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ANGEKOMMEN IN SH<br />
Von der Matrosin zur gefragten<br />
Fischerei-Expertin<br />
Adalheidur Alfredsdóttir<br />
Charakter der Schleswig-Holsteiner, ihren trockenen<br />
Humor und wie sie immer direkt mit der Sprache herausrücken.<br />
Ganz wichtig für mich: Ohne die Nähe zum Meer<br />
könnte ich nicht leben. Und: Die Winter sind hier deutlich<br />
milder als in Island und die Sommer viel wärmer“, erzählt<br />
Alfredsdóttir mit leuchtenden Augen.<br />
www.chefsculinar.de<br />
Der Beruf ihrer Eltern ist<br />
der Grund, warum es die<br />
achtjährige Isländerin<br />
Adalheidur Alfredsdóttir<br />
nach Deutschland<br />
Adalheidur Alfredsdóttir, Kiel verschlägt. Sie lebt in<br />
Hameln, Magdeburg und<br />
Gummersbach, bis die Familie 2008 nach Kiel zieht und<br />
die Tochter am Gymnasium Käthe-Kollwitz-Schule in Kiel ihr<br />
letztes Schuljahr absolviert. „Mit Abstand das schönste Jahr<br />
meiner Schulzeit,“ schwärmt die Isländerin noch heute. In<br />
nur zwei Wochen sei sie komplett in alle Aktivitäten einbezogen<br />
worden, habe dort ihre beste Freundin und viele<br />
Freunde kennengelernt.<br />
Vom spanischen Schüler<br />
zum Lübecker Azubi<br />
Santiago Lopéz<br />
33<br />
In seiner Heimat, der Provinz<br />
Murcia in Südspanien,<br />
ist fast jeder zweite Jugendliche<br />
arbeitslos. Der<br />
19-jährige Santiago Lopéz<br />
ergattert glücklicherweise<br />
Santiago Lopéz, Lübeck<br />
nach seinem Realschulabschluss<br />
einen Ausbildungsplatz<br />
als Schweißer. Der Haken an der Sache: Die<br />
Ausbildung ist rein schulisch ausgerichtet und bietet ihm<br />
kaum praktische Erfahrungen. Doch ein Gutes hat das Ganze:<br />
Der junge Spanier erfährt dort von Moin España, einem<br />
Projekt der Lübecker Handwerkskammer, das arbeitslose<br />
spanische Jugendliche und freie Lehrstellen in Lübeck zusammenbringt.<br />
Lopéz ergreift seine Chance und wählt „die<br />
sichere Schiene“: Nach einem sechswöchigen Deutschkurs<br />
geht es für ihn nach Lübeck, wo er bei der Firma Kohlhoff<br />
Gebäudetechnik GmbH eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker<br />
für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik beginnt.<br />
Zweite Heimat<br />
Schleswig-Holstein<br />
Angekommen – Menschen aus aller Welt<br />
im echten Norden<br />
Schleswig-Holstein ist weltoffen. Menschen aus der ganzen<br />
Welt leben und arbeiten hier Seite an Seite. „Wirtschaftsland“<br />
stellt vier Menschen vor, die im echten Norden ihre Heimat<br />
gefunden haben.<br />
2009 besteht sie erfolgreich ihr Abitur und kehrt in ihre<br />
isländische Heimatstadt Akureyri zurück, um Fisheries<br />
Science – Fischereiwissenschaft – zu studieren. „Jeder Isländer<br />
hat eine familiäre Verbindung zur Fischerei. Und ich<br />
war neugierig auf das Studienfach“, begründet Alfredsdóttir<br />
ihre Wahl. Im Studium ist sie eine von wenigen Frauen.<br />
Um sich auch später in dem von Männern dominierten<br />
Beruf Respekt verschaffen zu können, heuert die tatkräftige<br />
Studentin kurzerhand in den Sommermonaten als Matrosin<br />
auf dem größten isländischen Tra<strong>wl</strong>er an. An Bord ist<br />
sie die einzige Frau unter 33 Männern. Eineinhalb Monate<br />
am Stück arbeitet die Crew rund um die Uhr in Acht-Stunden-Schichten.<br />
Ein echter Knochenjob, der maximal vier<br />
bis fünf Stunden Schlaf am Stück erlaubt. “Seekrank? Geht<br />
nicht, wenn man sich an Bord behaupten will“, lacht die<br />
heute 25-Jährige. Drei Jahre fährt sie neben ihrem Studium<br />
immer wieder zur See und fängt Heringe und Makrelen. Im<br />
Juni 2014 hat sie ihren Bachelor of Fisheries Science in der<br />
Tasche.<br />
Anfang Oktober 2014 – sie ist gerade wieder auf hoher<br />
See – ruft ihre Mutter per Satellitentelefon an. Die frischgebackene<br />
Fischereiwissenschaftlerin habe ein Jobangebot<br />
aus Kiel und könne sofort anfangen. Chefs Culinar,<br />
einer der bedeutendsten Großhändler für Lebensmittel<br />
und Non-Food in Deutschland, bietet ihr eine Position im<br />
internationalen Einkauf an. Schon lange habe man nach<br />
Fachkräften mit ihren Qualifikationen gesucht. Adalheidur<br />
Alfredsdóttir sagt sofort Ja. Am ersten November 2014<br />
startet sie bei Chefs Culinar. „In Kiel habe ich mich immer<br />
am wohlsten gefühlt. Ich mag den ehrlichen, ruhigen<br />
Bei der Integration unterstützt ihn die Handwerkskammer<br />
Lübeck mit fachlichem Nachhilfe- und Deutschunterricht,<br />
der Unterbringung in einer Wohngemeinschaft, intensiver<br />
persönlicher Betreuung und großem Engagement. „Das<br />
hat mir beim Einleben in Lübeck wirklich super geholfen.<br />
Auch meine Arbeitskollegen haben sich sehr um mich gekümmert<br />
und mich sogar zu sich nach Hause eingeladen“,<br />
erzählt der junge Spanier. Aber auch andere in Lübeck lebende<br />
Spanier und seine kolumbianische Freundin helfen<br />
ihm dabei, in der Hansestadt heimisch zu werden.<br />
Heute ist Santiago Lopéz 21 Jahre alt, hat seine Zwischenprüfung<br />
erfolgreich absolviert und befindet sich im dritten<br />
Lehrjahr. Sein nächstes Ziel ist es, nach der Ausbildung als<br />
Fachkraft in dem Lübecker Betrieb weiterzuarbeiten. Was<br />
er an Schleswig-Holstein besonders mag? Die Architektur,<br />
das Essen und die vielen Grünflächen, die nicht so ausgetrocknet<br />
sind wie im spanischen Murcia.<br />
www.kohlhoff-luebeck.de<br />
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