Länderübergreifender Gesundheitsbericht Berlin-Brandenburg 2015
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<strong>Gesundheitsbericht</strong> <strong>Berlin</strong>-<strong>Brandenburg</strong> <strong>2015</strong> – Betriebliche Gesundheitsförderung und -management<br />
3.4 Trends und Herausforderungen aus der<br />
Arbeitswelt<br />
Für die betriebliche Gesundheitsförderung von Bedeutung<br />
sind verschiedene Trends der Wirtschaft mit Folgen für die<br />
Arbeitswelt. Hierzu gehören die durch die Globalisierung<br />
zunehmende Beschleunigung und Konkurrenz, die sich auf<br />
die Arbeit und die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten<br />
auswirken (vgl. Lenhardt und Rosenbrock 2010). Folgenreich<br />
sind daneben die langfristigen Verschiebungen innerhalb<br />
der Wirtschaftsstruktur, d. h. die Ausweitung des<br />
Dienstleistungssektors und der damit verbundene Bedeutungszuwachs<br />
von wissens- und kommunikationsintensiver<br />
Tätigkeiten (Stichwort Dienstleistungsarbeit, Wissensarbeit).<br />
In der Arbeitswelt sind Deregulierung und Entstandardisierung<br />
von Beschäftigungs- und Leistungsbedingungen<br />
zu beobachten, es gibt flexiblere Arbeitsformen und<br />
Arbeitszeiten (z. B. Projektarbeit etc.). Zielvereinbarungen<br />
und indirekte Steuerung spielen für viele Beschäftigte eine<br />
Rolle.<br />
Eine Entwicklung ist die Schwerpunktverlagerung von körperlichen,<br />
hin zu psychischen Belastungen. Dabei dürfen<br />
jedoch die körperlichen Belastungen nicht vernachlässigt<br />
werden – sie spielen bei vielen Tätigkeiten immer noch<br />
eine Rolle. Ebenfalls folgenreich ist die durch den demografischen<br />
Wandel verursachte Alterung des Erwerbspersonenpotentials.<br />
Perspektivenerweiterung und neue Akzentsetzungen<br />
des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung<br />
Für den Arbeitsschutz, für die betriebliche Prävention und die<br />
betriebliche Gesundheitsförderung erfordert dies eine Perspektiverweiterung<br />
und neue Akzentsetzungen. Lenhardt und<br />
Rosenbrock (2010) stellen dies durch Tabelle 1 dar.<br />
Die Zielorientierung des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung<br />
verlagert den Schwerpunkt bzw. erweitert<br />
die Perspektive von einer Abwehr körperlicher Schädigung<br />
auf die Verminderung psychischer Fehlbelastung und die<br />
Förderung gesundheitlicher Ressourcen sowie Realisierbarkeit<br />
geistiger und emotionaler und sozialer Bedürfnisse<br />
bei der Arbeit.<br />
Der Problemfokus des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung<br />
erweitert sich von isolierten, meist technisch-stofflichen<br />
Belastungsfaktoren mit eindeutiger Wirkung<br />
auf die Gesundheit hin zum organisatorischen und sozialen<br />
Bedingungsgefüge des Betriebs mit seinen komplexen gesundheitlichen<br />
Wirkungen.<br />
Der Typ der Problembearbeitung im Arbeitsschutz und<br />
in der Gesundheitsförderung wandelt sich vom Handlungsmuster<br />
„Vorschrift-Vollzug-Kontrolle“, von institutionalisierter<br />
Zuständigkeit, von Delegation an medizinische und technische<br />
Experten hin zu diskursiv/kooperativen Problembewertungen<br />
und Maßnahmenentwicklung, zur flexiblen Vernetzung<br />
von Akteuren, zur Partizipation der Beschäftigten<br />
und Integration in betriebliche Entscheidungsstrukturen<br />
und -abläufe.<br />
Dominierende Maßnahmen sind nicht nur medizinische<br />
Untersuchungen, Sicherheitsüberwachung und Belehrung,<br />
sondern auch Arbeitsgestaltung, Organisationsentwicklung<br />
und Kompetenzentwicklung.<br />
Konvergenz von Arbeitsschutz und BGF<br />
Von modernen Arbeitsschutzstrategien ist die BGF immer<br />
weniger trennscharf zu unterscheiden, da sich erstere ja<br />
auch u. a. auf die Dimension gesundheitlicher Ressourcen<br />
oder die menschengerechte Gestaltung der Arbeit beziehen<br />
(Lenhardt und Rosenbrock 2010).<br />
Demografischer Wandel<br />
Durch die Alterung der Erwerbsbevölkerung gewinnen Anstrengungen<br />
zum Erhalt von Gesundheit, Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit<br />
an Bedeutung, weil das Risiko einer<br />
chronischen Erkrankung und daraus möglicherweise eingeschränkter<br />
Erwerbs fähigkeit ab dem mittleren Erwachsenenalter<br />
stark ansteigt. Über die gesamte Spanne des<br />
Erwerbslebens müssen zukünftig Möglichkeiten zum Erhalt<br />
der Beschäftigungsfähigkeit genutzt werden (GKV Spitzenverband<br />
2014).