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MOTORRAD 03/2016

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<strong>03</strong> 22. 1. <strong>2016</strong><br />

www.motorradonline.de<br />

TOP-TEST<br />

Honda Africa Twin<br />

DIE EXTRAVAGANTE<br />

DUCATI XDIAVEL<br />

Eisiges<br />

Kanada<br />

Motorräder<br />

verschicken<br />

+ + Fahrbericht: Neue<br />

Glühendes<br />

Bolivien<br />

Triumph Speed Triple<br />

+ + Motorrad-Anhänger:<br />

kaufen und beladen<br />

Rallye Dakar:<br />

Warum KTM immer gewinnt<br />

ELEKTRONISCHE FAHRWERKE<br />

Revolution durch Hightech?<br />

Deutschland 3,90 €<br />

Österreich 4,40 € Schweiz 7,70 sFr<br />

BeNeLux 4,60 € Dänemark DKR 43,00<br />

Finnland 5,90 € Griechenland 5,70 € Italien 5,20 €<br />

Slowenien 5,20 € Spanien 5,20 € Kanaren 5,40 €


Premiere<br />

am 23.01.<strong>2016</strong><br />

Die neue CRF1000L Africa Twin.<br />

Das Comeback des Adventure-Bikes.<br />

Bestellen Sie jetzt Ihre Africa Twin und folgen<br />

Sie als Erster dem „Spirit of True Adventure“!<br />

Eine Welt voller Abenteuer beginnt bereits um<br />

die Ecke, bei Ihrem Honda Motorrad Händler.<br />

Africa Twin<br />

Frühbesteller-Aktion!<br />

Die ersten Frühbesteller einer Africa Twin<br />

erhalten einen „RNS Tripmaster XL2“ in einer<br />

exklusiven Sonderedition im Wert von über<br />

500 Euro sowie ein limitiertes Africa Twin Buch<br />

gratis dazu.*<br />

DIE NEUE<br />

Änderungen von technischen Spezifikationen und des Ausstattungsumfangs vorbehalten.<br />

* Nur solange der Vorrat reicht. Übergabe erfolgt bei Fahrzeugauslieferung.<br />

www.honda-africa-twin.de


Z<br />

T<br />

U<br />

H<br />

M<br />

E M A<br />

Brauchen wir<br />

elektronisch geregelte<br />

Fahrwerke?<br />

Chefredakteur Michael Pfeiffer<br />

über Sinn und Unsinn der<br />

Elektronik-Welle im Fahrwerksbau<br />

Elektronische Helferlein sind in der<br />

aktuellen Motorrad-Entwicklung der<br />

große Renner. Traktionskontrolle, kurventaugliches<br />

ABS, Wheelie-Control,<br />

Launch-Control, da ist einiges geboten. Vor<br />

den Federelementen macht die Elektronik<br />

auch nicht halt. Semiaktive Feder- und Dämpfersysteme,<br />

die je nach Verzögerung oder Beschleunigung,<br />

Schräglage oder Bodenwellenfolge<br />

das Setup in Millisekunden neu justieren,<br />

gibt es auch schon zu kaufen. Brauchen wir<br />

das? Und vor allem: Was bringt das?<br />

<strong>MOTORRAD</strong> suchte Antworten, schnappte<br />

sich zwei aktuelle BMW R 1200 GS, eine mit,<br />

eine ohne all dem Elektrozeugs – und testete<br />

und testete (ab Seite 30). Tatsache ist: Es bringt<br />

am Ende schon etwas. Ein bisschen mehr Komfort,<br />

etwas größere Bandbreite im Einsatzbereich,<br />

mehr Sicherheit vielleicht, und niemand<br />

muss sich mehr an der Federbasis-Einstellung<br />

die Finger blutig schrauben, weil er mit dem<br />

verflixt kurzen Werkzeug nicht hinkommt.<br />

Seit einiger Zeit gibt es aber auch eine Szene<br />

in Deutschland, die um all die Elektronik<br />

einen großen Bogen macht, die lieber an einem<br />

Gaszug zieht als ein Potenziometer dreht.<br />

Motorradfahrer, denen das urige, einfache und<br />

Elektronische Fahrwerke: bequeme Helfer für<br />

anspruchsvolle und aufgeschlossene Fahrer<br />

Foto: Bilski<br />

den Piloten fordernde Bike etwas gibt, die sich<br />

auf gar keinen Fall von einem Sechsachsen-<br />

Sensor vorschreiben lassen möchten, wie sie<br />

bremsen, Gas geben oder durch die Kurve<br />

fahren sollen. Sie verachten elektronische Fahrhilfen<br />

als automobiles Sicherheitsgehabe.<br />

Diese Leute fahren wie echte Männer, ohne<br />

Vollkasko, ungeschützt und mit vollem Einsatz,<br />

aber ernten so auch das pure Erlebnis<br />

des Motorradfahrens.<br />

Also ist die Motorradfahrergemeinde auch<br />

hier ziemlich gespalten. Die einen glauben an<br />

den Fortschritt, nehmen alles mit, was es an<br />

neuen Features zu kaufen gibt. Die anderen<br />

sehen vieles skeptisch, stehen eher auf reines<br />

Motorradfahren, unverfälscht und intensiv.<br />

Wie sehen wir als Redaktion <strong>MOTORRAD</strong><br />

das Ganze? Niemals werden wir uns dem Fortschritt<br />

verschließen. Niemals etwas verdammen,<br />

bevor wir es nicht auf Herz und Nieren<br />

getestet und nicht für gut befunden haben.<br />

Und manches, was vor ein paar Jahren noch als<br />

Gimmick verschrien war, ist heute auch aus<br />

den pursten Motorrädern kaum mehr wegzudenken.<br />

ABS etwa, und auch eine unauffällige<br />

Traktionskontrolle hat ihre Berechtigung.<br />

Reines Erlebnis und die Faszination von<br />

Hightech schließen sich nicht aus. In dieser<br />

Ausgabe spannen wir den Bogen von der komplett<br />

abgefahrenen Radical Guzzi mit Flachschiebervergasern<br />

bis hin zum Hightech-<br />

Cruiser Ducati XDiavel mit modernster Technik<br />

wie variable Steuerzeiten für den neuen<br />

1300er-Desmo-V2. Viel Spaß mit beidem!<br />

Herzlichst Ihr<br />

Motorräder<br />

in diesem Heft:<br />

64 BMW F 650/700 GS<br />

30/92 BMW R 1200 GS<br />

19 Cezeta 506<br />

18 Deus ex Machina W-’ühini<br />

Grasshopper<br />

30 Ducati Multistrada 1200/S<br />

12 Ducati XDiavel/S<br />

22 Honda CRF 1000 L<br />

Africa Twin<br />

30 KTM 1190 Adventure<br />

30 KTM 1290 Super Adventure<br />

40 Mash Seventy Five<br />

42 Moto Guzzi V7 II Racer<br />

50 Radical Guzzi<br />

Ristretto 1380<br />

40 Suzuki V-Strom 1000<br />

8 Triumph Speed Triple<br />

92 Yamaha XT 660 R<br />

19 Yamaha OR2T<br />

126 Yamaha XJ 900<br />

40 Yamaha MT-09<br />

42 Yamaha XV 950 Racer<br />

40 Yamaha YZF-R1<br />

www.motorradonline.de<br />

ZUM THEMA 3


Mutter Courage<br />

Fahrbericht Triumph Speed Triple:<br />

Die Mutter aller Streetfighter tritt<br />

technisch modernisiert, optisch leicht<br />

aufgepeppt und mit mehr Power an<br />

8<br />

Gelungenes Comeback<br />

Willkommen zurück! Im Top-Test beweist die neue Honda Africa Twin,<br />

dass sie doch ganz die Alte geblieben ist: Vielseitig, angenehm,<br />

ausgewogen in Leistung und Gewicht. Halt eine gute Freundin<br />

22<br />

Auf geht’s<br />

Kaufberatung Motorradanhänger<br />

56<br />

und Transporthilfen mit vielen<br />

praktischen Tipps<br />

Nimm den Twin<br />

Moto Guzzi V7 II Racer oder<br />

Yamaha XV 950 Racer – wer<br />

hat im Café Racer-Vergleich<br />

die Nase vorn?<br />

42<br />

Bella Donna<br />

Fahrbericht Radical Guzzi<br />

Ristretto 1380: Ein Hoch auf<br />

die historische Inspiration<br />

Alter Name, neues Outfit<br />

Alta Moda: Die Ducati XDiavel verbindet das Aussehen eines schicken<br />

50<br />

Cruisers mit den Fahrleistungen eines Supersportlers. Die neue Kreation aus<br />

Bologna ist ein echter Hingucker und ein rassiges Drehmoment-Monster –<br />

gemacht zum Spaßhaben<br />

12<br />

Fotos: markus-jahn.com, Hersteller, mps-Fotostudio, Gargolov, Bilski, Martin, Herder; Titelfotos: Bilski, jkuenstle.de,<br />

Gargolov, Hersteller, markus-jahn.com, Martin, Red Bull Content Pool, Lengwenus, In Time Forwarding & Courier e. K.<br />

4 INHALT 3/<strong>2016</strong>


I N H A L T 3/<strong>2016</strong><br />

NEUHEITEN<br />

12 Präsentation Ducati XDiavel<br />

Entstehung und Entwicklung von<br />

Ducatis neuem Power-Cruiser<br />

NEWS<br />

18 Wintertreffen Augustusburg; Hintergründe<br />

der Gericke-Insolvenz mit Interview;<br />

Neuzulassungen in Europa; Klapphelm<br />

mal anders; Yamaha-Vierrad-Bike<br />

TEST+TECHNIK<br />

8 Fahrbericht Triumph Speed Triple<br />

Aufgepeppt – das britische Power-<br />

Naked Bike geht mit optischen<br />

Retuschen, mehr Leistung und einem<br />

Drehmomentplus an den Start<br />

22 Top-Test Honda Africa Twin<br />

Die Neuauflage der legendären Reiseenduro<br />

erfüllt im 1000-Punkte-Test voll<br />

und ganz die Erwartungen der treuen<br />

Fangemeinde<br />

30 Elektronische Fahrwerke<br />

unter der Lupe<br />

Elektronik rund um Einstellung und<br />

Steuerung von Gabel und Federbein hält<br />

zunehmend Einzug ins Motorradangebot<br />

– braucht’s das wirklich?<br />

40 Test kompakt<br />

Fahrbericht Mash Seventy Five;<br />

Neues aus dem Dauertestfuhrpark<br />

42 Vergleich Moto Guzzi V7 II Racer<br />

gegen Yamaha XV 950 Racer<br />

Die stylishen Twins im großen Sound-,<br />

Feeling- und Funktions-Check<br />

50 Fahrbericht Radical Guzzi<br />

Ristretto 1380<br />

Roadster mit dem 1400er-V2 der<br />

aktuellen California im klassischen<br />

Tonti-Rahmen<br />

BLICKPUNKT<br />

54 Zeitvorgaben bei Reparaturen<br />

In der Werkstatt dauert es real oft viel<br />

länger, als die Hersteller auf dem Papier<br />

vorgeben – das nervt<br />

KAUFBERATUNG<br />

56 Motorradanhänger und<br />

Transporthilfen<br />

16 Trailer und 24 pfiffige Transportlösungen<br />

in der großen Übersicht – mit<br />

vielen <strong>MOTORRAD</strong>-Kauftipps<br />

GEBRAUCHTMARKT<br />

64 BMW F 650/700 GS<br />

Gutmütige Allround-Reiseenduro mit<br />

hoher Zuverlässigkeit<br />

LEBEN<br />

78 Michael Martins Motorrad-<br />

Abenteuer , Teil 7: Winter auf dem<br />

Dempster Highway<br />

Bei minus 40 Grad durch den Norden<br />

Kanadas über die zugefrorene Ice Road<br />

bis zum Nordpolarmeer<br />

88 Motorradtransporte<br />

Wie bekommt man die Maschine in<br />

attraktive Zielgebiete? Alles über den<br />

Transport in Europa und weltweit<br />

92 Reise Bolivien<br />

Ein ungleiches<br />

Gespann aus Jung<br />

und Alt auf Südamerika-Tour<br />

– und jeder<br />

erzählt die spannende<br />

Reise aus seiner Sicht.<br />

Eine Frage der Perspektive<br />

102 Nachruf Arturo Magni<br />

Würdigung des langjährigen MV Agusta-<br />

Rennleiters und genialen Technikers<br />

RATGEBER<br />

108 Test Batterieladegeräte<br />

Moderne Starterbatterien brauchen<br />

moderne Ladetechnik: Acht Hightech-<br />

Lader im Vergleich<br />

112 Batteriepflege<br />

Die Top Ten der Pflegesünden<br />

SPORT<br />

114 Rallye Dakar<br />

Bei der Wüstenrallye versuchte Honda<br />

erneut die KTM-Siegesserie mit 14 Erfolgen<br />

hintereinander zu beenden<br />

122 Supercross Dortmund<br />

Volles Haus, top Show, spannende Rennen<br />

und ein Deutscher auf dem Podium<br />

KULTBIKE<br />

126 Yamaha XJ 900<br />

Die Erfolgsgeschichte eines Big Bikes,<br />

das elf Jahre lang gebaut wurde<br />

RUBRIKEN<br />

3 Zum Thema<br />

6 Leserbriefe<br />

68 <strong>MOTORRAD</strong>-Kleinanzeigenmarkt<br />

106 <strong>MOTORRAD</strong>-Helden-Club<br />

128 Rückspiegel/Impressum<br />

129 Comic – die vorletzte Seite<br />

130 Vorschau<br />

Da ist Bewegung drin<br />

Elektronischen Fahrwerken<br />

gehört die Zukunft.<br />

Was bringen sie?<br />

78<br />

Kanada<br />

Im Winter über den<br />

Dempster Highway?<br />

Ein kaltblütiges<br />

Abenteuer. Bis man<br />

da wieder auftaut …<br />

Ich bin dann mal weg<br />

Spedition, Autozug, Schiff<br />

oder Luftfracht? Alles über<br />

Motorradtransporte<br />

30<br />

88<br />

Diese Ausgabe gibt es auch digital als E-Magazin und E-Paper.<br />

Mehr Infos: www.motorradonline.de/digital<br />

INHALT 5


L E S E R P O S T<br />

Nur Beigemüse<br />

Leserbrief „Zopf stört“<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 2/<strong>2016</strong>, Seite 7<br />

Ich dachte eigentlich, dass inzwischen<br />

erwachsene und vernünftige Menschen<br />

bei Euch arbeiten. Aber die Antwort ist<br />

ja wohl der letzte Macho-Blödsinn. Unter<br />

http://www.fembike.de/bike-fashion/<br />

bekleidung/haarschutz-fuer-bikerinnen<br />

gibt es genau die Antwort, die Euer Leser<br />

haben wollte. (Dessen Frage lautete<br />

sinngemäß, was seine Freundin gegen<br />

den beim Fahren störenden Zopf unternehmen<br />

könne. Red.) Vielen Dank für<br />

die wiederholte Vernichtung meines<br />

Glaubens, dass es die Männerwelt endlich<br />

akzeptiert hätte, dass auch Frauen<br />

Motorrad fahren! Schickt Eure Machos<br />

mal zur Weiterbildung!<br />

Gisela Fraidling, Augsburg<br />

Man merkt ja regelmäßig, dass Frauen<br />

für Euch Redakteure nur Beigemüse sind<br />

und nicht ernsthafte Kundschaft, aber<br />

so direkt eher selten. Vielleicht solltet Ihr<br />

Euch gelegentlich mal aus dem 19. Jahrhundert<br />

zur Realität bewegen.<br />

Roland Weiss, Wintersingen/Schweiz<br />

Das geblümte<br />

Dekolleté<br />

Vorletzte Seite, Holger Aue<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 1/<strong>2016</strong>, Seite 129<br />

Ich mochte schon immer die kleinen<br />

netten Details in Deinen Comics. Danke,<br />

Holli, für das geblümte Dekolleté.<br />

Dierk von Allwörden, Stade<br />

Am Kühlschrank<br />

Vergleich Custom-Bikes<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 2/<strong>2016</strong>, Seite 18<br />

Der Einstieg in Euer Heft war hart. Die<br />

News auf Seite 14: Head-up-Display,<br />

Chromverbot, Knast in der Schweiz,<br />

Horch-Pfosten, Horror! Aber dann: Es<br />

gibt sie noch – unvernünftige, richtige<br />

Motorräder! Pure Fahrmaschinen! Und<br />

die Krönung, die Radical Guzzi „The Fugitive<br />

1380“, hängt jetzt am Kühlschrank!<br />

Chapeau, Herr Bronold (Erbauer, Red.),<br />

mir fehlen die Worte. Und 50 000 Euro.<br />

Ferdinand Stückmann, Duisburg<br />

Ich wundere mich nur über den Retro-<br />

Custom-Hype. Da berichtet Ihr über<br />

„magische Mechanik“. Ja, die Dinger sehen<br />

gut aus, aber nur auf glatter Strecke<br />

oder vor der Eisdiele. Da brauch ich dann<br />

auch kein Gepäck. Bockelharte Fahrwerke<br />

mit Minimalfederweg. Viel Spaß<br />

auch auf huckeligen Nebenstrecken.<br />

Tolle Details wie angeschmorte Knie am<br />

Krümmer (Walz-Ducati), oder bei Regen<br />

total eingesaut! Aber was will man für<br />

35 000 bis 55 000 Euro erwarten?<br />

Thomas Goldmann, Recklinghausen<br />

Weicheier<br />

Elefantentreffen<br />

<strong>MOTORRAD</strong> allgemein<br />

Seit gut 30 Jahren lese ich Eure Zeitschrift<br />

und habe sie sogar seit zehn<br />

Jahren abonniert. Einige Dinge stören<br />

mich jedoch ungemein, zum Beispiel<br />

wie hoch das Elefantentreffen im Bayerischen<br />

Wald gelobt und parallel dazu<br />

das alte Elefantentreffen am Nürburgring<br />

immer wieder von Euch totgeschwiegen<br />

wird. Ich war 2015 auf beiden<br />

Treffen und kann den Hype, der um das<br />

bayerische Treffen gemacht wird, nicht<br />

nachvollziehen. Ständig werden in Solla<br />

die Regeln strenger, Campen geht fast<br />

nur in Schräglage, und die sanitären Einrichtungen<br />

sind eine absolute Sauerei.<br />

Am Nürburgring ist es bei Weitem familiärer,<br />

man campiert auf Terrassen, und<br />

es laufen auch nicht ständig irgendwelche<br />

grimmigen Ordner rum, die einen<br />

blöd anquatschen. Ich würde mir wünschen,<br />

dass Ihr das alte Treffen doch mal<br />

mehr beachtet und auch mehr darüber<br />

schreibt. Auch wäre es sicher schön,<br />

mal über die ganzen anderen Wintertreffen<br />

zu berichten, z. B. Augustusburg<br />

(siehe S. 18, Red.). Irgendwie werde ich<br />

den Verdacht nicht los, dass Ihr zu den<br />

Weicheiern gehört und deshalb im Winter<br />

sogar die Mopedtests im südlichen<br />

Frankreich absolviert werden.<br />

Martin Tiator, Breitenbach<br />

Mach nicht mehr mit<br />

Daten-Vergleich Yamaha MT-10<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 1/<strong>2016</strong>, Seite 12<br />

Ich zitiere aus dem Artikel zur MT-10:<br />

„Was man bei einem Kracher wie der<br />

neuen Yamaha jedoch unbedingt haben<br />

sollte, ist ein Bündel an Assistenzsystemen,<br />

um der geballten Power auch Herr<br />

zu werden.“ Ja, wie absurd ist das denn?<br />

Entlarvender kann man diese Fehlentwicklung<br />

nicht beschreiben. Erst 170 PS<br />

in ein Bike stecken und dann notgedrungen<br />

wieder so weit einfangen, dass nicht<br />

der erste Ritt schon zum letzten wird.<br />

Tut mir leid, ich mach da nicht mehr mit,<br />

gerade weil ich Maschinen dieses Kali-<br />

kontakt<br />

Bitte geben Sie bei E-Mails<br />

und Leserbriefen Name und Wohnort an.<br />

Fragen und Post an die Redaktion<br />

Leser-Service: Iris Schaber. Telefonische Anfragen dienstags und<br />

donnerstags von 10.00 bis 12.00 Uhr unter 07 11/1 82-12 25.<br />

Noch besser ist es, wenn Sie Ihre Frage schriftlich stellen:<br />

Re daktion <strong>MOTORRAD</strong>, Stichwort Leser-Service, 70162 Stuttgart,<br />

Fax 07 11/1 82-17 81, E-Mail: leserbriefe_mrd@motorpresse.de<br />

Nachbestellung von Einzelheften<br />

Telefon 07 11/32 06 88 99, Telefax 07 11/1 82-25 50.<br />

Bitte Bankverbindung angeben.<br />

Ausverkauft, nicht gefunden?<br />

Ihr Zeitschriftenhändler besorgt Ihnen <strong>MOTORRAD</strong> meist für den<br />

nächsten Tag.<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu<br />

kürzen.<br />

bers schon ausführlichst selber gefahren<br />

bin. Mein Rezept für genussvolles Motorradfahren<br />

ist eine 20 Jahre alte BMW<br />

R 100 GS mit Bigbore-Kit und gemessenen<br />

102 Nm Drehmoment, Öhlins-<br />

Fahrwerk und Vierkolben-Bremse. Mein<br />

ABS heißt Bremsgriff, mein Schräglagensenor<br />

Popometer und meine ASR heißt<br />

Gasdrehgriff. Da darf mein Gehirn noch<br />

selber die Grenzbereiche registrieren –<br />

und hat ganz nebenbei auch noch genügend<br />

Kapazität, um die schöne Landschaft<br />

zu genießen.<br />

Christoph Eicher, Grafing<br />

Da erklärt Ihr dem Leserbriefschreiber<br />

Werner Petry, dass die Seiten im Heft<br />

knapp bemessen sind, und dann kommen<br />

sieben Seiten nebulöse Yamaha<br />

MT-10, was wäre, wenn, könnte, sollte,<br />

dürfte … Da hätte man, wie viele andere<br />

Magazine zum Jahresende auch, eine<br />

Seite dem Astrologen widmen können.<br />

Die Vorstellung finde ich ja stark, aber<br />

diese Ausführlichkeit bitte mit Fakten!<br />

Edgar Weißhardt, Pleidelsheim<br />

Ein Vergleichstest der Yamaha MT-10<br />

ohne Motorrad geht eigentlich gar nicht.<br />

Und auch nichts gegen Michael Martin,<br />

der Mann macht tolle Bilder, keine Frage!<br />

Aber an welcher Tankstelle im Nirgendwo<br />

er sein Motorrad volltankt, ist mir<br />

egal. Mir fehlt bei Euch ein bisschen die<br />

Themenvielfalt und der Pep. Ich hoffe,<br />

im neuen Jahr gebt Ihr wieder Gas.<br />

Andreas Bischof-Girmann, Trierweiler<br />

Keine Zeit?<br />

Fehler im Heft<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 1/<strong>2016</strong> allgemein<br />

Hattet Ihr zum Jahresende keine Zeit<br />

mehr zum Korrekturlesen? Sollte die<br />

Yamaha MT-10 tatsächlich nur 140 Millimeter<br />

Radstand haben, wie auf Seite 16<br />

zu lesen ist? Wer ist dann der Testfahrer?<br />

6 LESERPOST 3/<strong>2016</strong>


Der Däumling? Und im Vergleich der<br />

Einzylinder-Supermotos heißt der vierfache<br />

Weltmeister noch Adrien Chareyre.<br />

Auf Seite 124 unten heißt er dann im<br />

Report vom Superprestigio Thomas Chareyre.<br />

Und ich hab das Heft nur überflogen.<br />

Wenn das ein Wettbewerb ist, dann<br />

müsst Ihr das schon irgendwie kenntlich<br />

machen. Auch was die Gewinne angeht.<br />

Ich bin nämlich sehr ehrgeizig …<br />

Ich lese Euch jetzt seit 35 Jahren und<br />

nehme das nicht krumm. So schult Ihr<br />

die Aufmerksamkeit und bekommt das<br />

Feedback vom Leser.<br />

Uwe Recker, Gladbeck<br />

Vielen Dank für die Hinweise. Natürlich beträgt<br />

der Radstand der Yamaha 1400 Millimeter, nicht<br />

140. Wir bitten den im Stress des vorweihnachtlichen<br />

Produktionsstaus entstandenen Fehler zu<br />

entschuldigen.<br />

Was aber die Herren Adrien und Thomas Chareyre<br />

angeht, so sind wir (ausnahmsweise) unschuldig:<br />

Die beiden Brüder sind tatsächlich jeder<br />

für sich vierfacher Supermoto-Weltmeister. Red.<br />

Gefrustet<br />

TV-Produktion bei der MotoGP<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 26/2015, Seite 118<br />

Ich hoffte ja auf einen Aufschrei über die<br />

nur teilweise MotoGP-Berichterstattung<br />

auf Eurosport. Nichts kam. Keine Frage,<br />

mit den Kommentatoren Alex, Dirk und<br />

Ron ist alles bestens. Auf die Übertragung<br />

von einer Hälfte der Rennen auf<br />

Eurosport freue ich mich. Gefrustet bin<br />

ich über die andere Hälfte der Nichtübertragungen.<br />

So sehr, dass mir fast die<br />

Lust aufs Zuschauen komplett vergeht.<br />

Trotz der 360-Grad-Gyrocam usw. Früher,<br />

als Dirk und Alex noch selber gefahren<br />

sind, war das alles besser. Die Vermarktung<br />

durch die Dorna mit dem beschriebenen<br />

immensen Aufwand ist für mich<br />

der falsche Weg. Weniger teure Effekthascherei,<br />

dafür mehr kostenfreie Sendezeit<br />

und mehr Zuschauer. Ich finde<br />

das nicht gut, wie das jetzt läuft …<br />

Ralph Weidner, Lauenau<br />

Ohne Probleme<br />

Gebrauchtberatung Ducati Diavel<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 1/<strong>2016</strong>, Seite 62<br />

Bei großen Teilen des Berichts zur Diavel<br />

habe ich ein breites Grinsen im Gesicht.<br />

Schon richtig: Einmal Fahren reicht, um<br />

süchtig zu werden. Am 2.11.2011 wurde<br />

eine Diavel die meine – und Ende des<br />

November waren bereits 1600 Kilometer<br />

drauf. Anfangs mit sehr viel Respekt,<br />

Foto: Decker<br />

der Durchzug ist enorm, die Kurvenmöglichkeiten<br />

ebenso. Das Grinsen<br />

geht mir auch heute, nach rund 38 000<br />

Kilometern, nicht aus dem Gesicht.<br />

Es sei denn, ich denke an die verbaute<br />

falsche Schaltwalze, die beim Anbremsen<br />

den Leerlauf reinschmiss, an gerissene<br />

Zylinder, defekte Kopf- und Fußdichtungen,<br />

den undichten Kühler, das<br />

defekte Thermostat und viele weitere<br />

Unpässlichkeiten. Durch das deutsche<br />

Diavelforum kenne ich allerdings eine<br />

ganze Reihe Besitzer, die seit drei Jahren<br />

ohne jegliche Probleme fah ren.<br />

Echte Vorteile hat eine professionelle<br />

Überarbeitung des Fahrwerks gebracht.<br />

Der Original-Auspuff ab 2014 ist nicht<br />

nur schicker, sondern auch sonorer<br />

und weniger aufdringlich. Und ach ja –<br />

das von Ihnen erwähnte Kettenschlagen<br />

kann man durch einen Streifen<br />

Schaumgummi unter dem Kunststoffschutz<br />

abdämpfen.<br />

Christoph Bach, Kaarst<br />

Transplantiert<br />

Gebrauchttipp KTM LC4 640<br />

Adventure, Leserfoto (oben)<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 26/2015, Seite 61<br />

Vor 15 Jahren habe ich wieder meine<br />

Liebe zu Einzylinder-Enduros entdeckt.<br />

Als ordentlicher Österreicher konnte ich<br />

natürlich nicht an KTM vorbei: Zur LC4<br />

540 Super Competition gesellten sich<br />

bald noch eine LC8 950 SM und EXC 400<br />

und neuerdings auch eine LC4 690<br />

Enduro. Aber auch eine BMW 650 F mit<br />

dem herrlich geschmeidigen 650er-<br />

Rotax-Motor erweckte mein besonderes<br />

Interesse. Nach Kauf eines solchen Motors<br />

aus einer Unfall-BMW stellte sich die<br />

starke Verwandtschaft bezüglich Gehäuse-Abmessungen<br />

zu dem luftgekühlten<br />

Zahnriemen-Motor Rotax 604 heraus.<br />

Ich transplantierte also den 650er-Motor<br />

relativ problemlos in einen KTM-Enduro-Rahmen,<br />

Baujahr 1985, mit entsprechenden<br />

Modifikationen wie Wasserkühler<br />

und Doppelvergaser usw., bis<br />

sich ein harmonisches Ganzes ergab<br />

KTM mit BMW-Herz<br />

– und der Transplanteur<br />

sucht<br />

Gleichgesinnte zum<br />

Fachsimpeln. Kontakt<br />

über www.<br />

reinharddecker.com<br />

(zirka 157 Kilogramm). Seither bin ich<br />

tausende Kilometer damit unterwegs<br />

gewesen und von der Laufruhe und Zuverlässigkeit<br />

dieses Zwitters begeistert.<br />

Gerne möchte ich mit anderen Edelbastlern,<br />

die solche Umbauten realisierten,<br />

in Kontakt treten.<br />

Reinhard Decker, Mödling/Österreich<br />

Komödienseite<br />

Abschied von der RC8, Leserbriefe<br />

<strong>MOTORRAD</strong> allgemein, 1/<strong>2016</strong>, Seite 50<br />

Als großer KTM-Fan hat mich Ihr Artikel<br />

zum Österreich-Sportler emotional getroffen.<br />

Ich kann mich an das Interview<br />

mit KTM-Chef Pierer erinnern, damals<br />

war die Aussage, leistungsstarke Superbikes<br />

gehörten nicht auf die Straße.<br />

(Wörtlich: „Ein 200-PS-Superbike gehört<br />

eigentlich nicht auf öffentliche Straßen“,<br />

<strong>MOTORRAD</strong> 11/2015, S. 108, Red.) Bitte<br />

was, Herr Pierer? 1290 Super Duke R:<br />

180 PS. 1290 Super Duke GT: 173 PS.<br />

1290 Super Adventure: 160 PS. Ach so,<br />

das seien keine Sportler, sagen Sie. Bei<br />

aller Sympathie, ich denke, Herr Pierer<br />

hat sich hier arg ins Knie geschossen.<br />

Nur weil KTM keine Sportler mehr baut,<br />

und das ist äußerst schade, werden<br />

sie nicht von der Straße verschwinden.<br />

Es ist auch Unfug zu behaupten, Sportler<br />

wären gefährlicher als Naked Bikes.<br />

Insofern würde ich mir wünschen, dass<br />

Herr Pierer uns nur verarscht hat und<br />

KTM mit einem Knaller auf der EICMA<br />

<strong>2016</strong> auftritt.<br />

Zu guter Letzt wollte ich noch sagen,<br />

dass die Leserbriefseiten für mich die<br />

Vorletzte als Komödienseite abgelöst haben.<br />

Ich habe mich schon dabei erwischt,<br />

ein Heft nur wegen der Leserbriefe zu<br />

kaufen. Da wird um BMW-Schmiergeld<br />

oder nicht gestritten, Helme müssen<br />

beim Tanken abgesetzt werden, weil es<br />

könnte ja, und der deutsche Herbst darf<br />

keine Jahreszeit sein, sondern muss<br />

als Hinweis auf Terror verdammt und<br />

verurteilt werden. Ist unsere Gesellschaft<br />

wirklich schon so paranoid?<br />

Thomas Falls, Burglengenfeld<br />

www.motorradonline.de<br />

LESERPOST 7


T E S T + T E C H N I<br />

Fahrbericht Triumph Speed Triple R<br />

K<br />

MEHR SPEED<br />

Triumphs Speed Triple ist längst<br />

eine identitätsstiftende Ikone,<br />

so typisch englisch wie die roten<br />

Doppeldeckerbusse in London,<br />

die Texte von William Shakespeare oder<br />

Fish ’n’ Chips. Und als erster Streetfighter<br />

ab Werk war sie von Anfang an ein echter<br />

Trendsetter. Doch die Konkurrenz legte<br />

nach, überholte sie gar. Okay, ein Techno<br />

logieführer wollte Triumph nie sein.<br />

Aber eine Speed Triple, die hinterherfährt?<br />

Niemals! Zeit also für ein großes Update.<br />

Sie wirkt aggressiver und doch elegant,<br />

die <strong>2016</strong>er-Speedy, drahtiger, muskulöser.<br />

Ein fülligerer Drehmomentverlauf und<br />

140 PS im Verbund mit elektronischen<br />

As sis tenzsystemen stehen für mehr Kick<br />

bei weniger Nervenkitzel durch ungeplante<br />

Über raschun gen. Ein Kraftpaket aus Stahl,<br />

Aluminium und ein wenig Kunststoff.<br />

Verführerisch funkelt eine ganze Armada<br />

nagelneuer Speedies unter spanischer<br />

Sonne. Die Basisversion, nun „S“ wie „Standard“<br />

genannt, und das heute gefahrene<br />

Topmodell mit dem Kürzel „R“ wie „Racing“.<br />

R-Kennungszeichen sind Öhlins-Federelemente,<br />

roter Heckrahmen, Bugspoiler,<br />

Karbonkotflügel und weitere Goodies.<br />

Maschinen von großer Körperlichkeit, ausdrucksstark<br />

und unverwechselbar.<br />

8 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


Was ist neu?<br />

Motor: Leistungs- und Drehmomentsteigerung<br />

auf 140 PS bei 9500/min und 112 Nm<br />

bei 7950/min (bislang: 135 PS bei 9400/min<br />

und 111 Newtonmeter bei 7750/min), Drehzahllimit<br />

nun 10 000 statt 9500/min; insgesamt<br />

104 Modifikationen: neue Kolben,<br />

Kurbelwelle, Brennräume und Nockenwellen;<br />

kompaktere Drosselklappenkörper mit<br />

44 statt bisher 46 Millimetern Durchmesser;<br />

neue Software; geänderter Zylinderkopf;<br />

Kompression von 12,0 auf 12,25 erhöht;<br />

Zehn-Loch- statt Vier-Loch-Einspritzdüsen;<br />

Einlasskanäle und Krümmer mit mehr<br />

Durchsatz; überarbeitete Airbox; schmalerer,<br />

effizien te rer Kühler; größerer, wirkungsvollerer<br />

Katalysator (Euro 4-Abgasnorm).<br />

Kraftübertragung/Assistenzsysteme:<br />

neue Antihopping-Kupplung; geänderte<br />

Gangräder, neuer Schaltmechanismus; Rideby-Wire<br />

mit fünf Fahrmodi (Rain, Road,<br />

Sport, Track und ein frei konfigurierbarer);<br />

abschaltbare Traktionskontrolle mit drei Einstellungen<br />

(Rain, Road, Track).<br />

Ausstattung und Bodywork: leichtere<br />

Schalldämpfer; Tankinhalt 15,5 statt 17,5 Liter;<br />

Sitzbank vorn 20 mm schmaler, geänderte<br />

Kunststoffteile; tiefergesetzte Doppelscheinwerfer<br />

mit LED-Tagfahrlicht; Instrumente<br />

mit Infos zu Ganganzeige, gewähltem<br />

Fahrmodus; neue LED-Blinker; Flyscreen mit<br />

integriertem Lufteinlass; Lenkerendspiegel;<br />

neue Armaturen; erneuerte Heckpartie, Serienbereifung<br />

Pirelli Supercorsa.<br />

, TRIPLE!<br />

Zurück zum wahren Hooligan-<br />

Bike: Mit geschärftem Design,<br />

mehr Power und neuen elektronischen<br />

Helferlein knüpft Triumph<br />

mit der optimierten Speedy an<br />

ihren Wurzeln an. Ein fahraktiver<br />

Streetfighter, der auf böse macht,<br />

aber im Alltag prima beherrschbar<br />

funktioniert.<br />

Von Thomas Schmieder; Fotos: Triumph<br />

Motorisch sind beide Versionen komplett<br />

identisch. Triumph hat den bewährten,<br />

schon elf Jahre alten 1050er-Dreizylinder<br />

stark verfeinert. 104 Änderungen im Inneren<br />

und seiner Peripherie peppen das<br />

Triebwerk auf, siehe Kasten „Was ist neu“.<br />

Scharf schaut die Speedy aus ihren tief<br />

montierten Insektenaugen mit integriertem<br />

LED-Tagfahrlicht. Anwerfen des Drillings,<br />

man kennt es, man liebt es: Röchelnd und<br />

heiser erwacht das Triebwerk. Der Soundtrack<br />

wurde noch bassiger, klangstark,<br />

aber nicht prollig. Man würde den Dreizylinder<br />

unter 100 anderen Motoren heraushören.<br />

Leistungsfördernd bieten die beidseitigen<br />

Schalldämpfer 70 Prozent mehr<br />

Durchfluss, sind minimal leichter als zuvor.<br />

Nun ja, zwei halbhohe Töpfe sind nicht<br />

mehr State of the Art: eher schwer und<br />

nicht gerade gut für die Schwerpunktlage.<br />

Wunderbar rund läuft der Triple von<br />

der ersten Sekunde an, dazu mechanisch<br />

viel ruhiger als zuvor. Tatendurstig, kräftig<br />

kommt er von der komplett neuen Seilzugkupplung<br />

mit Antihopping-/Servo-<br />

Funktion. Später, auf der Rennstrecke von<br />

Calafat, wird diese ein stempelndes Hinterrad<br />

beim Anbremsen auf die vielen Zweiter-Gang-Kurven<br />

wirkungsvoll unterbinden.<br />

Im Stadt verkehr aber zählt erst einmal<br />

www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 9


Mehr Ausstrahlung: Knackiger, drahtiger wirkt die Speedy<br />

<strong>2016</strong>. Die teurere R-Version trägt Öhlins-Federelemente,<br />

einen roten Heckrahmen und weitere Edelkomponenten<br />

Triumph Speed Triple R<br />

die spürbar gesunkene Betätigungskraft<br />

beim Ziehen des selbstverständlich einstellbaren<br />

Hebels. Okay, mit dem nach<br />

wie vor geringen Lenkeinschlag muss man<br />

beim Rangieren leben. Ein Erbe des vorne<br />

breit bauenden, stilbildenden Doppelrohr-<br />

Brückenrahmens aus Aluminium.<br />

Bald schon liegt die Stadt hinter, die<br />

Landstraße vor uns. Nicht nur auf kurvigen<br />

Landstraßen Kataloniens profitiert der Triple<br />

von seinem unverändert langen Hub: 71,4<br />

Millimeter bei 79er-Bohrung. Dies bringt viel<br />

Kraft von unten. Von Anfang an schlägt die<br />

Speedy mit enorm viel Punch zu. Noch<br />

gleichmäßiger wurde die Kraftentfaltung,<br />

zwischen 5000 und 7000 Touren soll es<br />

fünf Prozent mehr Power geben, das Drehmoment<br />

gipfelt in maximal 112 Newtonmetern.<br />

Eine gute Ausbeute für einen gut eingeschenkten<br />

Liter Hubraum. In der Spitze<br />

sind fünf PS hinzugekommen, höher verdichtenden<br />

Kolben, modifizierten Nockenwellen<br />

und neuen Einspritzdüsen sei Dank.<br />

Abgesehen von den nun elektronisch<br />

kontrollierten Drosselklappen wurde an der<br />

Gemischaufbereitung viel gearbeitet: Mehr<br />

Verwirbelung und eine feinere Zerstäubung<br />

verbessern die Füllung und verringern den<br />

Verbrauch. Nicht zu vergessen: Durch das<br />

Flyscreen wird nun kühlere Luft angesaugt.<br />

Zudem kann der Motor durch optimierte<br />

Krümmer und Silencer freier ausatmen.<br />

Was man davon spürt? Begeisternde<br />

Kraft aus dem Drehzahlkeller und feineres<br />

Ansprechen auf Gasbefehle als je zuvor. Und<br />

der Triple dreht nun höher: Kniff früher bereits<br />

bei 9500 Touren ein wenig unvermittelt<br />

der Drehzahlbegrenzer zu, liegt heute bei<br />

dieser Marke die Nenndrehzahl – als Maximum<br />

sind volle 10 000/min drin. Eine Drehzahlreserve,<br />

die man auf der Renn strecke<br />

oder selten mal beim Über holen braucht.<br />

Gewichtsersparnis und geschärftem Design<br />

geschuldet ist der kleinere Tank: Er fasst<br />

nur noch 15 statt bislang 17,5 Liter. Doch<br />

mit Euro 4 erhält auch das Thema Benzinverbrauch<br />

einen größeren Stellenwert. Gut<br />

fünf Liter je 100 Kilometer gibt Triumph laut<br />

Homologation an; dann wären trotzdem<br />

300 Kilometer Reichweite drin. Für Triumph<br />

untypisch weich arbeitet das modifizierte<br />

Getriebe, die Gänge flutschen nur so rein.<br />

Das neue Ride-by-Wire ermöglicht fünf<br />

verschiedene Fahrmodi: Rain, Road, Sport,<br />

Track und ein frei programmierbarer: Sie<br />

beeinflussen die Gasannahme und die<br />

Regelprogramme (Eingriffsschwellen) von<br />

ABS und Traktionskontrolle. Im in di vi duell<br />

gestaltbaren Rider-Modus können Pistenprofis<br />

ABS und Traktionskon trolle auch<br />

unabhängig voneinander ausschalten.<br />

Schön direkt sprechen die Drosselklappen<br />

in „Sport“ und „Track“ an. Trotzdem ist<br />

„harsche Gasannahme“ aus Rollphasen<br />

heraus, zuletzt noch ein Kritikpunkt im<br />

Roads ter-Ver gleichstest in <strong>MOTORRAD</strong><br />

10 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


Triumph Speed Triple S/R<br />

MOTOR<br />

Wassergekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />

eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende,<br />

kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro<br />

Zy linder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung,<br />

3 x Ø 44 mm, geregelter Katalysator mit<br />

Sekundärluftsystem, Lichtmaschine 476 W, Bat terie<br />

12 V/12 Ah, mechanisch betätigte Mehr scheiben-<br />

Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe,<br />

X-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 2,389.<br />

Bohrung x Hub<br />

79,0 x 71,4 mm<br />

Hubraum<br />

1050 cm³<br />

Verdichtungsverhältnis 12,3 : 1<br />

Nennleistung 1<strong>03</strong>,0 kW (140 PS) bei 9500/min<br />

Max. Drehmoment 112 Nm bei 7850/min<br />

Wohltat: Weiterhin dominiert ein großer analoger und daher gut ablesbarer Drehzahlmesser<br />

das Cockpit. Neu sind Anzeigen für Fahrmodus und Gangstufe<br />

FAHRWERK<br />

Brückenrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel,<br />

Ø 43 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und<br />

Druckstufendämpfung, Einarmschwinge aus Aluminium,<br />

Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare<br />

Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung,<br />

Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm,<br />

Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø<br />

255 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel, Traktionskontrolle,<br />

ABS.<br />

Alu-Gussräder 3.50 x 17; 6.00 x 17<br />

Reifen 120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17<br />

Vom Feinsten: Die Öhlins-Federung glänzt<br />

mit sensiblem Ansprechverhalten<br />

Knopfsache: Links am Lenker sind die<br />

fünf Fahrmodi anwählbar<br />

MAß E+GEWICHTE<br />

Radstand 1445 mm, Lenkkopfwinkel 67,1 Grad,<br />

Nachlauf 91 mm, Federweg v./h. 120/130 mm, Sitzhöhe<br />

825 mm, Trockengewicht 192 kg, zulässiges<br />

Gesamtgewicht 410 kg, Tankinhalt 15,5 Liter.<br />

Garantie<br />

vier Jahre<br />

Farben Rot, Schwarz (R-Version: Weiß, Grau)<br />

Preis 12 500 Euro (R-Version: 14 200 Euro)<br />

Nebenkosten<br />

450 Euro<br />

5/2015, nun Schnee von gestern. Besonders<br />

weich macht’s der gut zur Landstraße<br />

passende Road-Modus. Auf die dreistufige<br />

Traktionskontrolle ist Verlass; sie ist ein<br />

Rettungsanker für die berühmte Zehntelsekunde<br />

mit beschränkter Haftung. Das<br />

schafft Vertrauen.<br />

Davon vermittelt die neue Speedy<br />

richtig viel. „Ich bring dich gut, sicher und<br />

flott durch jede Kurve“, scheint sie einem<br />

zu zuflüstern. Ein reizvoller Kontrast: Böser-<br />

Bube -Image gepaart mit toller Fahrbarkeit.<br />

Durch die stärker vorderradorientierte<br />

Sitzposition gibt es mehr Feedback vom<br />

Vorderrad. 20 Millimeter schmaler wurde<br />

die schön bezogene Sitzbank vorn. Die<br />

Tankflanken ebenfalls, breitbeinig war früher.<br />

So kommt man weiter nach vorn, hat<br />

den konischen Alu-Lenker perfekt in der<br />

Hand. Sie fühlt sich kleiner und kompakter<br />

an, die <strong>2016</strong>er-Speedy, rückt der 675er-<br />

Street-Triple näher. Selbst Fahrer mit nur<br />

gut 1,70 Meter erreichen sicher mit beiden<br />

Fußsohlen den Boden. Stylische Lenkerendspiegel<br />

bauen ganz schön breit, bieten<br />

einigermaßen gute Sicht.<br />

Die neue Öhlins NIX 30-Gabel und das<br />

ebenfalls güldene TTX 36-Federbein sprechen<br />

superb an, tasten das Asphaltrelief<br />

supersensibel ab. Für einen „Fighter“ sogar<br />

ungewöhnlich komfortabel. Leichtfüßiger<br />

und handlicher als bislang umrundet die<br />

Speedy sämtliche Kurven radien. Am Chassis<br />

hat Triumph an sich gar keine Veränderungen<br />

vorgenommen. Trotzdem fährt die<br />

prima ausbalancierte „R“ agiler, ohne an<br />

Stabilität verloren zu haben. Gründe? Der<br />

besser integrierte Fahrer, famos grippende<br />

Pirelli Diablo Supercorsa?<br />

Wir sind in Calafat, es werden Reifenwärmer<br />

übergezogen. Jetzt spielt die<br />

Triumph noch einmal den Trumpf ihres<br />

Extra- Schubs und der berechenbaren Leistungsabgabe<br />

aus. Im Sport- und noch mehr<br />

im Track-Modus lässt die Traktionskontrolle<br />

nun mehr Schlupf zu. Transparent und bissig<br />

ankern die Monoblocks, ohne wütend<br />

zuzuschnappen. Das ABS greift spät ein,<br />

man merkt es fast nicht. Wer Wheelies und<br />

Stoppies provozieren will – beides kann die<br />

Speedy prima –, muss die Assistenzsysteme<br />

deaktivieren. Nur wenige Klicks straffere<br />

Dämpfung, und die „R“ taugt für die Renne.<br />

Auf dem verwinkelten Kurs ist sie richtig in<br />

ihrem Element, bleibt exakt auf Kurs.<br />

Mit der Präzision eines Skalpellschnitts<br />

zieht die Britin ihre Bahn. Kratzt nur selten<br />

mit den Fußrasten, zuckt nur manchmal<br />

beim Rausbeschleunigen sanft mit ihrem<br />

Vorbau – kein Lenkungsdämpfer. Ein tolles,<br />

intensives Fahrgefühl. Die Speed Triple ist<br />

ein leidenschaftliches Motorrad für ebensolche<br />

Fahrer. Erfreulich ist der Preis: 12 500<br />

Euro für die „S“ und 14 200 für die „R“ (plus<br />

450 Euro Nebenkosten) sind nur 260 bzw.<br />

läppische 30 Euro mehr als beim Vormodell.<br />

Mehr Kick für kaum mehr Kohle.<br />

www.motorradonline.de/triumph<br />

www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 11


X<br />

N E U H E I T E N<br />

Ducati XDiavel/XDiavel S<br />

DIE MIT DEM<br />

Der extravaganten Diavel stellt Ducati die<br />

noch extremere XDiavel zur Seite. Und die ist keineswegs eine Variation zum Thema,<br />

sondern ein von Grund auf neues Motorrad – und was für eins.<br />

Von Eva Breutel; Fotos: Ducati, Breutel (3)<br />

12 NEUHEITEN<br />

3/<strong>2016</strong>


Das sind sie, die Macher der neuen XDiavel: Projektingenieur<br />

Eugenio Gherardi, Design-Direktor Andrea Ferraresi,<br />

Chef-Designer Gianandrea Fabbro, Produktmanager Stefano<br />

Tarabusi, Senior-Designer Bart Janssen Groesbeek (v. l.)<br />

Cruiser? Niemals! Vor fünf Jahren, als die Diavel auf den<br />

Markt kam, zuckten die Ducati-Manager vor diesem Wort<br />

zurück wie der Teufel vor dem Weihwasser – was durchaus<br />

passte, denn „Diavel“ ist Bologneser Dialekt und heißt<br />

Teufel. „Don’t call me Cruiser“, ließen die Italiener ihre Diavel in<br />

interna tionalen Werbespots heiser raunen; als Muscle-Bike wollte sie<br />

sich verstanden wissen, als Hightech-Sportler der anderen Art. Doch<br />

die Zeiten ändern sich. Freudig überrascht vom großen Erfolg der<br />

Diavel – sie verkaufte sich in Europa bislang 13 000 Mal, in den USA<br />

über 5000 Mal –, setzt Ducati mit der XDiavel nun ein noch extremeres<br />

Konzept in die Motorradwelt, das diesmal ganz offiziell auf den<br />

Namen Cruiser hört.<br />

Motor und Design<br />

Selbstredend erfüllt die Neue sämtliche Kriterien des Segments, ist<br />

mit einem Radstand von 1,615 Metern ellenlang und mit 75,5 Zentimetern<br />

Sitzhöhe fast däumlingsniedrig, setzt standesgemäß auf<br />

vorverlegte Fußrasten und Zahnriemenantrieb statt Kette. Mit ihrer<br />

aufregenden Optik und dem ultrastarken Motor übertrifft sie übliche<br />

Cruiser-Ansprüche. Die extremen Abmessungen verbinden sich zu<br />

klaren, kühnen Linien, dank des vertikal statt horizontal montierten<br />

Wasserkühlers bleibt das Motorrad vorn vergleichsweise schmal. Mit<br />

dem kurzen Heck, der schlanken Taille, der massigen Schwinge und<br />

dem dicken Motor als Blickfang wirkt die XDiavel wie eine Mischung<br />

aus Arnold Schwarzenegger und George Clooney – muskulös und<br />

geschmeidig zugleich. Hochwertige Werkstoffe und ein makelloses<br />

Ducati XDiavel S<br />

www.motorradonline.de NEUHEITEN 13


An der Ergonomie der Sitzposition<br />

arbeiteten die Entwickler lange. Sie fiel<br />

cruiser mäßig, aber nicht extrem aus<br />

Serienmäßig liefert Ducati eine zusätzliche<br />

Rückenlehne für den Beifahrer mit. Als Extras<br />

gibt es andere Lenker und Sitzbänke<br />

Spezialschalter für noch mehr Vergnügen:<br />

Bei Druck auf den Ducati Power Launch-Knopf<br />

geht die XDiavel ab wie eine Rakete<br />

Der Motor ist der absolute König, betonen<br />

die Entwickler. Der neue DVT-V2 mit 1262 cm³<br />

Hubraum liefert schon bei 2100/min ein enormes<br />

Drehmoment und damit ein aufregendes<br />

Fahrvergnügen. Auch beim Design steht er im<br />

Mittelpunkt und stellt seine beeindruckende<br />

Mechanik deutlich zur Schau. Darüber hinaus<br />

fungiert er als tragendes Element der XDiavel,<br />

denn Rahmenheck und Gitterrohrrahmen sind<br />

an den Zylinderköpfen verankert<br />

KING”<br />

„THE ENGINE IS THE<br />

14 NEUHEITEN<br />

3/<strong>2016</strong>


Ducati XDiavel<br />

Finish ziehen selbst des Cruisens bislang unverdächtige Sportfahrer<br />

in ihren Bann, zumal die technischen Daten eine deutliche Sprache<br />

sprechen: 156 PS leistet der Desmo-V2 mit variabler Ventilsteuerung.<br />

Der Motor ist im Prinzip bereits aus der Multistrada 1200 bekannt,<br />

bekommt für seinen neuen Verwendungszweck aber mehr Hubraum<br />

– nämlich 1262 cm³ – und einen krassen Antritt: Bereits bei 5000/<br />

min erreicht er das maximale Drehmoment von knapp 129 Newtonmetern,<br />

100 liegen sogar schon bei 2100/min an. Im Vergleich zur<br />

Diavel bleibt angesichts dieser extremen Auslegung ein wenig<br />

Spitzen leistung auf der Strecke, doch das juckt wohl niemanden. Der<br />

Motor steht auch beim Design im Mittelpunkt. Dank der neu positionierten<br />

Wasserpumpe (siehe Interview unten) verschwanden alle<br />

Schläuche und Abdeckungen. „Wir vom Design haben diesen ganzen<br />

Ab deckungen ohnehin den Krieg erklärt“, erklärt Chefdesigner Gianandrea<br />

Fabbro lachend. „Eine so schöne Mechanik wie die unseres<br />

V2-Motors darf man nicht verstecken, sondern muss sie betonen.“<br />

Fahrdynamik und Ausstattung<br />

Die Neue verheißt fast schon sportliche Bodenfreiheit: 40 Grad<br />

Schräglage soll sie ermöglichen, ohne dass Anbauteile schleifen oder<br />

Funken sprühen. Auch die Ergonomie soll die Auslegung als dynamischen<br />

Techno-Cruiser, wie die Entwickler ihre XDiavel definieren,<br />

widerspiegeln: „Klar, die Sitzposition entspricht natürlich einem Cruiser“,<br />

sagt Produktmanager Stefan Tarabusi. „Aber sie ist nicht extrem,<br />

sondern erlaubt immer noch eine sehr gute Kontrolle des Motorrads.“<br />

Die Fußrasten lassen sich serienmäßig um 22,5 Millimeter nach vorn<br />

oder hinten versetzen. Fahrdynamisch können die Entwickler den<br />

nach vorn versetzten Fußrasten sogar einen gewissen Vorteil abgewinnen:<br />

„Anders als bei unseren Sportlern kann sich der Fahrer beim<br />

Beschleunigen nicht auf den Fußrasten abstützen“, erklärt Projektingenieur<br />

Eugenio Gherardi. „Er wird in den Sitz gedrückt, ähnlich wie<br />

bei einem Sportwagen, was dazu führt, dass er Fahrtwind und Beschleunigung<br />

deutlich mehr spürt, ein wirklich emotionales Erlebnis.“<br />

In Sachen Ausstattung und Assistenzsysteme präsentiert sich die<br />

XDiavel voll auf der Höhe der Zeit. Ride-by-Wire und ABS sind bei<br />

Ducati längst selbstverständlich, ebenso eine einstellbare Traktionskon<br />

trolle. Es gibt drei Fahrmodi, von denen der sanfteste namens<br />

Urban die Leistung auf 100 PS limitiert. Neu im Vergleich zur Diavel<br />

sind das einstellbare Kurven-ABS und der Tempomat.<br />

Ein im wahrsten Sinn des Wortes mitreißendes Zusatzvergnügen<br />

ermöglicht der kleine DPL-Schalter (Ducati Power Launch) am Lenker.<br />

Auch von oben<br />

bietet die XDiavel<br />

mit dem breiten<br />

Rohrlenker, dem<br />

sich stark verjüngenden<br />

Tank, der<br />

ausladenden Sitzbank<br />

und dem<br />

kurzen Heck ein<br />

stimmiges Bild<br />

Interview Bart Janssen Groesbeek<br />

„Wohin bloß mit den Fußrasten?“<br />

Der gebürtige Niederländer Bart Janssen Groesbeek ist seit mehr als 14 Jahren Mitglied des Design-Teams von Ducati.<br />

Neben der neuen XDiavel stammt auch die Diavel im Wesentlichen aus seiner Feder.<br />

? Diavel und<br />

XDiavel wirken auf den<br />

ersten Blick ähnlich,<br />

sind aber doch ganz<br />

anders. Welche Unterschiede<br />

sind Ihnen<br />

besonders wichtig?<br />

! Die Diavel war unsere erste Annäherung<br />

an die Cruiserwelt, eigentlich ist sie<br />

ein Streetfighter mit langer Schwinge. Diesmal<br />

sollte es ein hundertprozentiger Cruiser<br />

werden. Rahmen und Schwinge sind kürzer,<br />

den Motor haben wir nach hinten versetzt,<br />

was dem Schwerpunkt zugutekommt. Entscheidend<br />

ist die neue Position der Wasserpumpe.<br />

Die saß bislang auf dem Deckel<br />

der Lichtmaschine, weshalb auf der linken<br />

Seite des Motors Schläuche und Kabel<br />

verliefen. Das hätte diesmal gestört, denn<br />

im absoluten Mittelpunkt steht bei der<br />

XDiavel der Motor. Jetzt sitzt die Wasserpumpe<br />

im V zwischen den beiden Zylindern,<br />

die Schläuche verlaufen innen.<br />

? Haben Sie von Anfang an ein mögliches<br />

Customizing mit einbezogen?<br />

! Ja. Anders als bei der Diavel, bei der<br />

die einzelnen Komponenten ineinander<br />

übergehen, sind bei der XDiavel Teile wie<br />

der Stahltank, Schwinge oder Sitzbank<br />

klar voneinander abgegrenzt. Das macht<br />

ein Customizing einfacher.<br />

? Gab es besondere Probleme?<br />

! Der Zahnriemenantrieb war eine<br />

Herausforderung. Wir haben eine dreigeteilte<br />

Einarmschwinge entwickelt: oben<br />

Gitterrohr, unten Guss, in der Mitte Schmiedeteile,<br />

die lassen sich für die Wartung<br />

aufschrauben. Und dann waren da die vorverlegten<br />

Fußrasten, für uns ja echtes Neuland.<br />

Irgendwann haben wir uns gefragt:<br />

Wohin bloß mit denen, wo kann man die<br />

verankern? Am Ende haben wir eine Extrastrebe<br />

eingebaut, darauf sitzen sie jetzt.


