Rheologie – Teil 2
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Rheologie – Teil 2
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Physikalisch-Chemische UE<br />
für LAK<br />
<strong>Rheologie</strong> <strong>–</strong> <strong>Teil</strong> 2
Schwingunsversuche<br />
1. Einführung 3<br />
Messmethoden<br />
2. Vorgabe einer konstanten Frequenz und Amplitude 7<br />
3. Vorgabe der Amplitude bei konstanter Frequenz 9<br />
3.1. Stabilitätsuntersuchungen von viskoelastischen<br />
Substanzen in Abhängigkeit von der Amplitude 10<br />
4. Vorgabe der Frequenz bei konstanter Amplitude 11<br />
4.1. Frequenzabhängiges Verformungsverhalten von<br />
chemisch unvernetzten viskoelastischen Substanzen 12<br />
4.1.1. Substanzen mit niedrigem Molekulargewicht und<br />
enger Molekulargewichtsverteilung 12<br />
4.1.2. Substanzen mit höherem Molekulargewicht und<br />
breiter Molekulargewichtsverteilung 14<br />
4.2. Frequenzabhängiges Verformungsverhalten von<br />
chemisch vernetzten viskoelastischen Substanzen 16<br />
4.3. Frequenzabhängiges Verformungsverhalten von<br />
viskoelastischen Substanzen mit Fließgrenze 17<br />
4.4. Kurvenvergleich 18<br />
5. Charakteristische Parameter für Netzwerklösungen 19<br />
2
1. Schwingungsversuche: Allgemeine Einführung<br />
Oft kann das Fließverhalten einer Messprobe nicht allein durch viskoses Fließen, d.h.<br />
durch die Parameter Viskosität, Fließgrenze, Thixotropie oder Rheopexie, durch die<br />
Dilatanz oder Pseudoplastizität ausgedrückt werden.<br />
Wird eine Probe belastet, so wir sie sich, falls die Belastung oberhalb der<br />
Fließgrenze liegt, deformieren. Nach Wegnahme dieser Belastung bleibt ein<br />
idealviskoser Körper (Flüssigkeit) vollständig deformiert zurück (Dämpfermodell). Ein<br />
idealelastischer Körper wird sich bei Entlastung jedoch vollständig wieder in seine<br />
Ausganglage vor Beginn der Deformation zurückverformen (Federmodell). Die<br />
Verformungsenergie, die von außen auf die Probe gebracht wurde, wurde vom<br />
elastischen Körper vollständig gespeichert und kann nach Entlastung zur<br />
Rückdeformation verwendet werden („Memory-Effekt“). Viskoelastische Flüssigkeiten<br />
formen sich zeitverzögert und nur zum <strong>Teil</strong> zurück; bei viskoelastischen Körpern<br />
findet die Rückdeformation zwar (nahezu) vollständig, aber zeitverzögert statt.<br />
Beispiele für elastisches Verhalten:<br />
- Das Hochkriechen einer gerührten Substanz an der Rührwelle, verursacht<br />
durch Normalspannungskräfte (sog. Weißenberg-Effekt), z.B. beim Rühren<br />
von Teig.<br />
- Die Strangaufweitung beim Verlassen der Extruderdüse, z.B. bei Polymeren.<br />
(Das Schwellungsverhältnis ist das Verhältnis zwischen den Durchmessern<br />
des Extrudas und der Düse).<br />
- Das Fadenziehen, z.B. von Farben beim Walzenauftrag oder von<br />
Beschichtungsstoffen beim Streichen.<br />
- Die ungleichmäßige Tröpfchengröße von Substanzen beim Sprühen. Größere<br />
Tröpfchen zerfallen zwischen Sprühdüse und Auftragsfläche bei viskosen<br />
Stoffen in fas gleich große kleinere Tröpfchen, bei elastischen Stoffen jedoch<br />
in verschieden große; z.B. beim Beschichten mit Farben.<br />
- Unangenehmes Mundgefühl und Probleme beim Schlucken verursachen z.B.<br />
Pudding, Saft oder Quark mit zu großem elastischen Anteil der<br />
Verdickungsmittel.<br />
- Zu hohe Elastizität führt zu geringerer Dämpfung (z.B. akustisch in<br />
Lärmdämmschichten oder mechanisch in Gummipuffern). Infolge zu niedriger<br />
Elastizität erwärmt sich ein Dämpfer (z.B. ein Autoreifen mit zu niedrigem<br />
Luftdruck).<br />
Schwingungsversuche liefern gegenüber dem Kriech- oder dem Spann- und<br />
Relaxationsversuch mehr detaillierte Informationen über die Elastizität einer<br />
Messprobe. Die Kriech- und Relaxationsversuche werden bei einer vorgegebenen<br />
konstanten Belastungshöhe (Schubspannung τ bzw. Schergeschwindigkeit γ� )<br />
durchgeführt und ermöglichen die Ermittlung des Verhältnisses zwischen den<br />
viskosen und elastischen Anteilen (als Relativwert), der Retardations- oder Kriechzeit<br />
bzw. der Relaxationszeit, des Schubmoduls G und der Komplianz (Nachgiebigkeit) J.<br />
3
Diese Aussagen hängen alle von der Größe der konstanten Vorgabe ab und führen<br />
nur unter diesen konstanten Bedingungen zu einem Ergebnis („Ein-Punkt-Messung“).<br />
Der Oszillationsversuch dagegen kann bei variierender Belastungshöhe (Frequenzund<br />
Amplituden-Sweep) unter Vorgabe der Schubspannung τ oder der Deformation<br />
γ durchgeführt werden. Man erhält die dynamischen Größen für die Schubmodule<br />
(komplexer dynamischer Schubmodul G*, Speichermodul G’, Verlustmodul G“),<br />
deren Verhältnis (über den Verlustwinkelδ ) bzw. die dynamische komplexe<br />
Viskosität η * .<br />
Die Aussagen sind also vielfältiger: Viele Messpunkte bei verschiedenen<br />
Belastungshöhen ergeben mehr Informationen als eine Messkurve bei nur einer<br />
konstanten Belastungshöhe.<br />
Veranschaulichung des Schwingungsversuchs mit dem modifizierten Zweiplatten-<br />
Modell:<br />
Abb. 1.1<br />
270°<br />
0°<br />
180°<br />
90°<br />
Zwischen beiden Platten befindet sich die zu untersuchende Substanz die obere<br />
Platte wird durch das sich drehende Antriebsrad hin und her bewegt. Die<br />
Messsubstanz überträgt diese Schwingung auf die untere Platte, an der die<br />
übertragene Kraft oder Bewegung gemessen wird.<br />
