietmar Woidke<br />

STUDIE<br />

BERLIN<br />

RÜCKKEHR ZUR<br />

INDUSTRIE<br />

BRAUNKOHLE<br />

UNVERZICHTBAR<br />

FÜR DEN OSTEN<br />

RATGEBER<br />

DAS BÜRO ZUM<br />

MITNEHMEN<br />

IM INTERVIEW<br />

Ministerpräsident<br />

Erwin Sellering<br />

UNTERNEHMEN<br />

ORWO – eine<br />

Tradition lebt auf<br />

RATGEBER<br />

Tagungen und<br />

Geschäftsreisen<br />

Mittelstand im<br />

digitalen Wandel<br />

UMFRAGE<br />

Welches Auto<br />

passt zu Ihnen?<br />

Kraftakt<br />

Firmenübergabe<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

26. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft 5 | September/Oktober Heft 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

26. Jahrgang 26. | Jahrgang Heft 6 | November/Dezember | Heft 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

27. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft | Heft 1 | Januar/Februar 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>6 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

ENERGIE<br />

ELEKTRISIERT<br />

DIE<br />

WIRTSCHAFT<br />

GRÜNT<br />

THÜRINGEN<br />

BERLIN<br />

GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />

EIN GESCHÄFT<br />

FÜR VIELE<br />

BRANCHEN<br />

IM INTERVIEW<br />

SACHSEN<br />

EXKLUSIVE INTERVIEWS<br />

Bundeswirtschaftsminister<br />

Sigmar Gabriel<br />

Ministerpräsident<br />

Stanislaw Tillich<br />

Ministerpräsident<br />

Bodo Ramelow<br />

REPORT<br />

Rivalität auf<br />

der Ostsee<br />

RATGEBER<br />

Betriebliche<br />

Altersvorsorge<br />

IM INTERVIEW<br />

Berlins Regierender<br />

Michael Müller<br />

REPORT<br />

Eberswalder<br />

Metall-Gen<br />

RATGEBER<br />

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statt Geld<br />

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24 | W+M SERIE<br />

Cluster Automotive<br />

Testlabor für<br />

die automobile<br />

Zukunft<br />

Rund 100 Millionen Euro – auf diesen<br />

beachtenswerten Umfang taxiert<br />

der Münchener Autobauer<br />

BMW seine geplanten Investitionen in<br />

Berlin in den kommenden Jahren. Das<br />

Geld fließt zwar nicht in die Automobilproduktion,<br />

dafür aber in die seit 1969<br />

in Berlin-Spandau ansässige Motorradsparte<br />

des Konzerns. 125.000 Motorräder<br />

verließen 2<strong>01</strong>4 die Produktionshallen<br />

im Berliner Westen. In Spitzenzeiten rollt<br />

im weltweit einzigen BMW-Vollwerk für<br />

Motorräder, Scooter und Komponenten<br />

alle 75 Sekunden ein Motorrad vom Band.<br />

Für 50 Millionen Euro errichten die Münchener<br />

dort nun bis 2<strong>01</strong>7 ein modernes<br />

Logistikzentrum. Für weitere 50 Millionen<br />

Euro soll später unter anderem eine neue<br />

Lackiererei entstehen.<br />

Noch stärker verpflichtet sich die Daimler<br />

AG mit einem geplanten Investitionsvolumen<br />

von 500 Millionen Euro in der<br />

Hauptstadt. Das Mercedes-Benz-Werk in<br />

Spatenstich für das neue Logistikzentrum von BMW in<br />

Berlin im Oktober 2<strong>01</strong>5.<br />

Auch die Ingenieure der IAV GmbH gehören zum Berliner Automotive-Netzwerk.<br />

Berlin-Marienfelde avanciert so zum Hightech-Standort<br />

für die Komponentenfertigung.<br />

Marienfelde ist das älteste, nämlich<br />

seit 1902 produzierende Werk der schwäbischen<br />

Autoschmiede. Die Berliner Betriebsstätte<br />

dient künftig als weltweites<br />

Kompetenzzentrum für die Produktion der<br />

innovativen Motorensteuerung Camtronic.<br />

Hoffnungen setzen die Hauptstädter auch<br />

auf die wachsende Zahl der Zuliefererunternehmen<br />

in der Hauptstadt, insbesondere<br />

die der hochrangingen System- und<br />

Modullieferanten. Darunter sind<br />

sowohl Global Player der Zuliefererindustrie<br />

als auch mittelständische<br />

Firmen. Es sind Unternehmen<br />

wie beispielsweise die<br />

IAV GmbH, die Engineering im<br />

Bereich Fahrzeuge, Automobilelektronik,<br />

Motoren und Antriebe<br />

betreibt, welche die Vernetzung<br />

der Automotive-Industrie in<br />

Berlin befördern.<br />

Vorangetrieben wird die Vernetzung<br />

der Branche auch durch die<br />

gemeinsame Strategie der Länder<br />

Berlin und Brandenburg im<br />

Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik<br />

sowie im Kooperationsnetzwerk<br />

für Automobilzulieferer automotive<br />

BerlinBrandenburg e. V.<br />

Berlin versteht sich darüber hinaus auch<br />

als eine der weltweit führenden Metropolregionen<br />

für Elektromobilität. Auch wenn<br />

die Wirklichkeit – sprich die tatsächlichen<br />

Nutzerzahlen – der Vision noch hinterherhinkt,<br />

so kann sich die Hauptstadt zumindest<br />

rühmen, ein Testlabor für die Forschung<br />

und Entwicklung sowie Produktion<br />

und Vermarktung der E-Autos zu sein. Das<br />

vom Bund geförderte Schaufenster Elektromobilität<br />

in der Hauptstadt hat zum Ziel,<br />

die Zahl der elektrischen Pkw in gewerblichen<br />

Flotten und bei Carsharing-Anbietern<br />

zu steigern. Ebenso werden Logistikkonzepte<br />

mit E-Nutzfahrzeugen und der Einsatz<br />

von Elektrobussen im ÖPNV erprobt.<br />

Jenseits der Automobilproduktion arbeiten<br />

Berliner Unternehmen auch an der Weiterentwicklung<br />

der Verkehrstelematik. Hier<br />

arbeiten Unternehmen wie Carmeq, Hella<br />

Aglaia, IAV und T-Systems an der automotiven<br />

Hard- und Softwareentwicklung.<br />

Auch das selbstfahrende Auto rollt<br />

bereits durch die Hauptstadt – entwickelt<br />

an der Freien Universität Berlin. Das im<br />

Autonomos-Labor des Informatik-Professors<br />

Raúl Rojas konzipierte Fahrzeug fährt<br />

seit 2<strong>01</strong>1 auf Berlins Straßen und hatte bereits<br />

Gastauftritte in den USA, Mexico-City<br />

und Zürich.<br />

<br />

Matthias Salm<br />

Fotos: IAV GmbH (oben), BMW Group (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


BERLIN | 25<br />

Moderne Produktion im Berliner Gasturbinenwerk von Siemens.<br />

Foto: Siemens AG, Quelle Schaubild: IHK/HWK Berlin, Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technik und Forschung<br />

Cluster Energie<br />

Spitzenforschung für die<br />

Energiewende<br />

Eigentlich liest sich die Klimabilanz<br />

der Hauptstädter durchaus passabel:<br />

Die Agentur für Erneuerbare Energien<br />

bescheinigte in ihrem aktuellen Länderreport<br />

der größten Stadt der Republik<br />

gemessen an ihrer Einwohnerzahl den<br />

zweitgeringsten Schadstoffausstoß aller<br />

Bundesländer (Stand 2<strong>01</strong>2).<br />

Doch trotz dieser guten Daten kann die<br />

Hauptstadt bisher nur bedingt die Rolle<br />

als Vorreiter der Energiewende für sich reklamieren.<br />

Gerade die Erneuerbaren Energien,<br />

die etwa in der benachbarten Mark<br />

Brandenburg boomen, spielen in der Energieversorgung<br />

der Hauptstadt nur eine<br />

untergeordnete Rolle. Ende 2<strong>01</strong>2 lag der<br />

Anteil der Erneuerbaren Energien an der<br />

Stromerzeugung bei lediglich 2,6 Prozent.<br />

Die Möglichkeiten zur Erzeugung von Ökostrom,<br />

sei es Windstrom oder Energie aus<br />

Biomasse, sind in der Spree-Metropole<br />

naturgemäß begrenzt. Lediglich auf den<br />

Dächern der rund 320.000 Wohngebäude<br />

der Stadt schlummert noch ein erhebliches,<br />

bisher wenig genutztes Potenzial<br />

zum Ausbau der Solarstromgewinnung.<br />

Mehr denn als Produzent grünen Stroms<br />

glänzt Berlin beim Projekt Energiewende<br />

dann auch als Stadt des Wissens, wie<br />

sie etwa durch die Technische Universität<br />

mit gleich fünf energietechnischen<br />

Forschungsschwerpunkten repräsentiert<br />

wird. Gemeinsam mit dem Land Brandenburg<br />

wurde 2<strong>01</strong>1 dazu das Cluster Energietechnik<br />

aus der Taufe gehoben. 2<strong>01</strong>2<br />

waren etwas mehr als 3.000 Unternehmen<br />

mit knapp 35.000 Beschäftigten im<br />

weiten Bereich Energietechnik in Berlin<br />

aktiv. Besonders in der Entwicklung von<br />

Turbomaschinen und in der Kraftwerkstechnik<br />

ballt sich die Entwicklungskompetenz<br />

bei Großunternehmen wie dem Gasturbinenwerk<br />

der Siemens AG.<br />

Die Energiewende treiben auch erfolgreiche<br />

Mittelständler an der Spree voran.<br />

Die Younicos AG beispielsweise stieg zu<br />

einem weltweit führenden Anbieter von<br />

intelligenten Netz- und Energiespeicherlösungen<br />

auf Basis<br />

unterschiedlicher Batterietechnologien<br />

auf. So konzipierte<br />

Younicos 2<strong>01</strong>4 für den<br />

Schweriner Ökostromanbieter<br />

Wemag Europas ersten kommerziellen<br />

Batteriespeicher.<br />

Die vollautomatische Anlage<br />

gleicht kurzfristige Schwankungen<br />

in der Netzfrequenz<br />

des Stromnetzes aus und<br />

sorgt dafür, dass Ökostrom<br />

sicher in das Stromnetz integriert<br />

werden kann.<br />

Als Forschungslabor für die<br />

Energiewende kann Berlin<br />

durchaus bereits Erfolge vorweisen.<br />

Beispielhaft steht dafür<br />

der Wissenschafts- und<br />

Technologiepark Berlin-Adlershof.<br />

Hier forschen in einem<br />

Cluster „Photovoltaik<br />

und Erneuerbare Energien“<br />

circa 60 Unternehmen und<br />

wissenschaftliche Einrichtungen<br />

zu Lösungen im Bereich<br />

der Dünnschichtphotovoltaik,<br />

der Netzintegration und<br />

neuartiger Speichertechnologien.<br />

Berliner Mittelständler<br />

wie die Heliocentris Energy Solutions<br />

AG, Silicor Materials oder die SENTECH<br />

Instruments GmbH profitieren hier von der<br />

engen Verzahnung mit den Forschungseinrichtungen<br />

der Stadt.<br />

Als vorbildhaft gilt auch das Projekt „Energiestrategie<br />

Berlin-Adlershof 2020“, mit<br />

dem das Technologie-, Wissenschaftsund<br />

Wohnquartier, in dem mehr als 15.000<br />

Menschen in rund 1.000 Unternehmen und<br />

wissenschaftlichen Einrichtungen arbeiten,<br />

als erster Technologisstandort dieser Art in<br />

Deutschland seinen Primärenergiebedarf<br />

bis 2020 um 30 Prozent senken will.<br />

<br />

CLUSTER ENERGIETECHNIK<br />

IN BERLIN UND BRANDENBURG<br />

Matthias Salm<br />

Die Energietechnik gilt als Cluster mit den größten Zuwächsen<br />

bei Beschäftigung und Umsätzen im Rahmen der gemeinsamen<br />

Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg.<br />

100 %<br />

80 %<br />

60 %<br />

40 %<br />

20 %<br />

in Berlin<br />

in Brandenburg<br />

49<br />

51<br />

6.318*<br />

Unternehmen<br />

36<br />

64<br />

56.483**<br />

Beschäftigte<br />

* bezogen auf 2<strong>01</strong>2<br />

** bezogen auf 2<strong>01</strong>3<br />

27<br />

73<br />

30,1 Mrd. Euro*<br />

Umsatz<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


26 | W+M SERIE<br />

Cluster Start-ups<br />

Traumfabrik Silicon Allee<br />

Berlin ist die deutsche Gründer-Metropole.<br />

Davon zeugen Statistiken<br />

ebenso wie der mediale Hype<br />

um den Start-up-Boom in Berlin. Immer<br />

mehr junge Unternehmen träumen vom<br />

geschäftlichen Durchbruch in der Spree-<br />

Metropole.<br />

Jünger als zehn Jahre, hoch innovativ<br />

und mit starkem Umsatz- oder Mitarbeiterwachstum<br />

– so definiert der „Deutsche<br />

Startup Monitor (DSM) 2<strong>01</strong>5“ den<br />

Begriff Start-up. Und in dieser Kategorie<br />

des Gründungsgeschehens, das<br />

hat die Erhebung des Bundesverbands<br />

Deutsche Startups ergeben, bleibt Berlin<br />

unschlagbar: „Berlin ist weiterhin das<br />

größte Entrepreneurship -Ökosystem in<br />

Deutschland“, bilanziert der DSM 2<strong>01</strong>5.<br />

Berliner Start-ups beschäftigen danach<br />

im Durchschnitt 28 Mitarbeiter, das<br />

macht in der Summe 56.000 Beschäftigte<br />

in der innovativen Gründerszene. 33<br />

Prozent der Mitarbeiter haben ausländische<br />

Wurzeln, nirgendwo sonst locken<br />

junge Unternehmen so viel internationales<br />

Fachpersonal an. Und bei einem guten<br />

Teil der 41.000 Gründungen im Vorjahr<br />

handelte es sich um technologiebasierte<br />

Start-ups. Dies nährt die Hoffnung,<br />

dass die aktuelle Gründungswelle nachhaltige<br />

Effekte für die Berliner Wirtschaft<br />

bewirken kann.<br />

Julia Bösch, Mitgründerin des erfolgreichen<br />

Berliner Herrenmode-Onlineshops<br />

Outfittery, begründet im DSM 2<strong>01</strong>5 die<br />

Führungsposition der Hauptstadt: „Berlin<br />

bietet den richtigen Mix aus Inspiration,<br />

Kreativität, Abenteuer und Netzwerk.“<br />

So sieht es auch Moritz Claussen, Mitglied<br />

des Gründungsteams der OptioPay<br />

GmbH (siehe auch Seite 46): „Berlin ist<br />

der place to be in Deutschland, was das<br />

Netzwerk an Investoren und den Austausch<br />

mit anderen Start-ups betrifft.“<br />

Ende 2<strong>01</strong>4 eröffneten Stadtrat Christian Gräff (r.) und Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer<br />

(2. v. r.) in Marzahn das Cleantech Innovation Center für junge Gründer.<br />

Ein wenig nüchterner bestätigt der Gründungsmonitor<br />

2<strong>01</strong>5 der staatlichen Förderbank<br />

KfW die Lobeshymnen. Auch<br />

hier in einer Auswertung des gesamten<br />

Gründungsgeschehens sowohl im Vollals<br />

auch im Nebenerwerb liegt die Hauptstadt<br />

im Bundesländervergleich vorn.<br />

Und das „Start-up-Barometer 2<strong>01</strong>5“ des<br />

Beratungshauses EY bescheinigt Berlin<br />

die besten Rahmenbedingungen für<br />

Gründer. Demnach gingen auch 55 Prozent<br />

aller Risikofinanzierungen im ersten<br />

Halbjahr 2<strong>01</strong>5 an Berliner Gründer. Längst<br />

rücken Experten das Gründungsgeschehen<br />

der Hauptstadt in punkto Attraktivität<br />

und Internationalität an die europäische<br />

Gründermetropole London heran.<br />

Silicon Allee – mit diesem an das kalifornische<br />

Silicon Valley angelehnte Schlagwort<br />

rühmt auch die internationale Presse<br />

die neue Gründerzeit in Berlin. Sogar<br />

den Versuch, diese fiktive Gründerallee<br />

in Berlin zu lokalisieren, hat es bereits gegeben.<br />

In der Nähe der Torstraße in Berlin-Mitte<br />

identifizierte eine Untersuchung<br />

eine auffällige Ballung von Start-ups, passend<br />

zum Motto „Biz and Booze“ – frei<br />

übersetzt mit „arbeiten und feiern“ –, das<br />

das Lebensgefühl der Berliner Gründerwelt<br />

beschreiben soll.<br />

Es spricht aber viel mehr für den Standort<br />

Berlin als nur die hohe Lebensqualität: die<br />

im Vergleich zu London günstigen Mietpreise,<br />

die gute Infrastruktur, die Internationalität<br />

der Szene und ihre Vernetzung.<br />

Und nicht zuletzt bieten die vielen jungen<br />

Unternehmen den Absolventen der Berliner<br />

Hochschulen nun Möglichkeiten, in<br />

der Hauptstadt Lohn und Brot zu finden,<br />

wo sie früher mangels industrieller Basis<br />

in der Stadt zum Ortswechsel gezwungen<br />

waren. Auch auf internationale Gründer<br />

übt Berlin mittlerweile eine magische<br />

Anziehungskraft aus. Hatte vor zehn Jahren<br />

in Berlin nur jeder fünfte Neugründer<br />

einen internationalen Hintergrund, so ist<br />

es heute bereits jeder Zweite, hat die Industrie-<br />

und Handelskammer (IHK) Berlin<br />

errechnet. Kein Wunder also, dass die<br />

englischsprachigen Gründeranfragen bei<br />

der IHK Berlin bereits einen Anteil von 20<br />

Prozent ausmachen.<br />

<br />

Matthias Salm<br />

Foto: Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


BERLIN | 27<br />

Einer der vielen Anziehungspunkte für<br />

Touristen: die Galeries Lafayette.<br />

Fotos: Galeries Lafayette (oben), Dr. Stephan Barth/pixelio.de (unten)<br />

Cluster Tourismus<br />

Berlin jagt weiter Rekorde<br />

Im ersten Halbjahr 2<strong>01</strong>5 erreichte<br />

die Tourismusbranche in Berlin einen<br />

neuen Rekordwert. Von Januar<br />

bis Juni wurden in Berlin 13,8 Millionen<br />

Übernachtungen und circa 5,82 Millionen<br />

Gäste erfasst. Damit liegt Berlin<br />

hinter London und Paris auf Platz drei<br />

der beliebtesten Städtereiseziele Europas.<br />

In Deutschland ist Berlin sogar das<br />

beliebteste Reiseziel. Der Tourismus ist<br />

somit eine Schlüsselbranche der Hauptstadt.<br />

An ihm hängen 240.000 Jobs und<br />

er sorgt für mindestens 10,6 Milliarden<br />

Euro Umsatz jährlich.<br />

Berlin ist dynamisch und modern. Die<br />

Stadt bezieht ihre hohe Attraktivität sowohl<br />

aus der großen Diversität an Geschichte,<br />

Kultur, Erholungsangeboten und<br />

Lifestyle bei vergleichsweise niedrigen<br />

Preisen, dem Szene- und Kiezleben, mit<br />

seiner Mischung aus Vielfalt und Gegensätzen,<br />

als auch aus Ballung von Spitzenpolitik,<br />

Wirtschaftsverbänden und Headquarters<br />

von Unternehmen.<br />

Die Hotellandschaft Berlins ist schon heute<br />

eine der modernsten Europas. Die geplanten<br />

Hotelneubauten zeugen vom Vertrauen<br />

der Branche in die weitere Entwicklung.<br />

Dabei nutzt es der Hotelbranche<br />

auch, dass Berlin als Kongress- und<br />

Veranstaltungsstandort jährlich zulegt. Im<br />

weltweiten Vergleich kommt Berlin auf<br />

Platz drei im Bereich internationale Veranstaltungen.<br />

Laut aktueller Kongress-Statistik<br />

fanden in den ersten sechs Monaten<br />

des Jahres 2<strong>01</strong>5 62.000 Veranstaltungen<br />

mit 4,82 Millionen Teilnehmern statt. Somit<br />

ist die Anzahl von Veranstaltungen<br />

und Teilnehmern um jeweils<br />

1,5 Prozent im Vergleich zum<br />

Vorjahreszeitraum gestiegen. Die<br />

Anzahl von Übernachtungen von<br />

Kongressteilnehmern erreichte<br />

eine Steigerung um drei Prozent<br />

auf 3,3 Millionen. Fast ein Viertel<br />

aller Hotelübernachtungen in der<br />

ersten Jahreshälfte 2<strong>01</strong>5 sind auf<br />

Kongresse und Veranstaltungen<br />

zurückzuführen.<br />

Neben Hotels und Veranstaltern<br />

profitiert der Berliner Einzelhandel<br />

vom Berliner Tourismus-Boom.<br />

Die Touristen sorgen für 40 Prozent<br />

des Umsatzes in den Einkaufsmeilen<br />

und Shoppingcentern.<br />

Beim Einzelhandel verbleiben<br />

vier Milliarden Euro der touristischen<br />

Umsätze. Dabei sind<br />

nicht nur die großen Shoppingcenter<br />

wie die Mall of Berlin, das Alexa,<br />

das Bikini Berlin, die Galeries<br />

Lafayette oder das KaDeWe die Anziehungspunkte.<br />

Auch der Kurfürstendamm<br />

mit seinen exklusiven Einzelhandelsgeschäften<br />

und namhaften Unternehmen<br />

gewinnt nach dem Aufschwung im Osten<br />

Berlins – in Prenzlauer Berg, Friedrichshain<br />

und Kreuzberg – wieder an Attraktivität.<br />

Diese Entwicklung wird flankiert<br />

von der Eröffnung neuer Hotels wie<br />

beispielsweise dem Best Western Amedia<br />

Berlin am Kurfürstendamm und dem<br />

neugebauten Waldorf Astoria direkt gegenüber<br />

vom aufwendig renovierten Kino<br />

„Zoo Palast“ unweit des Bahnhofs Zoologischer<br />

Garten.<br />

Die Tourismusbranche ist für Berlin von<br />

hoher Bedeutung, weil sie Arbeitsplätze<br />

schafft, Steuern an die Landeskasse abführt<br />

und ein wichtiger Motor für andere<br />

Wirtschaftszweige, wie etwa den Dienstleistungssektor,<br />

ist. Laut Prognosen wird<br />

sie voraussichtlich auch in den kommenden<br />

Jahren weiter wachsen.<br />

<br />

Die Gedächtniskirche in der City West.<br />

Adrian M. Darr<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


Von Brüssel gefördert: der Technologiestandort Adlershof.<br />

Aus Brüssel für Berlin<br />

Das Land Berlin erhält in der laufenden Förderperiode 635 Millionen<br />

Euro aus der EU-Regionalförderung. Mit rund der Hälfte der Mittel,<br />

302,8 Millionen Euro, werden Innovationen und Forschungsund<br />

Entwicklungsaktivitäten besonders in kleinen und mittleren<br />

Unternehmen gefördert. Von Matthias Salm<br />

In der Wissenschaftsstadt, in der mehr<br />

als 1.000 Unternehmen, zehn außeruniversitäre<br />

Forschungseinrichtungen und<br />

sechs mathematisch-naturwissenschaftliche<br />

Institute der Humboldt-Universität<br />

zu Berlin angesiedelt sind, ist mit Hilfe gezielter<br />

europäischer Unterstützung neuen<br />

Technologien etwa in der Photonik,<br />

der Optik oder der Mikrosystemtechnologie<br />

zum Durchbruch verholfen worden.<br />

Die finanzielle Unterstützung aus den<br />

Töpfen der EU-Förderung für regionale<br />

Entwicklung dient dem Land,<br />

um seine Technologie-Förderprogramme<br />

wie ProFIT oder den VC Fonds Technologie<br />

aufzustocken. Auch der VC Fonds<br />

Kreativwirtschaft wurde mit mehr Geld<br />

ausgestattet. Auch wenn aus Brüssel gegenüber<br />

der vorherigen Förderperiode<br />

2007 bis 2<strong>01</strong>3 nun spürbar weniger Geld<br />

Richtung Berlin fließt, so wird die Innovationsförderung<br />

durch die Konzentration<br />

der Mittel sogar noch ausgeweitet. Damit,<br />

so hofft der Senat, lasse sich die Schwäche<br />

der Berliner Wirtschaft im Bereich<br />

Forschung und Entwicklung ausgleichen.<br />

Denn der Schwerpunkt der Entwicklungsausgaben<br />

in der Hauptstadt liegt nach wie<br />

vor bei den universitären und außeruniversitären<br />

Forschungseinrichtungen.<br />

Mit 70 Millionen Euro stärkt Berlin bis<br />

2020 zudem das Investitionsgeschehen<br />

in kleinen und mittleren Unternehmen sowie<br />

Start-ups, insbesondere in der Industrie<br />

und den wissensintensiven Dienstleistungen.<br />

Weitere Mittel aus dem Europäischen<br />

Fonds für regionale Entwicklung<br />

hat die Stadt eingeplant, um den<br />

Energieverbrauch in öffentlichen Gebäuden,<br />

in Unternehmen und im Verkehr zu<br />

senken, sowie für die nachhaltige Stadtentwicklung.<br />

Berlin gehört nach wie vor zu den größten<br />

Nutznießern der europäischen Regionalförderung<br />

hierzulande. Davon profitierten<br />

bereits in den zurückliegenden<br />

Förderperioden sowohl die Forschungslandschaft<br />

der Hauptstadt wie auch der<br />

Berliner Mittelstand.<br />

Beispiel Adlershof: Auch dank der Unterstützung<br />

durch die Europäische Union<br />

wurde der Technologiepark Berlin-<br />

Adlershof kontinuierlich ausgebaut: Seit<br />

2002 flossen aus Brüssel 42 Millionen<br />

Euro an europäischen Fördergeldern in<br />

die Entwicklung von sieben Adlershofer<br />

Technologie- und Gründerzentren.<br />

Junge Berliner Unternehmen wie die Humedics<br />

GmbH, 2009 als Ausgründung<br />

sowohl aus der Charité-Universitätsmedizin<br />

Berlin als auch der Freien Universität<br />

Berlin entstanden, erhielten Starthilfe<br />

von der EU. Humedics ist ein Spezialist<br />

für die mobile Messung der individuellen<br />

Leberfunktion am Patientenbett. Für<br />

die Entwicklung des LiMAx-Tests, eines<br />

atemgasbasierten Lebertests, der die<br />

Bestimmung der aktuellen Leberfunktion<br />

von Patienten in Echtzeit ermöglicht,<br />

erhielt das Unternehmen den Innovationspreis<br />

Berlin Brandenburg 2<strong>01</strong>4.<br />

Aber nicht nur Hightech-Innovationen,<br />

auch außergewöhnliche Geschäftsideen<br />

junger Existenzgründer in Berlin<br />

wurden mit Hilfe der EU-Förderung am<br />

Markt etabliert. So beispielsweise die Kulau<br />

GmbH: In der Berliner Kastanienallee<br />

beheimatet, hat sich Gründerin Josefine<br />

Staats auf den Vertrieb von Produkten<br />

der Kokospalme vom Kokoswasser über<br />

Kokosöl bis hin zum Kokosblütenzucker<br />

spezialisiert.<br />

W+M<br />

Foto: WISTA-MANAGEMENT GMBH<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


