Denkmalpflegepreis 2016
Sonderdruck der Denkmalpflege des Kantons Bern und der Zeitschrift UMBAUEN+RENOVIEREN, Archithema Verlag
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Nachbarn. Architekt Harttig ging die Restaurierung<br />
2014 pragmatisch an: Er frischte die<br />
qualitätvolle Ausstattung auf und griff nur dort<br />
ein, wo es bautechnisch notwendig war oder wo<br />
mit geringem Substanzverlust eine wesentliche<br />
Komfortverbesserung zu erreichen war.<br />
Spannend sei die Erarbeitung eines Farbund<br />
Materialkonzepts in Anlehnung an die Befunde<br />
einer Farbuntersuchung gewesen, erinnern<br />
sich die Eigentümer. Wollten sie die<br />
schweren dunklen Holzelemente holzsichtig<br />
belassen oder nicht? Sie entschieden sich für<br />
einen teilweisen Anstrich – die gliedernden<br />
Elemente blieben holzsichtig. Die ursprünglichen<br />
Öfen fehlten; im Bauteillager der Denkmalpflege<br />
fand sich jedoch mit zwei kleinen,<br />
bauzeitlichen Kachelöfen aus Bieler Produktion<br />
ein idealer Ersatz. Die Ausstattung der Nasszellen<br />
ist neu, aber perfekt auf das Haus abgestimmt.<br />
Die Küche verfügt – wie nebenan – über<br />
einen Ausgang in den Garten. Mit einem Kunstgriff<br />
schuf die Bauherrschaft zudem einen<br />
Durchgang ins Esszimmer: Türen und Rückwand<br />
des raumhohen Schranks wurden demontiert<br />
und das Innere neu verkleidet.<br />
Während der Innenrestaurierung entschieden<br />
sich Harttigs, das Dachgeschoss auszubauen.<br />
Da die Vergrösserung der bestehenden<br />
Lukarne die Proportionen des Hauses beeinträchtigt<br />
hätte, wurde ein Dachflächenfenster<br />
eingebaut. Diese Massnahme wurde von Sven<br />
Harttig und dem Bauberater der Denkmalpflege<br />
genau abgewogen. «Solche Diskussionen<br />
sind beim Bauen normal», sind sich<br />
Bauberater und Architekt einig. Die Raumkonzeption<br />
des Dachgeschosses hat sich in der<br />
Folge komplett geändert. Heute schätzen die<br />
Besitzer gerade die Geborgenheit, die der Dachraum<br />
ausstrahlt, ihr Refugium im turbulenten<br />
Arbeits- und Familienalltag.<br />
Eine Frage der Verhältnismässigkeit<br />
Auch bezüglich der Energiefrage analysierte<br />
Harttig seinen Hausteil sorgfältig und bestimmte<br />
gemeinsam mit dem Bauberater, wo<br />
eine Verbesserung sinnvoll ist. Das Dach wurde<br />
gedämmt, Erd- und Obergeschoss blieben<br />
einschliesslich der Fenster unverändert. Die<br />
Ästhetik der originalen Fenster gehört für beide<br />
Parteien zum Charakter und zum Charme<br />
ihres Hauses. «Wir könnten noch einiges machen,<br />
müssen aber nach der Verhältnismässigkeit<br />
und dem Substanzverlust fragen», findet<br />
Harttig, «energetisch darf man das Haus<br />
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8<br />
« Weil wir nicht vom Fach sind, haben wir<br />
uns für den Unterhalt bei spezialisierten<br />
Handwerkern und bei der Denkmalpflege<br />
erkundigt. » Kuno Cajacob<br />
8 Die grosszügig<br />
befensterte Loggia<br />
fängt viel Sonnenlicht<br />
ein. Die Fenster und<br />
Vorfenster stammen<br />
aus der Bauzeit und<br />
begeistern durch ihre<br />
Ästhetik.<br />
9 Die Qualität zeigt<br />
sich im Detail, auch die<br />
sorgfältig gepflegten<br />
alten Rollläden sind<br />
heute zum Teil noch in<br />
Gebrauch.<br />
10 Das Küchenfenster<br />
wurde zu einer Tür<br />
erweitert, die direkt in<br />
den Garten führt. In<br />
der modernen Küche<br />
fasziniert die Spannung<br />
zwischen Alt und Neu.<br />
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