Die schwingende Bewegung darf nicht zu groß sein, damit die Struktur der<br />
untersuchten Substanz nicht zerstört wird. Zu große Beanspruchungen nehmen der<br />
Messprobe die Möglichkeit, sich nach Entlastung an den Ausgangszustand zu<br />
erinnern und sich somit überhaupt zurückzudeformieren (z.B. Zerreißen eines<br />
Gummibandes bei zu großer Kraftanwendung bzw. bei zu großem<br />
Ausdehnungsweg). Der viskoelastische Bereich darf nicht überschritten werden, d.h.<br />
die Amplitude und die Frequenz der angelegten Schwingung dürfen einen Grenzwert<br />
nicht überschreiten. Dieser ist von Substanz zu Substanz verschieden und sollte vor<br />
der eigentlichen Messung ermittelt werden (z.B. durch den Amplituden-Sweep-Test).<br />
4
Abb. 1.2<br />
Definition der Deformation γ :<br />
h<br />
-F +F<br />
s<br />
α<br />
Betrachtet wird ein Volumenelement der untersuchten Substanz, dann gilt<br />
s<br />
γ = tan α = [ ] (Einheit: dimensionslos)<br />
h<br />
Bei der schwingenden Beanspruchung durch die Kraft ± F (bzw. Schubspannung<br />
± τ ) erfährt das Volumenelement die Deformation = γ . (Versuch mit<br />
Schubspannungsvorgabe)<br />
Beim Anlegen der Deformation = γ (durch Wegvorgabe, z.B. beim<br />
Rotationsrheometer als Drehwinkel) erfährt das Volumenelement die Kraft (bzw.<br />
Schubspannung) ± F (bzw. ± τ ). (Versuch mit Deformationsvorgabe)<br />
Dabei darf der linear-viskoelastische Bereich nicht überschritten werden. Dies heißt<br />
in der Praxis:<br />
Für Polymerschmelzen und <strong>–</strong>lösungen: γ max = ± 1 ( dh . . α ≈± 45 ° )<br />
(bei manchen weichen Elastomeren sind größere Deformationen möglich)<br />
für Dispersionen, steife Polymere und Duroplaste: γ max = ± 0,01 ( dh . . α ≈± 0,5 ° )<br />
Anmerkung:<br />
Im Folgenden wird für die Schergeschwindigkeit stets das Formelzeichen γ�<br />
dγ<br />
verwendet. ( � γ = d.h. die Deformationsänderung während der Deformationszeit,<br />
dt '<br />
1.<br />
also die Deformationsgeschwindigkeit. Die Einheit der Schergeschwindigkeit ist s − )<br />
α<br />
s<br />
5
270°<br />
1) für idealelastische Substanzen (nach Hooke) gilt:<br />
Abb. 1.3<br />
0°<br />
180°<br />
τ () t = G⋅γ() t bei Deformationsvorgabe<br />
bzw.<br />
1<br />
() t ()<br />
G t<br />
γ = ⋅τ bei Schubspannungsvorgabe.<br />
90°<br />
270<br />
0°<br />
90°<br />
180<br />
°<br />
270<br />
°<br />
90<br />
.<br />
τ (t) γ(t) γ(t)<br />
Die τ () t -Kurve verläuft in Phase mit der γ (t)-Kurve (d.h. hier: beide als Sinus-<br />
Kurven), da G = const.<br />
Die γ� (t)-Kurve verläuft stets um 90° gegenüber der γ (t)-Kurve verschoben.<br />
Beim Nulldurchgang der Deformation (γ = 0 bei den Positionen 0° und 180°)<br />
herrscht die maximale Deformationsgeschwindigkeit ( γ� max ).<br />
An den beiden Stellen der größten Deformation γ max bei den Radpositionen 90° und<br />
1<br />
270°) ist die Deformationsgeschwindigkeit Null ( � γ = 0δ<br />
), da sich die<br />
Deformationsbewegung umkehrt. (Anders ausgedrückt: Die zeitliche Ableitung der<br />
Sinuskurve γ () t = γ0⋅sinωtbildet<br />
die Cosinuskurve � γ = γ0⋅ω⋅cos ωt)<br />
Der Phasenverschiebungswinkel zwischen der τ (t)-Kurve und der γ (t)-Kurve<br />
beträgt 0<br />
δ = °.<br />
6
270°<br />
2) für idealviskose Substanzen (nach Newton) gilt:<br />
Abb. 1.4<br />
0°<br />
180°<br />
τ () t = η⋅ � γ()<br />
t bei Deformations- oder Schergeschwindigkeitsvorgabe<br />
bzw.<br />
1<br />
� γ () t = ⋅τ()<br />
t bei Schubspannungsvorgabe<br />
η<br />
90°<br />
270<br />
0°<br />
90°<br />
180<br />
°<br />
270<br />
°<br />
90<br />
.<br />
τ (t) γ(t) γ(t)<br />
Die τ (t)-Kurve verläuft in Phase mit der γ� (t)-Kurve (d.h. hier: beide als Cosinus-<br />
Kurven, wenn die γ (t)-Kurve eine Sinuskurve ist), da η = const.<br />
Die Verzögerung der τ (t)-Kurve gegenüber der γ (t)-Kurve erfolgt also mit dem<br />
π<br />
Phasenverschiebungswinkel δ =− 90°=−<br />
.<br />
2<br />
7
3) für viskoelastische Substanzen gilt:<br />
a) bei Deformationsvorgabe:<br />
Deformationskurve γ () t = γ0⋅sinω<br />
t(als<br />
Sinuskurve)<br />
Der Vorgabe der γ (t)-Kurve entspricht die Vorgabe der<br />
Schergeschwindigkeitskurve<br />
� γ ( t) = γ ⋅ω⋅ cos ωt( = � γ ⋅cos<br />
ω t)<br />
0 0<br />
b) bei Schubspannungsvorgabe:<br />
Schubspannungskurve τ () t = τ0⋅ sinωt<br />
γ<br />
γ0<br />
Abb. 1.5 (hier: Deformationsvorgabe)<br />
γ 0 Deformationsamplitude<br />
τ 0 Schubspannungsamplitude Pa<br />
ω Kreisfrequenz<br />
−1<br />
Es gilt: ω = 2π ⋅ f mit der Frequenz f Hz<br />
s<br />
t<br />
8
Messergebnis:<br />
Schubspannungskurve τ () t = τ0⋅ sin( ωt+δ)<br />
bei Deformationsvorgabe<br />
(bzw. Deformationskurve γ () t = γ0⋅ sin( ωt+δ<br />
) bei Schubspannungsvorgabe)<br />
δ Phasenverschiebungswinkel<br />
τ<br />
τ0<br />
δ<br />
Abb. 1.6 (hier: Ergebnis bei Deformationsvorgabe)<br />
Die Verzögerung der τ (t)-Kurve gegenüber der γ (t)-Kurve erfolgt mit dem<br />
Phasenverschiebungswinkel 0°>δ >-90°.<br />
Aus der sinusförmigen Ergebniskurve werden folgende Größen ermittelt:<br />
0<br />
Speichermodul: G ' c<br />
τ<br />
= ⋅ osδ<br />
γ<br />
0<br />
Sein Wert stellt ein Maß für die Größe der reversibel in der Substanz gespeicherten<br />
und rückgewinnbaren Deformationsenergie dar. Somit charakterisiert er das<br />
elastische Verhalten der Messprobe.<br />
τ 0<br />
Verlustmodul: G"<br />
= ⋅ cosδ<br />
γ<br />
0<br />
Sein Wert stellt ein Maß für die Größe der irreversibel von der Substanz an die<br />