Die ultrakurzen Endrohre der neuen<br />

Auspuffanlage weisen nicht wie üblich<br />

nach hinten, sondern zur Seite<br />

LED allerorten, vom Scheinwerfer bis zu den<br />

Rückleuchten. Mittels eines Sensors wird automatisch<br />

von Tag- auf Nachtlicht umgestellt<br />

Wegen des Zahnriemenantriebs entwickelte<br />

Ducati eine dreigeteilte Einarmschwinge. Das<br />

Mittelstück lässt sich zur Wartung abschrauben<br />

Unterschiede Diavel/XDiavel<br />

Die Diavel stand Pate bei der<br />

Geburt der XDiavel. Und so<br />

gibt es einige Gemeinsamkeiten:<br />

von der generellen Design-Linie<br />

mit dem hohen Heck über das<br />

Sechsganggetriebe mit identischer<br />

Übersetzung bis hin zum<br />

fetten 240er-Hinterreifen. Größter<br />

optischer Unterschied: Bei<br />

der XDiavel steht der Motor im<br />

Mittelpunkt, bei der Diavel das<br />

Fahrwerk und der Rahmen.<br />

DATEN<br />

Diavel/Diavel Carbon XDiavel/XDiavel S<br />

Motor<br />

1198 cm³,<br />

Elf-Grad-Testastretta<br />

1262 cm³, variable Ventilsteuerung<br />

(DVT)<br />

Bohrung x Hub 106 x 67,9 mm 106 x 71,5 mm<br />

Nennleistung 162 PS bei 9250/min 156 PS bei 9500/min<br />

Max. Drehmoment 130 Nm bei 8000/min 128,9 Nm bei 5000/min<br />

Verdichtung 12,5 : 1 13 : 1<br />

Sekundärantrieb Kette Zahnriemen<br />

Radstand 1590 mm 1615 mm<br />

Lenkkopfwinkel 62 Grad 60 Grad<br />

Sitzhöhe 770 mm 755 mm<br />

Tankinhalt 17 Liter 18 Liter<br />

Gewicht fahrfertig 239/234 kg 247 kg<br />

Elektronik<br />

ABS, Ride-by-Wire, Riding<br />

Modes, Traktionskontrolle<br />

ABS, Ride-by-Wire, Riding<br />

Modes, Traktionskontrolle,<br />

Kurven-ABS, Tempomat<br />

Homologation Euro 3 Euro 4<br />

Preis 18 190/21 590 Euro 19 890/22 890 Euro<br />

Irgendwie ähnlich, aber doch<br />

ganz anders: oben die teuerste<br />

Variante der Diavel, rechts die<br />

Basisversion der neuen XDiavel<br />

16 NEUHEITEN<br />

Ducati Diavel Carbon<br />

Ducati XDiavel <br />

Ducati XDiavel<br />

Einfach an der Ampel den Knopf drücken, ersten Gang einlegen, Gas<br />

aufreißen, bei Grün die Kupplung kommen lassen – und die XDiavel<br />

legt los wie die wilde Angst, kombiniert maximal mögliche Power mit<br />

passender Traktionskontrolle, leicht abhebendes Vorderrad inklusive.<br />

„Unbegrenzt kann man das aber nicht machen,“ erklärt Projektingenieur<br />

Eugenio Gherardi schmunzelnd, „das würde auf Dauer doch die<br />

Kupplung ruinieren.“ Im schärfsten der drei wählbaren Power Launch-<br />

Modi sind daher nur drei Vollgasstarts hintereinander möglich.<br />

XDiavel S, Diavel und mehr<br />

Noch exklusiver als die XDiavel gibt sich die Variante S. Für 3000 Euro<br />

Aufpreis glänzt sie mit noch aufwendigerem Finish, darunter Räder<br />

mit zwölf auffällig geformten Speichen, die an der Außenseite der<br />

Felgen verankert sind. Dazu kommen das erste Tagfahrlicht des Hauses,<br />

eine DLC-Beschichtung der Gabelgleitrohre und Brembo-Monobloc-Bremsen<br />

vorn. Ihre Alu-Schwinge ist eloxiert und gebürstet,<br />

die Zahnriemenabdeckung besteht aus Aluminium, ein Bluetooth-<br />

Modul sorgt für die Verbindung von Smartphone und Cockpit.<br />

Die XDiavel gibt es nur in Mattschwarz, die Variante S in Schwarzglänzend<br />

mit entsprechend lackiertem Motorblock.<br />

Ob und wie sich die neue XDiavel auf die erfolgreichen Verkaufszahlen<br />

der Diavel auswirkt, weiß allerdings niemand. „Dynamisch<br />

und cool sind beide,“ meint Produktmanager Stefano Tarabusi. „Wir<br />

glauben, dass jede ihr Publikum finden beziehungsweise behalten<br />

wird.“ Doch warum heißt die Neue nun XDiavel, wo sie doch mit der<br />

Diavel im Endeffekt gar nicht so viel gemein hat? „Über den Namen<br />

haben wir lange diskutiert“, bekennt Tarabusi.<br />

„Im Gespräch war auch eine völlig neue<br />

Bezeichnung.“ Doch weil die Diavel nun mal<br />

Wegbereiterin und Inspiration für die Neue sei,<br />

bleibe sie Namensgeberin. „Das X hat uns<br />

gefallen, weil es alles Mögliche bedeuten<br />

kann“, ergänzt Chefdesigner Gianandrea<br />

Fabbro, „von der Unbekannten in der<br />

mathematischen Gleichung bis hin<br />

zum Symbol für eine Verbindung.“ Im<br />

Fall der XDiavel jene zwischen<br />

hochtechnologischen<br />

Sportmotorrädern und<br />

Cruisern – und die<br />

scheint durchaus gelungen.<br />

www.motorradonline.de/<br />

ducati<br />

3/<strong>2016</strong>


Mitfahrtermin Ducati XDiavel S<br />

Ducati-Chef Claudio Domenicali führt uns<br />

die neue XDiavel S höchstpersönlich vor.<br />

Sie ist die erste Ducati mit Riemenantrieb<br />

Reine Chefsache<br />

Es ist schon eine gute Tradition: Ducati lädt<br />

<strong>MOTORRAD</strong> zu einem ersten Eindruck ihrer<br />

neuesten Maschinen ein. So geschehen jetzt<br />

auch mit der brandneuen Ducati XDiavel.<br />

Der Techno-Cruiser wurde dabei vom Chef<br />

höchstpersönlich präsentiert.<br />

Blauer Himmel, klare Luft, ein bullig vor sich<br />

hin schnaufender 1300er-Desmo-V2: Die<br />

Welt kann so schön sein. Doch halt: Ich darf sie<br />

nicht fahren, denn die Weltpräsentation für die<br />

Journalistenkollegen fand noch nicht statt,<br />

und man kann ja <strong>MOTORRAD</strong> nicht so bevorzugen.<br />

Für mich gibt es also eine andere Maschine.<br />

Macht nichts. Denn Claudio Domenicali<br />

fährt vor mir und lässt die neue 1300er mit<br />

den weit vorne liegenden Fußrasten flott um<br />

die glibberigen Ecken fliegen. Mutig, mutig<br />

denke ich – das Thermometer zeigt nur<br />

schmerzende vier Grad an – aber wenn sich<br />

einer hier in den Bergen südlich von Bologna<br />

auskennt, dann ist er es. Also nichts wie hinterher,<br />

auch wenn sein fettes 240er-Hinterrad<br />

dicke Salzstaubwolken aufwirbelt.<br />

Was auffällt: Die neue XDiavel klingt kräftig,<br />

aber dezent (www.motorradonline.de/xdiavel).<br />

Die Zeiten, in denen eine Ducati krawallig<br />

durch die Gassen hämmert, sind definitiv<br />

vorbei. „In der Auspuffanlage steckt viel<br />

Know-how, mit ihr haben wir dieses fantastische<br />

Drehmoment hingekriegt.“ Domenicali<br />

ist begeistert von der Arbeit seiner Ingenieure<br />

und schwärmt geradezu vom feinen Ansprechverhalten<br />

und Druck aus dem Keller.<br />

„Der Zahnriemenantrieb ist für uns eine neue<br />

Welt.“ referiert er. „Endlich konnten wir das<br />

Antriebsspiel reduzieren, Du wirst es schon<br />

nach den ersten Metern merken, noch nie<br />

lief unser V2 so weich und mit so geringen<br />

mechanischen Geräuschen.“<br />

Naja, ich hätte es schon gerne ausprobiert,<br />

aber so müssen unsere Leserinnen und Leser<br />

eben noch warten (Fahrbericht in Heft 5). Wir<br />

brausen weiter und Domenicali macht klar,<br />

dass auch die längste und flachste Ducati aller<br />

Zeiten eine echte Ducati bleibt. Immerhin<br />

leistet auch der neue Euro4-Motor satte 156<br />

PS bei vergleichsweise geringen 247 Kilogramm<br />

Fahrzeuggewicht, was aus einem Cruiser<br />

natürlich bei entsprechender Fahrweise<br />

ein ziemlich schnelles Geschoss macht. So gesehen<br />

ist die XDiavel einzigartig im Markt.mp<br />

Ducati-Chef Domenicali erklärt <strong>MOTORRAD</strong>-Chef<br />

Pfeiffer die neuen Schaltereinheiten, die nun rot<br />

beleuchtet sind<br />

www.motorradonline.de


N E W S<br />

Schloss Augustusburg:<br />

45 Jahre Wintertreffen<br />

Alle kamen, nur der Winter nicht: 1700 Motorradfahrer waren beim traditionellen<br />

Treffen in Sachsen wieder dabei. Und fast 10 000 schaulustige Besucher,<br />

um historische Mopeds und heiße Wintercamping-Ideen zu bewundern.<br />

Simsons und Viertakt-AWOs aus Thüringen,<br />

tschechische Jawas und jede Menge sächsische<br />

MZ – ein paar ältere Japaner noch, aber<br />

aktuelle Motorradmodelle sind beim traditionellen<br />

Wintertreffen auf Schloss Augustusburg<br />

Mangelware. Wer noch eines der schönen alten<br />

OSTALGIE-BIKES besitzt, bringt es mit und freut<br />

sich, hier Gleichgesinnte zu treffen, im Schlosshof<br />

zu fachsimpeln oder auf dem Teilemarkt<br />

endlich neue Vergaserseilzüge zu finden. Der<br />

milde Winter hatte <strong>2016</strong> zwar eisfreie Straßen<br />

parat und den Hügeln rings ums Schloss allenfalls<br />

eine dünne Puderzuckerschicht beschert.<br />

Trotzdem waren viele der 1700 Biker im Gespann<br />

gekommen und hatten kreative Lösungen im<br />

garantiert assistenzsystemfreien Seitenwagen,<br />

um sich etwa der nächtlichen Kälte zu erwehren:<br />

von der Waschtrommel als mobile Feuerstelle bis<br />

hin zum ganzen Holzofen im Zelt. Und der ständige<br />

Nachschub an Getränken muss gewährleistet<br />

sein. Da ist Ronny noch am Üben. Denn das<br />

Fass auf dem Hänger hinter seiner Simson (Foto<br />

rechts oben) war <strong>2016</strong> schon bei der Ankunft<br />

leer. Grund: ein Leck. Bis 2017 will er’s geflickt haben<br />

und zur dann 46. Auflage des Wintertreffens<br />

„was Leckeres drin mitbringen“. Wohl bekomm’s!<br />

Als Motorradmuseum ist das<br />

Schloss dauerhaft ein lohnenswerter<br />

Treff, im Januar ganz besonders:<br />

beim großen Ost-Treffen<br />

mit Bikern und Bikes aller<br />

Couleur. Und jeder Menge Spaß<br />

Fotos: Claudia Dohle<br />

Hawaiianisch für Grashüpfer: W-’ühini<br />

Deus ex Machina ist ein weltweites Lifestyle-Label mit Wurzeln in Australien –<br />

und im Bau von Custombikes. Seit den Anfängen 2006 in Sydney entstehen im<br />

Namen der Marke immer neue Motorrad-Kreationen rund um den Globus. So<br />

auch die von englischen Dirt-Racern der 60er inspirierte "W-’ühini/Grasshopper"<br />

des Kaliforniers Michael Woolaway (links). Als Motor dient der KÖNIGSWELLEN-<br />

TWIN einer Kawasaki W 650. Doch der ist aufgebohrt auf 800 Kubik und auch das<br />

einzige Großserien-Teil. Tank und Heckbürzel sind handgedengeltes Alu, teils perlgestrahlt,<br />

teils gebürstet. Ein Einzelstück ist auch der Chrom-Molybdän-Rahmen,<br />

die Bremsen lieferten Grimeca und Brembo, Handarbeit sind die Zwei-in-nichts<br />

Krümmer. Der Name W-’ühini soll hawaiianisch sein und für Grashüpfer stehen.<br />

Foto: Deus<br />

18 NEWS 3/<strong>2016</strong>


2 x 2 = Yamaha?<br />

Foto: Vozz<br />

Klapphelm mal anders<br />

Der australische Hersteller Voztec<br />

hat sich dieses Klapphelmsystem<br />

(Foto) patentieren lassen. Vorteile<br />

des umgerechnet rund 600 Euro<br />

teuren Vozz RS 1.0 sollen sein:<br />

optimaler Sitz am Nacken und unterm<br />

Kinn, kein Kinnriemen, leicht<br />

abnehmbar im Notfall. Ab April<br />

<strong>2016</strong> will Voztec auch ECE-geprüfte<br />

Helme anbieten. Vertrieb bisher<br />

nur über www.vozzhelmets.com<br />

Du denkst, du siehst<br />

doppelt? Nein, alles in<br />

Ordnung. OR2T heißt<br />

der interne Code für diese<br />

von Yamaha entwickelte<br />

Motorradstudie mit doppeltem<br />

Vorder- und Hinterrad.<br />

Anders als bei herkömmlichen<br />

Vierrädern<br />

sind die Räder so platziert<br />

und aufgehängt, dass das<br />

motorradtypische SCHRÄG-<br />

LAGEN-KURVENVERHALTEN<br />

bestehen bleibt – aber bei doppeltem<br />

Grip. Vor allem vorn verspricht<br />

die Hossack-ähnliche Radführung mit getrennter<br />

Federung eine wesentlich verbesserte Haftung auch<br />

beim Überfahren von Hindernissen, wie ein von Yamaha veröffentlichtes Youtube-Video<br />

zeigt (www.motorradonline.de/or2t). Mehr offizielle Infos gibt es dazu nicht. Interessant<br />

und im Video gut zu erkennen ist auch der DOPPELTE KARDANANTRIEB rechts und links.<br />

Foto: Yamaha<br />

kurz notiert<br />

Foto: daboost-Fotalia<br />

Motorräder EU-weit auf Kurs<br />

Der Europäische Verband der Motorradhersteller ACEM freut sich<br />

über 2015 deutlich gestiegene Neuzulassungszahlen im Bereich<br />

der EU. Insgesamt seien von Januar bis November 2015 EU-weit genau<br />

1 151 657 motorisierte Zwei- und Dreiräder sowie Mopeds neu zugelassen<br />

bzw. in den Verkehr gebracht worden, heißt es in einer Mitteilung.<br />

Das entspreche eine STEIGERUNG um 3,9 Prozent gegenüber dem gleichen<br />

Zeitraum des Vorjahres. Die prozentual höchsten Zuwächse konnte<br />

dabei Spanien verzeichnen. Das Land war in den Jahren zuvor von den<br />

Folgen der Finanzkrise hart getroffen<br />

Deutschland: plus 3,0 %<br />

worden, der Zweiradmarkt war dort<br />

Großbritannien: plus 12,9 % praktisch zusammengebrochen.<br />

Frankreich: minus 4,2 % Rückläufe verzeichnet Frankreich, wo<br />

in den Vorjahren stets die meisten<br />

Italien: plus 6,2 %<br />

neuen Motorräder, Mopeds und Roller<br />

zugelassen Spanien: plus 16,7 %<br />

wurden.<br />

Elektrisch neu geboren<br />

Polo-Katalog <strong>2016</strong><br />

Die neue Saison steht am<br />

Start und hat den Motor<br />

schon mal angeworfen.<br />

Den Katalog dafür gibt’s<br />

ab sofort in jedem der<br />

93 Polo-Shops zum Mitnehmen.<br />

702 Seiten mit<br />

starken Marken für Biker<br />

(<strong>2016</strong> u. a. neu: Liqui Moly).<br />

Ducati-Rekorde<br />

54 800 Motorräder lieferte Ducati 2015 an die<br />

Kunden aus, 22 Prozent mehr als letztes Jahr.<br />

Wichtigster Markt sind die USA, gefolgt von<br />

Italien und Deutschland. Verkaufsschlager des<br />

Herstellers aus Bologna waren die Scrambler mit<br />

16 000 Stück, die Multistrada 1200 (über 8000)<br />

und die Monster 821 (rund 6500).<br />

Husqvarna/KTM-Rückruf<br />

Husqvarna/KTM ruft Zwei- und Viertakt-Offroader<br />

des Modelljahrs <strong>2016</strong> zurück. Bruchgefährdete<br />

Vorderradspeichen werden kontrolliert,<br />

bei Bedarf ersetzt. Halter werden schriftlich informiert.<br />

Infos gibt’s auch im Service-Bereich<br />

der Herstellerwebsites (mit Fahrgestellnummer).<br />

Foto: Polo<br />

Foto: Cezeta<br />

Bis 1964 wurde der tschechische 175er-<br />

Roller Cezeta 501/2 gebaut. Als Elektroscooter<br />

Cezeta 506 (Foto) ist er jetzt in Prag wiederauferstanden,<br />

wirkt äußerlich aber (bis auf die<br />

Scheibenbremse hinten) immer noch wie aus<br />

den Ostblock-50ern. Die herrliche Zyklopen-<br />

Schnauze und das STAHLBLECH-MONO-<br />

COQUE sind geblieben. Darunter stecken heute<br />

ein E-Motor (5 kW Dauerleistung, 8 kW max.)<br />

und Li-Ion-Akkus. Als Reichweite nennt Cezeta<br />

Motors 100 km (Schnitt), Vmax: 90 km/h, Ladedauer:<br />

4,5 Stunden. Preis: 9900 Euro. <strong>2016</strong> sollen<br />

100 Stück gebaut werden. www.cezeta.com<br />

Indian-Rückruf<br />

Alle aktuellen Indians mit 1800er-V2 ab Baujahr<br />

2014 müssen zurück in die Werkstatt. Grund ist<br />

ein möglicherweise schadhafter Bremszylinder,<br />

der zum Ausfall der hinteren Bremse führen<br />

kann. Die Scout-Modelle sind nicht betroffen.<br />

Halbe Million Gebrauchte<br />

488 784 gebrauchte Motorräder wechselten<br />

2015 in Deutschland den Besitzer. Damit sind die<br />

Besitzumschreibungen gegenüber dem Vorjahr<br />

leicht rückläufig, 2014 waren’s 0,8 Prozent mehr.<br />

Weitere Termine unter www.motorradonline.de;<br />

alle Termine ohne Gewähr<br />

NEWS 19


N E W S<br />

Gericke wieder in Insolvenz<br />

Fotos: Hein Gericke<br />

Auch wenn’s altbekannt klingt, so ist die Entwicklung um die Handelskette doch ganz aktuell – und kam für<br />

Außenstehende Ende Dezember auch durchaus überraschend. Für den Gericke-Chef aber nicht.<br />

Hein Gericke ist Ende 2015 zum dritten<br />

Mal (nach 20<strong>03</strong> und 2013) in Insolvenz.<br />

Das klingt erst einmal dramatisch, ist aber<br />

laut Inhaber und Geschäftsführer Paul Liao<br />

„keine Überraschung und kein Grund zur<br />

Beunruhigung“. Vielmehr sei die Eröffnung<br />

des Insolvenzverfahrens, der das Düsseldorfer<br />

Amtsgericht am 28. Dezember 2015<br />

zugestimmt hat, „eine GEPLANTE UND<br />

GESETZLICH GEREGELTE KONSEQUENZ<br />

Interview Paul Liao<br />

aus dem Schutzschirmverfahren“, in dem<br />

sich die Handelskette seit Oktober 2015<br />

befindet, sagt der Gericke-Chef.<br />

Noch im Februar <strong>2016</strong> soll das Insolvenzverfahren<br />

abgeschlossen sein. Erhofftes<br />

Ergebnis: Der Düsseldorfer Zubehör-Multi<br />

soll dann erfolgreich saniert in die neue<br />

Motorradsaison starten. So heißt es sinngemäß<br />

in einem Statement der Geschäftsführung.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> wollte genauer wissen,<br />

was das im Einzelnen und vor allem für die<br />

Motorradfahrer und Kunden des traditionsreichen<br />

Zubehöranbieters bedeutet und<br />

fragte nach. Siehe Interview.<br />

Mit Katalog und<br />

neuen Produkten<br />

will Gericke<br />

<strong>2016</strong> auf Kurs<br />

kommen<br />

Foto: Patrick Altenstrasser<br />

Paul Rutian<br />

Liao (42) ist<br />

seit 2007 Chef<br />

der europäischen<br />

Firmenzentrale<br />

von<br />

LS2 (steht<br />

für „Liao<br />

Systems“).<br />

Der aus China<br />

stammende Manager hat Anfang<br />

2014 gemeinsam mit weiteren<br />

Investoren die insolvente Hein<br />

Gericke Europe GmbH übernommen<br />

und ist seither deren<br />

Geschäfts führer.<br />

? Es hat sich ja schon viel bei Hein Gericke<br />

bewegt, deswegen hat uns die aktuelle Insolvenz<br />

doch überrascht. Was war die Ursache?<br />

! Das Insolvenzverfahren ist notwendig,<br />

um die im Insolvenzplan erarbeiteten<br />

Maßnahmen umzusetzen. Dabei<br />

handelt es sich um erforderliche Sanierungsschritte,<br />

die bei der Übernahme<br />

Anfang 2014 nicht vollzogen wurden<br />

und jetzt umgesetzt werden.<br />

? Welche Schritte sind das?<br />

! Ziel der Sanierung ist es, eine<br />

tragfähige und wettbewerbsfähige<br />

Plattform zu schaffen. Leider bedeutet<br />

das auch, dass eine Straffung des<br />

Filialnetzes und eine damit einhergehende<br />

Anpassung der Personalstruktur<br />

unumgänglich waren. Aber auch auf<br />

operativer und strategischer Seite gibt<br />

es Anpassungen: Wir werden zukünftig<br />

vermehrt auf unsere Eigenmarken setzen<br />

und deren Anteil am Gesamtsortiment<br />

schrittweise weiter ausbauen.<br />

? Es werden also Hein Gericke-Shops in<br />

Deutschland schließen?<br />

! Die Richtung ist klar: Wir werden<br />

uns von einem Teil unserer Filialen<br />

trennen müssen. Wir sprechen hier von<br />

zirka 15 Filialen im In- und Ausland. Für<br />

die betroffenen Mitarbeiter tun mir die<br />

anstehenden Einschnitte unglaublich<br />

leid. Ich bin ja nah dran am Geschehen<br />

und erlebe jeden Tag mit, wie engagiert<br />

und mit wie viel Identifikation bei Hein<br />

Gericke gearbeitet wird.<br />

? Insolvenz heißt üblicherweise Zahlungsunfähigkeit.<br />

Wird denn zum Saisonstart <strong>2016</strong><br />

überhaupt Ware in den Läden sein?<br />

! Wie schon gesagt streben wir an,<br />

das Insolvenzverfahren kurzfristig im<br />

Februar <strong>2016</strong> abzuschließen. Das jetzt<br />

laufende Verfahren hat keinen Einfluss<br />

auf den aktuellen Betriebsablauf sowie<br />

bestehende oder zukünftige<br />

Lieferbeziehungen. Sämtliche Lieferanten<br />

halten uns die Treue.<br />

? Warenengpässe waren eines der großen<br />

Probleme vor Ihrer Zeit. Ab wann wird das volle<br />

Sortiment von Hein Gericke lieferbar sein?<br />

! Die Saison <strong>2016</strong> wurde bereits<br />

letztes Jahr abschließend vorbereitet. Es<br />

wird keine Einschränkungen hinsichtlich<br />

des Angebotes geben, vielmehr wird<br />

eine Vielzahl neuer Produkte erstmalig<br />

vorhanden sein. Wir freuen uns auf<br />

den anstehenden Saisonstart, der durch<br />

unseren neuen Katalog eingeläutet<br />

wird. Auch nach Abschluss der Sanierung<br />

werde ich persönlich weiterhin<br />

inhaltlich und finanziell voll hinter dem<br />

Unternehmen stehen.<br />

? Sie sprechen „neue Produkte“ an.<br />

Welche könnten das zum Beispiel sein?<br />

! Wir werden erstmalig seit zehn<br />

Jahren völlig neu entwickelte Kollektionen<br />

sämtlicher Eigenmarken wie<br />

Hein Gericke, Tuareg, Speedware und<br />

Bullson auf den Markt bringen. Diese<br />

neuen Produkte werden nicht nur<br />

ein Highlight unseres neuen Katalogs,<br />

sondern ab der neuen Saison auch in<br />

unseren Filialen erhältlich sein.<br />

20 NEWS 3/<strong>2016</strong>


FOR TODAY’S<br />

ORIGINALS.<br />

11.02.<strong>2016</strong><br />

Erkundigen Sie sich gleich bei Ihrem Händler nach seinem Street Twin Event – Ihre Chance, die Street Twin<br />

als einer der Ersten hautnah zu erleben.<br />

Weitere Informationen zur Street Twin unter: triumphmotorcycles.de<br />

Triumph empfiehlt


T O P<br />

Honda Africa Twin<br />

- T E S T<br />

IN DER RUHE<br />

LIEGT DIE KRAFT<br />

Die ersten Eindrücke der Africa Twin bei ihrer Präsentation waren vielversprechend.<br />

Doch jetzt gilt’s. Das erste Testmotorrad steht für den Top-Test bereit. Und die Erwartungen<br />

sind groß. Doch die Honda begegnet ihnen mit Gelassenheit. Kann sie auch.<br />

Von Andreas Bildl; Fotos: markus-jahn.com<br />

Seit Kurzem geht in der Redaktion<br />

Seltsames vor sich. Kollegen aus<br />

verschiedensten Ressorts stehen<br />

plötzlich in der Tür: Reisekollege<br />

Markus Biebricher war der Erste, kurz danach<br />

tauchte Service-Mann Thorsten Dentges<br />

auf: „Du, ähm, meinst du, ich könnte den<br />

Schlüssel der Honda mal für eine Stunde haben?“<br />

Oder sie beäugen wie Klassik-Kollege<br />

Uli Holzwarth in der Redaktionstiefgarage<br />

die hochbeinige Honda: „Wie lange ist die<br />

denn da? Meinst du, man könnte die mal<br />

haben? Komm, lass mal laufen, nur kurz den<br />

Sound checken.“ Gestandene Redakteure<br />

schleichen wie die Katze um den Milch topf<br />

um die Africa Twin herum. „Endlich“, entfährt<br />

es Markus. Und er erntet Kopfnicken.<br />

Szenenwechsel, Südfrankreich. Fotostopp,<br />

um Detailfotos zu schießen. Während Knipser<br />

Markus mit der Kamera in den letzten<br />

Winkel der Africa Twin kriecht, braust ein<br />

ram ponierter Transporter heran. Sein Fahrer<br />

steigt ambitioniert in die Bremsen, springt<br />

heraus, stellt sich als Franck vor. Franck ist<br />

völlig aus dem Häuschen. Er hätte uns schon<br />

am Morgen gesehen, fährt selbst eine 750er-<br />

Africa Twin RD 07, letztes Baujahr, wohnt im<br />

nächsten Ort. Und er hätte einfach kurz anhalten<br />

müssen, um die Neue zu bestaunen.<br />

Spricht’s, steigt in seinen Transporter und<br />

ist verschwunden. Eine halbe Stunde später<br />

kommt eine piekfeine 750er-Africa Twin<br />

von 20<strong>03</strong> ums Eck geballert, Franck steigt<br />

ab und beginnt eine lebhafte Diskussion.<br />

Keine Frage, die CRF 1000 zieht die Betrachter<br />

in ihren Bann. Und gab es im Vorfeld<br />

kritische Stimmen ob der „nur“ 95 PS<br />

und über 230 Kilo Gewicht, ist davon nun<br />

nichts zu hören.<br />

22 TEST+TECHNIK<br />

3/<strong>2016</strong>


www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 23


Top-Test Honda Africa Twin<br />

Die neue Africa Twin ist ein sehr ap petitliches<br />

Motorrad geworden. Schlank, mit<br />

knapper Taille, wie aus einem Guss. Dazu<br />

wertig gemacht – macht einfach Spaß, sie<br />

zu betrachten. Das glänzende Rot und das<br />

Schnee weiß des fein lackierten Tanks ergeben<br />

einen herrlichen Kontrast, die Sitzbank<br />

mit schwarz-weiß-rotem Bezug passend<br />

dazu. Die Honda zeigt wohltuenden Mut<br />

zur Farbe. Auch wenn die Aufkleber der<br />

Verkleidung nicht überlackiert sind. Die<br />

Verarbeitung kann sich sehen lassen. Die<br />

Kunststoffteile sind passgenau und wirken<br />

nicht billig. Der Stahlrahmen ist sauber<br />

geschweißt – lei der auch das Rahmenheck,<br />

ein geschraubtes wäre im Fall der Fälle<br />

besser gewesen. Keine Spur von Kabelbindern<br />

oder lose herumbaumelnden Steckern.<br />

Lediglich das Sensorkabel am Vorderrad<br />

wirkt etwas salopp verlegt.<br />

Doch Details wie der stabile Alu-Motorschutz,<br />

Kunststoff-Rahmenschoner über<br />

den Fußrasten, klappbarer Schalthebel und<br />

griffig gezacktes Bremspedal, dazu das<br />

21-Zoll-Vorderrad und üppige 230 mm Bodenfreiheit<br />

– das schmeckt nach staubigen<br />

Pisten und Fernweh. Das sind die Fußstapfen,<br />

die ihre 20<strong>03</strong> eingestellte Vorgängerin<br />

auch dank ihrer enormen Zuverlässigkeit<br />

hinterließ. Und es sind ziemlich große – die<br />

von der pummeligen Varadero seither nicht<br />

gefüllt werden konnten.<br />

Aber bevor wir jetzt gefühlsduselig in<br />

der Vergangenheit schwelgen: Es zählt das<br />

Hier und Jetzt. Und das heißt 880 mm<br />

Sitzhöhe. Die sind für Normalgewachsene<br />

dank schmaler Sitzbank und damit manierlicher<br />

Schrittbogenlänge gut zu meistern.<br />

Wer’s niedriger mag: Sie lässt sich durch<br />

simples Umstecken aber auch 15 mm tiefer<br />

montieren. Wer noch tiefer hinab oder<br />

höher hinaus will, für den bietet Honda je<br />

30 mm höhere oder niedrigere Bänke.<br />

Der 18,8 Liter fassende Tank sorgt für<br />

knappen Knieschluss. 400 Kilometer sollen<br />

dank züchtiger Trinksitten trotzdem drin<br />

sein. Verspricht Honda. Wir werden sehen.<br />

Das Hier und Jetzt heißt auch: Reihen-Twin<br />

statt V2. Und der meldet sich auf Knopfdruck<br />

zur Stelle, brummt mit leicht erhöhten<br />

1800/min Ruhepuls vor sich hin. Beim<br />

Übersichtliches und kontraststarkes<br />

Cockpit, leider spiegelt<br />

die Abdeckung etwas<br />

Knappe Scheibe mit erstaunlich gutem<br />

Windschutz und geringe Verwirbelungen<br />

dank schlauer Öffnungen<br />

Kunststoffprotektoren<br />

an Rahmen und Kupplungsglocke,<br />

angeschweißtes<br />

Rahmenheck<br />

Die Sitzbank lässt sich in<br />

zwei unterschiedlichen<br />

Positionen fixieren, was<br />

15 mm Unterschied<br />

in der Sitzhöhe ausmacht<br />

24 TEST+TECHNIK


Honda CRF 1000 L Africa Twin<br />

MOTOR<br />

Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />

zwei Ausgleichswellen,<br />

eine obenliegende, ket tengetriebene<br />

Nockenwelle, vier Ven tile<br />

pro Zylinder, Gabelkipphebel und<br />

Tassenstößel, Trockensumpfschmierung,<br />

Einspritzung, 2 x Ø 44 mm,<br />

Lichtmaschine 490 W, Batterie 12 V/<br />

11 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung<br />

(Anti-Hopping),<br />

Sechsganggetriebe, O-Ring-<br />

Kette, Sekundärübersetzung 2,625.<br />

Bohrung x Hub 92,0 x 75,1 mm<br />

Hubraum<br />

998 cm³<br />

Verdichtungsverhältnis 10,0 : 1<br />

Nennleistung<br />

70,0 kW (95 PS) bei 7500/min<br />

Max. Drehmoment<br />

<br />

98 Nm bei 6000/min<br />

FAHRWERK<br />

Brückenrahmen aus Stahl, Upsidedown-Gabel,<br />

Ø 45 mm, verstellbare<br />

Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung,<br />

Zweiarmschwinge aus<br />

Aluminium, Zentralfederbein mit<br />

Hebelsystem, verstellbare Federbasis,<br />

Zug- und Druckstufendämpfung,<br />

Doppelscheibenbremse vorn, Ø 310<br />

mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse<br />

hinten, Ø 256 mm, Einkolben-Schwimmsattel.<br />

Speichenräder mit Alu-Felgen<br />

2.15 x 21; 4.00 x 18<br />

Reifen 90/90 21; 150/70 R 18<br />

Bereifung im Test<br />

Dunlop Trailmax D 610<br />

MAßE + GEWICHT<br />

Radstand 1575 mm, Lenkkopfwinkel<br />

62,5 Grad, Nachlauf 113 mm, Federweg<br />

v./h. 230/220 mm, zulässiges<br />

Gesamtgewicht 427 kg, Tankinhalt<br />

18,8 Liter.<br />

SERVICE-DATEN<br />

Service-Intervalle 12 000 km<br />

Öl- und Filterwechsel <br />

<br />

alle 12 000 km, 4,2 Liter<br />

Motoröl<br />

SAE 10W30<br />

Telegabelöl<br />

Honda Ultra Cushion 10wSS47<br />

Zündkerzen NGK SILMAR8A9S<br />

Leerlaufdrehzahl 1200 ± 100/min<br />

Reifenluftdruck solo (mit Sozius)<br />

vorn/hinten 2,0/2,5 (2,0/2,8) bar<br />

Garantie<br />

zwei Jahre<br />

FarbenRot/Weiß/Schwarz,<br />

Weiß/Blau/Rot, Silber, Schwarz<br />

Preis Testmotorrad* 12 405 Euro<br />

* mit ABS und Traktionskontrolle; 11 805 Euro (ohne ABS); 13 525 Euro (mit ABS, Traktionskontrolle und Doppelkupplungsgetriebe); Nebenkosten 295 Euro<br />

Griff zur Kupplung fällt zweierlei auf: Zum<br />

einen fiel ein einstellbarer Handhebel dem<br />

Rotstift zum Opfer – angesichts des Preises<br />

nicht unbedingt zu erwarten. Zum anderen<br />

verlangt die Anti-Hopping-Kupplung<br />

nur wenig Handkraft. Sanft rastet der erste<br />

Gang ein, und ab dem ersten Meter schiebt<br />

der Twin prächtig voran. Und sofort zieht<br />

es die Mundwinkel nach oben.<br />

Stabil wirkender Alu-Motorschutz serienmäßig,<br />

aber kein Hauptständer. Die Krümmer<br />

haben separate Schutzbleche<br />

Set up<br />

SETUP LANDSTRASSE<br />

GABEL<br />

Zugstufe<br />

Druckstufe<br />

Vorspannung<br />

Luftdruck<br />

2,25 Umdrehungen<br />

8 Klicks<br />

5 Umdrehungen*<br />

2,0 bar<br />

Alle Umdrehungen von geschlossener Position aus<br />

gezählt<br />

FEDERBEIN<br />

Zugstufe<br />

Druckstufe<br />

Vorspannung<br />

Luftdruck<br />

10 Klicks<br />

12 Klicks<br />

6 Umdrehungen*<br />

2,5 bar<br />

* von vollständig entspannter Position aus gezählt<br />

Der 998 cm³ große Twin ist ein Schmeichler<br />

mit ausgezeichneten Umgangsformen.<br />

Honda vertraut bei der Africa Twin auf konventionelle<br />

Gaszüge statt elektronischem<br />

Ride-by-Wire. Der Motor hängt schön am<br />

Gas, direkt und doch weich. In Sachen Elektronik<br />

ist das Nötigste an Bord. Eine dreistufige,<br />

vom Lenker aus einfach zu bedienende<br />

Trak tionskontrolle, deren sanfteste Stufe<br />

allerdings etwas früh und rigoros einschreitet.<br />

Dazu ein optionales ABS (Aufpreis 600<br />

Euro), das sich nur am Hinterrad für Geländeausflüge<br />

abschalten lässt. Wer’s puristisch<br />

mag: Eine Version ohne ABS ist, da die<br />

Africa Twin noch nach Euro 3 homologiert<br />

ist, dieses Jahr ebenfalls zu haben. Verschiedene<br />

Mappings bietet die Africa Twin nicht<br />

– was sich verschmerzen lässt. Etwas nervig<br />

ist dagegen, dass bei jedem Ausschalten<br />

der Zündung – auch per Killschalter – ABS<br />

und Traktionskontrolle wieder auf die<br />

Werks einstellung zurückgesetzt werden.<br />

Aber zurück zum Motor.<br />

Er ist einer dieser Motoren, die bereits<br />

ab Standgas unaufgeregt, aber mit sanftem<br />

Nachdruck zur Sache gehen. Weich bollernd,<br />

hässliches Lastwechselrucken weitestgehend<br />

verkneifend. Das animiert dazu,<br />

gleich nach dem Anfahren im knackigen,<br />

präzisen Getriebe – eine DCT-Version mit<br />

Doppelkupplungsgetriebe stand zum Test<br />

noch nicht zur Verfügung – den zweiten<br />

Gang nachzulegen und früh hochzuschalten.<br />

Kurz hinter dem Ortsausgang kann<br />

schon der Sechste aktiviert werden. Im Alltag<br />

spielt sich das meiste dann zwischen<br />

2000 und 4000 Umdrehungen ab. Das ent-<br />

Schlanke Taille, nicht zu ausladender Tank,<br />

Schalldämpfer eng an die Seite geschmiegt –<br />

die Honda feiert die Abkehr vom Trend zu<br />

immer ausladenderen Reiseenduros<br />

TEST+TECHNIK 25


Top-Test Honda Africa Twin<br />

spannt, macht gelassen, schont die Nerven.<br />

Spitzkehren sind ein Kinderspiel. Sanft bullernd<br />

schiebt der Twin die Fuhre aus den<br />

Ecken. Hängt sauber am Gas, schlicht souverän.<br />

Fernab jeder Hektik. Auch weil der<br />

Twin dabei eine ausgezeichnete Laufkultur<br />

an den Tag legt.<br />

Zwei Ausgleichswellen gaben ihm die<br />

Entwickler mit auf den Weg. Und die machen<br />

ihren Job hervorragend. Sie lassen<br />

kaum mehr als ein sanftes Pulsieren übrig,<br />

egal bei welcher Drehzahl. Feine Manieren<br />

besitzt der Twin also. Und eine gleichmäßige<br />

Leistungsentfaltung auch. Eine seiner<br />

Stärken ist zweifellos das sehr breite nutzbare<br />

Drehzahlband. Feiner Antritt aus dem<br />

Drehzahlparterre, kein Einbruch in der Mitte,<br />

bei 6000/min gibt es noch mal etwas<br />

mehr Leben. Erst ab 7500/min verebbt der<br />

Elan des wohltönenden Twins. Er bekam<br />

einen angenehm dumpfen, voluminösen<br />

Sound mit auf den Weg, was zum einen auf<br />

der Kurbelwelle mit 270 Grad Hubzapfenversatz<br />

beruht. Damit ergibt sich im Prinzip<br />

die Zündfolge eines 90-Grad-V2. Wie ein<br />

Ducati-V2 klingt die Africa Twin damit zwar<br />

nicht. Doch bollert sie satt und sanft, beim<br />

Beschleunigen kernig, aber nicht aggressiv<br />

und niemals aufdringlich. Verantwortlich<br />

dafür ist das ausgeklügelte Innenleben des<br />

Schalldämpfers – erkennbar an den zwei<br />

unterschiedlich großen Austrittsrohren –,<br />

der sich trotz seiner Größe gut in die Linie<br />

fügt und eng an die Maschine anschmiegt.<br />

Ebenso gelungen das Sitzplatzarrangement.<br />

Dank der schmal konturierten Sitzbank<br />

erreichen Normalgewachsene gut<br />

den Boden. Der Lenker liegt nahezu perfekt<br />

zur Hand, die Sitzbank ist straff gepolstert<br />

und bietet üppig Bewegungsspielraum. Der<br />

Fahrer sitzt locker, aber nicht passiv. Selbst<br />

nach Stunden steigt man unverkrampft aus<br />

dem Sattel. Und vergnügt. Weil sich auch<br />

das Fahrwerk kaum eine Blöße gibt.<br />

Da wäre zum einen die gelungene<br />

Balance des Fahrwerks. Die 233 Kilogramm<br />

(vollgetankt) verteilen sich zu je 50 Prozent<br />

auf Vorder- und Hinterrad.<br />

Doch viel bemerkenswerter als solche<br />

Zahlenspielereien ist, wie sich die Africa<br />

Twin im Kurvengewühl präsentiert. Sobald<br />

die Räder rollen, scheint es, als hätte sie<br />

einen halben Zentner an Ballast über Bord<br />

geworfen. Sie kann zwar nicht Haken schlagen<br />

wie ein Hase – was angesichts des<br />

21-Zoll-Vorderrades und der auf Stabilität<br />

getrimmten Geometrie mit langem Nachlauf<br />

und flachem Lenkkopfwinkel niemand<br />

verwundert. Doch nimmt die Africa Twin<br />

Straßen jeglicher Couleur abgeklärt und<br />

souverän unter die Räder. Gelassen taucht<br />

sie von einer Schräglage in die nächste.<br />

Lässt sich willig am breiten Alu-Lenker<br />

durch Kehren, Serpentinen und schnelle<br />

Bögen dirigieren. Stabil folgt sie dem vorgegebenen<br />

Kurs. Sie pariert Bodenwellen<br />

unbeeindruckt, und über Aufstellmoment<br />

beim Bremsen kann sie nur müde lächeln,<br />

wie es eben für Maschinen mit 21-Zoll-<br />

Vorder rad typisch ist. Die Kehrseite: Bei höherem<br />

Tempo versteift sich das Handling<br />

merklich. Was letztlich nur ein kleiner Makel<br />

ist in der ansonsten feinen Balance. Weiterer<br />

Pluspunkt: Dank üppig bemessenem Lenkeinschlag<br />

legt die CRF Wendemanöver<br />

mühelos quasi auf einem Bierdeckel hin.<br />

Die Konstrukteure waren um einen möglichst<br />

niedrigen Schwerpunkt bemüht. So<br />

liegt der Kühlwasser-Ausgleichsbehälter<br />

hinten unterm Motor, ABS-Modulator und<br />

Batterie sind um den Schwerpunkt herumgruppiert.<br />

Eine besondere Rolle spielt dabei<br />

aber der Motor. Dank Unicam-Zylinderkopf<br />

(siehe Kasten unten) baut er sehr flach.<br />

Unicam- Ventilsteuerung<br />

Einzelkämpfer<br />

Gut erkennbar die direkt über den Einlassventilen sitzende Nockenwelle,<br />

Rollenkipphebel betätigen die Auslassseite<br />

Bei der Ventilsteuerung, die Honda unter dem klangvollen Namen<br />

Unicam in der Africa Twin verwendet, handelt es sich im Prinzip um<br />

eine sohc-Konstruktion, also eine einzelne, obenliegende Nockenwelle<br />

(single overhead camshaft). Bei herkömmlichen sohc-Motoren<br />

ist die Nockenwelle mittig zwischen Ein- und Auslassventilen platziert<br />

und steuert diese jeweils über Kipphebel. Beim Unicam-Motor<br />

dagegen sitzt die Nockenwelle direkt über den Einlassventilen<br />

und betätigt sie per Tassenstößel und Shims. Für die Betätigung der<br />

Auslassventile kommen Rollenkipphebel mit Einstellschrauben für<br />

das Ventilspiel zum Einsatz.<br />

Diese Bauweise ist nicht nur leichter als ein herkömmlicher sohc-<br />

Kopf, sie spart vor allem auch Bauraum und gestattet es, den Zylinderkopf<br />

kompakter zu gestalten.<br />

Neben der Africa Twin tragen auch die NC-Modelle sowie die Crosstourer<br />

und die VFR 1200 Unicam-Köpfe. Die ersten Hondas, die damit<br />

auf den Markt kamen, waren 2004 allerdings Wettbewerbsmaschinen,<br />

nämlich die Crosser CRF 250 und 450. Was gleichzeitig auch ein<br />

Beleg für die Robustheit dieser Technik ist, immerhin dreht die CRF<br />

250 über 11 500/min.<br />

Bei den mit deutlich niedrigeren Drehzahlen operierenden NC-Modellen<br />

stammen die Kipphebel gar aus der Autosparte, nämlich vom<br />

Honda Jazz.<br />

Inzwischen haben auch andere Hersteller die Vorzüge dieser Bauweise<br />

erkannt. So schickt KTM beispielsweise die neueste Genera<br />

tion der Duke 690 mit einem ähnlich konzipierten Zylinderkopf an<br />

den Start. Bei der Herzogin werden allerdings die Einlassventile per<br />

Schlepphebel betätigt.<br />

Den Unicam-Anfang machten 2004<br />

die wilden, hochdrehenden Crosser<br />

CRF 250 und 450. Ihnen folgten VFR<br />

1200 F und X sowie die NC-Modelle<br />

26 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


Dynamisch reisen, aber ohne Hektik, komfortabel, aber nicht behäbig. Ihre Ausgewogenheit ist die<br />

große Stärke der Honda und Balsam für die Nerven<br />

Und auch wenn die Anhänger des V2 (zu<br />

denen auch der Autor zählt) jetzt aufheulen<br />

mögen: Der Reihen-Twin ist deutlich kompakter<br />

als ein V2 (und nebenbei günstiger<br />

in der Herstellung), wodurch er mehr<br />

Freiheit bei der Positionierung im Chassis<br />

bietet. Und gleichzeitig eine enorm lange<br />

Schwinge ermöglicht. 655 mm sind rekordverdächtig<br />

und sorgen dazu für guten Grip.<br />

Den Ölvorrat seiner Trockensumpfschmierung<br />

bunkert der Twin unten im Kurbelgehäuse.<br />

Das spart Bauhöhe, erfordert aber<br />

einen Peilstab zur Ölstandskontrolle. Dazu<br />

ist die Wasserpumpe in den Kupplungsdeckel<br />

integriert – und nicht in die Kupplung,<br />

wie manches Fachmagazin in vollem<br />

Vertrauen auf den Pressetext vermeldete.<br />

Die gelungene Darbietung des Fahrwerks<br />

fußt aber auch auf gut abgestimmten<br />

Federelementen. Trotz langer Feder wege<br />

(230 Millimeter vorne, 220 hinten) schaffen<br />

sie den Spagat zwischen ausreichend<br />

straffer Abstimmung und feinem Komfort.<br />

Gewissenhaft kümmern sie sich um große<br />

wie kleine Verwerfungen im Asphalt.<br />

Sie sind voll einstellbar, verfügen über<br />

einen recht breiten Einstellbereich und<br />

reagieren prompt auf wenige Klicks mehr<br />

Dämpfung. Allerdings auf Kosten der Sensibilität.<br />

Unterm Strich bietet die Werkseinstellung<br />

einen guten Kompromiss aus<br />

Stabilität und Komfort. Selbst bei Vollbremsungen<br />

bleibt die langbeinige Honda weitgehend<br />

ruhig. Die Bremsen dürften zwar<br />

ruhig eine Spur spontaner und mit etwas<br />

mehr Rückmeldung zu Werke gehen. Aber<br />

sie ermöglichen dank des fein regelnden<br />

ABS mit 9,2 m/s² ordentliche Verzögerung.<br />

Die Reifen allerdings spielen nicht auf dem<br />

hohem Niveau, das das Fahrwerk vorgibt.<br />

Die Dunlop D 610 Trailmax hegen kaum<br />

sportliche Ambitionen, mit Kalt und Feucht<br />

stehen sie zudem auf Kriegsfuß. Und der<br />

Vorderreifen ist nicht sonderlich mitteilsam,<br />

was seinen Kontakt zum Asphalt angeht.<br />

Da hätte die feine Honda eigentlich etwas<br />

Passenderes verdient gehabt. Das Ausloten<br />

ihrer Offroad-Qualitäten wird ohnehin –<br />

adäquat bereift – in einem separaten Test<br />

erfolgen. Dass sie sich in Sachen Topspeed<br />

mit 199 km/h eher in Zurückhaltung übt, ist<br />

dagegen leicht zu verschmerzen. Zumal sie<br />

Angebote zu<br />

diesem Motorrad<br />

finden Sie<br />

hier:<br />

motorradonline.de/<strong>2016</strong><strong>03</strong>022<br />

Auf gefallen<br />

Im Falle eines Falles<br />

schützt der klappbare<br />

Schaltknauf<br />

vor Verlust. Durch<br />

Herausnehmen der<br />

Gummis bieten die –<br />

wenn auch kurzen – gezackten Rasten mehr<br />

Grip im Gelände.<br />

Ein Handrad zur<br />

Leuchtweiteneinstellung<br />

ist grundsätzlich<br />

lobenswert<br />

und eine feine Sache.<br />

Jenes der Africa Twin ist leider etwas<br />

versteckt im Verkleidungshalter platziert<br />

und nur etwas fummelig zu erreichen.<br />

Die Trockensumpfschmierung<br />

hat in<br />

Sachen Bauhöhe<br />

sicher Vorteile, die<br />

Ölstandskontrolle<br />

per Peilstab aber nicht. Dass es auch anders<br />

geht, zeigt KTM.<br />

www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 27


Top Test Honda Africa Twin<br />

auch bei diesem Tempo bolzstabil geradeaus<br />

läuft. Und die lange Endübersetzung<br />

hält das Drehzahlniveau niedrig, wenngleich<br />

dadurch die Durchzugswerte im<br />

sechsten Gang etwas blass bleiben. So<br />

spult man entspannt große Etappen am<br />

Stück ab, ehe die Tankanzeige zum Gang<br />

an die Zapfsäule mahnt. Beim Erreichen<br />

der Reserve informiert sie mit einer recht<br />

genauen Anzeige über die Restreichweite.<br />

Und siehe da: Zurückhaltend bewegt,<br />

genehmigt sich die Africa Twin gerade mal<br />

4,3 Liter, was ihr tatsächlich zu 437 Kilometern<br />

Reichweite verhilft. Und selbst zügiger<br />

bewegt, sind gut 350 Kilometer realisierbar.<br />

Das freut Fernreisende ebenso wie die zahl­<br />

FAHRLEISTUNGEN<br />

-Messungen<br />

Höchstgeschwindigkeit* 199 km/h<br />

Beschleunigung80<br />

0–100 km/h 3,8 sek<br />

0–140 km/h 100 6,9 sek<br />

Durchzug<br />

60–100 km/h 90 4,6 sek<br />

100–140 km/h 6,1 sek<br />

140–180 km/h 10,9 sek<br />

80<br />

Tachometerabweichung<br />

effektiv (Anzeige 50/100) 44/93 km/h<br />

Drehzahlmesserabweichung 70<br />

Anzeige roter Bereich 8300/min<br />

effektiv8300/min<br />

60<br />

VERBRAUCH<br />

50<br />

Landstraße<br />

4,3 l/100 km<br />

Bei 130 km/h<br />

5,2 l/100 km<br />

40<br />

theor. Reichweite Landstraße 437 km<br />

KraftstoffartSuper<br />

30<br />

MAßE+GEWICHTE<br />

L/B/H<br />

2340/960/1480 20 mm<br />

Sitzhöhe<br />

865–880 mm<br />

Lenkerhöhe<br />

10 1180 mm<br />

Wendekreis<br />

4840 mm<br />

Gewicht vollgetankt<br />

233 kg<br />

Zuladung<br />

0<br />

194 kg<br />

Radlastverteilung v./h. 49,9/50,1 %<br />

Motorleistung<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

MOTOR 2<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Honda CRF 1000 L Africa Twin<br />