SERIE BERLIN | 29<br />

Ragnitz<br />

analysiert<br />

Berlin: Viel erreicht und noch viel zu tun<br />

Foto: Torsten George<br />

Arm, aber sexy – diese Einschätzung<br />

von Klaus Wowereit, dem<br />

ehemaligen Regierenden Bürgermeister<br />

von Berlin, prägt das Image der<br />

Stadt bis heute. Berlin gilt als hipp, als<br />

heißes Pflaster für Kreative jeglicher Couleur,<br />

das Menschen aus aller Herren Länder<br />

anzieht. Auch als Hochschul- und Forschungsstandort<br />

übt Berlin eine hohe Anziehungskraft<br />

aus. Und wie es so ist, Zuzügler<br />

befeuern auch die wirtschaftliche<br />

Entwicklung, indem sie mit neuen Ideen<br />

den Strukturwandel vorantreiben, neue<br />

Unternehmen gründen, mehr Wohlstand<br />

und Beschäftigung schaffen.<br />

In der Tat hat Berlin nach den schweren<br />

1990er Jahren, als die Stadt zunächst<br />

einmal den Verlust seines früheren Sonderstatus<br />

(Hauptstadt der DDR im Ostteil,<br />

getätschelte Sonderwirtschaftszone<br />

im Westteil) überwinden musste, enorm<br />

aufgeholt. Das reale Bruttoinlandsprodukt<br />

ist in den vergangenen zehn Jahren<br />

um satte 21 Prozent gestiegen, mehr<br />

als in jedem anderen Bundesland, und<br />

auch beim Beschäftigungsaufbau (plus<br />

16 Prozent seit 2004) liegt die Stadt vor<br />

allen anderen Bundesländern. Die günstige<br />

wirtschaftliche Entwicklung hat dann<br />

auch dazu beigetragen, dass Berlin entgegen<br />

allen demografischen Trends seine<br />

Einwohnerzahl steigern konnte, vor allem<br />

durch Zuzüge. Das verleiht natürlich auch<br />

dem Umland Impulse – weite Teile Brandenburgs<br />

profitieren von dem „Wachstumspol<br />

Berlin“.<br />

Berlin wird damit wohl weiterhin als<br />

„sexy“ wahrgenommen – aber „arm“<br />

ist es auch noch. Das hohe Wirtschaftswachstum<br />

spiegelt sich nämlich nicht in<br />

einem gleich starken Anstieg des Wohlstandsniveaus<br />

wider, gemessen am Bruttoinlandsprodukt<br />

je Erwerbstätigen oder<br />

auch je Einwohner. Die Wirtschaftskraft<br />

ist über den vergangenen Zehnjahreszeitraum<br />

nicht stärker gestiegen als<br />

in Deutschland insgesamt und deutlich<br />

schwächer als in den übrigen ostdeutschen<br />

Bundesländern; das Bruttoinlandsprodukt<br />

je Einwohner ist zwar höher als<br />

anderswo in Ostdeutschland, aber weiterhin<br />

viel niedriger als im gesamtdeutschen<br />

Durchschnitt – und der Abstand nahm in<br />

den letzten Jahren eher zu als ab. Insoweit<br />

trügt der schöne Schein: Während<br />

sich Dienstleistungen, Handel und öffentlicher<br />

Sektor gut entwickeln, fehlt es an<br />

einer breit aufgestellten industriellen Basis,<br />

und auch Hauptverwaltungen internationaler<br />

Konzerne sind in Berlin kaum<br />

vertreten – mit allen negativen Folgen,<br />

die dies für die Einbindung in die internationale<br />

und überregionale Arbeitsteilung<br />

haben kann. Hinzu kommt eine nicht immer<br />

glücklich agierende Stadtverwaltung,<br />

die mit manchen Großprojekten schlichtweg<br />

überfordert scheint. Und da auch die<br />

Steuereinnahmen wegen der genannten<br />

strukturellen Defizite nicht gerade üppig<br />

sprudeln, gleichzeitig aber die Belastungen<br />

insbesondere mit Sozialausgaben<br />

in einer Stadt wie Berlin typischerweise<br />

überproportional hoch sind, fehlt es auch<br />

an Geld, öffentliche Infrastrukturen in einer<br />

Weise auszubauen, wie es erforderlich<br />

wäre, um Berlin auch langfristig in die<br />

Lage zu versetzen, seine Rolle als Wachstumspol<br />

für die ostdeutschen Länder insgesamt<br />

adäquat wahrzunehmen.<br />

Viel erreicht, viel zu tun – so lässt sich die<br />

Situation Berlins heute wohl am besten<br />

umschreiben. Zwar profitiert die Stadt von<br />

ihrem positiven Image und der davon ausgehenden<br />

Attraktivität. Um auch langfristig<br />

prosperieren zu können, bedarf es aber<br />

weiterer Anstrengungen, insbesondere<br />

auch mit Blick auf die Ansiedlung leistungsfähiger<br />

und dauerhaft gesicherter<br />

Unternehmen, die dann auch Arbeitsplätze<br />

für jene Menschen bereitstellen, die<br />

nicht gerade der Kultur- und Kreativszene<br />

angehören. Hierin liegt eine wesentliche<br />

Aufgabe für die kommenden Jahre –<br />

und die politisch Handelnden wären gut<br />

beraten, gerade hierauf ihr Augenmerk zu<br />

richten: Berlin trägt eine große Verantwortung,<br />

nicht nur für sich selbst, sondern<br />

eben auch für den Rest Ostdeutschlands.<br />

Prof. Dr. Joachim Ragnitz,<br />

Stellvertretender Leiter der ifo<br />

Niederlassung Dresden<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


30 | W+M POLITIK<br />

Sprachrohr des<br />

ostdeutschen Mittelstands<br />

25 Jahre Deutsche Einheit – in den zurückliegenden fünf Ausgaben<br />

hat <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> die wirtschaftliche Entwicklung der<br />

ostdeutschen Bundesländer seit 1990 unter die Lupe genommen.<br />

Doch auch <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> feiert in diesem Jahr 25-jähriges<br />

Bestehen. Zeit für einen Rückblick in eigener Sache. Von Matthias Salm<br />

03/1997<br />

08/1996<br />

Die Geschichte unseres Magazins ist dabei<br />

nicht weniger wechselvoll als die<br />

des ostdeutschen Mittelstands, den<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> über ein Vierteljahrhundert<br />

publizistisch begleitet und seine unternehmerischen<br />

Anliegen immer wieder<br />

journalistisch reflektiert hat.<br />

Am Anfang stand im Frühjahr 1990 „MARKT<br />

WIRTSCHAFT“, die Monatsschrift des kurz<br />

zuvor gegründeten Unternehmerverbands<br />

der DDR. Ein Blick in die erste Ausgabe zeigt<br />

ein Sammelsurium programmatischer Reden<br />

und Grußworte – entstanden unter dem<br />

Eindruck der sich beinahe täglich wandelnden<br />

Wendezeiten. Dem verlegerisch noch<br />

deutsch-deutschen Gemeinschaftsprodukt<br />

war indes nur eine kurze Lebenszeit beschieden.<br />

Noch vor dem 3. Oktober 1990 startete<br />

in der Verantwortung der ehemals ostdeutschen<br />

Mitgesellschafter der eigenständige<br />

Titel „Wirtschaft & Markt“.<br />

Zur wahrnehmbaren Stimme der ostdeutschen<br />

Wirtschaft in der deutschen Presselandschaft<br />

machte das Blatt ab 1993 Klaus<br />

George. 16 Jahre war der Berliner Journalist<br />

als Verleger und Chefredakteur in Personalunion<br />

das unverwechselbare Gesicht des<br />

Magazins. Als kreativer Kopf schuf er viele<br />

journalistische Standards, die heute noch<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> inhaltlich prägen.<br />

Dazu zählen beispielsweise die Interviews<br />

mit führenden Politikern aus Bund und Ländern,<br />

Top-Entscheidern großer Unternehmen<br />

oder renommierten Wirtschaftsforschern. Mit<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT sprachen<br />

alle, die<br />

25 Jahre Deutsche<br />

Einheit<br />

entscheidend<br />

mitgestalteten.<br />

Von Helmut<br />

Kohl über<br />

Angela Merkel<br />

und Gerhard<br />

Schröder bis<br />

zu Wolfgang<br />

Schäuble oder<br />

Gregor Gysi. Prägte 16 Jahre das<br />

Die Titelseiten<br />

von W+M Chefredakteur: Klaus<br />

Magazin als Verleger und<br />

George.<br />

07/2004<br />

04/2005<br />

08/1998<br />

Foto: Torsten George<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


W+M POLITIK | 31<br />

waren in jenen Jahren<br />

immer auch ein Who‘s who<br />

erst der Bonner, dann der Berliner Republik.<br />

Manche am Anfang ihrer Karriere, andere<br />

auf ihrem Höhepunkt. Sie alle forderte<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> sachlich-kritisch zur<br />

Bestandsaufnahme über die Lage der ostdeutschen<br />

Wirtschaft – in guten wie in schlechten<br />

Zeiten.<br />

Immer an der Seite von WIRTSCHAFT+<br />

MARKT: die ostdeutschen Unterneh merverbände.<br />

Für sie war und ist das Magazin<br />

ein verlässlicher Wegbegleiter. Darüber hinaus<br />

hat sich <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> stets als<br />

Sprachrohr des gesamten ostdeutschen Mittelstands<br />

verstanden. Und als dessen Partner<br />

und Ratgeber. Informativer Nutzwert für<br />

die Unternehmerschaft nimmt bis heute einen<br />

breiten Teil unseres Magazins ein. Die<br />

Themenfelder sind zumeist geblieben: Recht,<br />

Steuern, Finanzierungsmöglichkeiten, betriebliche<br />

Altersvorsorge oder IT – die konkreten<br />

Inhalte in der Rückschau allerdings zeugen<br />

vom rasanten betriebswirtschaftlichen<br />

und technologischen Wandel, dem sich die<br />

Mittelständler zwischen Ostsee und Erzgebirge<br />

seit 1990 stellen mussten.<br />

Die erste Ausgabe des W+M-<br />

Vorgängers „MARKT WIRTSCHAFT“.<br />

Seit 2<strong>01</strong>3 erscheint <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />

nun unter dem Dach der Frank-Nehring-<br />

Verlagsgruppe. Die Optik unseres Magazins<br />

mag sich im Laufe der Jahre in vielerlei<br />

Hinsicht gewandelt haben, der Anspruch,<br />

den Belangen ostdeutscher Unternehmer<br />

eine überregionale journalistische Heimstatt<br />

zu geben, aber nicht. Unter der verlegerischen<br />

Ägide von Frank Nehring und der<br />

Chefredaktion von Karsten Hintzmann hat<br />

sich <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> längst über ein<br />

reines Printprodukt hinaus weiter entwickelt.<br />

Etwa mit dem monatlich erscheinenden E-<br />

Magazin W+M Kompakt oder dem W+M<br />

Club, einer Plattform zum Erfahrungsaustausch<br />

zwischen Unternehmern, Politikern<br />

und Experten in den ostdeutschen Bundesländern.<br />

Wie der ostdeutsche Mittelstand hat<br />

sich auch <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> mit dem<br />

Mut zu journalistischen und unternehmerischen<br />

Neuerungen<br />

den Anforderungen<br />

des Marktes<br />

immer wieder<br />

angepasst<br />

– und ist sich<br />

doch treu geblieben.<br />

W+M<br />

Seit 2<strong>01</strong>3 Herausgeber von<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong>: Frank Nehring.<br />

10/2<strong>01</strong>0<br />

12/2<strong>01</strong>4<br />

Foto: AneCom AeroTest GmbH<br />

Dez 2<strong>01</strong>3/Jan 2<strong>01</strong>4<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 6/2<strong>01</strong>4<br />

Geld<br />

für den Mittelstand<br />

Ausblick:<br />

Das plant die<br />

Leipziger Messe<br />

10/2<strong>01</strong>4<br />

W I R t schA f<br />

M A R K t<br />

D A s OstD e U t sche UnteR n ehM e R MA<br />

Interview:<br />

Wirtschaftsbilanz<br />

Klaus Wowereit<br />

Ratgeber:<br />

Autos, Uhren,<br />

Ballgarderobe<br />

24. Jahrgang | Heft 5-6 | Dez 2<strong>01</strong>3/Jan 2<strong>01</strong>4 | € 3,50 | ZKZ 84618<br />

25. Jahrgang | Heft 6 | Dezem<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

Wahlversprechen<br />

jetzt einlösen !<br />

Kurzporträts von allen 130 Abgeordneten<br />

aus den neuen Ländern<br />

Foto: W+M<br />

<strong>01</strong>/2008<br />

Gutes Geld für gute Ideen<br />

Wir fördern die Brandenburger Wirtschaft.<br />

Wer in Brandenburg mit Mut und Können etwas unternehmen möchte, den<br />

unterstützen wir umfassend. Wir bieten Ihnen nicht nur Fördermittel und<br />

Finanzierungen zu attraktiven Konditionen, sondern auch unser ganzes Wissen<br />

und die Erfahrung von mehr als 20 Jahren Wirtschaftsförderung. Wir sind die<br />

Förderbank Brandenburgs. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf.<br />

12/2<strong>01</strong>3<br />

Länderreport<br />

Die Folgen der Flut<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

Netzwerk<br />

Unternehme<br />

in Leipzig<br />

www.ilb.de<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


32 | W+M POLITIK<br />

Sorgt der Ankauf von Steuer-CDs für mehr Steuerehrlichkeit?<br />

Norbert Walter-Borjans,<br />

Finanzminister von Nordrhein-Westfalen (SPD)<br />

Wolfgang Kubicki,<br />

stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP<br />

„Ja”<br />

„Nein”<br />

Jahrzehntelang haben sich<br />

Der Ankauf von Steuer-<br />

Steuerhinterzieher davor drücken<br />

können, einen fairen Preis<br />

bar, führt jedenfalls zu<br />

CDs, das ist unbestreit-<br />

für staatliche Leistungen wie Bildung, Sicherheit<br />

mehr Einnahmen beim Fiskus. Aber um welchen<br />

und Infrastruktur zu bezahlen. Die Löcher, die sie<br />

Preis? Der Staat belohnt Straftäter für ihre Tat,<br />

in die öffentlichen Kassen gerissen haben, mussten<br />

die ehrlichen Bürgerinnen und Bürger stopfen.<br />

Rechtsstaat verpflichtet sind, muss sich der Ma-<br />

statt sie zu verfolgen. Allen Menschen, die dem<br />

Seitdem wir Hinweise auf mutmaßliche Steuerhinterzieher<br />

zur Not auch aus der "Szene" erwer-<br />

guter Zweck (mehr Einnahmen) den Einsatz eigen<br />

umdrehen angesichts der Tatsache, dass ein<br />

ben, hat sich das Blatt gewendet. Der Staat ist kein nes an sich kriminellen Mittels (Ankauf von gestohlenen<br />

Daten) rechtfertigen soll.<br />

zahnloser Tiger mehr, die Angst vor Entdeckung<br />

hat bundesweit schon zu mehr als 120.000 Selbstanzeigen<br />

und Mehreinnahmen von mehr als fünf wenden, die Verfolgung von Steuerstraftätern<br />

Nun werden die Befürworter des Ankaufs ein-<br />

Milliarden Euro geführt.<br />

werde erleichtert und dies trage zu mehr Steuerehrlichkeit<br />

bei. Diese Aussage ist so banal wie<br />

Wer den Ankauf kriminalisiert, vertauscht Opfer<br />

und Täter. Ermittler, die mit dem Kauf eines Päckchens<br />

Kokain dazu beitragen, einen Drogenring zu moralisch äußerst fragwürdigen staatlichen Ver-<br />

falsch. Sie soll zur Rechtfertigung eines nicht nur<br />

knacken, sind keine Hehler, sondern dienen der Einhaltung<br />

von Recht und Gesetz. Genau so ist das bei Wenn das Land Nordrhein-Westfalen Daten der<br />

haltens dienen.<br />

den Steuerfahndern, die ausgeklügelte Praktiken Bank A ankauft, erhöht dies das Entdeckungsrisiko<br />

für Kunden der Bank B nicht, abgesehen da-<br />

des Steuerbetrugs aufdecken. Das hat auch das<br />

Bundesverfassungsgericht bestätigt. Und auch von, dass die angekauften Daten nie ausschließliche<br />

Grundlage einer strafrechtlichen Verfolgung<br />

der Bundesrat hat in einem Beschluss festgestellt,<br />

dass der Datenankauf durch Steuerbehörden nach sein können. Und da Steuerstrafverfahren in aller<br />

Regel nicht öffentlich geführt werden, entfällt<br />

geltendem Recht zulässig ist. CDU-(und als es<br />

das noch gab: FDP-)regierte Länder haben das auch die generalpräventive Wirkung des Ankaufs.<br />

nie anders gesehen: Sie haben sich wie der Bund Der spektakulärste Fall der Steuerhinterziehung,<br />

an allen Ankaufkosten der Steuer-CDs beteiligt der wegen der damit verbundenen Öffentlichkeit<br />

und profitieren von deren Auswertungen.<br />

große Wirkung erzielte, hatte mit gestohlenen Daten<br />

gerade nichts zu tun.<br />

Der Zweck heiligt sicher nicht alle Mittel – den<br />

Ankauf der Steuer-CDs aber jedenfalls solange,<br />

Ein Staat, der sich krimineller Methoden bedient,<br />

bis der automatische Informationsaustausch<br />

um sich die Taschen zu füllen, hat seine moralische<br />

für Klarheit über Konten im In- und Ausland<br />

Legitimation verloren. Im Sinne unseres Rechtsstaates<br />

sollten wir darauf sorgt.<br />

verzichten.<br />

Foto: Finanzministerium NRW (links)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


INDEX<br />

W+M POLITIK | 33<br />

ifo Geschäftsklima Ostdeutschland im November 2<strong>01</strong>5<br />

Internationale Unsicherheit tangiert<br />

ostdeutsche Wirtschaft noch nicht<br />

Das ifo Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft* der<br />

ostdeutschen Bundesländer hat sich im November spürbar<br />

aufgehellt. Ursächlich hierfür sind die erheblich günstigeren<br />

Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate.<br />

Der Optimismus hat diesbezüglich kräftig zugenommen. Zudem<br />

sind die befragten Firmen aus Ostdeutschland mit ihren laufenden<br />

Geschäften zufriedener als im Vormonat. Nach dem schwachen<br />

Start ins vierte Quartal findet die ostdeutsche Wirtschaft<br />

im November auf ihren Wachstumskurs zurück. Auch für den Arbeitsmarkt<br />

haben sich die Vorzeichen, nach dem Rückgang des<br />

ifo Beschäftigungsbarometers im vergangenen Monat, verbessert.<br />

Die Industrie- und Baufirmen wollen ihren Personalbestand<br />

in den kommenden drei Monaten weiter aufbauen. Bei den Handelsfirmen<br />

zeigt sich hingegen Pessimismus: Die Befragungsteilnehmer<br />

aus beiden Handelsstufen wollen ihre Mitarbeiterzahl zukünftig<br />

kräftiger reduzieren.<br />

Die Verbesserung des Geschäftsklimas zieht sich, mit Ausnahme<br />

des Einzelhandels, wo der Klimaindikator auf dem Wert des<br />

Vormonats verharrt, durch alle Bereiche der gewerblichen Wirtschaft.<br />

Besonders erfreulich ist die sehr positive Entwicklung in<br />

der Industrie. Aber auch im Bauhauptgewerbe und Großhandel<br />

Ostdeutschlands zeigt sich ein deutliches Plus.<br />

Verarbeitendes Gewerbe<br />

VORMONAT 14,3<br />

NOVEMBER 19,9<br />

Robert Lehmann und<br />

Prof. Joachim Ragnitz<br />

ifo Geschäftsklima<br />

VOR-<br />

MONAT<br />

8,83<br />

SEPTEMBER<br />

13,64<br />

ifo Beschäftigungsbarometer<br />

Foto: industrieblick/Fotolia.com<br />

Bauhauptgewerbe<br />

VORMONAT - 4,4<br />

SEPTEMBER 2,6<br />

Groß- und Einzelhandel<br />

VORMONAT 7,2<br />

SEPTEMBER 8,5<br />

VOR-<br />

MONAT<br />

- 2,83<br />

SEPTEMBER<br />

- 0,04<br />

* Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verstanden.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />

34 | W+M TITEL<br />

Krisensicherer<br />

Jobmotor<br />

Jeden neunten Euro in Deutschland hat 2<strong>01</strong>4 die Gesundheitswirtschaft<br />

erarbeitet. Die Branche erweist sich als krisenfest.<br />

Selbst während der Finanzmarktturbulenzen stieg die Zahl ihrer<br />

Arbeitsplätze. Auch in Ostdeutschland nährt die Branche deshalb<br />

die Hoffnung auf zuverlässiges Wachstum. Von Matthias Salm<br />

Rund 11.000 ausländische Touristen<br />

der ganz speziellen Art zählte Berlin<br />

2<strong>01</strong>4: Die Reisenden zogen allerdings<br />

weniger das Partyflair noch die<br />

weltbekannten Sehenswürdigkeiten in die<br />

Hauptstadt – sondern schlicht die Sorge<br />

um die eigene Gesundheit. Gezählt wurden<br />

sie demzufolge auch nicht an den Hotelrezeptionen<br />

der Stadt, sondern in einer<br />

der sieben großen Kliniken in Berlin, in denen<br />

sie sich ambulant oder stationär behandeln<br />

ließen.<br />

Die Zahl der ausländischen Patienten an<br />

den renommierten Berliner Kliniken stieg<br />

damit im Vergleich zum Vorjahr um 3,5<br />

Prozent. Besonders Patienten aus Osteuropa<br />

und dem arabischen Raum lockt der<br />

gute Ruf der Berliner Hochleistungsmedizin.<br />

Burkhard Kieker, Geschäftsführer<br />

der Berlin-Werber von visitBerlin, sieht<br />

im Gesundheitstourismus denn auch folgerichtig<br />

einen Wachstumsmarkt für die<br />

Hauptstadt: „In den letzten drei Jahren<br />

ist die Zahl der internationalen Gäste um<br />

19 Prozent gestiegen“, weiß Kieker und<br />

will aktiv um die oft zahlungskräftige Klientel<br />

werben: „Mit unseren weltweit gezielten<br />

Marketingmaßnahmen wollen wir<br />

zukünftig die Aufmerksamkeit noch stärker<br />

auf den Medizinstandort Berlin lenken.“<br />

Die Werbeaktivitäten dürften auch Stefan<br />

Oelrich erfreuen. Oelrich ist einer<br />

der Geschäftsführer der Sanofi-Aventis<br />

Deutschland GmbH, einer Tochtergesellschaft<br />

des internationalen Pharmariesen<br />

Sanofi. Vor allem aber auch steht er seit<br />

Mitte des Jahres als Sprecher dem Cluster<br />

Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg<br />

vor. Oelrich sieht vor allem in<br />

den USA einen weiteren Zielmarkt für die<br />

Berliner Kliniken.<br />

Es ist aber nicht nur die Qualität der medizinischen<br />

Einrichtungen wie Europas<br />

größtes Universitätsklinikum, die Charité,<br />

oder das Deutsche Herzzentrum Berlin,<br />

die die Gesundheitswirtschaft als dynamischen<br />

Wachstumsmarkt in der Hauptstadt<br />

kennzeichnen. Die Hauptstadtregion,<br />

also die in der gemeinsamen Clusterstrategie<br />

vereinten Länder Berlin und Brandenburg,<br />

verfügt neben einer exzellenten Forschungs-<br />

und Hochschullandschaft über<br />

30 pharmazeutische, rund 250 biotechnologische<br />

und 300 medizintechnische Unternehmen.<br />

Dazu gesellen sich rund 130<br />

Kliniken in Berlin und Brandenburg. Insgesamt<br />

sind laut Clustermanagement rund<br />

314.000 Beschäftigte in der Gesundheitswirtschaft<br />

der Hauptstadtregion aktiv.<br />

Foto: BVMed<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


GESUNDHEITSWIRTSCHAFT | 35<br />

Nicht nur in Berlin und<br />

Brandenburg, in ganz<br />

Ostdeutschland wächst<br />

die vielfältige Branche,<br />

die neben der klassischen<br />

Gesundheitsversorgung<br />

auch die Unternehmen<br />

der industriellen<br />

Gesundheitswirtschaft,<br />

also der Biotechnologie,<br />

der Pharmaindustrie<br />

oder der Medizintechnik<br />

umfasst, überdurchschnittlich.<br />

In Thüringen<br />

etwa zählt laut den<br />

Wirtschaftsforschern der<br />

WifOR GmbH die Gesundheitswirtschaft<br />

mittlerweile zu den beschäftigungsintensivsten<br />

Wirtschaftsbranchen.<br />

2<strong>01</strong>3 fand jeder<br />

siebte Erwerbsstätige<br />

im Freistaat dort seinen<br />

Arbeitsplatz. Vor allem<br />

die industrielle Gesundheitswirtschaft<br />

spielt<br />

eine zunehmend wichtige<br />

Rolle für die Thüringer<br />

Wirtschaft. Im Jahr<br />

2<strong>01</strong>3 importierte die industrielle<br />

Gesundheitswirtschaft<br />

Waren in Höhe von 160 Millionen<br />

Euro. Im selben Jahr wurde mit rund<br />

900 Millionen Euro mehr als das Fünffache<br />

an Waren exportiert.<br />

Nirgendwo sonst in Ostdeutschland ruhen<br />

die Hoffnungen so sehr auf einer<br />

Expansion der Branche wie in Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Zwischen Ostsee<br />

und Müritz arbeiten mehr als 100.000<br />

Beschäftigte im weitesten Sinne in Gesundheitsberufen,<br />

davon rund 70 Prozent<br />

in der stationären, teilstationären und ambulanten<br />

Versorgung. Seit 1990 sind in<br />

Mecklenburg-Vorpommern in die Segmente<br />

der Branche mehr als zwei Milliarden<br />

Euro investiert worden. Der Anteil<br />

der Gesundheitswirtschaft an der Bruttowertschöpfung<br />

im Nordosten beträgt sogar<br />

laut Marktforschungsinstitut WifOR<br />

GmbH rund 14 Prozent und liegt damit<br />

über dem Bundesdurchschnitt.<br />

Kein Wunder, dass sich das Land an der<br />

Küste das Ziel auf die Fahnen geschrieben<br />

hat, zum Gesundheitsland Nummer<br />

eins aufzusteigen. „Die Themenbereiche<br />

Gesundheitstourismus, gesunde Ernährung<br />

und gesundes Altern“, betont der<br />

Wirtschaftsminister des Landes Harry<br />

Glawe, „sind zukünftig entscheidende<br />

Gestaltungsfelder der Gesundheitswirtschaft<br />

in Mecklenburg-Vorpommern“.<br />

Insbesondere in der Verknüpfung seiner<br />

touristischen Betriebe mit den medizinischen<br />

Einrichtungen und Wellness-Angeboten<br />

des Landes liegen die Chancen<br />

im Nordosten. Das Land bietet allerdings<br />

mehr als nur die Aussicht auf Wohlfühlurlaube<br />

zur Gesundheitsprävention. Die<br />

Zahl der Life-Sciences-Unternehmen in<br />

Mecklenburg-Vorpommern etwa verdreifachte<br />

sich seit dem Jahr 2000. Gerade<br />

die Universitäten Rostock und Greifswald<br />

wirken hier als Inkubatoren.<br />

Zu den Leuchttürmen der Gesundheitswirtschaft<br />

in Ostdeutschland zählt auch<br />

der Biotechnologie-Standort Sachsen. Er<br />

entwickelte sich seit dem Start der Biotechnologie-Offensive<br />

des Freistaats im<br />

Jahr 2000 zu einem erfolgreichen Wissenschafts-<br />

und Wirtschaftsstandort und<br />

zählt zu einer der dynamischsten Biotech-<br />

Regionen in Europa. Unternehmen und<br />

Einrichtungen für regenerative Medizin<br />

und Therapie, molekulares Bioengineering,<br />

Bio-Informatik, Nano-Biotechnologie,<br />

Pharmagenetik und Medizintechnik<br />

sind die Schwerpunkte in den zentralen<br />

Standorten Leipzig und Dresden.<br />

Die Biotech-Unternehmenslandschaft<br />

umfasste Mitte 2<strong>01</strong>4 über 65 Biotech-<br />

Unternehmen, zehn Pharma-Unternehmen<br />

und etwa 100 innovative Dienstleister<br />

sowie branchentypische Instrumenten-<br />

und Gerätehersteller. Anziehungspunkte<br />

für das Unternehmenscluster sind<br />

Technologiezentren und Wissenschaftsund<br />

Forschungsinstitute wie die Bio-City<br />

Leipzig, das BioInnovationsZentrum<br />

Dresden, das Zentrum für Regenerative<br />

Therapie Dresden oder das Fraunhofer<br />

Institut für Zelltherapie und Immunologie<br />

in Leipzig.<br />

W+M<br />

Foto: Charité-Universitätsmedizin Berlin<br />

Gerade die industrielle Gesundheitswirtschaft<br />

gilt nicht nur als hoch innovativ und<br />

exportorientiert. Sie erwies sich in den<br />

zurückliegenden Jahren auch als weniger<br />

krisenanfällig als andere Branchen.<br />

Zudem sorgen ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein<br />

in der Bevölkerung und<br />

die Überalterung der Gesellschaft zu einer<br />

verlässlich steigenden Nachfrage<br />

nach Gesundheitsdienstleistungen und<br />

-produkten.<br />

Die Berliner Charité gehört zu den herausragenden Einrichtungen der ostdeutschen<br />

Gesundheitswirtschaft.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


36 | W+M TITEL<br />

Cluster Medizintechnik<br />

Produkte für den Weltmarkt<br />

Über 195.000 Menschen arbeiten<br />

in Deutschland in der Medizintechnik.<br />

Die mittelständische Branche<br />

gilt als exportstark und hoch innovativ.<br />

Auch ostdeutsche Unternehmen zählen<br />

zu den Innovationstreibern.<br />

Der Forschungscampus STIMULATE<br />

an der Otto-von-Guericke-Unversität<br />

(OVGU) in Magdeburg gilt als Leuchtturmprojekt<br />

und zugleich als eines der größten<br />

Forschungsprojekte in Sachsen-Anhalt.<br />

STIMULATE steht für das Solution Centre<br />

for Image Guided Local Therapies. Hier<br />

sollen Ingenieure, Mediziner und Medizintechniker<br />

gemeinsam an Möglichkeiten<br />

für minimalinvasive bildgeführte operative<br />

Eingriffe arbeiten. Verfahren, deren Einsatz<br />

vor allem auf altersbedingte Erkrankungen<br />

wie Krebs, Schlaganfall, Demenz<br />

oder Herzinfarkt abzielt. Das Ziel der Forschung:<br />

die Belastungen für Patienten bei<br />

Operationen zu minimieren und gleichzeitig<br />

die Kosten für solche Eingriffe zu reduzieren.<br />

Aber die Magdeburger hegen noch<br />

weitergehende Pläne: STIMULATE soll<br />

sich mittelfristig zum Deutschen Zentrum<br />

für bildgestützte Medizin entwickeln.<br />

Schließlich hat Sachsen-Anhalt den Bereich<br />

Gesundheit und Medizin zu den<br />

fünf Leitmärkten der Innovationsstrategie<br />

des Landes erkoren. Der Medizintechnik<br />

kommt dabei eine Schlüsselrolle<br />

zu. Sie ist laut Möllring eine Branche, in<br />

der die Unternehmen des Landes Weltspitze<br />

sein können. Auch deshalb wurde<br />

2<strong>01</strong>4 in Sachsen-Anhalt das Cluster Medizintechnik<br />

ins Leben gerufen, das helfen<br />

soll, die Ergebnisse der Forschung<br />

stärker in die Arbeit der kleinen und mittelständischen<br />

Medizintechnik-Unternehmen<br />

im Land einfließen zu lassen.<br />

Auch in der benachbarten Region Berlin-Brandenburg<br />

hat die Medizintechnik<br />

in den letzten Jahren einen kontinuierlichen<br />

Aufschwung genommen. Die Branche<br />

ist zwar auch in der Hauptstadt kleinund<br />

mittelständisch strukturiert, doch finden<br />

sich an der Spree Unternehmen, die<br />

auch weltweit zu den Marktführern gehören.<br />

So beispielsweise die Berlin Heart<br />

GmbH, eine Ausgründung aus dem Deutschen<br />

Herzzentrum Berlin, die weltweit<br />

Kunstherzen, unter anderem auch für<br />

Kinder, exportiert. Im Bereich Orthopädie<br />

hat sich die aap Implantate AG auf<br />

dem Gebiet der Entwicklung innovativer<br />

Knochenersatzmaterialien einen Namen<br />

gemacht. Auch die Eckert & Ziegler Gruppe<br />

produziert für den Weltmarkt. Sie gehört<br />

zu den größten Herstellern von radioaktiven<br />

Komponenten für medizinische,<br />

wissenschaftliche und messtechnische<br />

Zwecke. Insgesamt zählt die Medizintechnik-Sparte<br />

hier rund 300 Unternehmen.<br />

Etwa 11.000 Beschäftigte erarbeiten<br />

in der Hauptstadtregion einen Umsatz<br />

jenseits der Milliardengrenze – Tendenz<br />

steigend.<br />

<br />

Matthias Salm<br />

Den Forschungscampus tragen die ingenieurwissenschaftlichen<br />

Fakultäten und<br />

die Medizinischen Fakultät der OVGU sowie<br />

die Siemens AG Healthcare. Beteiligt<br />

sind über den STIMULATE-Verein aber<br />

auch Partner aus der mittelständischen<br />

Medizintechnikbranche des Landes wie<br />

die Primed Halberstadt Medizintechnik<br />

GmbH, einem Hersteller von Produkten<br />

für die Wunddrainage und für Infusionen,<br />

sowie das Leibniz-Institut für Neurobiologie<br />

in Magdeburg und das ebendort ansässige<br />

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb<br />

und -automatisierung.<br />

Für Sachsen-Anhalts Wissenschaftsund<br />

Wirtschaftsminister Hartmut Möllring<br />

sind beide Projekte „ein echter<br />

Glücksfall für den weiteren Ausbau des<br />

Medizintechnik-Standorts Magdeburg“.<br />

Auch die Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik AG gehört zu den führenden Berliner<br />

Medizintechnikunternehmen.<br />

Foto: Eckert & Ziegler<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


GESUNDHEITSWIRTSCHAFT | 37<br />

Impfstoffproduktion bei der IDT Biologika GmbH.<br />

Cluster Pharma<br />

Der Osten holt auf<br />

lauf-Beschwerden und zur Krebsbehandlung<br />

hergestellt werden. Die Berlin-Chemie<br />

AG baut seinen Standort in Adlershof<br />

mit Investitionen in Höhe von 80 Millionen<br />

Euro kräftig aus.<br />

Fotos: IDT Biologika (oben), svich/fotolia.com (unten)<br />

Auch wenn die Stammsitze der<br />

großen deutschen Pharmakonzerne<br />

in Hessen, Baden-Württemberg<br />

oder Nordrhein-Westfalen beheimatet<br />

sind, haben die ostdeutschen<br />

Pharma-Standorte in den zurückliegenden<br />

Jahren eine positive Entwicklung genommen.<br />

Zwar gelten Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Brandenburg und Thüringen<br />

nach Berechnungen des Kölner Instituts<br />

der Deutschen Wirtschaft als die kleinsten<br />

Pharmastandorte Deutschlands. Dennoch<br />

legte die pharmazeutische Industrie<br />

in diesen Bundesländern zuletzt überdurchschnittlich<br />

zu. Die Schwerpunkte<br />

der ostdeutschen Pharmaproduktion liegen<br />

allerdings mit rund 9.000 Beschäftigten<br />

in Berlin beziehungsweise 4.500<br />

in Sachsen-Anhalt (2<strong>01</strong>3).<br />

Auch wenn Mecklenburg-Vorpommern<br />

kaum über Tradition in der Herstellung<br />

von Medikamenten verfügt, hat hier<br />

doch eines der erfolgreichsten ostdeutschen<br />

Pharma-Unternehmen seinen Sitz:<br />

die RIEMSER Pharma GmbH mit Sitz in<br />

Greifswald. Das international agierende<br />

Spezialpharmazeutika-Unternehmen hat<br />

sich auf Arzneimittel für komplexe Krankheiten<br />

spezialisiert.<br />

Etwa 13 Prozent der deutschen Pharmaproduktion<br />

stammen aus Berlin, das laut einer<br />

Erhebung des Instituts der Deutschen<br />

Wirtschaft im Jahr 2<strong>01</strong>2 zu den größten<br />

pharmazeutischen Produktionsstandorten<br />

Deutschlands gehört. Jeder zwölfte<br />

Pharmabeschäftigte hierzulande arbeitet<br />

in der Hauptstadt. Mit über 650.000 Euro<br />

Umsatz je Mitarbeiter zählt die Branche zu<br />

den wichtigsten Stützpfeilern des industriellen<br />

Sektors Berlins.<br />

Bayer HealthCare Pharmaceuticals beispielsweise<br />

blickt auf eine lange Tradition<br />

an der Spree zurück. Die Firma gehört<br />

zu den zehn größten Spezial-Pharmaunternehmen<br />

weltweit. Die Pharmasparte von<br />

Bayer beschäftigt rund 4.400 Mitarbeiter<br />

in Berlin, hauptsächlich in Forschung und<br />

Entwicklung. Ebenfalls in der Hauptstadt<br />

angesiedelt sind die Bereiche Marketing<br />

und Vertrieb der Sanofi-Aventis Deutschland<br />

GmbH mit rund 1.100 Mitarbeitern.<br />

2<strong>01</strong>2 verlegte der japanische Pharmakonzern<br />

Takeda seine Vertriebszentrale nach<br />

Berlin. Gegenwärtig investiert das Unternehmen<br />

rund 100 Millionen Euro in seine<br />

Produktionsstätte in Oranienburg im Norden<br />

Berlins, in der Medikamente gegen<br />

Stoffwechselerkrankungen, Herz-Kreis-<br />

In Sachsen-Anhalt produzieren rund 40 Firmen<br />

mit einer Herstellererlaubnis für Arzneimittel,<br />

in denen circa 4.500 Beschäftigte<br />

tätig sind. Dazu zählen Zweigwerke<br />

der großen Pharmahersteller wie die Bayer<br />

Bitterfeld GmbH, die bereits vor 20 Jahren<br />

ihre Produktion am traditionsreichen<br />

Chemie-Standort Bitterfeld aufnahm, oder<br />

die Werke der zur Novartis-Gruppe gehörenden<br />

Salutas Pharma GmbH in Barleben<br />

und Osterweddingen.<br />

Aber auch die mittelständische Pharmaindustrie<br />

des Landes expandiert. So zum<br />

Beispiel die Dessauer IDT Biologika GmbH,<br />

die biotechnologisch hergestellte Impfstoffe<br />

und Pharmazeutika vertreibt. Beim Unternehmen<br />

sind derzeit rund 1.500 Mitarbeiter<br />

beschäftigt, in Ostdeutschland<br />

an den Standorten im BioPharmaPark in<br />

Dessau-Roßlau und im Greifswalder Ortsteil<br />

Riems. Die Heppe Medical Chitosan<br />

GmbH aus Halle gehört zu den Weltmarktführern<br />

für hochreines Chitin, pharmazeutische<br />

Chitosane und Chitosanderivate. In<br />

über 60 Länder exportiert die Serumwerk<br />

Bernburg AG ihre Arzneimittel für die Human-<br />

und Veterinärmedizin.<br />

<br />

Matthias Salm<br />

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38 | W+M TITEL GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />

Leuchtturm: Bavaria Klinik Kreischa<br />

Für ein mobiles Leben nach der Intensivstation<br />

Dank der modernen Medizin überleben<br />

Menschen heute auch Schlaganfall,<br />

Herzinfarkt oder schwere<br />

Unfälle, sofern sie schnell gerettet und in<br />

einem Krankenhaus behandelt werden.<br />

Doch danach sind sie nicht selten das,<br />

was Ärzte „chronisch-kritisch Kranke“<br />

nennen. Sie gelten auf besondere Weise<br />

als überwachungs- und pflegeabhängig.<br />

Das beginnt meist auf einer Intensivstation,<br />

wo „durch die Behandlung in bedrohlichen<br />

Situationen grundlegende Lebensfunktionen<br />

temporär ersetzt oder unterstützt<br />

werden, um dem Patienten so die<br />

notwendige Zeit zur Heilung geben“, sagt<br />

der Internist und Kardiologe Prof. Dr. med.<br />

Frank Oehmichen.<br />

Doch der 50-jährige Spezialist für Langzeitbeatmung<br />

und Beatmungsentwöhnung,<br />

der seit vielen Jahren als Chefarzt an der<br />

Klinik Bavaria in Kreischa<br />

bei Dresden wirkt,<br />

kennt auch die Kehrseite<br />

dieses Prozesses:<br />

Medizinische Trainingstherapie im Zentrum<br />

für Querschnittsgelähmte der Bavaria Klinik<br />

Kreischa.<br />

Indem die Intensivmedizin die Chance zur<br />

Heilung oder zur Lebensverlängerung mit<br />

chronischer Krankheit schafft, birgt sie<br />

auch das Risiko einer Langzeitabhängigkeit<br />

von lebenserhalten Technologien. Vor<br />

eben diesem Hintergrund besitzt die Rehabilitation<br />

von Patienten mit schwersten<br />

Erkrankungen einen „entsprechend hohen<br />

Stellenwert bei uns“, so Dr. Kathleen Balle,<br />

Sprecherin der Klinik, die mit rund 3.000<br />

Beschäftigten zugleich der größte Arbeitgeber<br />

im Landkreis Sächsische Schweiz-<br />

Osterzgebirge ist. „Alle unsere Behandlungen<br />

haben das Ziel, für den Patienten ein<br />

individuelles Maximum an Unabhängigkeit,<br />

die Reintegration in die Gesellschaft und<br />

eine optimale gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />

zu erreichen“, sagt sie.<br />

Nachdem es also gelungen sei, den Patienten<br />

zu retten, müssten auch „die Folgen<br />

und mögliche Begleiterkrankungen behandelt“<br />

werden. Mithin sei es integraler Bestandteil<br />

zeitgemäßer Intensivtherapie,<br />

den Patienten „möglichst schnell wieder<br />

zu mobilisieren“, ihn in die Rehabilitation<br />

zu kriegen und „alle Möglichkeiten auszuschöpfen,<br />

eine Pflegebedürftigkeit auf<br />

das Minimum zu beschränken“. Dazu gehöre<br />

es, die Betroffenen zügig von Beatmung,<br />

Dialyse oder Antibiotika zu entwöhnen.<br />

Der Patient solle also „nicht nur überleben“,<br />

lautet ein Credo der Klinik. Hierfür<br />

setzen im Zentrum für Intensivmedizin und<br />

Beatmungsentwöhnung Ärzte verschiedener<br />

Fachdisziplinen zusammen mit dem<br />

Pflegepersonal sowie Physio- und Ergotherapeuten<br />

auf eine frühzeitige Mobilisierung<br />

und Aktivierung der Patienten.<br />

Um sich künftig noch stärker auf die Behandlung<br />

dieser schwerkranken und zumeist<br />

beatmeten Patienten zu spezialisieren,<br />

baut die Bavaria Klinik in Kreischa<br />

derzeit ihre Fachabteilung für chronischkritisch<br />

Kranke sowie die Intensivstation<br />

der Kinderklinik im Kreischaer Ortsteil<br />

Zscheckwitz aus. Laut Dr. Balle suche<br />

man hierfür noch gut qualifiziertes Personal,<br />

will insgesamt 300 Mitarbeiter zusätzlich<br />

einstellen. Bereits heute sei übrigens<br />

die Klinik II in Kreischa, in der Patienten<br />

behandelt werden, die an lang anhaltenden<br />

und lebensbedrohlichen Krankheiten<br />

leiden, die größte ihrer Art in Deutschland,<br />

betont sie.<br />

Insgesamt bietet das Fachkrankenhaus<br />

in Kreischa, das seit Jahren auf Patienten<br />

spezialisiert ist, die eine Langzeitintensivtherapie<br />

benötigen und bereits länger<br />

als 14 Tage im primär versorgenden Akutkrankenhaus<br />

auf der Intensivstation liegen,<br />

Platz für über 1.000 Patienten.<br />

<br />

Bavaria Klinik Kreischa.<br />

Harald Lachmann<br />

Fotos: Bavaria Klinik<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


Das Unfallkrankenhaus Berlin.<br />

Leuchtturm: Unfallkrankenhaus Berlin<br />

Alltag mit Notfällen<br />

Fotos: Unfallkrankenhaus Berlin<br />

Das Unfallkrankenhaus Berlin (ukb)<br />

ist ein hoch spezialisiertes klinisches<br />

Zentrum zur Behandlung<br />

Schwerkranker und zur Rettung und Rehabilitation<br />

Schwerverletzter aus dem<br />

gesamten Bundesgebiet. Patienten aller<br />

Krankenversicherungen erhalten hier<br />

eine umfassende Versorgung und Betreuung<br />

bis zur Rückkehr in den Alltag. In<br />

Spezialdisziplinen, wie der Therapie von<br />

Brand-, Rückenmark- und Handverletzungen,<br />

belegt das 1997 eröffnete akademische<br />

Lehrkrankenhaus der Charité-Universitätsmedizin<br />

Berlin international eine<br />

Spitzenposition. Gemeinnütziger Träger<br />

des ukb ist der Berufsgenossenschaftliche<br />

Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung.<br />

Rund 100.000 Patienten werden pro Jahr<br />

von den Ärzten, Krankenschwestern und<br />

Pflegern behandelt. Davon durchlaufen<br />

mehr als 60.000 Patienten Deutschlands<br />

größte und modernste Rettungsstelle an<br />

der Warener Straße im Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf.<br />