Umgebung abgegebenen und damit verlorenen Energie dar. Somit charakterisiert er<br />
das viskose Verhalten der Messprobe.<br />
Verlustmodul:<br />
tan δ =<br />
G"<br />
G<br />
'<br />
t<br />
9
Er gibt das Verhältnis zwischen der Größe der dissipierten und der gespeicherten<br />
Energie, also auch zwischen dem viskosen und dem elastischen Anteil der<br />
Messprobe an.<br />
Weitere Größen lassen sich aus folgenden Gleichungen bestimmen:<br />
G"<br />
τ<br />
Realteil der Viskosität: η '= = sinδ<br />
ω ω⋅γ Er steht für das viskose Verhalten.<br />
G ' τ<br />
Imaginärteil der Viskosität: η " = = cosδ<br />
ω ω⋅γ Er steht für das elastische Verhalten.<br />
(Also gilt für den Verlustfaktor auch:<br />
Wichtig!<br />
η '<br />
tanδ<br />
= )<br />
η "<br />
In jeder Substanz treten bei der Deformation gleichzeitig einerseits das viskose und<br />
andererseits das elastische Fließverhalten auf. Beide <strong>Teil</strong>e lassen sich mit Hilfe eines<br />
Vektordiagramms getrennt veranschaulichen.<br />
Auf der Abszisse, der so genannten Realachse, wird der Speichermodul G’<br />
aufgetragen. Die Ordinate, die so genannte Imaginärachse, zeigt den Verlustmodul<br />
G“.<br />
Als die Summe dieser beider Vektoren lässt sich der komplexe Schubmodul G*<br />
darstellen.<br />
Im<br />
G´´<br />
Abb. 1.7<br />
δ<br />
G*<br />
G´<br />
Re<br />
Für den Betrag, d.h. für die Größe von G* gilt:<br />
G G G<br />
2<br />
* = ( ') + ( ")<br />
2 (nach dem Satz von Pythagoras)<br />
0<br />
0<br />
10<br />
G* komplexer Schubmodul<br />
G’ Realteil von G* (Speichermodul)<br />
G“ Imaginärteil von G* (Verlustmodul)
Analog gilt für die komplexe Viskosität:<br />
Im<br />
η´´<br />
Abb. 1.8<br />
δ<br />
η*<br />
η´<br />
Re<br />
Für den Betrag, d.h. für die Größe von η * gilt:<br />
η* = ( η') + ( η")<br />
2 2<br />
η * komplexe Viskosität<br />
η ' Realteil von η *<br />
η " Imaginärteil von η *<br />
Die Lage des Verlustwinkels δ in den Abbildungen Abb. 1.7 und Abb. 1.8 ist zu<br />
beachten.<br />
Für mathematische Begabte hier ein Ausflug in die Gauß’sche Zahlenebene:<br />
Die komplexe Zahl G* kann in ihre realen und imaginären Bestandteile G’ und G“<br />
zerlegt werden, also<br />
τ () t<br />
G* = G' + iG"<br />
=<br />
γ () t<br />
Analog kann die komplexe Zahl η * in ihre realen und imaginären Bestandteile η ' und<br />
η " zerlegt werden, also<br />
τ () t<br />
η* = η' −i⋅ η"<br />
=<br />
� γ () t<br />
Im linear viskoelastischen Bereich gilt:<br />
G* = iω⋅ η *<br />
Die Komplexe Komplitanz ist definiert als Kehrwert des Schubmoduls:<br />
1<br />
J* = = J'+<br />
iJ<br />
"<br />
G *<br />
4
Die Schubmodulkurven ( G*, G', G " ) werden ermittelt, wenn eine viskoelastische<br />
Substanz als vorrangig elastisch betrachtet wird (z.B. G’(ω ) oder G’(γ )).<br />
Die Viskositätskurven ( η *, η', η " ) werden gewählt, wenn die Messprobe als<br />
vorrangig viskos angesehen wird (z.B. η '( t),<br />
η* ( ω ) ).<br />
Oft werden folgende Größen in Diagrammen gemeinsam dargestellt:<br />
G’ (als Parameter für das elastische Verhalten), G“ (als Parameter für das viskose<br />
Verhalten) und tanδ (als Verhältnisgröße zwischen dem viskosen und dem<br />
elastischen Anteil des Deformationsverhaltens), oder G’ mit G“ und η * .<br />
Anmerkungen:<br />
a) Umrechnung von Parametern: Deformation γ (dimensionslos) in den<br />
Auslenkwinkel ϕ G (in Winkel-Grad) eines Meßsystems:<br />
Wichtig!<br />
k � γ<br />
γ = ⋅ϕG<br />
6<br />
oder<br />
6<br />
ϕ = ⋅γ<br />
G<br />
k � γ<br />
−1<br />
kγ� Umrechnungsfaktor zwischen Schergeschwindigkeit � γ (in s ) und der<br />
−1<br />
Drehzahl n( inmin<br />
) .<br />
ϕ G Auslenkwinkel des Meßsystems (in Winkel-Grad)<br />
1. So gilt für Zylinder-Meßsysteme nach DIN 53019:<br />
Beispiel:<br />
� γ = k ⋅ n= 1,291⋅n<br />
� γ<br />
γ = 0,215⋅ ϕ oder ϕ = 4,65⋅<br />
γ<br />
G G<br />
−1 −1<br />
( � γ in s und n in min )<br />
Die Deformation γ =± 1 entspricht einem Auslenkwinkel von ϕ =± 4,65°.<br />
2. Für Kegel-Platte-Meßsysteme nach DIN 53018 gilt:<br />
6<br />
� γ = ⋅n<br />
β<br />
1<br />
γ = ⋅ ϕG oder ϕG = β⋅γ<br />
β<br />
β Kegelwind (in Grad)<br />
γ� in<br />
n in<br />
1<br />
s −<br />
1<br />
min −<br />
G<br />
4
Beispiel:<br />
Die Deformation γ =± 1 entspricht einem Auslenkwinkel von ϕG =± β . Bei<br />
einem Kegelwinkel von β = 1° wäre ϕ =± 1°.<br />
3. Für Platte-Platte-Meßsysteme nach DIN 53018 gilt:<br />
2π<br />
R<br />
� γ = ⋅ ⋅n<br />
60 h<br />
π R 180 h<br />
γ = ⋅ ⋅ ϕG oder ϕG = ⋅ ⋅γ<br />
180 h π R<br />
G<br />
R Plattenradius (in m)<br />
h Plattenabstand (in m)<br />
γ� in<br />
1<br />
n in<br />
s −<br />
1<br />
min −<br />
Es ist zu beachten, dass die Maximaldeformation am Plattenrand (Radius r =<br />
R) auftritt.<br />
Beispiel 1:<br />
Bei h = 5 mm und R = 37,5 mm (z.B. für Gel) entspräche die Deformation<br />
γ =± 1dem<br />
Auslenkwinkel ϕ = ± 7,6°.<br />
Beispiel 2:<br />
G<br />
Bei h = 100 μ m und R = 12,5 mm entspräche γ = ± 1einem<br />
ϕ G =± 0, 46°<br />
(z.B.<br />
für mit Feststoffpartikeln gefülltes Polymer).<br />
b) Diagramme mit Messergebnissen werden meist in einem einfach- oder<br />
doppellogarithmischen Maßstab dargestellt, da sich die Messgrößen während<br />
eines Oszillationsversuchs zahlenmäßig oft stark ändern (über mehrere<br />
Dekaden) (z.B. lg G’ (lg ω ) oder lg G’ (lg γ ). Die Zeit- und Temperaturachsen<br />
werden jedoch meist linear aufgetragen (lg G’(t) bzw. lg G’(T)).