69,8 kW (95 PS) bei 7500/min<br />

98 Nm bei 5900/min<br />

kW PS<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

Motordrehzahl in 1/min x 1000<br />

Drehmoment in Nm<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

Geschwindigkeit in km/h<br />

GETRIEBE<br />

240<br />

220<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

6. 220<br />

5. 194<br />

4. 173<br />

3. 144<br />

2. 113<br />

1. 74<br />

Max.<br />

Drehzahl<br />

Nenndrehzahl<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

Motordrehzahl in 1/min x 1000<br />

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts<br />

Spektakuläres. Sondern vielmehr eine<br />

gleichmäßig ihrem sanft gerundeten<br />

Gipfel entgegenstrebende Leistungskurve<br />

und bereits knapp über<br />

2000/min gut 80 Nm Anfahrdrehmoment.<br />

Auch wenn Leistungsfetischisten<br />

nörgeln mögen, dass da der Kick<br />

fehlt, passt diese Motorcharakteristik<br />

ausgezeichnet zum entspannten Auftritt<br />

der Honda. Aufgrund der langen<br />

Übersetzung erreicht sie Topspeed<br />

gut 1000/min vor dem Drehzahllimit<br />

Verzögerung in m/s 2<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Zeit t<br />

BREMSEN<br />

Mittlere Bremsverzögerung: 9,2 m/s 2 , entspricht<br />

einem Bremsweg von 41,9 m aus 100 km/h<br />

Bremsmessung aus 100 km/h<br />

Handling-Parcours I (schneller Slalom)<br />

Referenz BMW R 1200 GS<br />

Beherztes Bremsen bringt zwar etwas<br />

Bewegung ins Fahrwerk, aber auch ordentlich<br />

kurze Bremswege. Nur hin und wieder<br />

lupft die Honda dabei kurz kess das Heck<br />

Durch die langen Federwege neigt die Africa Twin bei voller Verzögerung dazu,<br />

etwas instabil zu werden, wobei das Hinterrad kurzfristig den Bodenkontakt verlieren<br />

kann. Sie rührt dabei ein wenig über die Längsachse, was jedoch unbedenklich ist.<br />

Die Bremswirkung ist gut, der Druckpunkt könnte jedoch etwas direkter sein. Aufgrund<br />

der langen Federwege und des schmalen Reifens ist die Verzögerung gut.<br />

Restgeschwindigkeit<br />

24,9 km/h<br />

41,9 m<br />

39,3 m<br />

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000<br />

*Herstellerangabe; 1 <strong>MOTORRAD</strong>-Testparcours, Werte vom Bremsentest aus den drei besten Fahrversuchen gemittelt; Referenz: Motorrad aus der jeweiligen Kategorie mit den bisherigen<br />

Bestwerten; 2 Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf Dynojet-Rollenprüfstand 250, korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 %<br />

28 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


Konkurrenz <br />

BMW F 800 GS<br />

85 PS, Gewicht 222 kg,<br />

0–100 km/h 4,0 sek,<br />

Vmax 204 km/h,<br />

Verbrauch 4,6 Liter, ABS,<br />

11 200 Euro*<br />

KTM Adventure<br />

1050<br />

95 PS, Gewicht 233 kg,<br />

0–100 km/h 3,7 sek,<br />

Vmax 205 km/h,<br />

Verbrauch 5,0 Liter, ABS,<br />

12 795 Euro*<br />

Yamaha XT 1200 Z<br />

Super Ténéré<br />

112 PS, Gewicht 269 kg,<br />

0–100 km/h 3,7 sek,<br />

Vmax 210 km/h,<br />

Verbrauch 5,8 Liter, ABS,<br />

12 955 Euro*<br />

* ohne Nebenkosten<br />

reichen Haken zur Gepäckbefestigung, die<br />

unauffällig integrierten Kofferhalter oder der<br />

erstaunlich gute Windschutz der vergleichsweise<br />

kleinen Scheibe. Vermissen werden<br />

sie allerdings einen Hauptständer. Den hält<br />

das umfangreiche Zubehörangebot ebenso<br />

bereit (219 Euro) wie unter anderem eine<br />

größere Scheibe (147 Euro) und passende<br />

Koffer (30/40 Liter, 689 Euro). Nur Sturzbügel<br />

muss man im Zubehörhandel suchen.<br />

Dennoch bleibt unterm Strich: Die Africa<br />

Twin ist wieder zurück und gerüstet, das<br />

Erbe ihrer Vorgängerinnen anzutreten.<br />

www.motorradonline.de/honda<br />

Fazit <br />

Willkommen zurück. Die Africa<br />

Twin hat die Tugenden mit<br />

an Bord, die man mit diesem<br />

großen Namen verbindet. Sie<br />

besticht durch das breite Spektrum<br />

an Fähigkeiten, durch die<br />

Summe ihrer Qualitäten, nicht<br />

eine einzelne herausragende<br />

Eigenschaft. Ist wie ihre Vorgängerin<br />

weder Rallye-Rakete noch<br />

Effekthascherin. Komfortabel,<br />

sparsam, ausgewogen. Der kultivierte<br />

Motor rundet den feinen<br />

Einstand ab. Was sie abseits befestigter<br />

Wege draufhat, muss<br />

sie noch – adäquat bereift – in<br />

einem separaten Test beweisen.<br />

Fotos: fact, Gargolov, Yamaha<br />

MOTOR<br />

-Punktewertung<br />

Durchzug 40 18<br />

Beschleunigung 40 19<br />

Topspeed 30 12<br />

Motorcharakteristik 30 22<br />

Ansprechverhalten 20 15<br />

Lastwechsel 20 15<br />

Laufruhe 20 13<br />

Kupplung 10 9<br />

Schaltung 20 15<br />

Getriebeabstufung 10 8<br />

Starten 10 9<br />

Summe 250 155<br />

FAHRWERK<br />

Handlichkeit 40 30<br />

Stabilität in Kurven 40 29<br />

Lenkverhalten 40 25<br />

Rückmeldung 10 5<br />

Schräglage 20 16<br />

Geradeauslaufstabilität 20 15<br />

Fahrwerksabstimmung vorn 20 14<br />

Fahrwerksabstimmung hinten 20 15<br />

Einstellmöglichkeiten Fahrwerk 10 8<br />

Federungskomfort 10 8<br />

Fahrverhalten mit Sozius 20 15<br />

Summe 250 180<br />

ALLTAG<br />

Ergonomie Fahrer 40 32<br />

Ergonomie Sozius 20 14<br />

Windschutz 20 14<br />

Sicht 20 13<br />

Licht 20 13<br />

Ausstattung 30 22<br />

Handhabung/Wartung 30 17<br />

Gepäckunterbringung 10 4<br />

Zuladung 10 6<br />

Reichweite 30 28<br />

Verarbeitung 20 15<br />

Summe 250 178<br />

SICHERHEIT<br />

Bremswirkung 40 30<br />

Bremsdosierung 30 20<br />

Bremsen mit Sozius/Fading 20 15<br />

Aufstellmoment beim Bremsen 10 9<br />

ABS-Funktion 20 15<br />

Lenkerschlagen 20 17<br />

Bodenfreiheit 10 10<br />

Summe 150 116<br />

KOSTEN<br />

Garantie 30 15<br />

Verbrauch (Landstraße) 30 23<br />

Inspektionskosten 20 19<br />

Unterhaltskosten 20 13<br />

Summe 100 70<br />

GESAMTWERTUNG 1000 699<br />

Preis-Leistungs-Note<br />

Maximale<br />

Punktzahl<br />

Honda<br />

CRF 1000 L Africa Twin<br />

Bestnote<br />

1,0 1,6<br />

WEDER BEI DER BESCHLEUNIGUNG NOCH BEIM<br />

DURCHZUG setzt die Honda Bestmarken. Ihre Stärke<br />

sind das breite nutzbare Drehzahlband und die tadellosen<br />

Manieren des Twins. Geringe Lastwechsel, kaum<br />

störende Vibrationen, sauberes Ansprechverhalten und<br />

schön Druck aus untersten Lagen. Das zählt bei einem<br />

Tag im Sattel mit Gepäck und Sozia mehr als atemberaubende<br />

Beschleunigung oder gewaltiger Topspeed.<br />

Wer sich Geld und Gewicht für das Doppelkupplungsgetriebe<br />

DCT sparen möchte, findet in der konventionellen<br />

Schaltbox eine ausgezeichnete Alternative.<br />

HIER SAMMELT DIE HONDA FLEISSIG PUNKTE in<br />

fast jeder Disziplin. Narrensicheres, unaufgeregtes Fahrverhalten,<br />

stabiles Chassis, sauber abgestimmte Federelemente.<br />

Die sind auch noch voll einstellbar – was<br />

will man mehr? Das Honda-Chassis verbindet auf angenehme<br />

Weise einfache Handhabung und Komfort.<br />

Und dass neben dem Fahrer auch der Passagier in den<br />

Genuss dieses Komforts kommt, rundet das Fahrwerkskapitel<br />

ab. Lediglich in Sachen Rückmeldung ist noch<br />

Luft nach oben. Doch da hilft womöglich ein Reifenwechsel<br />

schon weiter.<br />

DIE AFRICA TWIN WÄRE KEINE HONDA, wenn sie sich<br />

in diesem Kapitel einen groben Schnitzer leisten würde.<br />

Üppige Reichweite, ansehnliche Verarbeitung, tadellose<br />

Ergonomie auf beiden Plätzen, reichhaltige Ausstattung.<br />

Da lässt sie nichts anbrennen. Apropos brennen:<br />

Das Abblendlicht brennt trotz LED-Technik nicht gerade<br />

ein Loch in die Nacht. Es leuchtet die Ränder und das<br />

Vorfeld zwar ordentlich aus, liefert aber auch ein etwas<br />

fleckiges Licht. Das enorm helle Fernlicht macht das<br />

aber wieder wett.<br />

AUFSTELLMOMENT? Ist für die Honda kein Thema.<br />

Ebenso wenig wie Lenkerschlagen. Der an sechs Punkten<br />

mit dem Rahmen verschraubte Motor soll laut Honda<br />

einen Lenkungsdämpfer überflüssig machen. Tatsächlich<br />

ist Kickback kein Thema. Punkte bringen auch reichlich<br />

Bodenfreiheit und das fein regelnde ABS. Die Bremsen<br />

packen gut, ihr Druckpunkt dürfte knackiger sein.<br />

VOR ALLEM DER NIEDRIGE VERBRAUCH und günstige<br />

Inspektionskosten bringen Punkte. Nur zwei Jahre<br />

Garantie und keine Mobilitätsgarantie sind dagegen<br />

etwas mager.<br />

ZUM SCHNÄPPCHENPREIS gibt es die Africa Twin<br />

nicht. 12 405 Euro ergeben bei ordentlicher Punkteausbeute<br />

eine gute Preis-Leistungs-Note.<br />

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TEST+TECHNIK 29


T E S T + T E C H N I<br />

Elektronische Fahrwerke unter der Lupe<br />

K<br />

CLICKS<br />

ODER BITS?<br />

Fahrwerke sind das Bindeglied zwischen Straße und Motorrad. Eingestellt hat man sie<br />

bislang meist mit Schraubendreher und -schlüssel. Doch nun kommen vermehrt elektronisch<br />

kontrollierte Fahrwerke. Was bringt das?<br />

Von Jens Möller-Töllner; Fotos: Bilski, fact, j.kuenstle.de, Gargolov, Hersteller, markus-jahn.com<br />

30 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


Seit einer gefühlten Ewigkeit ist die<br />

BMW R 1200 GS der absolute Topseller<br />

– nicht nur in Deutschland.<br />

Mehr als 90 Prozent der Käufer<br />

wäh len bei der Ausstattung neben weiteren<br />

Goodies die Option Dynamic ESA (790 Euro<br />

Aufpreis), also das elektronisch kon trol lierte<br />

und semiaktiv arbeitende Fahrwerk. Bei<br />

Test maschinen ist es grundsätzlich verbaut.<br />

Niemals gelang es <strong>MOTORRAD</strong> bislang, eine<br />

BMW mit serienmäßigem Basisfahrwerk<br />

zu testen, eine solche war einfach nicht zu<br />

bekommen. Dabei wäre die Frage doch<br />

äußerst interessant, wie das im Vergleich<br />

zum ESA-Fahrwerk funktioniert.<br />

Daher suchten die Tester über einen<br />

Aufruf einen Leser mit R 1200 GS in Basiskonfiguration<br />

– und fanden schließlich<br />

nahe Stuttgart eine, die für den Vergleich<br />

mit der ESA-Testmaschine ausgeliehen<br />

wurde – dafür hier noch einmal herzlichen<br />

Dank an den Besitzer. Zwei verschiedene<br />

Fahrwerke: einmal gänzlich konventionell,<br />

einmal semiaktiv gedämpft; einmal schlichte<br />

Mechanik und Hydraulik, einmal sehr<br />

aufwendige Tech nologie.<br />

Doch zum besseren Verständnis vor dem<br />

Praxistest einige theoretische Erläuterungen:<br />

Die Basis-GS verfügt über konventionelle,<br />

recht schlicht aufgebaute Federbeine<br />

mit wenigen manuellen Einstellmöglichkeiten,<br />

vorn nur für die Federbasis, hinten daneben<br />

für die Zugdämpfung. Die Feder ist<br />

progressiv ausgelegt, auch die Dämpfungscharakteristik,<br />

kurz WAD, arbeitet wegab-<br />

hängig. Kurzum: ein solides, aber nur eingeschränkt<br />

einstellbares Fahrwerk – was<br />

aber keineswegs schlecht sein muss.<br />

Ein erster Entwicklungsschritt hin zu<br />

mehr Komfort bei der Fahrwerkseinstellung<br />

war bei BMW das 2004 vorgestellte ESA-<br />

Fahrwerk (Electronic Suspension Adjustment).<br />

Dahinter verbirgt sich die Möglichkeit,<br />

Federelemente elektronisch per Knopfdruck<br />

zu justieren. Mehr Funktionsumfang<br />

gab’s mit dem 2009 eingeführten ESA II. Ein<br />

zusätzlich zur Dämpferfeder verbautes Elastomer-Element<br />

wirkt dabei als zweite, variable<br />

Feder. So ließen sich mit ESA II erstmals<br />

hinten nicht nur die Federbasis, sondern<br />

auch die Federrate verändern. Neben dem<br />

verbesserten Einstellkomfort ein Pluspunkt<br />

zur individuellen Fahrwerksanpassung. Der<br />

www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 31


Elektronische Fahrwerke<br />

nächste Evolutionsschritt war dann das<br />

aktuelle Dynamic ESA, die erste semiaktive<br />

Dämpfung von BMW. Dahinter verbirgt sich<br />

ein Fahrwerkssystem, das permanent auf<br />

Fahrwerksbewegungen reagiert, die über<br />

Wegsensoren vorn und hinten gemessen<br />

werden. Dynamic ESA ist mit dem ABS und<br />

der Stabilitätskontrolle ASC vernetzt und<br />

passt anhand von hinterlegten Kennfeldern<br />

über elektromagnetische Ventile die Dämpfung<br />

an – und zwar vorn wie hinten. Für<br />

jede Voreinstellung ist ein Bereich zur Regulierung<br />

der Dämpfung hinterlegt und nicht<br />

wie beim früheren ESA II ein starrer Wert.<br />

Dadurch kann das System sensibler auf<br />

unterschiedlichste Fahrmanöver reagieren.<br />

Auch beim Dynamic ESA kann der Fahrer<br />

Dämpfungscharakteristik sowie Beladungszustand<br />

vorwählen. Noch ausgeklügelter<br />

wird es bei BMW mit DDC, der Dynamic<br />

Damping Control. Dieses semiaktive Fahrwerk<br />

der S 1000-Modelle bezieht die Daten<br />

aus der Sensorbox ein, adaptiert zum<br />

Beispiel das Fahrwerk je nach Schräglage.<br />

Doch zurück zur R 1200 GS, die erst ab<br />

Modelljahr <strong>2016</strong> über eine Schräglagensensorik<br />

verfügen wird. Sind die Vorteile ihres<br />

Dynamic ESA zu spüren? Eine holprige<br />

Landstraße muss für einen Test herhalten.<br />

Dicht hintereinander fegen die zwei R 1200<br />

GS über die Rüttelpiste. Tester Georg Jelicic<br />

auf der mit normalen Dämpfern ausgestatteten<br />

BMW hält das Tempo hoch, versucht<br />

die Federbeine der GS an ihre Grenzen zu<br />

bringen. Die lassen bei forschem Tempo<br />

unter diesen extremen Bedingungen viel<br />

Bewegung zu. Die GS bleibt dabei noch<br />

einigermaßen stabil auf Kurs. Spürbar ist<br />

jedoch, dass die Grundabstimmung der<br />

Basisfederung eher komfortbetont ist. Weshalb<br />

speziell das Telelever bei sportlicher<br />

Fahrweise und/oder groben Unebenheiten<br />

früher an Grenzen kommt. Ansprechverhalten<br />

und Fahrkomfort auf guten Straßen<br />

liegen aber auf einem recht hohen Niveau.<br />

Auf jeden Fall eine gelungene Abstimmung<br />

für touristische Fahrweise im Solobetrieb.<br />

Anzumerken wäre in diesem Zusammenhang,<br />

dass die Vorderradaufhängung<br />

Telelever unabhängig von der Fahrwerksausstattung<br />

einen prinzipiellen Vorteil hat:<br />

Sie besitzt einen Anti-Dive-Effekt, hält auf<br />

der Bremse die Front oben, was die Federung<br />

selbst bei harten Bremsmanövern<br />

nicht durchschlagen lässt. Das ermöglicht<br />

eine relativ komfortbetonte Abstimmung.<br />

Damit das Basisfahrwerk die optimale<br />

Performance bringt, muss es manuell auf<br />

Fahrerwünsche und Streckenbedingungen<br />

eingestellt werden. Per Handrad lässt sich<br />

die Vorspannung über einen Bereich von<br />

31 Umdrehungen justieren. Zehn Umdrehungen<br />

– gemessen vom komplett entspannten<br />

Zustand – haben sich hier als<br />

ideal herausgestellt, ergänzt um eine um<br />

fünf Klicks geöffnete Zugstufe.<br />

Was kann die GS mit Dynamic ESA<br />

besser? In puncto Einstellkomfort ist sie<br />

auf jeden Fall im Vorteil. Läuft der Motor,<br />

ge nügen wenige Tastendrücke am<br />

Lenker ende, um die hintere Federbasis<br />

an die Beladung anzupassen.<br />

Ähnlich simpel kann die Dämpfung<br />

geregelt werden. Bei gleichem<br />

Tempo im Fahrmodus „normal“<br />

über die Rüttelbahn bewegt, lässt<br />

die semiaktive Variante ebenfalls<br />

deutliche Fahrwerksbewegungen<br />

zu. Unterschiede zwischen<br />

den Dämpfungsoptionen<br />

„soft“, „normal“<br />

und „hard“<br />

sind allenfalls in<br />

Nuancen zu spüren.<br />

Bei reduziertem,<br />

also eher<br />

normalem Tempo<br />

lassen sich die<br />

Dämpfungsunterschiede<br />

der verschiedenen<br />

Modi<br />

deutlicher spüren.<br />

In der Einstellung<br />

„soft“ bügelt das<br />

Fahrwerk mit<br />

hohem Komfort<br />

über den Flickenteppich<br />

hinweg. Die Bandscheiben freut’s,<br />

die Fahrpräzision leidet. Die gewinnt wieder,<br />

wenn die Modi „normal“ oder „hard“ aktiviert<br />

sind, allerdings nimmt der Komfort<br />

dann ab. In jedem Fall wirkt das Dynamic<br />

ESA verbind licher, bietet mehr Reserven und<br />

einen breiteren Bereich in der Abstimmung.<br />

32 TEST+TECHNIK


Fazit: Das Fahrwerk der normalen GS<br />

muss unter den Testbedingungen keinesfalls<br />

die weiße Fahne schwenken. Es funk tioniert<br />

im Alltag recht ordentlich, stößt aber<br />

bei hoher Belastung oder sehr sportlicher<br />

Fahrweise früher an Grenzen. Was auch ein<br />

bisschen daran liegt, dass die ausgewählten<br />

Minimal und maximal: Deutlich erkennbar<br />

ist der große Einstellbereich der<br />

Federbasis des elektronisch gesteuerten<br />

hinteren Federbeins der R 1200 GS<br />

Zück das Maßband: Nur so<br />

lässt sich der ideale Negativ-<br />

Feder weg bei der konventionellen<br />

Groß-Enduro bestimmen<br />

Links neben dem goldenen Ausgleichsbehälter treffen<br />

sich Bits und Bytes, die Einstellung klappt elektronisch,<br />

während bei der normalen R 1200 GS gedreht wird<br />

TEST+TECHNIK 33


Elektronische Fahrwerke<br />

Federelemente von relativ schlich ter Bauart<br />

sind. Die semiaktiv ausgerüstete GS basiert<br />

auf hochwertigeren Teilen und erledigt<br />

diesen Job besser, sammelt außerdem Pluspunkte<br />

bei der Handhabung. Mit ihren wenigen<br />

Setup-Wahlmöglich keiten (drei Voreinstellungen<br />

für Federvorspannung und<br />

Dämpfung in Abhängigkeit vom gewählten<br />

Fahrmodus) holt sie nahezu das Optimum<br />

aus dem Fahrwerk heraus, ohne dass sich<br />

der Fahrer die Finger schmut zig machen<br />

muss. Der Vergleich zeigt, dass das Dynamic<br />

ESA seinen Aufpreis wert ist. Vor allem, weil<br />

sich ohne besonderes Fahrwerks-Knowhow<br />

schnell gute Ergebnisse in der Abstimmung<br />

erzielen lassen. Das gilt besonders<br />

für alle, die oft mit viel Gepäck unterwegs<br />

sind und gerne einen Sozius mitnehmen.<br />

Und nicht zuletzt bringt das Dynamic ESA<br />

auch ein Plus an Fahrsicherheit. Da es einfach<br />

richtig, aber nur schwer falsch zu bedienen<br />

ist, werden mit Sicherheit weniger<br />

Fahrer mit schlechter Fahrwerkseinstellung<br />

unterwegs sein. Ein konventionelles Fahrwerk<br />

erfordert mehr Erfahrung und Kenntnisse.<br />

Wer hier etwas falsch macht, kann<br />

leicht weit daneben liegen.<br />

Motorräder fahren aber nicht nur,<br />

sondern stehen für den Service dann und<br />

wann in der Werkstatt des Vertrauens.<br />

Po sitiv ist in diesem Fall, dass die Federbeine<br />

– egal ob normale oder Dynamic ESA-<br />

Ausführung – ohne Folgekosten Dienst<br />

schieben. Sie sind laut BMW wartungsfrei.<br />

Da die R 1200 GS in Sachen Fahrwerk mit<br />

Paralever und Duolever einen Sonderfall<br />

darstellt, sind in der Tabelle auf Seite 36<br />

auch die Gabelservice-Vergleichswerte einer<br />

BMW S 1000 XR mit und ohne semiaktives<br />

Fahrwerk aufgelistet. Kilometervorgabe<br />

und Zeitaufwand sind gleich. BMW-Kunden<br />

müssen sich im Zuge einer Entscheidung<br />

pro semiaktives Fahrwerk also nicht über<br />

versteckte Extraausgaben ärgern. Etwas<br />

anders sieht das bei einem Defekt aus. Der<br />

schlichte vordere Dämpfer der GS ist nach<br />

kurzer Internetrecherche für 360 Euro zu<br />

haben, das Dynamic ESA-Bauteil reißt mit<br />

mehr als 1000 Euro ein großes Loch ins<br />

Portemonnaie. Bei anderen Herstellern<br />

dürfte die Differenz ähnlich aussehen.<br />

Wobei der Vergleich mit anderen Fahrzeugen<br />

– etwa Ducatis Multistrada 1200 sowie<br />

KTMs 1190 Adventure und 1290 Super<br />

Adventure (die Gabel-Wartungsvorgaben<br />

sind ebenfalls in der Tabelle zu finden) –<br />

zeigt, dass die Abstimmungen der Federelemente<br />

zwischen konventionellem und<br />

semigedämpftem Bauteil sehr verschieden<br />

ausfallen können.<br />

Beispiel Ducati: Die Multistrada 1200<br />

mit semiaktivem Fahrwerk – die Hardware<br />

stammt ebenfalls von Zulieferer ZF – sorgte<br />

2013 für Furore. Die Begeisterung legte sich<br />

Technik erklärt<br />

Bei herkömmlichen Federelementen<br />

ist alles fix. Vorspannung und Dämpfung<br />

werden einmal eingestellt, Änderungen<br />

während der Fahrt sind nicht<br />

möglich. Die justierten Werte müssen<br />

dann für alles passen: vom Sahne-<br />

Asphalt bis hin zum Rübenacker dritter<br />

Ordnung. Klar, absteigen und die Einstellungen<br />

verändern ginge auch. Aber wer<br />

macht das schon? Das hört sich schwer<br />

nach einem Kompromiss an. Ist es auch.<br />

Elektronisch einstellbare Fahrwerke haben<br />

hier schon einen Komfortgewinn<br />

gebracht, noch besser sollen das semiaktive<br />

Fahrwerkskomponenten machen.<br />

Sensoren erkennen die Geschwindigkeit<br />

der ins Fahrwerk eingeleiteten Impulse.<br />

In Millisekunden werden die Daten mit<br />

weiteren Infos aus dem Fahrzeug-Daten-<br />

Bus abgeglichen (woher diese stammen,<br />

veranschaulicht die Grafik unten am<br />

Beispiel einer S 1000 RR). Der Abgleich<br />

von Ist- und Sollwert ergibt dann, wie<br />

das elektromagnetische Regelventil Zugoder<br />

Druckstufe beeinflusst – und das bis<br />

zu 500-mal pro Sekunde.<br />

Instrumenten-Kombi<br />

DDC-Steuergerät<br />

Telegabel mit<br />

Dämpferventil<br />

ABS-Sensorring<br />

Verstellmöglichkeiten BMW R 1200 GS<br />

Druckstufe Zugstufe Vorspannung<br />

Ohne ESA<br />

vorn – – –<br />

hinten – 14 Klicks 1 stufenlos (31 Umdrehungen)<br />

Mit ESA<br />

vorn<br />

hinten<br />

Gasgriff<br />

Federwegsensor<br />

drei Modi (soft, normal, hard) 2<br />

Links ein herkömmlicher Dämpfer,<br />

rechts das Pendant mit elektromagnetischem<br />

Regelventil (oben im Dämpfer)<br />

Motorrad-Steuergerät<br />

ABS-Steuergerät<br />

Federbein mit<br />

Dämpferventil<br />

Sensorbox<br />

ABS-Sensorring<br />

drei Voreinstellungen (eine Person, eine<br />

Person mit Gepäck, zwei Personen)<br />

1<br />

am Testfahrzeug, laut BMW sind zwölf Klicks normal;<br />

2<br />

Die zur Verfügung stehenden Fahrmodi (Rain/Road/Dynamic/Enduro) beeinflussen ebenfalls die Dämpfungsvoreinstellung.<br />

In diesen kann dann individuell die Dämpfung noch in den drei Modi (soft, normal, hard) angepasst werden<br />

Bei der Basis-GS gibt es nur hinten etwas zu verstellen, die semiaktive Variante greift<br />

auch vorn beim Federbein des Telelever in die Dämpfung ein<br />

34 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


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DUCATI<br />

Multistrada/<br />

Multistrada S<br />

Bei Ducati hört die semiaktive<br />

Dämpfungsanpassung auf<br />

den Namen Skyhook. Anfangs<br />

reagierte die noch unsensibel,<br />

mittlerweile übertrifft die verbesserte<br />

Version in der Multistrada<br />

S (unten) die nun konventionell<br />

federnde, sehr komfortabel<br />

abgestimmte Standardvariante<br />

(links) in Sachen Fahrwerks-<br />

Performance aber deutlich<br />

Elektronische Fahrwerke<br />

aber, als Redakteur Peter Mayer in MOTOR-<br />

RAD 4/2013 normale und mit Skyhook<br />

bestückte Multistradas verglich: „Sogar im<br />

per Definition komfortablen Urban-Modus<br />

schluckt die voll elektrifizierte Multistrada<br />

Kanten und Schlaglöcher vor allem mit<br />

dem Hin terrad deutlich unsensibler weg als<br />

ihre Vorgängerin.“ Die semiaktive Dämpfung<br />

brachte erst bei Beladung oder harten<br />

Verzögerungen Vorteile, weil die Skyhook-<br />

Multistrada mit mehr Fahrwerksreserven<br />

aufwarten konnte.<br />

Beim Modell 2015 war aber in Sachen<br />

Fahrwerk ein deutlicher Fortschritt zu erkennen.<br />

Während die Federelemente der<br />

konventionell dämpfenden Multistrada viel<br />

Bewegung zulassen, auf der weichen Seite<br />

liegen – gut für den Komfort, schlecht fürs<br />

Feedback und Fahrverhalten –, agiert die<br />

S-Variante nun souveräner, paart satte<br />

Reserven mit gutem Ansprechverhalten.<br />

Angebote zu<br />

diesen Motorrädern<br />

finden<br />

Sie hier:<br />

motorradonline.de/<strong>2016</strong><strong>03</strong><strong>03</strong>0<br />

Gabelservice normal und semiaktiv<br />

Wartung mit Ölwechsel<br />

Vorgegebener Zeitaufwand<br />

in Minuten für Wartung samt<br />

Ölwechsel<br />

BMW R 1200 GS ohne ESA wartungsfrei wartungsfrei<br />

BMW R 1200 GS mit ESA wartungsfrei wartungsfrei<br />

BMW S 1000 XR ohne ESA alle 30 000 km 70 Minuten<br />

BMW S 1000 XR mit ESA alle 30 000 km 70 Minuten<br />

Ducati Multistrada 1200 alle 30 000 km 90 Minuten<br />

Ducati Multistrada 1200 S alle 30 000 km 90 Minuten<br />

KTM 1190 Adventure (normales WP-Fahrwerk) alle 15 000 km (empfohlen) 82 Minuten<br />

KTM 1290 Super Adventure alle 15 000 km (empfohlen) 82 Minuten<br />

Für die Werkstätten kein Problem: Das zusätzliche Kabel samt Dämpferventil hat keine<br />

Auswirkung auf die Wartungsvorgaben und -kosten<br />

36 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


Fahrwerkseinstellung leicht gemacht<br />

Hier regiert die Elektronik<br />

Motorräder mit elektronischer<br />

Fahrwerkssteuerung<br />

BMW bietet fast für die komplette<br />

Modellpalette die Option<br />

an, Fahrwerke per Knopfdruck<br />

an persönliche Vorlieben<br />

anzupassen. F 800 R und K 1300<br />

S sind dafür zwei Beispiele. Die<br />

anderen Hersteller geben sich in<br />

diesem Bereich noch zurückhaltend,<br />

aber auch bei ihnen wächst<br />

das Programm, sind immer mehr<br />

Motorräder mit elektronisch verstellbaren<br />

Fahrwerken lieferbar.<br />

Bei fast allen Modellen ist die<br />

Elektronik nicht serienmäßig an<br />

Bord. Vielmehr gibt es sie als<br />

Extras zu kaufen, was sich wie<br />

bei den beiden Yamahas – XTZ<br />

1200 ZE und FJR 1300 AE – in<br />

einem Kürzel hinter dem Modellnamen<br />

niederschlägt.<br />

BMW K 1300 S<br />

Für die K-Modelle gibt es nur das<br />

elektronisch verstellbare ESA II<br />

BMW F 800 R<br />

Bei den Mittelklasse-BMWs wirkt<br />

ESA nur auf die Zugstufe hinten<br />

KTM 1190 Adventure<br />

Vorspannung und Dämpfung<br />

elektronisch zu variieren<br />

Triumph Trophy SE<br />

Dämpfung und Vorspannung<br />

per Lenkerschalter einstellbar<br />

Yamaha XT 1200 ZE<br />

Insgesamt 84 Einstellungen lassen<br />

sich elektronisch abrufen<br />

Yamaha FJR 1300 AE<br />

Per Klick Federbasis und Dämpfung<br />

veränderbar<br />

Motorräder mit semiaktivem<br />

Fahrwerk<br />

BMW bietet auch bei Modellen<br />

mit semiaktiven Fahrwerken<br />

die größte Auswahl, vertraut bei<br />

vielen Fahrzeugen auf das Knowhow<br />

von ZF. Das nutzt auch<br />

Ducati für die Multistrada S, bei<br />

der Panigale S dämpfen Komponenten<br />

von Öhlins, bei KTM und<br />

Triumph Bauteile von WP. Interessant<br />

ist, dass viele Modelle für<br />

die Dämpfungseinstellung nur<br />

wenige unterschiedliche Modi<br />

(soft, normal, hard) vorgeben,<br />

wohingegen bei den Supersportlern<br />

wie S 1000 RR, Ducati<br />

Panigale 1299 S und Yamaha<br />

R1M die Dämpfung über umfangreiche<br />

Menü-Optionen noch<br />

individuell konfiguriert und verändert<br />

werden kann.<br />

BMW S 1000 RR<br />

Das semiaktive DDC kann individuell<br />

konfiguriert werden<br />

BMW R 1200 GS<br />

Federbasis und Dämpfung lassen<br />

sich elektronisch einstellen<br />

Ducati Panigale 1299 S<br />

Hier gibt es wie bei der S 1000<br />

RR das Komplettprogramm<br />

KTM 1290 Super Adventure<br />

Dämpfungs- und Federbasis-<br />

Vorwahl erfolgen elektronisch<br />

MV Agusta Turismo Veloce Lusso<br />

Druck- und Zugstufe arbeiten semiaktiv,<br />

werden stetig angepasst<br />

Triumph Tiger Explorer (ab <strong>2016</strong>)<br />

Die Varianten XCx, XCa, XRx, XRt<br />

dämpfen ebenfalls semiaktiv<br />

Aprilia Caponord 1200 Travel P.<br />

Im Auto-Modus mit selbstständiger<br />

Anpassung der Federbasis<br />

Ducati Multistrada 1200 S<br />

Semiaktiv werden Druck- und<br />

Zugstufe geregelt<br />

KTM 1290 Super Duke GT<br />

Misst auch die Zuladung, um die<br />

Federvorspannung anzupassen<br />

Yamaha YZF-R1M<br />

Die R1M arbeitet mit der semiaktiven<br />

Öhlins-Federung<br />

www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 37


KTM<br />

1190 Adventure/<br />

1290 Super<br />

Adventure<br />

Die 1290 Super Adventure<br />

(unten ) war das erste Modell<br />

von KTM mit semiaktivem WP-<br />

Fahrwerk. In puncto Stabilität<br />

brachte das enorm viel, nur im<br />

Ansprechverhalten konnte die<br />

1290er noch nicht voll überzeugen.<br />

Bei der 1190 Adventure<br />

(links) mit elektronisch verstellbarem<br />

Fahrwerk ist viel mehr<br />

Bewegung drin<br />

Elektronische Fahrwerke<br />

Ähnlich aufwendig arbeitet das Fahrwerk<br />

der KTM 1290 Super Adventure, das<br />

auf Beschleunigungs- und Wegsensoren<br />

zurückgreift. Bei Enduros mit langen Federwegen<br />

besonders wichtig, weil über den<br />

Dämpfungseingriff Schaukelbewegungen<br />

beim Bremsen oder Beschleunigen gemindert<br />

werden können. Und das ist in der<br />

Tat auffällig, wenn man eine 1290 Super<br />

Adventure mit einer 1190 Adventure vergleicht.<br />

Letztere hat kein semiaktives, sondern<br />

optional nur ein elektronisch einstellbares<br />

Fahrwerk, in etwa vergleichbar mit<br />

dem BMW-ESA. Allerdings verhärtet die<br />

Dämpfung der 1290er mitunter beim Bremsen<br />

stark, sodass das Vorderrad vor Kurven<br />

unkomfortabel über Bodenwellen hoppelt.<br />

Testmaschinen beider KTM-Modelle konnten<br />

aber beim Ansprechverhalten nicht<br />

immer voll überzeugen. „Erst wenn die<br />

Bodenwellen auf die Frontpartie regelrecht<br />

einschlagen, arbeitet die Gabel gut“, schrieb<br />

Autor Ralf Schneider im Top-Test der 1290<br />

Super Adventure (<strong>MOTORRAD</strong> 7/2015).<br />

Obwohl es bei manchem Modell mit semiaktiver<br />

Dämpfung funktionell noch Luft<br />

nach oben gibt, hält die Elektronik rund um<br />

die Einstellung und Überwachung von Gabel<br />

und Stoßdämpfer zunehmend Einzug<br />

in das Motorradangebot. Bei zahlreichen<br />

Zweirädern ist die Elektronik bereits an<br />

Bord, um die Dämpfung komplett oder in<br />

einzelnen Faktoren (oft Federbasis hinten<br />

und/oder Zugstufe) schnell und einfach<br />

an persönliche Vorlieben anzupassen. Noch<br />

häufiger kommen mittlerweile komplett<br />

semiaktiv agierende Fahrwerke zum Zug.<br />

Was auch daran liegt, dass die Federungsspe<br />

zialisten von WP, ZF und Öhlins ihre<br />

Komponenten auf dem Markt anbieten.<br />

Und hö here Stückzahlen lassen die Preise<br />

sinken. Auch bringen moderne Motorräder<br />

die Grundvoraussetzungen in Sensorik<br />

und Elektronik bereits mit, das semiaktive<br />

Fahrwerk lässt sich also leicht integrieren.<br />

Und solange die Regel-Algorithmen<br />

des Steuergeräts, das die Dämpfungscharakteristik<br />

von Gabel und Stoßdämpfer<br />

bestimmt, die passende Abstimmung<br />

aufspüren, dürfen die Finger künftig gerne<br />

öfter sauber bleiben.<br />

www.motorradonline.de/tests<br />

Fazit <br />

Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten:<br />

Elektronischen Fahrwerken<br />

gehört die Zukunft. Der Komfortgewinn<br />

ist nicht zu ignorieren.<br />

Und auch wenn die Funktion<br />

noch nicht in jedem Fall perfekt<br />

erscheint, wird sich hier in den<br />

kommenden Jahren noch viel<br />

tun. Doch auch konventionelle<br />

Fahrwerke haben ihre Vorteile:<br />

Sie sind preisgünstiger, weniger<br />

komplex und arbeiten richtig<br />

abgestimmt auch sehr gut.<br />

38 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


T<br />

K<br />

E<br />

O<br />

S<br />

M<br />

T<br />

P A K T<br />

DATEN<br />

MOTOR: Einzylinder-Viertakt-Motor, Bohrung x<br />

Hub 57,0 x 48,8 mm, 124 cm³, 12 PS bei 8750/<br />

min, 9 Nm bei 7750/min, Fünfgang-Getriebe<br />

FAHRWERK: Rohrrahmen aus Stahl, Telegabel,<br />

Ø 38 mm, Zweiarmschwinge, zwei Federbeine,<br />

Scheibenbremse vorn, Ø 250 mm, Scheibenbremse<br />

hinten, Ø 200 mm, Speichenräder mit<br />

Stahlfelgen, Reifen 110/70 17; 130/70 17, Lenkkopfwinkel<br />

61,0 Grad, Sitzhöhe 780 mm,<br />

Gewicht vollgetankt 125 kg, Zuladung 145 kg,<br />

Tankinhalt 14,0 Liter, Höchstgeschwindigkeit 105<br />

km/h<br />

Garantie<br />

zwei Jahre<br />

Farben<br />

Weiß/Grün, Schwarz/Weiß<br />

Preis<br />

2390 Euro<br />

◼Fahrbericht ◼<br />

Mash Seventy Five<br />

Nachklapp: kokett oder adrett?<br />

Adrett: weiß unterlegter<br />

Tacho mit integrierter kleiner<br />

Ganganzeige. Nicht<br />

an Bord: Drehzahlmesser<br />

Bunt: Tank in Zweifarb-<br />

Lackierung mit feinem<br />

Logo (nicht überlackiert)<br />

und schickem Kniekissen<br />

Erst ab 1960 traten japanische Motorräder<br />

ihren weltweiten Siegeszug an. Heute<br />

sind koreanische Autos und Roller aus Taiwan<br />

gut etabliert. Wiederholt sich Geschichte<br />

nun bei Motorrädern aus dem Millionenmarkt<br />

China? Dort lässt die französische<br />

Firma France Equipment ihre Mash Motos<br />

fertigen. Ein Test des zierlichen Retro-Bikes<br />

Mash Seventy Five in <strong>MOTORRAD</strong> 5/2015<br />

kam in puncto Verarbeitungsqualität dieser<br />

125er noch zu einem eher ernüchternden<br />

Ergebnis. Doch laut Importeur würde die<br />

Produkt-Güte kontinuierlich verbessert.<br />

Grund für diesen Nach-Test des klassischen<br />

Naked Bikes frei für Piloten ab 16.<br />

Nun präsentiert sich die vordere Bremsleitung<br />

besser verlegt, lassen sich die Blinker<br />

mit nun verchromten Gehäusen nicht mehr<br />

hängen. Chinesen lernen schnell. So werde<br />

mittlerweile der Vergaser eines anderen<br />

Herstellers genutzt (Mikuni-Nachbau), sowie<br />

eine geänderte Zündspule samt Laderegler<br />

verbaut. Adrett wirkt die schicke<br />

Zweifarb-Lackierung („Gulf Blau-Weiß“ –<br />

sieht aber eher aus wie grün) am 14-Liter-<br />

Tank mit traditionellem Kniekissen. Britische<br />

Vorbilder zitiert die verchromte Auspuffanlage<br />

der 125 Kilogramm leichten 125er.<br />

Auf den ersten und noch zweiten Blick<br />

wirkt das „Mashinchen“ sehr manierlich. Allerdings<br />

muss man zum Preis von komplett<br />

2390 Euro einfache Blechstanzteile, billige<br />

Stilmix: Hippe, aber einfach<br />

gemachte Upsidedown-Gabel,<br />

Speichenräder<br />

mit schwarzen Felgen<br />

Baumarktschrauben, den plumpen Bremshebel<br />

und nicht überlackierte Aufkleber<br />

hinnehmen. Tauglich, doch rustikal sind<br />

die Schweißnähte am Rahmen sowie die<br />

Schweißpunkte an der vorderen Schutzblech-Halterung.<br />

An ältere Suzuki-Motoren<br />

erinnert der luftgekühlte Zweiventil-Einzylinder.<br />

Spontan nimmt er per E-Starter betätigt<br />

die Arbeit auf, braucht aber ein paar<br />

Sekunden, um sauber Gas anzunehmen.<br />

Nominell 11,6 PS reißen keine Bäume<br />

aus; die Tachonadel kratzt nur bergab an<br />

der Markierung „100“. Bergauf sind Lkw<br />

ernstzunehmende Gegner. Echt retro, diese<br />

Fahrleistungen. Oben heraus vibriert das<br />

Motörchen herzhaft bis kernig. Ein Drehzahlmesser<br />

fehlt dem Fahr-und-Spar-Cockpit.<br />

Immerhin zeigt eine Digital-Anzeige an,<br />

welcher der nur fünf Gänge anliegt. Beim<br />

Griff zur einzelnen Scheibenbremse verwindet<br />

sich die auf wichtig machende Upsidedown-Gabel.<br />

Die hinteren Federbeine sind<br />

komfortorientiert weich abgestimmt.<br />

Wenig Grip wie Rückmeldung bieten<br />

chinesische Kingstone-Reifen. Mit dem gleichen,<br />

zahmen 125er-Motor offeriert Mash<br />

einen coolen Café Racer mit Stummellenker<br />

und Höckersitzbank sowie einen trendigen<br />

Scrambler mit hochgezogenem Auspuff<br />

und 18-zölligem Vorderrad. Live zu besichtigen<br />

bei bundesweit über 80 Mash-Händlern<br />

oder unter www.moto-mash.de. TSR<br />

Fotos: Jacek Bilski<br />

40 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


◼Leser-Aufruf<br />

◼<br />

Erfahrungen gesucht<br />

Fotos: Jacek Bilski, Yamaha<br />

Yamaha MT-09 und Suzuki V-Strom 1000 haben ihre 50 000 Kilometer abgespult.<br />

Zwei beliebte Maschinen, eine mit kleineren Macken, die andere ziemlich problemlos<br />

Der endlose Herbst 2015 machte es<br />

möglich: Fahren bis Weihnachten bei<br />

äußerst angenehmen Temperaturen. Daher<br />

konnten zwei Maschinen die letzten Kilometer<br />

ihrer Dauertest-Distanz sammeln:<br />

Suzuki V-Strom 1000 und Yamaha MT-09.<br />

Die Suzuki ist bereits zerlegt, vermessen<br />

und geprüft. Die Yamaha musste kurz vor<br />

Toresschluss bei Kilometerstand 49 600<br />

noch einmal in die Werkstatt, weil sie in<br />

letzter Zeit zunehmend Zündaussetzer bei<br />

Konstantfahrt im Teillastbereich bekam.<br />

◼Neues ◼ aus dem Dauertestfuhrpark<br />

Zahn-Ausfall<br />

Für beide Maschinen hätte die Redaktion<br />

gern Erfahrungen und Meinungen von<br />

Besitzern und Fahrern. Kurze oder ausführliche<br />

Berichte mit oder ohne Foto (möglichst<br />

von Fahrer und Maschine gemeinsam)<br />

bitte per E-Mail schicken an: tschmieder@<br />

motorpresse.de (V-Strom 1000) oder<br />

rhenniges (MT-09). Alternativ auch gern<br />

konventionell per Brief an: Redaktion<br />

<strong>MOTORRAD</strong>, Dauertest Suzuki V-Strom 1000<br />

(oder Yamaha MT-09), Motor Presse Stuttgart,<br />

Leuschnerstr. 1, 70174 Stuttgart. gt<br />

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adventure<br />

Wie bereits gemeldet, hat Yamaha<br />

einen großen Teil der 2015 ausgelieferten<br />

R1-Modelle in die Werkstatt<br />

beordert, um das Getriebe zu tauschen<br />

(sie he <strong>MOTORRAD</strong> 26/2015, Seite 33).<br />

Der Grund: Aufgrund eines Fertigungsfehlers<br />

können im schlimmsten Fall<br />

Getrieberäder des zweiten Gangs unter<br />

hoher Belastung brechen. In Einzelfällen<br />

ist genau das bereits passiert. Betroffen<br />

vom Rückruf ist auch die <strong>MOTORRAD</strong>-<br />

Dauertestmaschine, eine der ersten in<br />

www.motorradonline.de<br />

Operation am offenen Herzen:<br />

Beim Motor der Dauertest-R1<br />

musste das komplette Getriebe<br />

ausgetauscht werden<br />

Deutschland ausgelieferten Maschinen,<br />

die deshalb kürzlich in der Werkstatt<br />

des Yamaha-Händlers war. Ein enormer<br />

Arbeitsaufwand, weil der Motor ausgebaut<br />

und teilzerlegt werden muss.<br />

Getauscht wurden beide kompletten<br />

Getriebewellen mit allen Zahnrädern.<br />

Der Händler benötigte dafür zwei Arbeitstage.<br />

Bei der Gelegenheit wurden<br />

auf Kulanz die Kupplungsbeläge gewechselt,<br />

da die Kupplung zuletzt hart<br />

und schlecht dosierbar einrückte. gt<br />

Fotos: Rainer Froberg<br />

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T E S T + T E C H N I<br />

K<br />

Vergleich Moto Guzzi V7 II Racer, Yamaha XV 950 Racer<br />

KAFFEE–<br />

42 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


… waren früher vornehmlich Rentner, denen man in den Hinterzimmern<br />

irgendwelcher Landgasthöfe völlig überteuerten Mist wie zum Beispiel<br />

Heizdecken anzudrehen<br />

versuchte. Heute sieht<br />

das völlig anders aus.<br />

FAHRER Fotos:<br />

Von Stefan Glück<br />

markus-jahn.com<br />

www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 43


Moto Guzzi V7 II Racer, Yamaha XV 950 Racer<br />

Sie scheinen ausgestorben zu sein, die Kaffee-Fahrer<br />

vom alten Schlag. Wer erinnert sich nicht an die Handzettel,<br />

die sich früher fast wöchentlich im Briefkasten<br />

fanden und auf denen zu sagenhaft günstigen Preisen<br />

Ausflüge zu mehr oder weniger sensationellen Zielen angepriesen<br />

wurden. Im Kleingedruckten fand sich dann der Hinweis,<br />

dass es unterwegs die Möglichkeit gebe, an einer Verkaufsveranstaltung<br />

teilzunehmen, um sich dortselbst mit vermeintlich<br />

wichtigen Dingen des täglichen Bedarfs einzudecken. In der<br />

Regel waren das neben dem namengebenden Kaffee irgendwelche<br />

Haushaltsprodukte, deren Qualität zumeist dia metral<br />

zum aufgerufenen Preis stand. Um es gleich vorweg zunehmen:<br />

An diesem Punkt eine Verbindung zu den beiden Protagonisten<br />

dieser Geschichte herzustellen, wäre grob fahrlässig. Und unzutreffend<br />

obendrein.<br />

Die Zielgruppe dieser Bikes ist eher in den In-Vierteln der<br />

Großstädte anzutreffen. Auf der Flaniermeile oder vor der angesagten<br />

Kneipe braucht es keine dreistelligen PS-Zahlen oder<br />

hohen Nutzwert, sondern Stil oder neudeutsch Style. Und den<br />

haben sowohl die Guzzi als auch die Yamaha. Beide kommen im<br />

derzeit schwer angesagten Look eines Café Racers daher. Der<br />

hat seinen Ursprung im England der 1950er-Jahre, als die Jungs<br />

von ihren Triumphs, Nortons oder BSAs alles überflüssige absowie<br />

einen Stummellenker anschraubten, um so schnell wie<br />

möglich von einer Kneipe zur nächsten gelangen zu können.<br />

Die Moto Guzzi V7 II Racer verkörpert diesen Typus nachgerade<br />

ideal: Von ihren zivilen Schwestermodellen unterscheidet<br />

sie sich durch die Einmann-Wildleder-Sitzbank samt startnummergeschmücktem<br />

Höcker, durch einen verchromten Tank<br />

sowie einen Stummellenker und zurückverlegte Fußrasten<br />

nebst einer winzigen Cockpitverkleidung. Äußerst straff abgestimmte,<br />

voll einstellbare Federbeine von Bitubo sowie ein<br />

Moto Guzzi V7 Racer So geht klassisch: Wildledersitzbank,<br />

verchromter Tank mit Lederriemen<br />

und schlicht-schönen Instrumenten<br />

Yamaha XV 950 Racer So geht klassisch auch:<br />

sehr schmale Wespentaille, „Rallye-Streifen“<br />

und aufgesetzter Tankdeckel<br />

44 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 45


Moto Guzzi V7 Racer<br />

So bremst Guzzi:<br />

Nicht sonderlich bissig,<br />

die Bremsleistung<br />

an sich geht aber in<br />

Ordnung. Das ABS<br />

regelt deutlich feinfühliger<br />

als das der<br />

Yamaha<br />

So muss Cockpit:<br />

runde Dosen, Chromrand,<br />

weiße Ziffern<br />

auf schwarzem Grund.<br />

Ein Fest fürs Auge.<br />

Die Digi-Displays sind<br />

zwar nicht stilecht,<br />

aber dezent<br />

So geht Sound: Weiß<br />

der Geier, wie sie<br />

so viel Klangvolumen<br />

aus so wenig Hubraum<br />

hinbekommen, aber<br />

das Ohr ist erfreut<br />

Moto Guzzi V7 II Racer, Yamaha XV 950 Racer<br />

grelles Make-up in Form eines purplefarbenen Rahmens vervollständigen<br />

die Metamorphose. Technisch bleibt alles beim<br />

Alten, sprich 48 PS, die seit 2015 sechs- statt fünffach übersetzt<br />

via Kardanwelle ans Hinterrad durchgereicht werden. Seitdem<br />

gibt es auch ABS sowie Traktionskontrolle. Auf dass der Schlupf<br />

nicht überhand nehme.<br />

Derlei Zugeständnisse an die Moderne können dem archaischen<br />

Charakter der Guzzi nichts anhaben. Gefühlt Tausend<br />

Mal wurde sie schon beschrieben, die einmalige Geräuschkulisse<br />

des V2, diese Mixtur aus Schnüffeln und Rütteln, aus<br />

Klackern und Tickern, das Ganze untermalt von einem bassigkernigen<br />

Klang, der den beiden Edelstahltöpfen entweicht.<br />

Beim frühmorgendlichen Start lässt es sich der Twin nicht nehmen<br />

– aller Einspritzelektronik zum Trotz – mit Aussetzern und<br />

Verschluckern auf den ersten Metern darauf hinzuweisen, dass<br />

ihm kalt sei und man die ersten Kilometer doch zurückhaltend<br />

angehen möge.<br />

Am Ende des Tages, nach dem Abstellen, bedankt er sich mit<br />

einem Knistern und Knastern und Knacken, das jedem Lagerfeuer<br />

zur Ehre gereichen würde, bei seiner Umgebung. Die Zeit<br />

dazwischen erfreut die Guzzi mit leichtem und zielstrebigem<br />

Handling. Ebene Straßen vorausgesetzt, klappt es auch mit dem<br />

Fahrkomfort, auf holprigem Geläuf zeigt sich die Fahrwerksabstimmung<br />

besonders hinten von der hartleibigen Seite. Da hilft<br />

dann auch die hübsche, mit Wildleder bezogene Sitzbank nicht<br />

weiter. Die zudem, sollte das Motorrad in einer verregneten<br />

Nacht draußen gestanden haben, zuverlässig über Stunden für<br />

kontinuierliche Bewässerung des Schritts sorgt. Die Schaltbox<br />

dieses Testmotorrades ließ sich nur mit Bedacht bedienen, da<br />

So geht Racing: Stummellenker,<br />

Solo-Sitzbank<br />

– alles da. Fehlt<br />

nur noch die Leistung<br />

46 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


gab es schon präzisere Exemplare. Dennoch schafft es die<br />

Italienerin, den Geist von damals mit den Anforderungen von<br />

heute auf eine hochemotionale Art und Weise zu verbinden.<br />

Über die Bezeichnung Racer sehen wir großzügig hinweg.<br />

Das sollte man auch bei der Yamaha tun. Denn das Einzige,<br />

das die XV 950 Racer mit Rennsport verbindet, sind die<br />

unter der massiven mattschwarzen Gabelbrücke angeschlagenen<br />

Lenkerstummel und der neckische Rallye-Streifen<br />

über Tank und Bürzel. Und obwohl sie laut Yamaha unter der<br />

Rubrik Sport-Heritage – übersetzt: sportliches Erbe – läuft, ist<br />

sie im Grunde ihres luftgekühlten, ebenfalls zweizylindrigen<br />

Herzens ein waschechter Cruiser. Die Fahrwerksgeometrie<br />

belegt dies; sie ist identisch mit dem Langgabler XV 950.<br />

Langer Radstand, flache Gabel, wenig Bodenfreiheit sind die<br />

Bündel, die die Racer zu tragen hat. Der Umstand, dass die<br />

Fußrasten von Höhe Kupplung auf Höhe Schwingachse zurückverlegt<br />

wurden, sorgt auch nicht für Aufheiterung. Ob<br />

beim Halt, beim Rangieren oder Ständerrausklappen. Sie sind<br />

im Weg. Immer! Spätestens ab der zweiten Fahrt trägt man<br />

freiwillig Stiefel, um blaue Knöchel zu vermeiden.<br />

Um die Liste des Meckerns zu vervollständigen,<br />

sei noch Folgendes angemerkt: Das Handling ist<br />

Angebote zu<br />

diesen Motorrädern<br />

finden<br />

Sie hier:<br />

motorradonline.de/<strong>2016</strong><strong>03</strong>042<br />

Leistungs - Messung<br />

Motorleistung<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Yamaha XV 950 Racer<br />

