Neue Szene Augsburg 2016-02
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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48 Cinerama<br />
SIBYLLE<br />
Regie: Michael Krummenacher<br />
mit: Anne Ratte Polle, Thomas Loibl,<br />
Dennis Kamitz, Levi Lang u.a.<br />
Was einer Frau widerfahren kann, die<br />
erfolgreich im Beruf ist, und diesen eng<br />
mit ihrem Privatleben verknüpft, in dem<br />
sich wiederum unerwartet Abgründe<br />
auftun, das ist eines der interessanteren<br />
Motive in diesem Film. Sibylle,<br />
gestresste Münchner Architektin, will<br />
sich mit ihrem Mann und den Söhnen<br />
am Gardasee erholen, doch alles ist<br />
unheimlich seltsam und mysteriös. Weil<br />
irgendetwas in Sibylle so richtig kaputt<br />
ist, muss sie mitansehen, wie sich ihre<br />
Doppelgängerin (oder ihr zweites Ich)<br />
von hohen Klippen in den Tod stürzt.<br />
Danach klafft ein Riss in Sibylles Welt;<br />
der eine Sohn interessiert sich nur noch<br />
für Bodybuilding und Pornos, der andere<br />
fährt den ganzen Tag mit dem Rad im<br />
Kreis (siehe „The Shining“) und Sibylles<br />
Ehemann, der auch ihr Geschäftspartner<br />
ist, misstraut ihr zutiefst. So, und<br />
jetzt vergessen wir die Inhaltsangabe<br />
wieder, denn in diesem Angstpsychose-<br />
Genrefilm geht es um Formalismen und<br />
Effekte, und um gutes, böses Spiel. (fs)<br />
(Kinostart: 04.<strong>02</strong>.)<br />
<br />
FREUNDE FÜRS LEBEN<br />
Regie: Cesc Gay<br />
mit: Ricardo Darín, Javier Cámara,<br />
Dolores Fonzi, Eduard Fernández, Àlex<br />
Brendemühl u.a.<br />
Zunächst die gute Nachricht: Im Original<br />
heißt der Film nicht „Freunde fürs<br />
Leben“, denn wer wollte sich schon<br />
so einen zum Gähnen nett klingenden<br />
Streifen antun, außer hart in ZDF Arztund<br />
Familienserien erprobte Klientel?<br />
Nein, der Film trägt im Original den<br />
Titel „Truman“ – so heißt nämlich der<br />
Hund von dem hier unheilbar an Krebs<br />
erkrankten Ricardo Darín. Das sind<br />
dann auch schon die zwei schlechten<br />
Nachrichten. Plus die mittelschlechte,<br />
dass der Film wirklich nett ist. Denn ja,<br />
wer eine Feelgood-Komödie mit dem<br />
Plot „Tod steht vor der Tür – schnell<br />
noch mit dem besten Freund von<br />
früher einen draufmachen“ braucht,<br />
nun ja, der braucht vielleicht wirklich<br />
einen Film, um sich ein bisschen besser<br />
zu fühlen ... oder zumindest über die<br />
Dauer von anderthalb Stunden eine<br />
gute Zeit zu haben. Und das geht hier<br />
sogar so gut, dass den Film zu sehen<br />
keiner Verzweiflungstat bedarf. (fs)<br />
(Kinostart: 25.<strong>02</strong>.)<br />
<br />
THE HATEFUL 8<br />
Regie: Quentin Tarantino<br />
Mit: Samuel L. Jackson, Kurt Russell,<br />
Jennifer Jason Leigh, Tim Roth u.a.<br />
Auch dieser Tarantino ist längst vor<br />
dem Kinostart legendär: An ein gewaltiges<br />
Starensemble ist man ja bereits<br />
gewohnt beim US-Kultregisseur, dazu<br />
kommt jetzt noch Ennio Morricone an<br />
der Filmmusik, der prompt mit einem<br />
Golden Globe ausgezeichnet wurde.<br />
Das passt wie die schmutzige Faust<br />
aufs tränende Auge, der Streifen<br />
spielt kurz nach dem Bürgerkrieg im<br />
verschneiten Wyoming und lässt eine<br />
bunte Truppe in einer Hütte stranden<br />