2<br />
1.8<br />
1.6<br />
1.4<br />
1.2<br />
1<br />
Hilfstabelle zur Erleichterung des Ablesens von Werten aus Messdiagrammen mit<br />
logarithmisch geteilten Koordinatenachsen.<br />
lg 1,0 = 0,0000 lg 3,0 = 0,4771 lg 5,0 = 0,6990<br />
lg 1,1 = 0,0414 lg 3,1 = 0,4914 lg 5,2 = 0,7160<br />
lg 1,2 = 0,0792 lg 3,2 = 0,5051 lg 5,4 = 0,7324<br />
lg 1,3 = 0,1139 lg 3,3 = 0,5185 lg 5,6 = 0,7482<br />
lg 1,4 = 0,1461 lg 3,4 = 0,5315 lg 5,8 = 0,7634<br />
lg 1,5 = 0,1761 lg 3,5 = 0,5441<br />
lg 1,6 = 0,2041 lg 3,6 = 0,5563 lg 6,0 = 0,7782<br />
lg 1,7 = 0,2304 lg 3,7 = 0,5682 lg 6,2 =0,7924<br />
lg 1,8 = 0,2553 lg 3,8 = 0,5798 lg 6,4 = 0,8062<br />
lg 1,9 = 0,2788 lg 3,9 = 0,5911 lg 6,6 = 0,8195<br />
lg 6,8 = 0,8325<br />
lg 2,0 = 0,3010 lg 4,0 = 0,6021<br />
lg 2,1 = 0,3222 lg 4,1 = 0,6128 lg 7,0 = 0,8451<br />
lg 2,2 = 0,3424 lg 4,2 = 0,6232 lg 7,3 = 0,8633<br />
lg 2,3 = 0,3617 lg 4,3 = 0,6335 lg 7,6 = 0,8808<br />
lg 2,4 = 0,3802 lg 4,4 = 0,6435<br />
lg 2,5 = 0,3979 lg 4,5 = 0,6532 lg 8,0 = 0,9031<br />
lg 2,6 = 0,4150 lg 4,6 = 0,6628 lg 8,3 = 0,9191<br />
lg 2,7 = 0,4314 lg 4,7 = 0,6721 lg 8,6 = 0,9345<br />
lg 2,8 = 0,4472 lg 4,8 = 0,6812<br />
lg 2,9 = 0,4624 lg 4,9 = 0,6902 lg 9,0 = 0,9542<br />
lg 9,5 = 0,9777<br />
Tab. 1.1<br />
lg 10,0 = 1,0000<br />
2 3 4 5 6 7 8 9<br />
1 10<br />
Abb. 1.9: Logarithmische <strong>Teil</strong>ung<br />
4
2. Die Vorgabe einer konstanten Frequenz und Amplitude<br />
(Einzelmessung)<br />
a) bei der Deformationsvorgabe:<br />
Deformationskurve γ () t = γ0⋅sinω<br />
t mit konstanter Deformations-Amplitude γ 0<br />
und konstanter Kreisfrequenz ω .<br />
b) bei der Schubspannungsvorgabe:<br />
Schubspannungskurve τ () t = τ0⋅sinωtmit konstanter Schubspannungs-<br />
Amplitude τ 0 und konstanter Kreisfrequenz ω .<br />
γ<br />
γ0<br />
Abb. 2.1 (hier. Deformationsvorgabe)<br />
Es können folgende Größen ermittelt werden:<br />
- komplexer Schubmodul G*<br />
- Speichermodul G’<br />
- Verlustmodul G“<br />
- komplexe Viskosität η *<br />
- deren Real- und Imaginärteil η ' und η "<br />
- Verlustwinkel δ bzw. Verlustfaktor tan δ .<br />
t<br />
5
So kann bei jeweils verschiedenen Amplituden punktweise z.B. folgendes Diagramm<br />
ermittelt werden:<br />
G´<br />
G´´<br />
Abb. 2.2 (hier: Deformationsvorgabe)<br />
Alternativ kann bei verschiedenen Frequenzen punktweise z.B. folgendes Diagramm<br />
aufgezeichnet werden:<br />
Abb. 2.3<br />
Die Einzelmessung wird meist angewendet, um ohne größeren Aufwand schnell<br />
festzustellen, ob das verwendete Meßsystem sich zur Messung unter den<br />
gewünschten Bedingungen eignet, ob es also nicht eventuell zu empfindlich oder zu<br />
unempfindlich ist.<br />
γ<br />
ω<br />
G´<br />
G´´<br />
6
3. Die Vorgabe der Amplitude bei konstanter Frequenz<br />
a) bei der Deformationsvorgabe (engl.: strain amplitude sweep):<br />
Deformationskurve γ () t = γ0⋅sinωtmit<br />
konstanter Kreisfrequenz ω und der<br />
Deformationsamplitude 0 0 () t γ γ =<br />
b) bei der Schubspannungsvorgabe (engl.: stress amplitude sweep):<br />
Schubspannungskurve τ () t = τ0⋅sinωtmit konstanter Kreisfrequenz ω und der<br />
Schubspannungsamplitude 0 0 () t τ τ =<br />
γ<br />
Abb. 3.1 (hier: Deformationsvorgabe)<br />
Messergebnis:<br />
Abb. 3.2<br />
lg G´<br />
Die Ergebnisgrößen werden<br />
a) über der Deformation γ<br />
b) über der Schubspannung τ aufgetragen.<br />
lg γ<br />
t<br />
7
3.1 Stabilitätsuntersuchung von viskoelastischen Substanzen in<br />
Abhängigkeit von der Amplitude<br />
a) bei der Deformationsvorgabe<br />
Abb. 3.3<br />
Es wird die Stabilität der Strukturen von viskoelastischen Substanzen bei<br />
zunehmender Deformation gemessen. Dies ist z.B. bei der Qualitätskontrolle<br />
von Polymerschmelzen, Gelen und hochkonzentrierten Dispersionen von<br />
Interesse.<br />
lg G´<br />
lg G´´<br />
Dieser Versuch wird meist gewählt, um die Grenze des linear-viskoelastischen<br />
Deformationsbereichs zu bestimmen. Der Wert von G '( γ ) (auch von G"( γ ) bzw. von<br />
η *( γ ) ) fällt bei der kritischen Grenzamplitude γ1 steil ab. Für Amplituden kleiner als<br />
der Wert γ1 bleibt G’ (bzw. G“, η * ) auf einem konstant hohen Plateauwert, d.h. die<br />
Struktur der untersuchten Substanz bleibt unzerstört stabil. Für Amplituden größer<br />
als γ1 wird der linear-viskoelastische Bereich überschritten (d.h. die Fließphänomene<br />
sind mathematisch meist nicht mehr eindeutig beschreibbar). Die Substanzstruktur<br />
wird nun zerstört.<br />
Es gelten folgende in der Praxis gewonnene kritische Grenzwerte (als Anhaltswerte)<br />
für die Grenzdeformation γ 1 :<br />
- bei Polymer-Schmelzen und Polymer-Lösungen:<br />