41,2 kW (56 PS) bei 6100/min<br />

80 Nm bei 3100/min<br />

Moto Guzzi V7 II Racer<br />

35,4 kW (48 PS)<br />

bei 6400/min<br />

59 Nm bei 3100/min<br />

40<br />

kW PS<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />

Motordrehzahl in 1/min x 1000<br />

Schon beachtlich, was rund 200<br />

cm³ und ein modernes Motorenlayout<br />

ausmachen. Die Yamaha<br />

– wenngleich Akrapovic-gepimpt<br />

– drückt ab Standgas<br />

rund 20 Nm mehr auf die<br />

Kurbelwelle und gibt diesen<br />

Vorsprung nicht mehr her. Das<br />

Leistungsplus ist nicht ganz so<br />

Drehmoment in Nm<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

beeindruckend, schließlich ist<br />

die Guzzi auf 48 PS homologiert,<br />

die Yamaha nicht. Dennoch<br />

hat ihr Motor genau jene<br />

Souveränität, die sich die Guzzi-Fans<br />

für die V7 seit Jahren<br />

ebenso sehnlich wie bis dato<br />

erfolglos wünschen. Vielleicht<br />

klappt’s ja nächstes Jahr.<br />

Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf dem Dynojet-Rollenprüfstand 250,<br />

korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 %<br />

www.motorradonline.de<br />

im Vergleich zur Guzzi<br />

arg träge, die Kurve, in<br />

der die Rasten bei Trockenheit<br />

nicht aufsetzen,<br />

muss erst noch erfunden<br />

werden. Bei Nässe setzen<br />

die Reifen das Limit.<br />

Daten und Messwerte<br />

MOTOR<br />

FAHRWERK<br />

Moto Guzzi<br />

V7 II Racer<br />

Yamaha<br />

XV 950 Racer<br />

Bauart Zweizylinder-Viertakt- Zweizylinder-Viertakt-<br />

90-Grad-V-Motor<br />

60-Grad-V-Motor<br />

Einspritzung 2 x Ø 38 mm 2 x Ø 35 mm<br />

Kupplung Einscheiben-<br />

Mehrscheiben-<br />

Trockenkupplung<br />

Ölbadkupplung<br />

Bohrung x Hub 80,0 x 74,0 mm 85,0 x 83,0 mm<br />

Hubraum 744 cm³ 942 cm³<br />

Verdichtung 10,5 : 1 9,0 : 1<br />

Leistung 35,0 kW (48 PS)<br />

38,3 kW (52 PS)<br />

bei 6250/min<br />

bei 5500/min<br />

Drehmoment 58 Nm bei 3000/min 80 Nm bei 3000/min<br />

Rahmen<br />

Doppelschleifenrahmen<br />

aus Stahl<br />

Doppelschleifenrahmen<br />

aus Stahl<br />

Gabel Telegabel, Ø 40 mm Telegabel, Ø 41 mm<br />

Bremsen vorne/hinten Ø 320/260 mm Ø 298/298 mm<br />

Assistenzsysteme ABS, Traktionskontrolle ABS<br />

Räder 2.50 x 18; 3.50 x 17 2.50 x 19; 4.50 x 16<br />

Reifen 100/90 18; 130/80 17 100/90 19; 150/80 16<br />

Bereifung Pirelli Sport Demon Michelin Commander II<br />

Yamaha XV 950 Racer<br />

MAßE + GEWICHTE 41,2 kW (56 PS) bei 6100/min<br />

80 Nm bei 3100/min<br />

Radstand 1435 mm 1570 mm<br />

Moto Guzzi V7 II Racer<br />

Lenkkopfwinkel 35,4 kW 62,5 (48 PS) Grad bei 6400/min 61,0 Grad<br />

Nachlauf 59 Nm bei 117 3100/min mm 130 mm<br />

Federweg vorne/hinten 130/96 mm 135/110 mm<br />

Sitzhöhe 1 810 mm 760 mm<br />

Gewicht vollgetankt 1 199 kg 253 kg<br />

Zuladung 1 202 kg 235 kg<br />

Tankinhalt/Reserve 21,0/4,0 Liter 12,0/– Liter<br />

Service-Intervalle 10 000 km 10 000 km<br />

Preis 9990 Euro 9395 Euro<br />

Preis Testmotorrad 9990 Euro 10105 Euro 2<br />

Nebenkosten inkl. 200 Euro<br />

-MESSWERTE<br />

Höchstgeschwindigkeit* 155 km/h 168 km/h<br />

Beschleunigung<br />

0–100 km/h 6,0 sek 5,6 sek<br />

0–140 km/h 12,5 sek 12,0 sek<br />

Durchzug<br />

60–100 km/h 5,6 sek 5,6 sek<br />

100–140 km/h 9,7 sek 7,5 sek<br />

Verbrauch Landstraße/100 km 4,4 Liter 4,5 Liter<br />

Reichweite Landstraße 477 km 267 km<br />

* Herstellerangabe; 1 <strong>MOTORRAD</strong>-Messungen; 2 Akrapovic-Endschalldämpfer (710 Euro)<br />

TEST+TECHNIK 47


Yamaha XV 950 Racer<br />

So geht blaues Knie:<br />

Der Brotkasten –<br />

pardon, Luftfilter –<br />

ist beim Fahren ständig<br />

im Weg. Genauso<br />

wie die Fußrasten<br />

(nicht im Bild) beim<br />

Rangieren<br />

So geht Tristesse:<br />

Außer dem fetten<br />

Chromring hat dieses<br />

Cockpit kaum etwas<br />

zu bieten. Tempo,<br />

Trip, Time – that’s it.<br />

Egal, man mag eh<br />

nicht hinschauen<br />

So geht kleines<br />

Schwarzes: knappes<br />

Cockpit-Leibchen<br />

mit neckischer<br />

Aussparung für die<br />

beiden Bowdenzüge<br />

Moto Guzzi V7 II Racer, Yamaha XV 950 Racer<br />

Beim harten Bremsen biegt sich die Gabel wie Weizen im<br />

Sommerwind, zudem regelt das ABS mit groben und unregelmä<br />

ßigen Intervallen. Der rechts angebrachte Luftfilter verhindert<br />

den Knieschluss mit dem Tank. Last but not least lässt<br />

die Informationsfülle des Cockpits zu wünschen übrig.<br />

Wer jetzt glaubt, der Autor wolle die Yamaha niederschreiben,<br />

der irrt. Aber wo Racer-Erwartungen geweckt werden,<br />

da sollten zumindest Motorrad-Ansprüche erfüllt werden.<br />

Und dem ist eben nicht so. Betrachtet man die XV als den Cruiser,<br />

der sie letztlich ist, sieht die Welt wieder ganz anders aus.<br />

Dort zählt neben der Optik, die aber höchst subjektiv betrachtet<br />

wird, der Motor. Und hier schlägt die Stunde der Yamaha.<br />

Natürlich profitiert er von seinem Hubraumplus, wie das Diagramm<br />

auf Seite 47 zeigt. Da kann die Guzzi noch so aufgeregt<br />

mit den Ventilen schnattern, wenn’s auf der Showmeile zählt,<br />

sieht sie keine Sonne. Weniger Hubraum, mehr Gänge. Pech<br />

gehabt. In Sachen Emotionalität kann es der Yamaha-V2 wiederum<br />

nicht mit der Guzzi aufnehmen, obwohl die Akrapovic-<br />

Tüte aus dem Werkszubehör ihr Bestes gibt. Sie sorgt für einen<br />

wummrig-bassigen Sound, der den Fahrer erfreut und die<br />

Umstehenden in Ruhe lässt. So soll das sein.<br />

Bleibt die Frage nach dem „Welche für wen?“ Wer mit der<br />

Ergonomie der Yamaha kein Problem hat und zumeist in<br />

urbanem oder ebenem Geläuf unterwegs ist, der kann mit der<br />

XV happy werden. Wem sich zwischen Start und Ziel ernst<br />

zu nehmende Kurven in den Weg stellen oder wer das Thema<br />

Café Racing von der schrägen Lage angeht, der ist mit der V7<br />

besser angezogen.<br />

www.motorradonline.de/vergleichstests<br />

So geht eigenwillig:<br />

Cruiser-Fahrwerksgeometrie<br />

mit Racer-<br />

Ergonomie<br />

48 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


-Fazit<br />

Mist, man hätte wetten sollen. Guzzi besiegt Yamaha,<br />

das hätte eine verdammt gute Quote gegeben. Sei’s<br />

drum. Die V7, wenngleich ebenfalls nicht frei von<br />

Schwächen, ist in diesem Fall einfach das stimmigere,<br />

rundere Konzept. Sound, Feeling, Funktion – alles<br />

passt zusammen. Die Yamaha-Philosophie, einfach<br />

einen Stummellenker an einen Cruiser zu klemmen<br />

und die Rasten mittschiffs zu legen, funktioniert nicht<br />

wirklich. Zum Cruisen zu unbequem, zum Sporteln …<br />

– ach, Schwamm drüber. Für die Flaniermeile langt’s<br />

aber. Der Motor allerdings, der macht richtig Laune.<br />

www.motorradonline.de<br />

TEST+TECHNIK 49


T E S T + T E C H N I<br />

Fahrbericht Radical Guzzi Ristretto 1380<br />

K<br />

ICH WAR EIN<br />

CRUISER<br />

Was für eine Transformation: der 1400er-V2 einer aktuellen California implantiert in einen<br />

klassischen Tonti-Rahmen. Mehr Motor in weniger Chassis geht nicht. Viel mehr Show bei einem<br />

Roadster auch nicht. Es lebe die historische Inspiration! Von Thomas Schmieder; Fotos: Rossen Gargolov, TSR (1)<br />

50 TEST+TECHNIK 3/<strong>2016</strong>


Du bist erst 500 Meter gefahren,<br />

Stadtverkehr, Rushhour. Aber<br />

eines ist schon klar: Wie dieser<br />

großvolumige V2 unter dir<br />

röchelt und röhrt, schmatzt und schlürft,<br />

bebt und lebt – das ist ein monumentales<br />

Erlebnis. Bassiger Sound. Gefühlt sitzt du<br />

auf einem Hauch von Nichts, aus dem links<br />

und rechts wuchtige Zylinder mit nahezu<br />

qua dratischen Ventildeckeln herausragen,<br />

groß wie Wassereimer. Devot bückst du<br />

dich zu den Lenkerstummeln. Hoffentlich<br />

verschwindet deine Jeans nicht auf Nimmerwiedersehen<br />

in den offenen Ansaugtrichtern.<br />

Die Flachschieber in den Keihins<br />

FCR 41 schlürfen und zwitschern in ihren<br />

Führungen. Man glaubt, Kolben und Einlassventilen<br />

bei der Arbeit zuschauen zu<br />

können. Hier sind alle Sinne berührt.<br />

An der Ampel gehen neben dir Autoscheiben<br />

runter und die Daumen der Insassen<br />

hoch, recken sich Köpfe. „Was für ein<br />

Wahnsinnsmotorrad!“, hörst du jemanden<br />

rufen. Diese Guzzi verschiebt die Wahrnehmung.<br />

Beim Spiel mit dem Gasgriff (keine<br />

Sorge, im Leerlauf dreht der Motor schön<br />

stabil, nur die Suche danach kann nerven),<br />

neigt sich die Bella Donna erst nach rechts<br />

und dann wieder zurück nach links in<br />

die Ausgangslage. Ein Gruß in Form von<br />

Rückdrehmoment der längs liegenden,<br />

massigen Kurbelwelle. Ganz Guzzi eben.<br />

Dann springt das Licht vor dir von Rot auf<br />

Grün, die gertenschlanke blaue Maschine<br />

hechtet nach vorn. Fast vergessen, der<br />

1380er drückt 100 Newtonmeter praktisch<br />

ab Standgas. Da geht was!<br />

Der 1,4-Liter-Motor ist fast serienmäßig,<br />

nur die frei programmierbare Zündung<br />

nach Art des Hauses und seine Atemwege<br />

sind komplett neu. Der V2 atmet durch eine<br />

Edelstahl-Auspuffanlage aus, deren Mündungen<br />

wegen der raffinierten Bögen links<br />

wie rechts nach vorne weisen. Keramikbeschichtung<br />

lässt die gesamte Auspuffanlage<br />

mattschwarz „glänzen“. Schwarz,<br />

Blau und Silber gehen hier eine stilvolle<br />

Synthese ein. Dieses Motorrad ist eine<br />

Materie gewordene Vision – was geht,<br />

wenn man sich nur traut. Ein „Muscle Racer“<br />

mit offenem Rahmendreieck und keckem<br />

Heckhöcker nämlich. Ein Café Racer der<br />

Gegenwart, mit stilprägenden, aber ziemlich<br />

schweren „Revtech“-Scheibenrädern.<br />

Der ehemalige BMW-Designer Sylvain<br />

Berneron zeichnete das Styling, in bester<br />

Tradition seines „Holographic Hammers“.<br />

Stefan Bronold junior von Radical Guzzi aus<br />

der Oberpfalz setzte es praktisch eins zu<br />

eins um. <strong>MOTORRAD</strong>-Lesern vielleicht<br />

schon über frühere Umbauten bekannt,<br />

Vollkommen verwegen:<br />

Aus der<br />

extrem schmalen<br />

Silhouette ragen<br />

nur Lenkerstummel<br />

und wassereimergroße<br />

Zylinder<br />

mit offenen<br />

Flachschiebervergasern<br />

raus. Feist!<br />

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Ästhetik der Technik: schmaler Tank, flankiert von mächtigen Okolyten (l.). Gestiftet von<br />

einer Guzzi 1100 Sport: offenes Kardan-Kreuzgelenk inmitten der filigranen Eigenbau-<br />

Schwinge. Klassisch: Schnappdeckel-Tank. Puristisch: Lenkerarmatur von Motogadget<br />

Radical Guzzi Ristretto 1380<br />

als seine Werkstatt noch „Guzziladen“ hieß.<br />

Stefan schuf ein Motorrad praktisch nur aus<br />

Metall. Auf schnödem Kunststoff, also Erdöl,<br />

basiert hier fast nichts. Trotzdem blieb das<br />

Gewicht moderat, bei rund 230 Kilogramm.<br />

Viele Kunstgriffe waren nötig, um den XXL-<br />

Motor in Lino Tontis klassischen Rahmen<br />

mit dem kurzen Steuerkopf zu bekommen;<br />

jenen bleistiftdünnen, doch<br />

stabilen Verbund aus gut<br />

zugemessenen Dreiecken, Trapezen und<br />

Parallelogrammen.<br />

Rund 20 Tonti-Rahmen hat Stefan Bronold<br />

immer auf Lager. Motoraufnahmen<br />

und Heckrahmen müssen vor der Hochzeit<br />

des neuen Motors mit dem historischen<br />

Chassis geändert werden. Keine Angst,<br />

hier wurde keine Cali 1400 geschlachtet,<br />

sondern ein taufrischer Motor bestellt.<br />

Und dessen Kurbelwelle verlängert, um<br />

die Lichtmaschine auf den vorderen Stumpf<br />

zu packen, so wie früher. Stolz prangt sie<br />

hinter dem aus dem Vollen gedrehten Alu-<br />

Deckel. Zulassungstechnisch gilt das als ein<br />

Motorrad vor 1984. Eigenbau ist die filigran<br />

wirkende, fünf Kilo leichte Schwinge mit<br />

Brems- und Drehmoment-Abstützung. Sie<br />

hält unerwünschte Kardanreaktionen im<br />

Zaum. Aus einer Guzzi 1100 Sport stammt<br />

der Kardan mit offenem Kreuzgelenk.<br />

Nicht genug Platz bietet der drahtige<br />

Stahlrohr-Rahmen für das heutige Sechsganggetriebe.<br />

Also fort damit. Stattdessen<br />

implantierte Stefan die Fünfgang-Box einer<br />

klassischen Guzzi. Gewusst wie. In sich<br />

stimmig, homogen wirkt das Ganze.<br />

Ristretto taufte Radical Guzzi diese auf<br />

fünf Exemplare limitierte Serie. Benannt<br />

nach besonders starkem, süditalienischem<br />

Espresso – viel Kaffee, wenig Wasser. So wie<br />

bei diesem Café Racer: viel Motor, wenig<br />

Chassis. Etwas Sinnlicheres hast du in den<br />

letzten Jahren kaum angefasst, zumindest<br />

nicht auf zwei Rädern. Mit Ausnahme einer<br />

anderen Maschine von Radical Guzzi, der<br />

puren, deutlich stärkeren Fahrmaschine<br />

Baukasten: Tonti-<br />

Rahmen mit 1400er-<br />

Cali-V2, offenem Rahmendreieck,<br />

geschlossenen<br />

Scheibenrädern,<br />

Eigenbau-Schwinge


Umbau-Infos Radical Guzzi Ristretto<br />

Es ist Liebe: Fernseh- und Video-Mann<br />

Kris Karathomas aus Hamburg war zuerst<br />

„nur“ Kunde, einer von maximal<br />

fünf Besitzern einer Ristretto. Doch er<br />

ist so begeistert von seiner getunten<br />

Italo-Maschine, dass er die Presse-<br />

Arbeit für Radical Guzzi übernahm<br />

DIE TECHNIK<br />

Tonti-Rahmen mit Unterzügen und Heckbügel<br />

(970 Euro); Schwinge Radical Guzzi (1899 Euro);<br />

Scheibenräder 3,5 und 5,5 x 18‘‘ (1650 Euro);<br />

Auspuffanlage Edelstahl mit Keramik-Beschichtung<br />

(2400 Euro); Tank-Sitzbank-Kombination<br />

Alu blank mit Sitzpolster (2750 Euro); Tacho<br />

mit integrierter Digitalzündanlage (1100 Euro);<br />

Lichtmaschine komplett inkl. Adaptersatz für<br />

8V-Motor in Tonti-Rahmen (1070 Euro); leichtere<br />

Kupplung mit verstärkten Federn (600 Euro);<br />

Keihin-Flachschieber-Vergaser mit Gasgriff, Zügen<br />

und Trichtern (1640 Euro); Ölkühler mit Leitungen<br />

(350 Euro); überholtes Fünfganggetriebe<br />

(1850 Euro); Kardanantrieb 8/33 überholt,<br />

(1600 Euro); Bremsscheiben vorn mit radialen<br />

Brembo-Bremszangen und Bremspumpe (1070<br />

Euro); hydraulische Kupplung inkl. Magura-<br />

Pumpe (350 Euro); Fußrastanlage CNC-gefräst<br />

(429 Euro); Gabel MV Agusta (gebraucht, überholt,<br />

1100 Euro): Gabelbrücken CNC-gefräst mit<br />

Lenkschaftrohr (1160 Euro); Scheinwerfer mit<br />

Haltern (208 Euro); Blinker/Kennzeichenhalter<br />

(280 Euro); Alu-Schutzblech mit Halter (300<br />

Euro); Lichtmaschinendeckel CNC-gefräst (279<br />

Euro); Batteriekasten Edelstahl/Lithium-Ionen-<br />

Batterie (320 Euro); Alu-Spritzschutz (150 Euro);<br />

LSL-Lenkerstummel (180 Euro).<br />

Ebenfalls möglich: drei verschiedene Nockenwellensätze<br />

für 125 bis 130 PS (1200 Euro);<br />

Zylindersatz 1450 cm3 (1400 Euro); Motorenkit<br />

1700 cm3 (4750 Euro).<br />

Komplettpreis je nach Ausstattung ab 45 000 bis<br />

49 000 Euro. Alle Preise fahrfertig, mit TÜV und<br />

Wertgutachten sowie einem Jahr Garantie.<br />

KONTAKT<br />

Radical Guzzi, Stefan Bronold jun., Nabburger<br />

Straße 40, 92521 Schwarzenfeld, Telefon<br />

0 94 35/6 39 32 67, www.radicalguzzi.com<br />

„Fugitive“ aus <strong>MOTORRAD</strong> 2/<strong>2016</strong>. Sie<br />

ist ebenso sinnlich, nur noch fahraktiver.<br />

„Wir wollten zeigen, welches Potenzial<br />

in dieser Marke steckt, Moto Guzzi<br />

ein bisschen Entwicklungshilfe geben!“<br />

So sagt es Kris Karathomas aus Hamburg.<br />

Er ist ein Ristretto-Besitzer und schreibt<br />

als Medienmann nun auch die Pressetexte<br />

von Radical Guzzi.<br />

Dem „italienischen Herzschlag“ sind<br />

Kris und Stefan komplett erlegen. Kräftig<br />

kommt der V2 vom Start weg, wartet ungeduldig<br />

auf das Einrücken der Kupplung.<br />

Drehen über 6000 tut nie not, da steigt die<br />

Leistung subjektiv nicht mehr an. Aber in<br />

seiner überaus kräftigen Mitte macht der<br />

Ex-Cruiser schöne Freuden-Wheelies. So<br />

etwas ist für solch eine Wuchtbrumme<br />

wirklich eine Ansage. Gern bleiben die Gänge<br />

mal hängen (Zwischenleerläufe!), man<br />

muss sehr sauber schalten. Eine alte Guzzi-<br />

Eigenheit. Leidensfähigkeit erfordert die<br />

Sitzposition, der Kniewinkel ist extrem spitz.<br />

Langstrecke? Unmöglich. Lang über den<br />

spindeldürren 20-Liter-Alutank gestreckt,<br />

die Füße gefühlt auf Höhe der Hinterachse.<br />

Der Hintern meldet sich schon nach kurzer<br />

Fahrzeit. Weit außen muss man die Füße<br />

auf den Rasten platzieren, sonst werden die<br />

Hosenbeine von den offenen Trichtern angesaugt.<br />

Obacht: Auf der rechten Seite berührt<br />

man versehentlich gerne den Gaszug.<br />

Doch die Erniedrigung wirkt meditativ:<br />

Zuerst kommst du dir etwas affig vor, aber<br />

das gibt sich nach ein paar Kilometern.<br />

Dann merkst du: Das ist ein verdammt cooler<br />

Hobel! In der Kurve runterschalten geht<br />

nicht, sonst versetzt es das Hinterrad. Muss<br />

alles schon vorher erledigt sein. Ist eben<br />

kein echtes Sportmotorrad. Will trotz des<br />

moderat breiten 180er-Hinterreifens auch<br />

nicht so richtig in die Kurve. Man muss stark<br />

www.motorradonline.de<br />

mit der Guzzi kämpfen, um sie auf Kurs zu<br />

bringen. Das hat aber auch seinen Reiz.<br />

Bombastisch ist die Geradeauslaufstabilität.<br />

Wie auf Schienen fährt die Ristretto. Ein<br />

Guzzi-ICE. Sie erinnert an einen Supersportler<br />

mit komplett geschlossenem Lenkungsdämpfer.<br />

Ihre Gabel samt Bremsanlage<br />

stiftete eine MV Agusta F4. Weniger Gabel-<br />

Offset bringen massive, fein ausgearbeitete<br />

Eigenbau-Gabelbrücken. Vielleicht ist der<br />

Nachlauf damit einen Tick zu lang geraten.<br />

Durchaus knackig fühlen sich die radialen<br />

Brembo-Vierkolbensättel an, ohne wütende<br />

Beißer zu sein. Ach ja, in Schräglage<br />

setzt die Auspuffanlage auf. Man müsste<br />

sie vorn schräg abflexen, dann würde es gehen.<br />

Freude am Fräsen! Das meint hier aber<br />

auch den Bau. Denn Stefan Bronold fertigt<br />

extrem viele Teile selbst an. Ein echtes Kompliment<br />

kommt von Fotofahrer Tobias Münchinger,<br />

dem wilden Hund der sehr sportlichen<br />

Redaktion PS: „Mir hat das Ding voll<br />

gefallen“, sagt der Jungspund, „optisch voll<br />

der Knaller!“ Und Tobi gehört mit seinen 25<br />

Jahren bestimmt nicht zur Kern-Zielgruppe.<br />

Nun, Stefan Bronold ist auch erst 30 …<br />

Mille Grazie, Radical Guzzi, für ein großes<br />

Erlebnis. Maschinen solcher Art verleihen<br />

dem Adler wieder Flügel, ach was: mächtige<br />

Schwingen. Sich mit diesem Motorrad<br />

unter Transalp- und GS-Fahrern zu bewegen,<br />

kommt einem vor wie sich als Chefredakteur<br />

der Zeitschrift „Beef“ auf einen<br />

Veganer-Treff zu verirren. Drei Ristrettos<br />

sind bereits verkauft, zwei noch zu haben.<br />

Zum Liebhaberpreis ab 45 000 Euro.<br />

So ist der Ex-Cruiser ein Fall für wahre,<br />

loyale Fans. Und davon hat Moto Guzzi,<br />

dieser Motorrad-Hersteller zwischen Traum,<br />

Tradition (durchgehende Historie seit 1921)<br />

und Tragik, ja nun wirklich zuhauf.<br />

www.motorradonline.de/motoguzzi<br />

TEST+TECHNIK 53


B L I C K P U N K T<br />

Zeitvorgaben bei Reparaturen<br />

MIT<br />

DER<br />

ZEIT<br />

– NERVT DAS!<br />

Bei Verschleißreparaturen zahlen Motorradfahrer beim Händler meist das, was die Hersteller<br />

dafür vorgeben. Zeit ist dabei Geld. Und meist zu wenig, klagen die Händler. Denn oft dauert’s<br />

in der Werkstatt real viel länger als auf dem Papier. Eine echte Zwickmühle. Aber nicht überall.<br />

Von Brigitte Haschek; Fotos: Rossen Gargolov, jkuenstle.de, Illustration: Holger Aue<br />

Es gibt Dinge, da kommt man ganz<br />

schön ins Grübeln. So geht es<br />

<strong>MOTORRAD</strong>-Werkstattchef Gerry<br />

Wagner, als er sich daran macht, den<br />

Dauertester Honda Crosstourer zu demontieren.<br />

Es gehört bekanntlich zum redaktionseigenen<br />

Prinzip der Gründlichkeit, dass<br />

nach dem 50 000 Kilometer-Dauerlauf die<br />

Maschine in ihre Einzelteile zerlegt wird, um<br />

Verschleißspuren auf die Schliche zu kommen.<br />

Wagner, weiß Gott kein Greenhorn<br />

an der Werkbank, braucht allein rund einen<br />

halben Tag, bis das Triebwerk ausgebaut ist<br />

– vom Zerlegen ist da noch nicht die Rede.<br />

Spaßeshalber erkundigt sich Gerry bei<br />

Honda, was für einen Motortausch – also<br />

Aus- und Einbau – beim Crosstourer an<br />

Arbeitszeit veranschlagt wird. Und staunt<br />

nicht schlecht, als Honda nur viereinhalb<br />

Stunden kalkuliert. Eine Diskrepanz, die<br />

Grund genug ist, das Thema Arbeitszeitvorgaben<br />

grundsätzlich zu hinterfragen.<br />

„Mechaniker,<br />

die noch nie<br />

Ventile bei der<br />

S 1000 RR eingestellt<br />

haben,<br />

schrauben den<br />

ganzen Tag“<br />

BMW-Händer aus Bayern<br />

Eine Liste mit Verschleißreparaturen ist<br />

schnell erstellt und an die Hersteller übersandt.<br />

Aus praktischen Gründen fragen wir<br />

die jeweiligen Positionen für Modelle ab,<br />

die sich größtenteils ohnehin im MOTOR-<br />

RAD-Dauertest-Fuhrpark befinden. „Insgesamt<br />

ziemlich sportlich“, urteilt Chefschrauber<br />

Wagner, als die Ergebnisse der Umfrage<br />

vorliegen (siehe Tabelle). Da dürfe aber<br />

rein gar nichts dazwischenkommen. „Um<br />

diese Zeiten einhalten zu können, muss<br />

die Maschine bereits tipptopp sauber in der<br />

Werkstatt stehen und der Arbeitsplatz optimal<br />

vorbereitet sein.“<br />

Schwingenlagertausch bei der BMW R<br />

1200 R in 55 Minuten? Angesichts des erforderlichen<br />

Ausbaus von Kardanantrieb<br />

und Hinterrad hält unser Werkstattchef dies<br />

für ziemlich unrealistisch. Und wer einen<br />

Kettensatzwechsel bei der KTM Super Duke<br />

R in einer halben Stunde hinbekomme, der<br />

müsse fliegende Hände haben, meint Wagner.<br />

Die angegebenen Zeiten seien zu erreichen,<br />

wenn man die Reparatur zum fünften<br />

oder zehnten Mal ausführe.<br />

Das bestätigen auch die zum Thema<br />

Arbeitszeitwerte befragten Händler. „Der<br />

Austausch des Gabeldichtungsrings bei der<br />

54 BLICKPUNKT<br />

3/<strong>2016</strong>


KTM 1190 Adventure ist für die Werkstatt<br />

ein Problem“, sagt ein Markenhändler aus<br />

Baden-Württemberg. 40 Minuten werden<br />

von KTM einschließlich Probefahrt angesetzt,<br />

realistisch sei die doppelte Zeit. Ist der<br />

Lichtmaschinen-Rotor einer KTM Duke 125<br />

zu wechseln, fallen in der Regel mit 80<br />

Minuten sogar viermal mehr an, als vom<br />

Hersteller vorgegeben. Im Prinzip bleibt<br />

die Werkstatt auf dem Mehraufwand sitzen,<br />

was sich aber niemand leisten kann. In den<br />

krassesten Fällen wird nachjustiert: Einen<br />

Teil nimmt der Händler auf seine Kappe,<br />

einen anderen versucht man beim Kunden<br />

zu holen. Zudem lässt sich mit geschickter<br />

Mischkalkulation noch die eine oder andere<br />

Kostenschraube drehen. Der KTM-Händler<br />

beklagt zudem, dass bei Rückrufen die<br />

Arbeitszeiten extrem knapp bemessen sind.<br />

„Da reicht die Zeit nie und man legt gleich<br />

zigfach drauf.“<br />

Davon kann ein Triumph-Händler aus<br />

dem Fränkischen ebenfalls ein Lied singen:<br />

„Die Zeitvorgaben bei Rückrufen sind sehr<br />

knapp kalkuliert, weil in der Regel eine große<br />

Zahl von Maschinen betroffen ist“, sagt<br />

er. Als Beispiel nennt er den Austausch des<br />

Zylinderkopfs bei der Tiger Explorer – selbst<br />

bei mehrmaliger Ausführung dauere dies<br />

zwölf Stunden und nicht acht Stunden, wie<br />

vorgegeben. In Sachen Verschleißreparaturen<br />

hingegen gebe es bei Triumph nur<br />

vereinzelt Diskrepanzen zwischen Vorgabe<br />

und tatsächlichem Zeitaufwand.<br />

Marktführer BMW verfolgt dagegen in<br />

jedem Fall die Linie der knapp bemessenen<br />

Arbeitszeiten. „Die Vorgaben sind nur mit<br />

viel Erfahrung und Routine zu schaffen“,<br />

sagt ein Markenhändler aus Bayern. „Ein<br />

Mechaniker, der noch nie eine Kupplung<br />

bei der R 1200 R getauscht hat, benötigt<br />

beim ersten Mal locker die dreifache Zeit.“<br />

Knifflig seien beispielsweise auch Bremssattelreparaturen.<br />

„Ab dem fünften Mal<br />

geht es dann schneller.“ Die schmalen Zeitfenster<br />

habe BMW wohl mit Blick auf die<br />

Kunden gesetzt. Ventile bei der S 1000 RR<br />

zu prüfen und einzustellen, schafften nur<br />

zwei seiner neun Leute in der vorgegebenen<br />

Zeit. „Die haben das aber auch schon<br />

x-mal gemacht“, sagt der Chef. Wie löst<br />

er das Dilemma, ohne dauernd draufzuzahlen?<br />

„Wir haben den realistischen Mehraufwand<br />

auch bei Routinearbeiten mit<br />

einkalkuliert.“<br />

Die Konstruktion spielt natürlich auch eine<br />

Rolle dabei, wie hoch der Arbeitsaufwand<br />

ausfällt. So ist Ventile prüfen und einstellen<br />

bei der Suzuki GSX-R für den damit unerfahrenen<br />

Mechaniker ebenfalls kein Kinderspiel.<br />

Doch bei der japanischen Marke gibt<br />

es sozusagen Vertrauensarbeitszeit – es gibt<br />

keine Vorgaben. „Feste Arbeitszeitwerte<br />

gibt es nur für Inspektionen und bei Garantiefällen“,<br />

bestätigt ein Markenhändler aus<br />

dem Ruhrgebiet. „Und die kommen hin.“<br />

Er lobt die Kooperation mit dem Suzuki-<br />

Außendienst. „Die sind sehr gut aufgestellt,<br />

helfen wirklich, wenn es ein Problem<br />

gibt und kommen dafür auch mal in den<br />

Betrieb“, sagt er.<br />

Ein Marken-Kollege aus Süddeutschland,<br />

der gleichzeitig Kawasaki-Händler ist,<br />

sieht das genauso: „Bei Suzuki und Kawasaki<br />

stimmen die Vorgaben.“ Bei Yamaha scheint<br />

es auch ohne Druck auf die Arbeitszeit gut<br />

zu laufen. „Die Kundendienst-Leute kommen<br />

alle aus der Praxis, das hilft“, sagt ein<br />

schwäbischer Yamaha-Händler.<br />

Beim <strong>MOTORRAD</strong>-Dauertester BMW R 1200 R<br />

halten sich die Inspektionskosten während<br />

der ersten Halbzeit im Rahmen<br />

Bei der Yamaha MT-07 beanspruchen Kerzenwechsel<br />

und Ventileinstellung mehr Zeit<br />

als bei der Dreizylinder-Schwester MT-09<br />

Schrauben im Minutentakt<br />

Was die Hersteller als Arbeitszeiten für Verschleißreparaturen veranschlagen<br />

BMW<br />

R 1200 R<br />

Ducati<br />

1199 Panigale<br />

Harley-<br />

Davidson<br />

Sportster XL<br />

Honda<br />

NC 700 X<br />

KTM<br />

Super Duke R<br />

Yamaha<br />

YZF-R1<br />

1<br />

ride by wire; ²hydraulische Kupplung; 3 Kardanantrieb; 4 Hydrostößel; 5 nur eine Drosselklappe; 6 Antriebsräder vorn + 42 min, Antriebsräder hinten + 48 min<br />

Yamaha<br />

MT-07<br />

Yamaha<br />

MT-09<br />

Ventilspiel prüfen<br />

450 min entfällt 4 48 min 80 min 126 min 114 min 42 min<br />

Ventile einstellen<br />

25 min; Ein-<br />

stellen 15 min<br />

pro Zylinder<br />

Lenkkopflager tauschen (beide) 60 min 90 min 114 min 144 min 95 min 168 min 186 min 150 min<br />

Schwingenlager tauschen 55 min 126 min 120 min 102 min 75 min 144 min 84 min 240 min<br />

Kupplung tauschen 70 min 24 min 78 min 72 min 30 min 24 min 36 min 54 min<br />

Gabelöl tauschen 70 min 90 min 60 min 42 min 45 min 156 min 132 min 108 min<br />

Drosselklappen-<br />

entfällt 1 entfällt 1 entfällt 5 entfällt 5 entfällt 1 60 min 72 min 96 min<br />

Synchronisation<br />

Zündkerzenwechsel 5 min 106 min 12 min 6 min 30 min 48 min 42 min 30 min<br />

Kupplungszug tauschen entfällt 2 entfällt 2 18 min 12 min entfällt 2 12 min 36 min 48 min<br />

Kettensatz-Wechsel entfällt 3 120 min 42 min 6 60 min 30 min 114 min 138 min 138 min<br />

Erneuerung Leuchtmittel 15 min 24 min 18 min 6 min 5 min 18 min 6 min 6 min<br />

Hauptscheinwerfer<br />

Luftfilterwechsel 20 min 42 min 12 min 12 min 15 min 30 min 30 min 30 min<br />

www.motorradonline.de BLICKPUNKT 55


K<br />

A U F B E R A T U N G<br />

Motorradanhänger und Transporthilfen<br />

VERFLIXT,<br />

VERLADEN …<br />

Rauf mit dem Bike auf den Anhänger. Und erst dort fahren, wo die Kurven am schönsten sind.<br />

Wenn nur das verflixte Auf- und Abladen nicht wäre … <strong>MOTORRAD</strong> stellt auf den folgenden Seiten<br />

16 Hersteller von Trailern und 24 pfiffige Transportlösungen vor. Von Jörg Lohse; Fotos: mps-Fotostudio, Hersteller<br />

Zugegeben, die Recherche zu dieser<br />

Kaufberatung war mit reichlich amüsanten<br />

Videosequenzen gemixt, von<br />

denen die hier frei nachgestellten<br />

Playmobil-Szenen nur einen kleinen Ausschnitt<br />

widerspiegeln. Google und Youtube<br />

bieten einen reichhaltigen Fundus dessen,<br />

was beim Motorradtransport alles schiefgehen<br />

kann: von Rampen, die bei der flotten<br />

Auffahrt auf einen Anhänger nach hinten<br />

wegkatapultiert werden bis hin zu ungewollten<br />

Stoppies auf der Ladefläche. Aber auch<br />

das echte Leben bietet Stoff ohne Ende.<br />

Auf Autobahnen ist so manch abenteuerlich<br />

verzurrte Zweiradfracht unterwegs, die einem<br />

dann allerdings das Lachen eher gefrieren<br />

lässt. Nicht auszudenken, welche Richtung<br />

das Ladegut vom Format einer GS Adventure<br />

oder Fat Boy bei einer Vollbremsung oder<br />

ruckartigen Seitenbewegung einschlägt.<br />

Womöglich in die eigene …?<br />

Fakt ist: Der nichtgewerbliche Motorradtransport<br />

erfreut sich wachsender Beliebtheit.<br />

Warum die Anfahrt ins Urlaubsrevier stumpf<br />

auf dem Bock abhocken, wenn es auch<br />

komfortabler geht? Um es aber von Anfang<br />

an wirklich komfortabel zu haben, sollte auch<br />

auf das richtige Equipment gesetzt werden.<br />

Unsere Marktübersicht zeigt, dass es<br />

mittlerweile bestechend einfache Lösungen<br />

für die Zweirad-Hobbyspediteure gibt. Denn<br />

zugegeben: Selbst Profis wie den MOTOR-<br />

RAD-Logistikern fällt es manchmal schwer,<br />

eine ausladende 350-Kilo-Fuhre sicher auf<br />

einen schmalen Anhänger mit Standschienen<br />

zu bugsieren. Viel einfacher ist es, mit<br />

möglichst geringem Auffahrwinkel auf eine<br />

Plattform zu fahren und das Motorrad mit<br />

dem Vorderrad in einer Standwippe abzustellen.<br />

Dann heißt es nur noch, die<br />

richtigen Verzurrpunkte<br />

zu wählen, um die<br />

schwere Ladung auch<br />

sauber abzuspannen.<br />

Ideal sind z. B. ausreichend<br />

stabil ausgelegte<br />

Zurrschienen, mit denen der Abspannwinkel<br />

individuell ausgerichtet werden kann.<br />

Egal, ob man persönlich nun eher die<br />

Ratsche oder Gurte mit Klemmschlössern bevorzugt:<br />

Wichtig ist, dass die Verzurrlösung<br />

die fürs Transportieren auf der Straße wichtige<br />

Norm EN 12195 erfüllt und die angegebene<br />

Belastbarkeit für Motorradmasse ausreicht.<br />

Denn wer will schon sein Missgeschick irgendwann<br />

selbst auf Youtube sehen?<br />

Der Leitfaden zum richtigen Verladen unter<br />

www.motorradonline.de/transport<br />

3/<strong>2016</strong>


RATIOPARTS RATSCHENGURT MIT<br />

AUFROLLMECHANISMUS<br />

Bestechend einfach die Handhabe<br />

dieser Ratsche, die es für 19,95 Euro bei<br />

Hein Gericke gibt: Auf Knopfdruck<br />

lässt sich der mit 250 daN belastbare<br />

1,8-Meter-Gurt auf die gewünschte Länge<br />

herausziehen bzw. wieder einrollen.<br />

Praktisch: die verzinkten Stahlhaken<br />

mit C-Profil.<br />

ZURRSCHIENEN.COM<br />

SCHIENENSYSTEM<br />

Alexander Koch aus Stuttgart<br />

hat sich auf den Vertrieb von<br />

hochwertigen Zurrsystemen<br />

spezialisiert. Die bis 2500 daN<br />

belastbaren Alu-Zurrschienen<br />

gibt es in verschiedenen Ausführungen<br />

(halbrund, flach, für<br />

Eckmontage) ab zwei Meter<br />

Länge (ab 49 Euro). Dazu die<br />

passenden Fittinge (ab 5 Euro),<br />

mit denen sich das Motorrad<br />

punktgenau verzurren lässt.<br />

ZURRGURTPAKET VON<br />

ZURRSCHIENEN.COM<br />

Passend zu den oben abgebildeten Zurrschienen<br />

gibt es beim Anbieter Zurrschie<br />

nen.com die Komplettausrüstung für<br />

den Motorradtransport: vier Zurrgurte<br />

mit Ratschenschluss und Karabinern,<br />

dazu vier Endlosschlaufen in zwei Längen.<br />

Das Set kostet 100 Euro, ist nach EN 12195<br />

geprüft und bis 1000 daN belastbar.<br />

ROTHEWALD VORDERRAD-<br />

<strong>MOTORRAD</strong>STÄNDER<br />

Die Ständerwippe (59,95 Euro) aus<br />

dem aktuellen Detlev Louis-Programm<br />

nimmt Vorderräder zwischen 17 und<br />

21 Zoll auf (Reifenbreite 90 bis 130<br />

Millimeter). Die Stabilität ist noch<br />

akzeptabel. Was aber nervt: Bei der<br />

Erstmontage müssen die etwas nachlässig<br />

beschichteten Stahlrohre unter Spannung<br />

verschraubt werden, und alle beweglichen<br />

Teile haben insgesamt sehr viel Spiel.<br />

HI-Q TOOLS<br />

AUFFAHRRAMPE<br />

Schlanke 89,95 Euro kostet<br />

diese 6,3 Kilo leichte Auffahrschiene<br />

in den Polo-<br />

Shops oder über den Versand.<br />

Die 2,16 Meter lange<br />

Alurampe ist mit 340<br />

Kilo belastbar und lässt<br />

sich für den Transport<br />

auf kurze 1,14 Meter<br />

zusammenklappen.<br />

Mit drei Zähnen lässt<br />

sie sich auch auf Anhängern<br />

mit Standschienen<br />

auflegen.<br />

Ein Spanngurt zur Sicherung<br />

der Rampe<br />

ist beigelegt. Nur<br />

das große Spiel im<br />

Klappgelenk stört.<br />

Motorradanhänger<br />

AIRTRAILER<br />

BARTHAU<br />

BÖCKMANN<br />

BOXER-DESIGN<br />

KONTAKT: Airtrailer Deutschland,<br />

Hamalandplatz 1, 46414<br />

Rhede, Tel. 0 28 72/9 48 91 40,<br />

www.airtrailer.de<br />

BESONDERHEITEN: Beim<br />

Airtrailer lässt sich die Plattform<br />

aus durchgehend geriffelter<br />

Aluplatte zum Be- und Entladen<br />

komplett absenken. Das soll auch<br />

einer Person den Umgang mit<br />

besonders schweren Motorrädern<br />

erleichtern. Continental-Luftfederung,<br />

die zurückgesetzte Achse<br />

und ein niedriger Schwerpunkt<br />

(durch kleine Räder) sollen für<br />

einen hohen Fahrkomfort sorgen.<br />

Erhältlich für ein (Mono) oder<br />

zwei Motorräder (Duo).<br />

PREISBEISPIEL: Airtrailer<br />

Mono mit Radwippe, Kompressor,<br />

Befestigungsgurten und<br />

100-km/h-Zulassung 2964 Euro<br />

KONTAKT: Barthau Anhängerbau,<br />

Eschentaler Str. 15, 74547<br />

Untermünkheim, Tel. 0 79 44/6 30,<br />

www.barthau.de<br />

BESONDERHEITEN: Bei den<br />

Motorradanhängern der MO-Reihe,<br />

die in ungebremster und gebremster<br />

Ausführung erhältlich<br />

sind, hat man laut Hersteller<br />

auf eine umfangreiche Serienausstattung<br />

geachtet. Durch die geprägte<br />

Lochung von Auffahr- und<br />

Standschiene sowie die verstellbare<br />

Radwippe soll sich der Trailer<br />

auch von einer Person beladen<br />

lassen. Rahmen und Fahrgestell<br />

sind feuerverzinkt. Stützrad, Zurrgurtset<br />

sowie eine Staubox sind<br />

gegen Aufpreis erhältlich.<br />

PREISBEISPIEL: Barthau MO<br />

750 mit zwei Standschienen und<br />

512 kg Nutzlast 1345 Euro<br />

KONTAKT: Böckmann Fahrzeugwerke,<br />

Siehefeld 5, 49688<br />

Lastrup, Tel. 0 44 72/89 50,<br />

www.boeckmann.com<br />

BESONDERHEITEN: Böckmann<br />

gilt als Spezialist bei Pferdeanhängern,<br />

für die Stahlrösser<br />

vertreibt der norddeutsche<br />

Trailerhersteller die Motorradanhänger<br />

der slowenischen Marke<br />

TPV. Diese gibt es in un- und<br />

gebremster Ausführung für den<br />

Transport von bis zu drei Motorrädern<br />

bei einer Nutzlast von<br />

maximal 794 kg. Die Zugdeichsel<br />

ist feuerverzinkt, die vibrationshemmenden<br />

Kotflügelträger<br />

können als zusätzliche Bodenauflage<br />

genutzt werden.<br />

PREISBEISPIEL: TPV MB2,<br />

gebremst, mit drei Standschienen<br />

und Stützrad 1049 Euro<br />

KONTAKT: Boxer-Design,<br />

Bleicherstr. 39, 88400 Biberach,<br />

Tel. 0 73 51/3 00 16 47,<br />

www.boxer-design.de<br />

BESONDERHEITEN: Die süddeutschen<br />

BMW-Zubehörspezialisten<br />

vertreiben einen Zweiradanhänger,<br />

der sich für den<br />

Nichtgebrauch mit wenigen<br />

Handgriffen komplett zerlegen<br />

lässt und mit einem Packmaß<br />

von 119 x 57 x 55 cm sogar kofferraumtauglich<br />

ist. Der Trailer ist<br />

kippbar, eine integrierte Vorderradwippe<br />

soll das Handling beim<br />

Beladen zusätzlich erleichtern.<br />

Der 75 kg schwere Hänger lässt<br />

sich mit einem bis zu 375 kg<br />

schweren Bike beladen.<br />

PREISBEISPIEL: Boxer-Design<br />

Klappanhänger mit 100-km/h-<br />

Zulassung 1990 Euro<br />

www.motorradonline.de KAUFBERATUNG 57


JOUBERT ZURRGURTSET<br />

Im praktischen Sechserpack bietet Detlev Louis diese<br />

je fünf Meter langen Spanngurte mit Ratsche an.<br />

Mit einer Zurrkraft von 350 daN in der Umreifung<br />

ist das nach EN 12195-2 geprüfte<br />

Polyestergewebe wie geschaffen für<br />

das sichere Abspannen des Motorrads.<br />

Zurzeit zum besonders attraktiven<br />

Aktionspreis von schlanken 29,95 Euro in<br />

den Louis-Shops oder per Versand erhältlich.<br />

TWINLOX ALL-IN-ONE<br />

Für alle, die den Motorradtransport<br />

fast schon professionell betreiben<br />

(mit Crossern oder zur Rennstrecke),<br />

empfiehlt sich das Twinlox-System,<br />

bei dem die Bikes über spezielle<br />

Stoßdämpfer gesichert werden. Über<br />

Adapter werden diese an den Fußras<br />

ten oder über die Schwingenachse<br />

ultrastabil verankert. Als Gegenstück<br />

dient eine Zurrschiene,<br />

die auf dem Fahrzeugboden<br />

verschraubt<br />

wird.<br />

MX/Crosser-Set 249 Euro,<br />

All-in-One für<br />

349 Euro.<br />

RACEFOXX LENKER-ABSPANNGURT<br />

Immer wieder schwierig: das sichere Abspannen<br />

von vollverkleideten Supersportlern oder auch<br />

Rollern. Wenn die Gabelbrücke schlecht erreichbar<br />

ist, sind Abspanngurte wie dieser von Racefoxx<br />

(14,90 Euro) eine geniale Alternative. Einfach über<br />

die Lenkerenden stülpen, dann die Schlaufen nach<br />

unten anziehen. Mit Bedacht festzurren, um keinen<br />

verbogenen Lenker zu riskieren.<br />

Motorradanhänger<br />

BRENDERUP<br />

HARBECK<br />

HEKU<br />

HUMBAUR<br />

KONTAKT: Brenderup,<br />

Weißenmoorstr. 28, 26125 Oldenburg,<br />

Tel. 04 41/88 53 25 68,<br />

www.brenderup.com<br />

BESONDERHEITEN: Die dänische<br />

Anhängermarke hat für den<br />

Motorradtransport ein durch die<br />

Bank klassisches Modell mit zwei<br />

Standschienen plus Bügel und<br />

vier Verzurrösen im Programm.<br />

Das Eigengewicht beträgt 132 kg,<br />

bis zum Erreichen des zulässigen<br />

Gesamtgewichts von 750 kg<br />

lassen sich 618 weitere Kilos auflasten.<br />

Zum Be- und Entladen<br />

lässt sich der Leuchtenträger vom<br />

verzinkten Chassis abklappen.<br />

Stützrad und Verzurrbeschläge<br />

sind als Extra erhältlich.<br />

PREISBEISPIEL: Brenderup<br />

MC 2 (ungebremst) mit 13-Zoll-<br />

Bereifung 1016,62 Euro<br />

KONTAKT: Hermann Harbeck<br />

Fahrzeugbau, Gewerbestr. 7,<br />

83329 Waging am See, Tel.<br />

0 86 81/40 90, www.harbeck.de<br />

BESONDERHEITEN: Der Plattformtrailer<br />

des bayerischen Herstellers<br />

lässt sich dank zahlreicher<br />

Extras für mehr als den reinen<br />

Zweiradtransport nutzen. Optional<br />

können auf die MOPL-Reihe<br />

z. B. 400 mm hohe Alu-Bordwände<br />

aufgeschraubt werden. Die<br />

Plattform selbst ist mit Alu-Riffelblech<br />

oder als Holzboden mit<br />

rutschhemmender Beschichtung<br />

erhältlich. Die ungebremste Version<br />

hat eine Nutzlast von 545 kg,<br />

der gebremste Hänger darf mit<br />

735 kg aufgelastet werden.<br />

PREISBEISPIEL: Harbeck<br />

B 1000 MOPL mit Holzboden und<br />

Einzelradfederung 2190 Euro<br />

KONTAKT: Heku-Fahrzeugbau,<br />

Bunzlauer Str. 6, 33719 Bielefeld,<br />

Tel. 05 21/20 00 66,<br />

www.heku-fahrzeugbau.de<br />

BESONDERHEITEN: Ankuppeln<br />

und auffahren – so das Prinzip<br />

der Heku-Kippanhänger. Nach<br />

Lösen der Verriegelung senkt sich<br />

der Rahmen über eine Gasdruckfeder<br />

ab. Je nach Schwerpunktlage<br />

schwenkt die Plattform beim<br />

Auffahren wieder in die waagerechte<br />

Grundposition zurück.<br />

Eine als Extra erhältliche Radwippe<br />

soll das Verzurren erleichtern.<br />

Beim Abladen greift das gleiche<br />

Prinzip: aus der Wippe zurückrollen,<br />

bis sich der Hänger wieder<br />

in Schräglage befindet.<br />

PREISBEISPIEL: Heku Kippanhänger<br />

mit 100-km/h-Zulassung<br />

und Radwippe 1470 Euro<br />

KONTAKT: Humbaur,<br />

Mercedesring 1, 86368 Gersthofen,<br />

Tel. 08 21/24 92 90,<br />

www.humbaur.com<br />

BESONDERHEITEN: Vom<br />

simplen Schienen-Anhänger bis<br />

hin zum wettergeschützen Koffermodell.<br />

Humbaur hat als einer<br />

der größten Anhängerhersteller<br />

Europas auch für Motorradfahrer<br />

ein breites Sortiment aufgefahren.<br />

Ein Highlight: der hydraulisch<br />

absenkbare Trailer HKT, mit dem<br />

das Verladen dank der um sechs<br />

Grad angestellten Bodenplatte<br />

ein Kinderspiel sein soll. Einsteckmöglichkeiten<br />

an allen Ecken<br />

sollen den Plattformtrailer universaltauglich<br />

machen.<br />

PREISBEISPIEL: Humbaur HKT<br />

752515 S mit Motorradwippe<br />

und 450 kg Nutzlast 2428,71 Euro<br />

58 KAUFBERATUNG<br />

3/<strong>2016</strong>


HEIN GERICKE BREMSENFESTSTELLER<br />

Es sind immer die kleinen Dinge, die den Transport<br />

von A nach B entscheidend verbessern. Ein besonders<br />

effektiver Trick: das Blockieren der Vorderradbremse.<br />

So steht das Motorrad nach dem ordentlichen Abspannen<br />

wirklich bombenfest auf der Stelle. Kleines Problem bei diesem zweiteiligen<br />

