WIRTSCHAFT+MARKT 01-2016
WIRTSCHAFT+MARKT mit dem Titelthema Gesundheitswirtschaft.
WIRTSCHAFT+MARKT mit dem Titelthema Gesundheitswirtschaft.
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27. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft | Heft 1 | Januar/Februar 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>6 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />
BERLIN<br />
EIN GESCHÄFT<br />
FÜR VIELE<br />
BRANCHEN<br />
IM INTERVIEW<br />
Berlins Regierender<br />
Michael Müller<br />
REPORT<br />
Eberswalder<br />
Metall-Gen<br />
RATGEBER<br />
Gutschein<br />
statt Geld
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B folgende Konditionen: 1,40 % Sollzins p. a. und 1,41 % Effektivzins p. a. bei 10 Jahren Laufzeit, 2 tilgungsfreien Anlaufjahren und 10-jähriger Zinsbindung. Für einen Kredit<br />
über 3 Mio. EUR für einen Neubau zum KfW-Effizienzhaus 55 gelten in der Preisklasse B identische Konditionen. Zusätzlich wird der Rückzahlungsbetrag durch einen Tilgungszuschuss<br />
von bis zu 5 % des Zusagebetrages (maximal 50 EUR je Quadratmeter) gemindert (Stand 04.08.2<strong>01</strong>5).
EDITORIAL | 3<br />
Was Unternehmer<br />
im Jahr 2<strong>01</strong>6 von der<br />
Politik erwarten<br />
Mit dem Herzen dabei<br />
Foto: Torsten George, Titelfoto: babimu/fotolia.com<br />
Karsten Hintzmann<br />
Chefredakteur<br />
KH@WundM.info<br />
Die zurückliegenden zwölf Monate<br />
möchte man, wenn man die<br />
internationale Nachrichtenlage<br />
über das Jahr verfolgt hat, schnell hinter<br />
sich lassen. Erst dominierte die schier<br />
endlose Griechenland-Krise, die einen<br />
schweren Erosionsprozess im EU-<br />
Raum nach sich zog. Parallel dazu der<br />
schwelende Konflikt in der Ost-Ukraine,<br />
der die Beziehungen des Westens zu<br />
Russland immer frostiger werden ließ.<br />
All das wurde noch überlagert von dem<br />
gigantischen Flüchtlingsstrom, der Europa<br />
– und hier vor allem Deutschland<br />
– seit Monaten ohne Pause erreicht.<br />
Schnelle politische Lösungen sind für<br />
alle drei genannten Problemfelder nicht<br />
in Sicht. Fakt ist jedoch, dass die Häufung<br />
regionaler und internationaler Krisen<br />
sich auch auf die heimische Wirtschaft<br />
auswirkt.<br />
Blicken wir also nach vorn: Was erwarten<br />
wir vom neuen Jahr? Vor allem, dass<br />
es der Politik zumindest schrittweise<br />
gelingt, die Problemlagen zu entschärfen.<br />
Dazu braucht es nachhaltige Strategien,<br />
praxisnahe Gesetze sowie zügiges<br />
Verwaltungshandeln. Die Unternehmer<br />
des Landes erwarten, dass die politisch<br />
Verantwortlichen Rahmenbedingungen<br />
schaffen, die wirtschaftliches Engagement<br />
nicht behindern, sondern fördern.<br />
Um es klar zu sagen: Die deutsche Wirtschaft<br />
setzt unverändert auf ein starkes<br />
und geeintes Europa, in dem Probleme<br />
kollektiv und solidarisch angepackt werden.<br />
Die Flüchtlinge, die ein Bleiberecht<br />
und damit eine Perspektive in Deutschland<br />
erhalten, müssen so schnell wie<br />
möglich integriert werden und dem Arbeitsmarkt<br />
zur Verfügung stehen. Mittelfristig<br />
könnte es durch bedarfsorientierte<br />
Aus- und Weiterbildung gelingen,<br />
dem Fachkräftemangel wirksam entgegenzusteuern.<br />
In den neuen Bundesländern<br />
sind besonders viele mittelständische<br />
Unternehmen direkt von den Wirtschaftssanktionen<br />
gegen Russland betroffen.<br />
Die Bundesregierung sollte ihre<br />
Bemühungen verstärken, Russland wieder<br />
in die Familie der europäischen Partner<br />
aufzunehmen. Eine Erwartung, die<br />
beileibe nicht nur auf ökonomischen Eigeninteressen<br />
basiert. Die Geschichte<br />
hat oft genug gelehrt, wie wichtig es für<br />
die Stabilität in Europa ist, Russland als<br />
Partner an Bord zu haben.<br />
Bei allen Turbulenzen hat das Magazin<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> das zurückliegende<br />
Jahr auch dazu genutzt, den wirtschaftlichen<br />
Aufbruch der neuen Bundesländer<br />
in den letzten 25 Jahren zu<br />
reflektieren. Unsere Serie „Land der<br />
Wunder“ endet in dieser Ausgabe mit<br />
einer Bestandsaufnahme der Wirtschaft<br />
in Berlin. Im kommenden Jahr werden<br />
wir den Blick stärker nach vorn richten –<br />
auf die Zukunft Ostdeutschlands. Hierzu<br />
wird es neben dem Magazin neue und<br />
spannende Formate geben. Lassen Sie<br />
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4 | W+M INHALT<br />
W+M TITELTHEMA<br />
Gesundheitswirtschaft:<br />
ein Geschäft für viele Branchen.......34<br />
W+M AKTUELL<br />
Köpfe......................................................................... 6<br />
Nachrichten............................................................... 8<br />
W+M LÄNDERREPORTS<br />
Ostdeutschland: Macher mit Mut,<br />
Ideen und Durchsetzungskraft.................................10<br />
Brandenburg: Eberswalder Metall-Gen...................12<br />
Thüringen: Gutes Geld für gute Milch......................13<br />
Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Anklam – Modellregion für Bioökonomie.................14<br />
Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Stromgarantie unter sibirischen Verhältnissen........16<br />
Titel<br />
Gesundheitswirtschaft<br />
34<br />
mit Wachtumspotenzial im Osten<br />
W+M SERIE LAND DER WUNDER:<br />
BERLIN<br />
Report: Metropole mit Anziehungskraft..................18<br />
Im Interview: Berlins<br />
Regierender Bürgermeister Michael Müller........... 20<br />
Erfolgreiche Cluster: Automotive,<br />
Energie, Start-ups, Tourismus ................................ 24<br />
EU-Förderung: Wie Berlin von Brüssel profitiert.......28<br />
Wirtschaftsanalyse von ifo-Chef Joachim Ragnitz....29<br />
W+M POLITIK<br />
25 Jahre Magazin <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong>:<br />
Sprachrohr des ostdeutschen Mittelstands............ 30<br />
Pro und Contra: Höhere Steuerehrlichkeit<br />
durch Ankauf von Steuer-CDs?............................... 32<br />
ifo-Geschäftsklimaindex für Ostdeutschland.......... 33<br />
Länderreport<br />
Gute Milch aus Rothenacker<br />
13<br />
Impressum<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />
Ausgabe 1/2<strong>01</strong>6<br />
Redaktionsschluss: 02.12.2<strong>01</strong>5<br />
Verlag: W+M Wirtschaft und Markt GmbH<br />
Zimmerstraße 56, 1<strong>01</strong>17 Berlin<br />
Tel.: 030 479071-0<br />
Fax: 030 479071-20<br />
www.WundM.info<br />
Herausgeber/Geschäftsführer:<br />
Frank Nehring, Tel.: 030 479071-11<br />
FN@WundM.info (Alleiniger Inhaber und<br />
Gesellschafter, Wohnort Berlin)<br />
Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />
Tel.: 030 479071-21, KH@WundM.info<br />
Redaktion: Janine Pirk-Schenker, Tel.: 030 479071-21,<br />
JP@WundM.info, Anja Strebe, Tel.: 030 479071-27,<br />
AS@WundM.info, Adrian M. Darr<br />
Autoren: Dr. Ulrich Conrad, Harald Lachmann,<br />
Rudolf Miethig, Anette Pröber, Matthias Salm,<br />
Thomas Schwandt<br />
Abo- und Anzeigenverwaltung, Vertrieb:<br />
Tobias Meier, Tel.: 030 479071-28, TM@WundM.info<br />
Marketing/Vertrieb: Kerstin Will, Tel.: 030 479071-24<br />
KW@WundM.info<br />
Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und<br />
Abonnementpreis:<br />
Die Zeitschrift <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint<br />
zweimonatlich. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft<br />
der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />
und Berlin sowie die Mitglieder des Vereins Brandenburgischer<br />
Ingenieure und Wirtschaftler (VBIW)<br />
erhalten diese Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.<br />
Einzelpreis: 5 €, Jahresabonnement (Inland):<br />
30 € inkl. MwSt. und Versand, Jahresabonnement<br />
(Ausland): 30 € inkl. MwSt. zzgl. Versand.<br />
Layout & Design: Möller Medienagentur GmbH,<br />
www.moeller-medienagentur.de<br />
Druck: Möller Druck und Verlag GmbH,<br />
ISSN 0863-5323<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur<br />
mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen<br />
nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />
Fotos übernehmen wir keine Haftung.<br />
Fotos: Hoda Bogdan/fotolia.com (oben), Harald Lachmann (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
W+M INHALT | 5<br />
W+M TITELTHEMA<br />
Report: Krisensicherer Jobmotor............................ 34<br />
Medizintechnik: Produkte für den Weltmarkt......... 36<br />
Pharma: Der Osten holt auf...................................... 37<br />
Leuchtturm I: Bavaria Klinik Kreischa –<br />
Mobiles Leben nach der Intensivstation................. 38<br />
Leuchtturm II: Unfallkrankenhaus Berlin –<br />
Alltag mit Notfällen................................................. 39<br />
Interview mit Mario Czaja,<br />
Gesundheitssenator in Berlin ................................. 40<br />
20<br />
Im Interview<br />
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller<br />
W+M RATGEBER<br />
Management: Wissenswertes für Unternehmer.... 42<br />
Recht: Urteile für Führungskräfte........................... 44<br />
Finanzen:<br />
Gutschein statt Geld............................................... 46<br />
So wird das Banking neu gedacht........................... 47<br />
Michael Bormann zu Betriebsprüfungen................ 48<br />
Literatur: Die ostdeutsche Bestsellerliste<br />
für Wirtschaftsliteratur............................................ 49<br />
Management & Lifestyle:<br />
Schreiben und bleiben............................................ 50<br />
Ballmode: So macht Mann eine gute Figur............. 52<br />
Serie Berlin<br />
Automotive mit Zukunft<br />
24<br />
W+M NETZWERK<br />
Preisverleihung in Berlin: Macher des Ostens........ 54<br />
Sächsischer Unternehmerball in Leipzig:<br />
Leidenschaft und Rhythmus................................... 55<br />
11. Ball der Generationen: Tanz in Bansin............... 56<br />
UV-Branchentag 2<strong>01</strong>5:<br />
Tourismuswirtschaft zieht Bilanz............................ 57<br />
UnternehmerTag in Berlin:<br />
Wertschöpfung durch Wertschätzung.................... 58<br />
UnternehmerTag in Hoyerswerda:<br />
Exzellenz im Unternehmertum............................... 59<br />
VBIW: Aktuelles aus dem Verein............................ 60<br />
Neues aus den Unternehmerverbänden................. 62<br />
W+M PORTRÄTS<br />
Matthias Ludwig: Mister Polo................................. 64<br />
Fotos: W+M (oben), IAV GmbH (Mitte), Inga Haar (unten)<br />
10 Preisverleihung<br />
Macher des Ostens<br />
Jörg Woltmann: Patriotischer Banker..................... 65<br />
W+M DIE LETZTE SEITE<br />
Ausblick und Personenregister............................... 66<br />
W+M WEITERE BEITRÄGE<br />
Editorial...................................................................... 3<br />
Impressum................................................................ 4<br />
Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt das Magazin<br />
W+M Exklusiv Berlin bei. Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
6 | W+M KÖPFE<br />
K<br />
3<br />
6<br />
Ö<br />
P<br />
1<br />
4<br />
F<br />
E<br />
2<br />
5<br />
7<br />
3<br />
Alexander Winter (44)<br />
Hotelier aus Rostock<br />
Toralf Weiße (49)<br />
1<br />
Firmenchef aus Leipzig<br />
Flüchtlinge seien die Fachkräfte von<br />
morgen, sagt der Geschäftsführer der<br />
Firma PPR Management aus Beucha<br />
bei Leipzig – einer Unternehmensberatung<br />
für Speziallogistik – in seiner Eigenschaft<br />
als Vorstandsvorsitzender des<br />
Netzwerks Logistik Leipzig-Halle. Denn<br />
für die 144 Mitglieder des Vereins, die<br />
zusammen 36.000 Mitarbeiter beschäftigen<br />
und 2,7 Milliarden Euro in der mitteldeutschen<br />
Region generieren, bilde<br />
die Fachkräftesicherung ein Kernanliegen<br />
der Netzwerkarbeit, so Weiße. Deshalb<br />
erarbeite man gegenwärtig gezielte<br />
Ausbildungsangebote für Flüchtlinge<br />
und Migranten. Seinen unternehmerischen<br />
Fokus legt der Logistik-Manager<br />
auf die Bereiche Maschinen-, Anlagenund<br />
Apparatebau, Medizintechnik, Elektro-<br />
und Kommunikationstechnik sowie<br />
Gesundheitswesen.<br />
2<br />
Ralf Scheler (51)<br />
Ingenieur aus Eilenburg<br />
Der geschäftsführende Gesellschafter<br />
der Schlüssel-Kratzsch GmbH im nordsächsischen<br />
Eilenburg schaut gern<br />
über den Tellerrand seines sechsköpfigen<br />
Metallbauunternehmens hinaus.<br />
So agierte der Maschineningenieur<br />
bereits 2006 bis 2<strong>01</strong>0 als Kreishandwerksmeister<br />
in Nordsachsen und ab<br />
2<strong>01</strong>1 als Präsident der Handwerkskammer<br />
Leipzig. Inzwischen gab Scheler<br />
aber auch diesen Posten an seinen<br />
Vize weiter, da er dieses Jahr zu den<br />
Oberbürgermeisterwahlen in seiner<br />
Heimatstadt antrat. Und hier siegte er<br />
als parteiloser Bewerber am Ende klar<br />
gegen seine beiden Kontrahenten von<br />
CDU und SPD. Somit regiert im Eilenburger<br />
Rathaus seit kurzem ein waschechter<br />
Unternehmer.<br />
Der Geschäftsführer der arcona Hotels<br />
& Resorts bat als Vorsitzender der Rostocker<br />
Kaufmannschaft im Oktober zur<br />
22. Jahresköste, an der 150 Kaufleute<br />
teilnahmen. Die Köste ist ein Festmahl,<br />
das jährlich nach Erntedank stattfindet<br />
und auf eine alte hanseatische Tradition<br />
zurückgeht: Kaufleute pflegen Kontakte<br />
und sammeln zugleich Geld für soziale<br />
Zwecke. „Wir übernehmen gern<br />
Verantwortung für die Gemeinschaft<br />
und tun Gutes“, sagt Winter. Mit fast<br />
60.000 Euro wurde in diesem Jahr die<br />
höchste Spendensumme seit Neugründung<br />
der Kaufmannschaft 1994 erreicht.<br />
Hauptspendenzweck ist die Rettung eines<br />
500 Jahre alten Rostocker Kunstwerkes.<br />
Der Nonnenaltar der Universitätskirche<br />
mit seinem kunsthistorisch<br />
wertvollen Schnitzrelief mit biblischen<br />
Motiven bedarf einer dringenden Rekonstruktion.<br />
Seit 1994 sammelte die Rostocker<br />
Kaufmannschaft über 660.000<br />
Euro für soziale und kulturelle Projekte<br />
in der Stadt.<br />
Fotos: Harald Lachmann (1, 2, 5, 6, 7), arcona Hotels (3), Privat (4)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
W+M KÖPFE | 7<br />
9<br />
Als Visionär für seine Stadt, dem es um<br />
mehr als Strom, Wärme und Abwasser<br />
geht, erweist sich zunehmend der Geschäftsführer<br />
der Stadtwerke Erfurt. So<br />
will der diplomierte Kaufmann mit seinem<br />
Unternehmen als Mehrheitsgesellschafter<br />
in die neue Multifunktionsarena<br />
einsteigen, zu der gerade das Steigerwaldstadion<br />
aufwändig umgebaut wird.<br />
Ziel sei es, das 39-Millionen-Euro-Projekt<br />
zum „Zentrum Europas“ zu machen,<br />
heißt es dazu selbstbewusst in Erfurt. Da<br />
die Stadt zudem die Bundesgartenschau<br />
2021 ausrichtet, betrieb Zaiß – um hierfür<br />
notwendige Rücklagen bilden zu können<br />
– zuletzt sehr engagiert<br />
den Verkauf der Erfurter<br />
Anteile am Erdgasgroßhändler<br />
VNG in Leipzig.<br />
Das ging zwar bisher nicht<br />
auf, aber man kann sicher sein,<br />
dass ihm etwas Neues einfällt.<br />
und Pfingsten, bescherten ihr das beste<br />
Geschäft des Jahres, berichtet die frühere<br />
Handballerin.<br />
8<br />
Ralf-Peter Hähle (54)<br />
Landwirt aus Schwerin<br />
8<br />
Fotos: Harald Lachmann (8, 9)<br />
4<br />
Katja Rumstich (36)<br />
Juniorchefin aus Parchim<br />
Seit Jahren unterstützt Katja Rumstich,<br />
Juniorchefin der Volker Rumstich<br />
Transport GmbH, die Berufsorientierung<br />
in der Region Parchim. Sie organisiert<br />
Veranstaltungen zur Verkehrserziehung<br />
an den Schulen und arbeitet<br />
als Vorstandsmitglied im Arbeitskreis<br />
SchuleWirtschaft mit. Das Unternehmen<br />
ist TOP-Ausbildungsbetrieb. Dieses<br />
Engagement wurde nun mit dem<br />
Preis der Fachkräfteinitiative „Durchstarten<br />
in MV“ gewürdigt. Herzlichen<br />
Glückwunsch!<br />
5<br />
Peter Zaiß (51)<br />
Diplom-Kaufmann aus Erfurt<br />
6<br />
Lutz Hering (45)<br />
Banker aus Zwickau<br />
Um ein Zeichen gegen Kinderarmut zu<br />
setzen, die sich in Sachsen seit 1990<br />
verdoppelt hat, gründete der Zwickauer<br />
Bankfachwirt und geschäftsführende<br />
Gesellschafter der Damm|Rumpf|Hering<br />
Vermögensverwaltung GmbH Dresden/<br />
Zwickau mit seinen Unternehmenspartnern<br />
Rocco Damm und Marco Rumpf<br />
die „Stiftung Kinderhilfe“. Deren Anliegen<br />
ist es, Kinder und Jugendliche aus<br />
sozial schwachen Familien zu helfen, sich<br />
„besser integrieren und selbstbewusster<br />
positionieren zu können, um ihre Talente<br />
zu entdecken und diese aktiv und<br />
kreativ auszuleben“. Bisher wurden über<br />
155.000 Euro eingeworben, wobei Hering<br />
und seine Geschäftsführerkollegen<br />
alle anfallenden operativen Kosten selbst<br />
tragen, damit jeder gespendete Euro<br />
auch direkt als Hilfe ankommt.<br />
7<br />
Hannelore Sachse (68)<br />
Fischzüchterin aus Zerbst<br />
Weil sie mit 46 Jahren arbeitslos geworden<br />
war, gründete die gelernte Handelskauffrau<br />
aus dem anhaltischen Deetz<br />
kurzentschlossen eine private Teichwirtschaft.<br />
Dazu erwarb sie von der damaligen<br />
Treuhand den Deetzer Teich<br />
zurück, der einst ihrem Vater gehörte,<br />
bevor er volkseigen wurde – und setzte<br />
sich noch einmal drei Jahre auf die<br />
Schulbank in der Fischereischule im<br />
sächsischen Königswartha. Und noch<br />
immer steht sie mit Wathose und Kescher<br />
im teils brusthohen Wasser, um<br />
Karpfen, Schleie oder Hechte herauszuhieven.<br />
Denn alle Monate, die auf „r“<br />
enden, vor allem zwischen Weihnachten<br />
Ein promovierter Landwirt steht seit Oktober<br />
als Obermeister der Landesinnung<br />
der Steinmetze und Steinbildhauer in<br />
Mecklenburg-Vorpommern vor. Mithin<br />
ist Ralf-Peter Hähle aus Bützow Seiteneinsteiger<br />
in der Branche. Erst mit 35 Jahren<br />
hatte er noch einmal eine Steinmetzlehre<br />
gemacht. Heute führt er als Inhaber<br />
zusammen mit seinem Sohn Klaus<br />
Hähle – er ist auch bereits Steinmetzmeister<br />
– ein Natursteinunternehmen in<br />
Bützow. Zudem unterhält er eine Filiale in<br />
Schwaan sowie ein eigenes Blumengeschäft<br />
am Friedhof in Bützow. Als seine<br />
wichtigste Aufgabe sieht es Hähle<br />
nunmehr, die Innung wieder attraktiver<br />
für Handwerksbetriebe zu machen, denn<br />
zuletzt hatte es hier Austritte gegeben.<br />
9<br />
Matthias Benesch (47)<br />
Ex-Bobfahrer aus Altenberg<br />
Der einstige Juniorenweltmeister und<br />
Europameister im Bobfahren schlägt sich<br />
inzwischen auch erfolgreich als Unternehmer<br />
im „Eiskanal“ – so der weltweit<br />
bekannte und geschätzte Markenname<br />
der Rennschlitten- und Bobbahn im ostsächsischen<br />
Altenberg/Osterzgebirge.<br />
Als geschäftsführender Gesellschafter<br />
der Wintersport Altenberg GmbH gelingt<br />
ihm sehr erfolgreich der Spagat<br />
zwischen Hochleistungssport und Volkssport.<br />
So logierten auf seiner Piste im<br />
Oktober und November wieder die deutschen<br />
sowie eine Reihe ausländischer<br />
Bob-Nationalteams zu Trainingslehrgängen.<br />
Und zugleich begrüßt er Besucher<br />
aus ganz Deutschland zu Offerten wie<br />
„Bobfahren für jedermann“ oder Ice-<br />
Tubing, einer rasanten Schussfahrt auf<br />
großen Gummireifen durch den Eiskanal.<br />
Zuweilen steigt er dann auch selbst noch<br />
als Steuermann zu.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
8 | W+M NACHRICHTEN<br />
Die chinesische Millionenstadt Chongqing liegt auf einer Halbinsel am Jangtsekiang.<br />
KOOPERATION MIT REGION CHONGQING<br />
ANLAGE FÜR FLEXIBLEN<br />
HIGHTECH-WERKSTOFF<br />
Rudolstadt. Die australische Talga Ressources<br />
wird in Rudolstadt mit einer neuartigen<br />
Produktionsanlage aus hochreinem<br />
Graphit den Hightech-Werkstoff<br />
Graphen herstellen. Das Material gilt wegen<br />
seiner Leitfähigkeit, Stabilität, Flexibilität<br />
und extremer Dünnschichtigkeit als<br />
Grundlage für zukünftige Innovationen.<br />
Dresden. Zum Abschluss einer Reise<br />
nach Chongqing informierte Sachsens<br />
Umweltminister Thomas Schmidt Ende<br />
Oktober, dass der ostdeutsche Freistaat<br />
und die zentralchinesische Region<br />
– hier leben rund 33 Millionen Menschen<br />
– künftig enger in den Bereichen<br />
Umwelt und Landwirtschaft kooperieren<br />
wollen. Die chinesischen Partner<br />
äußerten etwa Interesse an Agrarprodukten<br />
wie Obst, Käse und weiteren<br />
Milcherzeugnissen sowie zeitgemäßnachhaltigem<br />
Know-how in der Landwirtschaft.<br />
So will Sachsen helfen, Effizienz<br />
und Umweltverträglichkeit von<br />
Fischzuchtanlagen zu verbessern und<br />
Kläranlagen errichten. Auf einem Technologieforum<br />
hatte Schmidt Kontakte<br />
zu über hundert potenziellen Partnern<br />
geknüpft.<br />
IT-SPEZIALIST CGI GROUP<br />
SCHAFFT 300 NEUE STELLEN<br />
Erfurt. Der kanadische IT-Spezialist CGI<br />
Group will an seinem Standort in Erfurt<br />
bis 2<strong>01</strong>7 rund 300 neue Stellen schaffen.<br />
Hier betreibt das Unternehmen bereits ein<br />
Testzentrum für Managed und IT-Services,<br />
neu kommen der IT-Support und Consulting<br />
hinzu. Die geplante Investitionssumme<br />
liegt bei rund 2,5 Millionen Euro.<br />
UNTERNEHMERTAG<br />
STARK BESUCHT<br />
Leipzig. Tausende Entscheider<br />
aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft<br />
und Gesellschaft aus ganz<br />
Deutschland trafen sich Ende Oktober<br />
erneut zum Mittelständischen<br />
Unternehmertag (MUT) im Congress<br />
Center Leipzig auf dem Messegelände.<br />
Er fand bereits zum elften<br />
Mal statt und stand unter der<br />
Schirmherrschaft von Mario Ohoven,<br />
Präsident des Bundesverbandes<br />
mittelständische Wirtschaft<br />
(BVMW). Auf Wunsch der Teilnehmer<br />
war diesmal das Vortragsprogramm<br />
spürbar gestrafft worden,<br />
um mehr Raum für Gespräche<br />
an den 120 Ausstellungsständen<br />
zu schaffen. Ein Workshop, zu<br />
dem die sächsische Ministerin für<br />
Gleichstellung und Integration Petra<br />
Köpping geladen hatte, stand zudem<br />
unter dem Thema „Wege zur<br />
Integration von Flüchtlingen“. Der<br />
Chef der Vereinigten Bioenergie<br />
AG (Verbio) Claus Sauter ermutigte<br />
die Teilnehmer mit seinem Vortrag<br />
„Stroh zu Gold – Mittelstand sichert<br />
Deutschland die Technologieführerschaft“.<br />
Das ostdeutsche Unternehmen<br />
mit Sitz in Leipzig und<br />
Zörbig ist der einzige großindustrielle<br />
Produzent von Biodiesel, Bioethanol<br />
und Biomethan in Europa.<br />
WAGGONBAU NIESKY<br />
WIEDER IM AUFWIND<br />
BATTERIESPEICHER DER<br />
NEUESTEN GENERATION<br />
Niesky. Ein Großauftrag über drei Spezialzüge<br />
mit 111 Waggons sichert Waggonbau<br />
Niesky bis Ende 2<strong>01</strong>6 Vollauslastung,<br />
es gibt eine Erweiterungsoption über neun<br />
weitere. Die Züge sind für den Einsatz im<br />
Eurotunnel zwischen Frankreich und Großbritannien<br />
vorgesehen. Das Unternehmen<br />
besteht seit über 180 Jahren und hat eine<br />
schwierige Phase überstanden.<br />
Dresden. Mit der Auslieferung der ersten<br />
Batteriespeicher „MyReserve“ hat das Solarunternehmen<br />
SOLARWATT begonnen.<br />
Das revolutionäre System hatte im Juni<br />
2<strong>01</strong>5 auf der Intersolar Europe im München<br />
Aufsehen erregt. Es basiert auf der<br />
Lithium-Ionen-Technologie und ermöglicht<br />
einen Wirkungsgrad von 93 Prozent über<br />
den gesamten Lade- und Entladezyklus.<br />
Der Mittelständische Unternehmertag<br />
fand im Leipziger Congress Center statt.<br />
Fotos: Wikimedia Commons (oben), MUT GbR (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
W+M NACHRICHTEN | 9<br />
BERLIN UND LEIPZIG IM<br />
STÄDTERANKING VORN<br />
Frankfurt/Main. Berlin und Leipzig sind<br />
derzeit die Überflieger unter den deutschen<br />
Metropolen. Das ergab das aktuelle<br />
Städteranking, welches das Hamburgische<br />
Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) und<br />
die älteste deutsche Privatbank Berenberg<br />
regelmäßig erstellen. Demnach kletterte<br />
Berlin hinter Spitzenreiter München auf<br />
Platz zwei, gefolgt von Leipzig, das sich<br />
von Rang zwölf (2<strong>01</strong>3) vorkämpfte. Für die<br />
Zukunftsfähigkeit der sächsischen Metropole<br />
sprechen laut der Analyse vor allem<br />
eine dynamische Bevölkerungsentwicklung<br />
sowie hohe Zuwächse bei Erwerbstätigen<br />
und in der Produktivität. Auf den weiteren<br />
Plätzen folgen Frankfurt/Main, Bonn,<br />
Stuttgart, Köln und Hamburg. Unter den<br />
30 beleuchteten Städten befanden sich<br />
aus Ostdeutschland noch Dresden (Rang<br />
zehn) und Chemnitz (30). Als Maßstab für<br />
die Bewertung der Zukunftsfähigkeit einer<br />
Stadt gelten die Produktivitätsentwicklung<br />
sowie Standortfaktoren wie Bildung, Innovationsfähigkeit,<br />
Erreichbarkeit, Internationalität<br />
und demografische Entwicklung.<br />
MASCHINENBAU MIT HOHER EXPORTQUOTE<br />
Leipzig. Der ostdeutsche Maschinenbau<br />
sieht positiv in die Zukunft. Das<br />
ergab die Konjunkturumfrage für das<br />
dritte Quartal 2<strong>01</strong>5 unter den 350 Mitgliedern<br />
des Landesverbands Ost des<br />
Verbands Deutscher Maschinen- und<br />
Anlagenbau e. V. (VDMA). Demnach<br />
lag die durchschnittliche Auslastung<br />
Betriebe<br />
der Produktionskapazitäten bei 89<br />
Prozent. 60 Prozent der Unternehmen<br />
konnten ihre Maschinen zu mindestens<br />
90 Prozent und damit überdurchschnittlich<br />
hoch auslasten. Gleichzeitig<br />
hat sich der Auftragsbestand in den<br />
vergangenen Monaten wieder stabilisiert.<br />
Beschäftigte<br />
Umsatz<br />
in Mrd. Euro<br />
Exportquote<br />
in Prozent<br />
Berlin 34 9.330<br />
2,00 63,3<br />
Brandenburg 34 4.304<br />
0,55 50,6<br />
Mecklenburg-Vorpommern 29 5.612<br />
1,44 52,5<br />
Sachsen 199 33.344<br />
7,46 52,0<br />
Sachsen-Anhalt 77 12.223<br />
2,30 45,8<br />
Thüringen 97 15.128<br />
2,59 41,8<br />
Gesamt 470 79.941 16,34<br />
51,0<br />
Foto: VNG AG, Quelle Schaubild: VDMA Ost, Maschinenbau 2<strong>01</strong>4 in Ostdeutschland<br />
VNG BEKOMMT BADISCHEN EIGENTÜMER<br />
Leipzig. Die Leipziger Verbundnetz<br />
Gas AG (VNG) wechselt den Hauptgesellschafter.<br />
Ende Oktober wurde bekannt,<br />
dass der Oldenburger Versorger<br />
EWE seinen Anteil von 74,2 Prozent an<br />
VNG an die Energie Baden-Württemberg<br />
(EnBW) in Karlsruhe veräußert. Als<br />
Kaufpreis für das Aktienpaket fließen<br />
schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro.<br />
Diese Lösung für den umsatzstärksten<br />
Die Zentrale von VNG in Leipzig.<br />
ostdeutschen Konzern gilt als „Gewinn<br />
für Sachsen und den Standort Leipzig“,<br />
so Sachsens Ministerpräsident Stanislaw<br />
Tillich. Wichtig bei dem Deal war die<br />
Zusicherung der Badener, den Firmensitz<br />
weiterhin in Leipzig zu belassen.<br />
Neun ostdeutsche Kommunen, darunter<br />
Leipzig und Dresden, haben ihre Aktien<br />
von zusammen 25,79 Prozent in einer<br />
Beteiligungsgesellschaft gebündelt.<br />
MINDESTLOHN MACHT<br />
MINIJOBS ÜBERFLÜSSIG<br />
Halle. Knapp ein Jahr nach Einführung<br />
des Mindestlohns zeigen sich erste belastbare<br />
Folgen für den Arbeitsmarkt in<br />
Sachsen-Anhalt. Wie dazu aus der für<br />
Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständigen<br />
Dienststelle der Bundesagentur für<br />
Arbeit (BA) in Halle verlautet, sank durch<br />
die neue Lohnuntergrenze die Zahl der<br />
Minijobs im Land um knapp 6.000. Die<br />
meisten dieser Arbeitsverhältnisse erloschen<br />
dabei in den Branchen Gastronomie,<br />
Reinigung und Einzelhandel. Denn<br />
Minijobber dürfen im Monat nur bis 450<br />
Euro verdienen, wenn sie jedoch nun<br />
für 8,50 Euro die Stunde entlohnt werden,<br />
rechnet sich das aufgrund der damit<br />
deutlich verkürzten Arbeitszeit nicht<br />
mehr. Laut der BA wurden aber nur wenige<br />
Betroffene entlassen, sondern stattdessen<br />
in sozialversicherungspflichtige<br />
Arbeitsverhältnisse übernommen.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
10 | W+M LÄNDERREPORT<br />
Macher mit Mut,<br />
Ideen und Durchsetzungskraft<br />
Aus Haldensleben, Dresden und Chemnitz kommen die Sieger des erstmalig vergebenen Wirtschaftspreises<br />
„Macher 25“, mit dem der Verband Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) die bedeutende<br />
Rolle des Unternehmertums beim Aufbau Ost würdigte. Das Magazin <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> war als<br />
Medienpartner mit im Boot. Von Harald Lachmann<br />
Die Wahl der neun „Macher des Ostens<br />
2<strong>01</strong>5“ oblag einer Expertenjury,<br />
die unter Vorsitz des früheren<br />
Brandenburger Ministerpräsidenten<br />
Matthias Platzeck (SPD) stand. Das Gremium,<br />
dem auch Bosch-Aufsichtsratschef<br />
Franz Fehrenbach sowie Professor<br />
Andreas Pinkwart, Rektor der Handelshochschule<br />
Leipzig (HHL), angehörten,<br />
sichteten hierzu mehr als 150 Bewerbungen.<br />
Die Preisträger verbinde ihr<br />
„herausragender Einsatz für den Standort<br />
Ost“, sagte Dr. Sigrid Nikutta, VBKI-<br />
Präsidiumsmitglied und Chefin der Berliner<br />
Verkehrsbetriebe, bei der festlichen<br />
Preisverleihung am 20. Oktober in Berlin.<br />
Mit Tatkraft, Ideenreichtum und unter<br />
oft schwierigen Umständen hätten<br />
alle Teilnehmer einen wichtigen Beitrag<br />
zu einer lebendigen Unternehmenskultur<br />
geleistet.<br />
Kategorie Lebenswerk:<br />
Heinrich von Nathusius<br />
Der 71-jährige Heinrich von Nathusius<br />
stürzte sich vergangenes Jahr erneut in<br />
ein unternehmerisches Abenteuer, als er<br />
den insolventen Fahrradhersteller Mifa in<br />
Sangerhausen übernahm. Damit erhofft<br />
man sich in dem traditionsreichen sachsen-anhaltischen<br />
Unternehmen noch einmal<br />
jenen Erfolg, der dem gebürtigen Berliner<br />
bereits in Haldensleben gelang: Hier<br />
erwarb er 1992 von der Treuhand das vormalige<br />
IFA-Gelenkwellenwerk und formte<br />
es zu einem Hidden Champion, also einem<br />
der wenig bekannten Weltmarktführer.<br />
Denn die heutige IFA Rotorion Holding<br />
GmbH ist einer der größten Längswellenhersteller<br />
für die Autoindustrie. Ob Volkswagen,<br />
BMW oder Mercedes, ob Škoda,<br />
Heinrich von Nathusius (l.), Erstplatzierter in der Kategorie Lebenswerk, mit BVG-Chefin Sigrid<br />
Nikutta und dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit.<br />
Ford oder Porsche – alle beziehen sie Teile<br />
aus dem Familienunternehmen in Haldensleben,<br />
das Nathusius zunächst eher<br />
zufällig übernommen hatte. Denn als er<br />
nach der Wende Familiengräber in dem<br />
Bördestädtchen besuchte, fragten ihn Bürgermeister<br />
und Landrat, ob er hier nicht<br />
als Unternehmer einsteigen wolle. Heinrich<br />
von Nathusius – damals Chef der<br />
Krupp-Stahlhandelsgesellschaft in Duisburg<br />
– sagte bald zu, denn er sah dies als<br />
