Wirtschaftszeitung_Tabloid_25042016
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TRADITIONS- UND FAMILIENUNTERNEHMEN 3<br />
„Wir brauchen<br />
ehrbare Kaufleute“<br />
IHK-Vize-Chef Bodo Risch über Anstand und Sitte imUnternehmertum<br />
Dr. Bodo Risch, stellvertretender<br />
Hauptgeschäftsführer der IHK<br />
Nord Westfalen, erläutert im Gespräch<br />
mit unserer Zeitung, was<br />
einen ehrbaren Kaufmann ausmacht<br />
und warum Unternehmen<br />
soziale Verantwortung übernehmen<br />
sollten.<br />
■ Wie ist es um die Moral der Unternehmer<br />
in der Region bestellt?<br />
Risch: Gut. Auch wenn es schwarze<br />
Schafegibt –grundsätzlich ist das Handeln<br />
der Unternehmer ehrlich und<br />
ethisch vertretbar.<br />
Dennoch blickt die Öffentlichkeit zunehmend<br />
kritisch auf die Wirtschaft.<br />
Etwa wenn, wie zuletzt, VW-Manager<br />
mitten im Abgaswerteskandal auf ihre<br />
Bonuszahlungen pochten.<br />
Risch: Diese Wahrnehmung stellt für<br />
Unternehmen in der Tateine nicht zu<br />
unterschätzende Gefahr dar. Ineiner<br />
modernen, demokratischen Gesellschaft<br />
können Marktwirtschaft und<br />
Unternehmertum langfristig nicht bestehen,<br />
wenn dieBürgerdiese nicht als<br />
gesellschaftlich wertvoll ansehen.<br />
Warum ist das so wichtig?<br />
Risch: Die soziale Marktwirtschaft<br />
lebt nun einmal von der Akzeptanz<br />
der Bürger. Undsie ist das<br />
Fundament unserer Wirtschaftsordnung.<br />
Insofern brauchen<br />
wir ehrbare Kaufleute.<br />
Was zeichnet sie aus?<br />
Risch: Sie sind verlässlich, stehen zu<br />
ihrem Wort und verhaltensich fairund<br />
anständig gegenüber Geschäftspartnern,<br />
Kunden und Mitarbeitern.<br />
Steht das Streben nach Gewinn hierzu<br />
im Widerspruch?<br />
Risch: Nein. Eswäre verfehlt, deswegen<br />
pauschal den Verzicht auf das<br />
Eigeninteresse oder die Erzielung von<br />
Gewinnen zu fordern. Es darfnicht vergessen<br />
werden, dass die Möglichkeit<br />
zur Gewinnerzielung Unternehmen<br />
dazu motiviert, Güter und Dienstleistungen<br />
bereitzustellen, Arbeitsplätze<br />
zu schaffen oder in technologischen<br />
Fortschritt zu investieren.<br />
Unternehmen haben darüber hinaus<br />
auch eine gesellschaftliche Verantwortung.<br />
Was ist damit gemeint?<br />
Risch: Oftmals wird Verantwortungsübernahme<br />
verstanden als die Erbringung<br />
von unternehmerischen Wohltaten,<br />
bei denen Unternehmen sich zum<br />
Beispiel für den Schutz des Regenwalds<br />
engagieren oder ein Projekt für arbeitslose<br />
Jugendliche betreiben. Derartige<br />
Wohltaten können zwar sowohl<br />
unternehmerischals auch gesellschaftlich<br />
wertvoll sein,<br />
allerdings machen sie<br />
nicht den Kernder gesellschaftlichen<br />
Verantwortung vonUnternehmen<br />
aus.<br />
Sondern?<br />
Risch: Die Übernahme von Verantwortung<br />
ist unter den Bedingungen des<br />
unternehmerischen Alltags, also unter<br />
Kosten-, Zeit- und Wettbewerbsdruck,<br />
eine höchst anspruchsvolle Aufgabe.<br />
Immer wieder kommt es zu Situationen,<br />
in deneneslukrativ erscheint, von<br />
verantwortlichem Verhalten zugunsten<br />
von kurzfristigen Gewinnen abzuweichen.<br />
So lassen sich etwa Gewinne<br />
kurzfristig dadurch steigern, dass<br />
Arbeits- und Sozialstandards nicht eingehalten,<br />
Sicherheitsstandards reduziert,<br />
falsche Service-Versprechen abgegeben<br />
oder berechtigte Kundenreklamationen<br />
ignoriert werden. Unternehmen,<br />
die in der Lage sind, auf derartige<br />
unverantwortliche Formen der<br />
Gewinnerzielung zu verzichten, investieren<br />
in die Bedingungen ihres zukünftigen<br />
Erfolgs.<br />
Umgekehrt ...<br />
Risch: ...zerstören sie Vertrauen, wenn<br />
Kunden schlecht beraten, Mitarbeiter<br />
ausgebeutet oder Zulieferer nicht vereinbarungsgemäß<br />
bezahlt werden. Insofern<br />
übernehmen Unternehmen<br />
nicht aus altruistischen Gründen gesellschaftliche<br />
Verantwortung, sondern<br />
um hiermit ihren Erfolgsicherzustellen.<br />
(kn)<br />
Risch<br />
Steht zuseinem Wort und verhält sich fair: der ehrbare Kaufmann.<br />
Foto: colourbox.de<br />
INFOS<br />
Der ehrbare Kaufmann<br />
steht als Leitbild für<br />
das optimal handelnde<br />
Wirtschaftssubjekt. Das<br />
drückt sich auch imaktuell<br />
gültigen Paragraf 1<br />
des IHK-Gesetzes aus:<br />
„Die Industrie- und<br />
Handelskammern haben<br />
(...) zu unterstützen und<br />
zu beraten sowie für<br />
Wahrung und Anstand<br />
und Sitte des ehrbaren<br />
Kaufmanns zu wirken.“