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2014 14 impuls

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Das Bienensterben ist auch in Tirol ein Thema<br />

Erschwerte Haltung von Bienen im Tiroler Oberland und was dahinter steckt<br />

Thomas Weiskopf sieht sich systematisch die einzelnen Mittelwände, welche von den Bienen zu den fertigen Waben ausgebaut werden, an. Es wird zwischen Brutzellen<br />

und Honigzellen unterschieden, die beide regelmäßig kontrolliert werden müssen. Wo ist die Königin? Tipp: Um sie später leichter ausfindig zu machen, wird jede junge<br />

Königin gekennzeichnet, bevor sie in ein Volk gesetzt wird - diese Königin wurde 2013 gezeichnet, und wie alle Königinnen dieses Jahrgangs mit rotem Blättchen.<br />

Fotos: Privat/Weiskopf<br />

Thomas Weiskopf lebt mit seinen<br />

vier Kindern und seiner Frau<br />

Christiane in Pians. In seinem<br />

Haus wohnen auch die Eltern –<br />

Vater und Imkerkollege Gottfried<br />

Weiskopf und Mutter Irmgard.<br />

Zusammen beherbergen sie<br />

außerdem Millionen von Bienen<br />

in mittlerweile rund 160 Bienenstöcken,<br />

von denen etwa die<br />

Hälfte zur Bioimkerei zählen.<br />

2012 erregte der Schweizer Regisseur<br />

Markus Imhoof mit seinem<br />

Dokumentarfilm "More than<br />

Honey" das Aufsehen der Öffentlichkeit.<br />

Das Thema Bienen war<br />

somit in aller Munde. Jedoch noch<br />

nicht in dem Ausmaß, in welchem<br />

Thomas, der wie sein Vater mit<br />

Leib und Seele Imker ist, es sich<br />

wünschen würde. Impuls führte<br />

mit ihm zu dieser Thematik folgendes<br />

Interview.<br />

Wie viele Prozent der Bienenstöcke<br />

konnten bei euch in letzter Zeit pro<br />

Jahr überwintert werden?<br />

Bei uns konnten dieses Jahr glücklicherweise<br />

rund 98 % überwintert<br />

werden. Wichtig ist, dass im Volk<br />

kein Futtermangel herrscht und<br />

gute Königinnen vorhanden sind.<br />

Manche Völker sterben während<br />

des Winters allerdings aus unerklärlichen<br />

Gründen.<br />

Wie aktuell ist das Thema Bienensterben<br />

im Tiroler Oberland?<br />

In den Obstbauregionen (z.B. Genussregion<br />

Stanser Zwetschke) gibt<br />

es nach wie vor starke Flugbienenverluste.<br />

Zwischen Ende April<br />

und Anfang Mai werden dort von<br />

den Obstbauern pflegerische Maßnahmen<br />

unternommen. Diverse<br />

Spritzungen von Pestiziden, welche<br />

gegen die Pflaumensägewespe und<br />

Wickler sein sollten und als ungefährlich<br />

für die Bienen eingestuft<br />

sind, werden ausgebracht, was allerdings<br />

subletale Effekte mit sich<br />

bringt. Das bedeutet, dass diese<br />

Stoffe ausreichen, um den Orientierungssinn<br />

der Bienen zu beeinträchtigen,<br />

was wiederum bewirkt,<br />

dass die Flugbienen nicht zurück<br />

in ihren Bienenstock finden und<br />

somit die Anzahl im Stock dras -<br />

tisch vermindert wird. In der Zulassung<br />

dieses Mittels wurde zwar<br />

berücksichtigt, dass die Biene nicht<br />

direkt an diesem Stoff stirbt. Allerdings<br />

führt die Orientierungslosigkeit<br />

des Insekts zu dessen Tod! Betroffen<br />

sind natürlich nicht nur<br />

unsere Bienen, sondern auch<br />

Schmetterlinge, Hummeln und<br />

weitere Bestäuber. Auch viele Vogelarten,<br />

welche in der Nahrungskette<br />

als nächste kommen, sind<br />

von diesem Umweltverbrechen betroffen.<br />