Chance, „selbstständig ein konkurrenzfähiges<br />
Unternehmen aufzubauen“. Denn<br />
Management mache eben „sehr viel mehr<br />
Spaß, wenn es das eigene Unternehmen<br />
ist“, begründete er diesen Schritt.<br />
Zunutze kam ihm dabei anfangs auch,<br />
dass IFA 1992 zwar keine marktfähigen<br />
Produkte und Aufträge, wohl aber<br />
„leistungsfähige und motivierte Mitarbeiter“<br />
besaß, erinnert er sich. Mit 80<br />
von ihnen fing Nathusius an, auch wenn<br />
er in der ersten Zeit „drei-, viermal nicht<br />
in der Lage war, die Löhne pünktlich zu<br />
bezahlen“. Doch es ging stetig aufwärts<br />
und heute hat Rotorion sogar Standorte<br />
in Shanghai (China) und Charleston<br />
(USA). Nathusius beschäftigt inzwischen<br />
über 2.000 Mitarbeiter und setzt im Jahr<br />
knapp eine halbe Milliarde Euro um.<br />
Kategorie Unternehmensnachfolge:<br />
Dresdener Lackfabrik novatic GmbH<br />
Eine erfolgreiche familiäre Stabübergabe<br />
gelang dem Dresdener Wilfried Zill mit<br />
seiner Lackfabrik, die er 1990 als vormaligen<br />
volkseigenen Betrieb privatisiert hatte.<br />
Denn seit seine Söhne Alexander und<br />
Jochen die Geschäftsführung übernahmen,<br />
kann der inzwischen 71-jährige Diplomchemiker<br />
ein wenig kürzer treten –<br />
auch wenn er noch immer ein Büro im<br />
Foto: Businessfotografie Inga Haar<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
OSTDEUTSCHLAND | 11<br />
Erster Platz in der Kategorie Unternehmensnachfolge: Jochen, Wilfried<br />
und Alexander Zill (v. l.) von der Dresdener Lackfabrik novatic GmbH.<br />
Unternehmen hat. Mit dem Namen Zill<br />
verbinden Kunden seit einem Vierteljahrhundert<br />
maßgeschneiderte Lacke, Farben<br />
und Beschichtungsstoffe, die Dinge<br />
bunter oder haltbarer machen. Selbst zum<br />
„Blauen Wunder“ von Dresden, der berühmten<br />
Stahlbrücke über die Elbe, steuerten<br />
sie den optimalen Anstrichstoff bei.<br />
Zugute kam Zill Senior bei seiner Arbeit,<br />
dass er nie auf einen eigenen Forschungs-<br />
und Entwicklungsbereich verzichtete.<br />
„Hätten wir nicht selbst entwickelt,<br />
wären wir untergegangen wie alle<br />
DIE PREISTRÄGER<br />
Kategorie Lebenswerk<br />
1. Heinrich von Nathusius,<br />
IFA Rotorion Holding GmbH,<br />
Haldensleben (Sachsen-Anhalt)<br />
2. Petra Kröger-Schumann,<br />
Medizintechnik & Sanitätshaus<br />
Harald Kröger GmbH,<br />
Massen-Niederlausitz (Brandenburg)<br />
3. Dr. Eckhard Krone,<br />
EWG Eberswalder Wurst GmbH,<br />
Britz (Brandenburg)<br />
anderen Lackfabriken<br />
in Ostdeutschland“,<br />
sagt er. Denn<br />
über 30 Farbenhersteller<br />
gab es Ende<br />
der 1980er Jahre in<br />
der DDR – heute ist<br />
novatic der letzte eigenständige<br />
seiner<br />
Art im Osten. Das<br />
Unternehmen beschäftigt<br />
allein im<br />
Dresdener Stammwerk<br />
– es wird vom<br />
41-jährigen Alexander<br />
Zill geführt –<br />
heute mehr als 70<br />
Mitarbeiter und noch einmal so viele in<br />
weiteren Werken in Tschechien, Indien<br />
und Russland. Der Umsatz lag 2<strong>01</strong>4 bei<br />
37 Millionen Euro. Alexander hatte einst<br />
auf den Rat des Vaters hin Lacklaborant<br />
gelernt und anschließend Betriebswirtschaft<br />
studiert. Der 47-jährige Jochen<br />
gründete dagegen zunächst seine eigene<br />
Firma, ehe er 2008 in den väterlichen<br />
Betrieb einstieg. Seit 2<strong>01</strong>4 sind beide Geschäftsführer.<br />
Der Senior hatte sie dabei<br />
nach dem Motto gefördert, man müsse<br />
Vertrauen in sie haben und Verantwortung<br />
übertragen: „Immer ein bisschen<br />
mehr.“<br />
Kategorie Start-up/Innovation:<br />
Intenta GmbH<br />
Das sächsische Unternehmen ist spezialisiert<br />
auf Fahrassistenzsysteme, quasi die<br />
Vorstufe für selbstfahrende Autos. Hervorgegangen<br />
aus einem studentischen<br />
Forschungsprojekt, beschäftigen die beiden<br />
Gründer und Geschäftsführer Basel<br />
Fardi und Heiko Cramer – zwei promovierte<br />
Ingenieure – inzwischen hundert Mitarbeiter.<br />
Und die Nachfrage nach den Software-Lösungen,<br />
die Intenta in Chemnitz<br />
entwickelt, um dem Fahrer die Arbeit zu<br />
erleichtern, wächst weiter. Inzwischen ist<br />
selbst dort, wo Porsche oder Audi draufsteht,<br />
oft Intenta drin. Die Systeme informieren<br />
den Fahrer zum Beispiel, wenn er<br />
zu dicht auffährt oder einem Fußgänger<br />
zu nahe kommt, erläutert Dr. Fardi, ein<br />
gebürtiger Syrer. Das System lese sogar<br />
selbstständig Verkehrszeichen und warne<br />
den Fahrer, falls an einem Streckenabschnitt<br />
Tempo 30 vorgeschrieben ist.<br />
Der Firmenname leitet sich übrigens vom<br />
lateinischen „intentus“ ab, zu Deutsch:<br />
aufmerksam sein. Inzwischen hat Intenta<br />
noch ein zweites Standbein. Fardi und<br />
Cramer entwickelten eine 3D-Kamera, die<br />
vor allem in Krankenhäusern zum Einsatz<br />
kommt. Diese „intelligente Kamera“ beobachtet<br />
zum Beispiel, ob sich bei der<br />
Strahlentherapie während der Bestrahlung<br />
eines Patienten gerade medizinisches<br />
Personal in der Nähe aufhält und<br />
stoppt gegebenenfalls automatisch die<br />
Bestrahlung, um den Mitarbeiter der Klinik<br />
zu schützen. „Es geht mit unseren<br />
Kameras um den Schutz von Menschen,<br />
nicht um den Schutz vor Menschen, wie<br />
bei den meisten anderen Sicherheitskameras“,<br />
so Fardi.<br />
W+M<br />
Fotos: Businessfotografie Inga Haar<br />
Kategorie Unternehmensnachfolge<br />
1. Dresdener Lackfabrik novatic GmbH,<br />
Dresden (Sachsen)<br />
2. Ratiomat Einbauküchen GmbH,<br />
Leubsdorf (Sachsen)<br />
3. Königsee Implantate GmbH,<br />
Allendorf (Thüringen)<br />
Kategorie Start-up/Innovation<br />
1. Intenta GmbH, Chemnitz (Sachsen)<br />
2. EyeEm Mobile GmbH, Berlin<br />
3. reBuy GmbH, Berlin<br />
Basel Fardi (l.) und Heiko Cramer von Intenta sind die Sieger in der Kategorie Start-up/Innovation.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
12 | W+M LÄNDERREPORT BRANDENBURG<br />
Schweißarbeiten in der Finow<br />
Rohrsysteme GmbH Eberswalde.<br />
Eberswalder Metall-Gen<br />
des Barnims gehört die Ansiedlung zweier<br />
renommierter Mittelständler aus Baden-<br />
Württemberg – der Weber Automotive<br />
GmbH in Bernau und der Schmidt Maschinenbau<br />
GmbH in Eberswalde. Beide bringen<br />
Innovation und modernste Produktion<br />
mit in den Barnim. Firmeninhaber Herbert<br />
Schmidt hat sein Brandenburger Werk bereits<br />
erweitert: „Wir fühlen uns am Standort<br />
Eberswalde ausgesprochen wohl. Die<br />
Rahmenbedingungen passen. Am meisten<br />
freut es mich, dass ich hier so viele junge,<br />
motivierte und gut ausgebildete Fachkräfte<br />
gefunden habe. Mit ihnen hat unser Betrieb<br />
beste Perspektiven.“<br />
Im Brandenburger Landkreis Barnim, der in Ahrensfelde an der<br />
Berliner Stadtgrenze beginnt und über Bernau und Eberswalde bis in<br />
die Schorfheide reicht, hat sich eine vielfältige Industrielandschaft<br />
etabliert, die Schritt für Schritt wächst. Treiber des Aufschwungs ist<br />
die Metallurgie. Von Karsten Hintzmann<br />
Die Ursprünge der Metallverarbeitung<br />
im heutigen Landkreis Barnim<br />
reichen bis in die Anfänge<br />
des 17. Jahrhunderts zurück. Ab 1603<br />
wurde im Finowtal bereits Kupfer geschmiedet,<br />
100 Jahre später kamen<br />
eine Eisenspalterei und<br />
ein Messingwerk hinzu.<br />
Aus DDR-Zeiten kennt<br />
man den international<br />
erfolgreichen Kranbau<br />
Eberswalde, das Walzwerk<br />
Finow, den Rohrleitungsbau<br />
und das<br />
Reichsbahnausbesserungswerk.<br />
Nach der Deutschen<br />
Einheit und dem wirtschaftlichen<br />
Umbruch<br />
hatten auch die einstigen<br />
Kombinate in<br />
der Region Barnim keine Perspektive<br />
mehr. Allerdings entwickelten sich aus<br />
den überlebensfähigen und privatisierten<br />
Segmenten der einstigen Großbetriebe<br />
viele mittelständische Unternehmen,<br />
die an die Metalltradition anknüpften<br />
und heute industrielle Kerne im Nordosten<br />
Brandenburgs sind. Dazu zählen<br />
die Niederlassung der auf Kranbau spezialisierten<br />
Kirow Ardelt GmbH, die Finow<br />
Automotive GmbH, der Windkraftanlagenhersteller<br />
Senvion SE, die Finow<br />
Rohrsysteme GmbH und der<br />
Großwälzlagerhersteller<br />
Rothe Erde.<br />
Insgesamt existieren<br />
im Kreis Barnim<br />
40 metallverarbeitende<br />
Unternehmen<br />
mit mehr als<br />
2.000 Beschäftigten.<br />
Rüdiger<br />
Thunemann,<br />
Geschäftsführer<br />
der kreiseigenen<br />
Wirtschafts- und<br />
Tourismusentwicklungsgesellschaft<br />
WITO, hat eine einfache wie<br />
überzeugende Erklärung für den Boom<br />
der Metallurgie in der Region: „Wir sind<br />
vermutlich nicht die bekannteste Industrieregion<br />
des Landes, aber eine der traditionsreichsten.<br />
Das Eberswalder Metall-<br />
Gen vererbt sich hier bis heute.“ Zu den<br />
jüngsten Erfolgen der Wirtschaftsförderer<br />
„Wenn Sie investieren wollen,<br />
denken Sie an den Barnim!“<br />
WITO-Chef Rüdiger Thunemann.<br />
Die meisten Metall-Firmen im Barnim<br />
setzen auf Kooperation und Erfahrungsaustausch<br />
mit den Branchenunternehmen<br />
in der Nachbarschaft. Eine rege genutzte<br />
Plattform dafür ist das von der<br />
WITO 2002 begründete Barnimer „Netzwerk<br />
Metall“. Hier werden Kräfte gebündelt,<br />
Messeteilnahmen organisiert und<br />
auch die Nachwuchswerbung in den<br />
Schulen koordiniert.<br />
WITO-Chef Thunemann ist indes im Inund<br />
Ausland auf Achse, um für den Industriestandort<br />
Barnim zu werben. Thunemann:<br />
„Wir haben gute Argumente – die<br />
Nähe zur Bundeshauptstadt, eine ideale<br />
Anbindung per Bahn, Autobahn und Wasserstraße,<br />
voll erschlossene und sofort<br />
verfügbare Gewerbe- und Industrieflächen<br />
zu moderaten Preisen, qualifizierte<br />
Arbeitskräfte und ein wirtschaftsfreundliches<br />
Klima in den Verwaltungen. Die<br />
Brandenburger Höchstförderung gibt es<br />
noch dazu. Mein Appell an jeden von mir<br />
besuchten Unternehmer ist ganz schlicht:<br />
Wenn Sie investieren wollen, denken Sie<br />
an den Barnim!“<br />
W+M<br />
ZUSTÄNDIG FÜR ANSIEDLUNGEN<br />
WITO Wirtschafts- und<br />
Tourismusentwicklungsgesellschaft<br />
des Landkreises Barnim mbH<br />
Geschäftsführer<br />
Rüdiger Thunemann<br />
Telefon: 03334 59233<br />
thunemann@wito-barnim.de<br />
www.wito-barnim.de<br />
Fotos: WITO GmbH<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
LÄNDERREPORT THÜRINGEN | 13<br />
Gutes Geld für gute Milch<br />
Fotos: Harald Lachmann<br />
Die erste Prämisse in der Güterverwaltung „Nicolaus Schmidt“ AG<br />
in Rothenacker, einem leistungsfähigen Agrarbetrieb im Südosten<br />
Thüringens, lautet: Wer hier arbeitet, muss davon auch auskömmlich<br />
leben können. Bis Israel kennt man das Unternehmen, das mit seinen<br />
Leistungen das Spitzenniveau in der Thüringer Milchwirtschaft<br />
maßgeblich mitbestimmt. Von Harald Lachmann<br />
Im Büro von Stefan Kühne laufen die Geschicke<br />
von gleich fünf Agrarbetrieben<br />
zusammen. Allesamt stehen sie auf soliden<br />
Beinen. Den Grund hierfür sieht der<br />
Vorstandschef der Güterverwaltung „Nicolaus<br />
Schmidt“ AG in Rothenacker – sie<br />
bildet das Dach für den Verbund – vor allem<br />
in „unseren guten Leuten“. Kühne fordert<br />
ihnen einiges ab. Doch wer bei dem<br />
56-Jährigen in Lohn und Brot steht, verdient<br />
auch auskömmlich, egal ob als Traktorist<br />
oder als Melker im Kuhstall. „Wir<br />
zahlen weit über Tariflohn“, beteuert er.<br />
„Damit sind wir in der Region mit Spitze.“<br />
Vorstandschef Stefan Kühne.<br />
Hierbei begegnen sich in Kühnes Person<br />
ehrliche Leutseligkeit mit nüchternem unternehmerischem<br />
Kalkül und eben Liebe<br />
zur Region. „Harte Arbeit – gutes Geld!“,<br />
wiederholt er. „Wer bei uns tätig ist, muss<br />
so ordentlich verdienen, dass er gut leben<br />
kann, sonst geht er woanders hin.“<br />
Ihre Ecke sei nun einmal nicht die strukturstärkste,<br />
weshalb vieles auf der Landwirtschaft<br />
laste. „Wir müssen verhindern,<br />
dass das Land hier ausblutet.“ Schließlich<br />
hätten die meisten daheim noch einen<br />
Bauernhof zu unterhalten.<br />
So wie man Kühnes Gesicht die Lust an<br />
seinem Tun abliest, möchte er das auch<br />
bei seinen Leuten erleben: „Es muss Spaß<br />
machen, hier zu arbeiten!“ Nachdenklich<br />
fügt er hinzu: Das Schäbigste für einen<br />
Chef sei es doch, für eigene unternehmerische<br />
Fehler die Mitarbeiter zur Ader zu<br />
lassen, sich an ihren Löhnen zu vergreifen.<br />
Gleichmacherei gebe es indes nicht. Bezahlt<br />
werde konsequent nach Leistung sowie<br />
auf Basis vereinbarter Qualitätsprinzipien.<br />
Auch das hält der Unternehmer für<br />
„ganz wichtig“, gleichwohl dies durchaus<br />
für „recht deutliche monatliche Unterschiede“<br />
zwischen den Beschäftigten sorge.<br />
Wer etwa im Kuhstall beim Rauchen<br />
erwischt wird, darf mit Abzug rechnen.<br />
Die Kühe in Rothenacker bestimmen mit ihren<br />
Milchleistungen das Niveau in Thüringen mit.<br />
Wer gute Löhne zahlt, muss sich diese<br />
leisten können. So hat denn in Rothenacker<br />
jeder einzelne Arbeitsplatz auch Gewinn<br />
zu bringen „Wir machen nichts, womit<br />
wir nicht auch Geld verdienen“, so Kühne.<br />
Quersubventionen gebe es generell<br />
nicht: „Wir rechnen alle Prozesse scharf<br />
durch.“ Den Grundstein hierfür habe man<br />
bereits mit der Wende gelegt, als „wir uns<br />
davon verabschiedeten, Dinge zu tun, die<br />
man uns zuvor staatspolitisch zugeordnet<br />
hatte, auch wenn es in unserer Region<br />
nicht viel Ertrag abwarf“.<br />
Heute mache man „nur noch das, was wir<br />
gut können und wovon wir uns mittelfristig<br />
einen Gewinn versprechen“. So entsteht<br />
gerade ein hochmoderner neuer Milchstall.<br />
Recht geben den Landwirten aber<br />
auch Erfolge in kleinen, feinen Nischen: Israel<br />
kauft bei ihnen etwa koschere Milch,<br />
wozu extra ein Rabbi auf den Hof kommt.<br />
Und dass Landwirte tief in der Thüringer<br />
Provinz noch anders ihre Arbeit zu versilbern<br />
verstehen, beweisen ihre Börsengänge.<br />
Denn das Gros der Elektrizität, die die<br />
beiden Biogasanlagen des Betriebes generieren,<br />
handelt man gewinnbringend an<br />
der Europäischen Strombörse in Leipzig.<br />
Zunutze kommt dem Unternehmen hierbei,<br />
dass man technisch in der Lage ist, auf<br />
Abruf positive Regelenergie zu liefern, so<br />
dass sich etwa Netzschwankungen ausgleichen<br />
lassen. <br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
14 | W+M LÄNDERREPORT<br />
Das Gelände der Anklam Extrakt GmbH.<br />
Anklam auf dem Weg zur<br />
Modellregion für Bioökonomie<br />
Autoreifen aus Löwenzahn? Wurst aus Lupinensamen? Plastikflaschen<br />
aus Zuckerrohr? Was heute noch exotisch klingt, ist<br />
morgen vielleicht schon fester Bestandteil unseres Alltags. Dabei<br />
ließe sich die Aufzählung beliebig fortsetzen. All diese Produkte<br />
haben jedoch eines gemeinsam: Sie bestehen aus biobasierten<br />
Rohstoffen beziehungsweise basieren auf biologischen Prozessen.<br />
Sie sind Produkte der Bioökonomie. Von Steffen Piechullek<br />
Bio-Rohstoffe spielen branchenübergreifend<br />
eine immer wichtigere<br />
Rolle für die Herstellung unterschiedlichster<br />
Produkte. Mit seiner<br />
ausgeprägten Landwirtschaft, modernen<br />
Nahrungsmittelproduzenten und<br />
agrarisch ausgerichteten Forschungseinrichtungen<br />
ist der Osten Mecklenburg-<br />
Vorpommerns prädestiniert als Bioökonomie-Modellregion,<br />
so beispielsweise<br />
die kleine Stadt Anklam. Michael Galander,<br />
Bürgermeister von Anklam, wirbt für<br />
eine Investitionsförderung in der Bioökonomie.<br />
Er freute sich, im Oktober dieses<br />
Jahres bereits zum zweiten Mal Teilnehmer<br />
zur Bioökonomie-Konferenz in der<br />
13.000 Einwohner zählenden Stadt zu begrüßen.<br />
Unter dem Motto „Wir schreiben<br />
Zukunft“ warb die Tagung für Zusammenarbeit<br />
auf dem Gebiet der Bioökonomie<br />
und stellte Beispiele entsprechender<br />
Produkte aus der Region vor. Im Fokus<br />
der Veranstaltung standen daher insbesondere<br />
die Unternehmen und wissenschaftlichen<br />
Einrichtungen, die sich in<br />
Mecklenburg-Vorpommern schon jetzt<br />
mit der Generierung biobasierter Wertschöpfungsketten<br />
beschäftigen.<br />
Aufstrebende Branche: Bioökonomie.<br />
Jüngstes Beispiel für die aufstrebende<br />
Branche ist die Anklam Extrakt GmbH.<br />
Das Unternehmen gewinnt auf besonders<br />
schonende Weise wertvolle Inhaltsstoffe<br />
aus getrockneten Pflanzen für die<br />
Pharma-, Lebensmittel-, Kosmetik- und<br />
Fotos: Anklam Extrakt GmbH<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 15<br />
Foto: Anklam Extrakt GmbH<br />
Getränkeindustrie. Die besondere Stärke<br />
des Unternehmens liegt in der Umsetzung<br />
spezieller Vorgaben und Neuentwicklungen,<br />
die in enger Zusammenarbeit<br />
mit dem Kunden verwirklicht werden.<br />
Mit einer Pilotanlage ist es möglich,<br />
Musterproduktionen bereits in kleineren<br />
Mengen herzustellen, zu dokumentieren<br />
und zu optimieren: ein idealer Maßstab<br />
für Testverfahren in allen Bereichen von<br />
Wissenschaft und Entwicklung. Weitere<br />
Unternehmen, die sich in der Lilienthal-<br />
Stadt Anklam angesiedelt haben, sind<br />
die Zuckerfabrik Anklam und die NOA<br />
Naturoel Anklam AG. Die Zuckerfabrik<br />
ANSPRECHPARTNER FÜR<br />
UNTERNEHMEN DER BIOÖKONOMIE<br />
Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
Vorpommern mbH<br />
Brandteichstraße 20<br />
17489 Greifswald<br />
Tel.: 03834 550605<br />
info@invest-in-vorpommern.de<br />
www.invest-in-vorpommern.de<br />
Anklam ist seit 2007<br />
die einzige Zuckerfabrik<br />
in Mecklenburg-<br />
Vorpommern. Das<br />
zur niederländischen<br />
Suiker Unie gehörende<br />
Unternehmen verarbeitet<br />
Zuckerrüben<br />
zu Zucker, Bioethanol<br />
und Tierfutter.<br />
Die Naturoel Anklam<br />
AG produziert Öle<br />
nach höchsten Qualitätsstandards.<br />
Dazu<br />
werden Saaten überwiegend<br />
von lokalen<br />
Landwirten verwendet, getreu dem<br />
Motto „Aus der Region, für die Region“.<br />
Jüngst hat das Unternehmen einen weiteren<br />
Absatzmarkt für sich erschlossen.<br />
So wird das Rapsöl aus Anklam auch als<br />
Schaumbremser in Biogasanlagen genutzt.<br />
Anklam Extrakt gewinnt wertvolle Inhaltsstoffe aus Pflanzen.<br />
Bioökonomie ist eine wegweisende und<br />
aussichtsreiche Alternative zur fossil-basierten<br />
Wirtschaft, deren Rohstoffbasis<br />
langsam aber sicher zur Neige geht. Vorpommern<br />
bietet attraktive Bedingungen<br />
für eine Ansiedlung in diesem Branchenfeld.<br />
Die Region bietet reichlich Flächen<br />
und Anbindung an den gesamten Ostseeraum,<br />
ein ausgezeichnetes Forschungsund<br />
Entwicklungsklima, eine gute Infrastruktur<br />
sowie hervorragende Fördermöglichkeiten.<br />
W+M<br />
Landwirtschaft & Bio-Ökonomie<br />
auf Deutschlands Sonnendeck<br />
Fotos: WERK3 · Thomas Grundner | made by WERK3.de<br />
Hansestadt Anklam<br />
Auf dem Weg zur Modellregion für die Bio-Ökonomie<br />
Innovative Vorzeigeunternehmen<br />
Geprägt von Handwerk, Land- und Nahrungsgüterwirtschaft<br />
Attraktive Förderkulisse für Investitionen<br />
Lebensqualität eines beliebten Urlaubslandes<br />
www.invest-in-vorpommern.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
16 | W+M LÄNDERREPORT<br />
Die erneuerte Stromleitung Mukran endet<br />
im Umspannwerk Mukran, das seit 2008 in<br />
Betrieb ist.<br />
Stromgarantie unter<br />
sibirischen Verhältnissen<br />
Der ostdeutsche Energieversorger E.DIS AG hat auf Rügen,<br />
Deutschlands größter Insel, eine 16 Kilometer lange Stromtrasse<br />
komplett erneuert. Sie versorgt die Region um den Fährhafen<br />
Sassnitz mit Strom. Die salzhaltige Meeresluft und das raue<br />
Küstenklima stellen besondere Anforderungen an die<br />
110-Kilovolt-Leitung. Von Thomas Schwandt<br />
Meister Ottmar Wallauer ist froh,<br />
dass es geschafft ist. Nach zwei<br />
Jahren Bauzeit ging Anfang November<br />
dieses Jahres die neue 110-Kilovolt-Leitung<br />
vom Umspannwerk im Fährhafen<br />
Sassnitz bis zum Anschluss an die<br />
Hauptleitung zwischen Bergen auf Rügen<br />
und dem Ostseebad Sellin in Betrieb. „Es<br />
war anstrengend, denn die Trasse wurde<br />
unter Stromlast komplett erneuert, die Leiterseile<br />
zur Energieversorgung zwischenzeitlich<br />
von einem provisorischen Gestänge<br />
getragen“, erzählt der 59-jährige Stralsunder.<br />
Er betreut in seinem Meisterbereich<br />
gemeinsam mit acht Kollegen 24<br />
Umspannwerke entlang der Ostseeküste,<br />
zwischen Barth und der Insel Usedom.<br />
Diese gehören zu den insgesamt 300 Umspannwerken<br />
des ostdeutschen Stromversorgers<br />
E.DIS AG in Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Brandenburg.<br />
E.DIS hatte sich entschlossen, die seit 40<br />
Jahren bestehende Freileitung durch einen<br />
Neubau in Gänze auszutauschen. „Wir<br />
haben eine veraltete, noch aus DDR-Zeiten<br />
stammende Leitung durch eine neue,<br />
leistungsfähigere ersetzt, die dem heutigen<br />
Stand der Technik entspricht“, sagte<br />
E.DIS-Vorstandsvorsitzender Bernd Dubberstein<br />
am 4. November, als er gemeinsam<br />
mit Christian Pegel, Minister für Energie,<br />
Infrastruktur und Landesentwicklung<br />
von Mecklenburg-Vorpommern, die insgesamt<br />
16 Kilometer lange 110-Kilovolt-<br />
Leitung symbolisch unter Spannung setzte.<br />
Das Energieunternehmen investierte<br />
6,4 Millionen Euro in das Infrastrukturprojekt.<br />
Über die Leitung werden der Fährhafen<br />
Sassnitz samt angesiedelter Unternehmen,<br />
das nahegelegene Kreidewerk<br />
Rügen sowie die Hafenstadt Sassnitz und<br />
weitere Orte im nordöstlichen Teil der Insel<br />
zuverlässig mit Strom versorgt.<br />
Auf der Energietrasse wurden in den zurückliegenden<br />
24 Monaten sämtliche 50<br />
Stahlgittermasten demontiert und adäquat<br />
neue verzinkte Masten gesetzt. Sie sind<br />
besonders gegen Korrosion geschützt<br />
und standsicher. „An der Küste korrodieren<br />
elektrische Anlagen durch die aggressive<br />
salzhaltige Meeresluft stärker als im<br />
Binnenland“, erläutert Meister Wallauer.<br />
Auch müssen die Masten heftigeren Winden<br />
widerstehen und vereisen häufiger.<br />
Laut E.DIS befindet sich die Leitung an der<br />
Ostküste Rügens in einem „klimatisch ungünstigen<br />
Gebiet, mit den höchsten nach<br />
deutscher Norm anzunehmenden Windund<br />
Eislasten“. Die unwirtliche Ecke sei<br />
„das Sibirien von Mecklenburg-Vorpommern“,<br />
fügt Wallauer verschmitzt hinzu.<br />
Mit der erneuerten Mukraner Leitung<br />
hat Versorger E.DIS ein weiteres Vorha-<br />
Foto: Thomas Schwandt<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 17<br />
Fotos: Thomas Schwandt<br />
ben im langfristigen Neu- und Ersatzbauprogramm<br />
für das eigene Stromnetz realisiert.<br />
Nach Aussage von Vorstandschef<br />
Dubberstein werden dafür allein 2<strong>01</strong>5 insgesamt<br />
150 Millionen Euro aufgewendet.<br />
In dieser Größenordnung bewegten sich<br />
auch die Investitionen in den zurückliegenden<br />
Jahren. Gegenwärtig wird in Mecklenburg-Vorpommern<br />
zudem die 110-Kilovolt-Leitung<br />
zwischen Karlshagen auf<br />
Usedom und Demmin umfänglich durch<br />
einen Neubau ersetzt. Im Frühjahr 2<strong>01</strong>6,<br />
informierte Dubberstein in Mukran, soll<br />
dann die Runderneuerung der Leitung zwischen<br />
Lüdershagen bei Stralsund und Bergen<br />
starten, der „Hauptschlagader“ zur<br />
Versorgung der Insel Rügen. Kein Ersatz-,<br />
sondern ein Neubau entsteht auf der Strecke<br />
zwischen Malchin und Stavenhagen.<br />
Diese Leitung ist vor allem dafür vorgesehen,<br />
im Land durch Windkraftanlagen<br />
erzeugten Strom „einzusammeln“ und in<br />
das 380-Kilovolt-Hochspannungsnetz einzuspeisen.<br />
„Neben der stabilen Energieversorgung<br />
wird das Leitungsnetz künftig stärker genutzt<br />
werden, um Strom aus Erneuerbaren<br />
Energien von den Erzeugerpunkten abzuholen<br />
und zu den Verbrauchern in andere<br />
Regionen Deutschlands zu transportieren“,<br />
umriss E.DIS-Chef Dubberstein<br />
die neue Herausforderung. Gut ein Viertel<br />
des in Mecklenburg-Vorpommern erzeugten<br />
sogenannten grünen Stroms werde<br />
bereits außer Landes befördert. Dieser<br />
stamme vor allem von Windkraftanlagen.<br />
In diesem Zusammenhang verwies der<br />
Vorstandsvorsitzende darauf, dass E.DIS<br />
Meister Ottmar Wallauer trägt Verantwortung für 24 Umspannwerke.<br />
pro Jahr einen dreistelligen Millionen-Betrag<br />
an Einspeisevergütung aufwendet,<br />
der nicht nach dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
in die bundesweite<br />
EEG-Umlage gewälzt wird. Diese so genannten<br />
vermiedenen Netzentgelte führten<br />
zu erheblichen Mehrkosten, die letztlich<br />
von den Kunden im E.DIS-Netzgebiet<br />
zu tragen sind.<br />
Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister<br />
Christian Pegel würdigte indes das Engagement<br />
der E.DIS AG zur umfassenden<br />
Modernisierung des Stromnetzes und damit<br />
den Beitrag des Versorgers, die Energiewende<br />
voranzutreiben. „Strom aus<br />
Mecklenburg-Vorpommern wird in die weiter<br />
südlich gelegenen Industriestandorte<br />
der Republik geleitet.“ Auch seien die ausgelösten<br />
Beschäftigungseffekte beachtlich.<br />
Mit Blick auf das Mukraner Leitungsprojekt<br />
meinte er: „Rund drei Viertel der<br />
Investitionssumme sind Bauleistungen,<br />
die von Firmen aus Deutschland erbracht<br />
wurden.“ Pegel nannte die Energiewende<br />
„eine Riesenchance“ für den mit Industriearbeitsplätzen<br />
wenig gesegneten Nordosten.<br />
„Der Energiesektor hat für einen echten<br />
Schub gesorgt, bis zu 18.000 Arbeitsplätze<br />
gibt es aktuell im Bereich Erneuerbare<br />
Energien im Land.“<br />
E.DIS-Chef Dubberstein und Infrastruktur-<br />
Minister Pegel (r.) setzen symbolisch die neue<br />
Stromleitung Mukran unter Spannung.<br />
Meister Ottmar Wallauer arbeitet bereits<br />
seit 1972 in der Energiewirtschaft. Er hat<br />
in den letzten vier Jahrzehnten neben<br />
zahlreichen strukturellen Veränderungen<br />
in der Branche vor allem den technischen<br />
Wandel miterlebt, der durch die Digitalisierung<br />
extrem beschleunigt wurde. Im<br />
20-Kilovolt-Schaltgeräteraum<br />
des<br />
Umspannwerkes<br />
in Mukran zeigt er<br />
auf die aneinandergereihten,<br />
je einen<br />
Meter breiten<br />
Schaltschränke.<br />
Es sind die Umspannpunkte<br />
zu<br />
den 20-Kilovolt-<br />
Leitungen, über<br />
die der Strom zu<br />
den nahegelegenen<br />
Verbraucherstellen<br />
weitergeleitet<br />
wird. „Für diese Umspanntechnik benötigten<br />
wir früher drei Mal so viel Platz.“<br />
Saisonbedingt wird über Umspannwerke<br />
in der Regel im Winter der meiste Strom<br />
abgerufen. Das ist auch im „Sibirien Mecklenburg-Vorpommerns“<br />
so. Doch in Mukran<br />
ist die Stromlast auch im Sommer<br />
überdurchschnittlich hoch. In der Urlauberregion<br />
Rügen bietet die Touristikwirtschaft<br />
ihren Gästen neben Strand und Meer auch<br />
viel Erholung und Spaß in modernen Wellnessbereichen,<br />
in vielfältiger Gastronomie<br />
und spannenden Erlebniswelten. Diese<br />
sind zum Großteil energieintensiv. Die erneuerte<br />
110-Kilovolt-Leitung bietet dafür<br />
eine hohe Stromgarantie. W+M<br />
E.DIS AG<br />
Das Versorgungsunternehmen E.DIS<br />
AG ist einer der größten regionalen<br />
Energiedienstleister in Deutschland.<br />
E.DIS betreibt in Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Brandenburg ein Stromleitungsnetz<br />
von 80.000 Kilometern<br />
Länge. Hinzu kommt im östlichen Teil<br />
Mecklenburg-Vorpommerns und im<br />
Norden von Brandenburg ein circa<br />
4.300 Kilometer langes Gasleitungsnetz.<br />
Das Unternehmen ist in Fürstenwalde<br />
(Brandenburg) ansässig und<br />
beschäftigt 2.500 Mitarbeiter. Hauptanteilseigner<br />
ist der Stromkonzern E.ON,<br />
rund ein Drittel der Anteile sind in kommunaler<br />
Hand.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
BERLIN<br />
Metropole mit<br />
Anziehungskraft<br />
Die Wirtschaft Berlins durchlief nach der Wiedervereinigung – wie<br />
in den anderen neuen Bundesländern auch – einen tiefgreifenden<br />
Strukturwandel. Bis Mitte der 1990er Jahre brachen gut 250.000<br />
Industriearbeitsplätze weg, darüber hinaus 60.000 Jobs in der<br />
öffentlichen Verwaltung. Doch seit der Jahrtausendwende geht es<br />
spürbar bergauf. Von Karsten Hintzmann<br />
Daimler investiert aktuell 500 Millionen Euro<br />
in das Berliner Mercedes-Benz-Werk.<br />
Inzwischen gehören die harten Jahre<br />
des Zusammenbruchs der großen Industriekombinate<br />
im Ostteil der Stadt<br />
und der durch das Auslaufen der „Berlin-<br />
Förderung“ ausgelösten Abwanderung<br />
etablierter Unternehmen aus dem Westteil<br />
Berlins der Vergangenheit an. Berlin<br />
ist heute eine international gefragte Metropole,<br />
in der sich etliche Hauptquartiere<br />
und Niederlassungen großer Konzerne<br />
angesiedelt haben. Das wirtschaftliche<br />
Rückgrat bildet ein zwar kleinteiliger,<br />
aber durchaus robuster Mittelstand. Darüber<br />
hinaus gilt Berlin als Start-up-Hauptstadt<br />
Europas. Keine andere Metropole<br />
des Kontinents verfügt über eine derart<br />
vitale Gründerszene, wie Berlin sie vorweisen<br />
kann.<br />
Nach Einschätzung der Berliner IHK surft<br />
die Stadt seit nunmehr zehn Jahren auf<br />
einer nicht abebbenden Wachstumswelle.<br />
Das Bruttoinlandsprodukt stieg zwischen<br />
2005 und 2<strong>01</strong>4 um 19,4 Prozent.<br />
Damit lag man deutlich über dem bundesweiten<br />
Durchschnitt. In diesem Zeitraum<br />
konnten einzelne Bereiche, wie das<br />
Gastgewerbe, der Einzelhandel sowie die<br />
Informations- und Kommunikationsbranche<br />
die Wertschöpfung sogar um rund<br />
30 Prozent steigern. Die Dienstleistungsbranche<br />
legte um 20 Prozent zu, das verarbeitende<br />
Gewerbe um für Berliner Verhältnisse<br />
beachtliche zwölf Prozent.<br />
Zweifellos beflügeln die idealen Standortfaktoren,<br />
die die Stadt zu bieten hat, den<br />
wirtschaftlichen Aufschwung. Die Metropole<br />
Berlin zeichnet sich durch hohe<br />
Internationalität, die Nähe zu den bundespolitischen<br />
Entscheidern, relativ niedrige<br />
Mieten und moderate Lebenshaltungskosten,<br />
ein außergewöhnlich vielfältiges<br />
Kulturangebot sowie attraktive Naherholungsgebiete<br />
inmitten der Stadt und einen<br />
gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr<br />
aus. Berlin ist zudem ein Zentrum<br />
der Wissenschaft. Neben elf staatlichen<br />
Hochschulen gibt es 22 staatlich anerkannte<br />
private Hochschulen. Insgesamt<br />
200.000 Menschen sind in 79 Einrichtungen<br />
in Wissenschaft und Forschung aktiv.<br />
Viele der Institute und Universitäten<br />