1 1 γ ≤<br />
Die G '( γ ) -Kurve fällt meist schon bei kleineren Deformationen ab als die<br />
G"( γ ) - Kurve.<br />
- Bei Substanzen mit Netzwerken (z.B. physikalische Überstrukturen bei<br />
konzentrierten Dispersionen oder bei kristallinen Makromolekülen, bzw.<br />
chemische Netzwerke bei Gelen oder Duroplasten):<br />
γ1 ≤ 0,01<br />
D.h. nur relativ kleine Deformationen sind möglich.<br />
γ1<br />
γ<br />
8
) bei der Schubspannungsvorgabe<br />
Zur Stabilitätsuntersuchung von viskoelastischen Stoffen kann ebenso die<br />
Abhängigkeit der Module G’ und G“ von der Schubspannungsamplitude<br />
ermittelt werden. Es gilt dann analog: Der linear-viskoelastische Bereich wird<br />
überschritten, sobald bei einer kritischen Schubspannung die Werte von<br />
G '( τ ) bzw. G"( τ ) steil abfallen.<br />
4. Die Vorgabe der Frequenz bei konstanter Amplitude<br />
a) bei der Deformationsvorgabe (engl.: strain frequency sweep):<br />
Deformationskurve γ () t = γ0⋅sinω<br />
t mit konstanter Deformationsamplitude<br />
γ 0 und Kreisfrequenz ω = ω()<br />
t<br />
b) bei der Schubspannungsvorgabe (engl.: stress frequency sweep):<br />
Schubspannungskurve τ () t = τ0⋅sinωtmit konstanter Schubspannungsamplitude<br />
τ 0 und der Kreisfrequenz ω = ω()<br />
t<br />
γ<br />
Abb. 4.1 (hier Deformationsvorgabe)<br />
t<br />
9
Messergebnis:<br />
Abb. 4.2<br />
lg G´´<br />
lg G´<br />
Die Ergebnisgrößen werden meist über der Kreisfrequenz ω und seltener über der<br />
Frequenz f aufgetragen.<br />
Die Versuche dienen der Aufklärung und Stabilitätsprüfung der Strukturen von<br />
viskoelastischen Substanzen.<br />
4.1. Frequenzabhängiges Verformungsverhalten von chemisch unvernetzten<br />
viskoelastischen Substanzen<br />
lg ω<br />
4.1.1 Substanzen mit niedrigem Molekulargewicht und enger<br />
Molekulargewichtsverteilung<br />
Im Extremfall liegen lineare, kurzkettige Moleküle vor, welche physikalisch wenig<br />
miteinander verschlauft sind (Anschauungsbeispiel: ein Berg gekochter<br />
Spaghetti):<br />
Wichtig!<br />
Für derartige viskoelastische Flüssigkeiten gelten mit Hilfe des Modells nach<br />
Maxwell (Hintereinanderschaltung von Feder und Dämpfer) folgende<br />
Zusammenhänge:<br />
ω t<br />
G'( ω)<br />
= G<br />
(1 )<br />
2 2<br />
R<br />
1 2 2<br />
+ ω tR<br />
ωt<br />
G"( ω)<br />
= G<br />
(1 )<br />
R<br />
1 2 2<br />
+ ω tR<br />
mit = Plateauwert = Relaxationszeit<br />
t<br />
G1 R<br />
10
Abb. 4.3<br />
G1<br />
G1/2<br />
1<br />
1<br />
1<br />
2<br />
lg G´´<br />
lg G´<br />
lg ω<br />
Im doppellogarithmischen Diagramm (Abb. 4.3) hat die G’(ω )-Kurve für kleine<br />
−1<br />
2<br />
Frequenzen ( ω → 0 s ) die Steigung 2:1, denn es gilt G ' ∼ ω .<br />
Für große Frequenzen erreicht die G’(ω )-Kurve einen konstanten Plateau-<br />
Wert G1<br />
.<br />
−1<br />
Dagegen hat die G“(ω )-Kurve bei kleinen Frequenzen ( ω → 0 s ) die<br />
Steigung 1:1, denn es gilt G" ∼ ω .<br />
An der Stelle ω t = 1erreicht<br />
die G"( ω) -Kurve ihr Maximum mit dem Wert<br />
R<br />
G1<br />
G " max = , dem halben Plateauwert der G’-Kurve.<br />
2<br />
Für große Frequenzen (ω →∞) fällt die G"( ω) -Kurve wieder mit der Steigung<br />
1:1.<br />
Folgende Zusammenhänge gelten für die Grenzwerte der Module:<br />
lim G’ = 0 Pa<br />
ω → 0<br />
lim G'= G<br />
ω →∞<br />
lim G“ = 0 Pa<br />
ω → 0<br />
lim G“ = 0 Pa<br />
ω → 0<br />
1<br />
G1<br />
1<br />
G" max = ( beiω=<br />
)<br />
2 tR<br />
11
Folgende Größen können abgeleitet bzw. aus dem Messdiagramm abgelesen<br />
werden:<br />
Die Nullviskosität η 0 (sie beschreibt die „Dämpferviskosität“ im Maxwell-<br />
Modell):<br />
"<br />
lim 0<br />
G η<br />
ω =<br />
ω → 0<br />
Die Gleichgewichts-Nachgiebigkeit (Komplianz)<br />
1<br />
(der Kehrwert G J beschreibt den „Federschubmodul“ im Maxwell-Modell):<br />
−<br />
=<br />
G"<br />
lim 2<br />
( G") ω → 0<br />
1<br />
=<br />
G1<br />
= J<br />
1<br />
0<br />
e<br />
Die Relaxationszeit tR<br />
(sie beschreibt die Zeitabhängigkeit der elastischen<br />
Rückverformung):<br />
Es gilt:<br />
G '<br />
lim = t<br />
ωG"<br />
ω → 0<br />
R<br />
Alle viskoelastischen Flüssigkeiten (ohne Vernetzungen) lassen sich im<br />
niedrigen Frequenzbereich mit dem Maxwell-Modell charakterisieren.<br />
4.1.2 Substanzen mit höherem Molekulargewicht und breiter<br />
Molekulargewichtsverteilung<br />
In den meisten Polymerschmelzen befinden sich neben kurzkettigen linearen<br />
auch langkettige lineare oder verzweigte Molekülketten.<br />
Längere Moleküle können sich ineinander verschlaufen (Verschlaufung =<br />
engl. „entanglement“) und verhaken und bilden ein zeitlich begrenztes<br />