Bremsenfeststeller, der bei Hein Gericke für 6,95 Euro erhältlich<br />

ist: Die Gummilasche kann bei manchen Bikes durch die Rückstellkraft des<br />

Hebels aus der Aufnahmenut gezogen werden.<br />

HEIN GERICKE<br />

STREET TRIPLE-<br />

AUFFAHRRAMPE<br />

Noch kompakter lässt sich<br />

wahrscheinlich keine<br />

Rampe zusammenlegen.<br />

Die 6,5 Kilo leichte Aluminium-Konstruktion<br />

misst bei voller Länge<br />

knapp zwei Meter,<br />

zweifach zusammengefaltet<br />

aber nur noch<br />

71 cm. Ein Spanngurt<br />

mit Haken sichert<br />

vor dem Wegrutschen.<br />

Die Verarbeitung<br />

ist solide, der<br />

Preis mit 79,95 Euro<br />

passt. Obacht:<br />

Die Rampe ist<br />

maximal mit 250<br />

kg belastbar.<br />

ACEBIKES STEADYSTAND<br />

Es gibt Vorderradwippen, und es gibt den Steady stand<br />

(Aktionspreis 99 Euro). Die Materialgüte kann sich sehen<br />

lassen: Feinstes Oberflächenfinish<br />

durch eine hochwertige<br />

Pulverbeschichtung, bei der<br />

Erstmontage überzeugt die erstklassige<br />

Passform der Bauteile. Fünf Einstellmöglichkeiten<br />

erlauben die exakte Einstellung<br />

für Radgrößen von 15 bis 19 Zoll<br />

und sorgen zusammen mit rutschfesten<br />

Gummifüßen für einen sicheren Stand.<br />

TOURATECH RATSCHEN-SPANNGURT<br />

Mit rund drei Meter Länge ist der Ratschen-Spanngurt<br />

von Touratech (14,90 Euro) wie geschaffen<br />

für den Motorradtransport. Dazu gefällt auch<br />

das praktische Klettende fürs saubere Verstauen<br />

beim Nichtgebrauch. Was nicht gefällt:<br />

keine Angaben zur Belastbarkeit<br />

und kein Hinweis auf die Prüfnorm.<br />

KOCH<br />

OSTMANN<br />

PONGRATZ<br />

SMV<br />

KONTAKT: Koch Anhängerwerke,<br />

Werner-Forßmann-Str. 60,<br />

21423 Winsen/Luhe,<br />

Tel. 0 41 71/7 83 80,<br />

www.kochanhaengerwerke.de<br />

BESONDERHEITEN: Einfach<br />

oder exklusiv? Bei Koch gibt es<br />

sowohl den klassischen Plattform-Trailer<br />

mit 100 km/h-Zulassung<br />

wie auch die absenkbaren<br />

Anhänger mit besonders flachem<br />

Auffahrwinkel von rund drei<br />

Grad. Für den besonders edlen<br />

Auftritt gibt es zudem den Excalibur<br />

(Foto) mit zweifarbig lackiertem<br />

Fiberglas-Aufbau und Platz<br />

für zwei Motorräder. Dazu gibt es<br />

diverse Extras wie Standschienen<br />

und Vorderradwippen.<br />

PREISBEISPIEL: Excalibur M<br />

1056 Ex mit 850 kg Nutzlast und<br />

100-km/h-Zulassung 8165 Euro<br />

KONTAKT: Ostmann Fahrzeugbau,<br />

Schwagstorfer Eue 2,<br />

49179 Ostercappeln,<br />

Tel. 0 54 73/8 01 89 90,<br />

www.ostmann-fahrzeugbau.de<br />

BESONDERHEITEN: Der nordwestdeutsche<br />

Hersteller fertigt die<br />

Anhänger im Regelfall individuell<br />

nach den jeweiligen Kundenwünschen<br />

an. Die Möglichkeiten sind<br />

dementsprechend vielfältig und<br />

reichen von der einfachen Plattformlösung<br />

bis hin zum voll verkofferten<br />

Trailer. Auch absenkbare<br />

Anhänger können inklusive der<br />

gewünschten Aufbauten wie Vorderradwippen<br />

oder Lenkerzurrgurtsystemen<br />

geordert werden.<br />

PREISBEISPIEL: Ostmann<br />

AB 30 180 1800 P, absenkbar,<br />

mit Luftfederung und 100-km/h-<br />

Zulassung 6672,65 Euro<br />

KONTAKT: Pongratz Trailer-<br />

Group, An der Bundesstraße 34,<br />

8772 Traboch (Österreich),<br />

Tel. 00 43/38 43/26 <strong>03</strong> 30,<br />

www.pongratz-anhaenger.com<br />

BESONDERHEITEN: Auch der<br />

österreichische Anbieter will mit<br />

dem absenkbaren Trailer PLL das<br />

Laden selbst von schweren Motorrädern<br />

zum Kinderspiel machen.<br />

Dabei verzichtet man auf<br />

eine (teure) Kompressortechnik.<br />

Die Plattform wird mittels wartungsfreier<br />

Seilwinde abgesenkt<br />

bzw. wieder angehoben, die hintere<br />

Bordwand dient gleichzeitig<br />

als Auffahrrampe. Deutlich günstiger<br />

ist der Motorradanhänger<br />

EMA mit Auffahrschiene.<br />

PREISBEISPIEL: Pongratz PLL<br />

250/12 U mit 352 kg Nutzlast und<br />

Einzelradaufhängung 2780 Euro<br />

KONTAKT: SMV AG,<br />

Grabenstr. 2, 9320 Arbon<br />

(Schweiz), Tel. 00 41/71/4 40 04 88,<br />

www.smv.ag<br />

BESONDERHEITEN: Wer hat’s<br />

erfunden? Natürlich die Schweizer<br />

…, die eine eher ungewöhnliche<br />

Trailerlösung für Wohnmobilisten<br />

entwickelt haben. Bei<br />

den Modellen Alu Star und Space<br />

Extender steht das Zweirad nämlich<br />

quer zur Fahrtrichtung. Die<br />

kurze Ausführung des Trailers soll<br />

Vorteile beim Rangieren bringen.<br />

Je nach Gewicht lassen sich die<br />

Motorräder oder Roller entweder<br />

per Seilwinde oder über eine<br />

klappbare Auffahrrampe aus Alu<br />

auf Transporthöhe hieven.<br />

PREISBEISPIEL: SMV Alu-Star<br />

Moto mit 600 kg Nutzlast und<br />

100-km/h-Zulassung 1999 Euro<br />

www.motorradonline.de KAUFBERATUNG 59


HEIN GERICKE BLACK-<br />

LINE-SPANNGURT<br />

Fünf Meter Spanngurt, stabile<br />

Ratsche mit angenehmem<br />

Softtouch-Griff, Transporttasche<br />

und ein Paar Arbeitshandschuhe.<br />

Das Komplettset<br />

erfüllt zudem die korrekte<br />

Norm für die Ladungssicherung<br />

(EN 12195-2), darf bis<br />

2000 kg belastet werden und<br />

kostet bei Hein Gericke überschaubare<br />

12,95 Euro.<br />

OXFORD SUPA-<br />

WONDERBAR STRAPS<br />

Obacht bei der Order: Der<br />

Wonderbra ist zum Heben<br />

da, mit dem Wonderbar von<br />

Oxford erreicht man eher<br />

das Gegenteil. Und das sogar<br />

bestechend einfach und fix.<br />

Denn der Abspanngurt für den<br />

Lenker ist bereits fix und fertig<br />

vorkonfiguriert. Schlaufen<br />

über die Lenkerenden stülpen,<br />

Karabiner in passende Ösen<br />

oder Bodenanker einhängen<br />

und die Gurte über die stabilen<br />

Klemmschlösser gleichmäßig<br />

anziehen. Erhältlich<br />

bei Hein Gericke (Shops oder<br />

Versand) für 44,95 Euro.<br />

HEIN GERICKE TRANSPORT-STÄNDER<br />

Für alle Hobby-Spediteure, die ihren Universal-Anhänger<br />

im Do-it-yourself-<br />

Verfahren für den Motorradtransport<br />

um- oder<br />

aufrüsten wollen: Bei<br />

Hein Gericke gibt es<br />

den fürs Vorder- oder<br />

Hinterrad passenden Anschlag.<br />

Das Montageset mit<br />

Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben<br />

und Einschlaghülsen<br />

wird für den<br />

schwarz<br />

lackierten<br />

Stahlrohrbügel<br />

gleich<br />

mitgeliefert.<br />

Preis: 15,95 Euro.<br />

Motorradanhänger<br />

STEMA<br />

UNSINN<br />

WÖRMANN<br />

WOLF<br />

KONTAKT: Stema Metalleichtbau,<br />

Riesaer Str. 50, 01558<br />

Großenhain, Tel. 0 35 22/3 09 40,<br />

www.stema.de<br />

BESONDERHEITEN: Der ostdeutsche<br />

Hängerspezialist bietet<br />

ein besonders breit gefächertes<br />

Programm. Die einfachen Trailer<br />

mit Standschienen für den Transport<br />

von bis zu drei Motorrädern<br />

beginnen bereits bei rund 600<br />

Euro. Deutlich mehr Komfort<br />

und Vielseitigkeit bieten die MUT-<br />

Kipp anhänger (ab 1899 Euro)<br />

sowie Absenkanhänger der<br />

WOM-Classic-Reihe (ab 3399<br />

Euro), die auch mit Seitenwänden<br />

oder Planen aufgerüstet<br />

multifunktional nutzbar sind.<br />

PREISBEISPIEL: Stema WOM<br />

XT, absenkbar mit Handhydraulik,<br />

100-km/h-Zulassung 2599 Euro<br />

KONTAKT: Unsinn Fahrzeugtechnik,<br />

Rainer Str. 23, 86684<br />

Holzheim, Tel. 0 82 76/5 89 00,<br />

www.unsinn.de<br />

BESONDERHEITEN: Für den<br />

bayerischen Trailer-Hersteller<br />

steht die komfortable Verladung<br />

ganz oben im Lastenheft. Weshalb<br />

alle Motorradanhänger der<br />

AS-Baureihe entweder über eine<br />

Kippfunktion (Auffahrwinkel ca.<br />

13 Grad) verfügen oder komplett<br />

absenkbar sind (Auffahrwinkel<br />

dann ca. sechs Grad). Eine rutschhemmende<br />

Siebdruck-Plattform<br />

sowie der umlaufende Lochleistenrahmen<br />

sollen das Beladen sowie<br />

Verzurren weiter erleichtern.<br />

PREISBEISPIEL: Unsinn AS<br />

826-13-155 mit Absenkfunktion,<br />

Holzboden, Stützrad und 520 kg<br />

Nutzlast 1820 Euro<br />

KONTAKT: Wörmann, Torstr. 29,<br />

85241 Hebertshausen, Tel. 0 81 31/<br />

29 27 80, www.woermann.eu<br />

BESONDERHEITEN: Anhänger<br />

für jeden Geldbeutel – so das<br />

Angebot von Wörmann aus dem<br />

Großraum München. Der einfache<br />

Trailer mit Standschiene für ein<br />

Motorrad ist für übersichtliche<br />

700 Euro zu bekommen. Deutlich<br />

multifunktionaler die MOT-Serie<br />

mit Siebdruckboden und Alu-<br />

Seitenwänden sowie der Vorbereitung<br />

für Zusatzaufbauten<br />

(ab 1773 Euro). Ein besonders<br />

komfortables Be- und Entladen<br />

versprechen die Hänger mit<br />

Absenk- oder Kippfunktion.<br />

PREISBEISPIEL: Wörmann<br />

Load-Master 7525/166,<br />

mit Kippfunktion, 560 kg Nutzlast<br />

2130 Euro<br />

KONTAKT: Wolf Anhänger-<br />

Großmarkt, An der Amtmannsmühle<br />

8, 35444 Biebertal/<br />

Rodheim, Tel. 0 64 09/16 00,<br />

www.anhaenger-wolf.de<br />

BESONDERHEITEN: Die Hessen<br />

vertreiben nicht nur diverse<br />

Motorradanhänger von Pongratz<br />

oder Humbaur und rüsten diese<br />

nach Kundenwünschen um,<br />

sondern fertigen seit bereits 25<br />

Jahren den zerlegbaren Trailer<br />

„Follow me“. Dieser soll sich binnen<br />

fünf Minuten ohne Werkzeug<br />

zerlegen bzw. wieder zusammenschrauben<br />

lassen. Die Standschiene<br />

ist teilbar, sodass sich der<br />

zerlegte Trailer auch im Auto<br />

transportieren lässt.<br />

PREISBEISPIEL: Wolf „Follow<br />

me“ mit 390 kg Nutzlast und<br />

100-km/h-Zulassung 1290 Euro<br />

60 KAUFBERATUNG<br />

3/<strong>2016</strong>


RACEFOXX RATSCHEN-<br />

UND ABSPANNGURTE<br />

Mit dieser Paketlösung<br />

von<br />

Racefoxx ist das<br />

Bike sekundenschnell<br />

stabil verzurrt.<br />

Zwei gepolsterte Schlaufen (9,90 Euro) für die Gabelbrücke,<br />

dann nur noch die gummierten S-Haken der Automatik-<br />

Ratschengurte (19,90 Euro/Paar) mit Aufrollmechanismus<br />

einhängen und anziehen. Belastbarkeit geprüft nach EN 12195.<br />

ACEBIKES TYREFIX<br />

Moderne Bikes bieten kaum noch<br />

Möglichkeiten, das Heck solide abzuspannen.<br />

Die perfekte Lösung bietet<br />

der Tyrefix von Acebikes (68 Euro):<br />

eine rutschfeste Auflage für den Reifen,<br />

die mit zwei stabilen Ratschengurten<br />

nach vorne abgespannt wird.<br />

Steht das Vorderrad wie hier in einer<br />

Wippe, lässt sich das Motorrad<br />

nicht schneller und effektiver<br />

transportfertig machen.<br />

ZURRSCHIENEN.COM <strong>MOTORRAD</strong>STÄNDER MS-2<br />

Ebenfalls eine Anschaffung fürs Leben: der große Motorradständer<br />

von Zurrschienen.com. Der Technikgourmet erfreut<br />

sich an der hochwertigen Verarbeitung sowie der leichtgängigen<br />

und klapperfreien Wippmechanik. Dank der rutschfesten<br />

Gummifüße ist eine Verankerung im Boden nicht notwendig.<br />

Sechs Einstellmöglichkeiten für Radgrößen von 12<br />

bis 21 Zoll machen den MS-2 (209 Euro) zum Universaltalent.<br />

RACEFOXX BREMS-<br />

HEBEL-SICHERUNGSGURT<br />

Einfach und effektiv: Mit diesem Klettband<br />

aus festem Nylongewebe (4,90<br />

Euro) lässt sich die Vorderradbremse<br />

sicher und dauerhaft blockieren –<br />

was den Transport des Bikes umso<br />

einfacher macht. Auch bei uns im<br />

<strong>MOTORRAD</strong>-Fuhrpark hat sich dieser<br />

Trick mit der Bremse bestens bewährt.<br />

Das sagen die Anhängerprofis<br />

„Eine Anschaffung<br />

fürs Leben“<br />

Seit zehn Jahren hängen Gabriele und Jean Eiler aus Vaihingen/Enz ihrer Kundschaft etwas Passendes an.<br />

Im <strong>MOTORRAD</strong>-Interview verraten die Inhaber eines Fachgeschäfts für Fahrzeuganhänger und Baumaschinen,<br />

wie der ideale Trailer für Biker aussieht und welche Fehler beim Motorradtransport häufig gemacht werden.<br />

? Anhänger<br />

kaufen oder<br />

mieten: Gibt es<br />

eine Faustregel, ab wann sich was mehr lohnt?<br />

! Nein. Denn im Prinzip stellt sich<br />

eher die Frage, was mit dem Anhänger<br />

passiert, wenn er nicht genutzt wird.<br />

Gerade in Großstädten hat man keine<br />

geeignete Unterstellmöglichkeit. Überhaupt<br />

halten sich die Mietkosten im<br />

Rahmen. Für eine 14-tägige Urlaubstour<br />

müssen maximal 200 Euro kalkuliert werden,<br />

die bei Gruppentouren auch noch<br />

unter den Mitfahrern aufgeteilt werden<br />

können. Für diese Gelegenheitsfahrer<br />

ist die Miete die eindeutig bessere Wahl.<br />

? Wem würden Sie den klassischen Motorradanhänger<br />

mit Schienen empfehlen?<br />

! Die Schienenlösung ist ein reiner<br />

Motorradanhänger – nicht mehr und<br />

nicht weniger. Deshalb eine gute Lösung<br />

für alle, die häufig und mit stets gleicher<br />

Beladung zu Rennstrecken oder Crosspisten<br />

unterwegs sind. Bei der Auswahl<br />

kann der Hänger genau auf die eigenen<br />

Bedürfnisse abgestimmt werden. Was<br />

die Kosten im Rahmen hält: Mit guter<br />

Ausstattung ist solch ein Trailer bereits<br />

für weniger als 1000 Euro zu bekommen.<br />

Allerdings kann er kaum für andere<br />

Einsatzzwecke genutzt werden.<br />

? Und was sollte sich der Gelegenheitstransporteur<br />

hinters Auto hängen?<br />

! Dem würden wir einen multifunktionalen<br />

Anhänger mit praktischer Kippfunktion<br />

empfehlen. Zum einen kann er<br />

damit auch seinen Grünschnitt wegbringen<br />

oder Brennholz holen. Zum anderen<br />

erhöht die geschlossene Plattform die<br />

Sicherheit bei der Motorradverladung.<br />

Mit Vorderradwippen, Standschienen<br />

oder Antirutschmatte, richtig gesetzten<br />

Verzurrpunkten und 100-km/h-Zulassung<br />

kostet ein Trailer, auf den zwei<br />

ausgewachsene Bikes passen, zwischen<br />

2000 und 2500 Euro. Das klingt zunächst<br />

nach viel. Relativiert sich aber, wenn<br />

man die Nutzungsdauer berücksichtigt.<br />

Denn ein solcher Anhänger ist meist eine<br />

Anschaffung fürs Leben.<br />

? Was sind typische Fehler der Hobby-<br />

Spediteure?<br />

! Dass falsch verzurrt wird, Gurte oder<br />

Fixierpunkte zu schwach ausgelegt sind<br />

und das Zuladungslimit nicht beachtet<br />

wird. Im Idealfall bringt der Kunde sein<br />

Bike zum Anhängerkauf bzw. der Anmietung<br />

mit. So kann man gemeinsam<br />

besprechen, wie das Motorrad optimal<br />

verladen und sicher transportiert wird.<br />

www.motorradonline.de KAUFBERATUNG 61


BIKE-TOWER<br />

MONTAGESTÄNDER<br />

Der Zentralständer von Bike-Tower<br />

ist in erster Linie für Service- und<br />

Pflegearbeiten gedacht, doch<br />

Aleksander Bilcar wollte mit<br />

seiner Konstruktion auch<br />

eine Lösung für den<br />

Motorradtransport<br />

anbieten. Hat der Bike-<br />

Tower einen festen<br />

Stand (Transporter oder<br />

Anhänger ohne Schienen),<br />

kann die Lifthöhe so<br />

eingestellt werden, dass<br />

die Räder noch Bodenkontakt<br />

haben. So lässt sich<br />

das Motorrad abspannen,<br />

ohne dass das Fahrwerk<br />

zusammengepresst wird.<br />

Preis inkl. modellspezifischer<br />

Trägerplatte 359 Euro.<br />

RACEFOXX HINTERRAD-<br />

ABSPANNGURT<br />

Auf den ersten Blick die günstige Alternative<br />

zum Tyrefix von Acebikes. Allerdings<br />

fehlen beim Racefoxx-Abspanner<br />

(19,90 Euro) noch die notwendigen<br />

Ratschengurte. Wenn man diese noch<br />

dazurechnet, ist die Alternative dann<br />

aber plötzlich gar nicht mehr so günstig.<br />

Anders als beim Tyrefix wird das Nylongewebe<br />

per Klettband am Rad fixiert.<br />

Eine rutschfeste Auflagefläche für den<br />

Reifen ist allerdings nicht vorhanden.<br />

Wo was kaufen?<br />

Anbieter-<br />

Adressen<br />

Acebikes, über Eiler Anhänger,<br />

Tel. 0 70 42/8 14 29 90,<br />

www.eiler-anhaenger.de<br />

Bike-Tower, Tel. 01 57/79 07 02 91,<br />

www.bike-tower.de<br />

Detlev Louis, Tel. 0 40/73 41 93 60,<br />

www.louis.de<br />

Hein Gericke, Tel. 02 11/9 89 88 88,<br />

www.hein-gericke.de<br />

Polo, Tel. 0 21 65/8 44 04 00,<br />

www.polo-motorrad.de<br />

Racefoxx Trackparts, Tel.<br />

0 21 91/7 10 33, www.racefoxx.com<br />

Touratech, Tel. 0 77 28/9 27 90,<br />

www.touratech.de<br />

Twinlox, über Mototech, Tel.<br />

07 11/50 46 38 41, www.mototech.de<br />

Zurrschienen.com, Tel. 07 11/<br />

45 99 97 16, www.zurrschienen.com<br />

ABUS ZURRGURTE<br />

Bei Polo kommen Abspanner voll auf ihre Kosten. Denn die Shopkette<br />

bietet exklusiv ein besonders reichhaltiges Sortiment von<br />

ABUS-Zurrgurten an wie z. B. das Viererset mit Klemmschlössern<br />

(19,99 Euro), einen Fünf-Meter-Zurrgurt mit Ratsche und gummierten<br />

S-Haken (12,99 Euro) oder der sechs Meter lange Ratschengurt<br />

mit C-Haken (29,99 Euro). Natürlich geprüft nach EN 12195.<br />

POLO LENKERHALTERUNG<br />

Nahezu baugleiche Transportsicherung<br />

für den Lenker<br />

wie das Modell von Racefoxx.<br />

Auch hier sorgt eine Fleece-<br />

Ummantelung für einen möglichst<br />

kratzfreien Kontakt<br />

zu empfindlichen Lackteilen<br />

wie dem Tank. Der Preis ist mit<br />

14,95 Euro nahezu identisch.<br />

Anders als beim Oxford Wonderbar<br />

müssen die notwendigen<br />

Ratschengurte separat<br />

gekauft werden. Eine große<br />

Auswahl dazu bietet Polo<br />

„made in Germany“ von ABUS<br />

an (siehe links).<br />

HEIN GERICKE TRANSPORT-STÄNDER<br />

Nicht nur oberflächlich betrachtet nahezu tupfengleiche<br />

Vorderradwippe wie die<br />

von Detlev Louis. Auch beim Zusammenbau<br />

zeigen sich die gleichen<br />

Probleme (Montage nur unter<br />

Spannung, scheppernde<br />

Mechanik).<br />

Die Oberflächengüte<br />

ist weit von<br />

62 KAUFBERATUNG<br />

den High-End-Wippen<br />

in dieser Übersicht<br />

entfernt. Dafür lockt<br />

wie beim Louis-Pendant<br />

der günstige Preis: 59,95 Euro<br />

kostet der Gericke-Ständer. Und bietet<br />

noch zwei Laschen mehr, mit denen<br />

die Wippe im Boden verankert wird.<br />

3/<strong>2016</strong>


JAHRES-/GESCHENKABO<br />

26 Ausgaben <strong>MOTORRAD</strong><br />

+ Clubmitgliedschaft<br />

+ Mannesmann Werkzeugbox<br />

= NUR 95,90 €<br />

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Brüder Mannesmann bietet Ihnen alle<br />

wichtigen Werkzeuge übersichtlich<br />

sortiert in einem Koffer aus stabilem<br />

Stahlblech. Mit allen gängigen Schraubwerkzeugen<br />

und Feinmechaniker-Zangen.<br />

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26 x <strong>MOTORRAD</strong><br />

Das Geschenk als Dankeschön<br />

1 zusätzliche Ausgabe<br />

GRATIS bei Bankeinzug<br />

Clubmitgliedschaft über 12 Monate mit vollem<br />

Zugriff auf das Club-Portal motorrad-helden.de.<br />

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<strong>MOTORRAD</strong> Aboservice,<br />

70138 Stuttgart<br />

Tel. +49 (0) 711 - 320 688 99<br />

Fax +49 (0) 711 - 182 255 0<br />

www.motorrad-helden.de/abo<br />

motorrad@dpv.de<br />

Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 70162 Stuttgart.<br />

Registergericht Stuttgart HRA 9302. Geschäftsführer: Dr.<br />

Volker Breid, Norbert Lehmann. Vertrieb: Belieferung,<br />

Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher<br />

Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp (Vorsitz), Heino<br />

Dührkop, Dr. Michael Rathje, Düsternstraße 1, 2<strong>03</strong>55 Hamburg,<br />

als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />

GLEICH AUSFÜLLEN UND ABO BESTELLEN<br />

JA, ICH MÖCHTE <strong>MOTORRAD</strong> IM ABO<br />

selbst lesen.<br />

Best.-Nr. 1440485<br />

verschenken.<br />

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Ich bestelle bzw. verschenke <strong>MOTORRAD</strong> zum Jahresabopreis von zzt. nur 95,90 € (A: 109,– €; CH:<br />

192,– SFr.; weitere Auslandspreise auf Anfrage) für 26 Ausgaben. Gratis dazu erhalte ich (bzw. der<br />

Schenker) die Mannesmann Werkzeugbox nach Zahlungseingang der Abogebühr. Nach Ablauf des<br />

Bezugszeitraums kann ich jederzeit mit Geld-zurück-Garantie kündigen. Das Geschenkabo endet<br />

nach einem Jahr automatisch.<br />

MEINE PERSÖNLICHEN ANGABEN: (bitte unbedingt ausfüllen)<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Nr.<br />

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Geburtsdatum<br />

Ort<br />

1 9<br />

Telefon<br />

Das Geschenkabo soll beginnen am:<br />

E-Mail<br />

ICH BEZAHLE PER BANKEINZUG UND ERHALTE EINE GRATIS-AUSGABE:<br />

BIC<br />

IBAN<br />

Bankinstitut<br />

Ich zahle per<br />

Rechnung.<br />

SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige die DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Düsternstr. 1-3,<br />

2<strong>03</strong>55 Hamburg, Gläubiger-Identifi kationsnummer DE77ZZZ00000004985, wiederkehrende Zahlungen<br />

von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die<br />

von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die<br />

Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend<br />

mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit<br />

meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />

ICH VERSCHENKE <strong>MOTORRAD</strong> AN: (nur beim Geschenkabo auszufüllen)<br />

Name, Vorname<br />

Ja, ich möchte auch von weiteren Inhalten, Vorabnachrichten, Themen und Vorteilen profi tieren.<br />

Deshalb bin ich damit einverstanden, dass mich Motor Presse Stuttgart und ihre zur Verlagsgruppe Verlagsgarantie: Sie können die Bestellung binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen.<br />

Die Frist beginnt an dem Tag, an dem Sie die erste bestellte Ausgabe erhalten, nicht jedoch vor<br />

gehörenden Unternehmen Rodale-Motor-Presse GmbH & Co. KG und Verlagsgesellschaft Stuttgart<br />

mit ihren Titeln künftig per Telefon und E-Mail über weitere interessante Medienangebote informiert. Erhalt einer Widerrufsbelehrung gemäß den Anforderungen von Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur<br />

Dieses Einverständnis kann ich jederzeit per eMail an widerruf@dpv.de widerrufen.<br />

Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige Absenden Ihres eindeutig erklärten Entschlusses, die<br />

Bestellung zu widerrufen. Sie können hierzu das Widerrufs-Muster aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB<br />

Datum/Unterschrift<br />

nutzen. Der Widerruf ist zu richten an: <strong>MOTORRAD</strong>, Aboservice, Postfach, 70138 Stuttgart, Telefon:<br />

+ 49 (0) 711 320 688 99, Telefax: +49 (0) 711 182 255 0, E-Mail: motorrad@dpv.de<br />

Straße, Nr.<br />

PLZ<br />

Ort<br />

Club powered by<br />

Club-Partner:<br />

Jeder Leser eines Abonnements von <strong>MOTORRAD</strong>, PS, <strong>MOTORRAD</strong> Classic oder FUEL und jeder Teilnehmer einer Reise oder eines Trainings des <strong>MOTORRAD</strong> action teams wird automatisch Mitglied im Club der<br />

<strong>MOTORRAD</strong>-HELDEN. Und mit dem individuellen Clubausweis öffnet sich die ganze Vorteilswelt von www.motorrad-helden.de und der Club-Partner.


G<br />

B<br />

E<br />

E<br />

B<br />

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U<br />

C<br />

N<br />

H<br />

G<br />

BMW<br />

F 650/700 GS<br />

„GS“ steht für<br />

Gelände/Straße,<br />

das weiß man mittlerweile. Und „F“ für „Fahranfänger“? Sicherlich nicht, aber die gutmütige<br />

Zweizylindermaschine mit versteckten 800 Kubik übt in der Tat starke Reize auf Einsteiger aus.<br />

Von Thorsten Dentges; Fotos: markus-jahn.com<br />

T<br />

-<br />

Für das Modelljahr <strong>2016</strong> gibt es die F 700 GS mit fünf(!) Sitzhöhen.<br />

Von 765 bis 860 Millimeter, da sollte für jedermann<br />

und jede fahrende Lady was dabei sein. Vier Sitzbankvarianten<br />

sowie eine Fahrwerkstieferlegung machen es möglich.<br />

„Sonderausstattung ab Werk“ heißt die Umschreibung für Aufschlag<br />

auf den recht günstigen Basispreis. Das war schon bei der<br />

Erstauflage der Zweizylinder-Straßenenduro F 650 GS im Jahr<br />

2008 so. Einstandspreis: nur 7800 Euro. Aber ohne ABS,<br />

Hauptständer und sonstige Ausstattungen. Mit lag man<br />

schnell über 9000 Euro. Auch damals gab es schon einen<br />

Tieferlegungssatz und eine flachere Zubehör-Sitzbank,<br />

um die Sitzhöhe von serienmäßig 820 Millimeter auf<br />

790 zu senken. Man – oder eher frau – nutzte diese Option<br />

gerne. Insbesondere etwas unsichere Einsteiger fühlen sich auf<br />

dem schlanken, nur etwas über 200 Kilo schweren Motorrad<br />

wohl, weil es schon auf der ersten Probefahrt wunderbar<br />

leicht zu beherrschen ist. Dieses Allroundgerät überzeugt.<br />

Understatement, nicht nur beim Preis, hieß generell das<br />

Konzept. Auch beim Hubraum wurde bewusst untertrieben:<br />

Die echten 798 Kubikzentimeter Hubraum wurden<br />

zunächst hinter der Modellbezeichnung „650“ versteckt,<br />

ab dem Update-Modell 2013 hieß die Maschine F 700 GS.<br />

Einsteiger sind mit der Leistung von 71 respektive 75 PS<br />

(bei der 700er) nie überfordert, und einfache Ausstattung<br />

und mitunter lieblose Verarbeitung werden mit sehr hoher<br />

Zuverlässigkeit und klasse Fahrleistungen gekontert.<br />

Somit gelten 650er und 700er als gute Gebraucht-Deals,<br />

zumal etwaiges Zubehör dann meist inklusive ist.<br />

IM DETAIL<br />

Tests in <strong>MOTORRAD</strong><br />

21/2008 (TT), 20/2011 (VT), 1/2012 (VT), 15/2012<br />

(VT 650er gegen 700er), 19/2013 (VT 48 PS)<br />

TT = Top-Test, VT = Vergleichstest;<br />

Artikel-Download unter www.motorradonline.de/ekiosk<br />

Man sieht, dass man<br />

nichts sieht – vorn<br />

bremst nur eine Scheibe.<br />

Auch Gussräder und<br />

einfache Telegabel sind<br />

Teil der Sparausstattung<br />

der Zweizylinder-650er<br />

Der Bordcomputer<br />

(das Digitalpanel auf<br />

der rechten Seite), sehr<br />

informativ, kostet extra.<br />

Serienmäßig ist nur das<br />

Doppelpack analoger<br />

Tacho/Drehzahlmesser<br />

Anders als bei den Straßen-F<br />

800 R umfasst ein<br />

Gitterrohrrahmen aus<br />

Stahl den kompakten<br />

Twin. Mit schmaler Taille<br />

sorgt er für guten Stand<br />

auf dem Boden<br />

Leicht geänderte Ziffernblätter,<br />

die etwas<br />

dynamischer wirken,<br />

ansonsten ist bei der<br />

ab 2013 angebotenen<br />

700er im Cockpit alles<br />

gleich geblieben<br />

Echter Zugewinn: Die<br />

Doppelscheibenbremse<br />

mit ABS bietet bei Vollbremsungen<br />

und anderen<br />

harten Belastungen<br />

mehr Sicherheit als die<br />

Singlescheibe zuvor<br />

64 GEBRAUCHTBERATUNG<br />

3/<strong>2016</strong>


BESICHTIGUNG<br />

Die laut Hersteller „einsteigerfreundliche Allround-Reiseenduro“<br />

ist gegenüber der F 800 GS<br />

etwas stärker auf Straßenbetrieb ausgelegt. Das<br />

wirkt sich positiv auf die Haltbarkeit aus, denn<br />

der F 650/700 GS bleiben strapaziöse Geländegänge<br />

meist erspart. Werkstätten stufen die<br />

Zweizylinder-BMW als problemlos ein. Aber auf<br />

das Lenkkopflager sollte man achten. Dieses<br />

kann je nach Fahrweise und Belastung schon<br />

mal nach 10 000 Kilometern hin sein. Ist das<br />

Motorrad bereits durch mehrere (Einsteiger-)<br />

Hände gegangen, sind verschlissene Kettensätze,<br />

Reifen und Bremsbeläge sowie Kratzer und<br />

unschöner Lack keine Seltenheit. Als wertsteigernd<br />

gelten Koffersätze und das Tieferlegungskit<br />

aus dem Originalzubehör (Umbau kostet ca.<br />

1200 Euro). Das Kit mit modifizierter Gabel und<br />

neuem Federbein erlaubt bauartbedingt keinen<br />

Hauptständer. Ist trotz Tieferlegung einer zu<br />

entdecken, handelt es sich um ein fremdes Kit,<br />

das in der Regel nicht so gut funktioniert.<br />

MARKTSITUATION<br />

Die Nachfrage sowohl nach der 650er als auch nach der 700er<br />

ist hoch. Unter den Interessenten befinden sich überdurchschnittlich<br />

viele Anfänger und Wiedereinsteiger. Einige Billigangebote<br />

locken schon unter 4000 Euro. Dabei handelt es<br />

sich aber oft um Exemplare mit Laufleistungen über 50 000<br />

Kilometern von Privatanbietern, die bereits öfters den Besitzer<br />

oder die Besitzerin gewechselt haben und die technisch in<br />

teils fragwürdigem Zustand sind. Ist zwar eher selten, aber<br />

trotzdem checken: Ist ABS mit an Bord oder wurde ursprünglich<br />

auf dieses aufpreispflichtige Extra verzichtet? Nachweislich<br />

gut (in der Werkstatt) gewartete und gepflegte 650er-Maschinen aus zweiter oder dritter Hand mit weniger als 40 000<br />

Kilometern sind eher erst ab 5500 Euro erhältlich, das Gros wird um 6500 Euro gehandelt. Die etwas stärkere 700er gilt weniger<br />

als „Mädchenmotorrad“ und wird auch von Fortgeschrittenen gesucht. Ihr Einstandspreis als neuwertige Gebrauchte mit<br />

weniger als 10 000 Kilometern liegt selten unter 7500 Euro.<br />

Preisniveau in Euro Baujahre km-Stand<br />

Niedrig4000–5500 2008–2010 20 000–60 000<br />

Mittel5600–7500 2008–2013 5000–40 000<br />

Hoch7600–8500 2013–2015 unter 7500<br />

Modell im Programm Verkäufe*<br />

F 650 GS 2008–2012 7349<br />

F 700 GS 2013 bis heute 4439<br />

▸ Verfügbarkeit am Markt: sehr hoch<br />

* Stand Dezember 2015<br />

Internet<br />

Fansites: www.gs-forum.eu<br />

(dort eigene Unterrubriken<br />

für Modellfans), www.<br />

f800-forum.de (dort auch<br />

Infos zur 650er/700er)<br />

Ob 650er (im Bild vorn) oder 700er: gleicher Hubraum<br />

TECHNISCHE DATEN<br />

MOTOR<br />

Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-<br />

Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder,<br />

Trockensumpfschmierung, Einspritzung,<br />

geregelter Katalysator, mechanisch betätig<br />

te Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe,<br />

O-Ring-Kette.<br />

Bohrung x Hub<br />

82,0 x 75,6 mm<br />

Hubraum 798 cm³<br />

Nennleistung<br />

55,0 kW (75 PS) bei 7300/min<br />

Max. Drehmoment77 Nm bei 5300/min<br />

FAHRWERK<br />

Gitterrohrrahmen aus Stahl, Telegabel,<br />

Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein,<br />

direkt angelenkt, verstellbare<br />

Federbasis und Zugstufendämpfung,<br />

MODELLPFLEGE<br />

2008 Neues Modell F 650 GS mit Zweizylindermotor<br />

wird parallel zum Einzylindermodell<br />

gleichen Namens und zeitgleich<br />

mit der ebenfalls neuen F 800 GS angeboten,<br />

die über den gleichen, aber etwas<br />

leis tungsstärkeren Motor verfügt. Der Paralleltwin<br />

mit 798 cm³ Hubraum leistet in<br />

der F 650 GS nur 71 statt 85 PS, dafür liegt<br />

das Gesamtgewicht etwa 10 kg unter dem<br />

der 800er. Weitere prägnante Unterschiede:<br />

einfache Telegabel statt Upside-down-<br />

Gabel, Guss- statt Drahtspeichenräder.<br />

Preis: 7800 Euro. Aufpreispflichtig: ABS<br />

(710 Euro), Heizgriffe (195 Euro), Bordcomputer<br />

(145 Euro), Hauptständer (110 Euro).<br />

Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse<br />

hinten, ABS.<br />

Alu-Gussräder 2.50 x 19; 3.50 x 17<br />

Reifen 110/80 19; 140/80 17<br />

MAßE + GEWICHTE<br />

Radstand 1562 mm, Lenkkopfwinkel 64,0<br />

Grad, Nachlauf 95 mm, Federweg v./h.<br />

170/170 mm, Sitzhöhe* 830 mm, Gewicht<br />

vollgetankt* 218 kg, Tankinhalt 16 Liter.<br />

MESSUNGEN<br />

(<strong>MOTORRAD</strong> 18/2012)<br />

Höchstgeschwindigkeit**<br />

Beschleunigung 0–100 km/h<br />

(F 700 GS, Modelljahr 2013)<br />

192 km/h<br />

4,3 sek<br />

Durchzug<br />

60–100 km/h 4,6 sek<br />

Verbrauch 3,9 l/100 km (Landstraße)<br />

* <strong>MOTORRAD</strong>-Messungen; ** Herstellerangabe<br />

2010 Sondermodell „30 Years GS“ mit<br />

Dreifarb-Dekor, Handprotektoren, Motorschutz,<br />

höherem Windschild, roter Sitzbank.<br />

Preis: 8440 Euro.<br />

2011 Sondermodell mit Vorderradkotflügel<br />

und Windschild wie BMW F 800 GS.<br />

Preis: 8335 Euro.<br />

2013 Neue Modellbezeichnung: F 700 GS.<br />

Leistung nunmehr 75 PS, ABS serienmäßig,<br />

Doppelscheibenbremse vorn, Verkleidungsteile,<br />

Windschild und Armaturen<br />

neu, Einstellung der Federbasis hinten<br />

über verbessertes Handrad. Neue Sonderausstattung:<br />

automatische Stabilitätskontrolle<br />

(ASC) und elektronische Fahrwerksanpassung<br />

(ESA). Preis: 8750 Euro.<br />

<strong>2016</strong> Modellvariante „Style 1“ mit rotem<br />

Rahmen, Handprotektoren und Aufsatzspoiler.<br />

Preis: 9100 Euro.<br />

www.motorradonline.de GEBRAUCHTBERATUNG 65


BMW<br />

F 650 GS<br />

E<br />

Weitere Testberichte<br />

zu diesem<br />

Motorrad<br />

finden Sie hier:<br />

motorradonline.de/f650gs<br />

Gegenüber der teureren 800er-Schwester wirkt<br />

der F 650 GS-Twin deutlich zierlicher und niedriger.<br />

Optimal, wenn man bodenständig bleiben möchte<br />

DIE WETTBEWERBER<br />

Angebote zu<br />

diesem Motorrad<br />

finden Sie<br />

hier:<br />

motorradonline.de/<strong>2016</strong><strong>03</strong>066<br />

BMW F 650 GS Die Einzylindermaschine<br />

leistet immerhin 50 der 60-PS-V2, ähnlich gutmütig<br />

Honda Transalp 700 Kubik, soli-<br />

PS. Topgepflegte Exemplare der und reiselustig wie die kleine<br />

letzten Modelljahre 2007/2008 BMW GS, aber gebraucht deutlich<br />

günstiger: ab 3500 kosten noch gut 4000 Euro<br />

Euro<br />

Kawasaki Versys Scheckheftgepflegte<br />

Gebrauchte ab 2007 mit<br />

ABS und weniger als 40 000 Kilometern<br />

um 3000 Euro – das 64-<br />

PS-Bike bietet guten Gegenwert<br />

Suzuki V-Strom 650 Seit 20<strong>03</strong><br />

überzeugt die langlebige Zweizylindermaschine<br />

(67 PS) mit<br />

toller Fahrdynamik. Riesiges<br />

Angebot bereits ab 2500 Euro<br />

Demnächst in der <strong>MOTORRAD</strong>-Gebrauchtberatung<br />

in Ausgabe 04/<strong>2016</strong> in Ausgabe 05/<strong>2016</strong><br />

Supersportler<br />

ab 2000 Euro<br />

Vorschau ohne Gewähr, die Redaktion behält sich Änderungen vor.<br />

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Seite 76<br />

Fotos: jaime de diego, fact Fotos: Bilski, fact, Jahn (2)<br />

66 GEBRAUCHTBERATUNG<br />

3/<strong>2016</strong>


TRAININGS-TERMINE <strong>2016</strong><br />

KURVENSCHULE<br />

» Baden Airpark 02.05. – 04.05. 349 €<br />

» Hockenheim 13.05. 349 €<br />

» Boxberg 11.06./12.06. ab 369 €<br />

» Bilster Berg 10.07. – 11.07. 699 €<br />

» Bilster Berg 20.08. – 21.08. 699 €<br />

TRAINING-SPECIALS<br />

» Fahrdynamiktraining<br />

Boxberg 11.06./12.06. 369 €<br />

» PS-VIP-Fahrertraining<br />

Sachsenring 20.06. – 21.06. 699 €<br />

PERFEKTIONSTRAININGS<br />

» Nürburgring-Nordschleife 31.05. – 01.06. 1199 €<br />

» Nürburgring-Nordschleife 05.07. – 06.07. 1199 €<br />

Bei allen Trainings:<br />

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kostenlose Zeitnahme, keine Transpondermiete,<br />

Eckis Rennsportservice bei allen Renntrainings vor Ort,<br />

Streckenrundgang bei ausgewählten Trainings mit Arne Tode & Christian Kellner.<br />

SPORTFAHRER-LEHRGÄNGE<br />

» Sachsenring 20.06. – 21.06. 699 €<br />

» Bilster Berg 10.07. – 11.07. 699 €<br />

» Bilster Berg 20.08. – 21.08. 699 €<br />

RENNTRAININGS*<br />

» Nürburgring GP-Kurs 22.04. – 23.04. 429 €<br />

» Hockenheim <strong>03</strong>.06. – 05.06. ab 219 €<br />

» Sachsenring 20.06. – 21.06. 349 €<br />

» Bilster Berg 10.07. – 11.07. 419 €<br />

» Bilster Berg 20.08. – 21.08. 419 €<br />

» Sachsenring 05.09. – 06.09. 349 €<br />

ENDURO & SUPERMOTO<br />

» Hockenheim Supermoto-Wochenende 19.<strong>03</strong>. – 20.<strong>03</strong>. 150 €<br />

» Villars (FR) Offroad-Camp 05.05. – 06.05. 250 €<br />

» Schlüchtern Enduro-Wochenende 25.06. – 26.06. 70 €<br />

» Odenheim Enduro-Wochenende 30.07. – 31.07. 70 €<br />

» Kleinhau Enduro-Wochenende 08.10. – 09.10. 70 €<br />

Club-Partner:<br />

Name:<br />

Mitgliedsnummer:<br />

Max Mustermann<br />

1234 5678 9123<br />

PROGRAMM JETZT GRATIS BESTELLEN: <strong>MOTORRAD</strong> ACTION TEAM, 70162 STUTTGART<br />

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PARTNER:<br />

<strong>2016</strong><br />

HELDEN-Clubmitglieder erhalten<br />

bei zahlreichen Trainings<br />

einen Frühbucherrabatt bis<br />

zum 29. Februar <strong>2016</strong>.<br />

SPONSOREN:


3/<strong>2016</strong><br />

Foto: Daniel Lengwenus<br />

78<br />

Kanada: Dempster Highway<br />

Nur die Härtesten kommen durch: Michael<br />

Martin fährt mit der GS bei minus 40 Grad<br />

durch den Norden Kanadas über die zugefrorene<br />

Ice Road bis zum Nordpolarmeer.<br />

88 Motorradtransporte<br />

Spedition, Auto-Zug, Schiff oder Lufttransport?<br />

Wie bekomme ich mein Motorrad<br />

in attraktive Zielgebiete? Alles über Motorradtransporte<br />

in Europa und weltweit.<br />

92<br />

Der alte Mann und das Gör<br />

Neulich in Bolivien: Eine junge Reisenovizin<br />

fährt gemeinsam mit einem Globetrotter<br />

dieselbe Strecke. Dank Perspektiv-Wechsel<br />

erleben sie völlig unterschiedliche Dinge.<br />

Arturo Magni: Lebens-Rückblick<br />

Als Vermittler zwischen Ideen und Realisierung<br />

schrieb der italienische Motoren- und<br />

Fahrwerk-Guru Motorrad-Renngeschichte.<br />

102<br />

www.motorradonline.de<br />

LEBEN 77


SERIE<br />

Michael Martins Motorrad-Abenteuer, Teil 7:<br />

Winter auf dem Dempster Highway<br />

78 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


ICE ROAD<br />

DURCH KÄLTE UND EIS<br />

Es soll ja Motorradfahrer geben, denen Frost<br />

eher behagt als Sommertemperaturen. Für solche<br />

Naturen ist der winterliche Norden Kanadas mit<br />

dem Dempster Highway und der Ice Road eine spektakuläre<br />

Gegend. Michael Martin hat sie überlebt.<br />

Von Michael Martin; Fotos: Michael Martin, Thilo Moessner, Jörg Reuther<br />

www.motorradonline.de<br />

LEBEN 79


Ein Großteil des unbefestigten Dempster<br />

Highways führt durch Nadelwald<br />

Das 1000-Seelen-Nest Tuktoyaktuk liegt<br />

am Ende der Ice Road. Hier leben Inuit<br />

Bis heute spannen viele Inuit ihre Hunde<br />

vor den Schlitten, wenn sie auf Jagd gehen<br />

SPIKES<br />

FÜR DAS ÜBERLEBEN AUF DEM EIS<br />

80 LEBEN


Rasthaus „Eagle Plains“: Die<br />

Truck-Motoren laufen bei Wartezeiten<br />

tagelang. Stellt man sie<br />

ab, versulzen die Dieselleitungen<br />

Kanada: Dempster Highway<br />

Don’t come, we have a blizzard“,<br />

warnt mich die Chefin vom<br />

„Eagle Plains“, dem ersten Rasthaus<br />

nach 410 Kilometern auf<br />

dem kanadischen Dempster Highway, am<br />

Telefon. Ich habe besser gar nicht erst erwähnt,<br />

dass ich den „Dempster“ mit dem<br />

Motorrad befahren möchte. Inspiriert hatte<br />

mich ein Buch der deutschen Reisejournalistin<br />

Doris Wiedemann, die den Dalton Highway<br />

in Alaska mit dem Motorrad im Winter<br />

befahren hat. Doch der Dempster Highway<br />

ist nicht nur länger, sondern auch einsamer,<br />

außerdem nicht geteert. Es ist die<br />

einzige Straße Kanadas, die den Polarkreis<br />

überquert. Wir haben ausgerechnet eine<br />

besonders kalte Phase im Februar erwischt.<br />

Am Morgen des Aufbruchs in Dawson City<br />

wird das Thermometer schwer vorstellbare<br />

minus 46 Grad Celsius anzeigen.<br />

Aber noch ist es nicht so weit, erst<br />

einmal muss meine 1200er-GS ernsthaft<br />

winterfest gemacht werden.<br />

Wir haben das Motorrad mit einem Pickup<br />

von Anchorage in Alaska nach Dawson<br />

City am Yukon gebracht. In einer beheizten<br />

Werkstatt bestücke ich die Stollenreifen mit<br />

mehr als Hundert eindrehbaren Spikes. Man<br />

könnte noch weitere Maßnahmen ergreifen,<br />

wie spezielles Motoröl oder eine besonders<br />

kälteresistente Batterie. Doch dafür ist mei­<br />

LEBEN 81


DIE INUIT<br />

LEBEN GUT MIT DER EXTREMKÄLTE<br />

82 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


Kanada: Dempster Highway<br />

ne Zeit auf dem Dempster Highway zu<br />

kurz, als dass sich der beträchtliche Aufwand<br />

lohnen würde.<br />

Ich ziehe aber eine beheizbare Weste<br />

und eine beheizbare Unterhose unter<br />

die Daunenkleidung und lege in die arktis-tauglichen<br />

Stiefel beheizbare Sohlen<br />

ein. Die Stromversorgung erfolgt über<br />

die Motorradbatterie beziehungsweise<br />

bei den Sohlen über externe Akkus.<br />

Dann rolle ich die ersten Meter durch<br />

die Wildwest-Kulisse von Dawson City<br />

und stürze gleich mehrfach. Autofahrer<br />

schütteln den Kopf, auch mir erscheint<br />

mein Vorhaben, den Dempster Highway<br />

im Winter mit dem Motorrad zu befahren,<br />

in diesem Moment völlig absurd.<br />

Doch zum Glück werde ich auf der<br />

Eisstraße nicht allein unterwegs sein.<br />

Meine Freunde Jörg Reuther und Thilo<br />

Moess ner werden mich aus Sicherheitsgründen<br />

im winterfesten Geländewagen<br />

begleiten. An einem sonnigen Morgen<br />

brechen wir in Dawson City auf, etwas<br />

außerhalb knickt der Dempster Highway<br />

Richtung Inuvik ab.<br />

Die ersten 50 Kilometer auf dem Motorrad<br />

verlaufen zu meiner Überraschung<br />

völlig problemlos. Die Temperatur ist<br />

auf minus 35 Grad gestiegen, die Sonne<br />

scheint, und anders als die Straßen von<br />

Dawson City ist der Highway hier noch<br />

frisch geräumt, sodass die Spikes gut auf<br />

der vereisten Kiesoberfläche greifen.<br />

Ich fahre nicht schneller als 50 km/h, um<br />

den Fahrtwind gering zu halten. Bereits<br />

bei dieser Geschwindigkeit sorgt der<br />

Chillfaktor dafür, dass sich minus 35 wie<br />

minus 55 Grad anfühlen. Die Piste führt<br />

durch borealen Nadelwald, der aber<br />

verschwindet, als wir in den Tombstone<br />

Mountains größere Höhen erreichen.<br />

Ab und zu schiebe ich das immer wieder<br />

vereisende Visier auf, um wenigstens<br />

kurz die Landschaft genießen zu können,<br />

welche die tief stehende Mittagssonne<br />

in schönes Licht taucht. Bald rollen wir<br />

Ein heftiger Sturm<br />

bläst Schnee durch die<br />

Richardson Mountains<br />

Auf Schneefahrbahnen nützen die Spikes<br />

recht wenig, auf blankem Eis aber sehr viel<br />

Zu kalt für den Boxer: Starthilfe auf dem<br />

Dempster durch ein Straßenbau-Fahrzeug<br />

Arktische Kälte: Die Nachttemperaturen liegen<br />

zwischen minus 41 und minus 48 Grad<br />

www.motorradonline.de LEBEN 83


Einzige Tankstelle am<br />

Dempster Highway:<br />

Tankstelle Eagle Plains<br />

Kanada: Dempster Highway<br />

wieder durch ausgedehnte Wälder, queren<br />

vereiste Flüsse und erklimmen Anhöhen,<br />

die weite Blicke über den tief verschneiten<br />

Wald bieten. Mir fallen tiefe Spuren im<br />

Schnee auf, die links und rechts der Piste in<br />

den Wald führen. Plötzlich sehe ich einen<br />

Wolf durch einen seiner gespurten Wege<br />

streifen. Wir blicken uns kurz an, dann lässt<br />

er mich in geringer Distanz passieren. Vor<br />

den im Sommer allgegenwärtigen Bären<br />

müssen wir keine Angst haben, sie befinden<br />

sich im Winterschlaf.<br />

Die Abstände zwischen den notwendigen<br />

Pausen werden am Nachmittag immer geringer.<br />

Ich merke, wie mein Körper trotz der<br />

Heizsysteme und bester, arktistauglicher<br />

Kleidung gefährlich auskühlt. Bei hereinbrechender<br />

Dunkelheit und Kilometer 175<br />

entscheide ich mich, meine Gesundheit<br />

nicht weiter zu riskieren und das Motorrad<br />

für die zweite Hälfte der Strecke bis Eagle<br />

Plains auf den Pick-up aufzuladen. Nachdem<br />

das Motorrad auf der Ladefläche festgezurrt<br />

ist, klettere ich in voller Montur ins<br />

Auto und genieße die behagliche Wärme.<br />

Das Außenthermometer des schweren, mit<br />

Spikes ausgerüsteten Geländewagens<br />

zeigt bereits wieder unter minus 40 Grad.<br />

Wir kommen nun zügig mit 80 km/h auf<br />

der vereisten Piste voran. Plötzlich macht<br />

ICE ROAD:<br />

NUR FÜR KALTBLÜTIGE PROFI-TRUCKER<br />

84 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


Das romantische Licht täuscht: Der Dempster<br />

im Winter verlangt Bikern alles ab<br />

Schützen vor Erfrierungen: wasserlose Fettcreme,<br />

Frostschutzmaske und gutes Visier<br />

Das Bremsen hat sich gelohnt: kurzer Blick<br />

auf eine seltene Luchsart am Pistenrand<br />

Dawson City am<br />

Zusammenfluss von<br />

Yukon und Klondike:<br />

Ausgangsort für den<br />

Dempster<br />

www.motorradonline.de LEBEN 85


Kanada: Dempster Highway<br />

Jörg eine Vollbremsung, er hat einen<br />

Luchs am Pistenrand entdeckt, den wir<br />

aus geringer Distanz fotografieren können.<br />

Zweimal unterbrechen wir die Fahrt,<br />

um Polarlichter zu fotografieren, dann<br />

erreichen wir gegen 21.00 Uhr das Rasthaus<br />

von Eagle Plains. Davor parken zehn<br />

Trucks mit laufenden Motoren, die Fahrer<br />

sitzen an der Bar und spielen Karten.<br />

„Der Highway ist seit drei Tagen gesperrt“,<br />

erklärt uns einer der Trucker die volle<br />

Bar. Neben den Truckern warten mehrere<br />

Inuit-Familien, dass die Sperrung des<br />

Dempster Highways im nördlichen Teil<br />

aufgehoben wird. Der Schneesturm hatte<br />

für meterhohe Schneeverwehungen gesorgt,<br />

die mit schwerem Gerät geräumt<br />

werden müssen. Ich könnte es in Eagle<br />

Plains wochenlang aushalten. Die Zimmer<br />

sind überheizt, die Dusche liefert 40 Grad<br />

warmes Wasser, das Essen ist gut und<br />

eine Satellitenschüssel sorgt für schnelles<br />

Internet. Wir haben das Motorrad vom<br />

Auto geholt und parken es in der geheizten<br />

Werkstatt, unser Auto hat eine elektrische<br />

Standheizung, die den Motor vor<br />

Frostschäden bewahrt.<br />

Am nächsten Mittag wird die Sperrung<br />

aufgehoben. Alle fahren jetzt los, auch ich<br />

auf der BMW und hinter mir die Freunde<br />

im Allradler. Bald sind die Trucks am Horizont<br />

verschwunden, denn ich kann mit<br />

dem Motorrad nicht schneller als 50 km/h<br />

fahren. Ich habe es versucht, doch die<br />

Kälte beißt einfach zu mörderisch.<br />

Nach einer Stunde Fahrt bei Sonne<br />

und minus 38 Grad erreichen wir am<br />

Polarkreis die Richardson Mountains. Der<br />

boreale Wald ist einer verschneiten Tundralandschaft<br />

gewichen, die von einem<br />

tiefblauen Himmel überspannt wird.<br />

Schöner könnte die Arktis kaum sein.<br />

Nach weiteren 60 Kilometern überqueren<br />

wir auf einem Pass die Grenze der kanadischen<br />

Provinzen Yukon und Northwest<br />

Territories. Auf der Passhöhe wird das<br />

Motorrad plötzlich von einem Sturm erfasst,<br />

der den Schnee aufwirbelt und<br />

mich Richtung Graben drückt. Doch die<br />

Schneemassen treiben so fotogen über<br />

die Berge, dass wir fotografieren müssen.<br />

Zum Glück legt sich der Sturm bald, aber<br />

wir haben zu viel Zeit mit Fotografieren<br />

verloren. Die Sonne verschwindet bereits<br />

wieder hinter den Bergen, ich bin völlig<br />

ausgekühlt und kräftemäßig am Ende.<br />

Bis zu unserem Etappenziel Inuvik sind es<br />

noch über 200 Kilometer. Es bleibt mir<br />

nichts anderes übrig, als die Maschine<br />

wieder auf den Pick-up zu laden. Dann<br />

rollen wir durch die Nacht nach Norden.<br />

Freunde hatten uns das „Arctic Chalet“<br />

in Inuvik als Unterkunft empfohlen, und<br />

wir werden nicht enttäuscht. Judi und Olav<br />

betreiben ihr Refugium mit viel Engagement<br />

und Herzblut. Der nordpolerfahrene<br />

Olav gibt uns wertvolle Tipps für die letzte<br />

Etappe über die sogenannte Ice Road nach<br />

Tuktoyaktuk. Wir verlassen Inuvik mit dem<br />

Sonnenaufgang und biegen hinter dem<br />

„Arctic Chalet“ auf die Ice Road ein. Sie<br />

folgt auf einer Länge von 178 Kilometern<br />

zunächst dem zugefrorenen Mackenzie-<br />

Fluss und führt dann über einen Arm des<br />

Arktischen Ozeans nach Tuktoyaktuk. Die<br />

spektakuläre Verbindung existiert nur zwischen<br />

Dezember und April. Sie wird von<br />

den Behörden überwacht und gilt als die<br />

längste durchgehende Eisstraße der Welt.<br />

In der übrigen Zeit ist die Inuit-Siedlung<br />

nur per Schiff oder Flugzeug erreichbar.<br />

Die Spikes des Motorrads greifen auf<br />

dem blanken Eis optimal. Wäre die Kälte<br />

nicht, könnte ich viel schneller als 50<br />

km/h fahren. Das Eis ist, wo es nicht von<br />

Schnee bedeckt ist, glasklar und hat eine<br />

Dicke von mindestens einem Meter. Ein<br />

Schild erlaubt Fahrzeuge bis 30 Tonnen<br />

Gesamtgewicht! Wir kommen gut voran,<br />

doch plötzlich ziehen Wolken auf. Vorboten<br />

des Schneesturms, vor dem uns Judi<br />

und Olav gewarnt haben. Dieser bricht<br />

zehn Kilometer vor Tuktoyaktuk über uns<br />

herein. Markierungen und das GPS leiten<br />

uns aber sicher in den kleinen Ort. Erster<br />

Anlaufpunkt an der Einfallstraße ist ein<br />

riesiger Truck, der als mobiler Laden fungiert.<br />

„The Fruitman“ steht an der Tür des<br />

Fahrerhauses. Ich parke die BMW und<br />

klettere mit steifen Gliedern die Stufen<br />

zum Laderaum hoch. Der ist gut beheizt<br />

und gefüllt mit tropischen Früchten.<br />

Ungläubig bestaune ich Ananas, Kiwis,<br />

Mangos. Eines von vielen kleinen Wundern<br />

im kalten Norden Kanadas.<br />

www.motorradonline.de/unterwegs<br />

LESEN SIE WEITER AUF SEITE 87 ▸<br />

EISKALTER<br />

SCHNEESTURM BEI BLAUEM HIMMEL<br />

86 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


Ungewöhnliche Begegnung (l.). Im Winter<br />

fährt der „Fruitman“ bis nach Tuktoyaktuk,<br />

um in seinem Truck Südfrüchte anzubieten (o.)<br />

infos<br />

Die Strecke führt durch<br />

einsame Gegenden eines<br />

großen Landes. Sie stellt<br />

hohe Anforderungen an<br />

Fahrer und Maschine, verschenkt<br />

dafür aber intensive<br />

Naturerlebnisse und<br />

Menschenbegegnungen.<br />

ALLGEMEINES: Kanada liegt<br />

auf dem nordamerikanischen Kontinent<br />

zwischen Pazifik im Westen<br />

und Atlantik im Osten. Nordwärts<br />

reicht der Staat bis hin zum Arktischen<br />

Ozean. Südlich und nordwestlich<br />

grenzt Kanada an die USA.<br />

Der Fläche nach ist Kanada hinter<br />

Russland der zweitgrößte Staat der<br />

Erde. Vor rund 12 000 Jahren wurde<br />

Kanada durch diverse Indianerstämme<br />

besiedelt, die Inuit folgten vor<br />

rund 5000 Jahren. Ab dem späten<br />

15. Jahrhundert landeten Europäer<br />

!<br />

ALASKA<br />

(USA)<br />

Anchorage<br />

Dawson<br />

KANADA<br />

Vancouver<br />

USA<br />

Kanada<br />

Hauptstadt: Ottawa<br />

Fläche: 9 984 670 km 2<br />

Gründung: 1867<br />

Währung: Kanad. Dollar<br />

Einwohnerzahl: 35 851 774<br />

an der Ostküste. Franzosen und Engländer<br />

dominierten die Kolonialisierung.<br />

Ab etwa 1600 breitete sich die<br />

Bezeichnung „Canada“ aus, die ursprünglich<br />

der Name eines Irokesendorfs<br />

war. Frankreich trat 1763 seine<br />

Kolonie an Großbritannien ab. 1867<br />

gründeten vier britische Kolonien<br />

die Kanadische Konföderation. Kanada<br />

ist ein auf dem Westminster-<br />

System basierender parlamentarisch-demokratischer<br />

Bundesstaat<br />

und eine parlamentarische Monarchie.<br />

Nominelles Staatsoberhaupt<br />

ist Königin Elisabeth II., die durch<br />

einen Generalgouverneur vertreten<br />

wird. Amtssprachen sind Englisch<br />

und Französisch. Die Unabhängigkeitsbestrebungen<br />

der Provinz Quebec,<br />

die Stellung der frankophonen<br />

Kanadier und die Rechte der indigenen<br />

Völker sind zentrale Konfliktlinien<br />

innerhalb von Staat und<br />

Gesellschaft. Die Themen Klimawandel,<br />

Umweltschutz, Einwanderung<br />

und Rohstoffabhängigkeit sowie<br />

das Verhältnis zu den USA bestimmen<br />

die öffentlichen Debatten.<br />

Reisedauer: fünf Tage<br />

Gefahrene Strecke: 1000 Kilometer<br />

USA<br />

(Alaska)<br />

Mc Carthy<br />

Eskimo Lake<br />

Richards<br />

Island<br />

Tuktoyaktuk<br />

Kittigazuit<br />

Eisstraße<br />

Inuvik<br />

8<br />

Fort Mc Pherson<br />

Tsiigehtchic<br />

N O R T H W E S T<br />

T E R R I T O R Y<br />

5<br />

Dawson City<br />

Y U K O N T E R R<br />

WISSENSWERT ZUM THE-<br />

MA <strong>MOTORRAD</strong>FAHREN:<br />

Während Kanada im Sommer ein<br />

beliebtes Reiseland darstellt, ist das<br />

Fahren im Winter speziell: Das Eindrehen<br />

von Spikes in Stollenreifen<br />

hilft auf Eis, Spezialöle und starke<br />

Batterien sind von Vorteil. Heizwäsche,<br />

-handschuhe und -stiefel sowie<br />

Fell-Lenkerstulpen schützen vor<br />

der grimmigen Kälte. Genauso wie<br />

wasserlose Fettcreme (Apotheke)<br />

und Gesichtsmaske. Antibiotika<br />

gegen Infektionen (Bronchial- und<br />

Harnwege) unbedingt mitführen. Im<br />

Sommer ist der Dempster Highway<br />

einfach zu befahren, doch die Ice<br />

Road existiert natürlich nicht. Der<br />

Bau einer ganzjährig befahrbaren<br />

Straße zum Arktischen Ozean ist im<br />

Gange. Wild zelten ist entlang der<br />

Route kein Problem, im Winter kann<br />

in Eagle Plains übernachtet werden.<br />

Das Land gilt als sicher. Für Europäer<br />

genügt der Reisepass zum Einreisen,<br />

ein Impfpass ist nicht nötig. Die<br />

eigene Maschine kann für längere<br />

Auf enthalte nach Anchorage (Alaska)<br />

oder Yellowknife<br />

(Kanada) speditiert<br />

werden (zum Beispiel:<br />

www.intime-ham.com).<br />

Eagle Plains<br />

KANADA<br />

www.motorradonline.de LEBEN 87<br />

Whitehorse<br />

I T O R Y<br />

200 km<br />

Karte: MAIRDUMONT/Claudia Werel<br />

PLANET WÜSTE: Die Reise<br />

war eine Etappe in Michael Martins<br />

weltweit angelegtem Fotoprojekt<br />

„Planet Wüste“, das aktuell im gesamten<br />

deutschsprachigen Raum<br />

als Live-Multivision, als Buch und als<br />

DVD-Edition präsentiert wird. Buch<br />

und DVD-Box können bestellt werden<br />

unter www.michael-martin.de.<br />

Eintrittskarten online unter www.<br />

michael-martin.de/tickets. Nachfolgend<br />

einige Termine seiner 150<br />

Auftritte umfassenden Tournee.<br />

TERMINE:<br />

23.01.<strong>2016</strong>: 37073 Göttingen<br />

24.01.<strong>2016</strong>: 2<strong>03</strong>55 Hamburg<br />

27.01.<strong>2016</strong>: 90762 Fürth<br />

28.01.<strong>2016</strong>: 89312 Günzburg<br />

29.01.<strong>2016</strong>: 88239 Wangen<br />

30.01.<strong>2016</strong>: 79098 Freiburg<br />

01.02.<strong>2016</strong>: 53173 Bonn<br />

02.02.<strong>2016</strong>: 69117 Heidelberg<br />

<strong>03</strong>.02.<strong>2016</strong>: 09456 Annaberg<br />

04.02.<strong>2016</strong>: 09126 Chemnitz<br />

05.02.<strong>2016</strong>: 49477 Ibbenbüren<br />

06.02.<strong>2016</strong>: 21698 Harsefeld<br />

07.02.<strong>2016</strong>: 07743 Jena<br />

10.02.<strong>2016</strong>: 64283 Darmstadt<br />

11.02.<strong>2016</strong>: 49074 Osnabrück<br />

12.02.<strong>2016</strong>: 30159 Hannover<br />

13.02.<strong>2016</strong>: 28195 Bremen<br />

14.02.<strong>2016</strong>: 51065 Köln<br />

17.02.<strong>2016</strong>: 48151 Münster<br />

18.02.<strong>2016</strong>: 47799 Krefeld<br />

19.02.<strong>2016</strong>: 52062 Aachen<br />

20.02.<strong>2016</strong>: 63263 Neu-Isenburg<br />

21.02.<strong>2016</strong>: 40210 Düsseldorf<br />

24.02.<strong>2016</strong>: 95<strong>03</strong>0 Hof<br />

Erlebenswert:<br />

die Live-Multivisionsshow,<br />

das Buch und<br />

die DVD- oder<br />

Blu-Ray-Reihe<br />

von „Planet<br />

Wüste“


Leben Motorradtransporte<br />

Beam your bike<br />

away: Für alle Reise-Vorhaben<br />

gibt<br />

es passende Motorrad-Transport-Lösungen<br />

– per (Container-)Schiff,<br />

Auto-<br />

Zug, Flugzeug, LKW<br />

oder Bike-Shuttle<br />

88 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


BIKE-<br />

BEAMER<br />

Gründe für den Transport des eigenen Motorrades gibt es<br />

reichlich. Wer im europäischen Ausland Urlaub plant und die<br />

lange Anreise auf eigener Achse scheut, kann die Dienstleistungen<br />

von Speditionen oder Autozüge in Anspruch nehmen.<br />

Die Verbringung in andere Erdteile sollte man Unternehmen<br />

mit Erfahrung in der Motorrad-Logistik anvertrauen.<br />

Von Markus Biebricher; Fotos: Archiv, In Time, Olaf Kleinknecht<br />

Motorrad-Urlaub im sonnigen<br />

Süden? Keine Lust auf oder<br />

Zeit für die verschleißträchtige<br />

Fernfahrt mit dem eigenen<br />

Bike? Dann wird die Anreise per Shuttle-<br />

Service interessant. Sie beruht auf der Geschäftsidee<br />

einer Reihe von Spediteuren<br />

oder Reiseveranstaltern, die Motorräder<br />

mit Leichttransportern samt Hängern, mit<br />

LKWs oder Kleinbussen zum Ziel zu bringen.<br />

Der Motorradfahrer fährt entweder im<br />

Bus mit oder fliegt zum Ziel. Interessant<br />

sind die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten.<br />

Darüber hinaus macht diese Variante<br />

speziell bei Gruppenreisen oder Veranstaltungen<br />

Sinn. Eine weitere Möglichkeit<br />

ist die Verladung des Motorrades auf einen<br />

Autozug. Nachdem die deutsche Bahn aus<br />

Kostengründen die meisten ihrer früher<br />

so hilfreichen Verbindungen eingestellt hat,<br />

gibt es aber in den Nachbarländern durchaus<br />

noch Möglichkeiten, das Motorrad<br />

recht weit in sonnige, südliche Gefilde bringen<br />

zu lassen. Interessant für Motorradfahrer<br />

aus dem Norden: Die Deutsche Bahn<br />

unterhält <strong>2016</strong> noch zwei Verbindungen<br />

von Hamburg nach München und nach<br />

Lörrach. An 135 Tagen im Jahr soll der Autozug<br />

mit einem Schlafwagen, fünf Liegewagen<br />

und sieben Fahrzeugtransportwagen<br />

rollen: von März bis Oktober an drei Tagen,<br />

während des übrigen Jahres ein- oder zweimal<br />

pro Woche. Hinzu kommen Sondertermine<br />

über Weihnachten und Neujahr.<br />

Alle Infos: www.dbautozug.de. 2017 will die<br />

Bahn leider auch diese Strecken einsparen.<br />

Grund: Die Nachfrage konzentriere sich<br />

auf die Sommermonate, rund 90 Prozent<br />

der 200 000 Passagiere pro Jahr seien<br />

Sommerurlauber. Und dieses fast reine<br />

Saisongeschäft könne nicht für schwarze<br />

Zahlen sorgen, so die Bahn.<br />

Doch es gibt Trost: Ein interessantes<br />

Angebot kommt von der holländischen<br />

„Treinreiswinkel“ in Verbindung mit Euro-<br />

Express. Die Niederländer schicken <strong>2016</strong><br />

von Mitte Mai bis Ende September jede<br />

Woche einen Autozug von Düsseldorf nach<br />

Verona in Italien. Das Ganze zu attraktiven<br />

Konditionen: Zum Beispiel kostet ein „Oneway-Ticket“<br />

am 21. Mai <strong>2016</strong> für eine Person<br />

samt Motorrad 148 Euro. Alle Infos unter<br />

Telefon 00 31/7 15 16 19 82 oder http://<br />

www.bahnreiseladen.de/autozug/italien/<br />

autoslaapt rein-dusseldorf-verona<br />

Österreich bietet interessante Verbindungen<br />

von Feldkirch nach Villach oder Graz.<br />

Oder von Wien beispielsweise nach Verona,<br />

Livorno, Düsseldorf oder Hamburg. Buchungen<br />

und Infos unter www.oebb.at.<br />

Es gibt sogar einen Zug (ca. 36 Stunden)<br />

von Edirne in der Türkei bis ins österreichische<br />

Villach (www.optimatours.de). Auch<br />

Frankreich unterhält ein attraktives Netz:<br />

www.b-europe.com. Verlässliche Infos über<br />

Strecken in Italien und Spanien sind momentan<br />

schwer zu bekommen und werden<br />

Gegenstand eines erneuten Artikels sein.<br />

Wer davon träumt, mit der eigenen<br />

Maschine die außereuropäischen Traumstrecken<br />

dieser Welt zu befahren, sollte eine<br />

Spedition kontaktieren. Am besten eine, die<br />

auf Motorradtransporte spezialisiert ist (siehe<br />

Firmenporträt und Kasten mit Adressen).<br />

Ein solcher Transport macht natürlich nur<br />

dann Sinn, wenn die Reise etwas länger<br />

dauern soll und eventuelle Mietgebühren<br />

für ein Motorrad im Zielgebiet die Transportkosten<br />

übersteigen würden.<br />

Luftfracht gilt als problemlose und<br />

rasche Transportmöglichkeit. Wenn die<br />

Kosten eine untergeordnete Rolle spielen,<br />

kann das Motorrad an fast jeden Ort der<br />

Welt versendet werden. Zunächst sollte<br />

man von mehreren Speditionen Angebote<br />

anfordern, denn die Art und Weise des<br />

Transportes kann so unterschiedlich ausfallen<br />

wie die Preisgestaltung. Wichtig ist, dass<br />

man bei der Anfrage die Abmessungen<br />

und das Gewicht seines Fahrzeuges kennt.<br />

Einige Unternehmen verfügen bereits<br />

über verschieden große Spezialpaletten für<br />

Motorräder, auf denen die Maschine ohne<br />

große Demontage verzurrt werden kann.<br />

Falls kein Festpreis oder ein besonderes<br />

Angebot existiert, wird der Betrag aus dem<br />

Volumengewicht der kompletten Fracht errechnet.<br />

Die Formel lautet: Länge × Breite ×<br />

Höhe (in Zentimetern) geteilt durch 6000.<br />

Dieser Wert wird schließlich mit dem Kilopreis<br />

multipliziert (size-count-formula).<br />

Dazu addieren sich die Gebühren für das<br />

Be- und Entladen, den Zoll, ein Gefahrengutachten<br />

und eine mögliche Transportversicherung.<br />

Im Zielland können am Flughafen<br />

weitere kleine Gebühren anfallen.<br />

Wer sich die Mühe macht, sein Motorrad<br />

teilweise zu zerlegen (Vorderrad und<br />

Lenker demontieren) und es mit einer entsprechend<br />

kompakten Palette oder Kiste<br />

aufgibt, kann aufgrund des geringeren<br />

Volumens Geld sparen. Tipp: Vor der Arbeit<br />

Die einfachste, aber keinesfalls günstigste<br />

Art des Lufttransportes. Motorrad auf Palette<br />

zurren, fertig<br />

www.motorradonline.de LEBEN 89


Interview Olaf Kleinknecht<br />

„Kostentransparenz ist<br />

für uns elementar“<br />

Um den Alltag eines Motorrad-Spediteurs besser verstehen<br />

zu können, haben wir Olaf Kleinknecht (Foto links), Gründer der<br />

Hamburger Spedition In Time, ein paar Fragen gestellt:<br />

Beispiel einer preisgünstigen Lösung:<br />

Teilzerlegung in selbstgebauter Holzkiste.<br />

Fertige Kisten gibt es auch bei Händlern<br />

Motorradtransporte<br />

mit dem Spediteur der Wahl eventuelle<br />

Anforderungen an die Verpackung absprechen.<br />

Man kann das Motorrad von Verpackungsunternehmen<br />

einpacken lassen<br />

oder eine Kiste selber bauen (Anleitungen<br />

gibt es im Netz). Eine gute Lösung sind<br />

mitunter auch die Transportkisten lokaler<br />

Motorradhändler, um die man sich aber<br />

frühzeitig kümmern sollte.<br />

Länder wie Australien oder Neuseeland<br />

betreiben hohen Aufwand, um Schädlinge<br />

aus ihren Ländern fernzuhalten. Kisten aus<br />

Holz werden daher samt Inhalt in einem<br />

Quarantäne-Bereich der Zielorte mit giftigem<br />

Gas behandelt. Was manche Kistenbauer<br />

zu Metallkonstruktionen greifen lässt<br />

(in denen auch immer häufiger Neumotorräder<br />

zum Händler speditiert werden). Mitunter<br />

müssen die Metallrahmen auch noch<br />

verkleidet werden, was man am besten<br />

mit Sperrholz macht. Dieses wird unter so<br />

hohen Temperaturen hergestellt, dass es<br />

den Behörden im Hinblick auf Schädlingsbefall<br />

unverdächtig erscheint.<br />

Die Seefracht gilt als günstigere Alternative<br />

zur Luftfracht. Doch meistens ist diese<br />

Variante mit erheblich mehr Arbeits- und<br />

Organisationsaufwand verbunden – und<br />

man muss auf sein Motorrad bereits sechs<br />

bis acht Wochen vor Reisebeginn verzichten.<br />

Seefracht ist mit und ohne Verpackung<br />

als Containergut möglich. In jedem Fall<br />

muss die Kiste oder das Motorrad nach<br />

Bremen oder Hamburg gebracht werden.<br />

Viele Spediteure verlangen für den unverpackten<br />

Containertransport das Abklemmen<br />

der Batterie und eine Entleerung des<br />

Tanks. Ist das Bike verpackt, helfen Speditionen,<br />

die umso teurer sind, je weiter die<br />

Abholung im Süden Deutschlands erfolgt.<br />

Wer sein unverpacktes Motorrad nicht<br />

selbst fahren will, kann auf die eingangs<br />

erwähnten Klein- oder Großtransporteure<br />

? Was waren<br />

für Euch bislang die exotischsten Liefer-Ziele?<br />

! Besonders exotisch, weil mit extremer<br />

Vorbereitung verbunden, war<br />

ein Individualtransport nach Japan.<br />

Auf der Weltkarte exotisch waren Ouagadougou<br />

und Dar Es Salaam. Durchaus<br />

exotisch war aber auch der Container<br />

voller Motorräder aus dem 11500<br />

Kilometer entfernten Wladiwostok.<br />

? Was war die größte logistische Herausforderung<br />

im Laufe deiner Experten-Karriere?<br />

! Der Transport der Motorräder<br />

einer deutschen Reisegruppe für eine<br />

Reise durch China von Schanghai nach<br />

Peking. Angefangen von der Verladung<br />

der 15 Motorräder in Exclusiv-Containern<br />

bis zur Auslösung in China sowie<br />

dem Rücktransport nach Deutschland.<br />

? Was war das skurrilste Erlebnis im<br />

Zusammenhang mit Motorrad-Transporten?<br />

! Ein Motorrad-Transport für einen<br />

deutschen Kunden nach Australien<br />

und zurück. Normalerweise Routine,<br />

doch der Kunde sprach kein Wort<br />

Englisch. Zusammen mit unserem<br />

deutsch sprechenden Partner in Australien<br />

haben wir aber vor Ort einen<br />

reibungslosen Ablauf des Transportes<br />

organisieren können, und der Kunde<br />

kam rundum zufrieden zurück.<br />

? Was war das schönste und was das<br />

schrecklichste Erlebnis?<br />

! Das schönste war für mich<br />

eine Kundin, die ihrem Freund einen<br />

aufwändigen Motorrad-Transport<br />

schenkte. Schrecklich war dagegen die<br />

Organisation eines Rücktransportes<br />

von Peru nach Deutschland. Der Kunde<br />

musste aus persönlichen Gründen<br />

seine Reise abbrechen und vorzeitig<br />

zurückkehren. Das Motorrad verblieb<br />

in Callao und die dortigen Zollbehörden<br />

wollten es nicht mehr rausrücken.<br />

Es hat mich neun Monate und zahllose<br />

nächtliche Telefonate gekostet, um das<br />

Bike aus den Fängen des peruanischen<br />

Zolls zu lösen. Wir sind nur ganz knapp<br />

einer Konfiszierung entgangen. Ungeachtet<br />

der immensen Mehrkosten hat<br />

der Kunde natürlich nur den vereinbarten<br />

Frachtpreis bezahlt.<br />

? Kannst du uns einige Ziele nennen,<br />

die richtig schnell erreichbar sind?<br />

! Der schnellste Weg von Deutschland<br />

nach New York per Schiff dauert<br />

etwa neun Tage. Im Flugzeug geht<br />

es am schnellsten per „Fly and Ride“<br />

nach Cancun/Mexiko innerhalb von<br />

drei Tagen, der Rückweg ist ähnlich<br />

schnell. Generell dauert der Rückweg<br />

aber länger als der Hinweg. So braucht<br />

ein Motorrad per Schiff nach Chile<br />

hin etwa fünf Wochen, zurück sieben<br />

Wochen. Per Flugzeug nach Chile geht<br />

es innerhalb von fünf Tagen, zurück<br />

dauert es gerne mal sieben bis 14 Tage.<br />

? Was war der teuerste Transport, den<br />

du bisher abgewickelt hast?<br />

! Das war kein Motorrad, sondern<br />

ein fünf Tonnen schwerer Dodge-<br />

Pickup, der unbedingt im Flieger von<br />

Miami nach Amsterdam musste.<br />

? Was ist deine Empfehlung an Kunden,<br />

die gerne andere Erdteile befahren möchten?<br />

! Die für mich besten Ziele sind<br />

Valparaiso in Chile und Auckland in<br />

Neuseeland. An beiden Destinationen<br />

haben wir langjährige Partner, die sich<br />

immer weit über das normale Maß<br />

hinaus um unsere Kunden kümmern.<br />

Die Infrastruktur in beiden Häfen entspricht<br />

westeuropäischem Standard.<br />

? Was ist euer meistgebuchtes Ziel?<br />

! Das ist saisonal unterschiedlich.<br />

Eine beständige Größe ist Südamerika,<br />

insbesondere Chile. Aus diesem Grund<br />

werden wir auch <strong>2016</strong> wieder unsere<br />

Sonderaktion Valparaiso auflegen.<br />

? Weißt du schon was über weitere<br />

Spezial-Angebote von In Time?<br />

! Bei Individualreisenden ist es<br />

schwierig, eine größere Anzahl von<br />

Kunden zum gleichen Zeitraum zu<br />

bündeln. Dennoch haben wir weitere<br />

Ziele für Sonderaktionen in Planung.<br />

Denkbar ist Kanada, Neuseeland oder<br />

Namibia. Wir werden auch wieder<br />

Sammelcontainer nach Chile und<br />

einen Frühbucherrabatt anbieten. Bei<br />

Buchung bis 31.<strong>03</strong>. gibt es einen Rabatt<br />

von zehn Prozent auf den Grundpreis,<br />

bei Buchung bis 30.06. fünf Prozent.<br />

90 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


Motorräder werden<br />

im Hamburger Hafen<br />

für die Seefracht im<br />

Container vorbereitet.<br />

Zunächst geht es<br />

per LKW an den Pier<br />

zurückgreifen, die mitunter<br />

einen Transport<br />

quer durch Deutschland<br />

für rund 100 Euro<br />

anbieten, wenn sie ihre<br />

jeweiligen Fahrzeuge vollbekommen.<br />

Meistens kann man in die Motorrad-<br />

Transport-Kisten auch noch Ausrüstung<br />

und Koffer integrieren, doch auch das sollte<br />

mit dem Spediteur der Wahl abgeklärt werden.<br />

Selbst wer sein Bike unverpackt einem<br />

Container anvertraut, kann eventuell Ausrüstung<br />

wie Helme, Stiefel, Kombi, Ersatzteile,<br />

Werkzeug, Reifen, Reservekanister mitliefern<br />

und auf Sitzbank, Gepäckträger oder<br />

in die Seitenkoffer packen.<br />

Kommen wir zu den Preisen: Im Rahmen<br />

eines Spezial-Angebotes der Firma<br />

In Time aus Hamburg für Valparaiso/Chile<br />

würde eine Mittelklasse-Reise-Enduro inklusive<br />

aller Gebühren (ohne Transportversicherung)<br />

mit günstigen 950 Euro für<br />

die „one way“-Passage per Containerschiff<br />

zu Buche schlagen. Flugtransporte kosten<br />

gern über einen Tausender mehr, doch die<br />

Preise variieren je nach Jahreszeit, Spedition<br />

und Anforderungen. Hier lohnt es sich,<br />

frühzeitig mit der Recherche zu beginnen.<br />

Der Preis für die Seefracht setzt sich<br />

neben den reinen Frachtkosten aus den<br />

Hafenkosten und den Ausschiffungskosten<br />

zusammen. Letztere können je nach Zielhafen<br />

500 bis 1000 Euro betragen und stellen<br />

somit den größten Posten in der Rechnung.<br />

Zusätzlich muss man im Zielland mit<br />

Zollgebühren, Steuern und Lagergeldern<br />

rechnen. Während es sich im Fall von Chile,<br />

den USA oder Australien um feste und somit<br />

kalkulierbare Beträge handelt, können<br />

besonders in Dritte-Welt-Ländern schnell<br />

diverse diffuse Schmiergeldzahlungen<br />

dazu kommen, die im Voraus kaum zu berechnen<br />

sind. Hinzu kommt der zumindest<br />

theoretische Nachteil, dass der Container<br />

in Zwischenhäfen umgeschichtet werden<br />

könnte, was die Motorräder in seinem<br />

Inneren nicht immer schont. Doch ein<br />

Risiko besteht bei jeder Art von Transport,<br />

denn auch beim Beladen des Flugzeuges<br />

Kurzporträt In Time, Hamburg<br />

Die Firma In Time wird von Olaf Kleinknecht<br />

im Jahr 1997 ins Leben gerufen.<br />

Der Gründer setzt auf den Transport<br />

von kommerziellen Handelswaren per<br />

Schiff und Flugzeug. Bereits 1998 beginnt<br />

der seit langem begeisterte Motorradfahrer,<br />

sich auf interkontinentale Motorrad-<br />

Transporte zu spezialisieren. Er kann sich<br />

neben seiner beruflichen Kompetenz im<br />

Speditionsgeschäft gut in die Sorgen und<br />

Nöte des transportunerfahrenen Kunden<br />

hineinversetzen, der sein geliebtes Motorrad<br />

fremden Menschen für einen eventuell<br />

heiklen Transport anvertrauen muss.<br />

„Es ist für unser Dienstleistungsverständnis<br />

unerheblich, ob jemand eine nagelneue<br />

BMW GS versenden möchte oder<br />

mit einer zwanzig Jahre alten Yamaha um<br />

die Welt reist. Wir nehmen jedes Anliegen<br />

ernst und behandeln jeden Transport mit<br />

derselben Sorgfalt, als wäre es unser eigenes<br />

Motorrad.“ Nur ein schönes Versprechen?<br />

Anscheinend nicht, denn In Time<br />

genießt ein gewisses Ansehen unter den<br />

Kunden, was sich durch positive Einträge<br />

in diversen Foren niederschlägt. Neben<br />

der individuellen Beratung ist für Olaf<br />

Kleinknecht die Kostentransparenz ein<br />

wichtiger Baustein, um seinen Ruf als verlässlicher<br />

Transportpartner nicht zu verlieren.<br />

Die Kunden erhalten einen Endpreis<br />

inklusive aller Nebengebühren.<br />

Nicht selbstverständlich, denn andere<br />

Anbieter lassen aus Nachlässigkeit oder<br />

Unkenntnis schon mal verschiedene Posten<br />

aus.<br />

Neben den gängigen und beliebten Destinationen<br />

in Amerika, Australien und<br />

Afrika bietet In Time auch Transportlösungen<br />

beispielsweise für Indien, die<br />

Mongolei und Nepal an. Für noch exotischere<br />

Reiseziele werden auf Wunsch individuelle<br />

Konzepte erarbeitet. Olaf Kleinknecht:<br />

„Falls wir keinen verlässlichen<br />

Partner haben oder generieren können,<br />

machen wir keine falschen Versprechen,<br />

sondern geben Tipps, wie das Motorrad<br />

sicher nach Hause kommt.“ Eine Aussage,<br />

die viele Fernreisende beruhigen dürfte.<br />

Infos und Adresse:<br />

In Time Forwarding & Courier e. K.<br />

Flughafen Frachtzentrum Geb. 148,<br />

22335 Hamburg, Telefon 0 40/59 35 92 40<br />

www.intime-ham.com<br />

kann die Palette vom Stapler kippen etc.<br />

Glücklicherweise lassen sich für fast alle<br />

Transportarten spezielle Versicherungen<br />

abschließen, die gemessen am Frachtpreis<br />

kein Vermögen kosten.<br />

Generell empfiehlt es sich, die Transport-<br />

Erfahrungen anderer Motorrad-Reisender<br />

zu berücksichtigen. In der Datenbank des<br />

bekannten Fernreise-Forums HUBB kann<br />

man gezielt nach Erfahrungsberichten<br />

suchen: www.horizonsunlimited.com/<br />

tripplan/transport/shipping.php. Die Gegebenheiten<br />

in den diversen Ländern ändern<br />

sich ständig und die besten Quellen für<br />

frische Infos sind andere Reisende. Grundsätzlich<br />

gibt es für westeuropäische Kunden<br />

einige sehr gute auf Motorrad-Transport<br />

spezialisierte Speditionen am Markt. Empfehlenswerte<br />

Adressen finden sich untenstehend.<br />

Einen Spezialisten möchten wir dieses<br />

Mal näher beleuchten: die Firma In Time aus<br />

Hamburg (siehe Kurzporträt unten).<br />

Adressen <br />

Ausgewählte Adressen von Motorrad-<br />

Speditionen/Bike-Shuttle-Services<br />

Europaweit:<br />

www.bike-on-board.de<br />

www.bikertransit.de<br />

www.bike-shuttle.com<br />

www.bayerwald-motorradtransporte.de<br />

www.bikeworld-travel.de<br />

www.CS-Conti.de<br />

www.4Motorbiker.de<br />

www.free-bike.de<br />

www.hertrans.de<br />

www.motomotion.org<br />

www.moto-cargo.de<br />

www.motorrad-trip.de<br />

www.mototransporter.de<br />

www.mtl-spedition.com<br />

www.motorrad-topguide.de<br />

www.motorradtransporte.org<br />

www.motorradtransport-haueis.de<br />

www.iloxx.de<br />

www.wallner-motorradlogistik.de<br />

www.zweiradtransport24.de<br />

International:<br />

www.bikertransit.de<br />

www.bikeworld-travel.de<br />

www.hamburg-sued.com<br />

www.dhl.de/motorradlogistik<br />

www.hellmann.net<br />

www.interfracht.de<br />

www.intime-ham.com<br />

www.leisurecargo.com<br />

www.lufthansacargo.de<br />

www.go2mbs.de<br />

www.go2uti.com<br />

www.pan-europa.de<br />

www.shipafl.com<br />

www.motorradonline.de LEBEN 91


Reise Bolivien<br />

92 LEBEN


Reif und erfahren: Daniel mit seiner 1200er GS. Jung und neugierig: Madeleine mit ihrer flinken Yamaha XT 660 R<br />

DER ALTE<br />

MANN<br />

UND DAS<br />

GÖR<br />

Erfahrener Globetrotter<br />

nimmt sich einer jungen<br />

Studentin für ihre erste<br />

Südamerika-Tour an. Ein<br />

Abenteuer an sich – und<br />

zwar für beide. Wenn das<br />

ungleiche Gespann dann<br />

noch quer durch Bolivien<br />

fährt, ist in jedem Fall für<br />

Hochspannung gesorgt.<br />

Text und Fotos von Madeleine Becker<br />

und Daniel Lengwenus<br />

Tintenschwarze Dunkelheit wird<br />

jäh zerrissen von einem gleißend<br />

hellen Lichtstrahl. Was zum Teufel<br />

ist das?!? Ein Ufo, das da gerade im<br />

bolivianischen Busch landet? Dieses grelle,<br />

stark blendende Licht scheint jedenfalls<br />

nicht von dieser Welt. Im zweiten Gang kurz<br />

über Standgas, eine Hand schützend vor<br />

den Augen, ist es gar nicht leicht, die vollbepackten<br />

Motorräder auf grobem Schotter<br />

so in der Balance zu halten. Noch ein paar<br />

blinde Meter und wir haben es geschafft,<br />

die Quelle des außerirdischen Blendwerks<br />

passiert und …<br />

Laute Rufe, irgendetwas bewegt sich<br />

im Schatten. Nur langsam gewöhnen sich<br />

die Augen und erkennen Soldaten in Camouflage-Uniformen.<br />

Ein Trupp bis auf die<br />

Zähne bewaffneter Männer zwingt uns<br />

mit vorgehaltenen Waffen zum Anhalten.<br />

In zwei Gruppen umstellen sie uns, hindern<br />

uns mit groben Berührungen daran, von<br />

unseren Motorrädern abzusteigen. Geblendet<br />

von einer in die Augen gehaltenen<br />

kräftigen Taschenlampe, sind im Umfeld<br />

nur noch Gewehrläufe zu erkennen, als die<br />

schroffe Aufforderung ertönt: „Pasaporte!“<br />

Die Jungs der Drogenpolizei sind echt<br />

schlecht drauf. Was aber schlimmer wiegt,<br />

sie sind nervös! Das überträgt sich leider<br />

auch auf die Gestellten! Und das sind wir,<br />

Madi und ich!<br />

Nachdem ich meinen Pass wieder in<br />

den Händen halte, überlassen die Soldaten<br />

mich auf dem Motorrad sitzend der Dunkelheit,<br />

die mich sofort umschließt. Nicht mal<br />

der Tankrucksack direkt vor mir ist zu sehen.<br />

Genervt möchte ich einfach losschreien …<br />

Aber als ich nach oben sehe, erstickt dieses<br />

fantastische Sternenzelt meine Wut und<br />

lässt alles ringsherum vergessen.<br />

Ach ja, Madi hinter mir wird ja immer<br />

noch verhört. Wahrscheinlich übt sie bei<br />

der Gelegenheit ein bisschen Spanisch.<br />

„Hey Madi“, rufe ich, „schau mal nach oben<br />

in diesen genialen Sternenhimmel!“<br />

LEBEN 93


„WIR KOMMEN NUR LANGSAM<br />

VORAN, TUN UNS SCHWER<br />

MIT DER PISTE UND DEN LKWS!“<br />

Neugierige Dorfjugend: An der Straßenkarte<br />

auf dem Tankrucksack sind alle interessiert<br />

Bolivien<br />

Spinnt der jetzt komplett? Ich werde hier<br />

von zehn Männern umringt, hatte gerade<br />

noch eine geladene Waffe vor dem Gesicht,<br />

und jetzt soll ich meinen Blick in den dunklen<br />

Himmel richten? Ein Soldat brüllt mich<br />

unvermittelt an: „Was macht eine 23-Jährige<br />

aus Deutschland mitten in der Nacht an<br />

der bolivianischen Grenze? Mit einem brasilianischen<br />

Motorrad, häh?“<br />

Ja, das ist allerdings eine gute Frage.<br />

Was mache ich hier eigentlich? „Haben Sie<br />

Waffen dabei?“ „Nein!“ „Haben Sie Kokain<br />

dabei?“ „Nein!“ Zwei Soldaten fummeln<br />

an mir herum und tasten mich am ganzen<br />

Körper ab! Gott sei Dank habe ich dicke<br />

Motorrad-Klamotten an. Nach einer gefühlten<br />

halben Stunde ertönt der erhoffte Satz:<br />

„Usted puede pasar!“ Wir dürfen weiterfahren!<br />

Endlich! Ich atme tief durch und schaue<br />

erleichtert nach oben.<br />

Wow! Dieser funkelnde Sternenhimmel.<br />

Er ist wirklich wunderschön.<br />

Nach dieser Befreiung laufen die 50<br />

Kilometer bis Villamontes wie schwerelos<br />

unter unseren Grobstöllern durch. Zivilisation,<br />

die erste in Bolivien, empfängt uns<br />

94 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


Wellness auf Bolivianisch: Einfach mal mit frischem<br />

Wasser das Gesicht waschen kann ja so schön sein!<br />

Das Ende einer Dienstfahrt: Nach 38 Stunden auf dem Bock hilft auch das letzte Coca-<br />

Blatt im Mund nicht mehr. Der Fahrer hatte großes Glück, dass die Böschung so sanft war<br />

mit gedämmter Straßenbeleuchtung und<br />

einem kleinen Hotel, welches nach dem<br />

gerade Erlebten wie eine Festung Schutz zu<br />

bieten scheint. Die Einfahrt in den Innenhof<br />

ist wie Eintauchen in einen Hort der Sicherheit.<br />

Erst einmal durchatmen und langsam<br />

wieder runterkommen. Am nächsten Morgen<br />

diskutieren wir, wie wir weiterfahren.<br />

Nach der Mammut etappe von über 500<br />

Kilometern, eigentlich viel zu lang für Südamerika,<br />

wird der Vormittag zur Erholungspause.<br />

Es geht ja nur bis nach Tarija, der<br />

Provinzhauptstadt, die bereits in den Ausläufern<br />

der Anden liegt, jedoch noch auf<br />

verträglichen 1873 Metern. Das sind gerade<br />

mal 240 Kilometer, die schaffen wir locker.<br />

Denkste! Wie kommt man aus einer<br />

Stadt heraus, wenn Verkehrsschilder nicht<br />

existieren, das Navi sich nicht auskennt und<br />

auch sonst keine Karten vorhanden sind?<br />

Durchfragen! Und das dauert.<br />

Der erste kleine Anstieg führt direkt steil<br />

an der Felswand entlang in einen engen<br />

Canyon. Keine Vegetation, eine kochend<br />

heiße, staubige Steinwüste, Temperaturen<br />

um die 42 Grad im Schatten.<br />

Aber kein Schatten! Nur grober Schotter<br />

auf der Piste und ein tief eingeschnittenes<br />

Rinnsal ganz weit unten in der Schlucht.<br />

Keinerlei Streckenbegrenzung. Der Camino<br />

de la Muerte, die Straße des Todes, von La<br />

Paz nach Coroico, ist berüchtigt in der<br />

ganzen Welt – und macht Angst. Das macht<br />

diese Piste von Villamontes nach Entre Rios<br />

ebenfalls. Hier in Bolivien verdienen offenbar<br />

so gut wie alle Bergstraßen das Prädikat<br />

„Straße des Todes“. Denn jeder kleine Fehler<br />

kann tödlich enden. Kein Spaß. Ich frage<br />

meine junge Begleiterin, wie es ihr geht.<br />

Die Antwort kommt aus dem Helm wie das<br />

Fauchen eines wütenden Pumaweibchens:<br />

„Fahr einfach!“<br />

Was will der jetzt schon wieder von mir?<br />

Ich habe hier genug mit mir selbst zu tun.<br />

„Lass dich jetzt bloß nicht ablenken, konzentriere<br />

dich lieber auf diese Straße!“, versucht<br />

mir meine innere Stimme zu sagen. Ich bin<br />

schon den ganzen Tag auf 180, weil er mir<br />

versprochen hat, dass es heute leichter wird<br />

zum Fahren. Und jetzt steht da ein riesiger<br />

Lkw quer. Am Abhang ist gerade noch eine<br />

Lenkerbreite Platz. Dani fährt vor, hält für ein<br />

paar Sekunden inne, gibt Gas und schafft es.<br />

Ach du meine Güte!<br />

www.motorradonline.de LEBEN 95


Immer frisch auf den Tisch: Wo gekocht wird, gibt es<br />

frittiertes Hühnchen oder frittiertes Hühnchen …<br />

Bolivien<br />

Ich atme durch, fasse meinen ganzen<br />

Mut zusammen und fahre in Schrittgeschwindigkeit<br />

am Lastwagen vorbei. Bloß<br />

nicht runterschauen. Bloß nicht! Wie weit es<br />

da wohl runtergeht? Hilfe! Noch nie habe<br />

ich in einen so garstigen Abgrund geschaut.<br />

Mindestens 300 Meter! Steil bergab. Die<br />

Schrittgeschwindigkeit, der Blick nach unten<br />

und diese riesige Angst in mir lassen das<br />

Motorrad kurz instabil werden. Ich besinne<br />

mich, gebe Gas und zische zwischen Lkw<br />

und Abgrund durch. Danach bin ich echt<br />

fertig, zittere am ganzen Körper. Aber Dani<br />

fährt schon wieder weiter . . .<br />

Die Etappe zieht sich immer länger.<br />

Wir kommen nur langsam voran, tun uns<br />

schwer mit dem Staub, den Abgründen,<br />

den rücksichtslosen Lastwagenfahrern. Sie<br />

bremsen nicht für kleinere Fahrzeuge, also<br />

sollte man stets darauf gefasst sein, ganz<br />

spontan einen Ausweichplatz ansteuern zu<br />

müssen. Überlebenswichtig, gerade dann,<br />

wenn man rechts am Abgrund fährt und<br />

die Lkws links an der Wand. Das kostet Zeit<br />

– und Kraft. Bis nach Tarija ist es heute nicht<br />

mehr zu schaffen. Zum Glück gibt es einen<br />

kleinen Ort auf halber Strecke. Und 20 Kilometer<br />

davor wirbt ein großes Plakat für<br />

das Hotel Plaza ebendort. Wir sind gerettet!<br />

Ein Ort, ein Hotel, bis zum Dunkelwerden<br />

erreichbar, was will man mehr?!?<br />

Ein Zimmer in diesem Hotel – zum Beispiel.<br />

Aber es ist leider völlig ausgebucht,<br />

etliche Bohrtrupps haben sich einquartiert.<br />

Sie suchen in diesem Teil Boliviens nach<br />

allem, was sich zu Geld machen lässt. Mineralien,<br />

Metall, Gas … Der Hotelbesitzer will<br />

nicht, dass wir in Schlafsäcken im Innenhof<br />

übernachten. Er empfiehlt uns eine Eco-<br />

Lodge, etwa zehn Kilometer flussaufwärts.<br />

Wir müssen uns sputen, es wird gleich<br />

dunkel. Im letzten Licht biegen wir mit drei<br />

vor uns fahrenden Allrad-Pick-ups von der<br />

Hauptpiste nach rechts ab in einen Feldweg,<br />

der an einer reißenden Furt endet.<br />

Mit weißer Gischt überspült das Wasser die<br />

Hauben der hochbeinigen Toyotas. Mit den<br />

Motorrädern haben wir gar keine Chance<br />

durchzukommen, da steht uns das Wasser<br />

gleich bis zum Hals! Auf der anderen Seite<br />

sehen wir in mittlerweile schwarzer Nacht<br />

die Lichter der Lodge hoch oben am Hang.<br />

Wir schnappen uns das Nötigste an Gepäck<br />

und kämpfen uns zu Fuß durch diese<br />

reißende Strömung. Mit den Motorrädern<br />

wären wir jetzt sicher schon irgendwo 50<br />

Meter weiter flussabwärts …<br />

Wieso kann es nicht einfach mal an<br />

einem Tag glattlaufen? Nach dieser Horrorstrecke<br />

will ich einfach nur noch in die Koje.<br />

Stattdessen kämpfe ich mich in dunkler<br />

Nacht mit vollem Gepäck durch sprudelndes<br />

kaltes Wildwasser. Es steht mir bis zur Hüfte,<br />

klitschnass ist gar kein Ausdruck.<br />

96 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


„WIR HÄTTEN AUF DER HAUPT-<br />

STRASSE BLEIBEN SOLLEN. DIE NEBEN-<br />

PISTEN SIND SO ANSTRENGEND!“<br />

Fruchtbar und vitaminreich: Rund um Tarija wächst alles an Obst, was des Reisenden<br />

Herz begehrt. Im Pantanal gibt es dagegen nur Sumpf. In ihm gedeihen Wasserschweine<br />

Ein Bild von einer Stadt: Auf 2800 Meter Höhe eingebettet in die grünen Anden liegt Sucre.<br />

Mit ihren vielen bestens erhaltenen Kolonialbauten ist sie die schönste ganz Boliviens<br />

Triefend stampfen wir in die Lodge. Es<br />

duftet nach Bratwurst und frischem Kartoffelsalat.<br />

Wahrscheinlich habe ich schon<br />

Halluzinationen. Aber nein, die Gäste essen<br />

das wirklich. Eine Deutsche leitet die Eco-<br />

Lodge. Ich könnte ihr die Füße küssen für das<br />

phänomenale Essen – endlich mal ein Abend<br />

ohne den ewig eintönigen Reis mit Bohnen.<br />

Von Tarija nach Potosí erwarten uns 350<br />

Kilometer wunderbare, bestens asphaltierte<br />

Kurven, genauso schön wie in den Alpen.<br />

Asphalt, besonders in gekrümmter Form,<br />

www.motorradonline.de LEBEN 97


Bolivien<br />

kann solch ein Segen sein. Wir genießen<br />

den unbeschwerten Kurvenswing. So<br />

schön die Anfahrt war, so grausam empfängt<br />

uns die nach und nach verkommende<br />

Minenstadt Potosí. Auf über 4000<br />

Metern kriegt man hier schon der Höhe wegen<br />

starke Kopfschmerzen. Und die werden<br />

noch schlimmer, wenn man begreift, mit<br />

welch primitiven Mitteln die verarmten<br />

Bergleute versuchen, aus den bereits ausgebeuteten<br />

und längst verlassenen Minen<br />

das Letzte herauszuholen. Entsprechend<br />

verhärmt geben sich die Einwohner, die<br />

Stimmung ist schlecht. Fremde sind hier<br />

nicht wirklich willkommen. Das merken<br />

wir ganz deutlich auf dem Indio-Markt.<br />

Wenn wir fotografieren wollen, werden wir<br />

beschimpft. Also nichts wie weg. Aber das<br />

sagt sich so leicht. Meine GS springt nicht<br />

an! Ausgerechnet hier!<br />

Dani schnappt sich mein Motorrad und<br />

versucht, eine Ersatz-Batterie aufzutreiben.<br />

Na toll, jetzt stehe ich alleine und verlassen<br />

mit seiner fetten GS hier herum und soll auch<br />

noch Wache spielen. Einige Bolivianer bleiben<br />

stehen und starren mich an. Haben die<br />

noch nie ’ne blonde Frau gesehen? Oder liegt<br />

es an der dicken BMW?<br />

Aber ich habe bis hierher schon Schlimmeres<br />

überstanden. Ich setze meinen bösesten<br />

Blick auf und checke das mal kurz im<br />

GS-Spiegel. Wow! Nicht schlecht, denke ich,<br />

und schaue den vielen gaffenden Männern<br />

entschlossen in die Augen. Nach einer halben<br />

Stunde „Böse-Blicke-Posen“ höre ich<br />

meine treue XT anbrausen. Daniel hat eine<br />

kleine Roller-Batterie mitgebracht. Ich traue<br />

ihr nicht viel zu, aber sie gibt alles, und tat-<br />

sächlich springt der Boxer dann auch an.<br />

Endlich können wir aus dieser gruseligen<br />

Stadt verschwinden - und meine Gesichtsmuskeln<br />

sich wieder entspannen.<br />

Was krabbelt denn da hinten so gemächlich<br />

über die vor Hitze flimmernde<br />

Straße? Bei Tempo 100 erkenne ich viel zu<br />

spät, dass es sich um eine riesige Vogelspinne<br />

handelt, der ich gerade noch ausweichen<br />

kann. In der Wirbelschleppe meiner<br />

Koffer wird das Vieh hoch in die Luft gesogen<br />

und fliegt handtellergroß ausgebreitet<br />

auf Madis Kopf zu!<br />

Frühstück mal anders: mit Kartoffeln gefüllte<br />

Empanadas mit Zwiebeln und Chilisoße<br />

„UNBESCHWERT UND FLOTT<br />

IM KURVENSWING. ASPHALT<br />

KANN JA SO SCHÖN SEIN“<br />

98 LEBEN


Aaaahhh! Eine gigantische Spinne fliegt<br />

nur zehn Zentimeter an meinem Visier vorbei.<br />

Boah, was für ein Riesenviech! So langsam,<br />

aber sicher habe ich echt genug von dieser<br />

Abenteuerreise. Erst vor drei Tagen hatten wir<br />

eine verdammt große Vogelspinne im Badezimmer.<br />

Natürlich habe ich sie erst entdeckt,<br />

als ich mir schon im Evaskostüm genüsslich<br />

den Dreck abduschen wollte.<br />

Irgendwo auf der Staatsstraße 5, eine<br />

der schwierigsten Etappen der Reise, muss<br />

ich den verlorenen Ölstopfen der GS mithilfe<br />

einer alten Shampoo-Flasche ersetzen.<br />

Während ich vor dem Zylinder knie und das<br />

grüne Plastikteil zurechtschnitze, fährt ein<br />

Lkw in knapp einem Meter Abstand an mir<br />

vorbei. Was macht der hier auf der linken<br />

Pis tenseite? Der Fahrer schläft, und zwar tief<br />

und fest. Ich laufe hinterher und schreie ihn<br />

wach, damit er die Brücke nicht nach links<br />

in den Abgrund verfehlt. Er schreckt hoch<br />

und korrigiert mit einer zuckenden Lenkbewegung,<br />

sodass es der Laster gerade noch<br />

über die Brücke schafft.<br />

Ärgerlich, jetzt müssen wir den später<br />

auch noch überholen. Und während des<br />

Bestürzende Verhältnisse: Auf diesem roten Schlamm<br />

ist Bodenkontakt nicht in jedem Fall zu vermeiden<br />

Begehrtes Nass: Im Pantanal durchziehen etliche Wasserarme das Tiefland und gestalten<br />

riesige Sumpfflächen und fruchtbares Weideland. Auch Krokodile fühlen sich hier wohl<br />