sind eng verzahnt mit jungen Unternehmen,<br />
die sich in den zahlreichen Tech-<br />
Foto: Daimler AG<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
SERIE BERLIN | 19<br />
Fotos: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung/Lopata (oben), Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH (unten)<br />
nologieparks der Stadt angesiedelt haben.<br />
Flaggschiff ist hier der WISTA-<br />
Technologiepark in Adlershof, wo<br />
gleich mehrere Weltmarktführer<br />
ihre Entwicklungs- und Produktionsbasis<br />
haben. Erst vor wenigen<br />
Wochen öffnete der Clean-<br />
Tech Business Park in Marzahn<br />
seine Pforten, der größte Industriepark<br />
im Stadtgebiet, der nachhaltig<br />
und umweltschonend produzierende<br />
Unternehmen anlocken soll.<br />
Einen erheblichen Anteil am wirtschaftlichen<br />
Aufschwung der Stadt hat die Wirtschaftsförderung<br />
Berlin Partner für Wirtschaft<br />
und Technologie GmbH – kurz Berlin<br />
Partner genannt. Bei der Gesellschaft<br />
handelt es sich um ein in den neuen Ländern<br />
einmaliges öffentlich-privates Förderinstrument,<br />
an dem sowohl die Berliner<br />
Landesregierung als auch 200 Unternehmen<br />
beteiligt sind. Allein im ersten<br />
Halbjahr 2<strong>01</strong>5 hat Berlin Partner 141 Ansiedlungs-<br />
und Erweiterungsprojekte unterstützt,<br />
bei denen 223 Millionen Euro investiert<br />
und mehr als 3.000 neue Arbeitsplätze<br />
geschaffen wurden. Entsprechend<br />
positiv fällt das Fazit von Stefan Franzke,<br />
Sprecher der Geschäftsführung von Berlin<br />
Partner, aus, wenn er auf das Erreichte<br />
zurückblickt: „Seit dem Mauerfall hat<br />
sich die Hauptstadt zu einem international<br />
angesagten Wirtschafts- und Technologiestandort<br />
sowie einer der wichtigsten<br />
Start-up-Metropolen Europas entwickelt.<br />
Mehr und mehr Unternehmen aus<br />
der ganzen Welt siedeln sich in der deutschen<br />
Hauptstadt an – und sie investieren<br />
langfristig. Berlin überholte gerade<br />
London beim Zufluss von Venture Capital,<br />
die Arbeitslosenzahlen sinken und der<br />
Zuzug nach Berlin steigt stetig. Hinsichtlich<br />
des Wirtschaftswachstums liegt die<br />
Hauptstadt bundesweit vorn, was höhere<br />
Umsätze, Aufträge und Arbeitsplätze<br />
belegen. Anteil daran haben vor allem die<br />
Branchen Gesundheitswirtschaft, Dienstleistungen<br />
und IT, aber auch der boomende<br />
Tourismus, der Jahr für Jahr neue Rekorde<br />
aufstellt.“<br />
Cornelia Yzer ist<br />
seit drei Jahren<br />
Wirtschaftssenatorin<br />
in Berlin.<br />
Zu den von den politisch Verantwortlichen<br />
im Senat sowie von Berlin Partner<br />
identifizierten und geförderten Clustern<br />
zählen aktuell die Gesundheitswirtschaft<br />
(hier arbeiten mittlerweile 315.000<br />
Menschen in 130 Kliniken, 300 Medizintechnik-,<br />
230 Biotechnologie- sowie 30<br />
Pharmaunternehmen), die Medien-<br />
und Kreativwirtschaft,<br />
der Bereich Verkehr/Mobilität/Logistik,<br />
Energietechnik,<br />
Optik, Dienstleistungswirtschaft<br />
sowie die industrielle<br />
Produktion.<br />
BERLINS WIRTSCHAFTSSENATOREN SEIT 1990<br />
Name<br />
Norbert Meisner (SPD)<br />
Elmar Pieroth (CDU)<br />
Wolfgang Branoner (CDU)<br />
Juliane von Friesen (Grüne)<br />
Gregor Gysi (PDS)<br />
Harald Wolf (Die Linke)<br />
Sybille von Obernitz<br />
(parteilos)<br />
Cornelia Yzer (CDU)<br />
Dr. Stefan Franzke, Sprecher der<br />
Geschäftsführung von Berlin Partner.<br />
Amtszeit<br />
1991–1996<br />
1996–1998<br />
1998–20<strong>01</strong><br />
20<strong>01</strong>–2002<br />
2002<br />
2002–2<strong>01</strong>1<br />
2<strong>01</strong>1–2<strong>01</strong>2<br />
seit 09/2<strong>01</strong>2<br />
Berlin-Partner-Chef<br />
Franzke begrüßt die<br />
Renaissance der Industrieproduktion:<br />
„Nach einem tiefgreifenden<br />
Strukturwandel<br />
entwickelt sich die Berliner Industrie<br />
wieder positiv, ist innovativ, wettbewerbsfähig,<br />
exportorientiert und international<br />
ausgerichtet, vor allem was<br />
das Thema Industrie 4.0 angeht. Daimler<br />
investiert gerade 500 Millionen Euro,<br />
um sein Berliner Werk in einen Hightech-<br />
Standort zu verwandeln. BMW hat fast<br />
seine komplette Motorradproduktion im<br />
Westen der Stadt und Würth baut gerade<br />
sein Competence Center in Berlin<br />
auf. Der größte Produktionsstandort von<br />
Siemens ist Berlin. In Ansiedlungs- und<br />
Expansionsprojekten, die Berlin Partner<br />
2<strong>01</strong>4 begleitet hat, entstand jeder dritte<br />
neue Arbeitsplatz in der Industrie.<br />
Im Schnitt wird dabei eine viertel Million<br />
Euro pro Arbeitsplatz investiert – ein<br />
Beweis dafür, wie stark Unternehmer<br />
auf den Industriestandort Berlin<br />
setzen.“<br />
Wirtschaftsforscher<br />
wie Wirtschaftsförderer<br />
gehen angesichts<br />
der Rahmenbedingungen<br />
und der internationalen<br />
Reputation<br />
davon aus, dass<br />
der Wirtschaftsboom,<br />
der Berlin erfasst hat,<br />
noch lange andauert.<br />
Ein Selbstläufer ist<br />
dies freilich nicht. Daher<br />
tourt Berlins oberster Wirtschaftsförderer<br />
mit seinem Team in diesen Wochen<br />
durch fünf europäische Metropolen,<br />
um die Werbetrommel für die Stadt<br />
zu rühren. In Wien, Stockholm, London,<br />
Amsterdam und Paris hat man in besten<br />
City-Lagen eigene Berlin-Läden eigerichtet,<br />
in denen 21 Berliner Marken<br />
und Start-ups präsentiert werden. Im<br />
Jahr zuvor warb man in New York, Tokio,<br />
Buenos Aires und Tel Aviv für den Wirtschaftsstandort<br />
Berlin. „Was wir immer<br />
wieder erleben: Die Menschen sind begeistert<br />
von der deutschen Hauptstadt“,<br />
freut sich Stefan Franzke. W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
20 | W+M SERIE<br />
„Wir wollen Planungssicherheit<br />
geben und investieren“<br />
W+M-Interview mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD)<br />
W+M: Herr Regierender Bürgermeister,<br />
Sie selbst waren vor Ihrer politischen<br />
Laufbahn mittelständischer Unternehmer,<br />
haben die kleine Druckerei Ihres<br />
Vaters in Tempelhof fortgeführt. Wie hat<br />
sich aus Sicht des Unternehmers und Politikers<br />
Müller die Wirtschaft in der Hauptstadt<br />
seit der deutschen Einheit entwickelt?<br />
Michael Müller: Nach einer ganz bitteren<br />
Phase mit 20 Prozent Arbeitslosigkeit,<br />
dem Wegbrechen der Industrie, der<br />
ausbleibenden Rückkehr von Konzernzentralen<br />
und ausbleibenden Investitionen<br />
gelang es zunächst, die wirtschaftliche<br />
Lage in der Stadt zu konsolidieren, ehe es<br />
dann endlich wirklich bergauf ging. Heute<br />
haben wir beispielsweise bei der Gesundheitswirtschaft<br />
die komplette Wertschöpfungskette<br />
in der Stadt. Wir haben<br />
eine prosperierende Kreativ- und Medienwirtschaft.<br />
Und – darüber bin ich besonders<br />
glücklich – wir haben neue Industrie,<br />
Zukunftstechnologien und eine starke<br />
Gründerszene. Dafür haben wir lange<br />
und hart gearbeitet.<br />
W+M: Gibt es noch Unterschiede hinsichtlich<br />
der Stärke, Größe und Innovationskraft<br />
zwischen den Unternehmen im<br />
Ost- und im Westteil der Stadt?<br />
Michael Müller: Ich sehe eigentlich keine<br />
großen Unterschiede mehr. Die alten<br />
großen Strukturen sind uns damals ohnehin<br />
weggebrochen. Heute haben wir<br />
im Westteil der Stadt Daimler, BMW<br />
und Bayer als große Player und im Ostteil<br />
mit Knorr-Bremse, Bombardier oder<br />
Stadler starke Unternehmen. Die neu entstehenden<br />
kleinen und kreativen Industrieunternehmen<br />
siedeln sich vorrangig in<br />
den Technologieparks an und die gibt es<br />
sowohl im West- als auch im Ostteil. Da<br />
ist Adlershof herausragend groß und erfolgreich.<br />
Auch der CleanTech Business<br />
Park in Marzahn oder der Campus rund<br />
um die Technische Universität Berlin entwickeln<br />
sich hervorragend.<br />
W+M: Nach der Wende setzten die politisch<br />
Verantwortlichen in der Stadt zunächst<br />
nicht auf den Industriestandort<br />
Berlin. Wurde das einfach verschlafen?<br />
Michael Müller: Bei dem Begriff „verschlafen“<br />
schwingt die Unterstellung mit,<br />
wir hätten uns bewusst entschieden,<br />
dass wir Industrie nicht wollten. So war<br />
es ja nicht. Die Industrie war weg – die<br />
Unternehmen gingen entweder fort aus<br />
der Stadt oder waren vom einen auf den<br />
anderen Tag pleite. In kürzester Zeit brachen<br />
damals 200.000 Industriearbeitsplätze<br />
weg. Daher musste sich die Berliner<br />
Politik – in einer schwierigen Finanzlage<br />
– mit den wenigen Ressourcen auf<br />
Felder konzentrieren, wo man tatsächlich<br />
Arbeitsplätze schaffen konnte. Das waren<br />
Dienstleistungen zum Beispiel in der<br />
Gesundheitsbranche, Tourismus oder der<br />
Kulturbereich. Fakt ist, dass wir uns heute<br />
mit größeren finanziellen Möglichkeiten<br />
wieder stärker um Industrieansiedlungen<br />
kümmern können. Das ändert<br />
gleichzeitig nichts an der Tatsache, dass<br />
wir uns zielgerichtet für Technologiezentren,<br />
Zukunftstechnologien, Energietechnik,<br />
Mobilität, Gebäudetechnik und Recycling<br />
engagieren. Das sind Themenfelder,<br />
auf die wir heute setzen. Da agieren mitunter<br />
Unternehmen mit zehn bis 20 Mitarbeitern,<br />
die aber über ein unglaublich<br />
großes Innovationspotenzial verfügen.<br />
W+M: Welche speziellen Stärken zeichnen<br />
den Berliner Mittelstand aus?<br />
Michael Müller: Unser Mittelstand wird<br />
getragen durch die vielen kleinen und<br />
Kleinstunternehmer – gerade im Handwerk<br />
und im Einzelhandel. Das ist ohnehin<br />
ein Bereich, der geprägt ist von dieser<br />
Klein-Struktur. Aber er ist für Berlin<br />
eine wirtschaftspolitische Säule, die mir<br />
wichtig ist. Dort haben wir zigtausende<br />
Arbeitsplätze und im Übrigen standen der<br />
Einzelhandel und das Handwerk auch in<br />
den vielen wirtschaftlich schweren Jahren<br />
für Ausbildungsplätze. Unsere Berliner<br />
Wirtschaft ist aber auch darüber<br />
hinaus eher von kleinen Unternehmen<br />
geprägt, Firmen mit bis zu 50 Beschäftigten.<br />
Ungefähr 80 Prozent der Unternehmen<br />
sind so aufgestellt.<br />
W+M: Wo drückt – wirtschaftspolitisch<br />
betrachtet – noch der Schuh in der Bundeshauptstadt?<br />
Michael Müller: Wir haben eine Vielzahl<br />
großer Industrieunternehmen mit klassischen<br />
Produktionsstrecken und Massenproduktionen<br />
verloren, die wir wohl<br />
auch nicht mehr in die Stadt zurückholen<br />
können. Daran glaube ich angesichts<br />
der globalen Entwicklungen übrigens für<br />
ganz Deutschland nicht. Solche Neuansiedlungen<br />
wie Porsche in Sachsen sind<br />
toll. Aber angesichts des internationalen<br />
Wettbewerbs werden sie in Deutschland<br />
sicher die Ausnahme bleiben. Der Trend<br />
geht ganz dahin, die klassische Industrieproduktion<br />
an preiswertere Produktions-<br />
Foto: W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
BERLIN | 21<br />
Fotos: W+M<br />
Nach dem Interview: Michael Müller mit W+M-Herausgeber Frank Nehring (r.) und W+M-<br />
Chefredakteur Karsten Hintzmann (l.).<br />
standorte zu verlagern. Spannend sind<br />
aber auch neue Technologien und ihre<br />
Produktion, in enger Verbindung mit der<br />
Wissenschaft. Dort, aber auch sonst sehe<br />
ich unsere Stadt wirklich gut aufgestellt.<br />
W+M: Welche Branchen könnten in den<br />
kommenden Jahren in Berlin durchstarten?<br />
Michael Müller: Zum einen ist das nach<br />
wie vor die Gesundheitswirtschaft. Ich<br />
bin sehr froh, dass wir uns mit unserer<br />
Clusterstrategie sehr stark auf einige<br />
wenige Bereiche fokussiert haben.<br />
Ich glaube, dass wir das – leichte Kritik<br />
muss hier erlaubt sein – etwas besser<br />
gemacht haben, als andere ostdeutsche<br />
Länder. Dort hat man mitunter 20 bis 25<br />
Themenschwerpunkte. Und da kommt<br />
man schnell in die Situation, dass am<br />
Ende dann gar nichts mehr ein Schwerpunkt<br />
ist. Wir haben uns anfänglich auf<br />
Seit einem Jahr Berlins Regierender<br />
Bürgermeister: Michael Müller (SPD).<br />
fünf Schwerpunkte konzentriert. Da war<br />
der Gesundheitsbereich dabei. Wir haben<br />
große Klinikkonzerne wie die Charité,<br />
Vivantes oder Helios in der Stadt.<br />
Dazu kommt das starke wissenschaftliche<br />
Umfeld durch den universitären und<br />
außeruniversitären Bereich. Wir haben<br />
große Pharmaunternehmen mit Bayer,<br />
Pfizer oder Berlin-Chemie und viele kleinere<br />
innovative Unternehmen. Und nicht<br />
zu vergessen: eine umfangreiche Dienstleistungssparte,<br />
die bis hin zu Wellness-<br />
Angeboten reicht. Hier findet sich die<br />
komplette Wertschöpfungskette. Unsere<br />
Gesundheitswirtschaft hat immer<br />
noch Entwicklungspotenzial, auch im Zusammenhang<br />
mit der wachsenden und<br />
älter werdenden Stadt. Das ist ein riesiger<br />
Markt, der ständig wächst.<br />
Ganz wichtig sind uns aber auch die Zukunftstechnologien,<br />
die wir mit dem Begriff<br />
Smart City verbinden. Bei uns ist<br />
das tatsächlich auch angewandte Wirtschaftspolitik,<br />
weil wir – um auf das jährliche<br />
Bevölkerungswachstum von etwa<br />
40.000 Menschen reagieren zu können<br />
– neue Antworten geben auf Fragen der<br />
Energie-, Gebäude- und Klimatechnik.<br />
Hier verbinden wir Wachstumsprozesse<br />
mit wirtschaftspolitischen Ambitionen.<br />
W+M: Sie sind zwar erst seit einem Jahr<br />
Regierender Bürgermeister, aber bereits<br />
seit vier Jahren Mitglied der Berliner Landesregierung.<br />
Auf welche Entwicklungen,<br />
Leuchttürme oder Einzelansiedlungen<br />
in diesem Zeitraum sind Sie besonders<br />
stolz?<br />
Michael Müller: Jenseits der klassischen<br />
Wirtschaftspolitik war es für uns<br />
ganz wichtig, dass wir einen so großen<br />
Schritt nach vorne bei der Infrastrukturentwicklung<br />
und dem Wohnungsbau machen<br />
konnten. Das hat auch wiederum<br />
viele Investitionen und Arbeitsplätze in<br />
die Stadt geholt. Allein in der laufenden<br />
Legislaturperiode konnten wir den Wohnungsbau<br />
von 2.000 auf 11.000 Wohnungen<br />
pro Jahr steigern. Das ist bundesweit<br />
beispielgebend. Und ich freue mich<br />
sehr, dass wir international heute nicht<br />
mehr nur als Stadt der Kultur,<br />
sondern auch als<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
22 | W+M SERIE BERLIN<br />
te die wir haben, also auch die Sonderzuweisungen,<br />
sind für uns unverzichtbar.<br />
W+M: Eine persönliche Frage zum Abschluss:<br />
Sie kommen aus ganz geerdeten<br />
Verhältnissen. Ihr Vater ist aktiver Sozialdemokrat,<br />
Ihre Großmutter bekennende<br />
Christdemokratin. Noch vor gut einem<br />
Jahr stand Ihr politischer Werdegang auf<br />
des Messers Schneide. Woran denkt der<br />
Mensch Michael Müller, wenn er mit seiner<br />
Frau durch den Tempelhofer Kiez spaziert<br />
und dabei seinen atemberaubenden<br />
Aufstieg zum Regierenden Bürgermeister<br />
der Bundeshauptstadt Revue passieren<br />
lässt?<br />
Stadt der Wissenschaft und Wirtschaft<br />
wahrgenommen werden. Ich war vor einigen<br />
Wochen mit einer Wirtschaftsdelegation<br />
in Israel. Dort und auch bei anderen<br />
Reisen fällt auf: Wir müssen Berlin<br />
nicht vorstellen. Wir müssen nichts erklären.<br />
Im Ausland kennt man uns, viele Unternehmen<br />
haben bereits Kooperationen<br />
mit Berliner Firmen.<br />
W+M: Im kommenden Jahr sind Abgeordnetenhauswahlen<br />
in Berlin. Im Vorfeld<br />
müssen Sie auch den Unternehmern erklären,<br />
warum es richtig ist, Sie und Ihre<br />
Partei erneut mit der Regierungsverantwortung<br />
zu betrauen. Mit welchen konkreten<br />
Maßnahmen wollen Sie den wirtschaftlichen<br />
Aufschwung Berlins weiter<br />
ankurbeln?<br />
Michael Müller: Wir wollen Planungssicherheit<br />
geben und investieren. Wir sind<br />
inzwischen in der Phase, in der wir konsolidieren<br />
und Schulden abbauen können,<br />
aber trotzdem einen Teil der erarbeiteten<br />
Überschüsse auch investieren, beispielsweise<br />
in die Infrastruktur. Es ist für Unternehmen<br />
auch wichtiger, einen Straßenausbau,<br />
eine Autobahnabfahrt, eine Gewerbefläche,<br />
die entwickelt ist, zu haben.<br />
Dazu kommt die Planungssicherheit speziell<br />
im wissenschaftlichen Umfeld. Wir<br />
haben ein zusätzliches Investitionsprogramm<br />
für die Hochschulen mit einem<br />
Volumen von 100 Millionen Euro pro Jahr<br />
aufgelegt und das für die nächsten zehn<br />
Jahre. Das Ziel ist, wissenschaftliche Innovation<br />
auch tatsächlich in wirtschaftliche<br />
Produktion umzusetzen. Ich denke,<br />
dass das alles zusammen sehr attraktiv<br />
für die Berliner Wirtschaft ist – die Flächen<br />
zu haben, die wir sichern, Infrastrukturausbau<br />
und die Schnittstelle zur Wissenschaft<br />
zu stärken.<br />
W+M: Sollte die Sonderförderung Ost<br />
nach Ablauf des Solidarpaktes Ende 2<strong>01</strong>9<br />
fortgesetzt werden?<br />
Michael Müller: Noch ist ja offen, was<br />
beim Länderfinanzausgleich am Ende verabredet<br />
wird. Im bestehenden System ist<br />
es unverzichtbar, dass die über Jahrzehnte<br />
gewachsenen Infrastrukturschwächen<br />
im Osten, die so schnell nicht aufzuholen<br />
sind, weiterhin ausgeglichen werden<br />
durch Sonderzuweisungen. Sollten wir<br />
zu einer komplett neuen Bund-Länder-<br />
Finanzbeziehungsverabredung kommen,<br />
die diese Nachteile auffängt, kann man<br />
auch darüber reden. Noch ist das aber unklar.<br />
Und daher sage ich, die Instrumen-<br />
Michael Müller: Ich bin zwar schon seit<br />
35 Jahren SPD-Mitglied und seit 20 Jahren<br />
im Abgeordnetenhaus. Ich war Fraktionschef<br />
und Stadtentwicklungssenator.<br />
Aber es war für mich selbst nicht zu erahnen,<br />
dass es noch einmal diese Wende<br />
und diesen großen Schritt nach vorn<br />
geben würde. Ich empfinde es als Geschenk<br />
und Glücksfall, so noch einmal<br />
ganz anders Politik in meiner Heimatstadt<br />
gestalten zu können. Das ist ein Privileg,<br />
das ich genieße.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
und Frank Nehring<br />
ZUR PERSON<br />
Michael Müller wurde am 9. Dezember<br />
1964 in Berlin geboren. Nachdem er<br />
die Mittlere Reife abgelegt hatte, besuchte<br />
er die Fachoberschule für Wirtschaft<br />
und Verwaltung. Im Anschluss<br />
an eine kaufmännische Lehre arbeitete<br />
er von 1986 bis 2<strong>01</strong>1 als selbstständiger<br />
Drucker. 1981 trat Michael Müller<br />
in die SPD ein. Seit 1996 ist er Mitglied<br />
des Berliner Abgeordnetenhauses. Von<br />
20<strong>01</strong> bis 2<strong>01</strong>1 fungierte er als Chef der<br />
SPD-Abgeordnetenhausfraktion. Parallel<br />
dazu war er von 2004 bis 2<strong>01</strong>2<br />
Landesvorsitzender der Berliner SPD.<br />
Seit 2<strong>01</strong>1 ist er Mitglied der Berliner<br />
Landesregierung – zunächst war er Bürgermeister<br />
und Stadtentwicklungssenator.<br />
Seit dem 11. Dezember 2<strong>01</strong>4 ist<br />
er Regierender Bürgermeister. Michael<br />
Müller ist verheiratet und Vater zweier<br />
Kinder.<br />
Foto: W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
Titel_WuM_0515.indd 1 18.08.15 22:27<br />
0<strong>01</strong>_Titel_0315 1 23.04.2<strong>01</strong>5 14:44:45<br />
Titel_WuM_0615.indd 1<br />
21.10.15 11:32 Uhr<br />
Titel_WuM_0415.indd 1<br />
18.06.15 13:16 Uhr<br />
W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 4/2<strong>01</strong>4<br />
25. Jahrgang | Heft 4 | August/September 2<strong>01</strong>4 | e 3,50 | ZKZ 84618<br />
W I rtsC haft+<br />
Markt<br />
Das OstDEutsC h E u ntE rnE h MEr M a G azI n<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 5/2<strong>01</strong>4<br />
25. Jahrgang | Heft 5 | Oktober/November 2<strong>01</strong>4 | € 3,50 | ZKZ 84618<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
Gründerzeit<br />
im Osten<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
Wende<br />
Energiewende<br />
auf dem<br />
Prüfstand<br />
Aufbruch<br />
Im<br />
Interview:<br />
Christine<br />
Lieberknecht<br />
Blühende Landschaften?<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />
26. Jahrgang | Heft 1-2 | März/April 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />
26. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
26. Jahrgang | Heft 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
BRANDENBURG<br />
SACHSEN-ANHALT<br />
MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
IM INTERVIEW<br />
Ministerpräsident<br />
Dietmar Woidke<br />
STUDIE<br />
BERLIN<br />
RÜCKKEHR ZUR<br />
INDUSTRIE<br />
BRAUNKOHLE<br />
UNVERZICHTBAR<br />
FÜR DEN OSTEN<br />
RATGEBER<br />
DAS BÜRO ZUM<br />
MITNEHMEN<br />
IM INTERVIEW<br />
Ministerpräsident<br />
Erwin Sellering<br />
UNTERNEHMEN<br />
ORWO – eine<br />
Tradition lebt auf<br />
RATGEBER<br />
Tagungen und<br />
Geschäftsreisen<br />
Mittelstand im<br />
digitalen Wandel<br />
UMFRAGE<br />
Welches Auto<br />
passt zu Ihnen?<br />
Kraftakt<br />
Firmenübergabe<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
26. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft 5 | September/Oktober Heft 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
26. Jahrgang 26. | Jahrgang Heft 6 | November/Dezember | Heft 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2<strong>01</strong>5<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
27. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft | Heft 1 | Januar/Februar 4 | Juli/August 2<strong>01</strong>6 2<strong>01</strong>5 | 5 | ZKZ 84618<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
ENERGIE<br />
ELEKTRISIERT<br />
DIE<br />
WIRTSCHAFT<br />
GRÜNT<br />
THÜRINGEN<br />
BERLIN<br />
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />
EIN GESCHÄFT<br />
FÜR VIELE<br />
BRANCHEN<br />
IM INTERVIEW<br />
SACHSEN<br />
EXKLUSIVE INTERVIEWS<br />
Bundeswirtschaftsminister<br />
Sigmar Gabriel<br />
Ministerpräsident<br />
Stanislaw Tillich<br />
Ministerpräsident<br />
Bodo Ramelow<br />
REPORT<br />
Rivalität auf<br />
der Ostsee<br />
RATGEBER<br />
Betriebliche<br />
Altersvorsorge<br />
IM INTERVIEW<br />
Berlins Regierender<br />
Michael Müller<br />
REPORT<br />
Eberswalder<br />
Metall-Gen<br />
RATGEBER<br />
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24 | W+M SERIE<br />
Cluster Automotive<br />
Testlabor für<br />
die automobile<br />
Zukunft<br />
Rund 100 Millionen Euro – auf diesen<br />
beachtenswerten Umfang taxiert<br />
der Münchener Autobauer<br />
BMW seine geplanten Investitionen in<br />
Berlin in den kommenden Jahren. Das<br />
Geld fließt zwar nicht in die Automobilproduktion,<br />
dafür aber in die seit 1969<br />
in Berlin-Spandau ansässige Motorradsparte<br />
des Konzerns. 125.000 Motorräder<br />
verließen 2<strong>01</strong>4 die Produktionshallen<br />
im Berliner Westen. In Spitzenzeiten rollt<br />
im weltweit einzigen BMW-Vollwerk für<br />
Motorräder, Scooter und Komponenten<br />
alle 75 Sekunden ein Motorrad vom Band.<br />
Für 50 Millionen Euro errichten die Münchener<br />
dort nun bis 2<strong>01</strong>7 ein modernes<br />
Logistikzentrum. Für weitere 50 Millionen<br />
Euro soll später unter anderem eine neue<br />
Lackiererei entstehen.<br />
Noch stärker verpflichtet sich die Daimler<br />
AG mit einem geplanten Investitionsvolumen<br />
von 500 Millionen Euro in der<br />
Hauptstadt. Das Mercedes-Benz-Werk in<br />
Spatenstich für das neue Logistikzentrum von BMW in<br />
Berlin im Oktober 2<strong>01</strong>5.<br />
Auch die Ingenieure der IAV GmbH gehören zum Berliner Automotive-Netzwerk.<br />
Berlin-Marienfelde avanciert so zum Hightech-Standort<br />
für die Komponentenfertigung.<br />
Marienfelde ist das älteste, nämlich<br />
seit 1902 produzierende Werk der schwäbischen<br />
Autoschmiede. Die Berliner Betriebsstätte<br />
dient künftig als weltweites<br />
Kompetenzzentrum für die Produktion der<br />
innovativen Motorensteuerung Camtronic.<br />
Hoffnungen setzen die Hauptstädter auch<br />
auf die wachsende Zahl der Zuliefererunternehmen<br />
in der Hauptstadt, insbesondere<br />
die der hochrangingen System- und<br />
Modullieferanten. Darunter sind<br />
sowohl Global Player der Zuliefererindustrie<br />
als auch mittelständische<br />
Firmen. Es sind Unternehmen<br />
wie beispielsweise die<br />
IAV GmbH, die Engineering im<br />
Bereich Fahrzeuge, Automobilelektronik,<br />
Motoren und Antriebe<br />
betreibt, welche die Vernetzung<br />
der Automotive-Industrie in<br />
Berlin befördern.<br />
Vorangetrieben wird die Vernetzung<br />
der Branche auch durch die<br />
gemeinsame Strategie der Länder<br />
Berlin und Brandenburg im<br />
Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik<br />
sowie im Kooperationsnetzwerk<br />
für Automobilzulieferer automotive<br />
BerlinBrandenburg e. V.<br />
Berlin versteht sich darüber hinaus auch<br />
als eine der weltweit führenden Metropolregionen<br />
für Elektromobilität. Auch wenn<br />
die Wirklichkeit – sprich die tatsächlichen<br />
Nutzerzahlen – der Vision noch hinterherhinkt,<br />
so kann sich die Hauptstadt zumindest<br />
rühmen, ein Testlabor für die Forschung<br />
und Entwicklung sowie Produktion<br />
und Vermarktung der E-Autos zu sein. Das<br />
vom Bund geförderte Schaufenster Elektromobilität<br />
in der Hauptstadt hat zum Ziel,<br />
die Zahl der elektrischen Pkw in gewerblichen<br />
Flotten und bei Carsharing-Anbietern<br />
zu steigern. Ebenso werden Logistikkonzepte<br />
mit E-Nutzfahrzeugen und der Einsatz<br />
von Elektrobussen im ÖPNV erprobt.<br />
Jenseits der Automobilproduktion arbeiten<br />
Berliner Unternehmen auch an der Weiterentwicklung<br />
der Verkehrstelematik. Hier<br />
arbeiten Unternehmen wie Carmeq, Hella<br />
Aglaia, IAV und T-Systems an der automotiven<br />
Hard- und Softwareentwicklung.<br />
Auch das selbstfahrende Auto rollt<br />
bereits durch die Hauptstadt – entwickelt<br />
an der Freien Universität Berlin. Das im<br />
Autonomos-Labor des Informatik-Professors<br />
Raúl Rojas konzipierte Fahrzeug fährt<br />
seit 2<strong>01</strong>1 auf Berlins Straßen und hatte bereits<br />
Gastauftritte in den USA, Mexico-City<br />
und Zürich.<br />
<br />
Matthias Salm<br />
Fotos: IAV GmbH (oben), BMW Group (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
BERLIN | 25<br />
Moderne Produktion im Berliner Gasturbinenwerk von Siemens.<br />
Foto: Siemens AG, Quelle Schaubild: IHK/HWK Berlin, Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technik und Forschung<br />
Cluster Energie<br />
Spitzenforschung für die<br />
Energiewende<br />
Eigentlich liest sich die Klimabilanz<br />
der Hauptstädter durchaus passabel:<br />
Die Agentur für Erneuerbare Energien<br />
bescheinigte in ihrem aktuellen Länderreport<br />
der größten Stadt der Republik<br />
gemessen an ihrer Einwohnerzahl den<br />
zweitgeringsten Schadstoffausstoß aller<br />
Bundesländer (Stand 2<strong>01</strong>2).<br />
Doch trotz dieser guten Daten kann die<br />
Hauptstadt bisher nur bedingt die Rolle<br />
als Vorreiter der Energiewende für sich reklamieren.<br />
Gerade die Erneuerbaren Energien,<br />
die etwa in der benachbarten Mark<br />
Brandenburg boomen, spielen in der Energieversorgung<br />
der Hauptstadt nur eine<br />
untergeordnete Rolle. Ende 2<strong>01</strong>2 lag der<br />
Anteil der Erneuerbaren Energien an der<br />
Stromerzeugung bei lediglich 2,6 Prozent.<br />
Die Möglichkeiten zur Erzeugung von Ökostrom,<br />
sei es Windstrom oder Energie aus<br />
Biomasse, sind in der Spree-Metropole<br />
naturgemäß begrenzt. Lediglich auf den<br />
Dächern der rund 320.000 Wohngebäude<br />
der Stadt schlummert noch ein erhebliches,<br />
bisher wenig genutztes Potenzial<br />
zum Ausbau der Solarstromgewinnung.<br />
Mehr denn als Produzent grünen Stroms<br />
glänzt Berlin beim Projekt Energiewende<br />
dann auch als Stadt des Wissens, wie<br />
sie etwa durch die Technische Universität<br />
mit gleich fünf energietechnischen<br />
Forschungsschwerpunkten repräsentiert<br />
wird. Gemeinsam mit dem Land Brandenburg<br />
wurde 2<strong>01</strong>1 dazu das Cluster Energietechnik<br />
aus der Taufe gehoben. 2<strong>01</strong>2<br />
waren etwas mehr als 3.000 Unternehmen<br />
mit knapp 35.000 Beschäftigten im<br />
weiten Bereich Energietechnik in Berlin<br />
aktiv. Besonders in der Entwicklung von<br />
Turbomaschinen und in der Kraftwerkstechnik<br />
ballt sich die Entwicklungskompetenz<br />
bei Großunternehmen wie dem Gasturbinenwerk<br />
der Siemens AG.<br />
Die Energiewende treiben auch erfolgreiche<br />
Mittelständler an der Spree voran.<br />
Die Younicos AG beispielsweise stieg zu<br />
einem weltweit führenden Anbieter von<br />
intelligenten Netz- und Energiespeicherlösungen<br />
auf Basis<br />
unterschiedlicher Batterietechnologien<br />
auf. So konzipierte<br />
Younicos 2<strong>01</strong>4 für den<br />
Schweriner Ökostromanbieter<br />
Wemag Europas ersten kommerziellen<br />
Batteriespeicher.<br />
Die vollautomatische Anlage<br />
gleicht kurzfristige Schwankungen<br />
in der Netzfrequenz<br />
des Stromnetzes aus und<br />
sorgt dafür, dass Ökostrom<br />
sicher in das Stromnetz integriert<br />
werden kann.<br />
Als Forschungslabor für die<br />
Energiewende kann Berlin<br />
durchaus bereits Erfolge vorweisen.<br />
Beispielhaft steht dafür<br />
der Wissenschafts- und<br />
Technologiepark Berlin-Adlershof.<br />
Hier forschen in einem<br />
Cluster „Photovoltaik<br />
und Erneuerbare Energien“<br />
circa 60 Unternehmen und<br />
wissenschaftliche Einrichtungen<br />
zu Lösungen im Bereich<br />
der Dünnschichtphotovoltaik,<br />
der Netzintegration und<br />
neuartiger Speichertechnologien.<br />
Berliner Mittelständler<br />
wie die Heliocentris Energy Solutions<br />
AG, Silicor Materials oder die SENTECH<br />
Instruments GmbH profitieren hier von der<br />
engen Verzahnung mit den Forschungseinrichtungen<br />
der Stadt.<br />
Als vorbildhaft gilt auch das Projekt „Energiestrategie<br />
Berlin-Adlershof 2020“, mit<br />
dem das Technologie-, Wissenschaftsund<br />
Wohnquartier, in dem mehr als 15.000<br />
Menschen in rund 1.000 Unternehmen und<br />
wissenschaftlichen Einrichtungen arbeiten,<br />
als erster Technologisstandort dieser Art in<br />
Deutschland seinen Primärenergiebedarf<br />
bis 2020 um 30 Prozent senken will.<br />
<br />
CLUSTER ENERGIETECHNIK<br />
IN BERLIN UND BRANDENBURG<br />
Matthias Salm<br />
Die Energietechnik gilt als Cluster mit den größten Zuwächsen<br />
bei Beschäftigung und Umsätzen im Rahmen der gemeinsamen<br />
Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg.<br />
100 %<br />
80 %<br />
60 %<br />
40 %<br />
20 %<br />
in Berlin<br />
in Brandenburg<br />
49<br />
51<br />
6.318*<br />
Unternehmen<br />
36<br />
64<br />
56.483**<br />
Beschäftigte<br />
* bezogen auf 2<strong>01</strong>2<br />
** bezogen auf 2<strong>01</strong>3<br />
27<br />
73<br />
30,1 Mrd. Euro*<br />
Umsatz<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