Gut 1.200 Mal im Jahr landen Hubschrauber<br />

auf dem Dach des ukb-Hauptgebäudes.<br />

Sie bringen schwerstverletzte Menschen,<br />

für die es wohl nur noch im ukb<br />

eine Chance auf Lebensrettung und anschließende<br />

Genesung gibt. 15 Operationssäle<br />

und 69 Betten auf der Intensivstation<br />

stehen zur Verfügung, um<br />

den täglichen Kampf gegen den Unfalltod<br />

möglichst oft zu gewinnen.<br />

„Vater“ des ukb ist Professor Axel Ekkernkamp.<br />

Der renommierte Unfallmediziner<br />

und bestens vernetzte Gesundheitsmanager<br />

gründete Berlins modernstes<br />

Krankenhaus vor 18 Jahren und ist seither<br />

Vordenker und Chef von 1.600 Mitarbeitern.<br />

Zum wichtigsten Alleinstellungsmerkmal<br />

seiner Klinik sagt er: „In normalen<br />

Krankenhäusern stören Notfälle den<br />

eigentlichen Tagesablauf mit langfristig<br />

geplanten Operationen und Behandlungen.<br />

Bei uns sind Notfälle der Normalfall,<br />

wir sind darauf professionell eingestellt.<br />

Wir verfügen jederzeit über die aktuellsten<br />

medizinischen Geräte und Instrumente<br />

und eine bestens qualifizierte<br />

Ärzteschaft.“<br />

Das ukb ist darüber hinaus in der Lage,<br />

nahezu alle medizinischen Herausforderungen<br />

anzugehen und zu behandeln.<br />

25 Fachbereiche und Abteilungen – von<br />

der Allgemeinmedizin über die Radiologie<br />

und Urologie bis hin zur Sportmedizin<br />

sowie 20 Stationen mit weiteren 480<br />

Betten stehen zur Verfügung.<br />

Die Leistungsfähigkeit des ukb in vielen<br />

medizinischen Disziplinen hat sich längst<br />

auch im Ausland herumgesprochen. Axel<br />

Ekkernkamp: „Wir haben einen enormen<br />

Zulauf von Patienten aus der arabischen<br />

Welt und Russland.“ Um künftig die häufig<br />

prominenten Patienten – Spitzenpolitiker,<br />

Wirtschaftskapitäne und Mitglieder<br />

von Herrscherhäusern – noch individueller<br />

betreuen zu können, wird derzeit<br />

eine neue Komfortstation errichtet, die<br />

Hotelcharakter hat und zudem höchsten<br />

Sicherheitsanforderungen genügt.<br />

Axel Ekkernkamp und sein Team arbeiten<br />

bereits heute an der Zukunft des Unfallkrankenhauses.<br />

Vor kurzem erst wurde<br />

auf dem Gelände des ukb eine Poliklinik<br />

mit niedergelassenen Ärzten eröffnet. In<br />

Planung befindet sich eine Rehabilitationsklinik<br />

mit 150 Betten, eine Akutgeriatrie<br />

sowie ein Smart-Living-Musterhaus,<br />

das die Möglichkeiten selbstbestimmten<br />

Lebens in den eigenen vier Wänden nach<br />

schweren Verletzungen oder im hohen<br />

Alter aufzeigen wird. Professor Ekkernkamp:<br />

„Wir sind ständig auf der Suche<br />

nach Innovationen – nicht aber nach Utopien.<br />

Auch in den Bereichen Informationstechnologie,<br />

Digitalisierung, Big Data<br />

und Telemedizin wollen wir unsere Vorreiterrolle<br />

behalten und ausbauen.“<br />

<br />

Professor Axel Ekkernkamp.<br />

Karsten Hintzmann<br />

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40 | W+M TITEL<br />

„Die Gesundheitsbranche ist eine<br />

Säule unseres Aufschwungs“<br />

W+M-Interview mit Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU)<br />

W+M: Herr Senator, wie ist die Gesundheitswirtschaft<br />

in Berlin aktuell aufgestellt?<br />

Mario Czaja: Die Gesundheitsbranche<br />

ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige<br />

Berlins. Ohne Übertreibung kann man<br />

sagen – sie ist eine Säule unseres Aufschwungs.<br />

In der Stadt sind rund 207.000<br />

Menschen in der Gesundheitswirtschaft<br />

beschäftigt und Prognosen gehen von<br />

einem weiteren überdurchschnittlichen<br />

Wachstum aus. Es gibt etwa 13.000 Unternehmen<br />

ganz unterschiedlicher Größe,<br />

die zusammen über 17,2 Milliarden Euro<br />

generieren. Unser erklärtes Ziel ist es, die<br />

Region Berlin-Brandenburg zum deutschlandweit<br />

führenden Standort der Gesundheitswirtschaft<br />

zu profilieren.<br />

W+M: Haben Sie eine Erklärung dafür,<br />

weshalb sich die Gesundheitsbranche<br />

ausgerechnet in Berlin so stark entwickelt<br />

hat?<br />

Mario Czaja: Zum einen knüpft Berlin<br />

an großartige Traditionen an. Ich nenne<br />

hier stellvertretend Robert Koch, Emil<br />

von Behring, Rudolf Virchow und Wilhelm<br />

Röntgen, die überragende medizinische<br />

Leistungen vollbracht haben. Dazu<br />

kommt, dass unsere Stadt einzigartige<br />

Voraussetzungen für die Gesundheitswirtschaft<br />

bietet. Wir haben eine hohe<br />

Konzentration großer Forschungseinrichtungen<br />

und Universitäten, erstklassige<br />

Einrichtungen der Gesundheitsversorgung,<br />

in denen Spitzenmedizin praktiziert<br />

wird, sowie hoch innovative Unternehmen<br />

in der Life-Sciences-Branche<br />

und der Medizintechnik. All diese Bereiche<br />

sind bestens vernetzt und ziehen<br />

daraus erhebliche Synergien. Lassen<br />

Sie mich hier noch einen Punkt nennen:<br />

Neben der traditionsreichen Charité, um<br />

die man uns in aller Welt beneidet, gibt<br />

es sieben Technologieparks mit Schwerpunkt<br />

in den Lebenswissenschaften, vier<br />

Max-Planck-Institute, zwei Fraunhofer-Institute,<br />

zwei Leibniz-Institute und zwei<br />

Helmholtz-Zentren. Diese Vielfalt ermöglicht<br />

die schnelle Übertragung von Forschungsergebnissen<br />

in Produkte und<br />

Verfahren und – umgekehrt – die Umsetzung<br />

von Erkenntnissen der klinischen<br />

Medizin in die Grundlagenforschung.<br />

W+M: Ist Berlin mit knapp 100 Kliniken<br />

für 3,5 Millionen Menschen nicht überversorgt?<br />

Mario Czaja: In Deutschland gab es vor<br />

der Wiedervereinigung 600.000 Klinikbetten,<br />

in Berlin waren es 40.000. Damals<br />

gab es eine deutliche stationäre<br />

Überversorgung. In den vergangenen 25<br />

Jahren hat man im gesamten Land über<br />

100.000 Betten abgebaut, davon allein in<br />

Berlin 20.000. Zum 1. Januar 2<strong>01</strong>5 hatten<br />

wir in Berlin 96 Krankenhäuser mit einer<br />

Gesamtkapazität von 22.526 Betten. Damit<br />

ist Berlin keineswegs überversorgt,<br />

sondern gehört im Bundesvergleich zu<br />

den Ländern mit der niedrigsten Krankenhausbettendichte.<br />

Angesichts der<br />

rasch wachsenden Bevölkerung planen<br />

wir jetzt erstmals wieder einen moderaten<br />

Aufwuchs von Krankenhausbetten in<br />

der Stadt.<br />

W+M: Welche Rolle spielen betuchte<br />

ausländische Patienten, die sich in Spezialkliniken<br />

behandeln lassen?<br />

Mario Czaja: Unsere Krankenhäuser genießen<br />

international einen exzellenten Ruf.<br />

Die Tourismusfördergesellschaft „Visit<br />

Berlin“ hat ermittelt, dass sich im vergangenen<br />

Jahr mehr als 11.000 Patienten aus<br />

dem Ausland in den großen Berliner Krankenhäusern<br />

behandeln ließen. Das ist ein<br />

Anstieg von 3,5 Prozent gegenüber 2<strong>01</strong>3<br />

und setzt den positiven Trend in diesem<br />

Segment fort. Natürlich ist die Zahl der<br />

ausländischen Patienten gering, gemessen<br />

an den Behandlungsfällen, aber die<br />

Bedeutung für die Stadt ist nicht zu unterschätzen,<br />

da häufig aufwendige Therapien<br />

erforderlich sind, die dazu führen, dass<br />

sich nicht nur die Patienten, sondern auch<br />

die sie begleitenden Familienangehörigen<br />

eine geraume Zeit in Berlin aufhalten.<br />

W+M: Berlin verfügt mit der Charité, dem<br />

Deutschen Herzzentrum, dem Max-Delbrück-Centrum<br />

und dem Unfallkrankenhaus<br />

über international bekannte Leuchttürme.<br />

Wirkt sich deren Präsenz in Berlin<br />

auf die mittelständischen Unternehmen<br />

der Gesundheitswirtschaft aus?<br />

Mario Czaja: Eindeutig ja. Neben vielfältigen<br />

Kooperationen bei der Erbringung<br />

von Dienstleistungen, bilden sich<br />

auch immer wieder gemeinsame Unter-<br />

Foto: W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


GESUNDHEITSWIRTSCHAFT | 41<br />

nehmen. Da kommen Start-ups mit etablierten<br />

Kliniken zusammen und profitieren<br />

vom Renommee unserer Leuchttürme.<br />

Die Firma Biotronic etwa ist so ein<br />

Start-up, das mit dem Deutschen Herzzentrum<br />

kooperiert und eine neue Generation<br />

künstlicher Herzklappen entwickelt<br />

hat.<br />

W+M: Wie geht eine Metropole wie Berlin<br />

mit den zu erwartenden Folgen der<br />

demografischen Entwicklung um? Sind<br />

Sie darauf eingestellt, dass künftig viel<br />

mehr Menschen pflegebedürftig sein<br />

werden?<br />

Mario Czaja: In Berlin wird sich die Zahl<br />

der 80-Jährigen und Älteren bis zum Jahr<br />

2030 voraussichtlich nahezu verdoppeln:<br />

von derzeit 140.000 auf 270.000. Auch<br />

wenn Alter nicht automatisch mit Pflegebedürftigkeit<br />

einhergeht, muss Berlin<br />

sich darauf einstellen, dass die Zahl der<br />

Pflegebedürftigen steigt. Für mich ist das<br />

aber nicht allein eine Frage der quantitativen<br />

Sicherstellung. Viel entscheidender<br />

ist, was wir für die qualitative Verbesserung<br />

der Versorgung tun können. Deshalb<br />

habe ich das Projekt „80plus“ aufgelegt.<br />

Dort werden konkrete Lösungsansätze<br />

entwickelt. Ein zentraler Punkt<br />

dabei: Alte Menschen werden nicht als<br />

Betroffene, sondern als Experten in eigener<br />

Sache betrachtet. Wir wollen<br />

diese Expertise nutzen, wenn es<br />

darum geht, die Schnittstellen<br />

zwischen den Versorgungssegmenten<br />

zu<br />

minimieren. Wir müssen Rehabilitationspotenziale<br />

erkennen und heben, wo sie<br />

vorhanden sind, um Pflegebedürftigkeit<br />

zu verhindern oder zumindest zu verzögern.<br />

W+M: Qualifiziertes Personal in der Gesundheitswirtschaft<br />

ist in vielen Regionen<br />

Deutschlands heute schon schwer<br />

zu bekommen. Sorgt sich das Land Berlin<br />

ausreichend um seinen medizinischen<br />

Nachwuchs?<br />

ZUR PERSON<br />

Mario Czaja wurde am 21. September<br />

1975 in Berlin geboren. Der studierte<br />

Diplom-Betriebswirt arbeitete von 2002<br />

bis 2<strong>01</strong>1 für das Dienstleistungsunternehmen<br />

Gegenbauer. Seit 1999 ist der<br />

CDU-Politiker Mitglied des Berliner<br />

Abgeordnetenhauses. Er ist der einzige<br />

Christdemokrat aus dem Ostteil der<br />

Stadt, dem es gelang, seinen Wahlkreis<br />

drei Mal direkt zu gewinnen. Von 20<strong>01</strong><br />

bis 2<strong>01</strong>1 war Czaja gesundheitspolitischer<br />

Sprecher, später dann Parlamentarischer<br />

Geschäftsführer und stellvertretender<br />

Fraktionschef. Am 1. Dezember<br />

2<strong>01</strong>1 wurde Czaja zum Senator für<br />

Gesundheit und Soziales berufen. Er ist<br />

verheiratet und Vater einer Tochter.<br />

Mario Czaja: Berlin unternimmt seit Jahren<br />

große Anstrengungen zur Heranbildung<br />

von Nachwuchs in den Gesundheitsberufen:<br />

An den Universitäten und<br />

in den Einrichtungen des Gesundheitswesens<br />

wird in großem Umfang für die<br />

akademischen und nichtakademischen<br />

Berufe im Gesundheitswesen ausgebildet.<br />

Gerade für die künftige Absicherung<br />

des Fachkräftebedarfs in den Pflegeberufen<br />

sind jedoch weitere Aktivitäten erforderlich.<br />

Die Fachkräfte, die sich derzeit<br />

in einer Ausbildung befinden, reichen<br />

nicht aus. Hier brauchen wir sowohl eine<br />

zahlenmäßige Aufstockung als auch qualitative<br />

Verbesserungen. Um den Aufgaben,<br />

die vor uns liegen, gerecht werden<br />

zu können, müssen zehn bis 20 Prozent<br />

der Pflegeberufe akademisiert werden.<br />

Interview: Karsten Hintzmann<br />

Berlins Gesundheits- und Sozialsenator<br />

Mario Czaja im W+M-Gespräch.<br />

Foto: W+M


42 | W+M RATGEBER<br />

schutzhelfer wissen,<br />

was sie im Notfall zu<br />

tun haben. Wichtig<br />

ist es, einen möglichst<br />

sicheren Ort<br />

auszuwählen. Kerzen<br />

und elektrische<br />

Lichtquellen<br />

sollten nicht neben<br />

schnell brennbaren<br />

Stoffen stehen.<br />

Außerdem gilt<br />

es, die „richtigen“<br />

Feuerlöscher auszuwählen<br />

und in der<br />

Nähe aufzustellen.<br />

Ein Wassereimer ersetzt<br />

beispielsweise<br />

keinen Feuerlöscher.<br />

Außerdem bieten die<br />

etwas teureren Schaumlöscher<br />

Vorteile gegenüber<br />

den günstigeren Pulverlöschern.<br />

Beiräte in<br />

Familienunternehmen<br />

Die Mitglieder eines Beirats sollten nach<br />

den Bedürfnissen des Unternehmens<br />

ausgewählt werden. Rechtlich notwendig<br />

ist, dass das Gremium als Ganzes<br />

alle geforderten fachlichen Qualifikationen<br />

abdeckt. Davon abgesehen sind<br />

Fachwissen und ein gefestigter Charakter<br />

hier von großer Bedeutung. Den Mitgliedern<br />

des Beirats des Familienunternehmens<br />

muss der Unternehmenserfolg<br />

an oberster Stelle stehen. Mitglieder,<br />

die nicht aus der Familie stammen,<br />

haben dabei den Vorteil der Unabhängigkeit.<br />

Sie unterliegen nicht den Familienzwängen<br />

und sind mittel- und langfristig<br />

am Erfolg des Unternehmens interessiert.<br />

Auch sollte die Frauenquote im<br />

Beirat berücksichtigt werden. Eine ausgewogene<br />

Mischung in Bezug auf Geschlecht,<br />

Alter, Branche und Kompetenz<br />

sowie aus Familienmitgliedern und externen<br />

Beratern ist ratsam.<br />

Advent, Advent,<br />

die Firma brennt!<br />

Gerade in der Weihnachtszeit ist Brandschutz<br />

ein Thema. Nach Kerzen sind<br />

elektrische Leuchtmittel die häufigste Ursache<br />

für Brände. Defekte Geräte oder<br />

eine unbeachtete Kerze können schwere<br />

Folgen haben. 70 Prozent aller von einem<br />

Brand betroffenen Betriebe erholen sich<br />

von den Schäden nie und sind im Laufe<br />

eines Jahres insolvent. Grundsätzlich<br />

gibt es in Deutschland keine Vorschrift,<br />

die Kerzen oder einen Weihnachtsbaum<br />

im Büro verbietet. Wenn aber Unternehmen<br />

Weihnachtsbeleuchtung aufstellen,<br />

ist der Brandschutz unbedingt zu beachten.<br />

Der Brandschutzbeauftragte des<br />

Unternehmens sollte sich genau ansehen,<br />

wo Lampen und Kerzen zum Einsatz<br />

kommen und Vorsichtsmaßnahmen<br />

treffen: Die Mitarbeiter müssen über<br />

Fluchtwege informiert sein und Brand-<br />

Jahresabschlussfrist<br />

nicht versäumen<br />

Bestimmte Unternehmen, insbesondere<br />

Kapitalgesellschaften sowie Personenhandelsgesellschaften<br />

ohne eine natürliche<br />

Person als persönlich haftenden Gesellschafter<br />

(zum Beispiel GmbH & Co.<br />

KG), sind verpflichtet, regelmäßig ihre<br />

Jahresabschlüsse offenzulegen. Auch<br />

Emittenten von Vermögensanlagen unabhängig<br />

ihrer Rechtsform (also zum Beispiel<br />

auch Einzelkaufleute) sind nun offenlegungspflichtig.<br />

Die Jahresabschlussunterlagen<br />

für ein<br />

am 31. Dezember 2<strong>01</strong>4 endendes<br />

Bilanzgeschäftsjahr<br />

müssen bis spätestens Ende<br />

2<strong>01</strong>5 elektronisch beim Bundesanzeiger<br />

eingereicht werden.<br />

Kleinstunternehmen, die<br />

zwei der drei Schwellenwerte<br />

(350.000 Euro Bilanzsumme,<br />

700.000 Euro Umsatzerlöse,<br />

zehn Arbeitnehmer) nicht<br />

überschreiten, brauchen nur<br />

ihre Bilanz einzureichen.<br />

Passwörter: Tipps<br />

gegen das Vergessen<br />

Um für die Nutzung von Online-Diensten<br />

eine möglichst hohe Sicherheit zu gewährleisten,<br />

sollte für jeden Dienst ein eigenes<br />

Passwort genutzt werden. Alternativ<br />

kann man auch ein „Grundpasswort“<br />

nutzen und dieses für jeden Dienst anpassen.<br />

Ein sicheres Passwort besteht aus<br />

mindestens acht Zeichen und einer zu-<br />

Fotos: Timo Klostermeier/pixelio.de (oben), Tim Reckmann/pixelio.de (unten), Quellen: www.business-wissen.de, WENZA EWIV, www.dashoefer.de<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


MANAGEMENT | 43<br />

fällig zusammengewürfelten Reihenfolge<br />

aus Groß- und Kleinbuchstaben sowie<br />

Zahlen und Sonderzeichen. Hierfür<br />

kann man beispielsweise Passwörter erstellen,<br />

die aus Anfangsbuchstaben eines<br />

ausgedachten Satzes bestehen, zum<br />

Beispiel: „Mein Verein gewann das entscheidende<br />

Spiel mit 3 zu 2!“ Als Passwort<br />

„MVgdeSm3z2!“ Eine Alternative<br />

wäre das Nutzen eines Passwort-Managers,<br />

welcher bei Bedarf zufallsgenerierte<br />

Passwörter erstellt und diese in einer verschlüsselten<br />

Datenbank speichert, die mit<br />

einem Master-Passwort geschützt wird.<br />

Vier Tipps zur<br />

Mitarbeitermotivation<br />

1. Wertschätzung<br />

Studie zur Vergütung<br />

von Geschäftsführern<br />

Deutsche Unternehmen erhöhen laut einer<br />

Kienbaum-Studie aus 2<strong>01</strong>5 die Gehälter<br />

ihrer Spezialisten stärker als die ihrer<br />

Führungskräfte. Spezialisten verdienen<br />

durchschnittlich 3,8 Prozent mehr<br />

als im Vorjahr, während die Gehälter der<br />

Führungskräfte um circa 3,6 Prozent und<br />

der Geschäftsführer um durchschnittlich<br />

drei Prozent stiegen. Je nach Branche unterscheidet<br />

sich der Verdienst von Führungs-<br />

und Fachkräften. Die übergroße<br />

Mehrheit der Mitarbeiter in deutschen<br />

Unternehmen erhält zudem einen Bonus.<br />

Im Schnitt beziehen 95 Prozent der Geschäftsführer,<br />

84 Prozent der Führungskräfte<br />

und 68 Prozent der Spezialisten einen<br />

Teil ihres Jahresgehalts als variable<br />

Vergütung. Die Höhe der Boni sind jedoch<br />

in den untersuchten Positionen sehr unterschiedlich.<br />

Machen Sie sich bewusst, dass Sie<br />

Ihre Mitarbeiter eingestellt haben, weil<br />

Sie die Aufgaben nicht allein bewältigen<br />

können. Wertschätzen Sie als<br />

Führungskraft Ihren Mitarbeiter auch,<br />

wenn er mal nicht die gewünschte<br />

Leistung erbringt. Beobachten und<br />

reflektieren Sie Ihr Verhalten. Gerade<br />

in Konflikt und Stresssituationen ist<br />

ein wertschätzender Umgang wichtig.<br />

2. Lob und Feedback<br />

Es kommt nicht auf große Lobeshymnen<br />

an. Kleine Nebensätze wie „Gut<br />

gemacht.“ oder „Super Idee!“ sind<br />

entscheidend. Feedback sollte ausführlich<br />

und strukturiert sein, Stärken<br />

und Schwächen deutlich machen und<br />

Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen.<br />

3. Klare Ziele und Erwartungen<br />

Klären Sie regelmäßig mit Ihren Mitarbeitern<br />

deren Aufgaben und die dabei<br />

zu erreichenden Ziele, damit Ihre<br />

Mitarbeiter eigenständig arbeiten und<br />

Sie als Führungskraft entlasten können.<br />

Die Frage „Alles klar?“ nach dem<br />

Delegieren einer Aufgabe ist oft nicht<br />

ausreichend.<br />

4. Wechselseitiges Vertrauen<br />

Quellen: www.business-wissen.de, www.dashoefer.de<br />

Beschäftigung von<br />

Asylbewerbern<br />

Im Oktober 2<strong>01</strong>5 wurden gesetzliche<br />

Änderungen verabschiedet, die Asylbewerbern<br />

und Geduldeten einen leichteren<br />

Zugang zur Zeitarbeit ermöglichen.<br />

Nach einer Wartezeit von 15 Monaten<br />

(in sogenannten Mangelberufen bereits<br />

nach drei Monaten) können Asylbewerber<br />

und Geduldete bei einem Zeitarbeitsunternehmen<br />

beschäftigt werden,<br />

da die Vorrangprüfung der Bundesagentur<br />

für Arbeit nach Ablauf der vorgenannten<br />

Wartezeiten entfällt. Die Personaldienstleistungsbranche<br />

bietet bereits<br />

mit Sprach- und Integrationskursen unterstützte<br />

Einstiegsmöglichkeiten auf<br />

dem deutschen Arbeitsmarkt an.<br />

Reflektieren Sie, ob Sie eher gern Vertrauen<br />

schenken oder andere Menschen<br />

und ihr Handeln kritisch betrachten.<br />

Als Führungskraft sollte Ihre<br />

Grundhaltung sein: „Ich traue Ihnen<br />

so lange, bis Sie mich vom Gegenteil<br />

überzeugen.“ Sollte das Vertrauensverhältnis<br />

zu Mitarbeitern gestört sein,<br />

sprechen Sie mit ihnen in einem Vier-<br />

Augen-Gespräch über die Qualität der<br />

Zusammenarbeit und klären Sie wechselseitige<br />

Erwartungen.<br />

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44 | W+M RATGEBER<br />

Urteile für<br />

Unternehmer<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> hat wichtige Urteile<br />