– darunter zwei Kopfgeldjäger, ein<br />
Sheriff, eine hübsche Gefangene, ein<br />
Südstaatengeneral, ein Cowboy...<br />
Klar, dass die nicht zum Kaffeeklatsch<br />
gekommen sind, aber die Königsdisziplin<br />
„Kammerspiel“ hat Tarantino<br />
seit „Reservoir Dogs“ nicht mehr so<br />
gut hinbekommen. Man darf anfangs<br />
gerne Wetten abschließen, wie viele<br />
Hüte die Hütte lebend verlassen –<br />
ansonsten steht dem munter-blutigen<br />
Abzählspiel nichts im Wege, außer<br />
vielleicht die deutsche Synchronisation.<br />
(flo) (Kinostart: 28.01.)<br />
<br />
THE BOY<br />
Regie: William Brent Bell<br />
mit Lauren Cohan, Rupert Evans, Ben<br />
Robson, Jim Norton, Diana Hardcastle,<br />
James Russell u.a.<br />
Puppengrusel, eines der ältesten Motive<br />
des Schaudergenres. Dagegen ist auch<br />
überhaupt nichts einzuwenden, es gibt<br />
nur ein Problem: Dem Zuschauer klarzumachen,<br />
warum unser Protagonist der<br />
üblen Figur, in unserem Fall sogar eine<br />
Porzellanpuppe, nicht einfach einen Tritt<br />
verpasst, sie schön ordentlich zusammenkehrt<br />
und im Hausmüll entsorgt.<br />
Lauren Cohan sollte aus „The Walking<br />
Dead“ bereits Erfahrung mitbringen,<br />
aber auch sie muss sich durch die<br />
mühsam konstruierte Geschichte hangeln<br />
und als Nanny auf die immerhin<br />
lebensgroße Porzellanpuppe aufpassen,<br />
die einem kürzlich verstorbenen Jungen<br />
gehörte und ein gewisses Eigenleben<br />
entwickelt. Wer jetzt schon keinen<br />
Bock mehr hat, sei entschuldigt, Horrorfans<br />
können sich immerhin auf einen<br />
handwerklich akzeptablen Streifen<br />
freuen, das schöne Setting (Landhaus<br />
in England) und die Hauptdarstellerin<br />
im Nachthemd bei Kerzenschein... (flo)<br />
(Kinostart: 18.<strong>02</strong>.)<br />
<br />
FILM DES MONATS<br />
MUSTANG<br />
Regie: Deniz Gamze Ergüven<br />
mit: Güneş Şensoy, Doğa Doğuşlu, Elit İşcan, Tuğba Sunguroğlu, İlayda<br />
Akdoğan u.a.<br />
<strong>Neue</strong>rdings meint ja Hinz und Kunz, sich schützend vor „die Frau als Politikum“ stellen<br />
zu müssen. Ärgerlich daran ist, dass all die konservativen bis ultrareaktionären<br />
Stimmen, die sich da auf einmal berufen fühlen, zum Thema Gleichberechtigung<br />
noch nie ihre Hausaufgaben gemacht haben. Zum Glück gibt es das Kino! Zum<br />
Glück, wenn dort neue Stimmen, Namen und Gesichter mit einer authentischen<br />
Perspektive den Kampf gegen die Unterdrückung der Frau aufnehmen. Deniz Gamze<br />
Ergüven ist so ein Name, von dem wir noch hören werden. Das Spielfilmdebüt der<br />
in Frankreich lebenden Regisseurin könnte lapidar als türkische Variante von Sofia<br />
Coppolas „The Virgin Suicides“ umrissen werden, ist aber so umwerfend, dass sie<br />
damit nun für die Oscars in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ ins Rennen<br />
geht – interessanterweise von Frankreich nominiert, nicht von der Türkei, und seit<br />
2009 die erste französische Nominierung, die auch angenommen wurde. Wie auch<br />
immer, was die fünf Waisenkinderschwestern in einem türkischen Provinzdorf vom<br />
Zaun brechen, macht schon Spaß. Ob sie mit ihrer Rebellion ein Freudenfeuer von<br />
universeller Bedeutung entfachen? (fs) (Kinostart: 25.<strong>02</strong>.)<br />
<br />
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