Ich finde sie wunderbar. Unglaublich gut sie zu sehen und zu wissen, dass so etwas existiert. Ich könnte mir kaum etwas besseres vorstellen, als selber einen Kurator zu haben, der mich eingeladen und bezahlt hätte hier Kunst zu machen. Ich bin nicht gegen Bezahlung für Kunst. Sagen wir Mein Opa hatte ein Café und hat dort Bier und Kaffee verkauft. Ich arbeite jetzt daran Grafikdesigner zu sein. Also verkaufe ich, wenn du so willst, Designarbeiten und Kunst. Das mache ich primär der Kunst zuliebe und wenn du mich fragst, ich würde gerne davon leben, von der Kunst. Aber geht mit diesem Gedanken nicht der Wille nach Revolution in der Kunst oder besser in der Streetart unter? Wenn sie dich einladen und dir sagen ‚die Wand da kannst du anmalen und die da nicht’? Ich finde das kommt dann darauf an inwieweit sie von dir verlangen dich zu verändern oder dir vorschreiben eine bestimmt Message zu vermitteln. Im Allgemeinen sehe ich Streetart eher als etwas Dekoratives. Oder zumindest habe ich hier [auf dem Festival] noch keine annähernd aggressive oder revolutionäre Botschaft gesehen. Ich glaube auf der einen Seite ist es gut, wenn Arbeiten eine Botschaft enthalten. Auf der anderen Seite denke ich jedoch, auch dass niemand dem Künstler vorschreiben kann politisch oder revolutionär zu sein, beziehungsweise ist es anmaßend diese Punkte allgemein von Streetart zu verlangen. Ich glaube es ist mehr etwas Dekoratives und Ästhetisches und das kann auch gut sein. Ich persönlich bevorzuge Bilder mit Botschaften, aber vorschreiben kann man es niemandem. Wir haben uns auch mit andern Künstlern unterhalten, die hier arbeiten und einige waren etwas traurig, weil Menschen, die her kommen sich lediglich etwas Interessantes anschauen wollen. Viele der Arbeiten werden einfach als etwas Ästhetisch-Schönes wahrgenommen, aber die Botschaft scheint dabei verloren zu gehen. Das ist natürlich eine große Debatte von der gesellschaftlichen, politische Funktion von Urban Art. Für mich ist Streetart vor allem eine weitere Facette der Kunst. Darum mache ich keinen großen Unterschied zwischen dem Einen und dem Anderen. Wenn man einmal historisch denkt, kommt man zum Beispiel auf die Kunst im Mittelalter, da waren Bilder auch lediglich Mittel zur Ergötzung der Bourgeoisie. Es ging darum die Werte der Oberschicht wiederzugeben, und das hat wiederum absolut nichts mit Revolution zu tun. Daher ist Streetart für mich einfach eine zusätzliche Ausdrucksweise der Kunst. Aber das ist eine sehr interessante Frage, über die ich gern länger Nachdenken würde und die es zu diskutieren gilt. Ich persönlich mag natürlich eher Kunst die etwas aussagt. Deswegen mag ich auch, wie gesagt, Poster so sehr. Da kann man ein Bild machen, welches durch einen Text ergänzt ist und auf diese Art und Weise auch tiefgreifende Aussagen verbreiten. Im Grunde so wie auch die Werbung funktioniert. Dort gibt es immer ein Bild und eine Botschaft. Ich mag es sehr, wenn Kunst aus dieser Mischung von Text und Bild funktioniert. Zum Beispiel auch die Memes. Die Memes sind die Ausdrucksform der Jugend und bisher schenkt ihnen keiner große Aufmerksamkeit. Ich halte es für eine Kunstform, die explodieren müsste. Wir alle kommunizieren damit. Auf Facebook. Immer. Ich persönlich jetzt nicht so sehr, aber alle, die jünger sind. Guter Punkt. und zurück zum Festival. Dieses Viertel hier ist ja so etwas wie ein Problemviertel und die Stadtplaner wollen es durch diese Aktion jetzt aufwerten. Meinst du Happenings, wie diese hier, können helfen? Und wenn ja, wie? In Buenos Aires arbeite ich größtenteils in Vierteln, die noch deutlich ärmer und gefährlicher sind als das hier. Dort machen wir seit einigen 72
San Spiga sprüht auf Wunsch eines Anwohners das Logo seines Lieblingsvereins an seine Hauswand 73