Insideout Nr14_Frühjahr_Sommer_2016
Tiroler Tennis Hochglanzmagazin
Tiroler Tennis Hochglanzmagazin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
special<br />
Thema: Schule und Profikarriere<br />
Zurück auf die Schulbank<br />
Eine Laufbahn als Profi-Spieler – der Traum jedes erfolgreichen Jugendspielers. Diesen Wunsch zu<br />
verwirklichen ist aber eine schwere von vielen – auch schulischen – Hürden geprägte Aufgabe.<br />
Weitere Schulausbildung mit 16 ODER<br />
Profi-Karriere? Bei dieser Frage scheiden<br />
sich die Geister. Auch beim Thema Schule<br />
UND Tenniskarriere. Weil viele Eltern die<br />
Ausbildung fürs spätere Leben der unsicheren<br />
Zukunft als Tennis-Profi vorziehen.<br />
Namhafte Trainer wiederum sind überzeugt,<br />
dass man die Schule nach dem Versuch<br />
ins Profi-Geschäft einzusteigen<br />
nachholen kann.<br />
Das gelang zum Beispiel Johannes Ager, der<br />
nach dem Karriereende Abendschule und<br />
Studium erfolgreich abschloss. Bevor die<br />
Karriere so richtig begann, kehrten Hoffnungsträger<br />
wie Matthias Haim, Alexander<br />
Erler oder Ema Vasic auf die Schulbank<br />
zurück. „<strong>Insideout</strong>“ fragte nach.<br />
* hannes ager<br />
Vater von Johannes Ager, dem Ex-Profi<br />
Vorneweg: Wenn man Tennis-Profi werden<br />
will, sind Schule und Tennis nicht vereinbar.<br />
Man muss sich entscheiden, nicht anderes<br />
mehr zu machen als Tennis zu leben, weil<br />
Training, Wettkämpfe und Reisen die ganze<br />
Konzentration in Anspruch nehmen. Mit 16<br />
Jahren beendete Johannes den schulischen<br />
Unterricht und widmete sich bis zum 21.<br />
Lebensjahr dem Profisport. Durchaus<br />
erfolgreich. Aber ausgerechnet am Höhepunkt<br />
seiner Laufbahn, das war der Vorstoß<br />
auf die Nummer 266 der ATP-Weltrangliste,<br />
zog er einen Schlussstrich. Das Risiko, später<br />
ohne Ausbildung dazustehen war für<br />
Johannes einfach zu groß. Der harte Weg in<br />
die Abendschule mit Matura und Studium<br />
der Wirtschafts-Wissenschaften fand ein<br />
erfolgreiches Ende. Hinterher betrachtet<br />
würde ich nichts anders machen.<br />
* markus erler<br />
Manager und Onkel von Alexander Erler<br />
Alexander Erler drückt in der Abend-Handelsschule in Wörgl die Schulbank<br />
Schule und Spitzensport vereinen? Das ist<br />
eine große Herausforderung, die uns seit<br />
Jahren begleitet. Alexander trainiert in München,<br />
hat dort die Realschule abgeschlossen.<br />
Das anschließende Fernstudium war<br />
eher „Mission impossible“: Schwer vorzustellen,<br />
wie ein 16-, 17-jähriger Teenager<br />
sich den Oberstufen-Stoff selbst und ohne<br />
Hilfe aneignen kann, man denke etwa an<br />
das Erlernen einer Fremdsprache. Jetzt<br />
besucht Alex die Abend-Handelsschule in<br />
Wörgl. Das erscheint als die für ihn beste<br />
Lösung.<br />
Es braucht halt sehr oft dort, wo man weitgehend<br />
auf sich allein gestellt ist, einen<br />
Plan B. Das liegt aber sicher auch an unserer<br />
von einem hohen Sicherheitsbedürfnis<br />
geprägten Mentalität. Was es für einen jungen<br />
Spieler in Tirol besonders schwer<br />
macht: Es gibt kein Gesamtkonzept. Die<br />
Schule da, das Training dort, Fitnesseinheiten<br />
da, Physiotherapie dort. Und weite<br />
Anfahrtswege zu Lasten der Lern- oder Freizeit.<br />
So schnürt sich eben seit Jahren jeder<br />
selbst sein Paket, allerdings oft weit entfernt<br />
von professionellen Bedingungen, die<br />
man braucht, um in dem Sport weiterzukommen.<br />
Klar, Tennis ist und bleibt ein Individualsport,<br />
aber ohne entsprechende Infrastruktur<br />
werden weiterhin viele auf der<br />
Strecke bleiben.<br />
* melanie barbist-haim<br />
Mutter von Matthias Haim<br />
Sei es als Lehre oder als Matura, in der heutigen<br />
Zeit muss ein Abschluss her. Das war<br />
ein Grund, warum Matthias wieder auf die<br />
Schulbank des Realgymnasiums Schwaz<br />
zurückkehrte, die er vor zwei Jahren verließ.<br />
Dazwischen lag auf dem schulischen Ausbildungsweg<br />
das Sportgymnasium Dornbirn<br />
und ein Fernstudium. Unterbrochen von der<br />
schulischen Auszeit, weil seine Trainer<br />
meinten, nur so könnte er den Sprung ins<br />
Profilager schaffen. Aus der heutigen Sicht<br />
betrachtet würde ich diesem Experiment<br />
nicht mehr zustimmen. Ich habe viel daraus<br />
gelernt. Sicher, Matthias hat Potential, aber<br />
er kann wegen Tennis nicht alles andere<br />
aufgeben. Wenn sich alles nur mehr um<br />
Tennis dreht, bekommt man die Krise. Matthias<br />
ist jetzt in der Schule erfolgreich, trainiert<br />
nicht mehr so oft wie früher, aber<br />
22 insideout apr. <strong>2016</strong>