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De:Bug 164

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Zaubersprüche. Auch auf der Documenta in Kassel drängt<br />

sich aktuell in verblüffender Weise die Natur ins Bild der<br />

Kunst. Wie bei der Animismus-Ausstellung in Berlin geht<br />

es um Existenzen jenseits identitärer, biologischer Grenzen,<br />

stets scheint es, die Technikgeschichte mit der Natur einen<br />

Bogen schlagen zu lassen und in einem versöhnlicheren,<br />

besseren Jetzt zusammenzuführen.<br />

Rucksack und Zelt<br />

Was sich in verschiedenen ästhetischen Feldern gleichzeitig<br />

Form sucht, findet in der Mode seinen zusammenhängenden<br />

Ausdruck in der Figur des Modernen Nomaden.<br />

Beispiele dafür zeigen sich zuhauf: <strong>De</strong>r Materialmix aus<br />

Lederstoffen und Hi-Tech-Materialien in Dirk Schönbergers<br />

Adidas SLVR Kollektion, Levi's Made & Crafted entwerfen<br />

folkloristische, kunterbunte Azteken-Pattern auf kratzigen<br />

Materialien. Dazu lassen sich vorzüglich die "Nomad Racer"<br />

tragen, die Yohji Yamamoto in seiner neuesten Kollektion<br />

für Y-3 zeigt. Die Bernhard Willhelm Spring/Summer 2012<br />

spielte ikonisch mit dem bunten Plastikinventar jubilierender<br />

Rave-Elfen und urbaner Wildnis. Digital- und 3D-Druck<br />

bieten für viele <strong>De</strong>signer Möglichkeiten diese Ästhetik weiterzutreiben,<br />

gut zu sehen in der kommenden Kollektion<br />

von Roberto Piqueras, für die die englische Vice bereits<br />

das Genre "tumblr/seapunk/GeoCities/nu-rave" gefunden<br />

hat. Mit graphischen, psychedelischen Mustern, kitschigen<br />

Weltall-Prints, gefärbtem Pony und Punkt auf der<br />

Stirn, stilistisch irgendwo zwischen Die Antwoords Ninja<br />

und M.I.A. Als die große Online-Boutique Zalando dieses<br />

Jahr drei eigene "Trendkollektionen" entwarf, fanden sie<br />

neben "New Retro" noch die Tags "Sci-Tec" und "Modern<br />

Tribal" und lehnten sich damit passgenau in den Wind, der<br />

uns aktuell ins Gesicht weht.<br />

<strong>De</strong>r moderne Mensch möchte<br />

zurück zur Natur, er trägt<br />

Rastas und regenbogenfarbene<br />

Augenbrauen, das<br />

Internet ist voller Wasser.<br />

Das Archaische und Kultische ist womöglich die wichtigste<br />

Vokabel in der Sprache des Retrofuturismus. In dystopischen<br />

Sci-Fis wie Blade Runner tragen die Bewohner der<br />

Zukunft traditionell blinkendes modernes Gerät bei sich,<br />

doch hüllen sich dabei in alte Fetzen aus spröder Wolle,<br />

tragen Knochen um den Hals und das Gesicht bemalt. Nun<br />

wird von dort die Brücke zur digitalen Welt geschlagen.<br />

Über geometrische Grafiken, ständige Abstraktionen durch<br />

Digitaldruck und technische Performance-Kleidung, die<br />

sich sanft anfühlt, weiche Bewegungen ermöglicht und auf<br />

organische Eleganz und eine Wiederverbindung zur Natur<br />

rekurriert. Unter dem Schlagwort "Grüne Mode" wird versucht,<br />

Kleidung wieder in den Kreislauf der Umwelt zu integrieren,<br />

vollständig abbaubare Produkte, die schön aussehen.<br />

Auf Blogs erscheinen überall Bilder futuristischer Zelte,<br />

die ihre Besitzer auch in der Arktis, fern der Zivilisation,<br />

überleben lassen. An all diesen Dingen wird vorgeführt: Die<br />

digitale ist unsere neue Welt und Metropolis unser Ethno.<br />

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