26 | W+M SERIE<br />
Cluster Start-ups<br />
Traumfabrik Silicon Allee<br />
Berlin ist die deutsche Gründer-Metropole.<br />
Davon zeugen Statistiken<br />
ebenso wie der mediale Hype<br />
um den Start-up-Boom in Berlin. Immer<br />
mehr junge Unternehmen träumen vom<br />
geschäftlichen Durchbruch in der Spree-<br />
Metropole.<br />
Jünger als zehn Jahre, hoch innovativ<br />
und mit starkem Umsatz- oder Mitarbeiterwachstum<br />
– so definiert der „Deutsche<br />
Startup Monitor (DSM) 2<strong>01</strong>5“ den<br />
Begriff Start-up. Und in dieser Kategorie<br />
des Gründungsgeschehens, das<br />
hat die Erhebung des Bundesverbands<br />
Deutsche Startups ergeben, bleibt Berlin<br />
unschlagbar: „Berlin ist weiterhin das<br />
größte Entrepreneurship -Ökosystem in<br />
Deutschland“, bilanziert der DSM 2<strong>01</strong>5.<br />
Berliner Start-ups beschäftigen danach<br />
im Durchschnitt 28 Mitarbeiter, das<br />
macht in der Summe 56.000 Beschäftigte<br />
in der innovativen Gründerszene. 33<br />
Prozent der Mitarbeiter haben ausländische<br />
Wurzeln, nirgendwo sonst locken<br />
junge Unternehmen so viel internationales<br />
Fachpersonal an. Und bei einem guten<br />
Teil der 41.000 Gründungen im Vorjahr<br />
handelte es sich um technologiebasierte<br />
Start-ups. Dies nährt die Hoffnung,<br />
dass die aktuelle Gründungswelle nachhaltige<br />
Effekte für die Berliner Wirtschaft<br />
bewirken kann.<br />
Julia Bösch, Mitgründerin des erfolgreichen<br />
Berliner Herrenmode-Onlineshops<br />
Outfittery, begründet im DSM 2<strong>01</strong>5 die<br />
Führungsposition der Hauptstadt: „Berlin<br />
bietet den richtigen Mix aus Inspiration,<br />
Kreativität, Abenteuer und Netzwerk.“<br />
So sieht es auch Moritz Claussen, Mitglied<br />
des Gründungsteams der OptioPay<br />
GmbH (siehe auch Seite 46): „Berlin ist<br />
der place to be in Deutschland, was das<br />
Netzwerk an Investoren und den Austausch<br />
mit anderen Start-ups betrifft.“<br />
Ende 2<strong>01</strong>4 eröffneten Stadtrat Christian Gräff (r.) und Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer<br />
(2. v. r.) in Marzahn das Cleantech Innovation Center für junge Gründer.<br />
Ein wenig nüchterner bestätigt der Gründungsmonitor<br />
2<strong>01</strong>5 der staatlichen Förderbank<br />
KfW die Lobeshymnen. Auch<br />
hier in einer Auswertung des gesamten<br />
Gründungsgeschehens sowohl im Vollals<br />
auch im Nebenerwerb liegt die Hauptstadt<br />
im Bundesländervergleich vorn.<br />
Und das „Start-up-Barometer 2<strong>01</strong>5“ des<br />
Beratungshauses EY bescheinigt Berlin<br />
die besten Rahmenbedingungen für<br />
Gründer. Demnach gingen auch 55 Prozent<br />
aller Risikofinanzierungen im ersten<br />
Halbjahr 2<strong>01</strong>5 an Berliner Gründer. Längst<br />
rücken Experten das Gründungsgeschehen<br />
der Hauptstadt in punkto Attraktivität<br />
und Internationalität an die europäische<br />
Gründermetropole London heran.<br />
Silicon Allee – mit diesem an das kalifornische<br />
Silicon Valley angelehnte Schlagwort<br />
rühmt auch die internationale Presse<br />
die neue Gründerzeit in Berlin. Sogar<br />
den Versuch, diese fiktive Gründerallee<br />
in Berlin zu lokalisieren, hat es bereits gegeben.<br />
In der Nähe der Torstraße in Berlin-Mitte<br />
identifizierte eine Untersuchung<br />
eine auffällige Ballung von Start-ups, passend<br />
zum Motto „Biz and Booze“ – frei<br />
übersetzt mit „arbeiten und feiern“ –, das<br />
das Lebensgefühl der Berliner Gründerwelt<br />
beschreiben soll.<br />
Es spricht aber viel mehr für den Standort<br />
Berlin als nur die hohe Lebensqualität: die<br />
im Vergleich zu London günstigen Mietpreise,<br />
die gute Infrastruktur, die Internationalität<br />
der Szene und ihre Vernetzung.<br />
Und nicht zuletzt bieten die vielen jungen<br />
Unternehmen den Absolventen der Berliner<br />
Hochschulen nun Möglichkeiten, in<br />
der Hauptstadt Lohn und Brot zu finden,<br />
wo sie früher mangels industrieller Basis<br />
in der Stadt zum Ortswechsel gezwungen<br />
waren. Auch auf internationale Gründer<br />
übt Berlin mittlerweile eine magische<br />
Anziehungskraft aus. Hatte vor zehn Jahren<br />
in Berlin nur jeder fünfte Neugründer<br />
einen internationalen Hintergrund, so ist<br />
es heute bereits jeder Zweite, hat die Industrie-<br />
und Handelskammer (IHK) Berlin<br />
errechnet. Kein Wunder also, dass die<br />
englischsprachigen Gründeranfragen bei<br />
der IHK Berlin bereits einen Anteil von 20<br />
Prozent ausmachen.<br />
<br />
Matthias Salm<br />
Foto: Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
BERLIN | 27<br />
Einer der vielen Anziehungspunkte für<br />
Touristen: die Galeries Lafayette.<br />
Fotos: Galeries Lafayette (oben), Dr. Stephan Barth/pixelio.de (unten)<br />
Cluster Tourismus<br />
Berlin jagt weiter Rekorde<br />
Im ersten Halbjahr 2<strong>01</strong>5 erreichte<br />
die Tourismusbranche in Berlin einen<br />
neuen Rekordwert. Von Januar<br />
bis Juni wurden in Berlin 13,8 Millionen<br />
Übernachtungen und circa 5,82 Millionen<br />
Gäste erfasst. Damit liegt Berlin<br />
hinter London und Paris auf Platz drei<br />
der beliebtesten Städtereiseziele Europas.<br />
In Deutschland ist Berlin sogar das<br />
beliebteste Reiseziel. Der Tourismus ist<br />
somit eine Schlüsselbranche der Hauptstadt.<br />
An ihm hängen 240.000 Jobs und<br />
er sorgt für mindestens 10,6 Milliarden<br />
Euro Umsatz jährlich.<br />
Berlin ist dynamisch und modern. Die<br />
Stadt bezieht ihre hohe Attraktivität sowohl<br />
aus der großen Diversität an Geschichte,<br />
Kultur, Erholungsangeboten und<br />
Lifestyle bei vergleichsweise niedrigen<br />
Preisen, dem Szene- und Kiezleben, mit<br />
seiner Mischung aus Vielfalt und Gegensätzen,<br />
als auch aus Ballung von Spitzenpolitik,<br />
Wirtschaftsverbänden und Headquarters<br />
von Unternehmen.<br />
Die Hotellandschaft Berlins ist schon heute<br />
eine der modernsten Europas. Die geplanten<br />
Hotelneubauten zeugen vom Vertrauen<br />
der Branche in die weitere Entwicklung.<br />
Dabei nutzt es der Hotelbranche<br />
auch, dass Berlin als Kongress- und<br />
Veranstaltungsstandort jährlich zulegt. Im<br />
weltweiten Vergleich kommt Berlin auf<br />
Platz drei im Bereich internationale Veranstaltungen.<br />
Laut aktueller Kongress-Statistik<br />
fanden in den ersten sechs Monaten<br />
des Jahres 2<strong>01</strong>5 62.000 Veranstaltungen<br />
mit 4,82 Millionen Teilnehmern statt. Somit<br />
ist die Anzahl von Veranstaltungen<br />
und Teilnehmern um jeweils<br />
1,5 Prozent im Vergleich zum<br />
Vorjahreszeitraum gestiegen. Die<br />
Anzahl von Übernachtungen von<br />
Kongressteilnehmern erreichte<br />
eine Steigerung um drei Prozent<br />
auf 3,3 Millionen. Fast ein Viertel<br />
aller Hotelübernachtungen in der<br />
ersten Jahreshälfte 2<strong>01</strong>5 sind auf<br />
Kongresse und Veranstaltungen<br />
zurückzuführen.<br />
Neben Hotels und Veranstaltern<br />
profitiert der Berliner Einzelhandel<br />
vom Berliner Tourismus-Boom.<br />
Die Touristen sorgen für 40 Prozent<br />
des Umsatzes in den Einkaufsmeilen<br />
und Shoppingcentern.<br />
Beim Einzelhandel verbleiben<br />
vier Milliarden Euro der touristischen<br />
Umsätze. Dabei sind<br />
nicht nur die großen Shoppingcenter<br />
wie die Mall of Berlin, das Alexa,<br />
das Bikini Berlin, die Galeries<br />
Lafayette oder das KaDeWe die Anziehungspunkte.<br />
Auch der Kurfürstendamm<br />
mit seinen exklusiven Einzelhandelsgeschäften<br />
und namhaften Unternehmen<br />
gewinnt nach dem Aufschwung im Osten<br />
Berlins – in Prenzlauer Berg, Friedrichshain<br />
und Kreuzberg – wieder an Attraktivität.<br />
Diese Entwicklung wird flankiert<br />
von der Eröffnung neuer Hotels wie<br />
beispielsweise dem Best Western Amedia<br />
Berlin am Kurfürstendamm und dem<br />
neugebauten Waldorf Astoria direkt gegenüber<br />
vom aufwendig renovierten Kino<br />
„Zoo Palast“ unweit des Bahnhofs Zoologischer<br />
Garten.<br />
Die Tourismusbranche ist für Berlin von<br />
hoher Bedeutung, weil sie Arbeitsplätze<br />
schafft, Steuern an die Landeskasse abführt<br />
und ein wichtiger Motor für andere<br />
Wirtschaftszweige, wie etwa den Dienstleistungssektor,<br />
ist. Laut Prognosen wird<br />
sie voraussichtlich auch in den kommenden<br />
Jahren weiter wachsen.<br />
<br />
Die Gedächtniskirche in der City West.<br />
Adrian M. Darr<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
Von Brüssel gefördert: der Technologiestandort Adlershof.<br />
Aus Brüssel für Berlin<br />
Das Land Berlin erhält in der laufenden Förderperiode 635 Millionen<br />
Euro aus der EU-Regionalförderung. Mit rund der Hälfte der Mittel,<br />
302,8 Millionen Euro, werden Innovationen und Forschungsund<br />
Entwicklungsaktivitäten besonders in kleinen und mittleren<br />
Unternehmen gefördert. Von Matthias Salm<br />
In der Wissenschaftsstadt, in der mehr<br />
als 1.000 Unternehmen, zehn außeruniversitäre<br />
Forschungseinrichtungen und<br />
sechs mathematisch-naturwissenschaftliche<br />
Institute der Humboldt-Universität<br />
zu Berlin angesiedelt sind, ist mit Hilfe gezielter<br />
europäischer Unterstützung neuen<br />
Technologien etwa in der Photonik,<br />
der Optik oder der Mikrosystemtechnologie<br />
zum Durchbruch verholfen worden.<br />
Die finanzielle Unterstützung aus den<br />
Töpfen der EU-Förderung für regionale<br />
Entwicklung dient dem Land,<br />
um seine Technologie-Förderprogramme<br />
wie ProFIT oder den VC Fonds Technologie<br />
aufzustocken. Auch der VC Fonds<br />
Kreativwirtschaft wurde mit mehr Geld<br />
ausgestattet. Auch wenn aus Brüssel gegenüber<br />
der vorherigen Förderperiode<br />
2007 bis 2<strong>01</strong>3 nun spürbar weniger Geld<br />
Richtung Berlin fließt, so wird die Innovationsförderung<br />
durch die Konzentration<br />
der Mittel sogar noch ausgeweitet. Damit,<br />
so hofft der Senat, lasse sich die Schwäche<br />
der Berliner Wirtschaft im Bereich<br />
Forschung und Entwicklung ausgleichen.<br />
Denn der Schwerpunkt der Entwicklungsausgaben<br />
in der Hauptstadt liegt nach wie<br />
vor bei den universitären und außeruniversitären<br />
Forschungseinrichtungen.<br />
Mit 70 Millionen Euro stärkt Berlin bis<br />
2020 zudem das Investitionsgeschehen<br />
in kleinen und mittleren Unternehmen sowie<br />
Start-ups, insbesondere in der Industrie<br />
und den wissensintensiven Dienstleistungen.<br />
Weitere Mittel aus dem Europäischen<br />
Fonds für regionale Entwicklung<br />
hat die Stadt eingeplant, um den<br />
Energieverbrauch in öffentlichen Gebäuden,<br />
in Unternehmen und im Verkehr zu<br />
senken, sowie für die nachhaltige Stadtentwicklung.<br />
Berlin gehört nach wie vor zu den größten<br />
Nutznießern der europäischen Regionalförderung<br />
hierzulande. Davon profitierten<br />
bereits in den zurückliegenden<br />
Förderperioden sowohl die Forschungslandschaft<br />
der Hauptstadt wie auch der<br />
Berliner Mittelstand.<br />
Beispiel Adlershof: Auch dank der Unterstützung<br />
durch die Europäische Union<br />
wurde der Technologiepark Berlin-<br />
Adlershof kontinuierlich ausgebaut: Seit<br />
2002 flossen aus Brüssel 42 Millionen<br />
Euro an europäischen Fördergeldern in<br />
die Entwicklung von sieben Adlershofer<br />
Technologie- und Gründerzentren.<br />
Junge Berliner Unternehmen wie die Humedics<br />
GmbH, 2009 als Ausgründung<br />
sowohl aus der Charité-Universitätsmedizin<br />
Berlin als auch der Freien Universität<br />
Berlin entstanden, erhielten Starthilfe<br />
von der EU. Humedics ist ein Spezialist<br />
für die mobile Messung der individuellen<br />
Leberfunktion am Patientenbett. Für<br />
die Entwicklung des LiMAx-Tests, eines<br />
atemgasbasierten Lebertests, der die<br />
Bestimmung der aktuellen Leberfunktion<br />
von Patienten in Echtzeit ermöglicht,<br />
erhielt das Unternehmen den Innovationspreis<br />
Berlin Brandenburg 2<strong>01</strong>4.<br />
Aber nicht nur Hightech-Innovationen,<br />
auch außergewöhnliche Geschäftsideen<br />
junger Existenzgründer in Berlin<br />
wurden mit Hilfe der EU-Förderung am<br />
Markt etabliert. So beispielsweise die Kulau<br />
GmbH: In der Berliner Kastanienallee<br />
beheimatet, hat sich Gründerin Josefine<br />
Staats auf den Vertrieb von Produkten<br />
der Kokospalme vom Kokoswasser über<br />
Kokosöl bis hin zum Kokosblütenzucker<br />
spezialisiert.<br />
W+M<br />
Foto: WISTA-MANAGEMENT GMBH<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
SERIE BERLIN | 29<br />
Ragnitz<br />
analysiert<br />
Berlin: Viel erreicht und noch viel zu tun<br />
Foto: Torsten George<br />
Arm, aber sexy – diese Einschätzung<br />
von Klaus Wowereit, dem<br />
ehemaligen Regierenden Bürgermeister<br />
von Berlin, prägt das Image der<br />
Stadt bis heute. Berlin gilt als hipp, als<br />
heißes Pflaster für Kreative jeglicher Couleur,<br />
das Menschen aus aller Herren Länder<br />
anzieht. Auch als Hochschul- und Forschungsstandort<br />
übt Berlin eine hohe Anziehungskraft<br />
aus. Und wie es so ist, Zuzügler<br />
befeuern auch die wirtschaftliche<br />
Entwicklung, indem sie mit neuen Ideen<br />
den Strukturwandel vorantreiben, neue<br />
Unternehmen gründen, mehr Wohlstand<br />
und Beschäftigung schaffen.<br />
In der Tat hat Berlin nach den schweren<br />
1990er Jahren, als die Stadt zunächst<br />
einmal den Verlust seines früheren Sonderstatus<br />
(Hauptstadt der DDR im Ostteil,<br />
getätschelte Sonderwirtschaftszone<br />
im Westteil) überwinden musste, enorm<br />
aufgeholt. Das reale Bruttoinlandsprodukt<br />
ist in den vergangenen zehn Jahren<br />
um satte 21 Prozent gestiegen, mehr<br />
als in jedem anderen Bundesland, und<br />
auch beim Beschäftigungsaufbau (plus<br />
16 Prozent seit 2004) liegt die Stadt vor<br />
allen anderen Bundesländern. Die günstige<br />
wirtschaftliche Entwicklung hat dann<br />
auch dazu beigetragen, dass Berlin entgegen<br />
allen demografischen Trends seine<br />
Einwohnerzahl steigern konnte, vor allem<br />
durch Zuzüge. Das verleiht natürlich auch<br />
dem Umland Impulse – weite Teile Brandenburgs<br />
profitieren von dem „Wachstumspol<br />
Berlin“.<br />
Berlin wird damit wohl weiterhin als<br />
„sexy“ wahrgenommen – aber „arm“<br />
ist es auch noch. Das hohe Wirtschaftswachstum<br />
spiegelt sich nämlich nicht in<br />
einem gleich starken Anstieg des Wohlstandsniveaus<br />
wider, gemessen am Bruttoinlandsprodukt<br />
je Erwerbstätigen oder<br />
auch je Einwohner. Die Wirtschaftskraft<br />
ist über den vergangenen Zehnjahreszeitraum<br />
nicht stärker gestiegen als<br />
in Deutschland insgesamt und deutlich<br />
schwächer als in den übrigen ostdeutschen<br />
Bundesländern; das Bruttoinlandsprodukt<br />
je Einwohner ist zwar höher als<br />
anderswo in Ostdeutschland, aber weiterhin<br />
viel niedriger als im gesamtdeutschen<br />
Durchschnitt – und der Abstand nahm in<br />
den letzten Jahren eher zu als ab. Insoweit<br />
trügt der schöne Schein: Während<br />
sich Dienstleistungen, Handel und öffentlicher<br />
Sektor gut entwickeln, fehlt es an<br />
einer breit aufgestellten industriellen Basis,<br />
und auch Hauptverwaltungen internationaler<br />
Konzerne sind in Berlin kaum<br />
vertreten – mit allen negativen Folgen,<br />
die dies für die Einbindung in die internationale<br />
und überregionale Arbeitsteilung<br />
haben kann. Hinzu kommt eine nicht immer<br />
glücklich agierende Stadtverwaltung,<br />
die mit manchen Großprojekten schlichtweg<br />
überfordert scheint. Und da auch die<br />
Steuereinnahmen wegen der genannten<br />
strukturellen Defizite nicht gerade üppig<br />
sprudeln, gleichzeitig aber die Belastungen<br />
insbesondere mit Sozialausgaben<br />
in einer Stadt wie Berlin typischerweise<br />
überproportional hoch sind, fehlt es auch<br />
an Geld, öffentliche Infrastrukturen in einer<br />
Weise auszubauen, wie es erforderlich<br />
wäre, um Berlin auch langfristig in die<br />
Lage zu versetzen, seine Rolle als Wachstumspol<br />
für die ostdeutschen Länder insgesamt<br />
adäquat wahrzunehmen.<br />
Viel erreicht, viel zu tun – so lässt sich die<br />
Situation Berlins heute wohl am besten<br />
umschreiben. Zwar profitiert die Stadt von<br />
ihrem positiven Image und der davon ausgehenden<br />
Attraktivität. Um auch langfristig<br />
prosperieren zu können, bedarf es aber<br />
weiterer Anstrengungen, insbesondere<br />
auch mit Blick auf die Ansiedlung leistungsfähiger<br />
und dauerhaft gesicherter<br />
Unternehmen, die dann auch Arbeitsplätze<br />
für jene Menschen bereitstellen, die<br />
nicht gerade der Kultur- und Kreativszene<br />
angehören. Hierin liegt eine wesentliche<br />
Aufgabe für die kommenden Jahre –<br />
und die politisch Handelnden wären gut<br />
beraten, gerade hierauf ihr Augenmerk zu<br />
richten: Berlin trägt eine große Verantwortung,<br />
nicht nur für sich selbst, sondern<br />
eben auch für den Rest Ostdeutschlands.<br />
Prof. Dr. Joachim Ragnitz,<br />
Stellvertretender Leiter der ifo<br />
Niederlassung Dresden<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
30 | W+M POLITIK<br />
Sprachrohr des<br />
ostdeutschen Mittelstands<br />
25 Jahre Deutsche Einheit – in den zurückliegenden fünf Ausgaben<br />
hat <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> die wirtschaftliche Entwicklung der<br />
ostdeutschen Bundesländer seit 1990 unter die Lupe genommen.<br />
Doch auch <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> feiert in diesem Jahr 25-jähriges<br />
Bestehen. Zeit für einen Rückblick in eigener Sache. Von Matthias Salm<br />
03/1997<br />
08/1996<br />
Die Geschichte unseres Magazins ist dabei<br />
nicht weniger wechselvoll als die<br />
des ostdeutschen Mittelstands, den<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> über ein Vierteljahrhundert<br />
publizistisch begleitet und seine unternehmerischen<br />
Anliegen immer wieder<br />
journalistisch reflektiert hat.<br />
Am Anfang stand im Frühjahr 1990 „MARKT<br />
WIRTSCHAFT“, die Monatsschrift des kurz<br />
zuvor gegründeten Unternehmerverbands<br />
der DDR. Ein Blick in die erste Ausgabe zeigt<br />
ein Sammelsurium programmatischer Reden<br />
und Grußworte – entstanden unter dem<br />
Eindruck der sich beinahe täglich wandelnden<br />
Wendezeiten. Dem verlegerisch noch<br />
deutsch-deutschen Gemeinschaftsprodukt<br />
war indes nur eine kurze Lebenszeit beschieden.<br />
Noch vor dem 3. Oktober 1990 startete<br />
in der Verantwortung der ehemals ostdeutschen<br />
Mitgesellschafter der eigenständige<br />
Titel „Wirtschaft & Markt“.<br />
Zur wahrnehmbaren Stimme der ostdeutschen<br />
Wirtschaft in der deutschen Presselandschaft<br />
machte das Blatt ab 1993 Klaus<br />
George. 16 Jahre war der Berliner Journalist<br />
als Verleger und Chefredakteur in Personalunion<br />
das unverwechselbare Gesicht des<br />
Magazins. Als kreativer Kopf schuf er viele<br />
journalistische Standards, die heute noch<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> inhaltlich prägen.<br />
Dazu zählen beispielsweise die Interviews<br />
mit führenden Politikern aus Bund und Ländern,<br />
Top-Entscheidern großer Unternehmen<br />
oder renommierten Wirtschaftsforschern. Mit<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT sprachen<br />
alle, die<br />
25 Jahre Deutsche<br />
Einheit<br />
entscheidend<br />
mitgestalteten.<br />
Von Helmut<br />
Kohl über<br />
Angela Merkel<br />
und Gerhard<br />
Schröder bis<br />
zu Wolfgang<br />
Schäuble oder<br />
Gregor Gysi. Prägte 16 Jahre das<br />
Die Titelseiten<br />
von W+M Chefredakteur: Klaus<br />
Magazin als Verleger und<br />
George.<br />
07/2004<br />
04/2005<br />
08/1998<br />
Foto: Torsten George<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
W+M POLITIK | 31<br />
waren in jenen Jahren<br />
immer auch ein Who‘s who<br />
erst der Bonner, dann der Berliner Republik.<br />
Manche am Anfang ihrer Karriere, andere<br />
auf ihrem Höhepunkt. Sie alle forderte<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> sachlich-kritisch zur<br />
Bestandsaufnahme über die Lage der ostdeutschen<br />
Wirtschaft – in guten wie in schlechten<br />
Zeiten.<br />
Immer an der Seite von WIRTSCHAFT+<br />
MARKT: die ostdeutschen Unterneh merverbände.<br />
Für sie war und ist das Magazin<br />
ein verlässlicher Wegbegleiter. Darüber hinaus<br />
hat sich <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> stets als<br />
Sprachrohr des gesamten ostdeutschen Mittelstands<br />
verstanden. Und als dessen Partner<br />
und Ratgeber. Informativer Nutzwert für<br />
die Unternehmerschaft nimmt bis heute einen<br />
breiten Teil unseres Magazins ein. Die<br />
Themenfelder sind zumeist geblieben: Recht,<br />
Steuern, Finanzierungsmöglichkeiten, betriebliche<br />
Altersvorsorge oder IT – die konkreten<br />
Inhalte in der Rückschau allerdings zeugen<br />
vom rasanten betriebswirtschaftlichen<br />
und technologischen Wandel, dem sich die<br />
Mittelständler zwischen Ostsee und Erzgebirge<br />
seit 1990 stellen mussten.<br />
Die erste Ausgabe des W+M-<br />
Vorgängers „MARKT WIRTSCHAFT“.<br />
Seit 2<strong>01</strong>3 erscheint <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
nun unter dem Dach der Frank-Nehring-<br />
Verlagsgruppe. Die Optik unseres Magazins<br />
mag sich im Laufe der Jahre in vielerlei<br />
Hinsicht gewandelt haben, der Anspruch,<br />
den Belangen ostdeutscher Unternehmer<br />
eine überregionale journalistische Heimstatt<br />
zu geben, aber nicht. Unter der verlegerischen<br />
Ägide von Frank Nehring und der<br />
Chefredaktion von Karsten Hintzmann hat<br />
sich <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> längst über ein<br />
reines Printprodukt hinaus weiter entwickelt.<br />
Etwa mit dem monatlich erscheinenden E-<br />
Magazin W+M Kompakt oder dem W+M<br />
Club, einer Plattform zum Erfahrungsaustausch<br />
zwischen Unternehmern, Politikern<br />
und Experten in den ostdeutschen Bundesländern.<br />
Wie der ostdeutsche Mittelstand hat<br />
sich auch <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> mit dem<br />
Mut zu journalistischen und unternehmerischen<br />
Neuerungen<br />
den Anforderungen<br />
des Marktes<br />
immer wieder<br />
angepasst<br />
– und ist sich<br />
doch treu geblieben.<br />
W+M<br />
Seit 2<strong>01</strong>3 Herausgeber von<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong>: Frank Nehring.<br />
10/2<strong>01</strong>0<br />
12/2<strong>01</strong>4<br />
Foto: AneCom AeroTest GmbH<br />
Dez 2<strong>01</strong>3/Jan 2<strong>01</strong>4<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 6/2<strong>01</strong>4<br />
Geld<br />
für den Mittelstand<br />
Ausblick:<br />
Das plant die<br />
Leipziger Messe<br />
10/2<strong>01</strong>4<br />
W I R t schA f<br />
M A R K t<br />
D A s OstD e U t sche UnteR n ehM e R MA<br />
Interview:<br />
Wirtschaftsbilanz<br />
Klaus Wowereit<br />
Ratgeber:<br />
Autos, Uhren,<br />
Ballgarderobe<br />
24. Jahrgang | Heft 5-6 | Dez 2<strong>01</strong>3/Jan 2<strong>01</strong>4 | € 3,50 | ZKZ 84618<br />
25. Jahrgang | Heft 6 | Dezem<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
Wahlversprechen<br />
jetzt einlösen !<br />
Kurzporträts von allen 130 Abgeordneten<br />
aus den neuen Ländern<br />
Foto: W+M<br />
<strong>01</strong>/2008<br />
Gutes Geld für gute Ideen<br />
Wir fördern die Brandenburger Wirtschaft.<br />
Wer in Brandenburg mit Mut und Können etwas unternehmen möchte, den<br />
unterstützen wir umfassend. Wir bieten Ihnen nicht nur Fördermittel und<br />
Finanzierungen zu attraktiven Konditionen, sondern auch unser ganzes Wissen<br />
und die Erfahrung von mehr als 20 Jahren Wirtschaftsförderung. Wir sind die<br />
Förderbank Brandenburgs. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf.<br />
12/2<strong>01</strong>3<br />
Länderreport<br />
Die Folgen der Flut<br />
in Sachsen-Anhalt<br />
Netzwerk<br />
Unternehme<br />
in Leipzig<br />
www.ilb.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
32 | W+M POLITIK<br />
Sorgt der Ankauf von Steuer-CDs für mehr Steuerehrlichkeit?<br />
Norbert Walter-Borjans,<br />
Finanzminister von Nordrhein-Westfalen (SPD)<br />
Wolfgang Kubicki,<br />
stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP<br />
„Ja”<br />
„Nein”<br />
Jahrzehntelang haben sich<br />
Der Ankauf von Steuer-<br />
Steuerhinterzieher davor drücken<br />
können, einen fairen Preis<br />
bar, führt jedenfalls zu<br />
CDs, das ist unbestreit-<br />
für staatliche Leistungen wie Bildung, Sicherheit<br />
mehr Einnahmen beim Fiskus. Aber um welchen<br />
und Infrastruktur zu bezahlen. Die Löcher, die sie<br />
Preis? Der Staat belohnt Straftäter für ihre Tat,<br />
in die öffentlichen Kassen gerissen haben, mussten<br />
die ehrlichen Bürgerinnen und Bürger stopfen.<br />
Rechtsstaat verpflichtet sind, muss sich der Ma-<br />
statt sie zu verfolgen. Allen Menschen, die dem<br />
Seitdem wir Hinweise auf mutmaßliche Steuerhinterzieher<br />
zur Not auch aus der "Szene" erwer-<br />
guter Zweck (mehr Einnahmen) den Einsatz eigen<br />
umdrehen angesichts der Tatsache, dass ein<br />
ben, hat sich das Blatt gewendet. Der Staat ist kein nes an sich kriminellen Mittels (Ankauf von gestohlenen<br />
Daten) rechtfertigen soll.<br />
zahnloser Tiger mehr, die Angst vor Entdeckung<br />
hat bundesweit schon zu mehr als 120.000 Selbstanzeigen<br />
und Mehreinnahmen von mehr als fünf wenden, die Verfolgung von Steuerstraftätern<br />
Nun werden die Befürworter des Ankaufs ein-<br />
Milliarden Euro geführt.<br />
werde erleichtert und dies trage zu mehr Steuerehrlichkeit<br />
bei. Diese Aussage ist so banal wie<br />
Wer den Ankauf kriminalisiert, vertauscht Opfer<br />
und Täter. Ermittler, die mit dem Kauf eines Päckchens<br />
Kokain dazu beitragen, einen Drogenring zu moralisch äußerst fragwürdigen staatlichen Ver-<br />
falsch. Sie soll zur Rechtfertigung eines nicht nur<br />
knacken, sind keine Hehler, sondern dienen der Einhaltung<br />
von Recht und Gesetz. Genau so ist das bei Wenn das Land Nordrhein-Westfalen Daten der<br />
haltens dienen.<br />
den Steuerfahndern, die ausgeklügelte Praktiken Bank A ankauft, erhöht dies das Entdeckungsrisiko<br />
für Kunden der Bank B nicht, abgesehen da-<br />
des Steuerbetrugs aufdecken. Das hat auch das<br />
Bundesverfassungsgericht bestätigt. Und auch von, dass die angekauften Daten nie ausschließliche<br />
Grundlage einer strafrechtlichen Verfolgung<br />
der Bundesrat hat in einem Beschluss festgestellt,<br />
dass der Datenankauf durch Steuerbehörden nach sein können. Und da Steuerstrafverfahren in aller<br />
Regel nicht öffentlich geführt werden, entfällt<br />
geltendem Recht zulässig ist. CDU-(und als es<br />
das noch gab: FDP-)regierte Länder haben das auch die generalpräventive Wirkung des Ankaufs.<br />
nie anders gesehen: Sie haben sich wie der Bund Der spektakulärste Fall der Steuerhinterziehung,<br />
an allen Ankaufkosten der Steuer-CDs beteiligt der wegen der damit verbundenen Öffentlichkeit<br />
und profitieren von deren Auswertungen.<br />
große Wirkung erzielte, hatte mit gestohlenen Daten<br />
gerade nichts zu tun.<br />
Der Zweck heiligt sicher nicht alle Mittel – den<br />
Ankauf der Steuer-CDs aber jedenfalls solange,<br />
Ein Staat, der sich krimineller Methoden bedient,<br />
bis der automatische Informationsaustausch<br />
um sich die Taschen zu füllen, hat seine moralische<br />
für Klarheit über Konten im In- und Ausland<br />
Legitimation verloren. Im Sinne unseres Rechtsstaates<br />
sollten wir darauf sorgt.<br />
verzichten.<br />
Foto: Finanzministerium NRW (links)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
INDEX<br />
W+M POLITIK | 33<br />
ifo Geschäftsklima Ostdeutschland im November 2<strong>01</strong>5<br />
Internationale Unsicherheit tangiert<br />
ostdeutsche Wirtschaft noch nicht<br />
Das ifo Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft* der<br />
ostdeutschen Bundesländer hat sich im November spürbar<br />
aufgehellt. Ursächlich hierfür sind die erheblich günstigeren<br />
Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate.<br />
Der Optimismus hat diesbezüglich kräftig zugenommen. Zudem<br />
sind die befragten Firmen aus Ostdeutschland mit ihren laufenden<br />
Geschäften zufriedener als im Vormonat. Nach dem schwachen<br />
Start ins vierte Quartal findet die ostdeutsche Wirtschaft<br />
im November auf ihren Wachstumskurs zurück. Auch für den Arbeitsmarkt<br />
haben sich die Vorzeichen, nach dem Rückgang des<br />
ifo Beschäftigungsbarometers im vergangenen Monat, verbessert.<br />
Die Industrie- und Baufirmen wollen ihren Personalbestand<br />
in den kommenden drei Monaten weiter aufbauen. Bei den Handelsfirmen<br />
zeigt sich hingegen Pessimismus: Die Befragungsteilnehmer<br />
aus beiden Handelsstufen wollen ihre Mitarbeiterzahl zukünftig<br />
kräftiger reduzieren.<br />
Die Verbesserung des Geschäftsklimas zieht sich, mit Ausnahme<br />
des Einzelhandels, wo der Klimaindikator auf dem Wert des<br />
Vormonats verharrt, durch alle Bereiche der gewerblichen Wirtschaft.<br />
Besonders erfreulich ist die sehr positive Entwicklung in<br />
der Industrie. Aber auch im Bauhauptgewerbe und Großhandel<br />
Ostdeutschlands zeigt sich ein deutliches Plus.<br />
Verarbeitendes Gewerbe<br />
VORMONAT 14,3<br />
NOVEMBER 19,9<br />
Robert Lehmann und<br />
Prof. Joachim Ragnitz<br />
ifo Geschäftsklima<br />
VOR-<br />
MONAT<br />
8,83<br />
SEPTEMBER<br />
13,64<br />
ifo Beschäftigungsbarometer<br />
Foto: industrieblick/Fotolia.com<br />
Bauhauptgewerbe<br />
VORMONAT - 4,4<br />
SEPTEMBER 2,6<br />
Groß- und Einzelhandel<br />
VORMONAT 7,2<br />
SEPTEMBER 8,5<br />
VOR-<br />
MONAT<br />
- 2,83<br />
SEPTEMBER<br />
- 0,04<br />
* Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verstanden.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />
34 | W+M TITEL<br />
Krisensicherer<br />
Jobmotor<br />
Jeden neunten Euro in Deutschland hat 2<strong>01</strong>4 die Gesundheitswirtschaft<br />
erarbeitet. Die Branche erweist sich als krisenfest.<br />
Selbst während der Finanzmarktturbulenzen stieg die Zahl ihrer<br />
Arbeitsplätze. Auch in Ostdeutschland nährt die Branche deshalb<br />
die Hoffnung auf zuverlässiges Wachstum. Von Matthias Salm<br />
Rund 11.000 ausländische Touristen<br />
der ganz speziellen Art zählte Berlin<br />
2<strong>01</strong>4: Die Reisenden zogen allerdings<br />
weniger das Partyflair noch die<br />
weltbekannten Sehenswürdigkeiten in die<br />
Hauptstadt – sondern schlicht die Sorge<br />
um die eigene Gesundheit. Gezählt wurden<br />
sie demzufolge auch nicht an den Hotelrezeptionen<br />
der Stadt, sondern in einer<br />
der sieben großen Kliniken in Berlin, in denen<br />
sie sich ambulant oder stationär behandeln<br />
ließen.<br />
Die Zahl der ausländischen Patienten an<br />
den renommierten Berliner Kliniken stieg<br />
damit im Vergleich zum Vorjahr um 3,5<br />
Prozent. Besonders Patienten aus Osteuropa<br />