für Sie zusammengestellt<br />

ARBEITSRECHT<br />

Praktikum muss nicht an Probezeit<br />

angerechnet werden<br />

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden,<br />

dass ein der Berufsausbildung<br />

vorausgehendes Praktikum nicht auf die<br />

Probezeit angerechnet werden muss, da<br />

die reguläre Probezeit zum Beginn des<br />

Berufsausbildungsverhältnisses gemäß<br />

§ 20 Satz 1 des Berufsbildungsgesetzes<br />

(BBiG) zwingend ist.<br />

Der Kläger bewarb sich im Frühjahr 2<strong>01</strong>3<br />

bei dem Beklagten um eine Ausbildung.<br />

Der Beklagte versprach ihm die Aufnahme<br />

der Ausbildung zum 1. August 2<strong>01</strong>3.<br />

Zur Überbrückung schlossen die Parteien<br />

einen Praktikumsvertrag mit einer Laufzeit<br />

bis zum 31. Juli 2<strong>01</strong>3. Nach dem gesonderten<br />

Berufsausbildungsvertrag begann<br />

anschließend die Ausbildung mit einer<br />

Probezeit von drei Monaten. Mit Schreiben<br />

vom 29. Oktober 2<strong>01</strong>3, welches<br />

dem Kläger an diesem Tag zuging, kündigte<br />

der Beklagte das Berufsausbildungsverhältnis<br />

zum selben Tag. Die Vorinstanzen<br />

wiesen die Klage des Auszubildenden<br />

ab, die Revision hatte vor dem Bundesarbeitsgericht<br />

keinen Erfolg. Das Berufsausbildungsverhältnis<br />

sei während der Probezeit<br />

rechtmäßig gekündigt worden, die Tätigkeit<br />

des Klägers im Praktikum ist nicht<br />

zu berücksichtigen. Beide Vertragspartner<br />

sollen mit der im BBiG zwingend angeordneten<br />

Probezeit ausreichend Gelegenheit<br />

haben, die für die Ausbildung im konkreten<br />

Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände<br />

eingehend zu prüfen.<br />

BAG, 6 AZR 844/14<br />

STEUERRECHT<br />

Gewerbesteuer ist keine<br />

Betriebsausgabe<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden,<br />

dass das Verbot, die Gewerbesteuerlast<br />

bei der Ermittlung des Gewinns einer<br />

Personengesellschaft zu berücksichtigen,<br />

mit dem Grundgesetz vereinbar ist.<br />

Die mit dem Abzugsverbot verbundene<br />

Einschränkung des sogenannten objektiven<br />

Nettoprinzips verstößt nicht gegen<br />

das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot.<br />

Die Gewerbesteuer ist ihrer Natur nach<br />

eine Betriebsausgabe und mindert deshalb<br />

den Gewinn des Unternehmens. Mit<br />

dem Unternehmenssteuerreformgesetz<br />

2008 hat der Gesetzgeber jedoch in § 4<br />

Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes<br />

(EStG) angeordnet, dass die Gewerbesteuer<br />

keine Betriebsausgabe ist. Sie<br />

darf infolgedessen bei der Ermittlung des<br />

zu versteuernden Gewinns nicht mehr<br />

gewinnmindernd (und damit steuermindernd)<br />

berücksichtigt werden. Nach Auffassung<br />

des Bundesfinanzhofs verstößt<br />

die mit diesem Abzugsverbot verbundene<br />

Einschränkung des sogenannten objektiven<br />

Nettoprinzips nicht gegen das<br />

verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot<br />

oder die Eigentumsgarantie<br />

des Grundgesetzes. Insbesondere die<br />

gleichzeitig mit § 4 Absatz 5b EStG eingeführte<br />

Erhöhung des Anrechnungsfaktors<br />

für die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer<br />

führe in vielen Fällen zu<br />

einer vollständigen Entlastung des Unternehmers.<br />

BFH, IV R 8/13<br />

VERKEHRSRECHT<br />

Bußgeld bei Nutzung<br />

von Blitzer-Apps<br />

Die Benutzung von Blitzer-Apps auf Smartphones,<br />

und im Allgemeinen das Nutzen<br />

von technischen Geräten zur Anzeige von<br />

Verkehrsüberwachungsmaßnahmen, verstößt<br />

gegen die Straßenverkehrsordnung<br />

(StVO), so das Oberlandesgericht (OLG)<br />

Celle in einem jüngst veröffentlichen Urteil.<br />

Bei Verwendung einer Blitzer-App<br />

droht dem Fahrer somit ein Bußgeld.<br />

Im zugrunde liegenden Verfahren hatte<br />

das Amtsgericht Winsen/Luhe einen Autofahrer<br />

zu einer Geldbuße von 75 Euro<br />

verurteilt, weil er während der Fahrt ein<br />

Smartphone mit einer sogenannten Blitzer-App<br />

benutzt hatte. Das Oberlandesgericht<br />

Celle verwarf die dagegen gerichtete<br />

Rechtsbeschwerde des Autofahrers<br />

und führte zur Begründung der Entscheidung<br />

aus, dass ein Smartphone ein technisches<br />

Gerät zur Anzeige von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen<br />

im Sinne der<br />

Straßenverkehrsordnung sei, falls darauf<br />

eine sogenannte Blitzer-App installiert ist.<br />

Mit Installation und Nutzung der Blitzer-<br />

App erhalte das Smartphone über seine<br />

sonstigen Zwecke hinaus die zusätzliche<br />

Zweckbestimmung eines Blitzer-Warngerätes.<br />

Das Mitführen oder Betreiben eines<br />

Gerätes während der Autofahrt, das Verkehrsüberwachungsmaßnahmen<br />

anzeigen<br />

kann, gestattet die StVO jedoch nicht.<br />

OLG Celle, 2 Ss (OWi) 313/15<br />

KÜNDIGUNGSRECHT<br />

Betriebliche Eingliederung<br />

muss geprüft werden<br />

Der Arbeitgeber hat ein betriebliches Eingliederungsmanagement<br />

(BEM) gemäß<br />

§ 84 Absatz 2 des IX. Sozialgesetzbuches<br />

mit dem Ziel der Wiedereingliederung des<br />

Arbeitnehmers durchzuführen, wenn ein<br />

Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger<br />

als sechs Wochen ununterbrochen<br />

oder wiederholt arbeitsunfähig krank ist.<br />

Andernfalls könne eine krankheitsbedingte<br />

Kündigung unwirksam sein.<br />

Foto: AllebaziB/Fotolia.com, Quelle Urteile: www.kostenlose-urteile.de<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


RECHT | 45<br />

Foto: AllebaziB/Fotolia.com, Quelle Urteile: www.kostenlose-urteile.de<br />

Der Arbeitnehmer des zugrunde liegenden<br />

Verfahrens war wegen einer Tumorerkrankung<br />

länger als ein Jahr arbeitsunfähig<br />

krank. Der Arbeitgeber kündigte das<br />

Arbeitsverhältnis wegen dieser Fehlzeit<br />

und der ihm dadurch entstehenden Kosten,<br />

da er vermutete, der Arbeitnehmer<br />

kehre wegen der Schwere seiner Erkrankung<br />

nicht mehr zurück. Das Arbeitsgericht<br />

Berlin hat die Kündigung für rechtsunwirksam<br />

erklärt. Es verwies darauf,<br />

dass der Arbeitgeber ein BEM durchzuführen<br />

hat. Hierzu muss er im Rahmen eines<br />

organisierten Suchprozesses prüfen,<br />

ob und in welcher Weise der Arbeitnehmer<br />

(wieder) beschäftigt werden kann.<br />

Dazu gehöre das Gespräch zwischen Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer, unter Umständen<br />

auch die Einbeziehung von externem<br />

Sachverstand und eventuell auch die<br />

stufenweise Wiedereingliederung des Arbeitnehmers<br />

im Rahmen des sogenannten<br />

„Hamburger Modells“. Zu prüfen sind<br />

zudem eine mögliche Änderung und Umgestaltung<br />

des Arbeitsplatzes, des Arbeitsumfeldes,<br />

der Arbeitsorganisation<br />

und der Arbeitszeit.<br />

ArbG Berlin, 28 Ca 9065/15<br />

VERTRAGSRECHT<br />

Abtretung von Mängelansprüchen<br />

in AGB unzulässig<br />

Die Klausel „Die Abtretung von Mängelansprüchen<br />

ist ausgeschlossen.“ in<br />

den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

(AGB) eines Internetversandhändlers ist<br />

unzulässig, weil sie den privaten Käufer<br />

unangemessen benachteilige. Dies entschied<br />

das Oberlandesgericht Hamm und<br />

änderte damit das erstinstanzliche Urteil<br />

des Landgerichts Paderborn ab.<br />

Die Parteien, der Kläger aus Wustermark<br />

und die beklagte Firma aus Ingolstadt,<br />

vertreiben verschiedene Waren über das<br />

Internet. Der Beklagte vertreibt unter anderem<br />

gewerblich Elektro- und Elektronikgeräte,<br />

Kaffeemaschinen, Kühlschränke<br />

und Waschmaschinen. Er verwendete<br />

hierbei Allgemeine Geschäftsbedingungen,<br />

die unter anderem folgende Klauseln<br />

beinhalten: „Die Abtretung von Mängelansprüchen<br />

ist ausgeschlossen.“ Der<br />

Kläger hat diese Klausel bei Verbrauchergeschäften<br />

für unzulässig gehalten und<br />

vom Beklagten im Wege des einstweiligen<br />

Rechtsschutzes verlangt, den Gebrauch<br />

der Klausel gegenüber Verbrauchern<br />

zu unterlassen. Das Unterlassungsbegehren<br />

des Klägers war erfolgreich.<br />

Das Oberlandesgericht Hamm entschied,<br />

dass die infrage stehende AGB-Klausel<br />

im geschäftlichen Verkehr gegenüber<br />

Verbrauchern gegen die Regelung des<br />

§ 307 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen<br />

Gesetzbuches (BGB) verstößt, weil sie<br />

den privaten Käufer unangemessen benachteilige.<br />

OLG Hamm, 4 U 99/14<br />

WEISUNGSRECHT<br />

Arbeitsort wird grundsätzlich durch<br />

Arbeitgeber bestimmt<br />

Enthält ein Arbeitsvertrag keine Bestimmungen<br />

zum Ort der Arbeitsleistung,<br />

kann dieser durch das Weisungsrecht<br />

des Arbeitgebers gemäß § 106 der Gewerbeordnung<br />

(GewO) bestimmt werden.<br />

Ein Arbeitnehmer kann jedoch nur<br />

dann zur Arbeit am Betriebssitz verpflichtet<br />

werden, wenn für den Arbeitgeber ein<br />

entsprechend berechtigtes Interesse besteht.<br />

Ein Software-Ingenieur arbeitete auf<br />

Grundlage einer Vereinbarung mit seinem<br />

Vorgesetztem seit August 2009<br />

überwiegend von zu Hause. Nachdem<br />

der Software-Ingenieur im März 2<strong>01</strong>3<br />

aufgrund einer Betriebsumstrukturierung<br />

einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen<br />

hatte, verlangte sein Arbeitgeber,<br />

dass er zukünftig am Betriebssitz arbeite.<br />

Das Arbeitsgericht Koblenz wies die Klage<br />

des Ingenieurs ab. Das Landesarbeitsgericht<br />

(LAG) Mainz entschied in der Berufung<br />

aber zu seinen Gunsten und hob<br />

die erstinstanzliche Entscheidung auf.<br />

Die vom Arbeitgeber ausgesprochene<br />

Weisung, zukünftig die Arbeit am Betriebssitz<br />

auszuführen, sei unwirksam<br />

gewesen. Zwar könne der Arbeitgeber<br />

grundsätzlich den Arbeitsort seiner Beschäftigten<br />

gemäß § 106 GewO bestimmen,<br />

wenn der Arbeitsvertrag keine Bestimmungen<br />

zum Arbeitsort enthalte. Er<br />

müsse sein Weisungsrecht aber nach billigem<br />

Ermessen ausüben. Dies verlange<br />

eine Abwägung zwischen dem Interesse<br />

des Arbeitgebers und dem Interesse des<br />

Beschäftigten.<br />

LAG Mainz, 4 Sa 404/14<br />

ARBEITSZEITEN<br />

„In Vollzeit beschäftigt“<br />

bedeutet 40-Stunden-Woche<br />

Heißt es in einem Arbeitsvertrag, dass<br />

ein Busfahrer „in Vollzeit beschäftigt“ ist,<br />

so spricht dies dafür, dass die Arbeitszeit<br />

unter Zugrundelegung einer Fünf-<br />

Tage-Woche und eines Acht-Stunden-<br />

Arbeitstages 40 Wochenstunden nicht<br />

übersteigt. Eine längere Arbeitszeit muss<br />

im Arbeitsvertrag ausdrücklich benannt<br />

werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht<br />

(BAG) entschieden.<br />

Laut seinem Arbeitsvertrag war ein Busfahrer<br />

„in Vollzeit beschäftigt“. Er ging<br />

aufgrund der Formulierung davon aus,<br />

eine 40-Stunden-Woche zu haben. Da<br />

der Busfahrer teilweise länger arbeitete,<br />

machte er die Vergütung der Überstunden<br />

nach zunächst erfolgloser außergerichtlicher<br />

Forderung gerichtlich geltend.<br />

Während das Arbeitsgericht Dortmund<br />

die Klage abwies, gab ihr das Landesarbeitsgericht<br />

(LAG) Hamm statt. Seiner<br />

Ansicht nach sei aufgrund des Arbeitsvertrages<br />

von einer 40-Stunden-Woche<br />

auszugehen gewesen. Dem Busfahrer<br />

steht daher ein Anspruch auf Vergütung<br />

der darüber hinaus geleisteten Arbeitsstunden<br />

zu. Gegen diese Entscheidung<br />

legte der Arbeitgeber Revision ein, welche<br />

vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen<br />

wurde. Dem Busfahrer stehe<br />

ein Anspruch auf Vergütung der geleisteten<br />

Überstunden gemäß § 612 Absatz<br />

1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)<br />

zu. Die Parteien hätten eine regelmäßige<br />

Arbeitszeit von 40 Wochenstunden vereinbart,<br />

darüber hinausgehende Arbeitszeit<br />

sei mithin als Überstunden zu werten<br />

gewesen. BAG, 5 AZR 602/13<br />

<br />

W+M<br />

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46 | W+M RATGEBER<br />

Option Gutschein statt Geld<br />

Zahlungsströme aktiv vermarkten – mit dieser Idee will das junge<br />

Berliner FinTech-Unternehmen OptioPay GmbH die Umsätze von<br />

Banken, Versicherungen und Einzelhändlern ankurbeln. Dafür konnte<br />

das Unternehmen die Commerzbank-Tochter main incubator als<br />

Investor gewinnen. Von Matthias Salm<br />

60 Werbetreibende konnten die Berliner<br />

für ihr Gutschein-Netzwerk bereits gewinnen,<br />

darunter auch Branchengrößen<br />

des Online-Handels wie Amazon oder Zalando.<br />

Auch die Investoren sind zahlreich,<br />

darunter auch die Main Incubator GmbH,<br />

eine Tochtergesellschaft der Commerzbank.<br />

„Das innovative Geschäftsmodell,<br />

die breite Anwendbarkeit der OptioPay-<br />

Lösung in der Commerzbank und bei ihren<br />

Kunden sowie die Erfahrungstiefe<br />

Die Lage ist exklusiv – versteckt im<br />

Schatten der Mauerreste der Berliner<br />

East Side Gallery, mit Blick auf<br />

die Spree, liegt der Mühlenspeicher. Ein<br />

Gebäude, das als Eventlocation und Hort<br />

der Kreativszene dient. Kreativ ist auch das,<br />

was die rund 30 Mitarbeiter des jungen<br />

Berliner FinTech-Start-ups OptioPay GmbH<br />

im dritten Stock des historischen Getreidespeichers<br />

planen: aus dem bisher rein technischen<br />

Vorgang der Zahlungsabwicklung<br />

ein attraktives Geschäft zu machen.<br />

Das Prinzip: Mit seiner Auszahlungsplattform<br />

wickelt OptioPay Zahlungen von Unternehmen<br />

an deren Kunden oder Mitarbeiter<br />

ab. Dabei erhöht OptioPay den Wert<br />

der Auszahlungen, indem höherwertige<br />

Gutscheine von Einzelhändlern und Dienstleistern<br />

als Auszahlungsoption angeboten<br />

werden. Das funktioniert im Beispielfall<br />

so: Die Auszahlung einer Versicherung<br />

zur Schadensregulierung in Höhe von 100<br />

Euro kann der Versicherte um beispielsweise<br />

zehn Prozent erhöhen, indem er sie<br />

in eine Überweisung in Höhe von 50 Euro<br />

und in einen Wertgutschein eines Einzelhändlers<br />

in Höhe von 60 Euro splittet.<br />

Der Gutschein lässt sich zum Beispiel dann<br />

wahlweise für Mode, Technik oder Produkte<br />

des täglichen Bedarfs verwenden. „Erhält<br />

der Kunde etwa eine Versicherungszahlung<br />

für ein gestohlenes Fahrrad, kann<br />

ihm gezielt der Gutschein eines Fahrradhändlers<br />

offeriert werden“, erläutert Moritz<br />

Claussen, einer der fünf Mitgründer<br />

von OptioPay, die Gutscheinoption.<br />

Das Gründerteam der OptioPay GmbH.<br />

Eine klassische Win-Win-Win-Situation:<br />

Der Kunde erhält eine erhöhte Auszahlung.<br />

Die auszahlenden Unternehmen<br />

wiederum profitieren von einer Provisionsbeteiligung.<br />

Der Gutscheinanbieter<br />

erzielt unmittelbar Umsätze, ohne dass<br />

ihm dafür Fixkosten entstehen. OptioPay<br />

fügt sich dabei in jedes Zahlungssystem<br />

ein. Für Banken besteht etwa die Möglichkeit<br />

der kompletten Integration in das<br />

Girokonto. Der Kunde kann dann mit jedem<br />

Zahlungseingang direkt aus dem Girokonto<br />

Gutscheine erwerben.<br />

Gutscheine zur Kundenbindung einzusetzen,<br />

ist zwar längst ein erprobtes Stilmittel<br />

im Handel. „Unseren globalen Ansatz,<br />

Zahlungsströme zu vermarkten, gibt es in<br />

dieser Form aber noch nicht“, betont Oliver<br />

Oster, wie Marcus Börner, Mike Rötgers<br />

und Oliver Neumann einer der weiteren<br />

Co-Founder von OptioPay.<br />

des Gründerteams mit dem Seriengründer<br />

Marcus Börner hat uns überzeugt“,<br />

begründet Christian Hoppe, Geschäftsführer<br />

der Commerzbank-Tochter, die Beteiligung.<br />

So steht OptioPay auch für das Modell<br />

„Kooperation statt Wettbewerb“ zwischen<br />

Banken und aufstrebenden Fin-<br />

Techs. Claussen hält eine solche Kooperation<br />

beiderseits für sinnvoll: OptioPay<br />

bringt innovatives Know-how ein, das<br />

nicht in die Kernkompetenz von Banken<br />

oder Versicherungen fällt. Gleichzeitig erleichtert<br />

das Renommee der Commerzbank<br />

dem Berliner Start-up die Akquise<br />

neuer Partner für sein Geschäftsmodell.<br />

<br />

W+M<br />

Foto: OptioPay/Ana Santl<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


FINANZEN | 47<br />

Christian Hoppe, Geschäftsführer<br />

der Main Incubator GmbH.<br />

Das Banking<br />

wird neu gedacht<br />

FinTech-Unternehmen revolutionieren den<br />

Bankenmarkt. W+M sprach mit Christian<br />

Hoppe, Geschäftsführer der Commerzbank-<br />

Tochtergesellschaft Main Incubator GmbH (kurz:<br />

main incubator), über die Chancen und Risiken für<br />

die klassischen Geschäftsbanken.<br />

Foto: Commerzbank AG<br />

W+M: Herr Hoppe, die Commerzbank<br />

geht über ihre Tochtergesellschaft main<br />

incubator strategische Investments in Finanztechnologie-Start-ups<br />

ein. Welche<br />

Rolle spielt die neue Konkurrenz im Bankenmarkt<br />

für die Commerzbank?<br />

Christian Hoppe: Das Banking wird<br />

von den FinTechs zum Teil neu gedacht.<br />

Durch sie finden technische Lösungen<br />

Anwendung, die das Banking effizienter<br />

gestalten und prozessual anders aufstellen,<br />

die Daten umfassender verknüpfen<br />

und detaillierter auswerten. FinTechs<br />

können die Bank der Zukunft damit in<br />

eine digitale Richtung leiten.<br />

W+M: Nennen Sie bitte ein Beispiel!<br />

Christian Hoppe: FinTechs erlauben beispielsweise<br />

dem Bankkunden, das Banking<br />

durch entsprechende Nutzeroberflächen<br />

zukünftig selbst umfassender zu<br />

steuern. Sie liefern Frontend-Services,<br />

die über<br />

benutzerfreundliche<br />

Oberflächen den Kunden<br />

effizient und übersichtlich<br />

durch Auswahlprozesse<br />

führen.<br />

Als Beispiel seien die<br />

FinTechs im Geldanlagebereich<br />

genannt, die<br />

dem Kunden eine eigene Risikoeinschätzung<br />

und Portfolioauswahl zur<br />

Verfügung stellen.<br />

W+M: Wie sollten Banken auf diese<br />

Entwicklungen reagieren?<br />

Christian Hoppe: Banken müssen heute<br />

schneller an den Trends im Banking dran<br />

sein und mit FinTechs kooperieren. Die<br />

Tatsache, dass der main incubator existiert,<br />

zeigt, dass die Commerzbank konsequent<br />

reagiert und auf strategische Kooperationen<br />

mit Mehrwert für die Mittelstandskunden<br />

setzt.<br />

W+M: Main incubator hat bereits über<br />

300 Geschäftskonzepte von FinTechs gesichtet.<br />

Welche Geschäftskonzepte sind<br />

für Sie interessant?<br />

Christian Hoppe: Wir schauen uns<br />

Start-ups in der Markteintrittsphase an,<br />

die innovative Banking-Produkte und Lösungen<br />

anbieten. Unser Fokus liegt dabei<br />

auf Lösungen für den B2B-Bereich.<br />

Bietet ein FinTech eine geeignete Lösung<br />

an, so gehen wir mit diesem eine längerfristige<br />

Partnerschaft über ein strategisches<br />

Investment ein. Wir bieten Fin-<br />

Techs in der Seed-Phase also Kapital mit<br />

Hebelwirkung. Der main incubator strebt<br />

bei seinen Investments übrigens keine<br />

Mehrheitsbeteiligung an, denn die Jungunternehmen<br />

sollen eigenständig bleiben.<br />

Auch wollen wir keine Exklusivität,<br />

denn wir wollen den FinTechs den<br />

Zugang zu den Kunden in der gesamten<br />

Bankenbranche ermöglichen.<br />

W+M: Wie profitiert das FinTech-Unternehmen<br />

von der Partnerschaft?<br />

Christian Hoppe: Es bekommt Zugang<br />

zu den Geschäfts- und Firmenkunden der<br />

Commerzbank, Beteiligungskapital, Banking-Know-how<br />

und – wenn gewünscht<br />

– auch Büro- und IT-Infrastruktur im Gebäude<br />

des Inkubators. Gerade im Firmenkundengeschäft<br />

ist der Kundenzugang<br />

ein Mehrwert für FinTechs, denn<br />

die Kundenakquise ist sehr kostenintensiv.<br />

Zudem sind die Lösungen bisweilen<br />

komplex und decken nur Teile der Wertschöpfung<br />

ab. Ein weiteres Angebot ist<br />

die enge Zusammenarbeit mit einem Experten-Netzwerk,<br />

welche das Time-to-<br />

Market für die Start-ups erheblich verkürzen<br />

und die Unsicherheiten rund um die<br />

regulatorischen Anforderungen reduzieren<br />

kann.<br />

W+M: Wie viele Engagements haben Sie<br />

bereits getätigt?<br />

Christian Hoppe: Bisher haben wir drei<br />

Investments getätigt: in Traxpay, Gini und<br />

OptioPay.<br />

Interview: Matthias Salm<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


48 | W+M RATGEBER FINANZEN<br />

IT-Risikoanalyse vor<br />

Betriebsprüfungen<br />

Vier Fragen an …<br />

Dr. Michael Bormann<br />

Rund 23,5 Milliarden Euro an zusätzlichen<br />

Steuern haben deutsche<br />

Finanzbehörden 2<strong>01</strong>4 eingetrieben,<br />

davon kamen allein 17,9 Milliarden<br />

durch reguläre Betriebsprüfungen<br />

zusammen. Geben die Unternehmer<br />

so oft fehlerhafte Steuererklärungen<br />

ab?<br />

In der Komplexität des deutschen Steuerrechtes<br />

durchzusehen, ist für den Unternehmer<br />

nicht einfach. Zudem muss er seine<br />

Unterschrift unter den Schlussbericht<br />

seines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers<br />

setzen, ohne im Regelfall jemals<br />

detailliert in die Materie eingestiegen zu<br />

sein. Er setzt auf Vertrauen, dass eine einwandfreie<br />

elektronische Steuererklärung<br />

erstellt wurde.<br />

Umgekehrt haben die Finanzämter mittlerweile<br />

eine leistungsfähige Analysesoftware.<br />

Als diese eingeführt wurde, hatten<br />

die Prüfer noch sehr damit zu kämpfen.<br />

Inzwischen sind die Anfangsprobleme<br />

überwunden und die elektronische Prüfung<br />

wird auf allen Feldern – wie Lohnsteuerprüfung,<br />

Umsatzsteuerprüfung, vollständige<br />

Betriebsprüfung – umfänglich durchgeführt.<br />

Diese Analysesoftware kann erheblich<br />

umfangreichere Datenmengen<br />

weitaus schneller und qualitativ besser untersuchen<br />

als zu früheren analogen Zeiten.<br />

Wie kann man sich vor einer Betriebsprüfung<br />

schützen?<br />

Vor einer Betriebsprüfung kann man sich<br />

nicht schützen. Wenn die Ankündigung<br />

kommt, geht schon mal der Puls hoch,<br />

nicht zuletzt, weil der oftmals aufwändige<br />

Vorgang viel Zeit verbraucht, die<br />

man lieber in die Akquise neuer Aufträge<br />

oder in die Weiterentwicklung seines<br />

Unternehmens investieren würde. Auch<br />

der Gedanke an mögliche Verluste, weil<br />

der Unternehmer unerlaubte Handlungen<br />

oder unbeabsichtigte Ertragsminderungen<br />

nicht erkannt hat, macht ein mulmiges<br />

Gefühl.<br />

Dieses ungute Gefühl lässt sich aber<br />

nicht abbauen?<br />

ZUR PERSON<br />

Dr. Michael Bormann ist Gründungspartner<br />

der Sozietät bdp Bormann, Demant<br />

& Partner mit Büros unter anderem<br />

in Berlin, Dresden, Rostock sowie<br />

in Tianjin (China). Er berät Unternehmer<br />

in Fragen der Finanzierung, Restrukturierung,<br />

M&A und Unternehmensnachfolge<br />

sowie beim Aufbau von Produktionsstätten<br />

in China.<br />

<br />

www.bdp-team.de<br />

Es lässt sich auf ein Minimum reduzieren,<br />

wenn man die Situation einer Betriebsprüfung<br />

vorher im Unternehmen simuliert. Wer<br />

vor Betriebsprüfungen genau weiß, welche<br />

rechtlichen Anforderungen an ein digitales<br />

Belegsystem gestellt werden, ohne dass<br />

der Fiskus hiergegen etwas tun kann, kann<br />

einer Betriebsprüfung hinsichtlich dieses<br />

Punktes gelassen entgegen sehen.<br />

Eine Betriebsprüfung zu simulieren,<br />

heißt aber, die Waffen des Gegners<br />

zu kennen?<br />

Bdp und andere Beratungsunternehmen<br />

setzen zur Prävention die Analysesoftware<br />

IDEA ein, die auch von den Außenprüfern<br />

des Finanzamtes verwendet wird. Diese<br />

sollte zur Risikoidentifikation vor einer externen<br />

Betriebsprüfung als auch bei der<br />

internen Revision und für den Aufbau eines<br />

internen Kontrollsystems genutzt werden.<br />

Damit wird nicht nur Waffengleichheit<br />

mit dem Finanzamt hergestellt, sondern<br />

es werden im Vorfeld sogenannte dolose<br />

Handlungen wie vorsätzliche Bilanzfälschung<br />

oder Untreue, die etwa von Mitarbeitern<br />

begangen wurden, systematisch<br />

entdeckt. Es ist also immer ratsam, nicht<br />

nur seine Buchhaltung, sondern sämtliche<br />

Geschäftsprozesse vorsorglich einer EDV-<br />

Voranalyse unterziehen zu lassen. W+M<br />

Foto: bdp<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


RATGEBER LITERATUR | 49<br />

Wirtschaftsliteratur<br />

Die ostdeutsche<br />

Bestsellerliste<br />

1<br />

2<br />

3<br />

6<br />

7<br />

5<br />

8<br />

4<br />

9<br />

10<br />

Die ostdeutsche Bestsellerliste für Wirtschaftsliteratur<br />

wird aus den Verkaufszahlen<br />

großer Buchhandlungen in Brandenburg,<br />

Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />

erstellt. Beteiligt haben sich:<br />

• Hugendubel Cottbus,<br />

Mauerstraße 8, 03046 Cottbus<br />

• Hugendubel Erfurt,<br />

Anger 62, 99084 Erfurt<br />

• Hugendubel Greifswald,<br />

Markt 20–21, 17489 Greifswald<br />

• Hugendubel Leipzig,<br />

Petersstraße 12–14, 04109 Leipzig<br />

• Hugendubel Potsdam,<br />

Stern-Center 1, 14480 Potsdam<br />

• Hugendubel Schwerin,<br />

Marienplatz 3, 19053 Schwerin<br />

• Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung,<br />

Logenstraße 8, 15230 Frankfurt/Oder<br />

Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen<br />

jederzeit offen. Schreiben Sie bei<br />

Interesse eine E-Mail an JP@WundM.info.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