Überholvorgangs sieht man des ganzen<br />

aufgewirbelten Sandstaubs wegen rein gar<br />

nichts. Ein echter Blindflug, bis man dann<br />

endlich am Lkw vorbei ist. Soeben hat sich<br />

das Problem erledigt, der Truck rutscht laut<br />

krachend eine Böschung hinunter.<br />

„Ayuda! Ayuda! Hilfe! Hilfe“, schreie ich<br />

so laut ich kann. Wir schnappen unsere<br />

Helme und fahren zur Unfallstelle. Blutüberströmt<br />

kriecht der Fahrer aus dem Führerhaus.<br />

Die Hamsterbacken prall mit Coca-<br />

Blättern gefüllt, sagt er zu uns: „Me había<br />

dormido!“ Ja, das haben wir gesehen, dass<br />

du eingeschlafen bist. Er weint. Er ist seit 38<br />

Stunden unterwegs und braucht das Geld,<br />

um seine Familie zu ernähren. Am liebsten<br />

wäre er jetzt gestorben, seufzt er, diese<br />

Schulden kriegt er niemals abbezahlt. Hier<br />

scheint es weder Versicherungen noch geregelte<br />

Fahrzeiten zu geben. Wie es jetzt wohl<br />

für den armen Kerl weitergeht? Ich mag gar<br />

nicht dran denken. Den restlichen Tag fahre<br />

ich ganz beklommen vor mich hin.<br />

Weit hinter Santa Cruz, in der bolivianischen<br />

Tiefebene, strebt die Straße bolzengerade<br />

und gut asphaltiert gen Osten, in<br />

Richtung Brasilien. Am besten jede Tankstelle<br />

nutzen, die Entfernungen zwischen<br />

den kleinen Siedlungen sind enorm. Uns<br />

gegenüber tanken auch deutsche Bolivianer,<br />

die hier so ähnlich leben wie die Amish<br />

People in den Vereinigten Staaten: Hinten<br />

auf ihrem Pferdefuhrwerk befüllen sie eine<br />

große Tonne mit Diesel. Ein kleiner Junge in<br />

blauer Latzhose starrt Madi regungslos an,<br />

ohne mit der Wimper zu zucken. Die Szene<br />

mutet an wie aus dem Horrorstreifen „The<br />

Hills have Eyes“, in dem die Einheimischen<br />

Touristen fressen. Schnell weiter, bevor der<br />

immer weiter glotzende Bub Madi noch anknabbert.<br />

Bis in den nächsten Ort müssen<br />

wir es noch schaffen, bevor es dunkel wird.<br />

LEBEN 99


Bolivien<br />

Diese Nachfahren deutscher Kolonialisten<br />

sehen sich alle sehr, sehr ähnlich. Sie<br />

haben alle die gleiche Statur, die gleichen<br />

Gesichtszüge, und alle haben strohblonde<br />

Haare. Da werden die Gene wohl in einem<br />

ganz engen Pool zusammengehalten …<br />

Jetzt starren sie mich schon wieder alle<br />

an. Nichts wie weg hier! 80 Kilometer weiter<br />

finden wir ein nettes Hotel und nebenan ein<br />

Restaurant. Wie überall gibt es Reis und<br />

Hühnchen. Dani zuckt plötzlich zusammen,<br />

fast bleibt ihm ein Hühnerflügel im Hals stecken.<br />

Er starrt an mir vorbei und zeigt ganz<br />

still auf die Eingangstür. Oh nein, da sind die<br />

Latzhosen ja schon wieder. Die haben uns<br />

doch hoffentlich nicht wirklich verfolgt?<br />

Kann das alles nur ein dummer Zufall sein?<br />

Das ist echt mal gruselig. Unauffällig legen<br />

wir das Geld auf den Tisch und machen uns<br />

ganz flugs aus dem Staub.<br />

Haustiere mal anders: Nicht jeder bleibt<br />

beim Anblick einer Vogelspinne gelassen<br />

Wir hätten auf der Hauptstraße bleiben<br />

sollen. Nach etlichen tiefen und undurchsichtigen<br />

Wasserdurchfahrten auf roter<br />

Lehmpiste liege ich hier im Schlamm und<br />

frage mich, wie ich die Fuhre wieder aufrichten<br />

kann. Nicht mal mit den Stiefeln<br />

findet man sicheren Halt auf dieser Pampe.<br />

Während ich verzweifelt rutschend und<br />

fluchend die GS aufzurichten versuche,<br />

sucht Madi hinter mir erst mal in aller Ruhe<br />

einen Parkplatz. Typisch Frau! Nachdem<br />

ich die Kuh, damit ist ausdrücklich die GS<br />

gemeint, in einem Wutanfall mit Adrenalinschub<br />

wieder in die Vertikale gehievt habe,<br />

steht Madi neben mir!<br />

Oh Gott, wenn da der Profi schon liegt,<br />

was wird dann erst aus mir? Ich muss jetzt<br />

schnell helfen! Seitenständer raus und, oh<br />

nein, die XT rutscht mir nach hinten davon.<br />

An drei, vier anderen Stellen das gleiche<br />

Spiel. Ich kann sie einfach nirgendwo abstellen.<br />

Egal, dann lege ich sie eben hin. Jetzt<br />

schnell zu Dani und der gestrauchelten GS.<br />

Auf dieser gottverlassenen, einsamen<br />

Ruta 10 zwischen San Ignacio und San<br />

Juan kämpfen wir uns Meter um Meter<br />

durch den roten Glibber. Hinter San Matias<br />

erreichen wir völlig erschöpft endlich<br />

Brasilien. Der dunkelhäutige Grenzpolizist<br />

schaut auf mein Nummernschild und sagt<br />

auf Deutsch: „Hey, kommt ihr aus Deutschland?<br />

Willkommen in Brasilien!“ Für einen<br />

kurzen Moment fühlt es sich an, als wären<br />

wir eben nach Hause gekommen.<br />

www.motorradonline.de/unterwegs<br />

„METER UM METER DURCH<br />

DEN ROTEN GLIBBER KÄMPFEN<br />

WIR UNS NACH BRASILIEN!“<br />

100 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


Heute im Angebot: frische Coca-<br />

Blätter gegen die Höhenkrankheit<br />

Völlig unzerschmettert: Da hat der<br />

schöne Falter aber Glück gehabt<br />

infos<br />

Bolivien ist nicht einfach<br />

zu bereisen. Schwierige<br />

Pistenverhältnisse, kaum<br />

Zivilisation, wenig Luxus.<br />

Doch wer sich den Strapazen<br />

stellt, erfährt ein ursprüngliches<br />

Reiseerlebnis.<br />

ALLGEMEINES: Spanisch und<br />

sein Motorrad sollte man schon beherrschen,<br />

um dieses unverfälschte<br />

Bolivien sicher zu erfahren. Dabei<br />

hilft es, nicht zu zimperlich zu sein<br />

und auf Komfort und Luxus auch<br />

mal verzichten zu können.<br />

GELD: Da an den Geldautomaten<br />

nicht immer Geld zu bekommen<br />

ist und die Banken oft geschlossen<br />

sind, kommt man um eine ausreichende<br />

Barreserve nicht herum.<br />

Am besten eignen sich US-Dollar,<br />

die auch der Landbevölkerung<br />

bekannt sind. Den Euro kennen<br />

viele Bolivianer noch nicht.<br />

ÜBERNACHTEN: In allen<br />

Städten gibt es sowohl einfache<br />

Hostels als auch komfortable Hotels,<br />

die sogar über booking.com buchbar<br />

sind. In der Provinz wird es allerdings<br />

spannend, da stehen oft<br />

nur sehr rustikale Unterkünfte zur<br />

Verfügung, die normalerweise von<br />

einfachen Arbeitern frequentiert<br />

werden. Da kann es schon mal vorkommen,<br />

dass man ungebetene<br />

Gäs te (siehe Foto oben links) oder<br />

schmutzige Bettwäsche vorfindet.<br />

Es empfiehlt sich daher, einen<br />

Schlafsack dabeizuhaben. Für den<br />

Fall, dass man mal keine Unterkunft<br />

findet, ist ein leichtes Zelt im Gepäck<br />

kein Fehler. Allerdings kann<br />

man nicht überall gefahrlos zelten.<br />

Am besten, man wendet sich an vertrauenswürdige<br />

Personen vor Ort.<br />

San Ignacio<br />

de Velasco San Matias<br />

SANTA CRUZ<br />

DE LA SIERRA San Miguel<br />

Jesuiten Mission San Rafael<br />

Pampa Grande<br />

Chiquitos<br />

Santa Rosario<br />

BOLIVIEN<br />

Saipina<br />

Aiquile<br />

Pozo<br />

San José de<br />

del Tigre<br />

Chiquitos<br />

Quiroga<br />

Bañados del Izozog<br />

La Higuera<br />

Co. Azanaques SUCRE<br />

Che-Guevara-Denkmal<br />

Silberminen<br />

Potosi<br />

Cucho Ingenio<br />

Betanzos<br />

Padcaya<br />

Salar de Uyuni<br />

PARAGUAY<br />

Co. Tazna<br />

Villa<br />

Villamontes 150 km<br />

Abecia<br />

Chorolque<br />

El Puente Ibibobo<br />

Tarija<br />

C o r d . C e n t r a l<br />

Salinas<br />

Tariquia National Park<br />

Picada Sucre<br />

ARGENTINIEN<br />

Reisedauer: 16 Tage<br />

Gefahrene Strecke: 2200 Kilometer<br />

ANREISE: Da Bolivien ein Binnenland<br />

ist, muss die Anreise zwingend<br />

über die angrenzenden Länder<br />

erfolgen. Für die Grenzübertritte<br />

muss man in der Regel viel Geduld<br />

mitbringen, und die Papiere müssen<br />

gut vorbereitet sein. Wer mit einem<br />

gemieteten Motorrad einreist,<br />

braucht zusätzlich eine notarielle<br />

Autorisierung vom Vermieter. Die<br />

kostet etwa 100 bis 125 US-Dollar.<br />

MOTORRÄDER: Motorräder<br />

gibt es unserer Kenntnis nach nicht<br />

in Bolivien zu leihen. Die nächste<br />

Alternative befindet sich in Chile:<br />

motoaventura.cl bietet alle BMW-<br />

Enduros an, allerdings kostet schon<br />

die kleine G 650 GS etwa 130 US-<br />

Dollar am Tag. Wer sein eigenes Motorrad<br />

mitbringt, sollte besser auch<br />

den Weg über Chile nehmen, da der<br />

Zoll dort problemlos funktioniert.<br />

Die Spedition In Time aus Hamburg<br />

verschifft Motorräder von Hamburg<br />

nach Valparaíso. Die Kosten dafür<br />

liegen bei etwa 2000 Euro hin und<br />

zurück. Das Motorrad muss dafür in<br />

einer Transportkiste verpackt sein.<br />

Wer sein Motorrad nach der Tour in<br />

!<br />

BRASILIEN<br />

Caracas<br />

Atlantik<br />

PERU<br />

BRASILIEN<br />

BOLIVIEN Brasilia<br />

Sucre<br />

Pazifik<br />

CHILE<br />

PARAGUAY<br />

Santiago<br />

Buenos Aires<br />

ARGENTINIEN<br />

Bolivien<br />

Hauptstadt: Sucre<br />

Fläche: 1 098 581 km 2<br />

Gründung: 6. August 1825<br />

Währung: Boliviano (BOB)<br />

Einwohnerzahl: 10 631 486<br />

(Juli 2014)<br />

Südamerika lassen möchte, muss<br />

sich genauestens erkundigen,<br />

wie lange ein Motorrad in welchem<br />

Land bleiben darf. In den meisten<br />

Fällen werden nicht mehr als drei,<br />

höchstens aber sechs Monate erlaubt.<br />

Nur in Uruguay darf ein Motorrad<br />

offiziell für ein ganzes Jahr<br />

vorübergehend eingeführt werden.<br />

In Brasilien wird die Einfuhr gar<br />

nicht mehr dokumentiert, wenn<br />

man als Deutscher ein deutsches<br />

Nummernschild hat. Das Motorrad<br />

des Autors steht in Brasilien. Dort<br />

könnte man auch eine Yamaha XT<br />

660 für 75 Euro am Tag mieten, aber<br />

von Südbrasilien bis nach Bolivien<br />

ist es sehr weit. Genauere Infos über<br />

Miete oder Unterstellmöglichkeiten<br />

gibt es bei motoinbrasil@aol.de<br />

Karte: MAIRDUMONT/Claudia Werel<br />

Gegensätze ziehen sich an: Nach<br />

bestandenen Strapazen auf der<br />

Pis te gönnt man sich gern mal<br />

den Luxus eines schönen Hotels<br />

Mittlerweile ist schon mehr als ein Jahr vergangen. Ich denke immer<br />

wieder an Daniels Definition eines richtigen Abenteuers: „Abenteuer<br />

sind jene Situationen, in denen man nicht stecken möchte, wenn<br />

man gerade drin ist.“ Genau dieser Satz beschreibt die große Reise.<br />

Seither ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht grinsend an das<br />

größte Abenteuer meines Lebens zurückdenke. Am liebsten würde<br />

ich mein Motorrad gleich wieder bepacken und einfach losfahren.<br />

Madeleine Becker (23) aus Remchingen, Studentin der HS Calw im<br />

Masterstudiengang Mediamanagement and Public Communication<br />

www.motorradonline.de LEBEN 101


Nachruf Arturo Magni<br />

WELTMEISTER<br />

MECHANIKER<br />

Am 2. Dezember 2015 starb Arturo Magni im Alter von 90 Jahren. Von 1955 bis 1976 war er<br />

Rennleiter von MV Agusta. Weil die meisten, vor allem aber die ruhmreichsten MV-Weltmeistermaschinen<br />

durch seine Hände gegangen sind, kommt diese Bezeichnung einem Adelsprädikat<br />

gleich. Eine Würdigung des erfolgreichen Technikers.<br />

102 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


John Surtees mit der 350er-Vierzylinder bei<br />

der TT 1959. Arturo Magni hat den Tankdeckel<br />

geöffnet und den Rüssel des Kanisters<br />

zum Nachtanken angesetzt (links)<br />

Von Ralf Schneider; Fotos: Schwab, Cathcart, Giorgio Nada Editore<br />

Arturo Magni selbst beschrieb seine besondere Stellung<br />

in aller Bescheidenheit. Ein besserer Mechaniker sei<br />

er gewesen, erzählte er einst in einem Gespräch mit<br />

<strong>MOTORRAD</strong>-Korrespondentin Eva Breutel. Wichtige<br />

Entscheidungen die Renneinsätze betreffend, habe Conte Domenico<br />

Agusta, der Chef von MV, stets in glanzvoller Despotie selbst<br />

gefällt. Diese Selbsteinschätzung verschweigt vornehm die Tatsache,<br />

dass wenig erreicht und noch lange nichts gewonnen ist,<br />

wenn eine Rennmaschine frisch aufgebaut auf den Rädern steht.<br />

Die handwerkliche Umsetzung einer Konstruktion, die präzise<br />

Bearbeitung von Motor- und Fahrwerksteilen, die penible Einstellung<br />

aller Komponenten und all die Detailarbeit, die mit dem<br />

Begriff Abstimmung mehr verschleiert als beschrieben wird,<br />

oblag Arturo Magni, seit er im Jahr 1950 bei MV Agusta anfing.<br />

Als einfacher, aber wohl schon damals besserer Mechaniker.<br />

Er war zarte 25 Jahre alt. Begeisterter Erbauer von Flugzeugmodellen<br />

und italienischer Meister im Langstreckenflug in einem<br />

selbst gebauten Segelflieger, hatte Magni seine berufliche Laufbahn<br />

beim Flugzeughersteller Bestetti Aeronautica in Arcore begonnen,<br />

wo er noch während des Krieges die Motoren von Militärflugzeugen<br />

wartete. Diese stellen höchste Anforderungen an die<br />

Sorgfalt der Mechaniker, und was Magni im Umgang mit ihnen<br />

lernte, prägte ihn fürs Leben. Den letzten Schliff erhielt er, als er<br />

1947 zu Gilera wechselte, einem der ältesten italienischen Motorradhersteller,<br />

der ebenfalls in Arcore ansässig war. Für die Entwicklung<br />

eines 500er-Vierzylinder-Rennmotors suchte Ingegnere Pietro<br />

Remor ausdrücklich einen jungen Mechaniker, den er in seinem<br />

Was im oberen Foto in<br />

Sachen Motorengebrüll<br />

gerade abgeht, zeigt<br />

der mittlere Zuschauer<br />

in der Box. Links von<br />

ihm der Conte Agusta.<br />

Im Foto nebenan feiert<br />

das stolze MV-Team<br />

einen der zahlreichen<br />

Siege Giacomo Agostinis<br />

am Sachsenring<br />

Die erste 500er von MV: 1950 noch als Turismo ausgeführt.<br />

Mit Telegabel, Parallelogrammschwinge und Reibungsdämpfer<br />

1953 trug die Rennmaschine immer noch Parallelogramm, jetzt<br />

aber mit hydraulischer Dämpfung. Vorn federt eine Earles-Gabel<br />

Sinn ausbilden wollte. Die Wahl fiel auf Magni, und als Remor im<br />

Frühjahr 1950 von Gilera zu MV Agusta wechselte, zog er ihn mit.<br />

Mit leichten Modifikationen konstruierte und realisierte Remor<br />

seinen Vierzylinder für MV gleich noch einmal. Weil der Conte<br />

Agusta die neue 500er zunächst als Straßenmotorrad geplant<br />

hatte, erhielt sie einen Kardanantrieb und zur Verringerung der<br />

Kardanreaktionen eine Parallelogrammschwinge. Als Magni Jahrzehnte<br />

später Moto Guzzi-Motoren in seine Fahrwerke einbaute,<br />

nahm er diese Technik wieder auf. Die zwei Fotos der ersten<br />

MV-Vierzylinder aus den Jahren 1950 und 1953 zeigen bei genauem<br />

Hinsehen, wie viel die Techniker damals mit verschiedenen<br />

Federungssystemen, Dämpfungsvarianten, ja sogar Schaltmechawww.motorradonline.de<br />

LEBEN 1<strong>03</strong>


Vorn wird eine<br />

Anzahl von Magni-<br />

Guzzis allmählich<br />

komplettiert, während<br />

der Seniorchef<br />

sich im Hintergrund<br />

ums historische<br />

Material kümmert<br />

Nachruf Arturo Magni<br />

nismen sowie Kardan- und Kettenantrieb experimentierten. Bei<br />

all diesen Änderungen dürfen wir uns Arturo Magni am Werk vorstellen.<br />

Immer an der Nahtstelle von Idee und Verwirklichung.<br />

1966 hatte die MV-Rennmannschaft, seit 1955 unter seiner<br />

Leitung, bereits so viel Erfahrung gesammelt, dass ihre nächste<br />

Neukonstruktion einschlug wie eine Bombe: Gefahren von einem<br />

jungen Italiener namens Giacomo Agostini, gewann die neue<br />

350er-Dreizylinder-Rennmaschine mit Vierventilmotor gleich ihren<br />

ersten Grand Prix-Einsatz. Aufgebohrt auf 377, später auf 474<br />

cm³, half sie Agostini, im gleichen Jahr 500er-Weltmeister zu werden.<br />

Von da an gewann er jeden seiner MV-WM-Titel auf den ständig<br />

weiterentwickelten 350er- und 500er-Dreizylindermaschinen.<br />

Sie ist das Motorrad der goldenen Ära von MV Agusta mit<br />

350er- und 500er-Titelgewinnen in Serie, aber oft sehr langweiligen<br />

Rennen. Ungleich spannender war die Endphase des MV-Engagements<br />

in der Weltmeisterschaft, in Sachen Technik ein Gang<br />

auf einem messerscharfen Grat zwischen Sieg und Ausfall. Manchmal<br />

konnten Arturo Magni und sein Team regelrechte Raketen<br />

auf die Räder stellen. Zum Beispiel 1974 in Spa Francorchamps, als<br />

Phil Read in der ersten Runde nach einem Schiebestart mehrere<br />

Sekunden Vorsprung herausfuhr, den Rundenrekord unterbot und<br />

mit Dauerdrehzahlen von 15 000/min den schnellsten Renndurchschnitt<br />

in der Geschichte des GP-Sports schaffte. Andererseits gelang<br />

es den Technikern nicht, den Ventiltrieb der neu entwickelten<br />

Vierzylinder dauerhaft standfest zu machen und das Stempeln des<br />

Hinterrads beim Zurückschalten sowie das störrische Handling der<br />

MV zu verbessern. 1976 fuhr Giacomo Agostini auf dem Nürburgring<br />

den letzten Grand Prix-Sieg einer MV Agusta ein.<br />

Arturo Magni baute nach der Schließung der Rennabteilung<br />

in Kooperation mit dem deutschen MV-Importeur Michael Hansen<br />

und zusammen mit seinen Söhnen MV-Straßenmotorräder.<br />

Auf der Basis des alten Zweiventil-Vierzylinders entstanden<br />

Maschinen mit bis zu 1100 cm³. Später setzte er BMW-, Honda-,<br />

Suzuki- und wie erwähnt Moto Guzzi-Motoren in seine Fahrwerke.<br />

Die Rahmen wurden stets klassisch aus Stahlrohr gebaut,<br />

meist rot lackiert und besitzen eine starke Dosis MV Agusta der<br />

klassischen Ära. Das ist kein Wunder; es steckt schließlich auch<br />

eine Menge Magni in MV.<br />

Für Guzzi-Motoren<br />

(hier von einer Le<br />

Mans 3) mit Kardanantrieb<br />

griff Arturo<br />

Magni in seinen<br />

späten Jahren die<br />

Technik seines MV-<br />

Erstlings wieder auf<br />

Einige der Fotos<br />

stammen aus dem<br />

neu erschienenen<br />

Buch „MV Agusta.<br />

From 1945 to the<br />

present“ von Mario<br />

Colombo, Roberto<br />

Patrignani, Massimo Chierici. 360<br />

Seiten, Hunderte von Schwarz-Weißund<br />

Farbfotos. Mit einem Katalog<br />

aller MV-Renn- und Straßenmotorräder.<br />

Bestellungen beim Verlag<br />

Giorgio Nada Editore, Mailand,<br />

www.giorgionadaeditore.it; Preis<br />

42,50 Euro plus Versandkosten.<br />

104 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


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bin ich damit einverstanden, dass mich Motor Presse Stuttgart und ihre zur Verlagsgruppe gehörenden<br />

Unternehmen Rodale-Motor-Presse GmbH & Co. KG und Verlagsgesellschaft Stuttgart mit ihren Titeln<br />

künftig per Telefon und E-Mail über weitere interessante Medienangebote informiert. Dieses Einverständnis<br />

kann ich jederzeit per eMail an widerruf@dpv.de widerrufen.<br />

ICH BEZAHLE PER BANKEINZUG UND ERHALTE EINE GRATIS-AUSGABE:<br />

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Ich zahle per<br />

Rechnung.<br />

SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige die DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Düsternstr. 1-3,<br />

2<strong>03</strong>55 Hamburg, Gläubiger-Identifi kationsnummer DE77ZZZ00000004985, wiederkehrende Zahlungen<br />

von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die<br />

von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die<br />

Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend<br />

mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit<br />

meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />

Verlagsgarantie: Sie können die Bestellung binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen.<br />

Die Frist beginnt an dem Tag, an dem Sie die erste bestellte Ausgabe erhalten, nicht jedoch vor<br />

Erhalt einer Widerrufsbelehrung gemäß den Anforderungen von Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur<br />

Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige Absenden Ihres eindeutig erklärten Entschlusses, die<br />

Bestellung zu widerrufen. Sie können hierzu das Widerrufs-Muster aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB<br />

nutzen. Der Widerruf ist zu richten an:<br />

<strong>MOTORRAD</strong>, Aboservice, Postfach, 70138 Stuttgart, Telefon: + 49 (0) 711 320 688 99,<br />

Telefax: +49 (0) 711 182 255 0, E-Mail: motorrad@dpv.de<br />

Datum/Unterschrift<br />

Best.-Nr. 1440470<br />

Club powered by<br />

Club-Partner:<br />

Jeder Leser eines Abonnements von <strong>MOTORRAD</strong>, PS, <strong>MOTORRAD</strong> Classic oder FUEL und jeder Teilnehmer einer Reise oder eines Trainings des <strong>MOTORRAD</strong> action teams wird automatisch Mitglied im Club der<br />

<strong>MOTORRAD</strong>-HELDEN. Und mit dem individuellen Clubausweis öffnet sich die ganze Vorteilswelt von www.motorrad-helden.de und der Club-Partner.


Modellraten<br />

Die fehlenden Modellbezeichnungen auf dem<br />

<strong>MOTORRAD</strong>-Katalog sind doch für echte Kenner<br />

kein Problem. Oder?<br />

RATE<br />

MAL!<br />

Der <strong>MOTORRAD</strong>-Katalog ist das<br />

Standardwerk für Motorrad-Enthusiasten.<br />

Und gut für alle, die gerne<br />

den Überblick behalten wollen.<br />

Unter den <strong>MOTORRAD</strong>-Helden verlosen<br />

wir 15 Gratisexemplare in<br />

einem Gewinnspiel. Wer kann drei<br />

Modelle vom Titel des Katalogs<br />

korrekt benennen?<br />

Von Roman Kirschbauer<br />

Wer in Sachen Motorrad bestens<br />

informiert sein will,<br />

greift alljährlich zum MOTOR-<br />

RAD-Katalog. Die diesjährige<br />

Ausgabe versammelt auf 292 Seiten alles,<br />

was die neue Saison an Zweirädern bereithält.<br />

Der Überblick über alle in Deutschland<br />

erhältlichen Motorräder inklusive technischer<br />

Daten, Testergebnissen und einer kurzen<br />

Beschreibung ist seit Jahrzehnten einmalig.<br />

Selbst Leichtkrafträder, Roller, Elek trobikes<br />

und Pocketbikes haben wir für euch<br />

aufwendig recherchiert. Über 900 Modelle<br />

wecken dabei die Lust auf den Frühling.<br />

Darüber hinaus findet sich in diesem<br />

dicken Wälzer eine Auswahl an Tuning -<br />

Mo tor rädern, Umbauten und Custombikes.<br />

Ebenso vertreten sind das breite Angebot<br />

an sportlichen Offroad-Motorrädern sowie<br />

das Panoptikum der Gespannbauer. Ein<br />

nach Spezialgebieten geordneter Adressteil<br />

bildet das Who’s who der Motorradszene<br />

in Deutschland und den benachbarten Ländern<br />

ab. Jeder, der einen Experten zu einer<br />

bestimmten Frage sucht, wird dort fündig.<br />

Mit einem Preis von 8,50 Euro ist der Katalog<br />

eine hervorragende Investition für alle,<br />

die mehr wissen wollen. Aber es geht sogar<br />

noch preiswerter. Zumindest für Clubmitglieder.<br />

Und das sind bekanntermaßen alle<br />

Abonnenten von <strong>MOTORRAD</strong>, <strong>MOTORRAD</strong><br />

Classic und PS sowie jeder <strong>MOTORRAD</strong><br />

action team-Stammkunde (Kunden, die in<br />

den letzten drei Jahren mindestens eine<br />

Veranstaltung gebucht haben).<br />

Um umsonst an den Katalog zu kommen,<br />

geht ihr wie gewohnt auf www.<br />

motorrad -helden.de, loggt euch ein, klickt<br />

auf das Gewinnspiel und löst die Aufgabe:<br />

Wir haben auf dem Titel des <strong>2016</strong>er-Katalogs<br />

alle Modellbezeichnungen zu den dort<br />

abgebildeten Motorrädern unlesbar gemacht.<br />

Ihr müsst nur drei der Modelle richtig<br />

benennen und seid dadurch im Lostopf.<br />

Die 15 Gewinner bekommen den Katalog<br />

per Post zugeschickt.<br />

HELDEN- Infos<br />

Das lohnt sich: Entdecke immer wieder<br />

neue Möglichkeiten rund um<br />

den Club ausweis. Alle I nfos über die<br />

vielen Vorteile und aktuelle preisreduzierte<br />

Produkte, Gewinnspiele,<br />

den Zugang, die Aktivitäten, das<br />

exklusive Wissen und den Mitgliederbereich<br />

findet ihr auf<br />

www.motorrad-helden.de<br />

106 LEBEN<br />

3/<strong>2016</strong>


In der ersten Ausgabe der <strong>MOTORRAD</strong> edition dreht sich alles um den Zweiventil-<br />

BMW-Boxer. <strong>MOTORRAD</strong> begleitet dieses einzigartige Motorradkonzept seit seinen<br />

Anfängen im Jahr 1923. So sammelten sich im Archiv wahre Schätze, aus denen<br />

dieses exklusive Sonderheft zusammengestellt wurde. Testberichte, Technikhistorie,<br />

Hintergründiges, Kurioses und Skurriles. Alles in einem Heft.<br />

ACHTUNG<br />

ERSTAUSGABE.<br />

JETZT AM<br />

KIOSK!<br />

» DIREKTBESTELLUNG:<br />

<strong>MOTORRAD</strong>ONLINE.DE/SONDERHEFT


R A T G E B E R<br />

Test Batterieladegeräte<br />

WURSTKATZE<br />

Wir wissen, was Sie jetzt denken. Und Sie haben recht! Aber die Sache<br />

mit der dicken Katze und der merkwürdigen Headline passierte,<br />

als Redakteur und Grafiker im Bildarchiv unter „Kühlschrank“ recherchierten.<br />

Von wegen „Frischhaltegerät“ und so. Wie auch immer:<br />

acht Frischhalter im Test. Von Klaus Herder; Fotos: GTÜ<br />

Die Zeiten, in denen einfache Steckernetzteil-Ladegeräte<br />

oder<br />

große, leistungsstarke, aber leider<br />

nur simpel linear arbeitende Autobatterielader<br />

aus dem Baumarkt unschuldige<br />

Motorradbatterien totkochten, neigen<br />

sich glück licherweise dem Ende zu. Technisch<br />

halbwegs interessierte Selbermacher<br />

– und vermutlich nur die trauen<br />

sich an pflegebedürftige Akkus heran –<br />

dürften mittlerweile registriert haben,<br />

dass moderne Starterbatterien auch nach<br />

moderner Ladetechnik verlangen. Vorausgesetzt<br />

man möchte den Saftspender<br />

dauerhaft und ohne ständige Aufsicht am<br />

Ladegerät lassen wie zum Beispiel in der<br />

Winterpause.<br />

Doch neben den die kalte Jahreszeit<br />

überbrückenden Motorradfahrern gibt es<br />

seit geraumer Zeit auch eine zweite Zielgruppe<br />

für moderne Batterieladegeräte:<br />

Autofahrer, bei denen die akkumordende<br />

Kombination „viele Verbraucher, viel Kurzstreckenbetrieb“<br />

für erhöhten Batterie-<br />

Pflegebedarf sorgt. Da es Menschen gibt,<br />

die gleichzeitig zu beiden Zielgruppen<br />

gehören, bot sich ein Test von Batterieladegeräten<br />

an, die sowohl Motorrad- als<br />

auch Autobatterien verwöhnen. Eines für<br />

alles, natürlich mit „intelligenter“ Elektronik<br />

bestückt, die dafür sorgt, dass sowohl<br />

ganz konventionelle Akkus (die mit den<br />

zu öffnenden Stopfen) als auch MF-Akkus<br />

(MF steht für Maintenance Free, übersetzt:<br />

wartungsfrei) und AGM-Starterbatterien<br />

(AGM = Absorbed Glass Mat, zum Beispiel<br />

Gel und Vlies) zu alter Fitness kommen<br />

und anschließend frisch gehalten werden.<br />

Idealerweise erfolgt das mit dem sogenannten<br />

IUoU-Ladeverfahren, bei dem<br />

möglichst schonend bis zur Ladeschlussspannung<br />

geladen wird, um dann anschließend<br />

in eine Nachladephase und<br />

einen Erhaltungsmodus zu wechseln.<br />

Die Hälfte der Probanden kann das, nämlich<br />

die Geräte von Banner, CTEK, Saito<br />

und TecMate. Aber auch die übrigen<br />

Testkan didaten machten einen durchweg<br />

ordent lichen Job, indem sie das Wichtigste<br />

beherrschten: immer einen zum<br />

jeweiligen Ladezustand passenden Ladestrom<br />

zu liefern.<br />

Foto: Valyiskaya Svetlana – Fotolia<br />

AEG<br />

LM 4.0 6/12V<br />

Anbieter: AEG, www.aeg-automotive.com<br />

Preis: 49,99 Euro (gekauft übers Internet bei Amazon)<br />

Größe/Gewicht: 13,5 x 6,5 x 4,0 cm; 650 g<br />

Einsatzbereich: für 6- und 12-Volt-Starterbatterien<br />

(Gel, AGM, Blei-Säure, wartungsfreie und wartungsarme<br />

Batterien) bis 40 bzw. 80 Ah empfohlen (6/12<br />

Volt), Erhaltungsladung bis 130 Ah<br />

Besonderheiten: Ladestrom max. 2/4 A (6/12 Volt),<br />

Schutzart IP65 (im Freien zu verwenden), Einsatzbereich<br />

– 20 bis + 40 Grad Umgebungstemperatur,<br />

Aufhängeöse auf<br />

der Rückseite<br />

Auffälligkeiten:<br />

kräftige Klemmen,<br />

Isolierung aber<br />

nur aufgeschoben<br />

und leicht zu<br />

lösen; Anschlusskabel<br />

an Klemmen<br />

gelötet,<br />

Zugentlastung<br />

nur unzureichend<br />

ausgeführt<br />

Urteil: gut<br />

EINHELL<br />

BT-BC 4 D<br />

Anbieter: Einhell, www.einhell.de<br />

Preis: 35,00 Euro (gekauft übers Internet bei Amazon)<br />

Größe/Gewicht: 22,0 x 11,5 x 9,0 cm; 500 g<br />

Einsatzbereich: für 12-Volt-Starterbatterien (Blei-<br />

Säure, AGM, Blei-Gel) von 2,3 bis 16 Ah bzw. 20 bis 60<br />

Ah empfohlen<br />

Besonderheiten: Ladestrom max. 1/4 A (umschaltbar),<br />

keine Angaben über IP-Schutzart, laut Typenschild<br />

und Bedienungsanleitung nur für den Hausbetrieb<br />

geeignet, separater Netzschalter für ein/aus<br />

Auffälligkeiten:<br />

kräftige Klemmen,<br />

Isolierung kann<br />

sich aber ggf.<br />

leicht lösen;<br />

Bedienungsanleitung<br />

mit miss -<br />

verständlichen<br />

Angaben, deren<br />

Befolgen bei wartungsfreien<br />

Batterien<br />

zur Zerstörung<br />

führen kann<br />

Urteil: befriedigend<br />

108 RATGEBER<br />

3/<strong>2016</strong>


BANNER<br />

Accucharger 12V 3A<br />

Anbieter: Banner, www.bannerbatterien.com<br />

Preis: 69,00 Euro (gekauft übers Internet bei Amazon)<br />

Größe/Gewicht: 16,5 x 6,1 x 3,8 cm; 560 g<br />

Einsatzbereich: für 12-Volt-Starterbatterien (konventionell,<br />

EFB, AGM, Gel) bis 72 Ah empfohlen<br />

Besonderheiten: Ladestrom max. 3 A, Schutzart IP64<br />

(im Freien bedingt zu verwenden), LED-Display,<br />

integrierter Aufhängehaken auf der Rückseite, Aufbewahrungstasche<br />

Auffälligkeiten: kräftige Klemmen mit fest fixierter<br />

Isolierung; Display<br />

mit leicht verständlichen<br />

Klartext-Angaben;<br />

Gehäuse<br />

durch zwei<br />

Gummischalen<br />

gut vor Beschädigungen<br />

geschützt<br />

BOSCH<br />

C3<br />

Anbieter: Bosch, www.bosch-automotive.com<br />

Preis: 59,90 Euro (gekauft übers Internet bei Amazon)<br />

Größe/Gewicht: 18,0 x 7,5 x 5,2 cm; 750 g<br />

Einsatzbereich: für 6- und 12-Volt-Starterbatterien<br />

(AGM, Gel, MF, offen, VRLA) von 1,2 bis 14 Ah (6 Volt)<br />

bzw. von 1,2 bis 120 Ah (12 Volt) empfohlen<br />

Besonderheiten: Ladestrom max. 0,8/3,8 A (6/12<br />

Volt), Schutzart IP65 (im Freien zu verwenden),<br />

Einsatzbereich 0 bis 40 Grad Umgebungstemperatur,<br />

Halter mit Hakenbefestigung im Lieferumfang<br />

Auffälligkeiten:<br />

kräftige Klemmen,<br />

Isolierung kann<br />

sich leicht lösen;<br />

das Anschlusskabel<br />

mit den Ösen<br />

ist gleichzeitig<br />

das Kabel für die<br />

Klemmen – die<br />

Batterieklemmen<br />

werden an die<br />

Ösen geschraubt<br />

CTEK<br />

MXS 5.0<br />

Anbieter: CTEK, www.ctek.de<br />

Preis: 96,40 Euro (gekauft übers Internet bei Amazon)<br />

Größe/Gewicht: 16,8 x 6,5 x 3,8 cm; 600 g<br />

Einsatzbereich: für 12-Volt Starterbatterien (alle<br />

Blei-Säure-Typen) von 1,2 bis 110 Ah empfohlen,<br />

Erhaltungsladung bis 160 Ah<br />

Besonderheiten: Ladestrom max. 0,8/5 A (Motorrad/<br />

Auto), Schutzart IP65 (im Freien zu verwenden), Regenerierungsfunktion<br />

mit zeitlich limitierter Spannungserhöhung<br />

(max. 15,8 V), Pufferfunktion bei Batterieausbau,<br />

Aufhängeösen<br />

auf der<br />

Rückseite, Aufbewahrungstasche<br />

Auffälligkeiten:<br />

kräftige Klemmen<br />

mit fest fixierter<br />

Isolierung; sehr<br />

robuste und wertige<br />

Ausführung<br />

von Gehäuse und<br />

Anschlussteilen<br />

Urteil: gut<br />

Urteil: gut<br />

Urteil: sehr gut<br />

GYS<br />

Gysflash 4A<br />

Anbieter: Gystech, www.gys-schweissen.com<br />

Preis: 96,40 Euro (gekauft bei: Der Hartwaren-Profi)<br />

Größe/Gewicht: 36,0 x 18,5 x 7,0 cm; 850 g<br />

Einsatzbereich: für 12-Volt-Starterbatterien (Blei-<br />

Säure, Blei-Gel) bis 70 Ah<br />

Besonderheiten: Ladestrom max. 4 A, Auswahl zwischen<br />

drei Ladearten (bis 15 Ah/70 Ah bei verschiedenen<br />

Außentemperaturen), Schutzart IP65 (im Freien<br />

zu verwenden), Überhitzungsschutz, der ggf. während<br />

des Ladevorgangs die Ausgangsleistung absenkt<br />

Auffälligkeiten:<br />

Klemmen-Isolierung<br />

etwas dürftig,<br />

diese können<br />

einfach abgezogen<br />

werden;<br />

Befestigung der<br />

Anschlusskabel<br />

erfolgt über<br />

Kabelschuhe,<br />

diese lassen sich<br />

leicht entfernen<br />

Urteil: gut<br />

SAITO<br />

ProCharger XL<br />

Anbieter: Detlev Louis, www.louis.de<br />

Preis: 99,95 Euro (gekauft bei Detlev Louis)<br />

Größe/Gewicht: 19,2 x 16,8 x 10,4 cm; 2250 g<br />

Einsatzbereich: für 12-Volt-Starterbatterien (alle<br />

Typen, auch Lithium) von 5 bis 100 Ah empfohlen<br />

Besonderheiten: Ladestrom max. 1,5/4 A (umschaltbar)<br />

für Batterien bis 30/100 Ah, auch für Fahrzeuge<br />

mit CAN-Bus-System geeignet, Regenerierungsfunktion,<br />

keine Angaben über IP-Schutzgrad, Wandmontage-Vorrichtung<br />

im Geräteboden integriert<br />

Auffälligkeiten:<br />

Klemmen-Isolierung<br />

etwas dürftig,<br />

diese können<br />

einfach abgezogen<br />

werden; Falltest<br />

nicht bestanden<br />

(äußerlich<br />

kein Defekt zu erkennen,<br />

einwandfreie<br />

Funktion<br />

aber nicht mehr<br />

gewährleistet);<br />

großes und<br />

übersichtliches<br />

Display; vorbildliche<br />

Bedienungsanleitung<br />

Urteil: gut<br />

TECMATE<br />

OptiMate 6 ampmatic<br />

Anbieter: TecMate, www.tecmate.com/de/<br />

Preis: 89,90 Euro (gekauft übers Internet bei Amazon)<br />

Größe/Gewicht: 19,9 x 7,1 x 6,1 cm; 740 g<br />

Einsatzbereich: für 12-Volt-Starterbatterien (AGM/<br />

MF, Standard, Gel, Spiralzellen) von 3 bis 240 Ah empfohlen,<br />

Schutzart IP54 (im Freien zu verwenden), Einsatzbereich<br />

– 40 bis + 50 Grad Umgebungstemperatur<br />

Besonderheiten: Ladestrom max. 5 A, vollautomatische<br />

Funktion, keine Einstellmöglichkeiten<br />

Auffälligkeiten: kräftige Klemmen mit fest fixierter<br />

Isolierung; ohne<br />

Zuhilfenahme<br />

der Bedienungsan<br />

leitung ist der<br />

genaue Status des<br />

Ladevorgangs<br />

nur schwer festzustellen,<br />

wichtige<br />

Sicherheitshinweise<br />

nur in Englisch<br />

Urteil: gut<br />

www.motorradonline.de RATGEBER 109


R A T G E B E R<br />

Test Batterieladegeräte<br />

Marke/Bezeichnung<br />

Sichtprüfung<br />

Maximale<br />

Punktzahl<br />

CTEK<br />

MXS 5.0<br />

GYS<br />

GYSFLASH 4A<br />

BANNER<br />

ACCUCHARGER 12V 3A<br />

Verpackung/Aufbewahrung 20 18 16 18<br />

Zubehör 10 4 4 4<br />

Schutzartprüfung laut Hersteller 10 10 10 10<br />

Kapitelwertung 40 32 30 32<br />

Bedienung<br />

Bedienungsanleitung 10 8 10 6<br />

Gerätebeschriftung, Anzeigen, Übersichtlichkeit 20 20 16 20<br />

Praxistauglichkeit 20 12 16 20<br />

Kapitelwertung 50 40 42 46<br />

Funktionsumfang<br />

Qualität Lade-/Ladeerhaltungsverfahren 50 50 40 50<br />

Anpassung Ladekennlinie an Akkutyp 20 20 20 4<br />

Anpassung der Ladeleistung 1 20 20 20 8<br />

geeignet für Start-Stopp-Batterien (AGM) 20 20 12 12<br />

wählbare Regenerierungsfunktion 2 5 5 0 0<br />

weitere Nutzungsmöglichkeiten 3 5 2 0 1<br />

Kapitelwertung 120 117 92 75<br />

Elektrische Prüfungen<br />

Kurzschlussfestigkeit/Funkenbildung 30 30 30 30<br />

automatische Batterieerkennung 4 30 30 30 30<br />

Ladbarkeit tiefentladener Batterien 5 20 20 20 16<br />

Verpolungsschutz/-anzeige 30 30 30 30<br />

Leistungsaufnahme im Stand-by-Betrieb 20 20 20 20<br />

Kapazitätsverlust durch Rückstrom von der geladenen Batterie 20 16 16 16<br />

Verhalten bei schwankender Eingangsspannung (170–265 V) 20 20 20 20<br />

Kapitelwertung 170 166 166 162<br />

Qualitätsprüfungen<br />

optischer/haptischer Gesamteindruck 20 16 16 16<br />

Kältetest 6 20 20 20 20<br />

Falltest (aus 1 m Höhe auf Beton) 20 20 20 20<br />

Einhaltung der angegebenen Nennwerte 20 20 16 20<br />

Kapitelwertung 80 76 72 76<br />

Zwischensumme Leistungskriterien 460 431 402 391<br />

Kosten<br />

Preis 96,40 € 96,40 € 69,00 €<br />

Kapitelwertung Preis/Leistung 40 19 17 24<br />

Gesamtpunkte 500 450 419 415<br />

Urteil *<br />

sehr gut gut gut<br />

*500–450 Punkte = sehr gut, 449–375 Punkte = gut, 374–300 Punkte = befriedigend; 1 praxisgerechte Anpassung der Ladeleistung für Auto/Motorrad;<br />

2<br />

manuell wählbare Regenerierungsfunktion (Ausgleichsladung für Nassbatterien); 3 z. B. Akkutest, Pufferfunktion, 6 V; 4 automatische Batterieerkennung bzw. Abschaltung bei abgefallener Klemme;<br />

5<br />

Ladbarkeit einer tiefentladenen Batterie bei 3 V/4,5 V/6 V/9 V Restspannung; 6 Kältetest (Anschlussklemmen und Leitungen bei –20 ° C)


AEG<br />

LM 4.0 6/12V<br />

BOSCH<br />

C3<br />

SAITO<br />

ProCharger XL<br />

TECMATE Opti-<br />

Mate 6 ampmatic<br />

EINHELL<br />

BT-BC 4 D<br />

SO WURDE GETESTET<br />

16 16 12 10 16<br />

4 6 4 4 4<br />

10 10 2 8 2<br />

30 32 18 22 22<br />

8 6 10 2 6<br />

12 12 20 12 16<br />

16 20 12 16 8<br />

36 38 42 30 30<br />

40 20 50 50 40<br />

4 20 20 4 4<br />

16 20 20 8 16<br />

8 12 8 8 8<br />

0 0 3 0 0<br />

1 1 2 1 0<br />

69 73 1<strong>03</strong> 71 68<br />

30 30 30 30 30<br />

30 30 30 30 30<br />

20 16 20 20 8<br />

30 30 30 30 30<br />

20 20 20 20 20<br />

16 16 20 16 4<br />

20 20 20 20 20<br />

166 162 170 166 142<br />

16 16 16 16 16<br />

20 20 20 20 20<br />

20 20 0 20 20<br />

16 16 4 20 16<br />

72 72 40 76 72<br />

373 377 373 365 334<br />

49,99 € 59,90 € 99,95 € 89,90 € 35,00 €<br />

31 26 16 17 40<br />

404 4<strong>03</strong> 389 382 374<br />

gut gut gut gut befriedigend<br />

Alles unter Kontrolle:<br />

Batterie-lade- und Entladestation<br />

beim Prüf- und<br />

Ingenieurzentrum FAKT<br />

Bin laden<br />

Drei Partner, ein Test: MOTOR-<br />

RAD und die Sachverständigenorganisation<br />

GTÜ<br />

(Gesellschaft für Technische Überwachung,<br />

www.gtue.de) sorgten<br />

dafür, dass sich die Elektronik-Profis<br />

vom Kraftfahrtechnischen Prüf- und<br />

Ingenieurzentrum FAKT (www.fakt.<br />

com) im bayerischen Heimertingen<br />

intensiv um die im freien Handel erworbenen<br />

Ladegeräte kümmerten.<br />

Die in fünf Obergruppen aufgeteilten<br />

Prüfkriterien (Sichtprüfung,<br />

Bedienung, Funktionsumfang, elektrische<br />

Prüfungen, Qualitätsprüfung)<br />

wurden um ein Preis-Leistungs-<br />

Kapitel ergänzt, in dem die in den<br />

Leistungskriterien erzielten Punkte<br />

ins Verhältnis zum Kaufpreis gesetzt<br />

wurden, was den Testkandidaten<br />

wiederum mehr oder weniger Zusatzpunkte<br />

bescherte. Bei den genannten<br />

Kaufpreisen handelt es sich<br />

nicht um die unverbindlichen Preisempfehlungen,<br />

sondern um die<br />

tatsächlich gezahlten Kaufpreise,<br />

die erfahrungsgemäß – speziell bei<br />

Internet-Angeboten – deutlich von<br />

den UVPs abweichen können. Von<br />

der ansonsten bei <strong>MOTORRAD</strong>-Produkttests<br />

üblichen 100-Punkte-Wertung<br />

wurde diesmal abgewichen,<br />

um den Kriterien der besonders<br />

zahlreichen Unterkapitel gerecht<br />

zu werden. So waren theoretisch<br />

500 Maximalpunkte machbar.<br />

www.motorradonline.de RATGEBER 111


R A T G E B E R<br />

Batteriepflege<br />

DIE TOP TEN DER PFLEGESÜNDEN<br />

Ungeladene<br />

Akkus platzen<br />

bei Frost zwar<br />

nicht, aber sie<br />

gehen garantiert<br />

kaputt<br />

Wer solch vergammelte Anschlüsse<br />

spazieren fährt, darf sich nicht über<br />

Kontaktschwierigkeiten wundern<br />

Von Pflegefällen<br />

und Pflegefallen<br />

Der Entlüftungsschlauch muss sicher<br />

sitzen und darf vor allem nicht geknickt<br />

sein, sonst gibt’s ’ne Sauerei<br />

1 Prüfen<br />

Selbst leere Batterien können beim Messen<br />

der Ruhespannung zwölf bis 13 Volt anzeigen.<br />

Erst beim Prüfen unter Last sind relevante<br />

Aussagen zum Ladezustand möglich.<br />

2 Ausbau<br />

Den Minuspol immer zuerst abklemmen,<br />

sonst kann es beim ungewollten Massekontakt<br />

ein nettes Feuerwerk geben. Wichtig<br />

bei konventionellen Blei-Säure-Akkus: Einbaulage<br />

des Entlüftungs schlauchs merken.<br />

3 Ladegerät<br />

Alte (Pkw-)Einfachst-Ladege räte sind Gift<br />

für moderne Akkus, da sie zu spät oder gar<br />

nicht abschalten und sich bei wartungsfreien<br />

Akkus der Gasungszeitpunkt nicht<br />

mehr erkennen lässt.<br />

4 Lagerung<br />

Akkus grundsätzlich voll ge laden und auch<br />

gern kühl lagern. In warmen Räumen ist die<br />

Selbstentladung am größten. Leere Akkus<br />

sulfatieren während der Lagerung und sind<br />

bei Frost ernsthaft gefährdet.<br />

5 Auffüllen I<br />

Bei konventionellen Blei-Säure-Akkus<br />

(die mit den herausnehmbaren Stopfen)<br />

ausschließlich destilliertes Wasser zum<br />

Nachfüllen benutzen. Niemals Batteriesäure<br />

oder Leitungswasser, das ruiniert<br />

den Akku dauerhaft.<br />

6 Auffüllen II<br />

Erst nach dem Laden bis Maximum auffüllen,<br />

da sich die Flüssigkeit beim Laden ausdehnt.<br />

Liegt der Flüssigkeitsstand bereits<br />

vor dem Laden unter dem Minimum, nur<br />

bis kurz über die Minimum-Markierung auffüllen<br />

und dann laden.<br />

7 Batterieflüssigkeit<br />

Verdünnte Schwefelsäure sorgt erst mit<br />

zeitlicher Verzögerung für Schäden auf<br />

Haut, Bekleidung und am Motorrad – dann<br />

aber richtig. Verschüttete Batterieflüssigkeit<br />

daher sofort und mit ganz viel Wasser<br />

(oder Neutralisierer) abwaschen.<br />

8 Entladen<br />

Eine Batterie muss nicht regelmäßig „von<br />

Hand“ entladen und geladen werden, damit<br />

sie fit bleibt. Das wurde früher zwar gern<br />

gemacht (z. B. mit einer Glühlampe), sorgt<br />

bei modernen Akkus aber für eine unnötige<br />

mechanische Belastung. Laden allein reicht.<br />

Und diese Sauerei sieht zum Beispiel<br />

so aus: massive, irreparable Säureschäden<br />

auf dem Schwingenlager<br />

Ausnahme: Hightech-Ladegeräte haben<br />

oft eine Funktion, die u. a. mit geringer Entladung<br />

arbeitet – das ist durchaus sinnvoll.<br />

9 Einbau<br />

Den Minuspol immer zuletzt anklemmen.<br />

Ansonsten: siehe 2. Gegebenenfalls Entlüftungsschlauch<br />

und Dämpfungsmaterial<br />

nicht vergessen. Schrauben gut fest-, aber<br />

nicht brutal anziehen.<br />

10 Polfett<br />

Das gehört erst auf die bereits angeschlossenen<br />

Pole und Klemmen. Wer das Pol fett<br />

bereits vor dem Anschließen dazwischenschmiert,<br />

sorgt für eine Isolation, die dort<br />

völlig fehl am Platz ist.<br />

112 RATGEBER<br />

3/<strong>2016</strong>


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Rallye Dakar <strong>2016</strong> in Argentinien und Bolivien<br />

führenden Toby Price vom KTM-Werksteam<br />

am Vorabend zurückgelegen – ein Nichts<br />

angesichts der mehr als 1000 Kilometer in<br />

den drei gezeiteten Sonderprüfungen, die<br />

vor dem Ziel in Rosario noch zu bewältigen<br />

waren. Doch der 36-Jährige sollte auch<br />

an diesem Tag kein Glück haben. Zuerst<br />

brumm te ihm die Rennleitung eine heftige<br />

Zeitstrafe auf, weil er auf der zehnten Etappe<br />

am zweiten Kontrollpunkt statt der er-<br />

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Unwegsames Gelände, unüberwindbar scheinende Hindernisse,<br />