und dem arabischen Raum lockt der<br />
gute Ruf der Berliner Hochleistungsmedizin.<br />
Burkhard Kieker, Geschäftsführer<br />
der Berlin-Werber von visitBerlin, sieht<br />
im Gesundheitstourismus denn auch folgerichtig<br />
einen Wachstumsmarkt für die<br />
Hauptstadt: „In den letzten drei Jahren<br />
ist die Zahl der internationalen Gäste um<br />
19 Prozent gestiegen“, weiß Kieker und<br />
will aktiv um die oft zahlungskräftige Klientel<br />
werben: „Mit unseren weltweit gezielten<br />
Marketingmaßnahmen wollen wir<br />
zukünftig die Aufmerksamkeit noch stärker<br />
auf den Medizinstandort Berlin lenken.“<br />
Die Werbeaktivitäten dürften auch Stefan<br />
Oelrich erfreuen. Oelrich ist einer<br />
der Geschäftsführer der Sanofi-Aventis<br />
Deutschland GmbH, einer Tochtergesellschaft<br />
des internationalen Pharmariesen<br />
Sanofi. Vor allem aber auch steht er seit<br />
Mitte des Jahres als Sprecher dem Cluster<br />
Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg<br />
vor. Oelrich sieht vor allem in<br />
den USA einen weiteren Zielmarkt für die<br />
Berliner Kliniken.<br />
Es ist aber nicht nur die Qualität der medizinischen<br />
Einrichtungen wie Europas<br />
größtes Universitätsklinikum, die Charité,<br />
oder das Deutsche Herzzentrum Berlin,<br />
die die Gesundheitswirtschaft als dynamischen<br />
Wachstumsmarkt in der Hauptstadt<br />
kennzeichnen. Die Hauptstadtregion,<br />
also die in der gemeinsamen Clusterstrategie<br />
vereinten Länder Berlin und Brandenburg,<br />
verfügt neben einer exzellenten Forschungs-<br />
und Hochschullandschaft über<br />
30 pharmazeutische, rund 250 biotechnologische<br />
und 300 medizintechnische Unternehmen.<br />
Dazu gesellen sich rund 130<br />
Kliniken in Berlin und Brandenburg. Insgesamt<br />
sind laut Clustermanagement rund<br />
314.000 Beschäftigte in der Gesundheitswirtschaft<br />
der Hauptstadtregion aktiv.<br />
Foto: BVMed<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT | 35<br />
Nicht nur in Berlin und<br />
Brandenburg, in ganz<br />
Ostdeutschland wächst<br />
die vielfältige Branche,<br />
die neben der klassischen<br />
Gesundheitsversorgung<br />
auch die Unternehmen<br />
der industriellen<br />
Gesundheitswirtschaft,<br />
also der Biotechnologie,<br />
der Pharmaindustrie<br />
oder der Medizintechnik<br />
umfasst, überdurchschnittlich.<br />
In Thüringen<br />
etwa zählt laut den<br />
Wirtschaftsforschern der<br />
WifOR GmbH die Gesundheitswirtschaft<br />
mittlerweile zu den beschäftigungsintensivsten<br />
Wirtschaftsbranchen.<br />
2<strong>01</strong>3 fand jeder<br />
siebte Erwerbsstätige<br />
im Freistaat dort seinen<br />
Arbeitsplatz. Vor allem<br />
die industrielle Gesundheitswirtschaft<br />
spielt<br />
eine zunehmend wichtige<br />
Rolle für die Thüringer<br />
Wirtschaft. Im Jahr<br />
2<strong>01</strong>3 importierte die industrielle<br />
Gesundheitswirtschaft<br />
Waren in Höhe von 160 Millionen<br />
Euro. Im selben Jahr wurde mit rund<br />
900 Millionen Euro mehr als das Fünffache<br />
an Waren exportiert.<br />
Nirgendwo sonst in Ostdeutschland ruhen<br />
die Hoffnungen so sehr auf einer<br />
Expansion der Branche wie in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Zwischen Ostsee<br />
und Müritz arbeiten mehr als 100.000<br />
Beschäftigte im weitesten Sinne in Gesundheitsberufen,<br />
davon rund 70 Prozent<br />
in der stationären, teilstationären und ambulanten<br />
Versorgung. Seit 1990 sind in<br />
Mecklenburg-Vorpommern in die Segmente<br />
der Branche mehr als zwei Milliarden<br />
Euro investiert worden. Der Anteil<br />
der Gesundheitswirtschaft an der Bruttowertschöpfung<br />
im Nordosten beträgt sogar<br />
laut Marktforschungsinstitut WifOR<br />
GmbH rund 14 Prozent und liegt damit<br />
über dem Bundesdurchschnitt.<br />
Kein Wunder, dass sich das Land an der<br />
Küste das Ziel auf die Fahnen geschrieben<br />
hat, zum Gesundheitsland Nummer<br />
eins aufzusteigen. „Die Themenbereiche<br />
Gesundheitstourismus, gesunde Ernährung<br />
und gesundes Altern“, betont der<br />
Wirtschaftsminister des Landes Harry<br />
Glawe, „sind zukünftig entscheidende<br />
Gestaltungsfelder der Gesundheitswirtschaft<br />
in Mecklenburg-Vorpommern“.<br />
Insbesondere in der Verknüpfung seiner<br />
touristischen Betriebe mit den medizinischen<br />
Einrichtungen und Wellness-Angeboten<br />
des Landes liegen die Chancen<br />
im Nordosten. Das Land bietet allerdings<br />
mehr als nur die Aussicht auf Wohlfühlurlaube<br />
zur Gesundheitsprävention. Die<br />
Zahl der Life-Sciences-Unternehmen in<br />
Mecklenburg-Vorpommern etwa verdreifachte<br />
sich seit dem Jahr 2000. Gerade<br />
die Universitäten Rostock und Greifswald<br />
wirken hier als Inkubatoren.<br />
Zu den Leuchttürmen der Gesundheitswirtschaft<br />
in Ostdeutschland zählt auch<br />
der Biotechnologie-Standort Sachsen. Er<br />
entwickelte sich seit dem Start der Biotechnologie-Offensive<br />
des Freistaats im<br />
Jahr 2000 zu einem erfolgreichen Wissenschafts-<br />
und Wirtschaftsstandort und<br />
zählt zu einer der dynamischsten Biotech-<br />
Regionen in Europa. Unternehmen und<br />
Einrichtungen für regenerative Medizin<br />
und Therapie, molekulares Bioengineering,<br />
Bio-Informatik, Nano-Biotechnologie,<br />
Pharmagenetik und Medizintechnik<br />
sind die Schwerpunkte in den zentralen<br />
Standorten Leipzig und Dresden.<br />
Die Biotech-Unternehmenslandschaft<br />
umfasste Mitte 2<strong>01</strong>4 über 65 Biotech-<br />
Unternehmen, zehn Pharma-Unternehmen<br />
und etwa 100 innovative Dienstleister<br />
sowie branchentypische Instrumenten-<br />
und Gerätehersteller. Anziehungspunkte<br />
für das Unternehmenscluster sind<br />
Technologiezentren und Wissenschaftsund<br />
Forschungsinstitute wie die Bio-City<br />
Leipzig, das BioInnovationsZentrum<br />
Dresden, das Zentrum für Regenerative<br />
Therapie Dresden oder das Fraunhofer<br />
Institut für Zelltherapie und Immunologie<br />
in Leipzig.<br />
W+M<br />
Foto: Charité-Universitätsmedizin Berlin<br />
Gerade die industrielle Gesundheitswirtschaft<br />
gilt nicht nur als hoch innovativ und<br />
exportorientiert. Sie erwies sich in den<br />
zurückliegenden Jahren auch als weniger<br />
krisenanfällig als andere Branchen.<br />
Zudem sorgen ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein<br />
in der Bevölkerung und<br />
die Überalterung der Gesellschaft zu einer<br />
verlässlich steigenden Nachfrage<br />
nach Gesundheitsdienstleistungen und<br />
-produkten.<br />
Die Berliner Charité gehört zu den herausragenden Einrichtungen der ostdeutschen<br />
Gesundheitswirtschaft.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
36 | W+M TITEL<br />
Cluster Medizintechnik<br />
Produkte für den Weltmarkt<br />
Über 195.000 Menschen arbeiten<br />
in Deutschland in der Medizintechnik.<br />
Die mittelständische Branche<br />
gilt als exportstark und hoch innovativ.<br />
Auch ostdeutsche Unternehmen zählen<br />
zu den Innovationstreibern.<br />
Der Forschungscampus STIMULATE<br />
an der Otto-von-Guericke-Unversität<br />
(OVGU) in Magdeburg gilt als Leuchtturmprojekt<br />
und zugleich als eines der größten<br />
Forschungsprojekte in Sachsen-Anhalt.<br />
STIMULATE steht für das Solution Centre<br />
for Image Guided Local Therapies. Hier<br />
sollen Ingenieure, Mediziner und Medizintechniker<br />
gemeinsam an Möglichkeiten<br />
für minimalinvasive bildgeführte operative<br />
Eingriffe arbeiten. Verfahren, deren Einsatz<br />
vor allem auf altersbedingte Erkrankungen<br />
wie Krebs, Schlaganfall, Demenz<br />
oder Herzinfarkt abzielt. Das Ziel der Forschung:<br />
die Belastungen für Patienten bei<br />
Operationen zu minimieren und gleichzeitig<br />
die Kosten für solche Eingriffe zu reduzieren.<br />
Aber die Magdeburger hegen noch<br />
weitergehende Pläne: STIMULATE soll<br />
sich mittelfristig zum Deutschen Zentrum<br />
für bildgestützte Medizin entwickeln.<br />
Schließlich hat Sachsen-Anhalt den Bereich<br />
Gesundheit und Medizin zu den<br />
fünf Leitmärkten der Innovationsstrategie<br />
des Landes erkoren. Der Medizintechnik<br />
kommt dabei eine Schlüsselrolle<br />
zu. Sie ist laut Möllring eine Branche, in<br />
der die Unternehmen des Landes Weltspitze<br />
sein können. Auch deshalb wurde<br />
2<strong>01</strong>4 in Sachsen-Anhalt das Cluster Medizintechnik<br />
ins Leben gerufen, das helfen<br />
soll, die Ergebnisse der Forschung<br />
stärker in die Arbeit der kleinen und mittelständischen<br />
Medizintechnik-Unternehmen<br />
im Land einfließen zu lassen.<br />
Auch in der benachbarten Region Berlin-Brandenburg<br />
hat die Medizintechnik<br />
in den letzten Jahren einen kontinuierlichen<br />
Aufschwung genommen. Die Branche<br />
ist zwar auch in der Hauptstadt kleinund<br />
mittelständisch strukturiert, doch finden<br />
sich an der Spree Unternehmen, die<br />
auch weltweit zu den Marktführern gehören.<br />
So beispielsweise die Berlin Heart<br />
GmbH, eine Ausgründung aus dem Deutschen<br />
Herzzentrum Berlin, die weltweit<br />
Kunstherzen, unter anderem auch für<br />
Kinder, exportiert. Im Bereich Orthopädie<br />
hat sich die aap Implantate AG auf<br />
dem Gebiet der Entwicklung innovativer<br />
Knochenersatzmaterialien einen Namen<br />
gemacht. Auch die Eckert & Ziegler Gruppe<br />
produziert für den Weltmarkt. Sie gehört<br />
zu den größten Herstellern von radioaktiven<br />
Komponenten für medizinische,<br />
wissenschaftliche und messtechnische<br />
Zwecke. Insgesamt zählt die Medizintechnik-Sparte<br />
hier rund 300 Unternehmen.<br />
Etwa 11.000 Beschäftigte erarbeiten<br />
in der Hauptstadtregion einen Umsatz<br />
jenseits der Milliardengrenze – Tendenz<br />
steigend.<br />
<br />
Matthias Salm<br />
Den Forschungscampus tragen die ingenieurwissenschaftlichen<br />
Fakultäten und<br />
die Medizinischen Fakultät der OVGU sowie<br />
die Siemens AG Healthcare. Beteiligt<br />
sind über den STIMULATE-Verein aber<br />
auch Partner aus der mittelständischen<br />
Medizintechnikbranche des Landes wie<br />
die Primed Halberstadt Medizintechnik<br />
GmbH, einem Hersteller von Produkten<br />
für die Wunddrainage und für Infusionen,<br />
sowie das Leibniz-Institut für Neurobiologie<br />
in Magdeburg und das ebendort ansässige<br />
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb<br />
und -automatisierung.<br />
Für Sachsen-Anhalts Wissenschaftsund<br />
Wirtschaftsminister Hartmut Möllring<br />
sind beide Projekte „ein echter<br />
Glücksfall für den weiteren Ausbau des<br />
Medizintechnik-Standorts Magdeburg“.<br />
Auch die Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik AG gehört zu den führenden Berliner<br />
Medizintechnikunternehmen.<br />
Foto: Eckert & Ziegler<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT | 37<br />
Impfstoffproduktion bei der IDT Biologika GmbH.<br />
Cluster Pharma<br />
Der Osten holt auf<br />
lauf-Beschwerden und zur Krebsbehandlung<br />
hergestellt werden. Die Berlin-Chemie<br />
AG baut seinen Standort in Adlershof<br />
mit Investitionen in Höhe von 80 Millionen<br />
Euro kräftig aus.<br />
Fotos: IDT Biologika (oben), svich/fotolia.com (unten)<br />
Auch wenn die Stammsitze der<br />
großen deutschen Pharmakonzerne<br />
in Hessen, Baden-Württemberg<br />
oder Nordrhein-Westfalen beheimatet<br />
sind, haben die ostdeutschen<br />
Pharma-Standorte in den zurückliegenden<br />
Jahren eine positive Entwicklung genommen.<br />
Zwar gelten Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Brandenburg und Thüringen<br />
nach Berechnungen des Kölner Instituts<br />
der Deutschen Wirtschaft als die kleinsten<br />
Pharmastandorte Deutschlands. Dennoch<br />
legte die pharmazeutische Industrie<br />
in diesen Bundesländern zuletzt überdurchschnittlich<br />
zu. Die Schwerpunkte<br />
der ostdeutschen Pharmaproduktion liegen<br />
allerdings mit rund 9.000 Beschäftigten<br />
in Berlin beziehungsweise 4.500<br />
in Sachsen-Anhalt (2<strong>01</strong>3).<br />
Auch wenn Mecklenburg-Vorpommern<br />
kaum über Tradition in der Herstellung<br />
von Medikamenten verfügt, hat hier<br />
doch eines der erfolgreichsten ostdeutschen<br />
Pharma-Unternehmen seinen Sitz:<br />
die RIEMSER Pharma GmbH mit Sitz in<br />
Greifswald. Das international agierende<br />
Spezialpharmazeutika-Unternehmen hat<br />
sich auf Arzneimittel für komplexe Krankheiten<br />
spezialisiert.<br />
Etwa 13 Prozent der deutschen Pharmaproduktion<br />
stammen aus Berlin, das laut einer<br />
Erhebung des Instituts der Deutschen<br />
Wirtschaft im Jahr 2<strong>01</strong>2 zu den größten<br />
pharmazeutischen Produktionsstandorten<br />
Deutschlands gehört. Jeder zwölfte<br />
Pharmabeschäftigte hierzulande arbeitet<br />
in der Hauptstadt. Mit über 650.000 Euro<br />
Umsatz je Mitarbeiter zählt die Branche zu<br />
den wichtigsten Stützpfeilern des industriellen<br />
Sektors Berlins.<br />
Bayer HealthCare Pharmaceuticals beispielsweise<br />
blickt auf eine lange Tradition<br />
an der Spree zurück. Die Firma gehört<br />
zu den zehn größten Spezial-Pharmaunternehmen<br />
weltweit. Die Pharmasparte von<br />
Bayer beschäftigt rund 4.400 Mitarbeiter<br />
in Berlin, hauptsächlich in Forschung und<br />
Entwicklung. Ebenfalls in der Hauptstadt<br />
angesiedelt sind die Bereiche Marketing<br />
und Vertrieb der Sanofi-Aventis Deutschland<br />
GmbH mit rund 1.100 Mitarbeitern.<br />
2<strong>01</strong>2 verlegte der japanische Pharmakonzern<br />
Takeda seine Vertriebszentrale nach<br />
Berlin. Gegenwärtig investiert das Unternehmen<br />
rund 100 Millionen Euro in seine<br />
Produktionsstätte in Oranienburg im Norden<br />
Berlins, in der Medikamente gegen<br />
Stoffwechselerkrankungen, Herz-Kreis-<br />
In Sachsen-Anhalt produzieren rund 40 Firmen<br />
mit einer Herstellererlaubnis für Arzneimittel,<br />
in denen circa 4.500 Beschäftigte<br />
tätig sind. Dazu zählen Zweigwerke<br />
der großen Pharmahersteller wie die Bayer<br />
Bitterfeld GmbH, die bereits vor 20 Jahren<br />
ihre Produktion am traditionsreichen<br />
Chemie-Standort Bitterfeld aufnahm, oder<br />
die Werke der zur Novartis-Gruppe gehörenden<br />
Salutas Pharma GmbH in Barleben<br />
und Osterweddingen.<br />
Aber auch die mittelständische Pharmaindustrie<br />
des Landes expandiert. So zum<br />
Beispiel die Dessauer IDT Biologika GmbH,<br />
die biotechnologisch hergestellte Impfstoffe<br />
und Pharmazeutika vertreibt. Beim Unternehmen<br />
sind derzeit rund 1.500 Mitarbeiter<br />
beschäftigt, in Ostdeutschland<br />
an den Standorten im BioPharmaPark in<br />
Dessau-Roßlau und im Greifswalder Ortsteil<br />
Riems. Die Heppe Medical Chitosan<br />
GmbH aus Halle gehört zu den Weltmarktführern<br />
für hochreines Chitin, pharmazeutische<br />
Chitosane und Chitosanderivate. In<br />
über 60 Länder exportiert die Serumwerk<br />
Bernburg AG ihre Arzneimittel für die Human-<br />
und Veterinärmedizin.<br />
<br />
Matthias Salm<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
38 | W+M TITEL GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />
Leuchtturm: Bavaria Klinik Kreischa<br />
Für ein mobiles Leben nach der Intensivstation<br />
Dank der modernen Medizin überleben<br />
Menschen heute auch Schlaganfall,<br />
Herzinfarkt oder schwere<br />
Unfälle, sofern sie schnell gerettet und in<br />
einem Krankenhaus behandelt werden.<br />
Doch danach sind sie nicht selten das,<br />
was Ärzte „chronisch-kritisch Kranke“<br />
nennen. Sie gelten auf besondere Weise<br />
als überwachungs- und pflegeabhängig.<br />
Das beginnt meist auf einer Intensivstation,<br />
wo „durch die Behandlung in bedrohlichen<br />
Situationen grundlegende Lebensfunktionen<br />
temporär ersetzt oder unterstützt<br />
werden, um dem Patienten so die<br />
notwendige Zeit zur Heilung geben“, sagt<br />
der Internist und Kardiologe Prof. Dr. med.<br />
Frank Oehmichen.<br />
Doch der 50-jährige Spezialist für Langzeitbeatmung<br />
und Beatmungsentwöhnung,<br />
der seit vielen Jahren als Chefarzt an der<br />
Klinik Bavaria in Kreischa<br />
bei Dresden wirkt,<br />
kennt auch die Kehrseite<br />
dieses Prozesses:<br />
Medizinische Trainingstherapie im Zentrum<br />
für Querschnittsgelähmte der Bavaria Klinik<br />
Kreischa.<br />
Indem die Intensivmedizin die Chance zur<br />
Heilung oder zur Lebensverlängerung mit<br />
chronischer Krankheit schafft, birgt sie<br />
auch das Risiko einer Langzeitabhängigkeit<br />
von lebenserhalten Technologien. Vor<br />
eben diesem Hintergrund besitzt die Rehabilitation<br />
von Patienten mit schwersten<br />
Erkrankungen einen „entsprechend hohen<br />
Stellenwert bei uns“, so Dr. Kathleen Balle,<br />
Sprecherin der Klinik, die mit rund 3.000<br />
Beschäftigten zugleich der größte Arbeitgeber<br />
im Landkreis Sächsische Schweiz-<br />
Osterzgebirge ist. „Alle unsere Behandlungen<br />
haben das Ziel, für den Patienten ein<br />
individuelles Maximum an Unabhängigkeit,<br />
die Reintegration in die Gesellschaft und<br />
eine optimale gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />
zu erreichen“, sagt sie.<br />
Nachdem es also gelungen sei, den Patienten<br />
zu retten, müssten auch „die Folgen<br />
und mögliche Begleiterkrankungen behandelt“<br />
werden. Mithin sei es integraler Bestandteil<br />
zeitgemäßer Intensivtherapie,<br />
den Patienten „möglichst schnell wieder<br />
zu mobilisieren“, ihn in die Rehabilitation<br />
zu kriegen und „alle Möglichkeiten auszuschöpfen,<br />
eine Pflegebedürftigkeit auf<br />
das Minimum zu beschränken“. Dazu gehöre<br />
es, die Betroffenen zügig von Beatmung,<br />
Dialyse oder Antibiotika zu entwöhnen.<br />
Der Patient solle also „nicht nur überleben“,<br />
lautet ein Credo der Klinik. Hierfür<br />
setzen im Zentrum für Intensivmedizin und<br />
Beatmungsentwöhnung Ärzte verschiedener<br />
Fachdisziplinen zusammen mit dem<br />
Pflegepersonal sowie Physio- und Ergotherapeuten<br />
auf eine frühzeitige Mobilisierung<br />
und Aktivierung der Patienten.<br />
Um sich künftig noch stärker auf die Behandlung<br />
dieser schwerkranken und zumeist<br />
beatmeten Patienten zu spezialisieren,<br />
baut die Bavaria Klinik in Kreischa<br />
derzeit ihre Fachabteilung für chronischkritisch<br />
Kranke sowie die Intensivstation<br />
der Kinderklinik im Kreischaer Ortsteil<br />
Zscheckwitz aus. Laut Dr. Balle suche<br />
man hierfür noch gut qualifiziertes Personal,<br />
will insgesamt 300 Mitarbeiter zusätzlich<br />
einstellen. Bereits heute sei übrigens<br />
die Klinik II in Kreischa, in der Patienten<br />
behandelt werden, die an lang anhaltenden<br />
und lebensbedrohlichen Krankheiten<br />
leiden, die größte ihrer Art in Deutschland,<br />
betont sie.<br />
Insgesamt bietet das Fachkrankenhaus<br />
in Kreischa, das seit Jahren auf Patienten<br />
spezialisiert ist, die eine Langzeitintensivtherapie<br />
benötigen und bereits länger<br />
als 14 Tage im primär versorgenden Akutkrankenhaus<br />
auf der Intensivstation liegen,<br />
Platz für über 1.000 Patienten.<br />
<br />
Bavaria Klinik Kreischa.<br />
Harald Lachmann<br />
Fotos: Bavaria Klinik<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
Das Unfallkrankenhaus Berlin.<br />
Leuchtturm: Unfallkrankenhaus Berlin<br />
Alltag mit Notfällen<br />
Fotos: Unfallkrankenhaus Berlin<br />
Das Unfallkrankenhaus Berlin (ukb)<br />
ist ein hoch spezialisiertes klinisches<br />
Zentrum zur Behandlung<br />
Schwerkranker und zur Rettung und Rehabilitation<br />
Schwerverletzter aus dem<br />
gesamten Bundesgebiet. Patienten aller<br />
Krankenversicherungen erhalten hier<br />
eine umfassende Versorgung und Betreuung<br />
bis zur Rückkehr in den Alltag. In<br />
Spezialdisziplinen, wie der Therapie von<br />
Brand-, Rückenmark- und Handverletzungen,<br />
belegt das 1997 eröffnete akademische<br />
Lehrkrankenhaus der Charité-Universitätsmedizin<br />
Berlin international eine<br />
Spitzenposition. Gemeinnütziger Träger<br />
des ukb ist der Berufsgenossenschaftliche<br />
Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung.<br />
Rund 100.000 Patienten werden pro Jahr<br />
von den Ärzten, Krankenschwestern und<br />
Pflegern behandelt. Davon durchlaufen<br />
mehr als 60.000 Patienten Deutschlands<br />
größte und modernste Rettungsstelle an<br />
der Warener Straße im Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf.<br />
Gut 1.200 Mal im Jahr landen Hubschrauber<br />
auf dem Dach des ukb-Hauptgebäudes.<br />
Sie bringen schwerstverletzte Menschen,<br />
für die es wohl nur noch im ukb<br />
eine Chance auf Lebensrettung und anschließende<br />
Genesung gibt. 15 Operationssäle<br />
und 69 Betten auf der Intensivstation<br />
stehen zur Verfügung, um<br />
den täglichen Kampf gegen den Unfalltod<br />
möglichst oft zu gewinnen.<br />
„Vater“ des ukb ist Professor Axel Ekkernkamp.<br />
Der renommierte Unfallmediziner<br />
und bestens vernetzte Gesundheitsmanager<br />
gründete Berlins modernstes<br />
Krankenhaus vor 18 Jahren und ist seither<br />
Vordenker und Chef von 1.600 Mitarbeitern.<br />
Zum wichtigsten Alleinstellungsmerkmal<br />
seiner Klinik sagt er: „In normalen<br />
Krankenhäusern stören Notfälle den<br />
eigentlichen Tagesablauf mit langfristig<br />
geplanten Operationen und Behandlungen.<br />
Bei uns sind Notfälle der Normalfall,<br />
wir sind darauf professionell eingestellt.<br />
Wir verfügen jederzeit über die aktuellsten<br />
medizinischen Geräte und Instrumente<br />
und eine bestens qualifizierte<br />
Ärzteschaft.“<br />
Das ukb ist darüber hinaus in der Lage,<br />
nahezu alle medizinischen Herausforderungen<br />
anzugehen und zu behandeln.<br />
25 Fachbereiche und Abteilungen – von<br />
der Allgemeinmedizin über die Radiologie<br />
und Urologie bis hin zur Sportmedizin<br />
sowie 20 Stationen mit weiteren 480<br />
Betten stehen zur Verfügung.<br />
Die Leistungsfähigkeit des ukb in vielen<br />
medizinischen Disziplinen hat sich längst<br />
auch im Ausland herumgesprochen. Axel<br />
Ekkernkamp: „Wir haben einen enormen<br />
Zulauf von Patienten aus der arabischen<br />
Welt und Russland.“ Um künftig die häufig<br />
prominenten Patienten – Spitzenpolitiker,<br />
Wirtschaftskapitäne und Mitglieder<br />
von Herrscherhäusern – noch individueller<br />
betreuen zu können, wird derzeit<br />
eine neue Komfortstation errichtet, die<br />
Hotelcharakter hat und zudem höchsten<br />
Sicherheitsanforderungen genügt.<br />
Axel Ekkernkamp und sein Team arbeiten<br />
bereits heute an der Zukunft des Unfallkrankenhauses.<br />
Vor kurzem erst wurde<br />
auf dem Gelände des ukb eine Poliklinik<br />
mit niedergelassenen Ärzten eröffnet. In<br />
Planung befindet sich eine Rehabilitationsklinik<br />
mit 150 Betten, eine Akutgeriatrie<br />
sowie ein Smart-Living-Musterhaus,<br />
das die Möglichkeiten selbstbestimmten<br />
Lebens in den eigenen vier Wänden nach<br />
schweren Verletzungen oder im hohen<br />
Alter aufzeigen wird. Professor Ekkernkamp:<br />
„Wir sind ständig auf der Suche<br />
nach Innovationen – nicht aber nach Utopien.<br />
Auch in den Bereichen Informationstechnologie,<br />
Digitalisierung, Big Data<br />
und Telemedizin wollen wir unsere Vorreiterrolle<br />
behalten und ausbauen.“<br />
<br />
Professor Axel Ekkernkamp.<br />
Karsten Hintzmann<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
40 | W+M TITEL<br />
„Die Gesundheitsbranche ist eine<br />
Säule unseres Aufschwungs“<br />
W+M-Interview mit Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU)<br />
W+M: Herr Senator, wie ist die Gesundheitswirtschaft<br />
in Berlin aktuell aufgestellt?<br />
Mario Czaja: Die Gesundheitsbranche<br />
ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige<br />
Berlins. Ohne Übertreibung kann man<br />
sagen – sie ist eine Säule unseres Aufschwungs.<br />
In der Stadt sind rund 207.000<br />
Menschen in der Gesundheitswirtschaft<br />
beschäftigt und Prognosen gehen von<br />
einem weiteren überdurchschnittlichen<br />
Wachstum aus. Es gibt etwa 13.000 Unternehmen<br />
ganz unterschiedlicher Größe,<br />
die zusammen über 17,2 Milliarden Euro<br />
generieren. Unser erklärtes Ziel ist es, die<br />
Region Berlin-Brandenburg zum deutschlandweit<br />
führenden Standort der Gesundheitswirtschaft<br />
zu profilieren.<br />
W+M: Haben Sie eine Erklärung dafür,<br />
weshalb sich die Gesundheitsbranche<br />
ausgerechnet in Berlin so stark entwickelt<br />
hat?<br />
Mario Czaja: Zum einen knüpft Berlin<br />
an großartige Traditionen an. Ich nenne<br />
hier stellvertretend Robert Koch, Emil<br />
von Behring, Rudolf Virchow und Wilhelm<br />
Röntgen, die überragende medizinische<br />
Leistungen vollbracht haben. Dazu<br />
kommt, dass unsere Stadt einzigartige<br />
Voraussetzungen für die Gesundheitswirtschaft<br />
bietet. Wir haben eine hohe<br />
Konzentration großer Forschungseinrichtungen<br />
und Universitäten, erstklassige<br />
Einrichtungen der Gesundheitsversorgung,<br />
in denen Spitzenmedizin praktiziert<br />
wird, sowie hoch innovative Unternehmen<br />
in der Life-Sciences-Branche<br />
und der Medizintechnik. All diese Bereiche<br />
sind bestens vernetzt und ziehen<br />
daraus erhebliche Synergien. Lassen<br />
Sie mich hier noch einen Punkt nennen:<br />
Neben der traditionsreichen Charité, um<br />
die man uns in aller Welt beneidet, gibt<br />
es sieben Technologieparks mit Schwerpunkt<br />
in den Lebenswissenschaften, vier<br />
Max-Planck-Institute, zwei Fraunhofer-Institute,<br />
zwei Leibniz-Institute und zwei<br />
Helmholtz-Zentren. Diese Vielfalt ermöglicht<br />
die schnelle Übertragung von Forschungsergebnissen<br />
in Produkte und<br />
Verfahren und – umgekehrt – die Umsetzung<br />
von Erkenntnissen der klinischen<br />
Medizin in die Grundlagenforschung.<br />
W+M: Ist Berlin mit knapp 100 Kliniken<br />
für 3,5 Millionen Menschen nicht überversorgt?<br />
Mario Czaja: In Deutschland gab es vor<br />
der Wiedervereinigung 600.000 Klinikbetten,<br />
in Berlin waren es 40.000. Damals<br />
gab es eine deutliche stationäre<br />
Überversorgung. In den vergangenen 25<br />
Jahren hat man im gesamten Land über<br />
100.000 Betten abgebaut, davon allein in<br />
Berlin 20.000. Zum 1. Januar 2<strong>01</strong>5 hatten<br />
wir in Berlin 96 Krankenhäuser mit einer<br />
Gesamtkapazität von 22.526 Betten. Damit<br />
ist Berlin keineswegs überversorgt,<br />
sondern gehört im Bundesvergleich zu<br />
den Ländern mit der niedrigsten Krankenhausbettendichte.<br />
Angesichts der<br />
rasch wachsenden Bevölkerung planen<br />
wir jetzt erstmals wieder einen moderaten<br />
Aufwuchs von Krankenhausbetten in<br />
der Stadt.<br />
W+M: Welche Rolle spielen betuchte<br />
ausländische Patienten, die sich in Spezialkliniken<br />
behandeln lassen?<br />
Mario Czaja: Unsere Krankenhäuser genießen<br />
international einen exzellenten Ruf.<br />
Die Tourismusfördergesellschaft „Visit<br />
Berlin“ hat ermittelt, dass sich im vergangenen<br />
Jahr mehr als 11.000 Patienten aus<br />
dem Ausland in den großen Berliner Krankenhäusern<br />
behandeln ließen. Das ist ein<br />
Anstieg von 3,5 Prozent gegenüber 2<strong>01</strong>3<br />
und setzt den positiven Trend in diesem<br />
Segment fort. Natürlich ist die Zahl der<br />
ausländischen Patienten gering, gemessen<br />
an den Behandlungsfällen, aber die<br />
Bedeutung für die Stadt ist nicht zu unterschätzen,<br />
da häufig aufwendige Therapien<br />
erforderlich sind, die dazu führen, dass<br />
sich nicht nur die Patienten, sondern auch<br />
die sie begleitenden Familienangehörigen<br />
eine geraume Zeit in Berlin aufhalten.<br />
W+M: Berlin verfügt mit der Charité, dem<br />
Deutschen Herzzentrum, dem Max-Delbrück-Centrum<br />
und dem Unfallkrankenhaus<br />
über international bekannte Leuchttürme.<br />
Wirkt sich deren Präsenz in Berlin<br />
auf die mittelständischen Unternehmen<br />
der Gesundheitswirtschaft aus?<br />
Mario Czaja: Eindeutig ja. Neben vielfältigen<br />
Kooperationen bei der Erbringung<br />
von Dienstleistungen, bilden sich<br />
auch immer wieder gemeinsame Unter-<br />
Foto: W+M<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
GESUNDHEITSWIRTSCHAFT | 41<br />
nehmen. Da kommen Start-ups mit etablierten<br />
Kliniken zusammen und profitieren<br />
vom Renommee unserer Leuchttürme.<br />
Die Firma Biotronic etwa ist so ein<br />
Start-up, das mit dem Deutschen Herzzentrum<br />
kooperiert und eine neue Generation<br />
künstlicher Herzklappen entwickelt<br />
hat.<br />
W+M: Wie geht eine Metropole wie Berlin<br />
mit den zu erwartenden Folgen der<br />
demografischen Entwicklung um? Sind<br />
Sie darauf eingestellt, dass künftig viel<br />
mehr Menschen pflegebedürftig sein<br />
werden?<br />
Mario Czaja: In Berlin wird sich die Zahl<br />
der 80-Jährigen und Älteren bis zum Jahr<br />
2030 voraussichtlich nahezu verdoppeln:<br />
von derzeit 140.000 auf 270.000. Auch<br />
wenn Alter nicht automatisch mit Pflegebedürftigkeit<br />
einhergeht, muss Berlin<br />
sich darauf einstellen, dass die Zahl der<br />
Pflegebedürftigen steigt. Für mich ist das<br />
aber nicht allein eine Frage der quantitativen<br />
Sicherstellung. Viel entscheidender<br />
ist, was wir für die qualitative Verbesserung<br />
der Versorgung tun können. Deshalb<br />
habe ich das Projekt „80plus“ aufgelegt.<br />
Dort werden konkrete Lösungsansätze<br />
entwickelt. Ein zentraler Punkt<br />
dabei: Alte Menschen werden nicht als<br />
Betroffene, sondern als Experten in eigener<br />
Sache betrachtet. Wir wollen<br />
diese Expertise nutzen, wenn es<br />
darum geht, die Schnittstellen<br />
zwischen den Versorgungssegmenten<br />
zu<br />
minimieren. Wir müssen Rehabilitationspotenziale<br />
erkennen und heben, wo sie<br />
vorhanden sind, um Pflegebedürftigkeit<br />
zu verhindern oder zumindest zu verzögern.<br />
W+M: Qualifiziertes Personal in der Gesundheitswirtschaft<br />
ist in vielen Regionen<br />
Deutschlands heute schon schwer<br />
zu bekommen. Sorgt sich das Land Berlin<br />
ausreichend um seinen medizinischen<br />
Nachwuchs?<br />
ZUR PERSON<br />
Mario Czaja wurde am 21. September<br />
1975 in Berlin geboren. Der studierte<br />
Diplom-Betriebswirt arbeitete von 2002<br />
bis 2<strong>01</strong>1 für das Dienstleistungsunternehmen<br />
Gegenbauer. Seit 1999 ist der<br />
CDU-Politiker Mitglied des Berliner<br />
Abgeordnetenhauses. Er ist der einzige<br />
Christdemokrat aus dem Ostteil der<br />
Stadt, dem es gelang, seinen Wahlkreis<br />
drei Mal direkt zu gewinnen. Von 20<strong>01</strong><br />
bis 2<strong>01</strong>1 war Czaja gesundheitspolitischer<br />
Sprecher, später dann Parlamentarischer<br />
Geschäftsführer und stellvertretender<br />
Fraktionschef. Am 1. Dezember<br />
2<strong>01</strong>1 wurde Czaja zum Senator für<br />
Gesundheit und Soziales berufen. Er ist<br />
verheiratet und Vater einer Tochter.<br />
Mario Czaja: Berlin unternimmt seit Jahren<br />
große Anstrengungen zur Heranbildung<br />
von Nachwuchs in den Gesundheitsberufen:<br />