50 | W+M RATGEBER<br />

Schreiben und bleiben<br />

Vom Luxus, selbstbestimmt zu handeln<br />

Das handschriftliche Verfassen von Einladungen, Notizen oder<br />

geschäftlichen Korrespondenzen ist wieder im Kommen. Es stellt<br />

eine Gegenbewegung zur Digitalisierung dar. Welche Rolle dabei<br />

Luxusschreibgeräte spielen, erklärt die Wirtschaftspsychologin<br />

Dr. Alexandra Hildebrandt.<br />

Porsche Design P‘3135<br />

Solid Gold Limited Edition<br />

Mit dieser ultralimitierten Edition<br />

präsentiert die Luxusmarke einen<br />

der exklusivsten Füllfederhalter für<br />

Liebhaber von luxuriösen Schreibgeräten<br />

– weltweit lediglich elf Mal erhältlich.<br />

Das edle Schreibgerät ist aus einem<br />

einzigen Stück 14-karätigem Gold<br />

gefertigt. Preis: 25.000 €.<br />

www.porsche-design.com<br />

Sag mir, wie du<br />

schreibst – und ich<br />

sage dir, wer du bist.<br />

In der Schrift eines Menschen<br />

ist sein Wesen erkennbar:<br />

sein Wille, seine<br />

Kraft, aber auch seine Unsicherheiten.<br />

Jemand macht<br />

sich groß, wenn er die Buchstaben<br />

raumfüllend gestaltet<br />

und seinen Namen unterstreicht.<br />

Er zeigt sich als Grenzüberschreiter,<br />

wenn er nicht auf der Zeile<br />

bleibt. Oder er hält die Buchstaben<br />

klein wie sich selbst.<br />

Visconti<br />

Van Gogh Collection<br />

Die Füllfederhalter, Tintenroller,<br />

Kugelschreiber und Stifte aus der Van<br />

Gogh Collection hüllen sich jeweils<br />

in die Farben eines bestimmten Van-<br />

Gogh-Gemäldes, nach denen sie<br />

benannt wurden. Jedes Schreibgerät<br />

der Kollektion trägt den eingravierten<br />

Namenszug van Goghs und wird in<br />

einer Geschenkbox mit einem Bild des<br />

reproduzierten Gemäldes geliefert.<br />

Preis: ab 195 €.<br />

www.visconti.it/en/visconti<br />

E-Mail und Social Media kommuniziert<br />

wird, immer weniger auf dem Papier erkennen<br />

können. Unterschriften sind oft<br />

der einzige Eindruck vom Menschen<br />

hinter den Zeilen, denn auch persönlich<br />

geschriebene Briefe werden immer<br />

seltener. Es gibt allerdings keinen<br />

Zweifel daran, dass die Kulturtechnik<br />

Schreiben überleben wird.<br />

Wider die Digitalisierung<br />

Bereits seit einigen Jahren ist<br />

eine Gegenbewegung zu den digitalen<br />

und mechanisierten Gestaltungsmöglichkeiten<br />

spürbar.<br />

Das Schreiben gewinnt<br />

vor diesem Hintergrund immer<br />

mehr den Nimbus eines<br />

Luxus, den auch zunehmend<br />

Unternehmen für<br />

sich entdecken, die Einladungen,<br />

Schilder und Karten<br />

von Hand beschriften<br />

lassen. „Handlettering“,<br />

das ursprünglich in der<br />

Schildermalerei beheimatet<br />

war, ist derzeit bei allen gefragt,<br />

die Schönschrift mögen und ihren Kunden<br />

eine besondere Form der Wertschätzung<br />

entgegenbringen möchten.<br />

Wahrer Luxus ist nachhaltig<br />

Der Begriff Luxus kommt aus dem Lateinischen<br />

und bedeutet „Verschwendung“ –<br />

allerdings ist Luxus wirtschaftlich gesehen<br />

alles andere als überflüssig. Für Clemens<br />

Pflanz, Gründer und geschäftsführender<br />

Vorstand des deutschen Luxusverbandes<br />

Meisterkreis, hat billiger Flitter mit Luxus<br />

nichts zu tun. Wahrer Luxus ist für ihn sogar<br />

nachhaltig, weil hochpreisige Produkte<br />

von den Konsumenten wertschätzender<br />

behandelt werden und wegen ihrer hochwertigen<br />

handwerklichen Verarbeitung<br />

länger halten. Von echter Verschwendung<br />

kann bei einem übermäßigen Gebrauch<br />

von Billigschreibgeräten gesprochen werden,<br />

die nach kurzer Zeit kaputtgehen oder<br />

von Anfang an schlecht schreiben, sodass<br />

der Stift schnell in die Mülltonne<br />

wandert.<br />

Die Handschrift bleibt<br />

Die Handschrift sagt viel über das Wesen<br />

eines Menschen aus, das wir in einer<br />

Zeit, in der das meiste nur noch über<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


MANAGEMENT & LIFESTYLE | 51<br />

Edle Editionen<br />

Dass Füllfederhalter in Zeiten von Smartphones<br />

und Laptops noch eine Zukunft<br />

haben und nicht aus der Zeit gefallen<br />

sind, zeigt sich vor allem am Beispiel von<br />

Montblanc, wo Füller-Sondereditionen für<br />

Sammler auf jeweils 4.810 Stück limitiert<br />

sind (die Zahl entspricht den Höhenmetern<br />

des Montblanc). Die Editionen sind unter<br />

anderem Charlie Chaplin, Thomas Mann,<br />

Greta Garbo oder Luciano Pavarotti gewidmet<br />

und erzählen Geschichten. Die Luxusbranche<br />

lebt von ihnen, weil sie ihre Kernbotschaft<br />

vermitteln, aber auch Begehrlichkeit<br />

und Leidenschaft wecken.<br />

Einfach echt<br />

Etwas Besseres als die Digitalisierung<br />

hätte der Traditionsmarke Montblanc<br />

nicht passieren können. „Vor zwanzig<br />

Jahren war das Digitale noch selten und<br />

etwas Cooles, der Alltag lief analog ab“,<br />

sagt Jérôme Lambert, CEO bei Montblanc.<br />

Heute ist es umgekehrt: Analoge<br />

Dinge sind nicht mehr notwendig<br />

und werden nur noch aus Vergnügen benutzt.<br />

Für Lambert zählen Füllfederhalter<br />

zu den wenigen Luxusgütern, mit denen<br />

ihre Besitzer tatsächlich etwas tun können.<br />

„Schreiben ist etwas Aktives und<br />

Persönliches.“ Und etwas Prägendes im<br />

besten Wortsinn, das man spüren und hören<br />

kann, wenn die Feder über das Papier<br />

gleitet.<br />

W+M<br />

Der Beitrag wurde in Kooperation mit<br />

dem Magazin „Das Büro“ erarbeitet.<br />

LAMY imporium<br />

Diese Schreibgerätefamilie umfasst<br />

Füllhalter, Tintenroller, Kugelschreiber<br />

und Drehbleistift in den Ausführungen<br />

Titanium matt und Black matt. Ihr<br />

Markenzeichen ist der geradlinige,<br />

markant strukturierte Korpus inklusive<br />

Griffstück. Ein spannender Kontrast<br />

dazu: die streng zylindrisch ausgeführte,<br />

glatte Kappe mit dem massiven,<br />

hochglänzenden Clip. Preis: ab 270 €.<br />

www.lamy.de<br />

Montblanc White Solitaire<br />

ZUR PERSON<br />

Das Meisterstück White Solitaire zeigt einen der weltweit<br />

bekanntesten Füllfederhalter in neuem Erscheinungsbild.<br />

Kappe und Schaft in weißem Lack geben ihm den Anschein<br />

von Reinheit. Das Schreibgerät ist mit rotgoldenen<br />

Elementen verziert. Das Montblanc-Emblem, das die<br />

Spitze des Schreibgerätes krönt, ist in die lackierte Kappe<br />

eingelegt. Preis: ab 810 €.<br />

www.montblanc.com<br />

Dr. Alexandra Hildebrandt ist Sachbuchautorin,<br />

Hochschuldozentin und Mitinitiatorin<br />

der Initiative „Gesichter der<br />

Nachhaltigkeit“.<br />

www.gesichter-der-nachhaltigkeit.de<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


52 | W+M RATGEBER<br />

So macht Mann beim Ball<br />

eine gute Figur<br />

Es ist wieder Ballsaison. Zwischen November und Februar<br />

gibt es besonders viele festliche Ereignisse, die mit einem Ball<br />

begangen werden. Für Unternehmer und Führungskräfte sind<br />

diese Veranstaltungen häufig ein Muss, schließlich dienen sie<br />

der exklusiven Netzwerkarbeit und sind darüber hinaus lokal oder<br />

regional wichtige gesellschaftliche Ereignisse. Um auf einem Ball<br />

eine gute Figur abzugeben, sollte man sich rechtzeitig um die<br />

angemessene Garderobe und passende Accessoires kümmern.<br />

Von Karsten Hintzmann<br />

Wer sich auf einen Ballbesuch<br />

vorbereitet, sollte zunächst aufmerksam<br />

die Einladungskarte<br />

studieren. Dort gibt es oft schon den entscheidenden<br />

Hinweis zum gewünschten<br />

Dresscode. Für gewöhnlich wird für den<br />

Mann „Black Tie“ vermerkt sein – das bedeutet,<br />

dass das Tragen eines Smokings<br />

erwartet wird. Nur wenn als Dresscode<br />

„Black Tie optional“ angegeben ist, hat<br />

Mann die Wahl zwischen einem Smoking<br />

und einem dunklen Anzug mit eleganter<br />

Krawatte. Frauen sind am besten mit einem<br />

langen Abendkleid angezogen,<br />

das sie zu diesem Anlass<br />

endlich einmal ausführen<br />

dürfen. Hier<br />

sollte darauf geachtet<br />

werden, dass<br />

gedeckte Farben<br />

besser passen<br />

als ein auffälliges<br />

Muster. Ein schulterfreies<br />

Kleid wird<br />

idealerweise durch<br />

einen Schal oder eine<br />

Stola ergänzt. Miniröcke<br />

sind in jedem Fall tabu – das<br />

Kleid sollte mindestens bis zu den<br />

Knien reichen.<br />

Ein klassisches Smokinghem d mit Kläppchenkragen.<br />

Nicht selten trifft man auf Bällen männliche<br />

Gäste, die im Vorfeld ganz offenkundig<br />

keinen Blick auf die Einladung geworfen<br />

und sich daher für einen hellen<br />

Straßenanzug oder gar Sakko und Jeans<br />

entschieden haben. Aus Sicht der diplomierten<br />

Modedesignerin Martina Satzinger,<br />

die für den Maßbekleider „Cut For<br />

You“ in Berlin arbeitet, ist das ein eher unverzeihlicher<br />

Stilbruch: „Es ist eine Form<br />

von Wertschätzung gegenüber dem Ereignis<br />

und dem Veranstalter, dass sich der<br />

Ballgast an die vorgegebene Kleiderordnung<br />

hält. Mit Jeans geht man zum Rockkonzert,<br />

aber nicht zum Ball.“<br />

Also halten wir fest: Zu den Bällen, die<br />

in unseren Breiten veranstaltet<br />

werden, erscheint der<br />

Herr am besten im Smoking.<br />

Das klingt nach<br />

Einheitslook. Ist es<br />

aber nicht. Denn<br />

Smokings gibt es<br />

in den verschiedensten<br />

Varianten.<br />

Nicht ganz so vielfältig<br />

ist die Farbpalette,<br />

sie reicht vom<br />

klassischen Schwarz<br />

über Dunkelgrau bis zu<br />

Dunkelblau, das aktuell angesagt<br />

ist. Eine persönliche Note<br />

kann man mit geschickt gewählten Accessoires<br />

kreieren. Im Mittelpunkt stehen<br />

hier das Smokinghemd, die Schleife,<br />

das Einstecktuch, Manschettenknöpfe,<br />

möglicherweise ein Kummerbund sowie<br />

die Schuhe.<br />

Die Mode-Expertin Martina Satzinger<br />

gibt praktische Tipps für die Ballmoden-<br />

Saison:<br />

Smokinghemd<br />

Idealerweise wird ein weißes Hemd gewählt,<br />

weil es den besten Kontrast zu einem<br />

schwarzen Smoking bildet. Möglich<br />

sind jedoch auch cremefarbene oder<br />

schwarze Hemden. Wichtig ist, dass das<br />

Hemd einfarbig ist. Bei Smokinghemden<br />

unterscheidet man Kläppchenkragen – im<br />

Volksmund auch „Vatermörder“ genannt<br />

– und Hemden mit Kentkragen. Das<br />

Hemd sollte Umschlagmanschetten sowie<br />

eine verdeckte Knopfleiste haben. Alternativ<br />

zur verdeckten Knopfleiste kann<br />

auch ein Hemd mit Schmuckknöpfen getragen<br />

werden.<br />

Einstecktuch<br />

Klassisch ist ein weißes Baumwolltuch,<br />

das gerade und parallel in der Einstecktasche<br />

platziert wird und rund zwei Zentimeter<br />

herausschaut. Es können aber<br />

durchaus auch farbige Tücher verwendet<br />

werden, die dann mit der Farbe der<br />

Schleife korrespondieren sollten. Modebewusste<br />

Smokingträger drapieren das<br />

Tuch gern auch etwas eigenwilliger in der<br />

Einstecktasche.<br />

Schleife<br />

Schleife und Smoking gehören zusammen.<br />

Eine Krawatte ist in dieser Kombination<br />

ausgeschlossen. Üblich sind vorgebundene<br />

Schleifen aus Seide oder Samt.<br />

Klassisch ist die schwarze Schleife. Gern<br />

wird aber farblich etwas variiert, aktuell<br />

sind rote und bordeauxfarbene Schleifen<br />

im Trend. Wer zu einer farbigen Schleife<br />

tendiert, sollte sich farblich am Kleid der<br />

Begleiterin orientieren. Falls ein Kummerbund<br />

getragen wird, sollte die Schleife<br />

farblich dazu passen.<br />

Hosenträger<br />

Zum Smoking wird kein Gürtel getragen.<br />

Um für den nötigen Halt zu sorgen,<br />

nimmt man Hosenträger. Auch wenn die<br />

Hosenträger meist im Verborgenen bleiben,<br />

sollten sie sorgfältig ausgewählt<br />

sein. In Mode: weiße Hosenträger, wie<br />

sie der Agent James Bond in seinen Filmen<br />

trägt.<br />

Foto: Scabal<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


BALLMODE | 53<br />

Fotos: Scabal, konradbak/fotolia.com (Mitte links), WILVORST (unten rechts)<br />

Wirkt ausgesprochen edel: eine Schleife aus Samt.<br />

Hosenträger verleihen den nötigen Halt.<br />

Ein schickes A ccessoire ist das Einstecktuch.<br />

Zum Smoking trägt man Manschettenknöpfe.<br />

Manschettenknöpfe<br />

Es sollte darauf geachtet werden,<br />

dass die Manschettenknöpfe vom<br />

Metall her zur Uhr passen. Also: Bitte<br />

nicht Gelbgold mit Silber kreuzen.<br />

Schuhe<br />

Der perfekte Ballschuh ist ein Slipper<br />

in Lackleder. Wer die Anschaffung<br />

eines Lackschuhs scheut,<br />

kann auf einen glatten schwarzen<br />

Schuh ohne Nähte ausweichen.<br />

Wer tanzen möchte, sollte darauf<br />

achten, dass der Schuh eine Ledersohle<br />

hat.<br />

Unverzichtbar: der schwarze Lackschuh.<br />

Ein kleiner Hinweis für die Glücklichen,<br />

die es im Februar 2<strong>01</strong>6 zum<br />

Wiener Opernball zieht. Dort ist als<br />

Dresscode zwingend „White Tie“,<br />

also Frack, vorgeschrieben. Wer sich<br />

eigenmächtig für eine alternative Bekleidung<br />

entschieden hat, kommt<br />

nicht in die altehrwürdige Staatsoper,<br />

egal wie teuer die Eintrittskarte<br />

auch war.<br />

W+M<br />

Ein Smoking im derzeit angesagten Flanell.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


54 | W+M NETZWERK<br />

Macher 25 – Der große Wirtschaftspreis des Ostens<br />

Erfolgreiche<br />

Unternehmensgeschichten<br />

Staatssekretärin Iris Gleicke lobte die soziale Verantwortung,<br />

den Unternehmergeist und die Risikobereitschaft der<br />

Unternehmer.<br />

Die Preisträger von<br />

„Macher 25 – Der<br />

große Wirtschaftspreis<br />

des Ostens“ sind gekürt:<br />

In der Kategorie „Lebenswerk“<br />

ist Heinrich<br />

von Nathusius, Gründer<br />

der IFA-Gruppe aus Haldensleben,<br />

der Bestplatzierte.<br />

Die Unternehmen<br />

Dresdner Lackfabrik novatic<br />

und die Chemnitzer<br />

INTENTA GmbH machten<br />

das Rennen in den<br />

Kategorien „Unternehmensnachfolge“<br />

und<br />

„Start-up/Innovation“.<br />

Zum Kreis der Preisträger<br />

zählen auch die jeweils Zweit- und<br />

Drittplatzierten in den drei Kategorien.<br />

Alle neun „Macher des Ostens“ wurden<br />

am 20. Oktober im Rahmen eines Festaktes<br />

in Berlin ausgezeichnet. „Die Preisträger<br />

verbindet ihr herausragender Einsatz<br />

für den Standort Ost“, sagte VBKI-<br />

Präsidiumsmitglied Dr. Sigrid Nikutta, die<br />

in ihrem Hauptberuf Chefin der Berliner<br />

Verkehrsbetriebe ist, während der Preisverleihung.<br />

Staatssekretärin Iris Gleicke<br />

(SPD) ergänzte: „Soziale Verantwortung,<br />

Unternehmergeist und Risikobereitschaft<br />

– das sind Charaktereigenschaften, die einen<br />

erfolgreichen, gemeinwohlorientierten<br />

Unternehmer ausmachen.”<br />

Die Wahl der neun „Macher des Ostens<br />

2<strong>01</strong>5“ oblag einer Expertenjury unter Vorsitz<br />

von Matthias Platzeck. Das Gremium<br />

sichtete mehr als 150 Einreichungen. Mit<br />

dem erstmalig vergebenen Wirtschaftspreis<br />

macht der VBKI im Jahr 25 nach der<br />

Deutschen Einheit auf die bedeutende<br />

Rolle des Unternehmertums beim Aufbau<br />

Ost aufmerksam.<br />

W+M<br />

Die Chemnitzer INTENTA GmbH machte das Rennen in der<br />

Kategorie „Start-up/Innovation“.<br />

Sigrid Nikutta hielt die Rede des VBKI.<br />

Jörg Ritter<br />

(KPMG),<br />

einer der<br />

Laudatoren.<br />

Gewinner in der Kategorie „Unternehmensnachfolge“:<br />

Die Dresdner Lackfabrik novatic.<br />

Fotos: Inga Haar<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


GESELLSCHAFT | 55<br />

25. Sächsischer Unternehmerball<br />

Unternehmer mit Leidenschaft<br />

und Rhythmus<br />

Mehr als 340 Gäste waren der Einladung<br />

zum 25. Sächsischen Unternehmerball<br />

am 14. November<br />

im Leipziger Hotel Westin gefolgt. Nach<br />

einer Schweigeminute für die Opfer des<br />

Terroranschlags von Paris vom Vortag und<br />

bewegten Worten von Leipzigs Oberbürgermeister<br />

Burkhard Jung stimmte der<br />

Film über die Entwicklung des Unternehmerverbandes<br />

Sachsen ins eigentliche<br />

Thema des Abends. Erzählt wurde die<br />

Erfolgsgeschichte einer starken Gemeinschaft<br />

von sächsischen Unternehmern,<br />

die ihrer Leidenschaft folgten und ihren<br />

Rhythmus fanden, „auch wenn sie hier<br />

und da mal aus dem Takt gerieten“,<br />

so UV-Präsident Hartmut<br />

Bunsen. „In den letzten<br />

25 Jahren haben wir mit Freude<br />

beobachten können, dass sächsische<br />

Unternehmerinnen und Unternehmer in<br />

der Lage sind, sich immer wieder neu zu<br />

erfinden. Das ist Innovation. Also lassen<br />

Sie uns gemeinsam eine bewegte Vergangenheit<br />

mit vielen Erfolgen feiern und<br />

auf eine tanzende Zukunft schauen“, ermunterte<br />

er die Gäste. Aufgelockert wurde<br />

der Abend durch Show- und Tanzeinlagen<br />

der Dresdner Breakdance-Crew<br />

„THE SAXONZ“.<br />

W+M<br />

Effektvolle Breakdance-Einlagen.<br />

Hartmut Bunsen eröffnete den Ball.<br />

Gute Stimmung auf der Tanzfläche.<br />

Fotos: Andreas Koslowski<br />

UV-Geschäftsführer Lars Schaller und Livia Dinger.<br />

Die Moderatorin des Abends Peggy Schmidt.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