(temporäres) Netzwerk. Hier sollen nur Verknüpfungen betrachtet werden, die<br />
durch physikalische Wechselwirkungskräfte zu mechanischen Vernetzungen<br />
(sekundäre Bindungen) und nicht zu chemischen, festen (primären<br />
Hauptvalenz-) Bindungen führen. Bei kleinen Bewegungen haben diese<br />
Moleküle die Möglichkeit, langsam voneinander abzugleiten und sich zu<br />
entschlaufen.<br />
0<br />
Je<br />
12
Abb. 4.4<br />
lg G´<br />
lg G´´<br />
G1<br />
G2<br />
ω1<br />
ω2<br />
G´ (ω)<br />
G´´ (ω)<br />
______ Substanz mit zwei scharf getrennten Molekulargewichtsfraktionen mit<br />
jeweils sehr enger Molekulargewichtsverteilung (also: zwei<br />
Plateaustufen)<br />
--------- Substanz mit breiter Molekulargewichtsverteilung<br />
G 1 Wert des (Glas-) Plateaus<br />
G 2 Wert des gummielastischen Plateaus<br />
Es werden folgende Bereiche unterschieden:<br />
≤ ω1<br />
= Anfangsbereich (Fließzone 1)<br />
ω bis ω = gummielastischer Bereich (Plateau G )<br />
1 2<br />
ω bis ω = Übergangsbereich (Fließzone 2)<br />
2 3<br />
≥ ω = Glasbereich (Plateau G )<br />
3<br />
Für niedrige Frequenzen gilt das Verhalten nach dem Maxwell-Modell (siehe Kap.<br />
4.1.1), d.h. G '( ω ) und G"( ω) streben für kleinste Frequenzen gegen Null.<br />
Bei mittleren Frequenzen bildet sich ein so genanntes gummielastisches Plateau<br />
( G2<br />
) aus. Die größeren Moleküle können nun nicht mehr aneinander abgleiten, sie<br />
bilden ein temporäres Netzwerk aus, welches zu einem quasielastischen<br />
Fließverhalten führt.<br />
Bei weiterer Erhöhung der Frequenz verursachen die kleineren, beweglicheren<br />
Moleküle (u.a. die Monomere) eine beschränkte Zunahme der Fließfähigkeit<br />
(Übergangsbereich), bis bei den höchsten Frequenzen jede Bewegung zwischen den<br />
Molekülketten unmöglich wird ("eingefrorener Zustand").<br />
Bei breiten Molekulargewichtsverteilungen, d.h. wenn das Polymer als Mischung von<br />
Makromolekülen mit deutlich unterschiedlichen Längen vorliegt, wird das<br />
gummielastische Plateau nicht deutlich sichtbar. In diesem Fall überlagern sich viele<br />
Plateaus und die Kurven G '( ω) bzw. G"( ω) zeigen deshalb einen allmählichen<br />
1<br />
ω3<br />
2<br />
lg ω<br />
13
Übergang mit deutlich kleineren Steigerungen als 1:1 bzw. 2:1 mit steigender<br />
Frequenz bis zum Plateau G1 bzw. Maximum G"<br />
max . Eine weitere Erhöhung der<br />
Frequenz verursacht bei einem bestimmten kritischen Wert die Zerstörung der<br />
inneren Struktur der Messprobe (d.h. G '( ω) und G"( ω) fallen stark ab).<br />
Allgemein gilt:<br />
- Ein im Vergleich höherer Glasplateauwert G1<br />
weist auf eine stärkere Struktur<br />
hin (z.B. durch mehr Wechselwirkungskräfte zwischen längeren<br />
Makromolekülen)<br />
- Ein im Vergleich früherer Kurvenanstieg bei kleineren Frequenzen weist auf<br />
größere Relaxationszeiten der Messsubstanz hin. (vgl. G" max bei tRω = 1).<br />
Längere und verzweigte Moleküle können sich nur bei kleineren Frequenzen<br />
noch bewegen, bei größeren Frequenzen blockieren sie sich (G' und G"<br />
steigen), während kleinere Moleküle sich erst bei höheren Frequenzen<br />
blockieren.<br />
Eine Rechtsverschiebung des Kurvenanstiegs weist also auf weniger<br />
verzweigte, kleinere Makromoleküle hin.<br />
- Ein im Vergleich steilerer Kurvenanstieg beschreibt eine engere<br />
Molekulargewichtsverteilung (engeres Relaxationszeitspektrum). Je größer die<br />
Molekulargewichtsverteilung (Streuung der Kettenlängen um den Mittelwert)<br />
und je größer der Anteil der niedrigen Molekulargewichte ist, desto breiter wird<br />
die Streuung der Relaxationszeiten sein. Dies zeigt sich in einer weniger steil<br />
ansteigenden G '( ω) -Kurve bzw. in einem weniger spitz ausgeprägten<br />
Maximum der G"( ω) -Kurve.<br />
- Die Lage des Schnittpunktes der beiden Kurven G '( ω) und G"( ω) verschiebt<br />
sich mit einem zunehmenden mittleren Molekulargewicht auf einer Linie mit<br />
gleich bleibendem Abstand zur ω -Achse nach links (wenn die<br />
Molekulargewichtsverteilung konstant bleibt. Dieser Schnittpunkt verschiebt<br />
sich bei einer zunehmend breiteren Molekulargewichtsverteilung auf einer<br />
Linie mit gleich bleibendem Abstand zur G-Achse nach unten (wenn das<br />
mittlere Molekulargewicht konstant bleibt).<br />
4.2 Frequenzabhängiges Verformungsverhalten von chemisch vernetzten<br />
viskoelastischen Substanzen<br />
Betrachtet werden hier Substanzen, welche Vernetzungen zwischen den<br />
Makromolekülen aufweisen; diese Netzbrücken sind durch echte chemische (primäre<br />
Hauptvalenz-) Bindungen fixiert.<br />
