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EDI<br />
TORIAL<br />
Liebe Gangartfreunde,<br />
es ist höchste Zeit. In der neuen Gangart<br />
machen wir die Flucht zu unserem Schwerpunktthema.<br />
Die Welt ist im Umbruch.<br />
Und der Terror trägt die Kriege vor unsere<br />
Haustür. Grenzen werden neu gezogen.<br />
Und längst überwunden geglaubte Zäune<br />
werden wieder aus dem Schuppen geholt.<br />
Angesichts des Fremden steht unsere eigene<br />
Kultur auf dem Prüfstand: Wer sind wir?<br />
Was wollen wir? Wofür stehen wir?<br />
Man könnte es auch Aufbruch nennen.<br />
Wenn man sieht, was sich zivilgesellschaftlich<br />
tut. Überall schießen Initiativen, Projekte<br />
aus dem Boden, denen eines gemeinsam<br />
ist: Der Glaube an die positive Kraft von<br />
guten Beispielen. Noch nie waren wir auf<br />
diese so angewiesen wie heute, wenn dieser<br />
Aufbruch glücken soll. Niemand sagt, dass<br />
es leicht wird. Niemand sagt, dass alles eitel<br />
Wonne ist. Wie geht man mit Menschen um,<br />
die alles zurücklassen mussten, die traumatisiert<br />
sind vom Krieg und in eine neue<br />
Kultur gestoßen wurden, die alte Selbstverständlichkeiten<br />
über den Haufen wirft?<br />
Sie brauchen eine Chance, das steht fest.<br />
Einen Hoffnungsschimmer, an den sie sich<br />
klammern können. Eine Geste, ein Lächeln,<br />
ein Signal auf Augenhöhe. Nur so kann es<br />
gehen. Vorurteile produzieren Vorurteile.<br />
So einfach ist das. Und wer Vertrauen schenkt, der<br />
schafft Bedingungen, dass etwas entstehen kann.<br />
Wie im Frühling in der Natur.<br />
Lassen Sie uns, auch hier in Abtenau, gemeinsam<br />
die Bedingungen schaffen, dass etwas wachsen<br />
kann. Lassen Sie uns den Aufbruch, vor dem wir<br />
stehen, als etwas Positives begreifen. Als eine<br />
nach vorne gerichtete Kraft, die uns in Bewegung<br />
setzt. Das ist ja nichts Schlechtes, wenn man in<br />
Bewegung bleibt. Wenn man Nicht-Mehr-Benötigtes<br />
zurücklässt und Nützlich-Neues entwickelt. Was<br />
wir dazu brauchen? Die Bereitschaft, loszulassen.<br />
Und Trennung als Neubeginn zu begreifen. Wie im<br />
Leben angelegt. Denken Sie an die Nabelschnur.<br />
Sie zu durchschneiden, ist Anfang von allem.<br />
Das Leben ist voller Höhen und Tiefen, voller<br />
Schmerz und Freude. Ein großes Abenteuer, eine<br />
Expedition – eine Reise. Allein die achtsam gestellte<br />
Frage: „Woher komme ich und wohin gehe ich?“<br />
macht einen Raum auf, in dem andere Menschen<br />
und Schicksale verstehbar werden. Auch wir,<br />
die scheinbar Sesshaften sollten uns diese Frage<br />
immer neu stellen. Warum? Weil wir dadurch in<br />
Bewegung bleiben; und diese Beweglichkeit die<br />
Voraussetzung ist, andere Lebens- und Fluchtwege<br />
zu begreifen.<br />
Lasst uns in diesem Sinne mutig sein!<br />
Euer<br />
<strong>gangart</strong> 3