56 | W+M NETZWERK<br />

11. Ball der Generationen<br />

Tanz in Bansin<br />

Jüngst lud der Unternehmerverband<br />

Vorpommern zu seinem 11. Ball der<br />

Generationen ins „Hotel zur Post“<br />

im Seebad Bansin und zeichnete traditionell<br />

die Unternehmer des Jahres 2<strong>01</strong>5 aus.<br />

Zu Gast waren der Schirmherr der Veranstaltung,<br />

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident<br />

Erwin Sellering, Christian<br />

Pegel, Minister für Energie, Infrastruktur<br />

und Landesentwicklung des Landes, sowie<br />

Staatssekretär Dr. Stefan Rudolph aus<br />

dem Mecklenburgischen Wirtschaftsministerium.<br />

Vor dem gemütlichen Teil des Abends, in<br />

dem die Partyshowband „Back to Music“<br />

für Stimmung sorgte, wurden Sebastian F.<br />

Braun (Cheplapharm Arzneimittel GmbH)<br />

aus Greifswald als Unternehmer und Christoph<br />

Bade (Baugeschäft Bade GmbH) aus<br />

Mönkebude als Jungunternehmer des Jahres<br />

2<strong>01</strong>5 vom Verband geehrt. W+M<br />

Der 11. Ball der Generationen fand im „Hotel zur Post“ in Bansin statt.<br />

Die Tanzfläche war gut gefüllt.<br />

Sebastian F. Braun, Gerold Jürgens und Erwin Sellering (v. l.).<br />

Rolf Paukstat (l.) und Wolfgang Schröder mit Partnerinnen.<br />

Die Köche<br />

eröffneten das<br />

Dessertbuffet.<br />

Ausgelassene Stimmung unter den Gästen.<br />

Fotos: UV Vorpommern<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


GESELLSCHAFT | 57<br />

UV-Branchentag 2<strong>01</strong>5<br />

Tourismuswirtschaft zieht Bilanz<br />

Beim dritten Branchentag der regionalen<br />

Unternehmerverbände<br />

Mecklenburg-Vorpommerns – den<br />

W+M als Medienpartner unterstützte<br />

– drehte sich Mitte November 2<strong>01</strong>5 in<br />

Greifswald alles um das Thema „Tourismuswirtschaft“.<br />

Dabei richtete sich der<br />

Fokus nicht nur auf Hotels und Gaststätten,<br />

sondern auch auf deren Zulieferer,<br />

Reiseveranstalter, Event- und Festspieldienstleister,<br />

Verkehrsbetriebe und Anbieter<br />

aus dem touristischen Hinterland.<br />

Ziel des Branchentages war es, Unternehmer<br />

der Tourismusbranche zusammenzubringen,<br />

nützlichen Input fürs Geschäft<br />

zu geben und Handlungsempfehlungen<br />

für Politik und Wirtschaftsförderung<br />

abzuleiten. Den Eröffnungsvortrag<br />

hielt Rolf Seelige-Steinhoff, Seetel-Geschäftsführer<br />

und Unternehmer des Jahres<br />

2<strong>01</strong>5. Ausgerichtet wurde der Branchentag<br />

von den Unternehmerverbänden<br />

Vorpommern, Rostock und Schwerin. Von<br />

den Sponsoren waren das Hotel Hübner<br />

Warnemünde, das Trihotel Rostock und<br />

der Klatschmohn-Verlag vor Ort. W+M<br />

Gerhard Gühler und Wolfgang Kastirr (r.).<br />

Die Gäste beim Netzwerken.<br />

Zahlreiche Teilnehmer folgten der Einladung zum Branchentag.<br />

Fotos: UV Vorpommern<br />

Erfahrungsaustausch beim Kaffeetrinken.<br />

In den Pausen ergaben sich viele<br />

interessante Gesprächsthemen.<br />

Rolf Seelige-<br />

Steinhoff war<br />

Keynote Speaker.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


58 | W+M NETZWERK<br />

UnternehmerTag in Berlin<br />

Wertschöpfung durch<br />

Wertschätzung<br />

W+M<br />

CHEFSACHE<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 6/2<strong>01</strong>4<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

LOUNGE<br />

W IRtschA ft+<br />

SEMINAR<br />

KONFERENZ<br />

M<br />

W+M<br />

EVENT<br />

ARK t<br />

25. Jahrgang | Heft 6 | Dezember 2<strong>01</strong>4/Januar 2<strong>01</strong>5 | e 3,50 | ZKZ 84618<br />

D A s OstD e U tsche UnteR nehM e RMAGAz I n<br />

Miteinander ins Gespräch kommen, Erfahrungen austauschen, Wissen vermitteln,<br />

Ideen entwickeln, Impulse geben, Tipps erhalten, interessante Menschen<br />

kennenlernen, neue Trends erkennen, Gefahren<br />

und Probleme früh aufdecken, Unternehmerverantwortung<br />

wahrnehmen, Menschen<br />

anspornen, Mitarbeiter motivieren, Zeit-<br />

Geld<br />

management beherrschen, Entspannung<br />

finden, soziales Engagement<br />

verstärken, Miteinander ins Gespräch<br />

kommen, Erfahrungen austauschen,<br />

Wissen vermitteln, Ideen entwickeln,<br />

Impulse geben, Tipps erhalten, interessante<br />

Menschen kennenlernen, neue Trends<br />

erkennen, Gefahren und Probleme früh<br />

aufdecken, Unternehmerverantwortung<br />

wahrnehmen, Menschen anspornen, Mitarbeiter<br />

motivieren, Zeitmanagement beherrschen, Entspannung finden, soziales<br />

Engagement verstärken, Miteinander ins Gespräch kommen, Erfahrungen<br />

austauschen, Wissen vermitteln, Ideen entwickeln, Impulse geben, Tipps<br />

für den Mittelstand<br />

Mehr Informationen:<br />

030 479071-27<br />

Ausblick: Club@WundM.info Interview:<br />

Das plant die<br />

Wirtschaftsbilanz<br />

www.WundM.info/Club<br />

Leipziger Messe Klaus Wowereit<br />

Ratgeber:<br />

Autos, Uhren,<br />

Ballgarderobe<br />

Bodo Janssen, Chef der Upstalsboom-Hotels, sprach über Mitarbeiterzufriedenheit.<br />

Als eine Plattform für wertvollen Input<br />

zu aktuellen Themen haben sich die<br />

„UnternehmerTage“ des Schmidt-<br />

Collegs etabliert. So trafen sich Ende Oktober<br />

Unternehmer aus der Region im Berliner<br />

Hotel Upstalsboom. Auf dem Wirtschaftskongress<br />

für Exzellenz im Unternehmertum<br />

wiesen Top-Referenten den Teilnehmern mit<br />

spannenden Vorträgen den Weg zum Erfolg.<br />

Sie profitieren nun von neuen Ideen und klaren<br />

Handlungsanweisungen direkt aus der<br />

Praxis, da sich die Vorträge am Praxisalltag<br />

des Unternehmers orientieren.<br />

Paul Johannes Baumgartner überzeugte mit<br />

einem Vortrag, wie man Kunden zum Fan<br />

macht und damit auch für sein Produkt begeistern<br />

kann.<br />

Der Vortrag überraschte mit vielen Ideen,<br />

neuen Erkenntnissen und persönlichen Erlebnissen<br />

im Bereich der Kundenbeziehung.<br />

Bodo Janssen erörterte in einem emotionalen<br />

Bericht, wie er in seinem Unternehmen<br />

– den Upstalsboom-Hotels – die Mitarbeiterzufriedenheit<br />

um 80 Prozent steigern<br />

konnte. Sein Slogan: Wertschöpfung durch<br />

Wertschätzung. Und Brauereiunternehmer<br />

Georg Schneider ist es besonders wichtig,<br />

dem Unternehmen und den Produkten eine<br />

Seele zu geben. Sein Beitrag war ein gutes<br />

Beispiel für eine gelungene mittelständische<br />

Markenpolitik.<br />

Die UnternehmerTage finden in Kooperation<br />

mit <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />

statt.<br />

W+M<br />

Das<br />

Unternehmermagazin<br />

Unternehmernetzwerk<br />

des Ostens<br />

www.WundM.info/Club<br />

Interessante Lektüre für<br />

Unternehmer.<br />

Zwischen den Referaten blieb Zeit zum Netzwerken.<br />

Für das leibliche Wohl war gesorgt.<br />

Fotos: Upstalsboom/Katharina Zimmermann<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


GESELLSCHAFT | 59<br />

UnternehmerTag in Hoyerswerda<br />

Exzellenz im Unternehmertum<br />

Referent Heiko Schneider war begehrter<br />

Gesprächspartner.<br />

Mentaltrainer Alexander Hartmann erklärte den Reality Loop.<br />

Fotos: Maik Lagodzki (oben, unten links), W+M (Mitte)<br />

Exzellenz im Mittelstand – Was erfolgreiche<br />

Unternehmer anders machen“<br />

war das Thema des „Unternehmer-<br />

Tags“ am 6. November in der Lausitzhalle<br />

in Hoyerswerda. Wie immer wurde ein interessantes<br />

Programm mit hochkarätigen<br />

Referenten präsentiert. Erfahrene Redner<br />

und erfolgreiche Unternehmer zeigten in<br />

diversen Vorträgen auf, wie Exzellenz im<br />

Unternehmertum erreicht und gelebt werden<br />

kann.<br />

Wertvolle Inspirationen rund um die Umsetzung<br />

von „UnternehmerEnergie“ und<br />

den Weg zum Erfolg lieferte beispielsweise<br />

„UnternehmerEnergie“-Anwender<br />

Mike Fischer aus dem thüringischen Gera<br />

mit dem Slogan „Erfolg hat, wer Regeln<br />

bricht“. Sein Motto: Bewährte Tugenden<br />

und ein moderner Führungsstil sind die<br />

Garanten für Erfolg. Alexander Hartmann<br />

hingegen machte die Teilnehmer mit ihrem<br />

inneren Elefanten bekannt und erklärte,<br />

wie man nicht nur als Unternehmer<br />

sein Unterbewusstsein auf Erfolgskurs<br />

bringen kann. Walter Kohl berichtete<br />

über Kraftquellen und Heiko Schneider<br />

über sein außergewöhnliches System der<br />

Mitarbeitergewinnung.<br />

Neben den interessanten Vorträgen konnten<br />

die Teilnehmer zahlreiche Kontakte<br />

knüpfen und neue Impulse und Ideen für<br />

ihr Geschäft und die Art und Weise ihrer<br />

Unternehmensführung mitnehmen.W+M<br />

Kurzweilige Vorträge unterhielten die<br />

Teilnehmer.<br />

Unternehmer bei der<br />

Netzwerkarbeit.<br />

Rund 90 Teilnehmer waren beim „UnternehmerTag“ in Hoyerswerda.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


60 | W+M NETZWERK<br />

Wiege des sächsischen<br />

Automobilbaus<br />

Mit fünf Fahrzeug- beziehungsweise Motorenwerken von BMW,<br />

Porsche, Volkswagen und zahlreichen Zulieferern ist Sachsen ein<br />

Autoland. In den 1930er Jahren verfügte der Freistaat sogar über<br />

den Konzernsitz der in der Auto Union zusammengeschlossenen<br />

Hersteller. Zu verdanken ist das dem Autopionier August Horch, der<br />

1902 sein Automobilwerk in Reichenbach im Vogtland gründete.<br />

Von Rudolf Miethig (VBIW)<br />

Horch Phaeton 1911.<br />

Erste Automobilfabrik von August Horch in<br />

Reichenbach im Vogtland.<br />

Dort richtete der Ingenieur und Unternehmer<br />

August Horch 1902 seine<br />

erste Automobilfabrik in einer<br />

leerstehenden ehemaligen Textilfabrik<br />

ein. Entwickelt hatte er seine Fahrzeuge<br />

schon vorher in seiner Kölner Werkstatt,<br />

kam aber über den Bau von Prototypen<br />

nicht hinaus. Horch war ein Unternehmer,<br />

der selbst anpackte und konstruierte.<br />

So entwickelte er als erster in<br />

Deutschland einen Antrieb mit Kardanwelle.<br />

Er erfand einen neuartigen Spritzdüsenvergaser,<br />

eine verbesserte Magnetzündung<br />

und die „Bergstütze“, eine<br />

gelenkig am Heck angebrachte Stange,<br />

die sich nach Auslösung durch den Fahrer<br />

in die Straßendecke rammte und das<br />

Rückwärtsrollen verhinderte.<br />

Das ehemalige Fabrikgebäude von Horch<br />

setzte die Arbeiterwohlfahrt denkmalgerecht<br />

instand und nutzt es seit 2009 für<br />

ihre Zwecke, stellt aber in einem Raum<br />

im Erdgeschoss noch Horch-Fahrzeuge<br />

aus. Fast 50 Automobile waren in dem<br />

Gebäude bis 1904 gebaut worden, bis die<br />

Fabrik zu klein wurde. Historiker vermuten,<br />

dass Horch weiter ins Zentrum von<br />

Sachsens Industrie und Handel strebte,<br />

vorrangig in die Messestadt Leipzig oder<br />

zumindest nach Zwickau. Und so zog er<br />

schon nach zwei Jahren in eine leerstehende,<br />

aber größere Spinnerei in Zwickau<br />

um. Doch schon 1909 verließ Horch das<br />

Unternehmen, das seinen Namen trug. Er<br />

gründete in unmittelbarer Nähe ein neues<br />

Unternehmen, verlor jedoch den Rechtsstreit<br />

um Führung das Namens Horch.<br />

Daher benannte er seine neue Firma in<br />

„Audi Automobilwerke Zwickau“ um. Ein<br />

genialer Gedanke des zehnjährigen Sohnes<br />

seines Geldgebers Fikentscher, denn<br />

„audi“ ist die lateinische Übersetzung von<br />

„horch!“. Beide Horch-Firmen flossen<br />

schließlich zusammen mit DKW und Wanderer<br />

in die 1931 gegründete Auto Union<br />

AG ein. Diese Gesellschaft wurde 1948<br />

im Handelsregister Chemnitz gelöscht.<br />

Der Weg für die Gründung einer neuen<br />

Auto Union GmbH in Ingolstadt war frei.<br />

Schließlich ging das Unternehmen in der<br />

Volkswagen-Gruppe auf, die heute in Zwickau<br />

ein Fahrzeug- und in Chemnitz ein<br />

Motorenwerk betreibt. Von Horch über<br />

Auto Union, dem Intermezzo der Trabant-<br />

Produktion bis hin zu Volkswagen hat sich<br />

die Region Chemnitz-Zwickau über politische<br />

Zusammenbrüche und Neuanfänge<br />

hinweg ihre Kontinuität als Automobilbau-<br />

Region bewahrt.<br />

W+M<br />

Fotos: Rudolf Miethig (VBIW)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


VBIW | 61<br />

Zukunft der<br />

Wärmeversorgung<br />

Foto: A.Gempeler, Animation: eZeit Ingenieure GmbH, Berlin<br />

Dr. Norbert Mertzsch und Dr.-Ing.<br />

Ernst-Peter Jeremias vom VBIW<br />

hielten auf dem 6. Symposium des<br />

Arbeitskreises „Allgemeine Technologie“<br />

der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften<br />

zu Berlin und des Instituts für Technikfolgenabschätzung<br />

und Systemanalyse<br />

(ITAS) des Karlsruher Instituts für Technologie<br />

einen Vortrag zum Thema „Entwicklungstendenzen<br />

in der Wärmeversorgung“.<br />

Sie unterschieden dabei zwischen<br />

Einkommensenergie wie der Sonnenstrahlung<br />

und Vermögensenergie wie<br />

den fossilen Brennstoffen sowie nuklearen<br />

und geothermischen Energievorräten.<br />

Noch dominieren letztere bei der<br />

Wärmeversorgung, vor allem Erdgas und<br />

Erdöl. Heizöl und Kohle/Koks spielen dagegen<br />

kaum noch eine Rolle. Der Trend<br />

geht offensichtlich zur stärkeren Nutzung<br />

der Einkommensenergie. Für die Gebäudeheizung<br />

wird vorrangig die Solarwärme<br />

genutzt, aber auch sekundäre Ein-<br />

EINLADUNG<br />

Der Vorstand des VBIW lädt die Mitglieder<br />

des Vereins zur Jahreshauptversammlung<br />

ein. Einleitend hält Prof.<br />

Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-<br />

Sozietät, einen Vortrag zum Thema<br />

„Allgemeine Technologie“.<br />

Wann?<br />

30. Januar 2<strong>01</strong>6, 10:00 Uhr<br />

Wo?<br />

IHP GmbH, Im Technologiepark 25,<br />

15236 Frankfurt (Oder)<br />

VBIW – Verein Brandenburgischer<br />

Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />

Landesgeschäftsstelle:<br />

Fürstenwalder Str. 46,<br />

15234 Frankfurt (Oder),<br />

Tel.: 0335 8692151<br />

E-Mail: buero.vbiw@t-online.de<br />

Internet: www.vbiw-ev.de<br />

kommensenergi-<br />

en wie Bioenergie<br />

und Umweltwärme<br />

werden hierfür<br />

eingesetzt.<br />

Eine interessante<br />

Möglichkeit der<br />

Wärmeversorgung<br />

bietet auch die<br />

Energie aus Abwärme.<br />

So sei es für<br />

deren Nutzung vorteilhaft,<br />

wenn diese<br />

direkt in einem<br />

Wärmenetz verteilt<br />

werden kann.<br />

Mertzsch und Jeremias<br />

wiesen auch<br />

auf die Nutzung<br />

von Elektroenergie<br />

für Heizzwecke<br />

hin, denn durch<br />

Windkraft- und Solaranlagen<br />

kann<br />

derzeit zeitweise<br />

ein lokales Überangebot<br />

an Elektroenergie<br />

entstehen. Die Technologie, bekannt<br />

als „Power-to-Heat“, sehen sie als<br />

geeignete Maßnahme des Lastmanagements<br />

für Stromnetze an. Da bisher keine<br />

Stromspeicher in Größenordnungen zur<br />

Verfügung stehen, kann diese Technologie<br />

auch aus ökonomischer Sicht durchaus interessant<br />

sein.<br />

Bei den Wärmespeichern stellten die Referenten<br />

beispielgebend eine besondere<br />

und bereits heute anwendbare Form eines<br />

sensiblen Wärmespeichers der Firma<br />

deematrix Energiesysteme GmbH<br />

aus Fürstenwalde vor. Im Speicher wird<br />

Wärme aus Solarthermiemodulen und<br />

aus Abwärmequellen bis zur Nutzung<br />

zwischengespeichert. Das Gesamtsystem<br />

arbeitet unter Verwendung einer<br />

Wärmepumpe nach der offenen, oszillierenden<br />

Pufferspeichertechnik, einer Entwicklung<br />

der eZeit Ingenieure GmbH aus<br />

Berlin. Der eigentliche Wärmespeicher<br />

Solar-Hybridanlage mit Erdwärmespeicher der deematrix<br />

Energiesysteme GmbH aus Fürstenwalde.<br />

besteht bis zu einer Tiefe von 1,5 Metern<br />

aus mehreren Schichten Erdreich, in denen<br />

Polyethylen-Leitungen verlegt sind.<br />

Nach oben und seitlich ist der Wärmespeicher<br />

gegen Wärmeverluste isoliert.<br />

Nach unten ist er zum angrenzenden Erdreich<br />

offen, so dass auch das unter dem<br />

eTank liegende Erdreich in den Wärmeaustausch<br />

einbezogen wird.<br />

Das Fazit der Referenten: Der Anteil der<br />

Einkommensenergie für die Wärmeversorgung<br />

wird zunehmen. Ihre bestmögliche<br />

Nutzung bieten dabei Fern- und<br />

Nahwärmenetze. Vordringlich sollten<br />

daher vorhandene Wärmenetze erhalten<br />

und neben den rahmenrechtlichen<br />

Bedingungen zwingend marktregulierende<br />

Anreize für die Forschung, Weiterentwicklung<br />

und Einsatzförderung der neuen<br />

Technologien geschaffen werden.<br />

Rudolf Miethig (VBIW)<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


62 | W+M NETZWERK<br />

UV Brandenburg-Berlin<br />

FÜHRUNGSKRÄFTE IN BEWEGUNG<br />

Die Teilnehmer der Veranstaltung beim Rundgang durch das Klinikum.<br />

FAHRTRAINING LOHNT<br />

Eine gemeinsame<br />

Veranstaltung<br />

des BER Business<br />

Clubs und der Initiative<br />

der Unternehmerinnen<br />

des<br />

Unternehmerverbands<br />

Brandenburg-Berlin<br />

fand<br />

Mitte September<br />

im HELIOS Klinikum<br />

Emil von<br />

Behring in Berlin-<br />

Zehlendorf statt.<br />

Das Thema lautete:<br />

„Führungskräfte<br />

bleiben in<br />

Bewegung – Gesundheit gehört zur Arbeitswelt<br />

der Zukunft“. Ralf Lange, Klinikgeschäftsführer<br />

des HELIOS Klinikums,<br />

begrüßte die Gäste und stellte das Unternehmen<br />

vor. In einem Vortrag von Dr.<br />

med. Birgit Hildebrandt, Fachärztin für Innere<br />

Medizin und Medizinische Leitung<br />

des HELIOS Prevention Centers, erfuhren<br />

die Unternehmer- und Unternehmerinnen,<br />

wie man trotz täglicher Arbeit<br />

unter Hochdruck gesund bleiben kann.<br />

Sie gab Tipps zum Selbstmanagement<br />

und Anregungen zur Gestaltung eines<br />

gesünderen Tagesablaufs. Nach einem<br />

Blick hinter die Kulissen der Klinik konnte<br />

der Abend mit interessanten Gesprächen<br />

ausklingen.<br />

DER WEG ZU DEN<br />

FÖRDERTÖPFEN<br />

Gökhan C. Teke (l.) mit Gastgeber Nico Danneberg bei den Potsdamer Gesprächen.<br />

Das ADAC-Fahrsicherheitszentrum in Linthe<br />

wurde Anfang November von Gökhan<br />

C. Teke bei den Potsdamer Gesprächen<br />

vorgestellt. Nicht nur, dass nun alle den<br />

Ort Linthe kennen, auch der Vortrag war<br />

so interessant, dass einige Mitglieder des<br />

UV Brandenburg-Berlin sich schon zu einem<br />

Besuch dort angekündigt haben.<br />

Teke erklärte, dass einige Versicherungen<br />

ein erfolgreich absolviertes Fahrsicherheitstraining<br />

in der Beitragsberechnung<br />

wohlwollend berücksichtigen. Es<br />

kann sich also lohnen, das Trainingsgelände<br />

an der A9 zu besuchen.<br />

International ging es im zweiten Teil des<br />

Abends zu: Jens Ullmann, Fachbereichsleiter<br />

International der IHK Potsdam, berichtete<br />

über 25 Jahre Außenwirtschaft<br />

aus der Sicht der Wirtschaft. Medikamente,<br />

Zulieferteile der Automobilindustrie<br />

und Maschinen sind die Brandenburger<br />

Exportgüter. Ullmann nannte als stärksten<br />

Wachstumsmarkt die USA, auch begünstigt<br />

durch den schwachen Euro.<br />

€<br />

Die 10. Potsdamer Gespräche<br />

nutzte Ron Heynlein,<br />

um sein Unternehmen – die<br />

Agentur für Technologie und<br />

Netzwerke GmbH (AteNe) – vorzustellen.<br />

Die AteNe betreibt Fördermittelberatung<br />

und unterstützt mittelständische<br />

Unternehmen dabei, für technologische<br />

Neuerungen Mittel aus unterschiedlichen<br />

Fördertöpfen von Land, Bund und<br />

EU zu erhalten. Das Unternehmen ist bereits<br />

seit 2000 am Markt und hat seitdem<br />

über 1.000 Projekte erfolgreich umgesetzt.<br />

Ron Heynlein über seine Leistung<br />

bei den Fördermittelanträgen: „Wir sind<br />

Dolmetscher, die verstehen, was Technik<br />

ist.“ Dazu passend war auch die zweite<br />

Präsentation: Jörn Hänsel vom Büro für<br />

Fachkräftesicherung der ZukunftsAgentur<br />

Brandenburg (ZAB) berichtete<br />

über die vielfältigen<br />

geförderten Möglichkeiten<br />

der ZAB, Studenten<br />

und Absolventen<br />

frühzeitig an<br />

das Unternehmen<br />

zu binden.<br />

€<br />

€<br />

Fotos: Audita/Jörg Kobs (oben), Bolko Bouché (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