Dies führt dazu, dass ein Aneinanderabgleiten der Haupt-Molekülketten ohne<br />
Zerstörung des Netzwerks unmöglich ist, da sie an den Netzpunkten festgehalten<br />
werden. Je nach Länge der Netzbögen ist eine begrenzte Deformation der<br />
Messsubstanz möglich; bei einem weitmaschigen Netzwerk, z.B. bei Teig, eine<br />
14
größere und bei einem engmaschigen, z.B. bei Duroplasten oder stark veresterten<br />
Gelen, eine kleinere.<br />
Abb. 4.5<br />
lg G´<br />
lg G´´<br />
G1<br />
_______ teilvernetzte Substanz<br />
----------- voll durchvernetzte Substanz<br />
G´ (ω)<br />
G´´ (ω)<br />
Die durchvernetzte Substanz kann nicht mehr deformiert werden, ohne dabei zerstört<br />
zu werden. Die Messung ergibt einen frequenzunabhängigen Speichermodul G' =<br />
const, der Verlustmodul G" hat den Wert Null.<br />
Bei teil- und durchvernetzten Substanzen Substanzen erreicht G '( ω) für kleine<br />
Frequenzen nicht den Nullwert.<br />
lg ω<br />
Somit kann man unvernetzte und vernetzte Messproben unterscheiden:<br />
unvernetzte Probe:<br />
lim G'( ω ) = 0 Pa,<br />
d.h. die G'-Kurve geht für kleine Frequenzen gegen Null<br />
ω → 0<br />
vernetzte Probe:<br />
Null.<br />
lim G'( ω) ≠ 0 Pa,<br />
d.h. die G'-Kurve geht für kleine Frequenzen nicht gegen<br />
ω → 0<br />
4.3 Frequenzabhängiges Verformungsverhalten von viskoelastischen<br />
Substanzen mit Fließgrenze<br />
Hat die Substanz eine Fließgrenze, so besteht bei Belastungen unterhalb<br />
dieser Grenze ein Netzwerk (z.B. physikalischer Natur in Dispersionen durch<br />
Dipolkräfte, Wasserstoffbrücken, elektrostatische und/oder Van-der-Waals-<br />
15
Kräften). Das Verformungsverhalten entspricht der teilvernetzten Substanz mit<br />
G'≠0Pafür ω → 0 .<br />
4.4 Kurvenvergleich<br />
1 unvernetzte Moleküle, niedriges Molekulargewicht<br />
2 unvernetzte Moleküle, breitere Molekulargewichtsverteilung<br />
3 teilvernetzte Moleküle oder Substanz mit Fließgrenze<br />
4 voll durchvernetzte Substanz<br />
lg G´<br />
G1<br />
4<br />
3<br />
2 1<br />
Abb. 4.6: Speichermodul-Kurven [ G '( ω ) ]<br />
lg G´´<br />
G1<br />
Abb. 4.7: Verlustmodul-Kurven [ G"( ω<br />
) ]<br />
2<br />
1<br />
3<br />
4<br />
lg ω<br />
lg ω<br />
16
tan δ<br />
G1 2<br />
Abb. 4.8: Verlustfaktor-Kruven [tan δ(ω)]<br />
1<br />
3<br />
4<br />
lg ω<br />
5. Charakteristische Parameter für Netzwerklösungen<br />
Anfangsviskosität η0<br />
Die Viskosität wird als Funktion der Deformationsgeschwindigkeit in einer<br />
doppelt logarithmischen Darstellung aufgetragen. Aus diesen Kurven wird die<br />
konstante Anfangsviskosität η0 bestimmt. Aus der Auftragung log η0 versus log c<br />
soll die Steigung bestimmt werden.<br />
Steigung nach Ostwald p<br />
Weiters wird aus der Fließkurve die Steigung nach Ostwald berechnet. Dafür<br />
werden die Messwerte aus jenem Bereich verwendet, in dem die Viskosität von<br />
der Deformationsgeschwindigkeit abhängig ist. Es wird mittels eines<br />
Potenzgesetzes approximiert. Zu bestimmen ist der Exponent p dieses<br />
Potenzgesetzes.<br />
p<br />
τ = m⋅ D<br />
Die längste Relaxationszeit θrel -1<br />
Eine charakteristische Größe, die durch die Konzentration bedingt und vom<br />
Molekulargewicht abhängig ist, ist der Schnittpunkt ω* der Kurven des<br />
Speichermoduls G´ = f(ω) mit dem Verlustmodul G´´ = f(ω). Dieser zeigt, von welcher<br />
Belastung an die elastischen Eigenschaften über die viskosen dominieren.<br />
Netzwerkparameter:<br />
λ max =1/ω*<br />
Die Berechnung der Parameter ν Anzahl der Netzbogen mol m -3<br />
(Me) MG eines Netzbogen g mol -1 und<br />
Netzbogenlänge nm<br />
de<br />
17
von Polymersegmenten setzt die Gültigkeit der Gummielastizitätstheorie von<br />
viskoelastischen Flüssigkeiten voraus.<br />
Berechnung der Anzahl von Netzbogen (ν) mol m -3 :<br />
G0<br />
υ =<br />
RT<br />
G ≅ R ⋅T<br />
⋅υ<br />
0<br />
⎛ 2M<br />
e ⎞<br />
Bei wenigen Segmenten pro Molekül korrekt: G0<br />
≅ R ⋅T<br />
⋅υ<br />
⎜1−<br />
⎟<br />
⎝ M ⎠<br />
Da die freien Enden nichts zur Elastizität beitragen<br />
Wobei<br />
T Temperatur in Kelvin<br />
RT thermische Energie, z.B. 8,3*298 J mol -1<br />
Gummielastisches Plateau aus dem Frequenzversuch in Pa = J m -3<br />
G0<br />
ν Anzahl der Netzbogen mol m -3<br />
1<br />
18
Berechnung des mittleren Molekulargewichtes (Me) g mol -1 zwischen zwei<br />
Verhängungen bzw. eines Netzbogen.<br />
Unter der Voraussetzung, dass die Polymerketten keine freien Enden besitzen, kann<br />
man in erster Näherung Me nach der folgenden Gleichung berechnen:<br />
wobei:<br />
c Konzentration g m -3<br />
ν Anzahl der Netzbogen mol m -3<br />
Me MG eines Netzbogen g mol -1<br />
c<br />