An den Universitäten und<br />
in den Einrichtungen des Gesundheitswesens<br />
wird in großem Umfang für die<br />
akademischen und nichtakademischen<br />
Berufe im Gesundheitswesen ausgebildet.<br />
Gerade für die künftige Absicherung<br />
des Fachkräftebedarfs in den Pflegeberufen<br />
sind jedoch weitere Aktivitäten erforderlich.<br />
Die Fachkräfte, die sich derzeit<br />
in einer Ausbildung befinden, reichen<br />
nicht aus. Hier brauchen wir sowohl eine<br />
zahlenmäßige Aufstockung als auch qualitative<br />
Verbesserungen. Um den Aufgaben,<br />
die vor uns liegen, gerecht werden<br />
zu können, müssen zehn bis 20 Prozent<br />
der Pflegeberufe akademisiert werden.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
Berlins Gesundheits- und Sozialsenator<br />
Mario Czaja im W+M-Gespräch.<br />
Foto: W+M
42 | W+M RATGEBER<br />
schutzhelfer wissen,<br />
was sie im Notfall zu<br />
tun haben. Wichtig<br />
ist es, einen möglichst<br />
sicheren Ort<br />
auszuwählen. Kerzen<br />
und elektrische<br />
Lichtquellen<br />
sollten nicht neben<br />
schnell brennbaren<br />
Stoffen stehen.<br />
Außerdem gilt<br />
es, die „richtigen“<br />
Feuerlöscher auszuwählen<br />
und in der<br />
Nähe aufzustellen.<br />
Ein Wassereimer ersetzt<br />
beispielsweise<br />
keinen Feuerlöscher.<br />
Außerdem bieten die<br />
etwas teureren Schaumlöscher<br />
Vorteile gegenüber<br />
den günstigeren Pulverlöschern.<br />
Beiräte in<br />
Familienunternehmen<br />
Die Mitglieder eines Beirats sollten nach<br />
den Bedürfnissen des Unternehmens<br />
ausgewählt werden. Rechtlich notwendig<br />
ist, dass das Gremium als Ganzes<br />
alle geforderten fachlichen Qualifikationen<br />
abdeckt. Davon abgesehen sind<br />
Fachwissen und ein gefestigter Charakter<br />
hier von großer Bedeutung. Den Mitgliedern<br />
des Beirats des Familienunternehmens<br />
muss der Unternehmenserfolg<br />
an oberster Stelle stehen. Mitglieder,<br />
die nicht aus der Familie stammen,<br />
haben dabei den Vorteil der Unabhängigkeit.<br />
Sie unterliegen nicht den Familienzwängen<br />
und sind mittel- und langfristig<br />
am Erfolg des Unternehmens interessiert.<br />
Auch sollte die Frauenquote im<br />
Beirat berücksichtigt werden. Eine ausgewogene<br />
Mischung in Bezug auf Geschlecht,<br />
Alter, Branche und Kompetenz<br />
sowie aus Familienmitgliedern und externen<br />
Beratern ist ratsam.<br />
Advent, Advent,<br />
die Firma brennt!<br />
Gerade in der Weihnachtszeit ist Brandschutz<br />
ein Thema. Nach Kerzen sind<br />
elektrische Leuchtmittel die häufigste Ursache<br />
für Brände. Defekte Geräte oder<br />
eine unbeachtete Kerze können schwere<br />
Folgen haben. 70 Prozent aller von einem<br />
Brand betroffenen Betriebe erholen sich<br />
von den Schäden nie und sind im Laufe<br />
eines Jahres insolvent. Grundsätzlich<br />
gibt es in Deutschland keine Vorschrift,<br />
die Kerzen oder einen Weihnachtsbaum<br />
im Büro verbietet. Wenn aber Unternehmen<br />
Weihnachtsbeleuchtung aufstellen,<br />
ist der Brandschutz unbedingt zu beachten.<br />
Der Brandschutzbeauftragte des<br />
Unternehmens sollte sich genau ansehen,<br />
wo Lampen und Kerzen zum Einsatz<br />
kommen und Vorsichtsmaßnahmen<br />
treffen: Die Mitarbeiter müssen über<br />
Fluchtwege informiert sein und Brand-<br />
Jahresabschlussfrist<br />
nicht versäumen<br />
Bestimmte Unternehmen, insbesondere<br />
Kapitalgesellschaften sowie Personenhandelsgesellschaften<br />
ohne eine natürliche<br />
Person als persönlich haftenden Gesellschafter<br />
(zum Beispiel GmbH & Co.<br />
KG), sind verpflichtet, regelmäßig ihre<br />
Jahresabschlüsse offenzulegen. Auch<br />
Emittenten von Vermögensanlagen unabhängig<br />
ihrer Rechtsform (also zum Beispiel<br />
auch Einzelkaufleute) sind nun offenlegungspflichtig.<br />
Die Jahresabschlussunterlagen<br />
für ein<br />
am 31. Dezember 2<strong>01</strong>4 endendes<br />
Bilanzgeschäftsjahr<br />
müssen bis spätestens Ende<br />
2<strong>01</strong>5 elektronisch beim Bundesanzeiger<br />
eingereicht werden.<br />
Kleinstunternehmen, die<br />
zwei der drei Schwellenwerte<br />
(350.000 Euro Bilanzsumme,<br />
700.000 Euro Umsatzerlöse,<br />
zehn Arbeitnehmer) nicht<br />
überschreiten, brauchen nur<br />
ihre Bilanz einzureichen.<br />
Passwörter: Tipps<br />
gegen das Vergessen<br />
Um für die Nutzung von Online-Diensten<br />
eine möglichst hohe Sicherheit zu gewährleisten,<br />
sollte für jeden Dienst ein eigenes<br />
Passwort genutzt werden. Alternativ<br />
kann man auch ein „Grundpasswort“<br />
nutzen und dieses für jeden Dienst anpassen.<br />
Ein sicheres Passwort besteht aus<br />
mindestens acht Zeichen und einer zu-<br />
Fotos: Timo Klostermeier/pixelio.de (oben), Tim Reckmann/pixelio.de (unten), Quellen: www.business-wissen.de, WENZA EWIV, www.dashoefer.de<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
MANAGEMENT | 43<br />
fällig zusammengewürfelten Reihenfolge<br />
aus Groß- und Kleinbuchstaben sowie<br />
Zahlen und Sonderzeichen. Hierfür<br />
kann man beispielsweise Passwörter erstellen,<br />
die aus Anfangsbuchstaben eines<br />
ausgedachten Satzes bestehen, zum<br />
Beispiel: „Mein Verein gewann das entscheidende<br />
Spiel mit 3 zu 2!“ Als Passwort<br />
„MVgdeSm3z2!“ Eine Alternative<br />
wäre das Nutzen eines Passwort-Managers,<br />
welcher bei Bedarf zufallsgenerierte<br />
Passwörter erstellt und diese in einer verschlüsselten<br />
Datenbank speichert, die mit<br />
einem Master-Passwort geschützt wird.<br />
Vier Tipps zur<br />
Mitarbeitermotivation<br />
1. Wertschätzung<br />
Studie zur Vergütung<br />
von Geschäftsführern<br />
Deutsche Unternehmen erhöhen laut einer<br />
Kienbaum-Studie aus 2<strong>01</strong>5 die Gehälter<br />
ihrer Spezialisten stärker als die ihrer<br />
Führungskräfte. Spezialisten verdienen<br />
durchschnittlich 3,8 Prozent mehr<br />
als im Vorjahr, während die Gehälter der<br />
Führungskräfte um circa 3,6 Prozent und<br />
der Geschäftsführer um durchschnittlich<br />
drei Prozent stiegen. Je nach Branche unterscheidet<br />
sich der Verdienst von Führungs-<br />
und Fachkräften. Die übergroße<br />
Mehrheit der Mitarbeiter in deutschen<br />
Unternehmen erhält zudem einen Bonus.<br />
Im Schnitt beziehen 95 Prozent der Geschäftsführer,<br />
84 Prozent der Führungskräfte<br />
und 68 Prozent der Spezialisten einen<br />
Teil ihres Jahresgehalts als variable<br />
Vergütung. Die Höhe der Boni sind jedoch<br />
in den untersuchten Positionen sehr unterschiedlich.<br />
Machen Sie sich bewusst, dass Sie<br />
Ihre Mitarbeiter eingestellt haben, weil<br />
Sie die Aufgaben nicht allein bewältigen<br />
können. Wertschätzen Sie als<br />
Führungskraft Ihren Mitarbeiter auch,<br />
wenn er mal nicht die gewünschte<br />
Leistung erbringt. Beobachten und<br />
reflektieren Sie Ihr Verhalten. Gerade<br />
in Konflikt und Stresssituationen ist<br />
ein wertschätzender Umgang wichtig.<br />
2. Lob und Feedback<br />
Es kommt nicht auf große Lobeshymnen<br />
an. Kleine Nebensätze wie „Gut<br />
gemacht.“ oder „Super Idee!“ sind<br />
entscheidend. Feedback sollte ausführlich<br />
und strukturiert sein, Stärken<br />
und Schwächen deutlich machen und<br />
Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen.<br />
3. Klare Ziele und Erwartungen<br />
Klären Sie regelmäßig mit Ihren Mitarbeitern<br />
deren Aufgaben und die dabei<br />
zu erreichenden Ziele, damit Ihre<br />
Mitarbeiter eigenständig arbeiten und<br />
Sie als Führungskraft entlasten können.<br />
Die Frage „Alles klar?“ nach dem<br />
Delegieren einer Aufgabe ist oft nicht<br />
ausreichend.<br />
4. Wechselseitiges Vertrauen<br />
Quellen: www.business-wissen.de, www.dashoefer.de<br />
Beschäftigung von<br />
Asylbewerbern<br />
Im Oktober 2<strong>01</strong>5 wurden gesetzliche<br />
Änderungen verabschiedet, die Asylbewerbern<br />
und Geduldeten einen leichteren<br />
Zugang zur Zeitarbeit ermöglichen.<br />
Nach einer Wartezeit von 15 Monaten<br />
(in sogenannten Mangelberufen bereits<br />
nach drei Monaten) können Asylbewerber<br />
und Geduldete bei einem Zeitarbeitsunternehmen<br />
beschäftigt werden,<br />
da die Vorrangprüfung der Bundesagentur<br />
für Arbeit nach Ablauf der vorgenannten<br />
Wartezeiten entfällt. Die Personaldienstleistungsbranche<br />
bietet bereits<br />
mit Sprach- und Integrationskursen unterstützte<br />
Einstiegsmöglichkeiten auf<br />
dem deutschen Arbeitsmarkt an.<br />
Reflektieren Sie, ob Sie eher gern Vertrauen<br />
schenken oder andere Menschen<br />
und ihr Handeln kritisch betrachten.<br />
Als Führungskraft sollte Ihre<br />
Grundhaltung sein: „Ich traue Ihnen<br />
so lange, bis Sie mich vom Gegenteil<br />
überzeugen.“ Sollte das Vertrauensverhältnis<br />
zu Mitarbeitern gestört sein,<br />
sprechen Sie mit ihnen in einem Vier-<br />
Augen-Gespräch über die Qualität der<br />
Zusammenarbeit und klären Sie wechselseitige<br />
Erwartungen.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
44 | W+M RATGEBER<br />
Urteile für<br />
Unternehmer<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> hat wichtige Urteile<br />
für Sie zusammengestellt<br />
ARBEITSRECHT<br />
Praktikum muss nicht an Probezeit<br />
angerechnet werden<br />
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden,<br />
dass ein der Berufsausbildung<br />
vorausgehendes Praktikum nicht auf die<br />
Probezeit angerechnet werden muss, da<br />
die reguläre Probezeit zum Beginn des<br />
Berufsausbildungsverhältnisses gemäß<br />
§ 20 Satz 1 des Berufsbildungsgesetzes<br />
(BBiG) zwingend ist.<br />
Der Kläger bewarb sich im Frühjahr 2<strong>01</strong>3<br />
bei dem Beklagten um eine Ausbildung.<br />
Der Beklagte versprach ihm die Aufnahme<br />
der Ausbildung zum 1. August 2<strong>01</strong>3.<br />
Zur Überbrückung schlossen die Parteien<br />
einen Praktikumsvertrag mit einer Laufzeit<br />
bis zum 31. Juli 2<strong>01</strong>3. Nach dem gesonderten<br />
Berufsausbildungsvertrag begann<br />
anschließend die Ausbildung mit einer<br />
Probezeit von drei Monaten. Mit Schreiben<br />
vom 29. Oktober 2<strong>01</strong>3, welches<br />
dem Kläger an diesem Tag zuging, kündigte<br />
der Beklagte das Berufsausbildungsverhältnis<br />
zum selben Tag. Die Vorinstanzen<br />
wiesen die Klage des Auszubildenden<br />
ab, die Revision hatte vor dem Bundesarbeitsgericht<br />
keinen Erfolg. Das Berufsausbildungsverhältnis<br />
sei während der Probezeit<br />
rechtmäßig gekündigt worden, die Tätigkeit<br />
des Klägers im Praktikum ist nicht<br />
zu berücksichtigen. Beide Vertragspartner<br />
sollen mit der im BBiG zwingend angeordneten<br />
Probezeit ausreichend Gelegenheit<br />
haben, die für die Ausbildung im konkreten<br />
Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände<br />
eingehend zu prüfen.<br />
BAG, 6 AZR 844/14<br />
STEUERRECHT<br />
Gewerbesteuer ist keine<br />
Betriebsausgabe<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden,<br />
dass das Verbot, die Gewerbesteuerlast<br />
bei der Ermittlung des Gewinns einer<br />
Personengesellschaft zu berücksichtigen,<br />
mit dem Grundgesetz vereinbar ist.<br />
Die mit dem Abzugsverbot verbundene<br />
Einschränkung des sogenannten objektiven<br />
Nettoprinzips verstößt nicht gegen<br />
das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot.<br />
Die Gewerbesteuer ist ihrer Natur nach<br />
eine Betriebsausgabe und mindert deshalb<br />
den Gewinn des Unternehmens. Mit<br />
dem Unternehmenssteuerreformgesetz<br />
2008 hat der Gesetzgeber jedoch in § 4<br />
Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes<br />
(EStG) angeordnet, dass die Gewerbesteuer<br />
keine Betriebsausgabe ist. Sie<br />
darf infolgedessen bei der Ermittlung des<br />
zu versteuernden Gewinns nicht mehr<br />
gewinnmindernd (und damit steuermindernd)<br />
berücksichtigt werden. Nach Auffassung<br />
des Bundesfinanzhofs verstößt<br />
die mit diesem Abzugsverbot verbundene<br />
Einschränkung des sogenannten objektiven<br />
Nettoprinzips nicht gegen das<br />
verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot<br />
oder die Eigentumsgarantie<br />
des Grundgesetzes. Insbesondere die<br />
gleichzeitig mit § 4 Absatz 5b EStG eingeführte<br />
Erhöhung des Anrechnungsfaktors<br />
für die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer<br />
führe in vielen Fällen zu<br />
einer vollständigen Entlastung des Unternehmers.<br />
BFH, IV R 8/13<br />
VERKEHRSRECHT<br />
Bußgeld bei Nutzung<br />
von Blitzer-Apps<br />
Die Benutzung von Blitzer-Apps auf Smartphones,<br />
und im Allgemeinen das Nutzen<br />
von technischen Geräten zur Anzeige von<br />
Verkehrsüberwachungsmaßnahmen, verstößt<br />
gegen die Straßenverkehrsordnung<br />
(StVO), so das Oberlandesgericht (OLG)<br />
Celle in einem jüngst veröffentlichen Urteil.<br />
Bei Verwendung einer Blitzer-App<br />
droht dem Fahrer somit ein Bußgeld.<br />
Im zugrunde liegenden Verfahren hatte<br />
das Amtsgericht Winsen/Luhe einen Autofahrer<br />
zu einer Geldbuße von 75 Euro<br />
verurteilt, weil er während der Fahrt ein<br />
Smartphone mit einer sogenannten Blitzer-App<br />
benutzt hatte. Das Oberlandesgericht<br />
Celle verwarf die dagegen gerichtete<br />
Rechtsbeschwerde des Autofahrers<br />
und führte zur Begründung der Entscheidung<br />
aus, dass ein Smartphone ein technisches<br />
Gerät zur Anzeige von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen<br />
im Sinne der<br />
Straßenverkehrsordnung sei, falls darauf<br />
eine sogenannte Blitzer-App installiert ist.<br />
Mit Installation und Nutzung der Blitzer-<br />
App erhalte das Smartphone über seine<br />
sonstigen Zwecke hinaus die zusätzliche<br />
Zweckbestimmung eines Blitzer-Warngerätes.<br />
Das Mitführen oder Betreiben eines<br />
Gerätes während der Autofahrt, das Verkehrsüberwachungsmaßnahmen<br />
anzeigen<br />
kann, gestattet die StVO jedoch nicht.<br />
OLG Celle, 2 Ss (OWi) 313/15<br />
KÜNDIGUNGSRECHT<br />
Betriebliche Eingliederung<br />
muss geprüft werden<br />
Der Arbeitgeber hat ein betriebliches Eingliederungsmanagement<br />
(BEM) gemäß<br />
§ 84 Absatz 2 des IX. Sozialgesetzbuches<br />
mit dem Ziel der Wiedereingliederung des<br />
Arbeitnehmers durchzuführen, wenn ein<br />
Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger<br />
als sechs Wochen ununterbrochen<br />
oder wiederholt arbeitsunfähig krank ist.<br />
Andernfalls könne eine krankheitsbedingte<br />
Kündigung unwirksam sein.<br />
Foto: AllebaziB/Fotolia.com, Quelle Urteile: www.kostenlose-urteile.de<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
RECHT | 45<br />
Foto: AllebaziB/Fotolia.com, Quelle Urteile: www.kostenlose-urteile.de<br />
Der Arbeitnehmer des zugrunde liegenden<br />
Verfahrens war wegen einer Tumorerkrankung<br />
länger als ein Jahr arbeitsunfähig<br />
krank. Der Arbeitgeber kündigte das<br />
Arbeitsverhältnis wegen dieser Fehlzeit<br />
und der ihm dadurch entstehenden Kosten,<br />
da er vermutete, der Arbeitnehmer<br />
kehre wegen der Schwere seiner Erkrankung<br />
nicht mehr zurück. Das Arbeitsgericht<br />
Berlin hat die Kündigung für rechtsunwirksam<br />
erklärt. Es verwies darauf,<br />
dass der Arbeitgeber ein BEM durchzuführen<br />
hat. Hierzu muss er im Rahmen eines<br />
organisierten Suchprozesses prüfen,<br />
ob und in welcher Weise der Arbeitnehmer<br />
(wieder) beschäftigt werden kann.<br />
Dazu gehöre das Gespräch zwischen Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer, unter Umständen<br />
auch die Einbeziehung von externem<br />
Sachverstand und eventuell auch die<br />
stufenweise Wiedereingliederung des Arbeitnehmers<br />
im Rahmen des sogenannten<br />
„Hamburger Modells“. Zu prüfen sind<br />
zudem eine mögliche Änderung und Umgestaltung<br />
des Arbeitsplatzes, des Arbeitsumfeldes,<br />
der Arbeitsorganisation<br />
und der Arbeitszeit.<br />
ArbG Berlin, 28 Ca 9065/15<br />
VERTRAGSRECHT<br />
Abtretung von Mängelansprüchen<br />
in AGB unzulässig<br />
Die Klausel „Die Abtretung von Mängelansprüchen<br />
ist ausgeschlossen.“ in<br />
den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
(AGB) eines Internetversandhändlers ist<br />
unzulässig, weil sie den privaten Käufer<br />
unangemessen benachteilige. Dies entschied<br />
das Oberlandesgericht Hamm und<br />
änderte damit das erstinstanzliche Urteil<br />
des Landgerichts Paderborn ab.<br />
Die Parteien, der Kläger aus Wustermark<br />
und die beklagte Firma aus Ingolstadt,<br />
vertreiben verschiedene Waren über das<br />
Internet. Der Beklagte vertreibt unter anderem<br />
gewerblich Elektro- und Elektronikgeräte,<br />
Kaffeemaschinen, Kühlschränke<br />
und Waschmaschinen. Er verwendete<br />
hierbei Allgemeine Geschäftsbedingungen,<br />
die unter anderem folgende Klauseln<br />
beinhalten: „Die Abtretung von Mängelansprüchen<br />
ist ausgeschlossen.“ Der<br />
Kläger hat diese Klausel bei Verbrauchergeschäften<br />
für unzulässig gehalten und<br />
vom Beklagten im Wege des einstweiligen<br />
Rechtsschutzes verlangt, den Gebrauch<br />
der Klausel gegenüber Verbrauchern<br />
zu unterlassen. Das Unterlassungsbegehren<br />
des Klägers war erfolgreich.<br />
Das Oberlandesgericht Hamm entschied,<br />
dass die infrage stehende AGB-Klausel<br />
im geschäftlichen Verkehr gegenüber<br />
Verbrauchern gegen die Regelung des<br />
§ 307 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen<br />
Gesetzbuches (BGB) verstößt, weil sie<br />
den privaten Käufer unangemessen benachteilige.<br />
OLG Hamm, 4 U 99/14<br />
WEISUNGSRECHT<br />
Arbeitsort wird grundsätzlich durch<br />
Arbeitgeber bestimmt<br />
Enthält ein Arbeitsvertrag keine Bestimmungen<br />
zum Ort der Arbeitsleistung,<br />
kann dieser durch das Weisungsrecht<br />
des Arbeitgebers gemäß § 106 der Gewerbeordnung<br />
(GewO) bestimmt werden.<br />
Ein Arbeitnehmer kann jedoch nur<br />
dann zur Arbeit am Betriebssitz verpflichtet<br />
werden, wenn für den Arbeitgeber ein<br />
entsprechend berechtigtes Interesse besteht.<br />
Ein Software-Ingenieur arbeitete auf<br />
Grundlage einer Vereinbarung mit seinem<br />
Vorgesetztem seit August 2009<br />
überwiegend von zu Hause. Nachdem<br />
der Software-Ingenieur im März 2<strong>01</strong>3<br />
aufgrund einer Betriebsumstrukturierung<br />
einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen<br />
hatte, verlangte sein Arbeitgeber,<br />
dass er zukünftig am Betriebssitz arbeite.<br />
Das Arbeitsgericht Koblenz wies die Klage<br />
des Ingenieurs ab. Das Landesarbeitsgericht<br />
(LAG) Mainz entschied in der Berufung<br />
aber zu seinen Gunsten und hob<br />
die erstinstanzliche Entscheidung auf.<br />
Die vom Arbeitgeber ausgesprochene<br />
Weisung, zukünftig die Arbeit am Betriebssitz<br />
auszuführen, sei unwirksam<br />
gewesen. Zwar könne der Arbeitgeber<br />
grundsätzlich den Arbeitsort seiner Beschäftigten<br />
gemäß § 106 GewO bestimmen,<br />
wenn der Arbeitsvertrag keine Bestimmungen<br />
zum Arbeitsort enthalte. Er<br />
müsse sein Weisungsrecht aber nach billigem<br />
Ermessen ausüben. Dies verlange<br />
eine Abwägung zwischen dem Interesse<br />
des Arbeitgebers und dem Interesse des<br />
Beschäftigten.<br />
LAG Mainz, 4 Sa 404/14<br />
ARBEITSZEITEN<br />
„In Vollzeit beschäftigt“<br />
bedeutet 40-Stunden-Woche<br />
Heißt es in einem Arbeitsvertrag, dass<br />
ein Busfahrer „in Vollzeit beschäftigt“ ist,<br />
so spricht dies dafür, dass die Arbeitszeit<br />
unter Zugrundelegung einer Fünf-<br />
Tage-Woche und eines Acht-Stunden-<br />
Arbeitstages 40 Wochenstunden nicht<br />
übersteigt. Eine längere Arbeitszeit muss<br />
im Arbeitsvertrag ausdrücklich benannt<br />
werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht<br />
(BAG) entschieden.<br />
Laut seinem Arbeitsvertrag war ein Busfahrer<br />
„in Vollzeit beschäftigt“. Er ging<br />
aufgrund der Formulierung davon aus,<br />
eine 40-Stunden-Woche zu haben. Da<br />
der Busfahrer teilweise länger arbeitete,<br />
machte er die Vergütung der Überstunden<br />
nach zunächst erfolgloser außergerichtlicher<br />
Forderung gerichtlich geltend.<br />
Während das Arbeitsgericht Dortmund<br />
die Klage abwies, gab ihr das Landesarbeitsgericht<br />
(LAG) Hamm statt. Seiner<br />
Ansicht nach sei aufgrund des Arbeitsvertrages<br />
von einer 40-Stunden-Woche<br />
auszugehen gewesen. Dem Busfahrer<br />
steht daher ein Anspruch auf Vergütung<br />
der darüber hinaus geleisteten Arbeitsstunden<br />
zu. Gegen diese Entscheidung<br />
legte der Arbeitgeber Revision ein, welche<br />
vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen<br />
wurde. Dem Busfahrer stehe<br />
ein Anspruch auf Vergütung der geleisteten<br />
Überstunden gemäß § 612 Absatz<br />
1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)<br />
zu. Die Parteien hätten eine regelmäßige<br />
Arbeitszeit von 40 Wochenstunden vereinbart,<br />
darüber hinausgehende Arbeitszeit<br />
sei mithin als Überstunden zu werten<br />
gewesen. BAG, 5 AZR 602/13<br />
<br />
W+M<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
46 | W+M RATGEBER<br />
Option Gutschein statt Geld<br />
Zahlungsströme aktiv vermarkten – mit dieser Idee will das junge<br />
Berliner FinTech-Unternehmen OptioPay GmbH die Umsätze von<br />
Banken, Versicherungen und Einzelhändlern ankurbeln. Dafür konnte<br />
das Unternehmen die Commerzbank-Tochter main incubator als<br />
Investor gewinnen. Von Matthias Salm<br />
60 Werbetreibende konnten die Berliner<br />
für ihr Gutschein-Netzwerk bereits gewinnen,<br />
darunter auch Branchengrößen<br />
des Online-Handels wie Amazon oder Zalando.<br />
Auch die Investoren sind zahlreich,<br />
darunter auch die Main Incubator GmbH,<br />
eine Tochtergesellschaft der Commerzbank.<br />
„Das innovative Geschäftsmodell,<br />
die breite Anwendbarkeit der OptioPay-<br />
Lösung in der Commerzbank und bei ihren<br />
Kunden sowie die Erfahrungstiefe<br />
Die Lage ist exklusiv – versteckt im<br />
Schatten der Mauerreste der Berliner<br />
East Side Gallery, mit Blick auf<br />
die Spree, liegt der Mühlenspeicher. Ein<br />
Gebäude, das als Eventlocation und Hort<br />
der Kreativszene dient. Kreativ ist auch das,<br />
was die rund 30 Mitarbeiter des jungen<br />
Berliner FinTech-Start-ups OptioPay GmbH<br />
im dritten Stock des historischen Getreidespeichers<br />
planen: aus dem bisher rein technischen<br />
Vorgang der Zahlungsabwicklung<br />
ein attraktives Geschäft zu machen.<br />
Das Prinzip: Mit seiner Auszahlungsplattform<br />
wickelt OptioPay Zahlungen von Unternehmen<br />
an deren Kunden oder Mitarbeiter<br />
ab. Dabei erhöht OptioPay den Wert<br />
der Auszahlungen, indem höherwertige<br />
Gutscheine von Einzelhändlern und Dienstleistern<br />
als Auszahlungsoption angeboten<br />
werden. Das funktioniert im Beispielfall<br />
so: Die Auszahlung einer Versicherung<br />
zur Schadensregulierung in Höhe von 100<br />
Euro kann der Versicherte um beispielsweise<br />
zehn Prozent erhöhen, indem er sie<br />
in eine Überweisung in Höhe von 50 Euro<br />
und in einen Wertgutschein eines Einzelhändlers<br />
in Höhe von 60 Euro splittet.<br />
Der Gutschein lässt sich zum Beispiel dann<br />
wahlweise für Mode, Technik oder Produkte<br />
des täglichen Bedarfs verwenden. „Erhält<br />
der Kunde etwa eine Versicherungszahlung<br />
für ein gestohlenes Fahrrad, kann<br />
ihm gezielt der Gutschein eines Fahrradhändlers<br />
offeriert werden“, erläutert Moritz<br />
Claussen, einer der fünf Mitgründer<br />
von OptioPay, die Gutscheinoption.<br />
Das Gründerteam der OptioPay GmbH.<br />
Eine klassische Win-Win-Win-Situation:<br />
Der Kunde erhält eine erhöhte Auszahlung.<br />
Die auszahlenden Unternehmen<br />
wiederum profitieren von einer Provisionsbeteiligung.<br />
Der Gutscheinanbieter<br />
erzielt unmittelbar Umsätze, ohne dass<br />
ihm dafür Fixkosten entstehen. OptioPay<br />
fügt sich dabei in jedes Zahlungssystem<br />
ein. Für Banken besteht etwa die Möglichkeit<br />
der kompletten Integration in das<br />
Girokonto. Der Kunde kann dann mit jedem<br />
Zahlungseingang direkt aus dem Girokonto<br />
Gutscheine erwerben.<br />
Gutscheine zur Kundenbindung einzusetzen,<br />
ist zwar längst ein erprobtes Stilmittel<br />
im Handel. „Unseren globalen Ansatz,<br />
Zahlungsströme zu vermarkten, gibt es in<br />
dieser Form aber noch nicht“, betont Oliver<br />
Oster, wie Marcus Börner, Mike Rötgers<br />
und Oliver Neumann einer der weiteren<br />
Co-Founder von OptioPay.<br />
des Gründerteams mit dem Seriengründer<br />
Marcus Börner hat uns überzeugt“,<br />
begründet Christian Hoppe, Geschäftsführer<br />
der Commerzbank-Tochter, die Beteiligung.<br />
So steht OptioPay auch für das Modell<br />
„Kooperation statt Wettbewerb“ zwischen<br />
Banken und aufstrebenden Fin-<br />
Techs. Claussen hält eine solche Kooperation<br />
beiderseits für sinnvoll: OptioPay<br />
bringt innovatives Know-how ein, das<br />
nicht in die Kernkompetenz von Banken<br />
oder Versicherungen fällt. Gleichzeitig erleichtert<br />
das Renommee der Commerzbank<br />
dem Berliner Start-up die Akquise<br />
neuer Partner für sein Geschäftsmodell.<br />
<br />
W+M<br />
Foto: OptioPay/Ana Santl<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
FINANZEN | 47<br />
Christian Hoppe, Geschäftsführer<br />
der Main Incubator GmbH.<br />
Das Banking<br />
wird neu gedacht<br />
FinTech-Unternehmen revolutionieren den<br />
Bankenmarkt. W+M sprach mit Christian<br />
Hoppe, Geschäftsführer der Commerzbank-<br />
Tochtergesellschaft Main Incubator GmbH (kurz:<br />
main incubator), über die Chancen und Risiken für<br />
die klassischen Geschäftsbanken.<br />
Foto: Commerzbank AG<br />
W+M: Herr Hoppe, die Commerzbank<br />
geht über ihre Tochtergesellschaft main<br />
incubator strategische Investments in Finanztechnologie-Start-ups<br />
ein. Welche<br />
Rolle spielt die neue Konkurrenz im Bankenmarkt<br />
für die Commerzbank?<br />
Christian Hoppe: Das Banking wird<br />
von den FinTechs zum Teil neu gedacht.<br />
Durch sie finden technische Lösungen<br />
Anwendung, die das Banking effizienter<br />
gestalten und prozessual anders aufstellen,<br />
die Daten umfassender verknüpfen<br />
und detaillierter auswerten. FinTechs<br />
können die Bank der Zukunft damit in<br />
eine digitale Richtung leiten.<br />
W+M: Nennen Sie bitte ein Beispiel!<br />
Christian Hoppe: FinTechs erlauben beispielsweise<br />
dem Bankkunden, das Banking<br />
durch entsprechende Nutzeroberflächen<br />
zukünftig selbst umfassender zu<br />
steuern. Sie liefern Frontend-Services,<br />
die über<br />
benutzerfreundliche<br />
Oberflächen den Kunden<br />
effizient und übersichtlich<br />
durch Auswahlprozesse<br />
führen.<br />
Als Beispiel seien die<br />
FinTechs im Geldanlagebereich<br />
genannt, die<br />
dem Kunden eine eigene Risikoeinschätzung<br />
und Portfolioauswahl zur<br />
Verfügung stellen.<br />
W+M: Wie sollten Banken auf diese<br />
Entwicklungen reagieren?<br />
Christian Hoppe: Banken müssen heute<br />
schneller an den Trends im Banking dran<br />
sein und mit FinTechs kooperieren. Die<br />
Tatsache, dass der main incubator existiert,<br />
zeigt, dass die Commerzbank konsequent<br />
reagiert und auf strategische Kooperationen<br />
mit Mehrwert für die Mittelstandskunden<br />
setzt.<br />
W+M: Main incubator hat bereits über<br />
300 Geschäftskonzepte von FinTechs gesichtet.<br />
Welche Geschäftskonzepte sind<br />
für Sie interessant?<br />
Christian Hoppe: Wir schauen uns<br />
Start-ups in der Markteintrittsphase an,<br />
die innovative Banking-Produkte und Lösungen<br />
anbieten. Unser Fokus liegt dabei<br />
auf Lösungen für den B2B-Bereich.<br />
Bietet ein FinTech eine geeignete Lösung<br />
an, so gehen wir mit diesem eine längerfristige<br />
Partnerschaft über ein strategisches<br />
Investment ein. Wir bieten Fin-<br />
Techs in der Seed-Phase also Kapital mit<br />
Hebelwirkung. Der main incubator strebt<br />
bei seinen Investments übrigens keine<br />
Mehrheitsbeteiligung an, denn die Jungunternehmen<br />
sollen eigenständig bleiben.<br />
Auch wollen wir keine Exklusivität,<br />
denn wir wollen den FinTechs den<br />
Zugang zu den Kunden in der gesamten<br />
Bankenbranche ermöglichen.<br />
W+M: Wie profitiert das FinTech-Unternehmen<br />
von der Partnerschaft?<br />
Christian Hoppe: Es bekommt Zugang<br />
zu den Geschäfts- und Firmenkunden der<br />
Commerzbank, Beteiligungskapital, Banking-Know-how<br />
und – wenn gewünscht<br />
– auch Büro- und IT-Infrastruktur im Gebäude<br />
des Inkubators. Gerade im Firmenkundengeschäft<br />
ist der Kundenzugang<br />
ein Mehrwert für FinTechs, denn<br />
die Kundenakquise ist sehr kostenintensiv.<br />
Zudem sind die Lösungen bisweilen<br />
komplex und decken nur Teile der Wertschöpfung<br />
ab. Ein weiteres Angebot ist<br />
die enge Zusammenarbeit mit einem Experten-Netzwerk,<br />
welche das Time-to-<br />
Market für die Start-ups erheblich verkürzen<br />
und die Unsicherheiten rund um die<br />
regulatorischen Anforderungen reduzieren<br />
kann.<br />
W+M: Wie viele Engagements haben Sie<br />
bereits getätigt?<br />
Christian Hoppe: Bisher haben wir drei<br />
Investments getätigt: in Traxpay, Gini und<br />
OptioPay.<br />
Interview: Matthias Salm<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
48 | W+M RATGEBER FINANZEN<br />
IT-Risikoanalyse vor<br />
Betriebsprüfungen<br />
Vier Fragen an …<br />
Dr. Michael Bormann<br />
Rund 23,5 Milliarden Euro an zusätzlichen<br />
Steuern haben deutsche<br />
Finanzbehörden 2<strong>01</strong>4 eingetrieben,<br />
davon kamen allein 17,9 Milliarden<br />
durch reguläre Betriebsprüfungen<br />
zusammen. Geben die Unternehmer<br />
so oft fehlerhafte Steuererklärungen<br />
ab?<br />
In der Komplexität des deutschen Steuerrechtes<br />
durchzusehen, ist für den Unternehmer<br />
nicht einfach. Zudem muss er seine<br />
Unterschrift unter den Schlussbericht<br />
seines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers<br />
setzen, ohne im Regelfall jemals<br />
detailliert in die Materie eingestiegen zu<br />
sein. Er setzt auf Vertrauen, dass eine einwandfreie<br />
elektronische Steuererklärung<br />
erstellt wurde.<br />
Umgekehrt haben die Finanzämter mittlerweile<br />
eine leistungsfähige Analysesoftware.<br />
Als diese eingeführt wurde, hatten<br />
die Prüfer noch sehr damit zu kämpfen.<br />
Inzwischen sind die Anfangsprobleme<br />
überwunden und die elektronische Prüfung<br />
wird auf allen Feldern – wie Lohnsteuerprüfung,<br />
Umsatzsteuerprüfung, vollständige<br />
Betriebsprüfung – umfänglich durchgeführt.<br />
Diese Analysesoftware kann erheblich<br />
umfangreichere Datenmengen<br />
weitaus schneller und qualitativ besser untersuchen<br />
als zu früheren analogen Zeiten.<br />
Wie kann man sich vor einer Betriebsprüfung<br />
schützen?<br />
Vor einer Betriebsprüfung kann man sich<br />
nicht schützen. Wenn die Ankündigung<br />
kommt, geht schon mal der Puls hoch,<br />
nicht zuletzt, weil der oftmals aufwändige<br />