UNTERNEHMERVERBÄNDE | 63<br />

Fotos: Claudia Koslowski/UV Sachsen<br />

UV Sachsen<br />

OBERBÜRGERMEISTER TRIFFT UNTERNEHMER<br />

Oberbürgermeister Burkhard Jung (3. v. r.) während der Podiumsdiskussion.<br />

SCHWERPUNKTE FÜR 2<strong>01</strong>6 FIXIERT<br />

Anfang Oktober trafen sich die Präsidiums-<br />

und Vorstandsmitglieder des Unternehmerverbandes<br />

Sachsen zu einer<br />

Klausurtagung am Fleesensee. Erstmals<br />

mit dabei war Rainer Dürndorfer, Niederlassungsleiter<br />

der Bardusch GmbH<br />

& Co. KG in Dresden und Falkensee, der<br />

gemeinsam mit Volker Wahl, Geschäftsführer<br />

der WaCo Gerätetechnik GmbH,<br />

die Region Dresden im höchsten Gremium<br />

des Verbandes stärker vertreten<br />

werden. In der zweitägigen Tagung wurden<br />

die politischen Schwerpunkte und<br />

die geplanten Veranstaltungen für das<br />

Jahr 2<strong>01</strong>6 gesetzt sowie über aktuelle<br />

Probleme und die Lösungsansätze des<br />

Verbandes diskutiert. Teilnehmer waren<br />

Präsident Hartmut Bunsen, die Vizepräsidenten<br />

Mike Klaus Barke, Ullrich<br />

Hintzen, Rüdiger Lorch sowie Dr.<br />

Um einen Rückblick auf das endende Jahr<br />

und Pläne und Prognosen für 2<strong>01</strong>6 ging es<br />

beim traditionellen Unternehmergespräch<br />

mit Burkhard Jung, Oberbürgermeister der<br />

Stadt Leipzig. In einer Podiumsdiskussion<br />

und offenen Fragerunde wurde das Thema<br />

Wirtschaftsverkehr in Leipzig diskutiert sowie<br />

die Fragen „Wie erreichen wir die Akzeptanz<br />

in der Bevölkerung und in den Unternehmen<br />

bei der Aufnahme von Asyl-Suchenden?<br />

Was können wir als Wirtschaft<br />

dazu beitragen? Wie steht es um die Entwicklung<br />

des Wirtschaftswachstums und<br />

das Finanzaufkommen im Haushalt der<br />

Stadt Leipzig?“ erörtert. Mit dabei waren<br />

unter anderem die Präsidenten der IHK zu<br />

Leipzig, der HWK zu Leipzig und Vertreter<br />

des Vereins Gemeinsam für Leipzig e. V.<br />

UV-Präsident Hartmut Bunsen lud zur<br />

Klausurtagung.<br />

Mathias Reuschel, Schatzmeister Steffen<br />

Matysek, die Vorstände Marc Melzer<br />

und Jürgen Zeibig, Rainer Dürndorfer<br />

sowie Geschäftsführer Lars Schaller.<br />

GESCHÄFTSSTELLEN<br />

Unternehmerverband Berlin e. V.<br />

Präsident: Armin Pempe<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Hauptgeschäftsführer: N. N.<br />

Frankfurter Allee 202, 10365 Berlin<br />

Tel.: +49 30 9818500<br />

Fax: +49 30 9827239<br />

E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />

Internet: www.uv-berlin.de<br />

Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />

Präsident: Dr. Burkhardt Greiff<br />

Geschäftsführer: Steffen Heller<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Jägerstraße 18, 14467 Potsdam<br />

Tel.: +49 331 810306<br />

Fax: +49 331 8170835<br />

E-Mail: potsdam@uv-bb.de<br />

Internet: www.uv-bb.de<br />

Geschäftsstelle Berlin<br />

Charlottenstraße 80, 1<strong>01</strong>17 Berlin<br />

Tel.: +49 30 2045990<br />

Fax: +49 30 20959999<br />

E-Mail: berlin@uv-bb.de<br />

Geschäftsstelle Cottbus<br />

Schillerstraße 71, 03046 Cottbus<br />

Tel.: +49 355 22658<br />

Fax: +49 355 22659<br />

E-Mail: cottbus@uv-bb.de<br />

Geschäftsstelle Fürstenwalde<br />

Tränkeweg 13, 15517 Fürstenwalde<br />

Tel.: +49 3361 55630<br />

Fax: +49 3361 556311<br />

E-Mail: fuerstenwalde@uv-bb.de<br />

Unternehmerverband Norddeutschland<br />

Mecklenburg-Schwerin e. V.<br />

Präsident: Rolf Paukstat<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Hauptgeschäftsführer: Wolfgang Schröder<br />

Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />

Tel.: +49 385 569333<br />

Fax: +49 385 5685<strong>01</strong><br />

E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />

Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />

Unternehmerverband Rostock-Mittleres<br />

Mecklenburg e. V.<br />

Präsident: Frank Haacker<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />

Wilhelm-Külz-Platz 4<br />

18055 Rostock<br />

Tel.: +49 381 242580<br />

Fax: +49 381 2425818<br />

E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />

Internet: www.uv-mv.de<br />

Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />

Präsident: Hartmut Bunsen<br />

Geschäftsführer: Lars Schaller<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />

Tel.: +49 341 52625844<br />

Fax: +49 341 52625833<br />

E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />

Internet: www.uv-sachsen.de<br />

Geschäftsstelle Chemnitz<br />

Repräsentantin: Gabriele Hofmann-Hunger<br />

Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />

Tel.: +49 371 49512912<br />

Fax: +49 371 49512916<br />

E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />

Geschäftsstelle Dresden<br />

Repräsentant: Klaus-Dieter Lindeck<br />

Semperstraße 2b, <strong>01</strong>069 Dresden<br />

Tel.: +49 351 8996467<br />

Fax: +49 351 8996749<br />

E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />

Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />

Präsident: Jürgen Sperlich<br />

Geschäftsführer: Dr. Andreas Golbs<br />

Geschäftsstelle Halle/Saale<br />

Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />

Tel.: +49 345 78230924<br />

Fax: +49 345 7823467<br />

Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />

Präsident: Jens Wenzke<br />

c/o IHK Erfurt - Abteilung Standortpolitik<br />

Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />

Tel.: +49 361 4930811<br />

Fax: +49 361 4930826<br />

E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />

Internet: www.uv-thueringen.de<br />

Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />

Präsident: Gerold Jürgens<br />

Geschäftsführer: Thomas Möller<br />

Geschäftsstelle<br />

Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />

Tel.: +49 3834 835823<br />

Fax: +49 3834 835825<br />

E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />

Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


64 | W+M PORTRÄTS<br />

Matthias Ludwig<br />

Mister Polo<br />

VISIONÄRE<br />

Matthias Ludwig ist groß gewachsen,<br />

schlank und sieht vielleicht<br />

nicht wie der Betreiber eines<br />

SEBAGO-Stores aus, aber alles in allem<br />

könnte er schon einem dieser Kataloge<br />

entsprungen sein. Er macht so überhaupt<br />

nicht den Eindruck eines knallharten Unternehmers<br />

und das Gen, das viele Unternehmer<br />

ungeduldig, schnell und manchmal<br />

auch so distanziert erscheinen lässt,<br />

ist bei ihm einfach nicht da. Was treibt<br />

so einen in die Selbstständigkeit? War<br />

es die Langeweile im gut dotierten Job<br />

beim Fernsehen? Übermut? Frühe Midlife-Crisis?<br />

STECKBRIEF<br />

Matthias Ludwig wurde 1971 in Halle<br />

geboren. Die Mutter Psychologin, der<br />

Vater beim Deutschen Fernsehfunk Regisseur<br />

und Kameramann. Ludwig liebäugelte<br />

zwar mit beiden Perspektiven,<br />

ging dann aber 1990 zum Deutschen<br />

Fernsehfunk (DFF) bis der kurze Zeit<br />

später zum Mitteldeutschen Rundfunk<br />

(MDR) wurde. Fast 25 Jahre arbeitete er<br />

als Bildjournalist und Cutter dort. Lange<br />

bevor der endgültige Ausstieg kam, begann<br />

er nebenbei Jobs zu erledigen. So<br />

hatte er eine eigene Produktionsfirma,<br />

betrieb Verkaufsstände zur HanseSail<br />

und bei anderen Gelegenheiten. Seit<br />

2<strong>01</strong>0 war er schon dabei, Poloturniere an<br />

der Ostsee zu organisieren. Durch einen<br />

Zufall ergab sich 2<strong>01</strong>1 auch die Möglichkeit,<br />

einen Store für maritime Mode in<br />

Warnemünde zu eröffnen. Im September<br />

2<strong>01</strong>4 war dann endgültig Schluss mit<br />

der Festanstellung. Seitdem konzentriert<br />

sich Ludwig auf seinen SEBAGO-Store<br />

und etabliert sich als Organisator von<br />

Beach-Polo-Turnieren im schönen Warnemünde<br />

an der Ostsee.<br />

Mit ruhiger Stimme versucht<br />

er zu erklären, was<br />

ihn so treibt und er findet<br />

dafür kaum die richtigen<br />

Worte. Weder Langeweile<br />

noch ein Krise<br />

waren es, die seinen Werdegang<br />

bestimmten. Vielmehr<br />

ist es der Perfektionist<br />

in ihm, der immer alles gut machen<br />

will und Gefallen an vielem findet.<br />

Er ist ein Macher und der Präzisionsanspruch<br />

ist vom Vater geerbt. Viel<br />

Arbeit ist keine Belastung, wenn sie denn<br />

Freude macht. So lebte er schon Jahre an<br />

der Ostsee, betrieb seinen Store in Warnemünde,<br />

organisierte Poloturniere und<br />

arbeitete hauptberuflich in Leipzig beim<br />

MDR. Pendeln über 600 Kilometer Autobahn<br />

gehörte zum wöchentlichen Plan.<br />

Sich aus der vermeintlichen Sicherheit einer<br />

Festanstellung zu lösen, war nicht so<br />

einfach und er entschloss sich dazu erst<br />

nach vielen Jahren.<br />

Ludwig ist ein Freund von Netzwerken<br />

und hat Bekannte scheinbar überall. Seine<br />

verbindliche Art schafft schnell Vertrauen.<br />

Und doch ist er ein Einzelkämpfer.<br />

Was er sich in den Kopf setzt, will er<br />

auch umsetzen und das dann auch richtig<br />

gut. Da stört manchmal ein großes<br />

Team oder ein ansonsten hilfreicher Partner.<br />

So ein Poloturnier zu organisieren,<br />

wie zuletzt im Mai 2<strong>01</strong>5, setzt Nervenstärke<br />

voraus. Man braucht Sponsoren,<br />

diese brauchen Zuschauer und eine tolle<br />

Location. Die will gefunden sein und<br />

braucht eine Unmenge an bürokratischen<br />

Bescheiden. Das alles schreckt ihn nicht.<br />

Mit fast stoischer Ruhe, steht er mal hinterm<br />

Ladentisch, mal bei einem Kunden,<br />

fast immer mit dem Smartphone in der<br />

Hand. Und dann ist es<br />

soweit. Das Turnier beginnt und da<br />

ist er wieder, der Perfektionist und Einzelkämpfer,<br />

der im Türrahmen steht, mit<br />

Besuchern, Sponsoren und Poloreitern<br />

spricht, immer einen Blick auf das wechselnde<br />

Wetter und den ganzen Ablauf<br />

hat. Ludwig braucht den Stress, er will<br />

es, weil es toll ist und eben dazu gehört,<br />

wenn man etwas erreichen will. „Von nix<br />

kommt nix!“<br />

Nun ist Polo ja gerade ein Sport für Leute,<br />

die es sich leisten können, mehrere<br />

besondere Pferde und noch allerhand<br />

mehr zu besitzen, um diesem Sport zu<br />

frönen. Wie kommt man denn auf Polo,<br />

wenn man nicht mit Pferden aufgewachsen<br />

ist? Die Antwort kommt ohne Nachzudenken.<br />

„Ich liebe das Besondere.“ Er<br />

mag Menschen, die ihren Traum leben<br />

und eigentlich tut er das auch. Dabei ist<br />

er weniger der Träumer, für den mancher<br />

ihn hält, sondern einfach ein Unternehmer,<br />

der unabhängig sein will und damit<br />

ganz gut klarkommt. Das Polofeld und<br />

sein Store sind circa 300 Schritte voneinander<br />

entfernt. Und das in Warnemünde,<br />

dort wo andere gern Urlaub machen.<br />

Foto: Ralf Succo/SuccoMedia<br />

Frank Nehring<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


MACHER<br />

W+M PORTRÄTS | 65<br />

Jörg Woltmann<br />

Patriotischer Banker<br />

Foto: KPM<br />

Jörg Woltmann ist in Berlin eine Instanz<br />

und regelmäßig auf den Boulevardseiten<br />

der Berliner Tageszeitungen<br />

zu sehen. Und dennoch ist er eher<br />

ein leiser Mensch. Zu seiner Medienpräsenz<br />

hat wohl vor allem sein Engagement<br />

bei der Übernahme der KPM, der Königlich-Preußischen<br />

Porzellanmanufaktur, im<br />

Jahr 2006 beigetragen. Wenn man Offizielles<br />

über ihn liest, entspricht er allen<br />

Klischees eines West-Berliner Bankiers.<br />

Gepflegte Erscheinung, ruhiges und bedachtes<br />

Auftreten, Leidenschaft für schöne<br />

Dinge, Fahrer eines Luxuswagens,<br />

Sammler von alten Autos. Und außerdem<br />

gehört er zu dem kleinen Kreis derer, die<br />

es sich heute leisten können, kein Handy<br />

zu haben. Er hat zwar eines, aber nur sieben<br />

Personen kennen die Nummer und<br />

nutzen sie nur im Notfall.<br />

Woltmanns Karriere begann zwar nicht<br />

als Tellerwäscher, aber als 18-Jähriger mit<br />

kleinem Autohandel. Noch während des<br />

BWL-Studiums entstanden daraus vier<br />

Autohäuser. Die hat er dann 1974 verkauft<br />

und sich einen Rolls-Royce, eine<br />

teure Uhr und ein Kurland-Porzellan-Service<br />

von KMP gekauft. Da war er 27 Jahre<br />

alt. Den Wagen hat er gegen einige<br />

andere Fahrzeuge gleichen<br />

Kalibers ersetzt,<br />

die Uhr vermutlich auch,<br />

aber vom Kurland-Service<br />

aus der Manufaktur,<br />

die ihm heute allein gehört,<br />

hat er sich angeblich nie getrennt.<br />

Danach ging es Schlag<br />

auf Schlag. Der Bankkaufmann<br />

und studierte BWLer gründete mit<br />

einem Mix aus Geschäftssinn und Naivität<br />

eine Bank und wurde so mit 32 Jahren<br />

jüngster Bankier Deutschlands. Die<br />

Bank wurde größer und die Geschäfte<br />

liefen gut.<br />

Seriosität, Risikobewusstsein und Ausdauer<br />

sind die Grundlagen für Woltmanns<br />

Geradlinigkeit. Woltmann ist kein<br />

klassischer Visionär, seine persönlichen<br />

Träume hat er sich schon erfüllt, die Gesundheit<br />

und die Familie sind ihm wichtig.<br />

Die unternehmerischen Transfers<br />

wie der Kauf einer Brauerei in Thüringen<br />

oder anderes ergaben sich mehr zufällig.<br />

Selbst der Kauf der Porzellanmanufaktur<br />

KPM, die 1763 von Friedrich dem Großen<br />

gegründet wurde, ergab sich für ihn als<br />

beteiligten Banker. Dahinter stand keine<br />

langfristige Wachstumsstrategie. Woltmann<br />

sagt: „Das hat sich einfach so ergeben.<br />

Vieles war – einfach gesagt – Zufall<br />

und bei der KPM war es fast ein patriotischer<br />

Akt. Das älteste Berliner Unternehmen<br />

kann man nicht einfach in die<br />

Insolvenz oder in völlig fremde Hände<br />

gehen lassen.“ Auf den Besitz von KPM<br />

kann Woltmann wirklich stolz sein, es ist<br />

ein Unternehmen, das Tradition und Moderne,<br />

Lebensqualität und Luxus vereint.<br />

Aber es braucht mehr als einen Unternehmenslenker,<br />

sondern auch einen Mäzen.<br />

Woltmann will beides sein und ist sich<br />

dessen bewusst. Er versteht es als einen<br />

wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.<br />

Und wie geht es weiter? Woltmann ist<br />

heute 68 Jahre alt und denkt zwar noch<br />

nicht ans Aufhören, aber für eine Bank<br />

ist es heutzutage vermutlich nicht so einfach,<br />

einen Nachfolger zu finden, und für<br />

die KPM, die mehr ein Kulturgut für Mäzene<br />

ist als ein Geschäftsfeld für Unternehmer,<br />

sieht es noch schwieriger aus. Aber<br />

für Woltmann hat sich immer „etwas ergeben“,<br />

sicher auch bei diesen Themen.<br />

Frank Nehring<br />

STECKBRIEF<br />

Jörg Woltmann wurde 1947 in Berlin<br />

geboren und wuchs mit seinem älteren<br />

Bruder bei der Mutter in einfachen Verhältnissen<br />

auf. Die Mutter fertigte und<br />

handelte mit Damenoberbekleidung.<br />

Die Söhne mussten schon früh ran<br />

und mithelfen. Dem Abitur folgte die<br />

Banklehre im Berliner Bankhaus Lampe.<br />

Nach dem BWL-Studium machte<br />

er sich mit einem Partner als Finanzberater<br />

selbstständig. 1979 entstand daraus<br />

die Gründung der Privatbank, die<br />

seit kurzem Allgemeine Beamtenbank<br />

heißt. 2006 übernahm er die Königliche<br />

Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) und<br />

rettete damit das älteste Traditionsunternehmen<br />

der Stadt vor der Insolvenz.<br />

Woltmann ist verheiratet. 1985 wurde<br />

Tochter Sandra-Sophie geboren, die<br />

heute als Designerin in der väterlichen<br />

KPM tätig ist. Gerade hat er den Verdienstorden<br />

des Landes Berlins bekommen.<br />

Als Präsident des Berlin Capital<br />

Clubs unterstützt er die vielfältigen Aktivitäten<br />

dieses Privatclubs, der sich als<br />

erste Adresse für Business-Kontakte in<br />

der Hauptstadt sieht.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


66 | W+M DIE LETZTE SEITE<br />

REGIONAL<br />

QUALITÄT<br />

Ausblick auf die nächste Ausgabe<br />

Ostprodukte:<br />

Die unheimliche Renaissance<br />

OSTPRODUKT<br />

Nach der Deutschen Einheit fristeten<br />

die einstigen DDR-Marken zunächst<br />

ein trostloses Dasein. Die<br />

einst – auch wegen der Alternativlosigkeit<br />

– geschätzten Ostprodukte verkamen<br />

zu Ladenhütern. Die meisten Hersteller<br />

gerieten dadurch in wirtschaftliche<br />

Turbulenzen, viele von ihnen landeten in<br />

der Insolvenz. Doch inzwischen hat sich<br />

das Konsumverhalten gewandelt: Die Bürger<br />

in den neuen Ländern stehen wieder<br />

auf heimische Erzeugnisse. Ostprodukte<br />

erleben eine nahezu unheimliche Renaissance.<br />

In unserem Titelthema verfolgen<br />

wir die Erfolgsspur bekannter ostdeutscher<br />

Marken, die ihren Siegeszug<br />

zum Teil bis zum Endverbraucher in den<br />

alten Ländern fortgesetzt haben. Wir gehen<br />

der Frage nach, warum Ostprodukte<br />

heute so begehrt sind. Steckt dahinter<br />

Nostalgie oder liegt es am Produktdesign<br />

und der Qualität?<br />

Wenige Wochen vor der Landtagswahl am<br />

13. März 2<strong>01</strong>6 blicken wir nach Sachsen-<br />

Anhalt. Wir analysieren, wie die Wirtschaft<br />

des Landes in den vergangenen fünf Jahren<br />

vorangekommen ist. Und: Welche politische<br />

Konstellation streben die Wähler in<br />

Sachsen-Anhalt an – soll die in den Umfragen<br />

klar führende CDU weiterregieren,<br />

oder wird nach Thüringen erneut ein Linker<br />

Ministerpräsident in einem ostdeutschen<br />

Bundesland? Dazu: ein Bilanz-Interview<br />

mit Ministerpräsident Rainer Haseloff<br />

(CDU).<br />

Darüber hinaus lesen Sie wie gewohnt interessante<br />

Beiträge über die neuen Länder<br />

und aktuelle politische Aspekte sowie<br />

einen ausführlichen Ratgeberteil.<br />

Die nächste W+M-Ausgabe erscheint am<br />

25. Februar 2<strong>01</strong>6.<br />

PERSONENREGISTER<br />

Bade, Christoph 56<br />

Balle, Kathleen 38<br />

Banse, Gerhard 61<br />

Barke, Mike Klaus 63<br />

Baumeister, Roy 49<br />

Baumgartner, Paul Johannes 58<br />

Benesch, Matthias 7<br />

Bormann, Michael 48<br />

Börner, Marcus 46<br />

Bösch, Julia 26<br />

Branoner, Wolfgang 19<br />

Braun, Sebastian F. 56<br />

Buchter, Heike 49<br />

Bunsen, Hartmut 55, 63<br />

Claussen, Moritz 26, 46<br />

Cramer, Heiko 11<br />

Czaja, Mario 40/41<br />

Damm, Rocco 7<br />

Danneberg, Nico 62<br />

Dinger, Livia 55<br />

Dubberstein, Bernd 16/17<br />

Dürndorfer, Rainer 63<br />

Ekkernkamp, Axel 39<br />

Fardi, Basel 11<br />

Fehrenbach, Franz 10<br />

Ferris, Timothy 49<br />

Fischer, Mike 59<br />

Franzke, Stefan 19<br />

Galander, Michael 14<br />

George, Klaus 30<br />

Glawe, Harry 35<br />

Gleicke, Iris 54<br />

Gräff, Christian 26<br />

Gühler, Gerhard 56<br />

Gysi, Gregor 19, 30<br />

Hähle, Klaus 7<br />

Hähle, Ralf-Peter 7<br />

Hänsel, Jörn 62<br />

Hartmann, Alexander 59<br />

Haseloff, Rainer 66<br />

Hering, Lutz 7<br />

Heynlein, Ron 62<br />

Hildebrandt, Alexandra 50/51<br />

Hildebrandt, Birgit 62<br />

Hintzen, Ullrich 63<br />

Hoppe, Christian 46, 47<br />

Janssen, Bodo 58<br />

Jeremias, Ernst-Peter 61<br />

Jung, Burkhard 55, 63<br />

Jürgens, Gerold 56<br />

Kahnemann, Daniel 49<br />

Kastirr, Wolfgang 57<br />

Kieker, Burkhard 34<br />

Kohl, Helmut 30<br />

Kohl, Walter 59<br />

Köpping, Petra 8<br />

Kröger-Schumann, Petra 11<br />

Krone, Eckhard 11<br />

Kubicki, Wolfgang 32<br />

Kühne, Stefan 13<br />

Lambert, Jérôme 51<br />

Lange, Ralf 62<br />

Lehmann, Robert 33<br />

Lorch, Rüdiger 63<br />

Ludwig, Matthias 64<br />

Mankiw, N. Gregory 49<br />

Matysek, Steffen 63<br />

Meisner, Norbert 19<br />

Melzer, Marc 63<br />

Merkel, Angela 30<br />

Mertzsch, Norbert 61<br />

Möllring, Hartmut 36<br />

Müller, Michael 20-22<br />

Neumann, Oliver 46<br />

Nikutta, Sigrid 10, 54<br />

Oehmichen, Frank 38<br />

Oelrich, Stefan 34<br />

Ohoven, Mario 8<br />

Oster, Oliver 46<br />

Paukstat, Rolf 56<br />

Pegel, Christian 16/17, 56<br />

Pieroth, Elmar 19<br />

Pinkwart, Andreas 10<br />

Platzeck, Matthias 10, 54<br />

Pflanz, Clemens 50<br />

Ragnitz, Joachim 29, 33<br />

Reuschel, Mathias 63<br />

Ritter, Jörg 54<br />

Rojas, Raúl 24<br />

Rötgers, Mike 46<br />

Rudolph, Stefan 56<br />

Rumpf, Marco 7<br />

Rumstich, Katja 7<br />

Rumstich, Volker 7<br />

Sachse, Hannelore 7<br />

Satzinger, Martina 52<br />

Sauter, Claus 8<br />

Schaller, Lars 55, 63<br />

Schäuble, Wolfgang 30<br />

Scheler, Ralf 6<br />

Schmidt, Herbert 12<br />

Schmidt, Peggy 55<br />

Schmidt, Thomas 8<br />

Schneider, Georg 58<br />

Schneider, Heiko 59<br />

Schröder, Gerhard 30<br />

Schröder, Wolfgang 56<br />

Schulz, Thomas 49<br />

Seelige-Steinhoff, Rolf 57<br />

Sellering, Erwin 56<br />

Söllner, Albrecht 49<br />

Staats, Josefine 28<br />

Taylor, Mark P. 49<br />

Teke, Gökhan C. 62<br />

Thunemann, Rüdiger 12<br />

Tierney, John 49<br />

Tillich, Stanislaw 9<br />

Ullmann, Jens 62<br />

Vance, Ashlee 49<br />

Varoufakis, Yanis 49<br />

von Friesen, Juliane 19<br />

von Nathusius, Heinrich 10, 54<br />

von Obernitz, Sybille 19<br />

Wahl, Volker 63<br />

Wallauer, Ottmar 16/17<br />

Walter-Borjans, Norbert 32<br />

Weiße, Toralf 6<br />

Winter, Alexander 6<br />

Wöhe, Günter 49<br />

Wolf, Harald 19<br />

Woltmann, Jörg 65<br />

Woltmann, Sandra-Sophie 65<br />

Wowereit, Klaus 10, 29<br />

Yzer, Cornelia 19, 26<br />

Zaiß, Peter 7<br />

Zeibig, Jürgen 63<br />

Zill, Alexander 10/11<br />

Zill, Jochen 10/11<br />

Zill, Wilfried 10/11<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6


FRIEDEN<br />

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