M e = 2<br />
υ<br />
Berechnung der mittleren Entfernung zwischen zwei Verhängungen bzw. der<br />
Netzbogenlänge (de ) nm<br />
wobei<br />
ν Anzahl der Netzbogen mol m -3<br />
NA<br />
de Netzbogenlänge nm<br />
1<br />
−<br />
( ) 3<br />
⋅ N<br />
Avogadro‘sche Zahl (6*10 23 mol -1 )<br />
d<br />
e<br />
= υ A<br />
3<br />
Rechenbeispiel:<br />
M = 10 6 g/mol<br />
c = 0,02 g/g ~ 20.000g/m³<br />
G0 = 200 Pa = 200 J/m³<br />
RT = 8,3 *298 J/mol<br />
G<br />
υ = 0<br />
RT<br />
200J / m³ 200<br />
υ = = = 0, 08086mol / m³<br />
8, 3⋅ 298J / mol 2473, 4<br />
c<br />
Me<br />
=<br />
υ<br />
20. 000g / m³<br />
Me = = 247. 341, 1g / mol<br />
0, 08086mol / m³<br />
( υ )<br />
de= ⋅N<br />
A<br />
1<br />
−<br />
3<br />
23 −1<br />
( , / ³<br />
)<br />
de = 0 08086mol m ⋅6⋅10 mol<br />
( )<br />
1<br />
−<br />
21 3<br />
-8<br />
= 48, 516 ⋅ 10 m³ = 2,74182 ⋅ 10 m = 27, 42nm<br />
NA = 6*10 23 mol -1<br />
1<br />
−<br />
3<br />
M<br />
Me bzw. de<br />
19
Berechnung des Volumenbruchs φ mit einem Kugelmodell nach Einstein.<br />
η<br />
η<br />
Pr obe<br />
LM<br />
= 1+<br />
2.<br />
5φ<br />
( + 5,<br />
9φ<br />
)<br />
ηrel<br />
−1<br />
2<br />
φ = ( + 5,<br />
9φ<br />
)<br />
2,<br />
5<br />
Berechnung der Dichte eines Partikels ρ (g/ml):<br />
m<br />
C Lösung =<br />
V<br />
m<br />
V =<br />
ρ<br />
m<br />
ρ<br />
ρ<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
Lösung<br />
m<br />
+<br />
ρ<br />
m<br />
= V −<br />
ρ<br />
m<br />
=<br />
⎛ m<br />
⎜V<br />
−<br />
⎜<br />
⎝ ρ<br />
ρ<br />
Lösungsmittel<br />
Lösungsmittel<br />
Lösungsmittel<br />
Lösungsmittel<br />
Partikel<br />
Lösungsmittel<br />
Lösungsmittel<br />
Lösung<br />
Berechnung des Volumenbruchs φ:<br />
V<br />
=<br />
V<br />
⎛ m ⎞ Partikel<br />
⎜<br />
ρ ⎟<br />
=<br />
⎝ ⎠<br />
⎛ m ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ ρ ⎠<br />
Partikel Partikel Partikel<br />
φ = ⋅<br />
ρ ⎛<br />
φ = ⎜V<br />
−<br />
m ⎜<br />
⎝ ρ<br />
mLösungsmittel<br />
Lösungsmittel<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
m<br />
m<br />
m<br />
=<br />
V<br />
ρ<br />
ρ<br />
Lösung<br />
Lösung<br />
Partikel<br />
2<br />
V<br />
m<br />
=<br />
ρ<br />
Lösung<br />
mLösungsmittel und ρLösungsmittel sowie m, ρ und V der gesamten Probe in SI-Einheiten<br />
Rechengenauigkeit sollte zumindest auf 4 Stellen genau sein<br />
20
21<br />
Rechenbeispiel:<br />
ρ Lösungsmittel = 0,9998<br />
ρProbe = 1,0025<br />
ηLösungsmittel = 1,352<br />
ηProbe = 1,942<br />
c = 2w%<br />
)<br />
9<br />
,<br />
5<br />
(<br />
5<br />
,<br />
2<br />
1<br />
)<br />
9<br />
,<br />
5<br />
(<br />
5<br />
.<br />
2<br />
1<br />
2<br />
2<br />
Pr<br />
φ<br />
η<br />
φ<br />
φ<br />
φ<br />
η<br />
η<br />
+<br />
−<br />
=<br />
+<br />
+<br />
=<br />
rel<br />
LM<br />
obe<br />
1756<br />
,<br />
0<br />
)<br />
9<br />
,<br />
5<br />
(<br />
5<br />
,<br />
2<br />
1<br />
436<br />
,<br />
1<br />
)<br />
9<br />
,<br />
5<br />
(<br />
5<br />
.<br />
2<br />
1<br />
.<br />
352<br />
,<br />
1<br />
.<br />
942<br />
,<br />
1<br />
2<br />
2<br />
=<br />
+<br />
−<br />
=<br />
+<br />
+<br />
=<br />
φ<br />
φ<br />
φ<br />
φ<br />
φ<br />
s<br />
mPa<br />
s<br />
mPa<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎜<br />
⎜<br />
⎝<br />
⎛ −<br />
=<br />
tel<br />
Lösungsmit<br />
tel<br />
Lösungsmit<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
m<br />
V<br />
m<br />
ρ<br />
ρ<br />
3<br />
/<br />
1554<br />
,<br />
1<br />
³<br />
731<br />
,<br />
1<br />
2<br />
³<br />
0196<br />
,<br />
98<br />
³<br />
7506<br />
,<br />
99<br />
2<br />
³<br />
/<br />
9998<br />
,<br />
0<br />
98<br />
³<br />
/<br />
0025<br />
,<br />
1<br />
100<br />
2<br />
cm<br />
g<br />
cm<br />
g<br />
cm<br />
cm<br />
g<br />
cm<br />
g<br />
g<br />
cm<br />
g<br />
g<br />
g<br />
Partikel<br />
=<br />
=<br />
−<br />
=<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎜<br />
⎝<br />
⎛<br />
−<br />
=<br />
ρ<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
Partikel<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
V<br />
V<br />
ρ<br />
ρ<br />
ρ<br />
ρ<br />
φ ⋅<br />
=<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎜<br />
⎝<br />
⎛<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎜<br />
⎜<br />
⎝<br />
⎛<br />
=<br />
=<br />
01735<br />
,<br />
0<br />
8677<br />
,<br />
0<br />
02<br />
,<br />
0<br />
³<br />
/<br />
1554<br />
,<br />
1<br />
³<br />
/<br />
0025<br />
,<br />
1<br />
100<br />
2<br />
=<br />
⋅<br />
=<br />
⋅<br />
=<br />
cm<br />
g<br />
cm<br />
g<br />
g<br />
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