Vorgang viel Zeit verbraucht, die<br />
man lieber in die Akquise neuer Aufträge<br />
oder in die Weiterentwicklung seines<br />
Unternehmens investieren würde. Auch<br />
der Gedanke an mögliche Verluste, weil<br />
der Unternehmer unerlaubte Handlungen<br />
oder unbeabsichtigte Ertragsminderungen<br />
nicht erkannt hat, macht ein mulmiges<br />
Gefühl.<br />
Dieses ungute Gefühl lässt sich aber<br />
nicht abbauen?<br />
ZUR PERSON<br />
Dr. Michael Bormann ist Gründungspartner<br />
der Sozietät bdp Bormann, Demant<br />
& Partner mit Büros unter anderem<br />
in Berlin, Dresden, Rostock sowie<br />
in Tianjin (China). Er berät Unternehmer<br />
in Fragen der Finanzierung, Restrukturierung,<br />
M&A und Unternehmensnachfolge<br />
sowie beim Aufbau von Produktionsstätten<br />
in China.<br />
<br />
www.bdp-team.de<br />
Es lässt sich auf ein Minimum reduzieren,<br />
wenn man die Situation einer Betriebsprüfung<br />
vorher im Unternehmen simuliert. Wer<br />
vor Betriebsprüfungen genau weiß, welche<br />
rechtlichen Anforderungen an ein digitales<br />
Belegsystem gestellt werden, ohne dass<br />
der Fiskus hiergegen etwas tun kann, kann<br />
einer Betriebsprüfung hinsichtlich dieses<br />
Punktes gelassen entgegen sehen.<br />
Eine Betriebsprüfung zu simulieren,<br />
heißt aber, die Waffen des Gegners<br />
zu kennen?<br />
Bdp und andere Beratungsunternehmen<br />
setzen zur Prävention die Analysesoftware<br />
IDEA ein, die auch von den Außenprüfern<br />
des Finanzamtes verwendet wird. Diese<br />
sollte zur Risikoidentifikation vor einer externen<br />
Betriebsprüfung als auch bei der<br />
internen Revision und für den Aufbau eines<br />
internen Kontrollsystems genutzt werden.<br />
Damit wird nicht nur Waffengleichheit<br />
mit dem Finanzamt hergestellt, sondern<br />
es werden im Vorfeld sogenannte dolose<br />
Handlungen wie vorsätzliche Bilanzfälschung<br />
oder Untreue, die etwa von Mitarbeitern<br />
begangen wurden, systematisch<br />
entdeckt. Es ist also immer ratsam, nicht<br />
nur seine Buchhaltung, sondern sämtliche<br />
Geschäftsprozesse vorsorglich einer EDV-<br />
Voranalyse unterziehen zu lassen. W+M<br />
Foto: bdp<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
RATGEBER LITERATUR | 49<br />
Wirtschaftsliteratur<br />
Die ostdeutsche<br />
Bestsellerliste<br />
1<br />
2<br />
3<br />
6<br />
7<br />
5<br />
8<br />
4<br />
9<br />
10<br />
Die ostdeutsche Bestsellerliste für Wirtschaftsliteratur<br />
wird aus den Verkaufszahlen<br />
großer Buchhandlungen in Brandenburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />
erstellt. Beteiligt haben sich:<br />
• Hugendubel Cottbus,<br />
Mauerstraße 8, 03046 Cottbus<br />
• Hugendubel Erfurt,<br />
Anger 62, 99084 Erfurt<br />
• Hugendubel Greifswald,<br />
Markt 20–21, 17489 Greifswald<br />
• Hugendubel Leipzig,<br />
Petersstraße 12–14, 04109 Leipzig<br />
• Hugendubel Potsdam,<br />
Stern-Center 1, 14480 Potsdam<br />
• Hugendubel Schwerin,<br />
Marienplatz 3, 19053 Schwerin<br />
• Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung,<br />
Logenstraße 8, 15230 Frankfurt/Oder<br />
Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen<br />
jederzeit offen. Schreiben Sie bei<br />
Interesse eine E-Mail an JP@WundM.info.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
50 | W+M RATGEBER<br />
Schreiben und bleiben<br />
Vom Luxus, selbstbestimmt zu handeln<br />
Das handschriftliche Verfassen von Einladungen, Notizen oder<br />
geschäftlichen Korrespondenzen ist wieder im Kommen. Es stellt<br />
eine Gegenbewegung zur Digitalisierung dar. Welche Rolle dabei<br />
Luxusschreibgeräte spielen, erklärt die Wirtschaftspsychologin<br />
Dr. Alexandra Hildebrandt.<br />
Porsche Design P‘3135<br />
Solid Gold Limited Edition<br />
Mit dieser ultralimitierten Edition<br />
präsentiert die Luxusmarke einen<br />
der exklusivsten Füllfederhalter für<br />
Liebhaber von luxuriösen Schreibgeräten<br />
– weltweit lediglich elf Mal erhältlich.<br />
Das edle Schreibgerät ist aus einem<br />
einzigen Stück 14-karätigem Gold<br />
gefertigt. Preis: 25.000 €.<br />
www.porsche-design.com<br />
Sag mir, wie du<br />
schreibst – und ich<br />
sage dir, wer du bist.<br />
In der Schrift eines Menschen<br />
ist sein Wesen erkennbar:<br />
sein Wille, seine<br />
Kraft, aber auch seine Unsicherheiten.<br />
Jemand macht<br />
sich groß, wenn er die Buchstaben<br />
raumfüllend gestaltet<br />
und seinen Namen unterstreicht.<br />
Er zeigt sich als Grenzüberschreiter,<br />
wenn er nicht auf der Zeile<br />
bleibt. Oder er hält die Buchstaben<br />
klein wie sich selbst.<br />
Visconti<br />
Van Gogh Collection<br />
Die Füllfederhalter, Tintenroller,<br />
Kugelschreiber und Stifte aus der Van<br />
Gogh Collection hüllen sich jeweils<br />
in die Farben eines bestimmten Van-<br />
Gogh-Gemäldes, nach denen sie<br />
benannt wurden. Jedes Schreibgerät<br />
der Kollektion trägt den eingravierten<br />
Namenszug van Goghs und wird in<br />
einer Geschenkbox mit einem Bild des<br />
reproduzierten Gemäldes geliefert.<br />
Preis: ab 195 €.<br />
www.visconti.it/en/visconti<br />
E-Mail und Social Media kommuniziert<br />
wird, immer weniger auf dem Papier erkennen<br />
können. Unterschriften sind oft<br />
der einzige Eindruck vom Menschen<br />
hinter den Zeilen, denn auch persönlich<br />
geschriebene Briefe werden immer<br />
seltener. Es gibt allerdings keinen<br />
Zweifel daran, dass die Kulturtechnik<br />
Schreiben überleben wird.<br />
Wider die Digitalisierung<br />
Bereits seit einigen Jahren ist<br />
eine Gegenbewegung zu den digitalen<br />
und mechanisierten Gestaltungsmöglichkeiten<br />
spürbar.<br />
Das Schreiben gewinnt<br />
vor diesem Hintergrund immer<br />
mehr den Nimbus eines<br />
Luxus, den auch zunehmend<br />
Unternehmen für<br />
sich entdecken, die Einladungen,<br />
Schilder und Karten<br />
von Hand beschriften<br />
lassen. „Handlettering“,<br />
das ursprünglich in der<br />
Schildermalerei beheimatet<br />
war, ist derzeit bei allen gefragt,<br />
die Schönschrift mögen und ihren Kunden<br />
eine besondere Form der Wertschätzung<br />
entgegenbringen möchten.<br />
Wahrer Luxus ist nachhaltig<br />
Der Begriff Luxus kommt aus dem Lateinischen<br />
und bedeutet „Verschwendung“ –<br />
allerdings ist Luxus wirtschaftlich gesehen<br />
alles andere als überflüssig. Für Clemens<br />
Pflanz, Gründer und geschäftsführender<br />
Vorstand des deutschen Luxusverbandes<br />
Meisterkreis, hat billiger Flitter mit Luxus<br />
nichts zu tun. Wahrer Luxus ist für ihn sogar<br />
nachhaltig, weil hochpreisige Produkte<br />
von den Konsumenten wertschätzender<br />
behandelt werden und wegen ihrer hochwertigen<br />
handwerklichen Verarbeitung<br />
länger halten. Von echter Verschwendung<br />
kann bei einem übermäßigen Gebrauch<br />
von Billigschreibgeräten gesprochen werden,<br />
die nach kurzer Zeit kaputtgehen oder<br />
von Anfang an schlecht schreiben, sodass<br />
der Stift schnell in die Mülltonne<br />
wandert.<br />
Die Handschrift bleibt<br />
Die Handschrift sagt viel über das Wesen<br />
eines Menschen aus, das wir in einer<br />
Zeit, in der das meiste nur noch über<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
MANAGEMENT & LIFESTYLE | 51<br />
Edle Editionen<br />
Dass Füllfederhalter in Zeiten von Smartphones<br />
und Laptops noch eine Zukunft<br />
haben und nicht aus der Zeit gefallen<br />
sind, zeigt sich vor allem am Beispiel von<br />
Montblanc, wo Füller-Sondereditionen für<br />
Sammler auf jeweils 4.810 Stück limitiert<br />
sind (die Zahl entspricht den Höhenmetern<br />
des Montblanc). Die Editionen sind unter<br />
anderem Charlie Chaplin, Thomas Mann,<br />
Greta Garbo oder Luciano Pavarotti gewidmet<br />
und erzählen Geschichten. Die Luxusbranche<br />
lebt von ihnen, weil sie ihre Kernbotschaft<br />
vermitteln, aber auch Begehrlichkeit<br />
und Leidenschaft wecken.<br />
Einfach echt<br />
Etwas Besseres als die Digitalisierung<br />
hätte der Traditionsmarke Montblanc<br />
nicht passieren können. „Vor zwanzig<br />
Jahren war das Digitale noch selten und<br />
etwas Cooles, der Alltag lief analog ab“,<br />
sagt Jérôme Lambert, CEO bei Montblanc.<br />
Heute ist es umgekehrt: Analoge<br />
Dinge sind nicht mehr notwendig<br />
und werden nur noch aus Vergnügen benutzt.<br />
Für Lambert zählen Füllfederhalter<br />
zu den wenigen Luxusgütern, mit denen<br />
ihre Besitzer tatsächlich etwas tun können.<br />
„Schreiben ist etwas Aktives und<br />
Persönliches.“ Und etwas Prägendes im<br />
besten Wortsinn, das man spüren und hören<br />
kann, wenn die Feder über das Papier<br />
gleitet.<br />
W+M<br />
Der Beitrag wurde in Kooperation mit<br />
dem Magazin „Das Büro“ erarbeitet.<br />
LAMY imporium<br />
Diese Schreibgerätefamilie umfasst<br />
Füllhalter, Tintenroller, Kugelschreiber<br />
und Drehbleistift in den Ausführungen<br />
Titanium matt und Black matt. Ihr<br />
Markenzeichen ist der geradlinige,<br />
markant strukturierte Korpus inklusive<br />
Griffstück. Ein spannender Kontrast<br />
dazu: die streng zylindrisch ausgeführte,<br />
glatte Kappe mit dem massiven,<br />
hochglänzenden Clip. Preis: ab 270 €.<br />
www.lamy.de<br />
Montblanc White Solitaire<br />
ZUR PERSON<br />
Das Meisterstück White Solitaire zeigt einen der weltweit<br />
bekanntesten Füllfederhalter in neuem Erscheinungsbild.<br />
Kappe und Schaft in weißem Lack geben ihm den Anschein<br />
von Reinheit. Das Schreibgerät ist mit rotgoldenen<br />
Elementen verziert. Das Montblanc-Emblem, das die<br />
Spitze des Schreibgerätes krönt, ist in die lackierte Kappe<br />
eingelegt. Preis: ab 810 €.<br />
www.montblanc.com<br />
Dr. Alexandra Hildebrandt ist Sachbuchautorin,<br />
Hochschuldozentin und Mitinitiatorin<br />
der Initiative „Gesichter der<br />
Nachhaltigkeit“.<br />
www.gesichter-der-nachhaltigkeit.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
52 | W+M RATGEBER<br />
So macht Mann beim Ball<br />
eine gute Figur<br />
Es ist wieder Ballsaison. Zwischen November und Februar<br />
gibt es besonders viele festliche Ereignisse, die mit einem Ball<br />
begangen werden. Für Unternehmer und Führungskräfte sind<br />
diese Veranstaltungen häufig ein Muss, schließlich dienen sie<br />
der exklusiven Netzwerkarbeit und sind darüber hinaus lokal oder<br />
regional wichtige gesellschaftliche Ereignisse. Um auf einem Ball<br />
eine gute Figur abzugeben, sollte man sich rechtzeitig um die<br />
angemessene Garderobe und passende Accessoires kümmern.<br />
Von Karsten Hintzmann<br />
Wer sich auf einen Ballbesuch<br />
vorbereitet, sollte zunächst aufmerksam<br />
die Einladungskarte<br />
studieren. Dort gibt es oft schon den entscheidenden<br />
Hinweis zum gewünschten<br />
Dresscode. Für gewöhnlich wird für den<br />
Mann „Black Tie“ vermerkt sein – das bedeutet,<br />
dass das Tragen eines Smokings<br />
erwartet wird. Nur wenn als Dresscode<br />
„Black Tie optional“ angegeben ist, hat<br />
Mann die Wahl zwischen einem Smoking<br />
und einem dunklen Anzug mit eleganter<br />
Krawatte. Frauen sind am besten mit einem<br />
langen Abendkleid angezogen,<br />
das sie zu diesem Anlass<br />
endlich einmal ausführen<br />
dürfen. Hier<br />
sollte darauf geachtet<br />
werden, dass<br />
gedeckte Farben<br />
besser passen<br />
als ein auffälliges<br />
Muster. Ein schulterfreies<br />
Kleid wird<br />
idealerweise durch<br />
einen Schal oder eine<br />
Stola ergänzt. Miniröcke<br />
sind in jedem Fall tabu – das<br />
Kleid sollte mindestens bis zu den<br />
Knien reichen.<br />
Ein klassisches Smokinghem d mit Kläppchenkragen.<br />
Nicht selten trifft man auf Bällen männliche<br />
Gäste, die im Vorfeld ganz offenkundig<br />
keinen Blick auf die Einladung geworfen<br />
und sich daher für einen hellen<br />
Straßenanzug oder gar Sakko und Jeans<br />
entschieden haben. Aus Sicht der diplomierten<br />
Modedesignerin Martina Satzinger,<br />
die für den Maßbekleider „Cut For<br />
You“ in Berlin arbeitet, ist das ein eher unverzeihlicher<br />
Stilbruch: „Es ist eine Form<br />
von Wertschätzung gegenüber dem Ereignis<br />
und dem Veranstalter, dass sich der<br />
Ballgast an die vorgegebene Kleiderordnung<br />
hält. Mit Jeans geht man zum Rockkonzert,<br />
aber nicht zum Ball.“<br />
Also halten wir fest: Zu den Bällen, die<br />
in unseren Breiten veranstaltet<br />
werden, erscheint der<br />
Herr am besten im Smoking.<br />
Das klingt nach<br />
Einheitslook. Ist es<br />
aber nicht. Denn<br />
Smokings gibt es<br />
in den verschiedensten<br />
Varianten.<br />
Nicht ganz so vielfältig<br />
ist die Farbpalette,<br />
sie reicht vom<br />
klassischen Schwarz<br />
über Dunkelgrau bis zu<br />
Dunkelblau, das aktuell angesagt<br />
ist. Eine persönliche Note<br />
kann man mit geschickt gewählten Accessoires<br />
kreieren. Im Mittelpunkt stehen<br />
hier das Smokinghemd, die Schleife,<br />
das Einstecktuch, Manschettenknöpfe,<br />
möglicherweise ein Kummerbund sowie<br />
die Schuhe.<br />
Die Mode-Expertin Martina Satzinger<br />
gibt praktische Tipps für die Ballmoden-<br />
Saison:<br />
Smokinghemd<br />
Idealerweise wird ein weißes Hemd gewählt,<br />
weil es den besten Kontrast zu einem<br />
schwarzen Smoking bildet. Möglich<br />
sind jedoch auch cremefarbene oder<br />
schwarze Hemden. Wichtig ist, dass das<br />
Hemd einfarbig ist. Bei Smokinghemden<br />
unterscheidet man Kläppchenkragen – im<br />
Volksmund auch „Vatermörder“ genannt<br />
– und Hemden mit Kentkragen. Das<br />
Hemd sollte Umschlagmanschetten sowie<br />
eine verdeckte Knopfleiste haben. Alternativ<br />
zur verdeckten Knopfleiste kann<br />
auch ein Hemd mit Schmuckknöpfen getragen<br />
werden.<br />
Einstecktuch<br />
Klassisch ist ein weißes Baumwolltuch,<br />
das gerade und parallel in der Einstecktasche<br />
platziert wird und rund zwei Zentimeter<br />
herausschaut. Es können aber<br />
durchaus auch farbige Tücher verwendet<br />
werden, die dann mit der Farbe der<br />
Schleife korrespondieren sollten. Modebewusste<br />
Smokingträger drapieren das<br />
Tuch gern auch etwas eigenwilliger in der<br />
Einstecktasche.<br />
Schleife<br />
Schleife und Smoking gehören zusammen.<br />
Eine Krawatte ist in dieser Kombination<br />
ausgeschlossen. Üblich sind vorgebundene<br />
Schleifen aus Seide oder Samt.<br />
Klassisch ist die schwarze Schleife. Gern<br />
wird aber farblich etwas variiert, aktuell<br />
sind rote und bordeauxfarbene Schleifen<br />
im Trend. Wer zu einer farbigen Schleife<br />
tendiert, sollte sich farblich am Kleid der<br />
Begleiterin orientieren. Falls ein Kummerbund<br />
getragen wird, sollte die Schleife<br />
farblich dazu passen.<br />
Hosenträger<br />
Zum Smoking wird kein Gürtel getragen.<br />
Um für den nötigen Halt zu sorgen,<br />
nimmt man Hosenträger. Auch wenn die<br />
Hosenträger meist im Verborgenen bleiben,<br />
sollten sie sorgfältig ausgewählt<br />
sein. In Mode: weiße Hosenträger, wie<br />
sie der Agent James Bond in seinen Filmen<br />
trägt.<br />
Foto: Scabal<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
BALLMODE | 53<br />
Fotos: Scabal, konradbak/fotolia.com (Mitte links), WILVORST (unten rechts)<br />
Wirkt ausgesprochen edel: eine Schleife aus Samt.<br />
Hosenträger verleihen den nötigen Halt.<br />
Ein schickes A ccessoire ist das Einstecktuch.<br />
Zum Smoking trägt man Manschettenknöpfe.<br />
Manschettenknöpfe<br />
Es sollte darauf geachtet werden,<br />
dass die Manschettenknöpfe vom<br />
Metall her zur Uhr passen. Also: Bitte<br />
nicht Gelbgold mit Silber kreuzen.<br />
Schuhe<br />
Der perfekte Ballschuh ist ein Slipper<br />
in Lackleder. Wer die Anschaffung<br />
eines Lackschuhs scheut,<br />
kann auf einen glatten schwarzen<br />
Schuh ohne Nähte ausweichen.<br />
Wer tanzen möchte, sollte darauf<br />
achten, dass der Schuh eine Ledersohle<br />
hat.<br />
Unverzichtbar: der schwarze Lackschuh.<br />
Ein kleiner Hinweis für die Glücklichen,<br />
die es im Februar 2<strong>01</strong>6 zum<br />
Wiener Opernball zieht. Dort ist als<br />
Dresscode zwingend „White Tie“,<br />
also Frack, vorgeschrieben. Wer sich<br />
eigenmächtig für eine alternative Bekleidung<br />
entschieden hat, kommt<br />
nicht in die altehrwürdige Staatsoper,<br />
egal wie teuer die Eintrittskarte<br />
auch war.<br />
W+M<br />
Ein Smoking im derzeit angesagten Flanell.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
54 | W+M NETZWERK<br />
Macher 25 – Der große Wirtschaftspreis des Ostens<br />
Erfolgreiche<br />
Unternehmensgeschichten<br />
Staatssekretärin Iris Gleicke lobte die soziale Verantwortung,<br />
den Unternehmergeist und die Risikobereitschaft der<br />
Unternehmer.<br />
Die Preisträger von<br />
„Macher 25 – Der<br />
große Wirtschaftspreis<br />
des Ostens“ sind gekürt:<br />
In der Kategorie „Lebenswerk“<br />
ist Heinrich<br />
von Nathusius, Gründer<br />
der IFA-Gruppe aus Haldensleben,<br />
der Bestplatzierte.<br />
Die Unternehmen<br />
Dresdner Lackfabrik novatic<br />
und die Chemnitzer<br />
INTENTA GmbH machten<br />
das Rennen in den<br />
Kategorien „Unternehmensnachfolge“<br />
und<br />
„Start-up/Innovation“.<br />
Zum Kreis der Preisträger<br />
zählen auch die jeweils Zweit- und<br />
Drittplatzierten in den drei Kategorien.<br />
Alle neun „Macher des Ostens“ wurden<br />
am 20. Oktober im Rahmen eines Festaktes<br />
in Berlin ausgezeichnet. „Die Preisträger<br />
verbindet ihr herausragender Einsatz<br />
für den Standort Ost“, sagte VBKI-<br />
Präsidiumsmitglied Dr. Sigrid Nikutta, die<br />
in ihrem Hauptberuf Chefin der Berliner<br />
Verkehrsbetriebe ist, während der Preisverleihung.<br />
Staatssekretärin Iris Gleicke<br />
(SPD) ergänzte: „Soziale Verantwortung,<br />
Unternehmergeist und Risikobereitschaft<br />
– das sind Charaktereigenschaften, die einen<br />
erfolgreichen, gemeinwohlorientierten<br />
Unternehmer ausmachen.”<br />
Die Wahl der neun „Macher des Ostens<br />
2<strong>01</strong>5“ oblag einer Expertenjury unter Vorsitz<br />
von Matthias Platzeck. Das Gremium<br />
sichtete mehr als 150 Einreichungen. Mit<br />
dem erstmalig vergebenen Wirtschaftspreis<br />
macht der VBKI im Jahr 25 nach der<br />
Deutschen Einheit auf die bedeutende<br />
Rolle des Unternehmertums beim Aufbau<br />
Ost aufmerksam.<br />
W+M<br />
Die Chemnitzer INTENTA GmbH machte das Rennen in der<br />
Kategorie „Start-up/Innovation“.<br />
Sigrid Nikutta hielt die Rede des VBKI.<br />
Jörg Ritter<br />
(KPMG),<br />
einer der<br />
Laudatoren.<br />
Gewinner in der Kategorie „Unternehmensnachfolge“:<br />
Die Dresdner Lackfabrik novatic.<br />
Fotos: Inga Haar<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
GESELLSCHAFT | 55<br />
25. Sächsischer Unternehmerball<br />
Unternehmer mit Leidenschaft<br />
und Rhythmus<br />
Mehr als 340 Gäste waren der Einladung<br />
zum 25. Sächsischen Unternehmerball<br />
am 14. November<br />
im Leipziger Hotel Westin gefolgt. Nach<br />
einer Schweigeminute für die Opfer des<br />
Terroranschlags von Paris vom Vortag und<br />
bewegten Worten von Leipzigs Oberbürgermeister<br />
Burkhard Jung stimmte der<br />
Film über die Entwicklung des Unternehmerverbandes<br />
Sachsen ins eigentliche<br />
Thema des Abends. Erzählt wurde die<br />
Erfolgsgeschichte einer starken Gemeinschaft<br />
von sächsischen Unternehmern,<br />
die ihrer Leidenschaft folgten und ihren<br />
Rhythmus fanden, „auch wenn sie hier<br />
und da mal aus dem Takt gerieten“,<br />
so UV-Präsident Hartmut<br />
Bunsen. „In den letzten<br />
25 Jahren haben wir mit Freude<br />
beobachten können, dass sächsische<br />
Unternehmerinnen und Unternehmer in<br />
der Lage sind, sich immer wieder neu zu<br />
erfinden. Das ist Innovation. Also lassen<br />
Sie uns gemeinsam eine bewegte Vergangenheit<br />
mit vielen Erfolgen feiern und<br />
auf eine tanzende Zukunft schauen“, ermunterte<br />
er die Gäste. Aufgelockert wurde<br />
der Abend durch Show- und Tanzeinlagen<br />
der Dresdner Breakdance-Crew<br />
„THE SAXONZ“.<br />
W+M<br />
Effektvolle Breakdance-Einlagen.<br />
Hartmut Bunsen eröffnete den Ball.<br />
Gute Stimmung auf der Tanzfläche.<br />
Fotos: Andreas Koslowski<br />
UV-Geschäftsführer Lars Schaller und Livia Dinger.<br />
Die Moderatorin des Abends Peggy Schmidt.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
56 | W+M NETZWERK<br />
11. Ball der Generationen<br />
Tanz in Bansin<br />
Jüngst lud der Unternehmerverband<br />
Vorpommern zu seinem 11. Ball der<br />
Generationen ins „Hotel zur Post“<br />
im Seebad Bansin und zeichnete traditionell<br />
die Unternehmer des Jahres 2<strong>01</strong>5 aus.<br />
Zu Gast waren der Schirmherr der Veranstaltung,<br />
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident<br />
Erwin Sellering, Christian<br />
Pegel, Minister für Energie, Infrastruktur<br />
und Landesentwicklung des Landes, sowie<br />
Staatssekretär Dr. Stefan Rudolph aus<br />
dem Mecklenburgischen Wirtschaftsministerium.<br />
Vor dem gemütlichen Teil des Abends, in<br />
dem die Partyshowband „Back to Music“<br />
für Stimmung sorgte, wurden Sebastian F.<br />
Braun (Cheplapharm Arzneimittel GmbH)<br />
aus Greifswald als Unternehmer und Christoph<br />
Bade (Baugeschäft Bade GmbH) aus<br />
Mönkebude als Jungunternehmer des Jahres<br />
2<strong>01</strong>5 vom Verband geehrt. W+M<br />
Der 11. Ball der Generationen fand im „Hotel zur Post“ in Bansin statt.<br />
Die Tanzfläche war gut gefüllt.<br />
Sebastian F. Braun, Gerold Jürgens und Erwin Sellering (v. l.).<br />
Rolf Paukstat (l.) und Wolfgang Schröder mit Partnerinnen.<br />
Die Köche<br />
eröffneten das<br />
Dessertbuffet.<br />
Ausgelassene Stimmung unter den Gästen.<br />
Fotos: UV Vorpommern<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
GESELLSCHAFT | 57<br />
UV-Branchentag 2<strong>01</strong>5<br />
Tourismuswirtschaft zieht Bilanz<br />
Beim dritten Branchentag der regionalen<br />
Unternehmerverbände<br />
Mecklenburg-Vorpommerns – den<br />
W+M als Medienpartner unterstützte<br />
– drehte sich Mitte November 2<strong>01</strong>5 in<br />
Greifswald alles um das Thema „Tourismuswirtschaft“.<br />
Dabei richtete sich der<br />
Fokus nicht nur auf Hotels und Gaststätten,<br />
sondern auch auf deren Zulieferer,<br />
Reiseveranstalter, Event- und Festspieldienstleister,<br />
Verkehrsbetriebe und Anbieter<br />
aus dem touristischen Hinterland.<br />
Ziel des Branchentages war es, Unternehmer<br />
der Tourismusbranche zusammenzubringen,<br />
nützlichen Input fürs Geschäft<br />
zu geben und Handlungsempfehlungen<br />
für Politik und Wirtschaftsförderung<br />
abzuleiten. Den Eröffnungsvortrag<br />
hielt Rolf Seelige-Steinhoff, Seetel-Geschäftsführer<br />
und Unternehmer des Jahres<br />
2<strong>01</strong>5. Ausgerichtet wurde der Branchentag<br />
von den Unternehmerverbänden<br />
Vorpommern, Rostock und Schwerin. Von<br />
den Sponsoren waren das Hotel Hübner<br />
Warnemünde, das Trihotel Rostock und<br />
der Klatschmohn-Verlag vor Ort. W+M<br />
Gerhard Gühler und Wolfgang Kastirr (r.).<br />
Die Gäste beim Netzwerken.<br />
Zahlreiche Teilnehmer folgten der Einladung zum Branchentag.<br />
Fotos: UV Vorpommern<br />
Erfahrungsaustausch beim Kaffeetrinken.<br />
In den Pausen ergaben sich viele<br />
interessante Gesprächsthemen.<br />
Rolf Seelige-<br />
Steinhoff war<br />
Keynote Speaker.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
58 | W+M NETZWERK<br />
UnternehmerTag in Berlin<br />
Wertschöpfung durch<br />
Wertschätzung<br />
W+M<br />
CHEFSACHE<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 6/2<strong>01</strong>4<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
LOUNGE<br />
W IRtschA ft+<br />
SEMINAR<br />
KONFERENZ<br />
M<br />
W+M<br />
EVENT<br />
ARK t<br />
25. Jahrgang | Heft 6 | Dezember 2<strong>01</strong>4/Januar 2<strong>01</strong>5 | e 3,50 | ZKZ 84618<br />
D A s OstD e U tsche UnteR nehM e RMAGAz I n<br />
Miteinander ins Gespräch kommen, Erfahrungen austauschen, Wissen vermitteln,<br />
Ideen entwickeln, Impulse geben, Tipps erhalten, interessante Menschen<br />
kennenlernen, neue Trends erkennen, Gefahren<br />
und Probleme früh aufdecken, Unternehmerverantwortung<br />
wahrnehmen, Menschen<br />
anspornen, Mitarbeiter motivieren, Zeit-<br />
Geld<br />
management beherrschen, Entspannung<br />
finden, soziales Engagement<br />
verstärken, Miteinander ins Gespräch<br />
kommen, Erfahrungen austauschen,<br />
Wissen vermitteln, Ideen entwickeln,<br />
Impulse geben, Tipps erhalten, interessante<br />
Menschen kennenlernen, neue Trends<br />
erkennen, Gefahren und Probleme früh<br />
aufdecken, Unternehmerverantwortung<br />
wahrnehmen, Menschen anspornen, Mitarbeiter<br />
motivieren, Zeitmanagement beherrschen, Entspannung finden, soziales<br />
Engagement verstärken, Miteinander ins Gespräch kommen, Erfahrungen<br />
austauschen, Wissen vermitteln, Ideen entwickeln, Impulse geben, Tipps<br />
für den Mittelstand<br />
Mehr Informationen:<br />
030 479071-27<br />
Ausblick: Club@WundM.info Interview:<br />
Das plant die<br />
Wirtschaftsbilanz<br />
www.WundM.info/Club<br />
Leipziger Messe Klaus Wowereit<br />
Ratgeber:<br />
Autos, Uhren,<br />
Ballgarderobe<br />
Bodo Janssen, Chef der Upstalsboom-Hotels, sprach über Mitarbeiterzufriedenheit.<br />
Als eine Plattform für wertvollen Input<br />
zu aktuellen Themen haben sich die<br />
„UnternehmerTage“ des Schmidt-<br />
Collegs etabliert. So trafen sich Ende Oktober<br />
Unternehmer aus der Region im Berliner<br />
Hotel Upstalsboom. Auf dem Wirtschaftskongress<br />
für Exzellenz im Unternehmertum<br />
wiesen Top-Referenten den Teilnehmern mit<br />
spannenden Vorträgen den Weg zum Erfolg.<br />
Sie profitieren nun von neuen Ideen und klaren<br />
Handlungsanweisungen direkt aus der<br />
Praxis, da sich die Vorträge am Praxisalltag<br />
des Unternehmers orientieren.<br />
Paul Johannes Baumgartner überzeugte mit<br />
einem Vortrag, wie man Kunden zum Fan<br />
macht und damit auch für sein Produkt begeistern<br />
kann.<br />
Der Vortrag überraschte mit vielen Ideen,<br />
neuen Erkenntnissen und persönlichen Erlebnissen<br />
im Bereich der Kundenbeziehung.<br />
Bodo Janssen erörterte in einem emotionalen<br />
Bericht, wie er in seinem Unternehmen<br />
– den Upstalsboom-Hotels – die Mitarbeiterzufriedenheit<br />
um 80 Prozent steigern<br />
konnte. Sein Slogan: Wertschöpfung durch<br />
Wertschätzung. Und Brauereiunternehmer<br />
Georg Schneider ist es besonders wichtig,<br />
dem Unternehmen und den Produkten eine<br />
Seele zu geben. Sein Beitrag war ein gutes<br />
Beispiel für eine gelungene mittelständische<br />
Markenpolitik.<br />
Die UnternehmerTage finden in Kooperation<br />
mit <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
statt.<br />
W+M<br />
Das<br />
Unternehmermagazin<br />
Unternehmernetzwerk<br />
des Ostens<br />
www.WundM.info/Club<br />
Interessante Lektüre für<br />
Unternehmer.<br />
Zwischen den Referaten blieb Zeit zum Netzwerken.<br />
Für das leibliche Wohl war gesorgt.<br />
Fotos: Upstalsboom/Katharina Zimmermann<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
GESELLSCHAFT | 59<br />
UnternehmerTag in Hoyerswerda<br />
Exzellenz im Unternehmertum<br />
Referent Heiko Schneider war begehrter<br />
Gesprächspartner.<br />
Mentaltrainer Alexander Hartmann erklärte den Reality Loop.<br />
Fotos: Maik Lagodzki (oben, unten links), W+M (Mitte)<br />
Exzellenz im Mittelstand – Was erfolgreiche<br />
Unternehmer anders machen“<br />
war das Thema des „Unternehmer-<br />
Tags“ am 6. November in der Lausitzhalle<br />
in Hoyerswerda. Wie immer wurde ein interessantes<br />
Programm mit hochkarätigen<br />
Referenten präsentiert. Erfahrene Redner<br />
und erfolgreiche Unternehmer zeigten in<br />
diversen Vorträgen auf, wie Exzellenz im<br />
Unternehmertum erreicht und gelebt werden<br />
kann.<br />
Wertvolle Inspirationen rund um die Umsetzung<br />
von „UnternehmerEnergie“ und<br />
den Weg zum Erfolg lieferte beispielsweise<br />
„UnternehmerEnergie“-Anwender<br />
Mike Fischer aus dem thüringischen Gera<br />
mit dem Slogan „Erfolg hat, wer Regeln<br />
bricht“. Sein Motto: Bewährte Tugenden<br />
und ein moderner Führungsstil sind die<br />
Garanten für Erfolg. Alexander Hartmann<br />
hingegen machte die Teilnehmer mit ihrem<br />
inneren Elefanten bekannt und erklärte,<br />
wie man nicht nur als Unternehmer<br />
sein Unterbewusstsein auf Erfolgskurs<br />
bringen kann. Walter Kohl berichtete<br />
über Kraftquellen und Heiko Schneider<br />
über sein außergewöhnliches System der<br />
Mitarbeitergewinnung.<br />
Neben den interessanten Vorträgen konnten<br />
die Teilnehmer zahlreiche Kontakte<br />
knüpfen und neue Impulse und Ideen für<br />
ihr Geschäft und die Art und Weise ihrer<br />
Unternehmensführung mitnehmen.W+M<br />
Kurzweilige Vorträge unterhielten die<br />
Teilnehmer.<br />
Unternehmer bei der<br />
Netzwerkarbeit.<br />
Rund 90 Teilnehmer waren beim „UnternehmerTag“ in Hoyerswerda.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
60 | W+M NETZWERK<br />
Wiege des sächsischen<br />
Automobilbaus<br />
Mit fünf Fahrzeug- beziehungsweise Motorenwerken von BMW,<br />
Porsche, Volkswagen und zahlreichen Zulieferern ist Sachsen ein<br />
Autoland. In den 1930er Jahren verfügte der Freistaat sogar über<br />
den Konzernsitz der in der Auto Union zusammengeschlossenen<br />
Hersteller. Zu verdanken ist das dem Autopionier August Horch, der<br />
1902 sein Automobilwerk in Reichenbach im Vogtland gründete.<br />
Von Rudolf Miethig (VBIW)<br />
Horch Phaeton 1911.<br />
Erste Automobilfabrik von August Horch in<br />
Reichenbach im Vogtland.<br />
Dort richtete der Ingenieur und Unternehmer<br />
August Horch 1902 seine<br />
erste Automobilfabrik in einer<br />
leerstehenden ehemaligen Textilfabrik<br />
ein. Entwickelt hatte er seine Fahrzeuge<br />
schon vorher in seiner Kölner Werkstatt,<br />
kam aber über den Bau von Prototypen<br />
nicht hinaus. Horch war ein Unternehmer,<br />
der selbst anpackte und konstruierte.<br />
So entwickelte er als erster in<br />
Deutschland einen Antrieb mit Kardanwelle.<br />
Er erfand einen neuartigen Spritzdüsenvergaser,<br />
eine verbesserte Magnetzündung<br />
und die „Bergstütze“, eine<br />
gelenkig am Heck angebrachte Stange,<br />
die sich nach Auslösung durch den Fahrer<br />
in die Straßendecke rammte und das<br />
Rückwärtsrollen verhinderte.<br />
Das ehemalige Fabrikgebäude von Horch<br />
setzte die Arbeiterwohlfahrt denkmalgerecht<br />
instand und nutzt es seit 2009 für<br />
ihre Zwecke, stellt aber in einem Raum<br />
im Erdgeschoss noch Horch-Fahrzeuge<br />
aus. Fast 50 Automobile waren in dem<br />
Gebäude bis 1904 gebaut worden, bis die<br />
Fabrik zu klein wurde. Historiker vermuten,<br />
dass Horch weiter ins Zentrum von<br />
Sachsens Industrie und Handel strebte,<br />
vorrangig in die Messestadt Leipzig oder<br />
zumindest nach Zwickau. Und so zog er<br />
schon nach zwei Jahren in eine leerstehende,<br />
aber größere Spinnerei in Zwickau<br />
