MODERNMURALMAGAZINE_FINALonline

H
allo, schön das du
Zeit gefunden hast.
Erzähl uns doch
mal wie du zur
Kunst gekommen bist und
was du so machst.
Na ja, jetzt wo du fragst, ich
habe schon immer gern gemalt
und in der Grundschule
hatte ich dann eine sehr
gute Lehrerin die mit uns
Wahlsimulationen durchgespielt
hat. Und als Kind
war ich noch sehr ehrgeizig
und wollte Präsident werden.
(lacht) Jedenfalls habe ich
für diese Wahl Poster von
mir gemacht und sie dann
mit meinen Freunden in der
ganzen Schule aufgehängt.
Das war im Nachhinein betrachtet
wohl so etwas wie
meine erste Intervention.
Neben dem Malen haben
mich eben auch immer Poster
fasziniert und generell die
Kunst Dinge zu präsentieren,
daher war es eine logische
Konsequenz, dass ich
Grafikdesign studiert habe.
Da ich allerdings aus Patagonien,
dem Süden Argentiniens
komme, musste ich nach
Buenos Aires, um dort zu
studieren. Zusätzlich haben
zu dieser Zeit meine Brüder
dort gewohnt. Dort habe ich
studiert und entdeckte,dass
Design für mich so etwas
wie eine Berufung darstellt.
Und das, obwohl man damals
noch gar nichts wusste,
immerhin kam 1998 das
Phänomen Internet erst grade
so auf und es war nicht
leicht an Informationen über
Malerei, Design und Kunst
zu kommen. Nach dem Studium
habe ich angefangen
dort als Designprofessor zu
lehren, woraus dann viele
Projekte entstanden sind.
Ich unterrichte immer noch
ab und an das erste Jahr,
in welchem man den Studierenden
noch viel mit auf den
Weg geben kann
Und wie kommt es, dass du
jetzt hier in Lissabon gelandet
bist?
Seit diesem Jahr unterrichte
ich nur noch in unregelmäßigen
Abständen, weil ich für
die Universität einen Forschungsauftrag
Inne habe.
Es geht dabei darum, zu
erfahren wie Grafikdesign
an den besten Hochschulen
der Welt gelehrt wird,
wobei der Fokus vor allem
auf Europa und Lateinamerika
liegt. Ich vergleiche
zum Beispiel die Lebensgeschichten
der Dozierenden
vor Ort und lege dabei ein
audio-visuelles Register an.
Dafür werde ich jetzt noch
ein bisschen über zwei Monate
reisen.
Spannend. Wie bist du
dann konkret auf dieses
Festival hier gekommen?
Oh das ist eine recht lustige
Geschichte. Ich war noch am
Mittwoch in einem Hostel in
Madrid und hab mit einer
Freundin Bier getrunken, als
sie mir einen Freund vorstellte,
der Streetart-Touren
durch die Stadt anbietet. Als
ich mit ihm unterhielt, meinte
er: ‚was machst du denn
hier? In Lissabon ist grade
das größte Streetart Festival
der Welt, da musst du doch
hin!‘ Also hab ich direkt am
nächsten Tag mein Zimmer
gecancelt und bin hergekommen.
Im Regen. Und
ohne vorher mit jemandem
zu sprechen. Hier hab ich
dann mit Ines gesprochen
und sie ihrerseits, konnte
es kaum fassen, dass hier
plötzlich so ein verrückter
Südamerikaner auf der Matte
steht, der auch noch in genau
diesem Gebiet arbeitet
und forscht. Und so bin ich
dann hier rein gerutscht.
Ich komme quasi aus der
völligen Unabhängigkeit.
Wie haben uns gut verstanden
und sie hat mir die Wände
hier und das Viertel gezeigt.
Und ich meinte ‚Top,
hier will ich unbedingt was
kleben!‘ Ich war beeindruckt
von den Menschen hier und
sehr glücklich, Teil des Ganzen
geworden zu sein. Und
na ja, das ist eben meine Geschichte.
(lacht).
Streetart scheint im Wandel.
Angefangen hat es
mit Zerstörung, mit Protest
und jetzt werden Künstler
plötzlich bezahlt, um, wie
hier, Murals zu malen. Wie
konnte das passieren?
Die Urbane Kunst hat sich
in diese Richtung entwickelt
seit sie existiert. Es gibt inzwischen
einen großen Markt,
es gibt Galerien. Diese Galerien
sind inzwischen richtige
Institutionen mit großem
Einfluss. Mich persönlich hat
es dabei nie groß interessiert
Teil von Etwas zu sein. Weder
68