Tagesetappen über 900 Kilometer, Leistungssport auf mehr als<br />

4000 Metern Höhe, bei strömendem Regen oder 48 Grad Hitze –<br />

das war die Rallye Dakar <strong>2016</strong>. Wer sie gewinnt, gilt zu Recht als<br />

Held. Aber auch die Verlierer und Gescheiterten haben Heldenhaftes<br />

geleistet.<br />

Von Andreas Schulz;<br />

Fotos: Red Bull Media Pool (3), MCH PHOTO, Robert W. Kranz/Rallyewerk (2), Barni (3), DPPI (2)<br />

Paulo Gonçalves hatte den 14. Januar<br />

für sich persönlich zum Tag der<br />

Attacke erklärt. Auf der drittletzten<br />

Etappe der diesjährigen Rallye<br />

Dakar in Südamerika wollte der portugiesische<br />

Honda-Werksfahrer verlorenen Boden<br />

gutmachen, seinem Team die Chance auf<br />

den so heiß ersehnten Gesamtsieg erhalten<br />

oder zumindest einen Podestplatz sichern.<br />

34 Minuten hatte er als Dritter hinter dem<br />

114 SPORT


Es war erst seine zweite Dakar-Teilnahme, trotzdem schrieb Toby Price Geschichte:<br />

als erster Australier, der je eine Dakar gewann, und als der Mann, der den zurückgetretenen<br />

fünfmaligen Dakar-Sieger Marc Coma im KTM-Werksteam beeindruckend ersetzte<br />

laubten 15 Minuten wegen einer Reparatur<br />

viel länger angehalten hatte, was seinen<br />

Rückstand auf 1:14 Stunden anwachsen<br />

und ihn im Gesamtklassement auf Rang<br />

acht zurückfallen ließ. Dann verfuhr er sich<br />

bei seiner verzweifelten Aufholjagd, verlor<br />

immer mehr Zeit auf die Spitze. Schließlich<br />

stürzte Gonçalves nach 118 Kilometern<br />

Son derprüfung und musste mit einer Gehirnerschütterung<br />

ins Krankenhaus nach<br />

San Juan geflogen werden. Aus der Traum.<br />

Es war die insgesamt zehnte Dakar für<br />

den Vorjahreszweiten, und sie hatte schon<br />

beim Prolog schlecht angefangen. Auf dem<br />

nur elf Kilometer langen Wertungsteil, bei<br />

dem es lediglich um die Startreihenfolge<br />

für die erste echte Etappe ging, plagten ihn<br />

Elektronikprobleme an seiner Honda CRF<br />

450 Rally, er kam nur als 49. ins Ziel. Auf der<br />

ersten Etappe stellten sich die Elektronikfehler<br />

erneut ein, Gonçalves musste sich<br />

von seinem italienischen Teamkollegen<br />

Paolo Ceci ins Biwak schleppen lassen und<br />

war gottfroh, als er hörte, dass die Wertungsprüfung<br />

aufgrund der sintflutartigen<br />

Regenfälle abgesagt worden war. „Was so<br />

schlecht anfängt, kann ja nur gut enden“,<br />

scherzte er da noch.<br />

Tatsächlich sah es zunächst danach aus.<br />

Gonçalves gewann die vierte Etappe und<br />

übernahm die Gesamtführung, die er dann<br />

auch drei Tage lang verteidigen konnte.<br />

Doch auf der neunten Etappe erwischte<br />

das Pech ihn erneut. Ein Ast am Wegrand<br />

durch löcherte den Kühler seiner Honda.<br />

Ausgerechnet am ersten Tag einer Marathon<br />

etappe, nach der die Fahrer die Nacht<br />

in einem separaten Lager ohne Hilfe ihrer<br />

Service-Teams verbringen und notwendige<br />

Reparaturen selbst bewerkstelligen müssen.<br />

Glück im Unglück für Gonçalves, dass die<br />

SPORT 115


Honda-Werksfahrer Joan Barreda<br />

war vor seinem Ausfall so schnell,<br />

dass er Strafminuten kassierte<br />

Rallye Dakar <strong>2016</strong><br />

Etappe nach dem zweiten Kontrollpunkt<br />

abgebrochen wurde – dieses Mal we gen<br />

sengender Hitze – und allen Fahrern, die es<br />

nicht ins Ziel geschafft hatten, eine Zielankunft<br />

mit einer kalkulatorischen Fahrzeit<br />

zugestanden wurde. Somit war Gonçalves<br />

nicht aus dem Rennen, und weil sogar die<br />

Reparatur der Honda gelang, ohne dass er<br />

einem Teamkollegen den Motor abnehmen<br />

musste, konnte er am nächsten Morgen<br />

das Rennen als 13. wieder aufnehmen.<br />

Der Rest ist bekannt und markierte das<br />

Ende aller Hoffnungen des Honda-Werksteams<br />

auf einen Gesamtsieg bei dieser Da -<br />

kar. Für den eigentlich gar nicht Paulo Gonçalves<br />

vorgesehen war, sondern der Spanier<br />

Joan Barreda Bort. Der war zunächst auch<br />

schnellster Honda-Pilot, leider aber so flott<br />

unterwegs, dass er zwei Etappensiege verlor,<br />

weil er Tempolimits nicht beachtet und<br />

deshalb Zeitstrafen kassiert hatte. Am siebten<br />

Rallyetag beendete ein defekter Zylinderkopf<br />

jegliche Aussicht auf ein Top ergebnis,<br />

Barreda gab auf. So blieb es an den Dakar-Neulingen<br />

aus dem Honda-Werksteam<br />

hängen, die Ehre des japanischen Herstellers<br />

zu retten – und die ließen sich nicht<br />

lumpen. Der Argentinier Kevin Benavides,<br />

27 Jahre alt, verpasste als Vierter das Podest<br />

nur um eine Minute. Ricky Brabec aus den<br />

USA (24) wurde Neunter und der Franzose<br />

Adrien Metge (29), 2014 brasilianischer<br />

Enduro-Meister, kam als Elfter in Rosario an.<br />

Doch damit konnte Wolfgang Fischer,<br />

der deutsche Teamchef der im bayerischen<br />

Stephanskirchen stationierten Honda-Rallye-Werksmannschaft,<br />

nicht zufrieden sein.<br />

„Wir hatten hauptsächlich technische Probleme,<br />

gegen einen Motorschaden kann<br />

der Fahrer nichts machen. Aber auch die<br />

Elek tronikentwicklung hat einen Stand erreicht,<br />

der für den Rallyebereich womöglich<br />

zu feh leranfällig ist – das machte vor allem<br />

Paulo Gonçalves zu schaffen, bevor er das<br />

Pech mit dem leckgeschlagenen Kühler<br />

hatte.“ Für die Zukunft wünscht Fischer sich,<br />

dass statt großer Neuentwicklungen eher<br />

die Verfeinerung des vorhandenen Materials<br />

vorangetrieben wird: „Die Basis ist ja<br />

gut, die Motorräder sind schnell, auf dem<br />

Niveau der Konkurrenz. Und wenn dabei<br />

die Elektronik etwas vereinfacht werden<br />

könnte …“ Doch hören die Chefs der Honda-Rennabteilung<br />

HRC in Japan auf den<br />

116 SPORT<br />

3/<strong>2016</strong>


Deutschen? „Jetzt vielleicht“, lacht Fischer.<br />

Wie wichtig Honda die Dakar ist, dokumentierte<br />

HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto<br />

durch seinen Besuch beim Rallye-Team in<br />

Argentinien. „Er war die ersten vier Tage<br />

dabei und kam zum Zieleinlauf noch einmal<br />

her. Die Dakar ist für Honda das zweitwichtigste<br />

Motorradsport-Projekt nach der<br />

MotoGP-WM“, sagt Fischer. Vielleicht ergab<br />

sich ja nach dem Zieleinlauf die Gelegenheit<br />

für eine erste vertrauliche Bestandsaufnahme<br />

zwischen Fischer und Nakamoto.<br />

Bei der KTM-Mannschaft dürfte am Tag der<br />

Siegerehrung kein Gedanke an der artige<br />

Gespräche verschwendet worden sein.<br />

Nicht nur, dass Toby Price (28) bei seinem<br />

zweiten Dakar-Start als erster Austra lier<br />

überlegen den Gesamtsieg geholt hatte.<br />

KTM-Piloten hatten auch acht der 13 Etappen<br />

gewonnen, zwei allein der Franzose<br />

Antoine Méo, amtierender Enduro-E2-Weltmeister<br />

und als Dakar-Frischling nicht unbedingt<br />

als Sieganwärter taxiert. Einer der<br />

Tageserfolge ging zudem auf das Konto von<br />

Stefan Svitko aus der Slowakei, der mit einem<br />

der KTM-Rallye-Production-Racer unterwegs<br />

war, die Privatfahrer für rund 30 000<br />

Euro weitgehend rennfertig kaufen können.<br />

Der 33-Jährige wurde gar Gesamt -Zweiter,<br />

was den Absatz weiterer KTM 450 Rally<br />

Replica befeuern dürfte. Dass Svitkos Motorrad<br />

eine verkappte Werksmaschine sein<br />

könnte, zumal sie mit einem Zulassungskennzeichen<br />

des Bezirks Braunau unterwegs<br />

war, in dem auch das KTM-Werk liegt, verwies<br />

Teamchef Alex Doringer ins Reich der<br />

Fabel: „Das machen wir bei Kunden schon<br />

Mal, die eine Rally Replica kaufen, sie aber<br />

nicht gleich in ihr Heimatland importieren<br />

möchten. Dazu ist oft auch die Zeit zu<br />

Paulo Gonçalves (Fotos unten) führte<br />

das Honda-Werksteam als Spitzenreiter<br />

nach Bolivien, hatte dann jedoch<br />

viel Pech und stürzte schließlich


Einen Wermutstropfen mussten Doringer<br />

und seine Mannen freilich schlucken.<br />

Denn wie jede Menge Fans im deutschsprachigen<br />

Raum hatten sie große Stücke<br />

auf den Österreicher Matthias Walkner gesetzt,<br />

der im vergangenen Jahr bei seinem<br />

ersten Dakar-Auftritt gleich einen Tagessieg<br />

verbucht hatte, bevor er Etappe zehn nach<br />

einer Lebensmittelvergiftung aufgeben<br />

musste. Nach dem Wechsel des fünfmaligen<br />

Dakar-Siegers Marc Coma vom aktiven<br />

Sport in die Dakar-Organisation Mitte letzten<br />

Jahres hatte Walkner Coma als Rallye-<br />

Weltmeister abgelöst. Wie gut seine Chancen<br />

auf ein Spitzenendergebnis nach den<br />

Plätzen vier, zehn, elf, drei und zwei in den<br />

ersten echten Wertungsprüfungen gewesen<br />

wären, ist schwer zu sagen – da galt ja<br />

noch die zurückhaltende KTM-Team-Strategie<br />

für die erste Woche. Die Frage muss offen<br />

bleiben. Walkner war als Gesamt-Dritter<br />

in die siebte Etappe gestartet. Doch nach<br />

etwa 15 Kilometern in der gezeiteten Sonderprüfung<br />

zwischen Uyuni in Bolivien und<br />

Salta in Argentinien übersah er, von der<br />

Sonne geblendet und von vor ihm aufgewirbeltem<br />

Staub in der Sicht behindert,<br />

eine tiefe Auswaschung. Der 29-Jährige<br />

stürzte und blieb mit gebrochenem Oberschenkel<br />

liegen. Wenige Tage nach der erforderlichen<br />

Operation in La Paz/Bolivien<br />

konnte er in die Heimat geflogen werden<br />

und grüßte am 15. Januar auf Facebook<br />

halbwegs vergnügt aus einem Krankenhaus<br />

in Salzburg – inklusive der Röntgenbilder<br />

seines Oberschenkels im Vorhernachher-Vergleich.<br />

Ingo Zahn (links, unten) war der einzige<br />

deutsche Motorradfahrer bei der<br />

Dakar <strong>2016</strong>. Der Privatfahrer scheiterte<br />

an völlig unerwarteten Problemen<br />

Rallye Dakar <strong>2016</strong><br />

knapp, weil die Motorräder erst kurz vor der<br />

Dakar fertiggestellt werden.“ Allerdings<br />

räumt Doringer ein, dass Svitko vom Werksteam<br />

gegen Ende der Dakar mit Ersatzteilen<br />

versorgt wurde, weil seine eigenen ausgegangen<br />

waren: „Dabei gab es auch größere<br />

Bremsscheiben, wie sie die Werksfahrer verwenden.“<br />

Ansonsten unterscheide sich die<br />

Production Racer ohnehin nur um wenige<br />

Prozent vom Werksrenner. Bei diesen Unterschieden<br />

dürfte es sich um eine etwas<br />

höhere Motorleistung, vor allem aber um<br />

feinste Federelemente aus der KTM-eigenen<br />

Fahrwerksschmiede WP handeln, die um<br />

Klassen leichter sind als das Material, das<br />

Normalsterbliche kaufen können.<br />

Mit Price als Sieger, Antoine Méo als<br />

Siebtem, Laia Sanz als Siegerin der Frauenwertung<br />

auf Rang 15 und Jordi Viladoms<br />

an 17. Position durften Doringer und seine<br />

Truppe nicht nur vier ihrer fünf Fahrer im<br />

Ziel feiern, sondern auch den 15. KTM-<br />

Gesamtsieg in Folge – das hört sich schwer<br />

nach einem Erfolg für die Ewigkeit an.<br />

Und das angesichts der Tatsache, dass das<br />

mäch tige Honda-Werk seit nunmehr vier<br />

Jahren alles daransetzt, die KTM-Vorherrschaft<br />

in der Wüste zu brechen. „Ehrlich<br />

gesagt habe ich von der Konkurrenz nicht<br />

viel erwartet“, sagt Doringer, „um die haben<br />

wir uns keine Gedanken gemacht, sondern<br />

uns um uns selbst gekümmert.“ Zum Verdacht,<br />

die drei Honda-Etappensiege in der<br />

ersten Rallye-Woche könnten von der KTM-<br />

Strategie begünstigt worden sein, sagt<br />

er nur: „Wir planen für 14 Tage und achten<br />

darauf, in der ersten Woche noch etwas<br />

Potenzial nach oben offen zu lassen und<br />

wenige Fehler zu machen.“ Das Ergebnis<br />

spricht für sich – und auch dafür, dass die<br />

KTM-Ingenieure eventuell viel länger nach<br />

Op timierungsmöglichkeiten für die nächste<br />

Ausgabe ihres Rallye-Motorrads suchen<br />

müssen als die Kollegen bei Honda.<br />

Einen Tag vor Walkner war Ingo Zahn,<br />

dem einzigen deutschen Motorrad-Starter,<br />

das gleiche Missgeschick passiert wie dem<br />

Österreicher. Anders als Walkner brach<br />

sich Zahn jedoch lediglich eine Rippe und<br />

die Nase – er fuhr als 79. ins Etappenziel.<br />

„Löcher, vor denen im Roadbook mit nur<br />

einem Ausrufezeichen gewarnt wird, sind<br />

durch die Unwetter hier so stark ausgewaschen<br />

worden, dass inzwischen ein komplettes<br />

Motorrad darin verschwinden kann“,<br />

schilderte der 52-jährige Bayer. Tatsächlich<br />

wurde die Rallye von den Auswirkungen<br />

des Wetterphänomens El Niño erwischt,<br />

das immer wieder für verheerende Überschwemmungen<br />

in Südamerika sorgt. Peru<br />

und Chile, die zunächst auf dem Routenplan<br />

der Dakar <strong>2016</strong> gestanden hatten, zogen<br />

sich als Gastländer früh zurück. Sie sahen<br />

sich außerstande, den reibungslosen Ablauf<br />

einer internationalen Großveranstaltung<br />

sicherzustellen und gleichzeitig auf vorhersehbare<br />

Katastrophen reagieren zu können.<br />

Die Rallye führte deshalb nur durch Argentinien<br />

und Bolivien. Den Dakar-Teilnehmern<br />

bescherte El Niño in den ersten Tagen Regen<br />

in biblischen Ausmaßen, in der zweiten<br />

Woche in der als „Hölle von Fiambalá“ verrufenen<br />

argentinischen Wüstenregion Temperaturen<br />

bis zu 50 Grad Celsius. Die erste<br />

Etappe der Rallye wurde komplett abgesagt,<br />

drei weitere wegen unpassierbarer überschwemmter<br />

Streckenteile gekürzt. Drei<br />

Etappen mussten gekappt werden, weil vor<br />

allem viele Motorradfahrer in der höllischen<br />

Hitze zu dehydrieren drohten.<br />

Ingo Zahn versuchte dieses Jahr bereits<br />

zum vierten Mal, die Herausforderung der<br />

Dakar zu meistern. 2010 war er nach zwei<br />

Tagen mit gebrochener Schulter ausgefallen,<br />

2013 hatte er als 85. den Zielort erreicht.<br />

2014 brach Zahn sich erneut nach<br />

118 SPORT<br />

3/<strong>2016</strong>


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Rallye Dakar <strong>2016</strong><br />

zwei Etappen die Schulter, musste 2015<br />

wegen der Verletzung auslassen und hatte<br />

sich für <strong>2016</strong> viel vorgenommen. Mit einer<br />

neuen KTM 450 Rally Replica hatte er beim<br />

holländischen Memo Tours-Team einen Service-Platz<br />

gemietet, auf dem seine Ersatzteile<br />

und sein Mechaniker Clemens Eicker<br />

mitreisten. Selbst nach dem schweren Sturz<br />

schien eine Schlussplatzierung unter den<br />

Top 50 noch möglich zu sein. Körperlich<br />

fühlte Zahn sich fit, trainiert hatte er unter<br />

anderem bei 24-Stunden-Mountainbike-<br />

Rennen. Auch das Motorrad beflügelte seinen<br />

Optimismus: „Von 2014 auf 2015 hat<br />

KTM dem Production Racer eine Einspritzung<br />

und ein völlig neues Enduro-Fahrwerk<br />

spendiert. Damit ist die Maschine im Vergleich<br />

zum Vormodell viel agiler und leichter<br />

zu fahren – für mich ein großer Wurf.<br />

Ergebnisse <br />

Neben den großen Werksteams von Honda<br />

und KTM zeigten weitere Motorradhersteller<br />

offiziell Flagge. Für Sherco startete<br />

Alain Duclos (links), bestes Etappenergebnis<br />

war Platz drei. Husqvarna wurde mit<br />

Pablo Quintanilla (unten links) und KTM-<br />

Technik Gesamt-Dritter, er gewann die<br />

letzte Wertungsprüfung. Yamaha hatte<br />

Hélder Rodrigues (unten) ins Rennen geschickt,<br />

der ebenfalls eine Etappe gewann<br />

und Gesamt-Fünfter wurde<br />

Zuverlässig ist sie auch, wir haben lediglich<br />

Verschleißteile verbraucht. Und natürlich<br />

das, was beim Sturz kaputtgegangen ist.“<br />

Doch der Sturz sollte sich als irrelevant<br />

herausstellen, das Unheil lauerte an einer<br />

anderen Ecke. Knapp 40 Kilometer vor<br />

dem Ziel der neunten Etappe rund um<br />

die argentinische Stadt Belén blieb Zahn<br />

ohne Sprit liegen. „Da waren riesige Fesh-<br />

Fesh-Felder. In diesem feinen Sand hat<br />

die KTM viel mehr Benzin gebraucht als<br />

vorher“, berichtete Zahn, „ich musste ja<br />

pausenlos Vollgas geben, um nicht stecken<br />

zu bleiben. Da haben wir uns im Team beim<br />

Tanken verkalkuliert.“ Zunächst ließ Ingo<br />

Zahn sich nicht entmutigen, vertraute auf<br />

den viel beschworenen „Spirit of Dakar“,<br />

diesem Grund gedanken der mehr als ein<br />

Vierteljahrhundert alten Rallye, der jedem<br />

Gestrandeten Hilfe verspricht.<br />

Doch auch da hatte Zahn sich verrechnet.<br />

„Keiner hielt an, im Gegenteil, die<br />

haben mich fast über den Haufen gefahren“,<br />

musste er feststellen. „Ein paar Autofahrer<br />

warfen Wasserflaschen raus, aber ich<br />

brauchte ja Benzin.“ Er demontierte den<br />

Tank der KTM und stellte sich wie mit einem<br />

Kanister an den Rand der Piste. „Damit<br />

sie sehen, dass ich nur Sprit brauche und<br />

dass es ganz schnell gehen würde“, so<br />

dachte er sich. Doch die wenigen Rallye-<br />

Autos, die anhielten, konnten nicht helfen:<br />

„Die fahren inzwischen zu 80 Prozent mit<br />

Dieselmotoren.“ Als Höhepunkt der Verzweiflung<br />

entpuppte sich schließlich ein<br />

Hubschrauber der Rennleitung, der nach<br />

fünf Stunden bei ihm landete. Ingo Zahn:<br />

„Die haben mir gesagt, sie könnten mich<br />

bei 48 Grad nicht länger da stehen lassen,<br />

einfach die Balise vom Motorrad abgeschnitten<br />

und mich im Hubschrauber zurück<br />

ins Biwak gebracht.“ Die Balise ist ein<br />

elektronisches Leuchtfeuer, über das im<br />

Notfall per Funk Hilfe gerufen werden kann.<br />

Wer sie auslöst oder verliert, ist aus dem<br />

Rennen. Wem sie abgenommen wird auch<br />

– ob er will oder nicht.<br />

Hat der Deutsche seinen Glauben an<br />

den „Spirit of Dakar“ verloren? „Irgendwie<br />

schon. Selbst Leute, die ganz hinten und<br />

nicht mehr um eine Platzierung gefahren<br />

sind, haben nicht geholfen. Jeder schaut<br />

nur noch auf sich selbst.“<br />

War das also seine letzte Dakar? „So<br />

weit würde ich nicht gehen“, sagt Ingo<br />

Zahn, „das kann einen schnell wieder einholen.“<br />

Helden, so sagt eine Definition des<br />

Begriffs, sind außergewöhnliche Menschen,<br />

die durch ihre Taten und ihr Schicksal zum<br />

Vorbild werden können. Wenn das stimmt,<br />

dann sind sie wohl alle Helden: Toby Price<br />

und Stefan Svitko, Paulo Gonçalves und<br />

Kevin Benavides, Ingo Zahn. Und natürlich<br />

die vielen Ungenannten, die <strong>2016</strong> starteten,<br />

nur um das Ziel zu erreichen. Und die im<br />

nächsten Jahr wieder starten werden.<br />

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Prolog: Buenos Aires/ARG – Rosario/ARG, 182 km,<br />

davon 11 km Sonderprüfung. Sieger: Joan Barreda<br />

Bort (E/Honda); … 78. Ingo Zahn (D/KTM). 136 Motorräder<br />

gewertet.<br />

1. Etappe: Rosario/ARG – Villa Carlos Paz/ARG, abgesagt<br />

aufgrund extremer Wetterverhältnisse.<br />

2. Etappe: Villa Carlos Paz/ARG – Termas de Río Hondo/ARG,<br />

786 km, davon 339 km Sonderprüfung. Sieger:<br />

Toby Price (AUS/KTM); … 94. Zahn; Gesamtführung:<br />

Price; … 91. Zahn. 133 Motorräder gewertet.<br />

3. Etappe: Termas de Río Hondo/ARG – Jujuy/ARG,<br />

663 km, davon 190 km Sonderprüfung. Sieger: Kevin<br />

Benavides (ARG/Honda); … 87. Zahn; Gesamtführung:<br />

Stefan Svitko (CZ/KTM); … 87. Zahn. 132<br />

Motorräder gewertet.<br />

4. Etappe: Jujuy/ARG – Jujuy/ARG, 629 km, davon<br />

429 km Sonderprüfung. Sieger: Paulo Gonçalves<br />

(POR/Honda); … 73. Zahn; Gesamtführung: Gonçalves;<br />

… 77. Zahn. 130 Motorräder gewertet.<br />

5. Etappe: Jujuy/ARG – Uyuni/BOL, 642 km, davon<br />

327 km Sonderprüfung. Sieger: Price; … 96. Zahn;<br />

Gesamtführung: Gonçalves; … 75. Zahn. 123 Motorräder<br />

gewertet.<br />

6. Etappe: Uyuni/BOL – Uyuni/BOL, 723 km, davon<br />

542 km Sonderprüfung. Sieger: Price; … 79. Zahn;<br />

Gesamtführung: Gonçalves; … 74. Zahn. 117 Motorräder<br />

gewertet.<br />

7. Etappe: Uyuni/BOL – Salta/ARG, 793 km, davon<br />

230 km Sonderprüfung. Sieger: Antoine Méo (F/<br />

KTM); … 71. Zahn; Gesamtführung: Gonçalves; …<br />

69. Zahn. 112 Motorräder gewertet.<br />

8. Etappe: Salta/ARG – Belén/ARG, 766 km, davon<br />

394 km Sonderprüfung. Sieger: Price; … 83. Zahn;<br />

Gesamtführung: Price; … 74. Zahn. 1<strong>03</strong> Motorräder<br />

gewertet.<br />

9. Etappe: Belén/ARG – Belén/ARG, 436 km, davon<br />

285 km Sonderprüfung. Sieger: Price; … 75. Zahn;<br />

Gesamtführung: Price; … 72. Zahn. 100 Motorräder<br />

gewertet.<br />

10. Etappe: Belén/ARG – La Rioja/ARG, 561 km, davon<br />

245 km Sonderprüfung. Sieger: Stefan Svitko<br />

(SVK/KTM); Gesamtführung: Price. 86 Motorräder<br />

gewertet.<br />

11. Etappe: La Rioja/ARG – San Juan/ARG, 712 km,<br />

davon 243 km Sonderprüfung. Sieger: Méo; Gesamtführung:<br />

Price. 85 Motorräder gewertet.<br />

12. Etappe: San Juan/ARG – Villa Carlos Paz/ARG,<br />

931 km, davon 481 km Sonderprüfung. Sieger:<br />

Hélder Rodrigues (POR/Yamaha); Gesamtführung:<br />

Price. 84 Motorräder gewertet.<br />

13. Etappe: Villa Carlos Paz/ARG – Rosario/ARG, 699<br />

km, davon 180 km Sonderprüfung. Sieger: Pablo<br />

Quintanilla (CHL/Husqvarna). Gesamtsieger: Price<br />

in 48:09.15 h, 2. Svitko, 39.41 min zurück; 3. Quintanilla,<br />

+ 48.48 min; 4. Kevin Benavides (ARG/Honda),<br />

bester Rookie; … 15. Laia Sanz (E/Honda, Siegerin<br />

Frauenwertung); 31. Jürgen van den Goorbergh (NL/<br />

KTM), bester Fahrer ohne Serviceteam. 84 Motorräder<br />

gewertet.<br />

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Dortmund gibt Streckensprecher<br />

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– oder wie wäre es mit Gesamtsieger<br />

der Supercross-Serie? Alles chic,<br />

aber alles ungewiss. Sicher ist in der<br />

Westfalenhalle nur eins: An Thomas<br />

Deitenbach und seinem<br />

Mikro kommt<br />

niemand vorbei.<br />

122 SPORT 3/<strong>2016</strong>


Wenn der Mann mit der Mütze bei der letzten Siegerehrung<br />

am Samstag ein „Dooooooomiiiiniiiiiiique“<br />

über die Hallenlautsprecher vorlegt, gibt das<br />

Hallenpublikum subito die passende Antwort.<br />

Dann kommt lautstark und kehlend aus 10 000 Mündern:<br />

„Thuuuuuuuuuu ry“. Das sind dann jene Momente, in denen der<br />

56-jährige Deitenbach einfach still und glücklich in sich hineinlächelt:<br />

ausverkauftes Haus, Top-Show, spannende Rennen, und<br />

ein Deutscher – eben Dominique Thury – auf dem Podium.<br />

Supercross, kurz SX, das ist Motocross auf die Spitze getrieben.<br />

Gewaltige Sprungkombinationen, Rhythmus-Sektionen wie<br />

die so oft rennentscheidenden Waschbretter, enge Kurven, steile<br />

Rampen. Eine modellierte Arena für die Besten der Besten. Supercross<br />

– das ist aber auch die perfekte, ganz große Show, wie<br />

sie die Amis lieben. Und inzwischen auch wir. Ganz großes Kino,<br />

Licht aus, Spot an. Top oder Flop. Die Zuspitzung des Dramas.<br />

Vorläufe, Halbfinale, Hoffnungsläufe – es bleibt spannend bis hin<br />

zum alles entscheidenden letzten Lauf. Das römische Brot-und-<br />

Spiele-Muster in aktuellerem, zugegebenermaßen sehr coolem<br />

Gewand. 33 Jahre geht das schon so in Dortmund. Und Tommi<br />

Deitenbach war von Anfang an dabei. Das erste Mal noch ohne<br />

Mikrofondienst, erledigt er diesen Job dieses Jahr nun schon zum<br />

32. Mal in der Westfalenhalle. Selbst wer noch nie Dortmunds SX<br />

besuchte, kennt Tommis Stimme ganz bestimmt. Supermoto,<br />

Motocross, Enduro, MotoGP: Ganz egal, wo Rennmotorräder<br />

dröhnen, Tommy kommentiert. Seine Zuneigung gehört allen<br />

Zweiradsportarten, aber sein Herz schlägt für Dortmund. Der<br />

Iserlohner war in den 80er-Jahren selbst erfolgreicher Endurosportler,<br />

verlor aber bei einem schweren Unfall ein Bein. Für<br />

ihn kein Grund, dem Sport Adieu zu sagen. Im Gegenteil. Dann<br />

www.motorradonline.de SPORT 123


Das Opening in Dortmund<br />

bietet jedes Jahr was Neues –<br />

aber immer munter und gut<br />

Supercross Dortmund<br />

Grundvoraussetzung für<br />

jeden Freestyler ist lässiges<br />

Abhängen. Kai Haase<br />

macht das eins a<br />

eben Reporter, ADAC-Mann, Messemacher. Und immer wieder<br />

Dortmund Supercross.<br />

Tommi kann sich heute noch über die wilden Zeiten freuen,<br />

weil sie eben auch heute noch ziemlich wild sind. Schwatzten sie<br />

früher den Bergleuten für eine Buddel Schnaps und ordentlich<br />

Bier eine Bergbauröhre ab, weil sie unbedingt einen Tunnel wie<br />

beim legendären Pariser Bercy-Supercross wollten, perfektionieren<br />

Tommi und sein Team heute die Lasershow oder die Choreografie.<br />

Stillstand ist Rückschritt. Er steht bei jedem Training an<br />

der Strecke, kennt die Fahrer besser als die sich selbst und besitzt<br />

eine feine Nase für die Ansprüche und Reaktion des Publikums.<br />

Er will nicht überparteilicher Langweiler sein, sondern klopft<br />

auch mal gern einen richtigen Spruch raus. Den sportpolitischen<br />

Balanceakt zwischen staubigen Gremien und notwendigen, logischen<br />

Entscheidungen beherrscht er jedoch ebenfalls perfekt.<br />

Doch jetzt genug geplaudert, wir wollen zurück auf die Strecke.<br />

In Dortmund war zunächst einmal alles anders – und zum<br />

Schluss dann doch wieder alles wie erwartet. Greg Aranda, der<br />

Dominator der Events in Stuttgart, München, Chemnitz und zuletzt<br />

auch der französischen Meisterschaft, überraschte mit technischen<br />

Problemen und Stürzen inklusive Gehirnerschütterung.<br />

Gewann dann aber doch souverän den Gesamttitel im ADAC-<br />

SX-Cup, da seine schärfsten Verfolger Jace Owen und Ben Lamay<br />

es ihm nachmachten und in der Westfalenhalle patzten. Valentin<br />

Teillet holte sich mit Eleganz und Präzision verdient den Dortmunder<br />

Königstitel. Fehlerfrei blieb er über die drei Tage aber<br />

auch nicht. Das ließ viel Raum, vor allem für Dominique Thury.<br />

Der kämpfte wie ein Löwe, brachte die Halle zum Toben und Tommi<br />

Deitenbach fast um die Stimme. Nur ein Sturz im Finale am<br />

Sonntag verhinderte schließlich den ganz großen Erfolg. Stephan<br />

Büttner in der SX2 knackte fast noch den Gesamtsieg im SX2-Cup<br />

und vollendete damit das deutsche Glück in Dortmund. Hallooo,<br />

Deutschland, wann gab es das zuletzt in unseren SX-Hallen?<br />

Um genau zu sein: Das war 2012. Jahr eins, nachdem Ken<br />

Roczen Richtung USA abwanderte. Das Jahrhunderttalent fehlt<br />

nicht nur Tommi Deitenbach, wie er freimütig zugibt. Alleine bei<br />

der Rückschau auf Kens Auftritte in Dortmund bekommt Tommi<br />

glänzende Augen! Aber die weltweit besten Supercross-Piloten<br />

zieht es eben, wie von einem Riesenmagneten angezogen, in die<br />

USA. Roczen biss und gewann sich durch alle Motocrossklassen<br />

in Europa. Natürlich war er damals auch der Prinz von Dortmund.<br />

Aber nach seinem Motocross-WM-Titel ging es direkt ab nach<br />

Amerika. Nun schickt er sich an, als Top-Favorit die US-SX-Meisterschaft<br />

zu gewinnen. Dort sind die Stars, der Style, das dicke Geld.<br />

Was aber hinterließ Ken Roczen der deutschen Szene neben<br />

seiner mächtigen Vorbildfunktion? Eins ganz sicher: seine heimatliche<br />

Trainingsstrecke im thüringischen Mattstedt, heute<br />

der deutsche SX-Mittelpunkt! Eine Piste, auf der nun aktuell<br />

die Shootingstars Stephan Büttner, Dominique Thury und die<br />

Koch-Brüder Tag um Tag ihre Runden drehen. Und wenn es<br />

zum Thema Klimaerwärmung einmal etwas Positives gibt: Der<br />

milde und vor allem trockene Winter sorgte für Trainingsmöglichkeiten<br />

in Deutschland, die sonst nur das erfolgreiche Supercross-Land<br />

Frankreich kennt. Unter Anleitung von Roczens<br />

Papa Heiko Klepka entsteht in Mattstedt derzeit mit etwas Glück<br />

ein solides SX-Fundament für die Zukunft. Denn eins ist klar:<br />

Ohne spezielle SX-Strecken, ohne Vergleich, ohne Training gibt<br />

es keine deutschen Stars!<br />

Aber mal ehrlich: Auch ohne die ganz großen Superstars ist<br />

nicht alles schlecht in Europa. Und vor allem in Dortmund. Lecker<br />

124 SPORT<br />

3/<strong>2016</strong>


Dominique Thury<br />

sorgte in der SX1<br />

mit Freitags- und<br />

Samstagspodium<br />

für Begeisterung<br />

in der Halle<br />

Stephan Büttner (links) verpasste<br />

in der SX2 nur knapp die Krönung<br />

zum Prinzen von Dortmund<br />

US-Boy Jace Wayne Owen kam zum Abräumen<br />

nach Dortmund. Oft Schnellster,<br />

aber mit jeder Menge Pech und Stürzen,<br />

erreichte er „nur“ einen Sonntagssieg<br />

Pommes, Bierchen schlürfen, durch die<br />

Halle flanieren – die Vorteile des Supercross zeigen schonungslos<br />

die Minuspunkte beim Motocross. Frau, Freundin, Familie,<br />

alle sitzen bequem. Sauwetter? Egal! In der muckeligen Westfalenhalle<br />

siehst du lückenlos – und der Termin am zweiten<br />

Januarwochenende scheint eh ziemlich perfekt. Nach Weihnachtsgedöns<br />

und der endlos faden Wintersport-Dauerschleife<br />

im Fernsehen reiben sich doch viele schon ungeduldig die<br />

Hände. Endlich wieder Motorsport, und zwar live! Apropos Fernsehen:<br />

Was filmt denn der WDR dort drüben mit Tommi Deitenbach?<br />

Der Sprecher bleibt eben immer das erkennbare, vor allem<br />

aber das hörbare Dortmund-Aushängeschild. Sein „Hallooo,<br />

Dortmund“ bildet sicherlich auch in Zukunft den legendären Auftakt<br />

zu drei Tagen feinster Supercross-Action im Pott.<br />

www.motorradonline.de/sport<br />

www.motorradonline.de<br />

Ergebnisse <br />

König von Dortmund<br />

1. Valentin Teillet (FRA, Honda), 54 Punkte;<br />

2. Jace Wayne Owen (USA, Suzuki), 52<br />

Punkte; 3. Ben Lamay (USA, Yamaha), 48<br />

Punkte; 4. Dominique Thury (GER, KTM),<br />

41 Punkte<br />

Gesamtwertung ADAC-SX1-Cup<br />

2015/<strong>2016</strong> (nach vier Veranstaltungen)<br />

1. Greg Aranda (FRA, Kawasaki), 139 Punkte;<br />

2. Jace Wayne Owen (USA, Suzuki), 123<br />

Punkte; 3. Ben Lamay (USA, Yamaha), 122<br />

Punkte; 6. Dominique Thury (GER, KTM),<br />

63 Punkte<br />

Prinz von Dortmund<br />

1. Paul Coates (GBR, Kawasaki), 68 Punkte;<br />

2. Stephan Büttner (GER, Yamaha),<br />

53,5 Punkte; 3. Iker Larranaga Olano<br />

(ESP, KTM), 50 Punkte<br />

Gesamtwertung<br />

ADAC-SX2-Cup 2015/<strong>2016</strong><br />

(nach vier Veranstaltungen)<br />

1. Iker Larranaga Olano (ESP, KTM), 138<br />

Punkte; 2. Paul Coates (GBR, Kawasaki),<br />

136 Punkte; 3. Stephan Büttner (GER,<br />

Yamaha), 121 Punkte; 12. Paul Haberland<br />

(GER, Suzuki), 22,5 Punkte<br />

SPORT 125


K U L T B I K E<br />

Oberhaupt einer großen<br />

Motorenfamilie: Alle<br />

Triebwerke der XJ-Reihe<br />

überzeugen mit Solidität,<br />

Sparsamkeit und relativ<br />

elastischem, drehfreudigem<br />

Charakter. Ach ja,<br />

und schön sind sie auch,<br />

deshalb: Spoiler weg!<br />

126 KULTBIKE<br />

3/<strong>2016</strong>


YAMAHA<br />

XJ 900<br />

Wie bequem es zwischen allen Stühlen sein kann,<br />

bewies Yamaha mit der viel zu spät angetretenen<br />

Gegnerin von Hondas 900er-Bol-d’Or.<br />

Von Fred Siemer; Fotos: Jacek Bilski, Archiv<br />

Die Lenkerverkleidung<br />

sorgte<br />

beim Premierenmodell<br />

für<br />

Unruhe<br />

Ende der 70er hatte Yamaha unter Schmerzen<br />

endlich sein Viertaktprogramm etabliert. Von<br />

Ein- bis Vierzylinder hielten die Dinger und, schöner<br />

noch, fuhren prima Gewinne ein. Da wäre eine Verschnaufpause<br />

gerade recht gewesen. Doch Herr<br />

Honda hatte andere Pläne, hämmerte die epochale<br />

CB 900 Bol d’Or sowie deren 1100er-Big-Bike-<br />

Schwester auf den Markt – und schon stand Yamaha<br />

wieder im Hemd da. Immerhin sammelte die wunderbare<br />

XJ 650 ab 1980 in der oberen Mittelklasse<br />

fleißig Punkte, zwei Jahre später von einer nur in<br />

den USA erfolgreichen 750er namens Seca assistiert.<br />

Dann der Befreiungsschlag: Fünf Jahre nach<br />

Honda brachte Yamaha 1983 eine sportliche 900er.<br />

Werbeslogan: Unser Motorrad des Jahres. Befreiungsschlag?<br />

Nur 853 cm³ seien beim von der Seca<br />

übernommenen Motorgehäuse zu holen, hieß es,<br />

zwei Ventile pro Zylinder mussten genügen, ein<br />

Kardanantrieb galt nicht eben als sportlich. Schmal<br />

war die XJ 900 immerhin geraten, denn wie von der<br />

650er vorgelebt, trug sie Lichtmaschine und Anlasser<br />

huckepack über dem Getriebegehäuse. 48 Zentimeter<br />

– weniger konnten damals nur Twins. Kupplung,<br />

Ölpumpe und Getriebe entlieh sie der fast<br />

ebenso kräftigen XJ<br />

650 Turbo. Obwohl<br />

Bol d’Or wie XJ 900<br />

mit 85 PS auf dem<br />

Prüfstand deutlich unter ihrer Nennleistung blieben,<br />

zog die Yamaha meist davon. Der Grund: Sie war die<br />

Leichteste ihrer Klasse. Mit 244 Kilo.<br />

Bereits 1985, als Suzukis GSX-R 750 und Yamahas<br />

FZ 750 debütierten, wurde die XJ beim Sportverein<br />

abgemeldet. In der Ketten verachtenden Reisefraktion<br />

jedoch, da hatte sich herumgesprochen, wie<br />

kultiviert und elastisch ihr Vierzylinder läuft, wie anspruchslos<br />

und solide er Zehntausende Kilometer<br />

abspulte. Seit die anfangs lenkerfeste kleine Verkleidung<br />

sich am Rahmen festklammerte, nahmen<br />

die Klagen über Hochgeschwindigkeitspendeln<br />

drastisch ab, obendrein stimmte der Preis. Yamaha<br />

erkannte diese Zeichen, baute die Verkleidung zur<br />

Halbschale aus, erhöhte – geht doch! – auf 892 cm³<br />

und nominell 98 PS sowie mehr Drehmoment im<br />

mittleren Drehzahlbereich. Das passte, und zwar so<br />

gut, dass die nun parallel angebotene unverkleidete<br />

Variante beinahe unterging. Man hatte sich wohl<br />

darauf geeinigt, eine XJ 900 als maximal praktisch zu<br />

betrachten. Da gehörte ein Windschutz unbedingt<br />

dazu, schon wegen möglichst hoher Autobahnschnitte.<br />

Ihre Besatzung wohlig wiegend, sparsam,<br />

schnell genug und grundsolide, schlich sich diese<br />

Yamaha Kilometer für Kilometer aus dem Rampenlicht<br />

und schlug eine Erfolgskarriere als Kardantourer<br />

ein. Die dauerte bis 1994. Elf Jahre Bauzeit,<br />

das schafft kein Sportler dieser Welt.<br />

DATEN (Modell 31A von 1983):<br />

luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-dohc-Reihenmotor,<br />

je zwei<br />

Ventile pro Zylinder, 853 cm³, 71<br />

kW (97 PS) bei 9000/min, 80 Nm<br />

bei 7500/min, Fünfganggetriebe,<br />

Kardanantrieb, Doppelschleifenrahmen<br />

aus Stahlrohr, Gewicht<br />

vollgetankt 244 kg, Reifen<br />

vorn 110/90 x 18, hinten 120/90<br />

x 18, Tankinhalt 22 Liter, Höchstgeschwindigkeit<br />

liegend 211<br />

km/h, 0–100 km/h in 4,0 sek.<br />

SZENE: Mit 14 240 Einheiten<br />

zählt die 900er in Deutschland<br />

nicht nur zu den wirklich gut<br />

verkauften Big Bikes, sondern ist<br />

knapp vor der 650er auch die<br />

bestverkaufte XJ. Erst 1994 wurde<br />

sie von der XJ 900 Diversion<br />

abgelöst, die aber den bewährten<br />

Motor übernahm. Mehr<br />

Wertschätzung geht eigentlich<br />

nicht. Noch immer ist sie recht<br />

häufig anzutreffen, akzeptable<br />

Gebrauchte notieren ab rund<br />

1000 Euro, gute deutlich mehr.<br />

Während sie werkstattmäßig<br />

beim Yamaha-Händler weiterhin<br />

prima aufgehoben ist, macht die<br />

Ersatzteilversorgung allmählich<br />

Sorgen – beim Kauf unbedingt<br />

auf einen guten Auspuff achten.<br />

INFO: Wer tiefer in die Technik<br />

einsteigen will, dem sei die Reparaturanleitung<br />

des Bucheli-<br />

Verlags empfohlen (Preis: 39,90<br />

Euro). Viele Tipps und Infos zum<br />

Thema verbreitet die XJ-Fangemeinde<br />

unter www.xj-forum.de<br />

sowie unter www.xj-ig.de.<br />

Konventioneller ja, aber schlechter als eine BMW K 100? Viele Touristen meinten: nein. Recht hatten sie<br />

Mehr packende Youngtimer-Geschichten<br />

finden Sie regelmäßig<br />

in unserer Schwesterzeitschrift.<br />

Deren nächste Ausgabe erscheint<br />

am 5. Februar <strong>2016</strong>.<br />

Alter Test gesucht?<br />

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www.motorradonline.de KULTBIKE 127


R Ü C K S P I E G E L<br />

Neues von damals aus dem <strong>MOTORRAD</strong>-Archiv<br />

45<br />

6/1971 Aus dem Nähkästchen<br />

geplaudert: Volker Rauchs Sportaufnahmen<br />

faszinieren die <strong>MOTORRAD</strong>-Leser. Auf<br />

drei Seiten lüftet der überzeugte Leica-Jünger die<br />

Geheimnisse seiner Arbeit für die fotobegeisterte<br />

Leser-Gemeinde. Das Ganze beginnt mit einem<br />

Eingeständnis: Fotos in einwandfreier Qualität zu<br />

liefern, gelänge nur mit der richtigen Kamera, wie<br />

es der damals bekannteste „Leica-Motor-Sport-<br />

Fotograf“ ihm eingeimpft hatte. Rauch geht in sich<br />

und kommt zu dem Schluss: „Es war vor allem die<br />

Schärfe, aber auch die Brillanz, die meinen Bildern<br />

oft fehlte.<br />

Also biß ich<br />

in den sauren<br />

Apfel und<br />

kaufte die für<br />

mich sündhaft<br />

teure<br />

Leica, das<br />

Modell M 3.“<br />

Es hat sich<br />

gelohnt.<br />

6/2001<br />

15 Darauf hatte die Welt gewartet:<br />

KTM erringt den ersten Sieg bei der<br />

Rallye Paris–Dakar. <strong>MOTORRAD</strong>-Mann Peter Mayer<br />

hat danach Gelegenheit, die Maschine von Rallye-<br />

Sieger Fabrizio Meoni zu fahren. „Schlank und<br />

schmal bewegt sie sich durch die Wüste – die Erbanlagen<br />

der Enduro schlagen unverkennbar durch“,<br />

schwärmt Mayer. „Gas auf, und der Eintopf jubelt<br />

blitzartig in den höchsten Tönen.“ Wie der Fahrer.<br />

Selbst üble Rüttelpisten verlören auf dieser Maschine<br />

ihren Schrecken. Die KTM besinne sich auch<br />

in Sachen Handling der enduristischen Herkunft.<br />

Viele Originalartikel finden Sie unter www.motorradonline.de/rueckspiegel<br />

http://www.motorradonline.de<br />

Herausgeber: Paul Pietsch †, Ernst Troeltsch †<br />

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Krauter, Marcus Segler<br />

Weitere Objekte der Motorrad-Zeitschriftengruppe<br />

der Motor Presse Stuttgart:<br />

PS; <strong>MOTORRAD</strong> Classic; <strong>MOTORRAD</strong> KATALOG;<br />

FUEL<br />

Ständige Mitarbeiter Inland: Gerhard Eisenschink,<br />

Friedemann Kirn, Roman Kirschbauer,<br />

Stefan Kraft (Zeichnungen), Didi Lacher, Sylvia<br />

Lischer, Sven Loll, Christian Pfeiffer, Andreas<br />

Schulz, Nicolas Streblow, Anke Wieczorek<br />

Ständige Mitarbeiter Ausland:<br />

Eva Breutel (Italien), Pavel Husak (Tschechien),<br />

Christian Lacombe (Frankreich), Imre Paulovits<br />

(Ungarn/Polen/Tschechien), Franck Péret<br />

Verlag: Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG,<br />

Leuschnerstraße 1, 70174 Stuttgart,<br />

Postfach: 70162 Stuttgart,<br />

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Leitung Geschäftsbereich Motorrad:<br />

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Stellvertretende Verlagsleitung<br />

und Leitung digitale Medien:<br />

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Junior-Brandmanager Digital:<br />

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Marcus Schardt; verantwortlich für den<br />

Anzeigenteil: Carmen Brix, Iris Eifrig<br />

Vertrieb Einzelverkauf:<br />

Vertriebsleiter: Dirk Geschke, DPV –<br />

Deutscher Pressevertrieb, 22773 Hamburg<br />

Herstellung: Rainer Jüttner (verantw.)<br />

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Prinovis Dresden GmbH & Co. KG,<br />

01129 Dresden<br />

Printed in Germany<br />

<strong>MOTORRAD</strong> erscheint 14-täglich freitags.<br />

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Höhere Gewalt entbindet den Verlag von der<br />

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in einem solchen Fall nicht anerkannt werden.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

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Für unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />

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95,90 € im Inland (A: 109,– €; CH: 192,– sFr).<br />

<strong>MOTORRAD</strong> und <strong>MOTORRAD</strong> Classic zum Kombipreis<br />

mit rund 15 % Preisvorteil. Jahrespreis für<br />

Inland 26 Ausgaben <strong>MOTORRAD</strong> und 10 Ausgaben<br />

<strong>MOTORRAD</strong> Classic 134,65 € (A: 151,70 €;<br />

CH: 256,15 sFr). Übriges Ausland auf Anfrage.<br />

Studenten erhalten gegen Vorlage einer Immatrikulationsbescheinigung<br />

das Abo mit einem<br />

Preisvorteil von 40 % gegenüber dem Kioskkauf<br />

zum Preis von 60,84 € (A: 68,64 €; CH: 121,68 sFr;<br />

weitere Auslandspreise auf Anfrage).<br />

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<strong>MOTORRAD</strong> (USPS no 0012222) is published<br />

bi-weekly by Motor Presse Stuttgart GmbH & Co.<br />

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additional mailing offices. Postmaster: Send<br />

adress changes to: Motorrad, GLP, PO Box 9868,<br />

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Die Motorrad-Zeitschriften der Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG stehen weltweit für fachliche Kompetenz und<br />

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La Moto<br />

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Motociclismo<br />

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Motocykl<br />

Tschechien<br />

Motorrevue<br />

Ungarn<br />

128 RÜCKSPIEGEL<br />

3/<strong>2016</strong>


V O R L E T Z T E<br />

S E I T E<br />

© Holger Aue, erscheint im Lappan Verlag<br />

www.motorradonline.de<br />

COMIC 129


V O R S C H A U<br />

Fotos: markus-jahn.com, Jörg Lohse, mps-Fotostudio, Ducati, Kawasaki<br />

GEMEINSAMER NENNER<br />

Sie gehören alle drei<br />

zum Stamme der<br />

Reiseenduros und<br />

haben trotz vieler<br />

Gemeinsamkeiten<br />

dennoch konzeptionelle<br />

Unterschiede.<br />

Wie behauptet sich<br />

die neue Honda Africa<br />

Twin im Vergleichstest<br />

mit den etablierten<br />

Konkurrentinnen Suzuki<br />

V-Strom 1000 und<br />

KTM 1050 Adventure?<br />

Man darf gespannt sein<br />

HOCH, HÖHER<br />

HIMALAJA<br />

Auf rustikalen Royal Enfield-<br />

Einzylindern über Schotter<br />

und Stein durch die spektakulären<br />

Landschaften von Nepal<br />

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stellen<br />

sich dem<br />

Vergleich auf<br />

der Piste und<br />

im Labor<br />

Freitag, 5. Februar<br />

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ACTION TEAM-<br />

TRAININGS-<br />

TERMINE<br />

<strong>2016</strong><br />

4/<strong>2016</strong> erscheint<br />

VOLLE KRAFT<br />

VORAUS<br />

Das Kawasaki-Superbike-WM-<br />

Team hat die Neuauflage der<br />

Ninja ZX-10R massiv beeinflusst.<br />

Fahrbericht vom Supersport-Flaggschiff<br />

der Marke<br />

ZUR SACHE,<br />

SCHÄTZCHEN<br />

Erster Fahrbericht mit der<br />

Ducati XDiavel: Was hat<br />

der schicke Cruiser mit den<br />

Fahrleistungen eines<br />

Supersportlers<br />

wirklich drauf?<br />

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WEITERE THEMEN<br />

Vergleichstest Modern Classics<br />

Triumph Street Twin und Triumph<br />

Bonneville T100<br />

Fahrbericht Wunderlich Hybrid<br />

BMW R 1200 GS mit zehn PS starkem<br />

Elektroantrieb in der Vorderradnabe<br />

Die Redaktion behält sich Änderungen vor<br />

Unterwegs in Schottland<br />

Die wilden, abwechslungsreichen<br />

Landschaften sind eine Reise wert<br />

Gebrauchtberatung<br />

Supersportler ab 2000 Euro für die<br />

Rennstrecke<br />

MotoGP-Reportage<br />

Die Clinica Mobile, das Lazarett auf<br />

Rädern, ist eine Institution<br />

3/<strong>2016</strong>


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