um. Doch schon 1909 verließ Horch das<br />
Unternehmen, das seinen Namen trug. Er<br />
gründete in unmittelbarer Nähe ein neues<br />
Unternehmen, verlor jedoch den Rechtsstreit<br />
um Führung das Namens Horch.<br />
Daher benannte er seine neue Firma in<br />
„Audi Automobilwerke Zwickau“ um. Ein<br />
genialer Gedanke des zehnjährigen Sohnes<br />
seines Geldgebers Fikentscher, denn<br />
„audi“ ist die lateinische Übersetzung von<br />
„horch!“. Beide Horch-Firmen flossen<br />
schließlich zusammen mit DKW und Wanderer<br />
in die 1931 gegründete Auto Union<br />
AG ein. Diese Gesellschaft wurde 1948<br />
im Handelsregister Chemnitz gelöscht.<br />
Der Weg für die Gründung einer neuen<br />
Auto Union GmbH in Ingolstadt war frei.<br />
Schließlich ging das Unternehmen in der<br />
Volkswagen-Gruppe auf, die heute in Zwickau<br />
ein Fahrzeug- und in Chemnitz ein<br />
Motorenwerk betreibt. Von Horch über<br />
Auto Union, dem Intermezzo der Trabant-<br />
Produktion bis hin zu Volkswagen hat sich<br />
die Region Chemnitz-Zwickau über politische<br />
Zusammenbrüche und Neuanfänge<br />
hinweg ihre Kontinuität als Automobilbau-<br />
Region bewahrt.<br />
W+M<br />
Fotos: Rudolf Miethig (VBIW)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
VBIW | 61<br />
Zukunft der<br />
Wärmeversorgung<br />
Foto: A.Gempeler, Animation: eZeit Ingenieure GmbH, Berlin<br />
Dr. Norbert Mertzsch und Dr.-Ing.<br />
Ernst-Peter Jeremias vom VBIW<br />
hielten auf dem 6. Symposium des<br />
Arbeitskreises „Allgemeine Technologie“<br />
der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften<br />
zu Berlin und des Instituts für Technikfolgenabschätzung<br />
und Systemanalyse<br />
(ITAS) des Karlsruher Instituts für Technologie<br />
einen Vortrag zum Thema „Entwicklungstendenzen<br />
in der Wärmeversorgung“.<br />
Sie unterschieden dabei zwischen<br />
Einkommensenergie wie der Sonnenstrahlung<br />
und Vermögensenergie wie<br />
den fossilen Brennstoffen sowie nuklearen<br />
und geothermischen Energievorräten.<br />
Noch dominieren letztere bei der<br />
Wärmeversorgung, vor allem Erdgas und<br />
Erdöl. Heizöl und Kohle/Koks spielen dagegen<br />
kaum noch eine Rolle. Der Trend<br />
geht offensichtlich zur stärkeren Nutzung<br />
der Einkommensenergie. Für die Gebäudeheizung<br />
wird vorrangig die Solarwärme<br />
genutzt, aber auch sekundäre Ein-<br />
EINLADUNG<br />
Der Vorstand des VBIW lädt die Mitglieder<br />
des Vereins zur Jahreshauptversammlung<br />
ein. Einleitend hält Prof.<br />
Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-<br />
Sozietät, einen Vortrag zum Thema<br />
„Allgemeine Technologie“.<br />
Wann?<br />
30. Januar 2<strong>01</strong>6, 10:00 Uhr<br />
Wo?<br />
IHP GmbH, Im Technologiepark 25,<br />
15236 Frankfurt (Oder)<br />
VBIW – Verein Brandenburgischer<br />
Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />
Landesgeschäftsstelle:<br />
Fürstenwalder Str. 46,<br />
15234 Frankfurt (Oder),<br />
Tel.: 0335 8692151<br />
E-Mail: buero.vbiw@t-online.de<br />
Internet: www.vbiw-ev.de<br />
kommensenergi-<br />
en wie Bioenergie<br />
und Umweltwärme<br />
werden hierfür<br />
eingesetzt.<br />
Eine interessante<br />
Möglichkeit der<br />
Wärmeversorgung<br />
bietet auch die<br />
Energie aus Abwärme.<br />
So sei es für<br />
deren Nutzung vorteilhaft,<br />
wenn diese<br />
direkt in einem<br />
Wärmenetz verteilt<br />
werden kann.<br />
Mertzsch und Jeremias<br />
wiesen auch<br />
auf die Nutzung<br />
von Elektroenergie<br />
für Heizzwecke<br />
hin, denn durch<br />
Windkraft- und Solaranlagen<br />
kann<br />
derzeit zeitweise<br />
ein lokales Überangebot<br />
an Elektroenergie<br />
entstehen. Die Technologie, bekannt<br />
als „Power-to-Heat“, sehen sie als<br />
geeignete Maßnahme des Lastmanagements<br />
für Stromnetze an. Da bisher keine<br />
Stromspeicher in Größenordnungen zur<br />
Verfügung stehen, kann diese Technologie<br />
auch aus ökonomischer Sicht durchaus interessant<br />
sein.<br />
Bei den Wärmespeichern stellten die Referenten<br />
beispielgebend eine besondere<br />
und bereits heute anwendbare Form eines<br />
sensiblen Wärmespeichers der Firma<br />
deematrix Energiesysteme GmbH<br />
aus Fürstenwalde vor. Im Speicher wird<br />
Wärme aus Solarthermiemodulen und<br />
aus Abwärmequellen bis zur Nutzung<br />
zwischengespeichert. Das Gesamtsystem<br />
arbeitet unter Verwendung einer<br />
Wärmepumpe nach der offenen, oszillierenden<br />
Pufferspeichertechnik, einer Entwicklung<br />
der eZeit Ingenieure GmbH aus<br />
Berlin. Der eigentliche Wärmespeicher<br />
Solar-Hybridanlage mit Erdwärmespeicher der deematrix<br />
Energiesysteme GmbH aus Fürstenwalde.<br />
besteht bis zu einer Tiefe von 1,5 Metern<br />
aus mehreren Schichten Erdreich, in denen<br />
Polyethylen-Leitungen verlegt sind.<br />
Nach oben und seitlich ist der Wärmespeicher<br />
gegen Wärmeverluste isoliert.<br />
Nach unten ist er zum angrenzenden Erdreich<br />
offen, so dass auch das unter dem<br />
eTank liegende Erdreich in den Wärmeaustausch<br />
einbezogen wird.<br />
Das Fazit der Referenten: Der Anteil der<br />
Einkommensenergie für die Wärmeversorgung<br />
wird zunehmen. Ihre bestmögliche<br />
Nutzung bieten dabei Fern- und<br />
Nahwärmenetze. Vordringlich sollten<br />
daher vorhandene Wärmenetze erhalten<br />
und neben den rahmenrechtlichen<br />
Bedingungen zwingend marktregulierende<br />
Anreize für die Forschung, Weiterentwicklung<br />
und Einsatzförderung der neuen<br />
Technologien geschaffen werden.<br />
Rudolf Miethig (VBIW)<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
62 | W+M NETZWERK<br />
UV Brandenburg-Berlin<br />
FÜHRUNGSKRÄFTE IN BEWEGUNG<br />
Die Teilnehmer der Veranstaltung beim Rundgang durch das Klinikum.<br />
FAHRTRAINING LOHNT<br />
Eine gemeinsame<br />
Veranstaltung<br />
des BER Business<br />
Clubs und der Initiative<br />
der Unternehmerinnen<br />
des<br />
Unternehmerverbands<br />
Brandenburg-Berlin<br />
fand<br />
Mitte September<br />
im HELIOS Klinikum<br />
Emil von<br />
Behring in Berlin-<br />
Zehlendorf statt.<br />
Das Thema lautete:<br />
„Führungskräfte<br />
bleiben in<br />
Bewegung – Gesundheit gehört zur Arbeitswelt<br />
der Zukunft“. Ralf Lange, Klinikgeschäftsführer<br />
des HELIOS Klinikums,<br />
begrüßte die Gäste und stellte das Unternehmen<br />
vor. In einem Vortrag von Dr.<br />
med. Birgit Hildebrandt, Fachärztin für Innere<br />
Medizin und Medizinische Leitung<br />
des HELIOS Prevention Centers, erfuhren<br />
die Unternehmer- und Unternehmerinnen,<br />
wie man trotz täglicher Arbeit<br />
unter Hochdruck gesund bleiben kann.<br />
Sie gab Tipps zum Selbstmanagement<br />
und Anregungen zur Gestaltung eines<br />
gesünderen Tagesablaufs. Nach einem<br />
Blick hinter die Kulissen der Klinik konnte<br />
der Abend mit interessanten Gesprächen<br />
ausklingen.<br />
DER WEG ZU DEN<br />
FÖRDERTÖPFEN<br />
Gökhan C. Teke (l.) mit Gastgeber Nico Danneberg bei den Potsdamer Gesprächen.<br />
Das ADAC-Fahrsicherheitszentrum in Linthe<br />
wurde Anfang November von Gökhan<br />
C. Teke bei den Potsdamer Gesprächen<br />
vorgestellt. Nicht nur, dass nun alle den<br />
Ort Linthe kennen, auch der Vortrag war<br />
so interessant, dass einige Mitglieder des<br />
UV Brandenburg-Berlin sich schon zu einem<br />
Besuch dort angekündigt haben.<br />
Teke erklärte, dass einige Versicherungen<br />
ein erfolgreich absolviertes Fahrsicherheitstraining<br />
in der Beitragsberechnung<br />
wohlwollend berücksichtigen. Es<br />
kann sich also lohnen, das Trainingsgelände<br />
an der A9 zu besuchen.<br />
International ging es im zweiten Teil des<br />
Abends zu: Jens Ullmann, Fachbereichsleiter<br />
International der IHK Potsdam, berichtete<br />
über 25 Jahre Außenwirtschaft<br />
aus der Sicht der Wirtschaft. Medikamente,<br />
Zulieferteile der Automobilindustrie<br />
und Maschinen sind die Brandenburger<br />
Exportgüter. Ullmann nannte als stärksten<br />
Wachstumsmarkt die USA, auch begünstigt<br />
durch den schwachen Euro.<br />
€<br />
Die 10. Potsdamer Gespräche<br />
nutzte Ron Heynlein,<br />
um sein Unternehmen – die<br />
Agentur für Technologie und<br />
Netzwerke GmbH (AteNe) – vorzustellen.<br />
Die AteNe betreibt Fördermittelberatung<br />
und unterstützt mittelständische<br />
Unternehmen dabei, für technologische<br />
Neuerungen Mittel aus unterschiedlichen<br />
Fördertöpfen von Land, Bund und<br />
EU zu erhalten. Das Unternehmen ist bereits<br />
seit 2000 am Markt und hat seitdem<br />
über 1.000 Projekte erfolgreich umgesetzt.<br />
Ron Heynlein über seine Leistung<br />
bei den Fördermittelanträgen: „Wir sind<br />
Dolmetscher, die verstehen, was Technik<br />
ist.“ Dazu passend war auch die zweite<br />
Präsentation: Jörn Hänsel vom Büro für<br />
Fachkräftesicherung der ZukunftsAgentur<br />
Brandenburg (ZAB) berichtete<br />
über die vielfältigen<br />
geförderten Möglichkeiten<br />
der ZAB, Studenten<br />
und Absolventen<br />
frühzeitig an<br />
das Unternehmen<br />
zu binden.<br />
€<br />
€<br />
Fotos: Audita/Jörg Kobs (oben), Bolko Bouché (unten)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
UNTERNEHMERVERBÄNDE | 63<br />
Fotos: Claudia Koslowski/UV Sachsen<br />
UV Sachsen<br />
OBERBÜRGERMEISTER TRIFFT UNTERNEHMER<br />
Oberbürgermeister Burkhard Jung (3. v. r.) während der Podiumsdiskussion.<br />
SCHWERPUNKTE FÜR 2<strong>01</strong>6 FIXIERT<br />
Anfang Oktober trafen sich die Präsidiums-<br />
und Vorstandsmitglieder des Unternehmerverbandes<br />
Sachsen zu einer<br />
Klausurtagung am Fleesensee. Erstmals<br />
mit dabei war Rainer Dürndorfer, Niederlassungsleiter<br />
der Bardusch GmbH<br />
& Co. KG in Dresden und Falkensee, der<br />
gemeinsam mit Volker Wahl, Geschäftsführer<br />
der WaCo Gerätetechnik GmbH,<br />
die Region Dresden im höchsten Gremium<br />
des Verbandes stärker vertreten<br />
werden. In der zweitägigen Tagung wurden<br />
die politischen Schwerpunkte und<br />
die geplanten Veranstaltungen für das<br />
Jahr 2<strong>01</strong>6 gesetzt sowie über aktuelle<br />
Probleme und die Lösungsansätze des<br />
Verbandes diskutiert. Teilnehmer waren<br />
Präsident Hartmut Bunsen, die Vizepräsidenten<br />
Mike Klaus Barke, Ullrich<br />
Hintzen, Rüdiger Lorch sowie Dr.<br />
Um einen Rückblick auf das endende Jahr<br />
und Pläne und Prognosen für 2<strong>01</strong>6 ging es<br />
beim traditionellen Unternehmergespräch<br />
mit Burkhard Jung, Oberbürgermeister der<br />
Stadt Leipzig. In einer Podiumsdiskussion<br />
und offenen Fragerunde wurde das Thema<br />
Wirtschaftsverkehr in Leipzig diskutiert sowie<br />
die Fragen „Wie erreichen wir die Akzeptanz<br />
in der Bevölkerung und in den Unternehmen<br />
bei der Aufnahme von Asyl-Suchenden?<br />
Was können wir als Wirtschaft<br />
dazu beitragen? Wie steht es um die Entwicklung<br />
des Wirtschaftswachstums und<br />
das Finanzaufkommen im Haushalt der<br />
Stadt Leipzig?“ erörtert. Mit dabei waren<br />
unter anderem die Präsidenten der IHK zu<br />
Leipzig, der HWK zu Leipzig und Vertreter<br />
des Vereins Gemeinsam für Leipzig e. V.<br />
UV-Präsident Hartmut Bunsen lud zur<br />
Klausurtagung.<br />
Mathias Reuschel, Schatzmeister Steffen<br />
Matysek, die Vorstände Marc Melzer<br />
und Jürgen Zeibig, Rainer Dürndorfer<br />
sowie Geschäftsführer Lars Schaller.<br />
GESCHÄFTSSTELLEN<br />
Unternehmerverband Berlin e. V.<br />
Präsident: Armin Pempe<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführer: N. N.<br />
Frankfurter Allee 202, 10365 Berlin<br />
Tel.: +49 30 9818500<br />
Fax: +49 30 9827239<br />
E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />
Internet: www.uv-berlin.de<br />
Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />
Präsident: Dr. Burkhardt Greiff<br />
Geschäftsführer: Steffen Heller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Jägerstraße 18, 14467 Potsdam<br />
Tel.: +49 331 810306<br />
Fax: +49 331 8170835<br />
E-Mail: potsdam@uv-bb.de<br />
Internet: www.uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Charlottenstraße 80, 1<strong>01</strong>17 Berlin<br />
Tel.: +49 30 2045990<br />
Fax: +49 30 20959999<br />
E-Mail: berlin@uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Cottbus<br />
Schillerstraße 71, 03046 Cottbus<br />
Tel.: +49 355 22658<br />
Fax: +49 355 22659<br />
E-Mail: cottbus@uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Fürstenwalde<br />
Tränkeweg 13, 15517 Fürstenwalde<br />
Tel.: +49 3361 55630<br />
Fax: +49 3361 556311<br />
E-Mail: fuerstenwalde@uv-bb.de<br />
Unternehmerverband Norddeutschland<br />
Mecklenburg-Schwerin e. V.<br />
Präsident: Rolf Paukstat<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführer: Wolfgang Schröder<br />
Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />
Tel.: +49 385 569333<br />
Fax: +49 385 5685<strong>01</strong><br />
E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />
Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Rostock-Mittleres<br />
Mecklenburg e. V.<br />
Präsident: Frank Haacker<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />
Wilhelm-Külz-Platz 4<br />
18055 Rostock<br />
Tel.: +49 381 242580<br />
Fax: +49 381 2425818<br />
E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />
Internet: www.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />
Präsident: Hartmut Bunsen<br />
Geschäftsführer: Lars Schaller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />
Tel.: +49 341 52625844<br />
Fax: +49 341 52625833<br />
E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />
Internet: www.uv-sachsen.de<br />
Geschäftsstelle Chemnitz<br />
Repräsentantin: Gabriele Hofmann-Hunger<br />
Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />
Tel.: +49 371 49512912<br />
Fax: +49 371 49512916<br />
E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />
Geschäftsstelle Dresden<br />
Repräsentant: Klaus-Dieter Lindeck<br />
Semperstraße 2b, <strong>01</strong>069 Dresden<br />
Tel.: +49 351 8996467<br />
Fax: +49 351 8996749<br />
E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />
Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />
Präsident: Jürgen Sperlich<br />
Geschäftsführer: Dr. Andreas Golbs<br />
Geschäftsstelle Halle/Saale<br />
Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />
Tel.: +49 345 78230924<br />
Fax: +49 345 7823467<br />
Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />
Präsident: Jens Wenzke<br />
c/o IHK Erfurt - Abteilung Standortpolitik<br />
Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />
Tel.: +49 361 4930811<br />
Fax: +49 361 4930826<br />
E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />
Internet: www.uv-thueringen.de<br />
Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />
Präsident: Gerold Jürgens<br />
Geschäftsführer: Thomas Möller<br />
Geschäftsstelle<br />
Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />
Tel.: +49 3834 835823<br />
Fax: +49 3834 835825<br />
E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />
Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
64 | W+M PORTRÄTS<br />
Matthias Ludwig<br />
Mister Polo<br />
VISIONÄRE<br />
Matthias Ludwig ist groß gewachsen,<br />
schlank und sieht vielleicht<br />
nicht wie der Betreiber eines<br />
SEBAGO-Stores aus, aber alles in allem<br />
könnte er schon einem dieser Kataloge<br />
entsprungen sein. Er macht so überhaupt<br />
nicht den Eindruck eines knallharten Unternehmers<br />
und das Gen, das viele Unternehmer<br />
ungeduldig, schnell und manchmal<br />
auch so distanziert erscheinen lässt,<br />
ist bei ihm einfach nicht da. Was treibt<br />
so einen in die Selbstständigkeit? War<br />
es die Langeweile im gut dotierten Job<br />
beim Fernsehen? Übermut? Frühe Midlife-Crisis?<br />
STECKBRIEF<br />
Matthias Ludwig wurde 1971 in Halle<br />
geboren. Die Mutter Psychologin, der<br />
Vater beim Deutschen Fernsehfunk Regisseur<br />
und Kameramann. Ludwig liebäugelte<br />
zwar mit beiden Perspektiven,<br />
ging dann aber 1990 zum Deutschen<br />
Fernsehfunk (DFF) bis der kurze Zeit<br />
später zum Mitteldeutschen Rundfunk<br />
(MDR) wurde. Fast 25 Jahre arbeitete er<br />
als Bildjournalist und Cutter dort. Lange<br />
bevor der endgültige Ausstieg kam, begann<br />
er nebenbei Jobs zu erledigen. So<br />
hatte er eine eigene Produktionsfirma,<br />
betrieb Verkaufsstände zur HanseSail<br />
und bei anderen Gelegenheiten. Seit<br />
2<strong>01</strong>0 war er schon dabei, Poloturniere an<br />
der Ostsee zu organisieren. Durch einen<br />
Zufall ergab sich 2<strong>01</strong>1 auch die Möglichkeit,<br />
einen Store für maritime Mode in<br />
Warnemünde zu eröffnen. Im September<br />
2<strong>01</strong>4 war dann endgültig Schluss mit<br />
der Festanstellung. Seitdem konzentriert<br />
sich Ludwig auf seinen SEBAGO-Store<br />
und etabliert sich als Organisator von<br />
Beach-Polo-Turnieren im schönen Warnemünde<br />
an der Ostsee.<br />
Mit ruhiger Stimme versucht<br />
er zu erklären, was<br />
ihn so treibt und er findet<br />
dafür kaum die richtigen<br />
Worte. Weder Langeweile<br />
noch ein Krise<br />
waren es, die seinen Werdegang<br />
bestimmten. Vielmehr<br />
ist es der Perfektionist<br />
in ihm, der immer alles gut machen<br />
will und Gefallen an vielem findet.<br />
Er ist ein Macher und der Präzisionsanspruch<br />
ist vom Vater geerbt. Viel<br />
Arbeit ist keine Belastung, wenn sie denn<br />
Freude macht. So lebte er schon Jahre an<br />
der Ostsee, betrieb seinen Store in Warnemünde,<br />
organisierte Poloturniere und<br />
arbeitete hauptberuflich in Leipzig beim<br />
MDR. Pendeln über 600 Kilometer Autobahn<br />
gehörte zum wöchentlichen Plan.<br />
Sich aus der vermeintlichen Sicherheit einer<br />
Festanstellung zu lösen, war nicht so<br />
einfach und er entschloss sich dazu erst<br />
nach vielen Jahren.<br />
Ludwig ist ein Freund von Netzwerken<br />
und hat Bekannte scheinbar überall. Seine<br />
verbindliche Art schafft schnell Vertrauen.<br />
Und doch ist er ein Einzelkämpfer.<br />
Was er sich in den Kopf setzt, will er<br />
auch umsetzen und das dann auch richtig<br />
gut. Da stört manchmal ein großes<br />
Team oder ein ansonsten hilfreicher Partner.<br />
So ein Poloturnier zu organisieren,<br />
wie zuletzt im Mai 2<strong>01</strong>5, setzt Nervenstärke<br />
voraus. Man braucht Sponsoren,<br />
diese brauchen Zuschauer und eine tolle<br />
Location. Die will gefunden sein und<br />
braucht eine Unmenge an bürokratischen<br />
Bescheiden. Das alles schreckt ihn nicht.<br />
Mit fast stoischer Ruhe, steht er mal hinterm<br />
Ladentisch, mal bei einem Kunden,<br />
fast immer mit dem Smartphone in der<br />
Hand. Und dann ist es<br />
soweit. Das Turnier beginnt und da<br />
ist er wieder, der Perfektionist und Einzelkämpfer,<br />
der im Türrahmen steht, mit<br />
Besuchern, Sponsoren und Poloreitern<br />
spricht, immer einen Blick auf das wechselnde<br />
Wetter und den ganzen Ablauf<br />
hat. Ludwig braucht den Stress, er will<br />
es, weil es toll ist und eben dazu gehört,<br />
wenn man etwas erreichen will. „Von nix<br />
kommt nix!“<br />
Nun ist Polo ja gerade ein Sport für Leute,<br />
die es sich leisten können, mehrere<br />
besondere Pferde und noch allerhand<br />
mehr zu besitzen, um diesem Sport zu<br />
frönen. Wie kommt man denn auf Polo,<br />
wenn man nicht mit Pferden aufgewachsen<br />
ist? Die Antwort kommt ohne Nachzudenken.<br />
„Ich liebe das Besondere.“ Er<br />
mag Menschen, die ihren Traum leben<br />
und eigentlich tut er das auch. Dabei ist<br />
er weniger der Träumer, für den mancher<br />
ihn hält, sondern einfach ein Unternehmer,<br />
der unabhängig sein will und damit<br />
ganz gut klarkommt. Das Polofeld und<br />
sein Store sind circa 300 Schritte voneinander<br />
entfernt. Und das in Warnemünde,<br />
dort wo andere gern Urlaub machen.<br />
Foto: Ralf Succo/SuccoMedia<br />
Frank Nehring<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
MACHER<br />
W+M PORTRÄTS | 65<br />
Jörg Woltmann<br />
Patriotischer Banker<br />
Foto: KPM<br />
Jörg Woltmann ist in Berlin eine Instanz<br />
und regelmäßig auf den Boulevardseiten<br />
der Berliner Tageszeitungen<br />
zu sehen. Und dennoch ist er eher<br />
ein leiser Mensch. Zu seiner Medienpräsenz<br />
hat wohl vor allem sein Engagement<br />
bei der Übernahme der KPM, der Königlich-Preußischen<br />
Porzellanmanufaktur, im<br />
Jahr 2006 beigetragen. Wenn man Offizielles<br />
über ihn liest, entspricht er allen<br />
Klischees eines West-Berliner Bankiers.<br />
Gepflegte Erscheinung, ruhiges und bedachtes<br />
Auftreten, Leidenschaft für schöne<br />
Dinge, Fahrer eines Luxuswagens,<br />
Sammler von alten Autos. Und außerdem<br />
gehört er zu dem kleinen Kreis derer, die<br />
es sich heute leisten können, kein Handy<br />
zu haben. Er hat zwar eines, aber nur sieben<br />
Personen kennen die Nummer und<br />
nutzen sie nur im Notfall.<br />
Woltmanns Karriere begann zwar nicht<br />
als Tellerwäscher, aber als 18-Jähriger mit<br />
kleinem Autohandel. Noch während des<br />
BWL-Studiums entstanden daraus vier<br />
Autohäuser. Die hat er dann 1974 verkauft<br />
und sich einen Rolls-Royce, eine<br />
teure Uhr und ein Kurland-Porzellan-Service<br />
von KMP gekauft. Da war er 27 Jahre<br />
alt. Den Wagen hat er gegen einige<br />
andere Fahrzeuge gleichen<br />
Kalibers ersetzt,<br />
die Uhr vermutlich auch,<br />
aber vom Kurland-Service<br />
aus der Manufaktur,<br />
die ihm heute allein gehört,<br />
hat er sich angeblich nie getrennt.<br />
Danach ging es Schlag<br />
auf Schlag. Der Bankkaufmann<br />
und studierte BWLer gründete mit<br />
einem Mix aus Geschäftssinn und Naivität<br />
eine Bank und wurde so mit 32 Jahren<br />
jüngster Bankier Deutschlands. Die<br />
Bank wurde größer und die Geschäfte<br />
liefen gut.<br />
Seriosität, Risikobewusstsein und Ausdauer<br />
sind die Grundlagen für Woltmanns<br />
Geradlinigkeit. Woltmann ist kein<br />
klassischer Visionär, seine persönlichen<br />
Träume hat er sich schon erfüllt, die Gesundheit<br />
und die Familie sind ihm wichtig.<br />
Die unternehmerischen Transfers<br />
wie der Kauf einer Brauerei in Thüringen<br />
oder anderes ergaben sich mehr zufällig.<br />
Selbst der Kauf der Porzellanmanufaktur<br />
KPM, die 1763 von Friedrich dem Großen<br />
gegründet wurde, ergab sich für ihn als<br />
beteiligten Banker. Dahinter stand keine<br />
langfristige Wachstumsstrategie. Woltmann<br />
sagt: „Das hat sich einfach so ergeben.<br />
Vieles war – einfach gesagt – Zufall<br />
und bei der KPM war es fast ein patriotischer<br />
Akt. Das älteste Berliner Unternehmen<br />
kann man nicht einfach in die<br />
Insolvenz oder in völlig fremde Hände<br />
gehen lassen.“ Auf den Besitz von KPM<br />
kann Woltmann wirklich stolz sein, es ist<br />
ein Unternehmen, das Tradition und Moderne,<br />
Lebensqualität und Luxus vereint.<br />
Aber es braucht mehr als einen Unternehmenslenker,<br />
sondern auch einen Mäzen.<br />
Woltmann will beides sein und ist sich<br />
dessen bewusst. Er versteht es als einen<br />
wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.<br />
Und wie geht es weiter? Woltmann ist<br />
heute 68 Jahre alt und denkt zwar noch<br />
nicht ans Aufhören, aber für eine Bank<br />
ist es heutzutage vermutlich nicht so einfach,<br />
einen Nachfolger zu finden, und für<br />
die KPM, die mehr ein Kulturgut für Mäzene<br />
ist als ein Geschäftsfeld für Unternehmer,<br />
sieht es noch schwieriger aus. Aber<br />
für Woltmann hat sich immer „etwas ergeben“,<br />
sicher auch bei diesen Themen.<br />
Frank Nehring<br />
STECKBRIEF<br />
Jörg Woltmann wurde 1947 in Berlin<br />
geboren und wuchs mit seinem älteren<br />
Bruder bei der Mutter in einfachen Verhältnissen<br />
auf. Die Mutter fertigte und<br />
handelte mit Damenoberbekleidung.<br />
Die Söhne mussten schon früh ran<br />
und mithelfen. Dem Abitur folgte die<br />
Banklehre im Berliner Bankhaus Lampe.<br />
Nach dem BWL-Studium machte<br />
er sich mit einem Partner als Finanzberater<br />
selbstständig. 1979 entstand daraus<br />
die Gründung der Privatbank, die<br />
seit kurzem Allgemeine Beamtenbank<br />
heißt. 2006 übernahm er die Königliche<br />
Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) und<br />
rettete damit das älteste Traditionsunternehmen<br />
der Stadt vor der Insolvenz.<br />
Woltmann ist verheiratet. 1985 wurde<br />
Tochter Sandra-Sophie geboren, die<br />
heute als Designerin in der väterlichen<br />
KPM tätig ist. Gerade hat er den Verdienstorden<br />
des Landes Berlins bekommen.<br />
Als Präsident des Berlin Capital<br />
Clubs unterstützt er die vielfältigen Aktivitäten<br />
dieses Privatclubs, der sich als<br />
erste Adresse für Business-Kontakte in<br />
der Hauptstadt sieht.<br />
www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
66 | W+M DIE LETZTE SEITE<br />
REGIONAL<br />
QUALITÄT<br />
Ausblick auf die nächste Ausgabe<br />
Ostprodukte:<br />
Die unheimliche Renaissance<br />
OSTPRODUKT<br />
Nach der Deutschen Einheit fristeten<br />
die einstigen DDR-Marken zunächst<br />
ein trostloses Dasein. Die<br />
einst – auch wegen der Alternativlosigkeit<br />
– geschätzten Ostprodukte verkamen<br />
zu Ladenhütern. Die meisten Hersteller<br />
gerieten dadurch in wirtschaftliche<br />
Turbulenzen, viele von ihnen landeten in<br />
der Insolvenz. Doch inzwischen hat sich<br />
das Konsumverhalten gewandelt: Die Bürger<br />
in den neuen Ländern stehen wieder<br />
auf heimische Erzeugnisse. Ostprodukte<br />
erleben eine nahezu unheimliche Renaissance.<br />
In unserem Titelthema verfolgen<br />
wir die Erfolgsspur bekannter ostdeutscher<br />
Marken, die ihren Siegeszug<br />
zum Teil bis zum Endverbraucher in den<br />
alten Ländern fortgesetzt haben. Wir gehen<br />
der Frage nach, warum Ostprodukte<br />
heute so begehrt sind. Steckt dahinter<br />
Nostalgie oder liegt es am Produktdesign<br />
und der Qualität?<br />
Wenige Wochen vor der Landtagswahl am<br />
13. März 2<strong>01</strong>6 blicken wir nach Sachsen-<br />
Anhalt. Wir analysieren, wie die Wirtschaft<br />
des Landes in den vergangenen fünf Jahren<br />
vorangekommen ist. Und: Welche politische<br />
Konstellation streben die Wähler in<br />
Sachsen-Anhalt an – soll die in den Umfragen<br />
klar führende CDU weiterregieren,<br />
oder wird nach Thüringen erneut ein Linker<br />
Ministerpräsident in einem ostdeutschen<br />
Bundesland? Dazu: ein Bilanz-Interview<br />
mit Ministerpräsident Rainer Haseloff<br />
(CDU).<br />
Darüber hinaus lesen Sie wie gewohnt interessante<br />
Beiträge über die neuen Länder<br />
und aktuelle politische Aspekte sowie<br />
einen ausführlichen Ratgeberteil.<br />
Die nächste W+M-Ausgabe erscheint am<br />
25. Februar 2<strong>01</strong>6.<br />
PERSONENREGISTER<br />
Bade, Christoph 56<br />
Balle, Kathleen 38<br />
Banse, Gerhard 61<br />
Barke, Mike Klaus 63<br />
Baumeister, Roy 49<br />
Baumgartner, Paul Johannes 58<br />
Benesch, Matthias 7<br />
Bormann, Michael 48<br />
Börner, Marcus 46<br />
Bösch, Julia 26<br />
Branoner, Wolfgang 19<br />
Braun, Sebastian F. 56<br />
Buchter, Heike 49<br />
Bunsen, Hartmut 55, 63<br />
Claussen, Moritz 26, 46<br />
Cramer, Heiko 11<br />
Czaja, Mario 40/41<br />
Damm, Rocco 7<br />
Danneberg, Nico 62<br />
Dinger, Livia 55<br />
Dubberstein, Bernd 16/17<br />
Dürndorfer, Rainer 63<br />
Ekkernkamp, Axel 39<br />
Fardi, Basel 11<br />
Fehrenbach, Franz 10<br />
Ferris, Timothy 49<br />
Fischer, Mike 59<br />
Franzke, Stefan 19<br />
Galander, Michael 14<br />
George, Klaus 30<br />
Glawe, Harry 35<br />
Gleicke, Iris 54<br />
Gräff, Christian 26<br />
Gühler, Gerhard 56<br />
Gysi, Gregor 19, 30<br />
Hähle, Klaus 7<br />
Hähle, Ralf-Peter 7<br />
Hänsel, Jörn 62<br />
Hartmann, Alexander 59<br />
Haseloff, Rainer 66<br />
Hering, Lutz 7<br />
Heynlein, Ron 62<br />
Hildebrandt, Alexandra 50/51<br />
Hildebrandt, Birgit 62<br />
Hintzen, Ullrich 63<br />
Hoppe, Christian 46, 47<br />
Janssen, Bodo 58<br />
Jeremias, Ernst-Peter 61<br />
Jung, Burkhard 55, 63<br />
Jürgens, Gerold 56<br />
Kahnemann, Daniel 49<br />
Kastirr, Wolfgang 57<br />
Kieker, Burkhard 34<br />
Kohl, Helmut 30<br />
Kohl, Walter 59<br />
Köpping, Petra 8<br />
Kröger-Schumann, Petra 11<br />
Krone, Eckhard 11<br />
Kubicki, Wolfgang 32<br />
Kühne, Stefan 13<br />
Lambert, Jérôme 51<br />
Lange, Ralf 62<br />
Lehmann, Robert 33<br />
Lorch, Rüdiger 63<br />
Ludwig, Matthias 64<br />
Mankiw, N. Gregory 49<br />
Matysek, Steffen 63<br />
Meisner, Norbert 19<br />
Melzer, Marc 63<br />
Merkel, Angela 30<br />
Mertzsch, Norbert 61<br />
Möllring, Hartmut 36<br />
Müller, Michael 20-22<br />
Neumann, Oliver 46<br />
Nikutta, Sigrid 10, 54<br />
Oehmichen, Frank 38<br />
Oelrich, Stefan 34<br />
Ohoven, Mario 8<br />
Oster, Oliver 46<br />
Paukstat, Rolf 56<br />
Pegel, Christian 16/17, 56<br />
Pieroth, Elmar 19<br />
Pinkwart, Andreas 10<br />
Platzeck, Matthias 10, 54<br />
Pflanz, Clemens 50<br />
Ragnitz, Joachim 29, 33<br />
Reuschel, Mathias 63<br />
Ritter, Jörg 54<br />
Rojas, Raúl 24<br />
Rötgers, Mike 46<br />
Rudolph, Stefan 56<br />
Rumpf, Marco 7<br />
Rumstich, Katja 7<br />
Rumstich, Volker 7<br />
Sachse, Hannelore 7<br />
Satzinger, Martina 52<br />
Sauter, Claus 8<br />
Schaller, Lars 55, 63<br />
Schäuble, Wolfgang 30<br />
Scheler, Ralf 6<br />
Schmidt, Herbert 12<br />
Schmidt, Peggy 55<br />
Schmidt, Thomas 8<br />
Schneider, Georg 58<br />
Schneider, Heiko 59<br />
Schröder, Gerhard 30<br />
Schröder, Wolfgang 56<br />
Schulz, Thomas 49<br />
Seelige-Steinhoff, Rolf 57<br />
Sellering, Erwin 56<br />
Söllner, Albrecht 49<br />
Staats, Josefine 28<br />
Taylor, Mark P. 49<br />
Teke, Gökhan C. 62<br />
Thunemann, Rüdiger 12<br />
Tierney, John 49<br />
Tillich, Stanislaw 9<br />
Ullmann, Jens 62<br />
Vance, Ashlee 49<br />
Varoufakis, Yanis 49<br />
von Friesen, Juliane 19<br />
von Nathusius, Heinrich 10, 54<br />
von Obernitz, Sybille 19<br />
Wahl, Volker 63<br />
Wallauer, Ottmar 16/17<br />
Walter-Borjans, Norbert 32<br />
Weiße, Toralf 6<br />
Winter, Alexander 6<br />
Wöhe, Günter 49<br />
Wolf, Harald 19<br />
Woltmann, Jörg 65<br />
Woltmann, Sandra-Sophie 65<br />
Wowereit, Klaus 10, 29<br />
Yzer, Cornelia 19, 26<br />
Zaiß, Peter 7<br />
Zeibig, Jürgen 63<br />
Zill, Alexander 10/11<br />
Zill, Jochen 10/11<br />
Zill, Wilfried 10/11<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 1/2<strong>01</strong>6
FRIEDEN<br />
GLÜCK &<br />
GESUNDHEIT<br />
HOHE<br />
ANERKENNUNG<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />
WÜNSCHT<br />
VIEL ERFOLG IM JAHR<br />
GUTE IDEEN<br />
ZUFRIEDENE<br />
KUNDEN<br />
2<strong>01</strong>6<br />
KOMPETENTE<br />
FACHKRÄFTE<br />
VOLLE<br />
AUFTRAGS-<br />
BÜCHER<br />
KONTINUIERLICHES<br />
UMSATZWACHSTUM<br />
ZÜGIGER<br />
INFRASTRUKTUR-<br />
AUSBAU<br />
SINKENDE<br />
ENERGIEKOSTEN<br />
BREITBAND<br />
FÜR ALLE
Typisch Berlin:<br />
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Denken.<br />
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