Schlesischer Gottesfreund
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zurauben. Ich aber wollte nach Torgau, das lag in der<br />
sowjetischen Zone. So mußte ich in Hoyerswerda aus dem<br />
Waggon und die Fahrt im Bremserhaus fortsetzen! In Fal-<br />
Präses und Bürgermeister Andreas Böer (links) und Regionalbischof<br />
Dr. Hans-Wilhelm Pietz bei einem Empfang im Jahre<br />
2006 Foto: ANN<br />
Er ist ein leidenschaftlicher und ausdauernder Wanderer.<br />
Da kann es schon in der Frühe losgehen. Da<br />
ziehen ihn gerade die hohen Berge an. Da scheut er<br />
jene Anstrengung nicht, die vor dem Erlebnis von Weite<br />
steht. Seine Begeisterungsfähigkeit und Hartnäckigkeit ziehen<br />
andere dabei mit. Richtig schön aber wird es für ihn<br />
und die, die ihn begleiten, wenn nach dem Weg die<br />
Heimkehr gelungen ist. Richtig schön ist es im Vertrauten,<br />
am konkreten Ort. So erleben wir Andreas Böer im Trubel<br />
der Hauptstadt Berlin - als Präses der Synode einer Landeskirche,<br />
die von der Prignitz und dem Oderbruch über<br />
Brandenburg und Potsdam bis nach Cottbus und Görlitz<br />
reicht. So kann er in den Ministerien der Landeshauptstadt<br />
Dresden trefflich für die Menschen in der Oberlausitz streiten.<br />
So ist er ein nachhaltiger Förderer konkreter Bürgerbegegnung<br />
in Europa, hat in Polen und Italien, in Tschechien<br />
und Deutschland einen Namen als Mitbegründer der<br />
Eurocommunale, eines jährlichen Treffens europäischer<br />
Partnerstädte. Zuhause aber ist Andreas Böer in Reichenbach,<br />
der kleinen Stadt an der alten Grenze und Verbindungslinie<br />
zwischen Sachsen und Preußen.<br />
In Reichenbach/OL. ist er in den 50´er und frühen 60´er<br />
Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufgewachsen. Die<br />
BEITRÄGE<br />
kenberg verließ ich den Zug. Schlesien, unser liebes Heimatland<br />
- auch seit Jahrhunderten das Land aller meiner<br />
Vorfahren - lag erst einmal hinter mir. �<br />
Wer bewahren will, muß Veränderungen gestalten<br />
Zum 60. Geburtstag von Andreas Böer am 25. Januar 2010<br />
REGIONALBISCHOF DR. HANS-WILHELM PIETZ<br />
Flüchtlinge und Vertriebenen, die westlich der Neiße eine<br />
Bleibe gefunden hatten, haben schon dem Kind etwas vom<br />
Leid des Krieges und von der Aufgabe, einander Heimat zu<br />
geben, aber auch viel vom Reichtum der schlesischen Geschichte<br />
und Frömmigkeit nahegebracht.<br />
Die Ideologisierung im SED-Staat hat sein Empfinden<br />
für Wahrhaftigkeit und die Bedeutung von Zivilcourage<br />
wachsen lassen. Und wie sich die Klarheit im Bekennen<br />
des christlichen Glaubens mit einer intellektuellen Weite<br />
und einem sozialen Engagement zum Wohl der Menschen<br />
und der Gesellschaft stimmig verbinden, das hat Andreas<br />
Böer im Elternhaus erfahren. Im Haus des Reichenbacher<br />
Superintendenten Johannes Böer war ja deutlich: Eine<br />
lebendige Frömmigkeit und eine glaubwürdige Haltung in<br />
der Familie und Öffentlichkeit gehen Hand in Hand.<br />
So gehörte es für ihn zur Folgerichtigkeit seiner Entwicklung,<br />
in der DDR auf Anpassungsschritte zu verzichten<br />
und damit zu leben, daß man ihm den Zugang zum<br />
Abitur verweigerte. Nach der Ausbildung als Funkmechaniker<br />
wurde er im Beruf und in den Aufgabenfeldern der<br />
Gemeinde schon frühzeitig zur Vertrauensperson. Dabei<br />
machte er es sich und anderen nicht bequem. Ein Zeugnis<br />
dafür ist ein 1987 von der Wochenzeitung „Die Kirche“<br />
veröffentlichter Aufruf Andreas Böers „Von ängstlicher<br />
Anpassung zu befreiender Aufrichtigkeit“. Darin heißt es:<br />
„Unser privater Frieden geht uns über alles. Was nach<br />
Problemen aussieht, versuchen wir, so weit wie möglich<br />
von uns zu schieben. Um nicht aufzufallen, beschränken<br />
wir uns und unseren Horizont immer mehr. Unsere Konstruktivität<br />
besteht höchstens noch im Herumnörgeln und<br />
Meckern an allem und allen.<br />
Wenn wir versuchen, von Gottes Wort her zu leben,<br />
stellen wir fest, daß ganz anderes gefragt ist. Wir selbst<br />
werden angefragt: nach unserem Umgang mit dem Menschen<br />
von nebenan, nach dem Umgang mit der Natur, nach<br />
unserem Einwirken auf die Gesellschaft, nach unserem<br />
Mittun in der Kirche.“<br />
Ich bin gefragt. Ich bin herausgefordert. Wir dürfen leben<br />
und gestalten: Von solchen Glaubenseinsichten hat sich<br />
der jetzt 60-Jährige leiten lassen und läßt er sich leiten: in<br />
der eigenen Ehe und Familie, als Vater und Großvater, in<br />
seinen kirchlichen und öffentlichen Ämtern.<br />
Im Juni 1990 wurde er zum Präses der Synode der<br />
Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes gewählt.<br />
Maßgeblich hat er in diesem kirchenleitenden Amt<br />
die Wege seiner schlesischen Heimatkirche mitbestimmt,