Wie können ImkerInnen dem Bienensterben<br />

präventiv entgegenarbeiten<br />

bzw. was wird im Tiroler<br />

Oberland bereits unternommen?<br />

Durch intensives Beobachten unserer<br />

Bienen an verschiedenen<br />

Standorten haben wir einen direkten<br />

Vergleich und merken schnell,<br />

wenn an einem Bienenstand etwas<br />

nicht in Ordnung ist. Dann schaffen<br />

wir die Völker frühzeitig aus<br />

der Gefahrenzone.<br />

Außerdem ist es von großer Bedeutung,<br />

dass man ein Behandlungskonzept<br />

findet, das den Parasiten<br />

Varroamilbe, welche vorrangig<br />

die Brut der Bienen überfällt<br />

und somit Missbildungen erzeugt,<br />

effektiv reduziert. Wir wählten vor<br />

vielen Jahren die Ameisensäurebehandlung,<br />

welche wirklich ausgezeichnet<br />

funktioniert, als Gegenmittel<br />

aus.<br />

In unserer Region werden Imker<br />

per SMS aufgerufen, innerhalb<br />

eines Zeitraumes zu behandeln.<br />

Mit diesem Vorgehen erzielten wir<br />

deutlich weniger Völkerverluste<br />

und machten somit positive Erfahrungen.<br />

Wir achten in unserer Imkerei außerdem<br />

besonders auf die Zucht!<br />

Von Völkern, welche vitale und robuste<br />

Bienen haben, züchten wir<br />

weiter. Dabei verwenden wir Biowachs<br />

und geben Acht, dass keine<br />

alten Waben verwendet werden.<br />

Wir versuchen also, den Bienen<br />

die besten Entwicklungsmöglichkeiten<br />

zu bieten.<br />

Was kann der Durchschnittstiroler<br />

konkret tun?<br />

Er soll Bienenprodukte wie Honig,<br />

Wabenhonig, Propolis, Pollen etc.<br />

von heimischen Imkern erwerben<br />

und vermehrt biologisch angebaute<br />

Früchte und auch Gemüse<br />

aus der Region kaufen.<br />

Mit Kindern kann man Bienenhotels<br />

für Wildbienen bauen, es gibt<br />

diverse Anleitungen dazu in Büchern<br />

und Internet. Mit einem<br />

Bienenhotel im Garten lassen sich<br />

die kleinen Insekten auch gut beobachten,<br />

man wird auch sensibel<br />

und sieht, wenn mit ihnen etwas<br />

nicht stimmt.<br />

Noch eine wichtige Botschaft an<br />

die <strong>impuls</strong>-Leser?<br />

Ja, der Imker kann als Barometer<br />

für die Umweltsünden gesehen<br />

werden. Ihnen ist daher Nachhaltigkeit<br />

sehr wichtig. Das Thema<br />

Bienensterben ist auch für den<br />

Obstbau eine Herausforderung,<br />

aber auch eine Chance, nachhaltiger<br />

und biologisch zu produzieren.<br />

Auch der Konsument spielt hier<br />

eine wichtige Rolle - Angebot und<br />

Nachfrage.<br />

Mir liegt es sehr am Herzen, dass<br />

Menschen wie du und ich aufstehen<br />

und auch die Politik kritisch<br />

hinterfragen, beispielsweise was zu<br />

welchem Preis geschieht und dass<br />

etwa diverse altzugelassene Spritzmittel<br />

mit neuen wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen verglichen<br />

werden sollen. Den Dokumentarfilm<br />

"More than Honey" empfehle<br />

ich sehr, wie auch das bereits 1962<br />

erschienene Sachbuch "Silent<br />

Spring" von Rachel Carson, welches<br />

häufig als Ausgangspunkt der<br />

weltweiten Umweltbewegung betrachtet<br />

wird. Hat man diese<br />

Werke gesehen bzw. gelesen, so<br />

kann man sich auch als Laie sehr<br />

gut ein Bild von dieser Thematik<br />

machen.<br />

(lewe)<br />

26 9. September <strong>20<strong>14</strong></strong>

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