Volksbühnen-Spiegel 1/2008 - Freie Volksbühne Berlin
Volksbühnen-Spiegel 1/2008 - Freie Volksbühne Berlin
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schaft der deutschen <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>-Vereine. Bei den<br />
Gesprächen im Oktober und November 2007 hat sich<br />
aber herausgestellt, dass viele der Aktiven die Absicht<br />
und vor allem die personelle Vertretung dieser AG nicht<br />
verstanden haben. Das liegt daran, dass manche von<br />
ihnen damals in <strong>Berlin</strong> nicht dabei waren. Auch das<br />
Bemühen, im <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>-<strong>Spiegel</strong> die Konstruktion der<br />
AG darzustellen, ist nicht von allen gelesen worden.<br />
Der <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>-<strong>Spiegel</strong> ist bis heute das einzig<br />
sichtbare Organ, das aus der Arbeitsgemeinschaft hervorgegangen<br />
ist. Er wird von allen begrüßt und durch<br />
Spenden von vielen Landesarbeitsgemeinschaften und<br />
einzelnen <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>, in besonderem Maße aber von<br />
der Hamburger <strong>Volksbühne</strong> finanziell getragen.<br />
Missverständnisse gibt es bis heute bei einigen<br />
<strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>vorständen über die Funktion der sogenannten<br />
„Sprecher“ der Arbeitsgemeinschaft. Sie waren,<br />
um es noch einmal zu wiederholen, nicht als Vorstand<br />
oder Präsidium gewählt worden. Einen solchen<br />
Vorstand gibt es nicht! Es waren Freiwillige, die bereit<br />
waren, ihr Wissen auf bestimmten benannten Fachgebieten<br />
ehrenamtlich auch allen anderen <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong> in<br />
Deutschland zur Verfügung zu stellen. Manche Vereine<br />
haben diese Möglichkeiten auch dankbar genutzt.<br />
Zur Zeit gibt es folgende aktiven <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>-<br />
Vereinigungen: neben der „Urmuter“ aler, also der<br />
<strong>Freie</strong>n <strong>Volksbühne</strong> <strong>Berlin</strong>, den Bund deutscher <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>,<br />
die Landesarbeitsgemeinschaften Bayern und<br />
Schleswig-Holstein, den Landesverband Bremischer<br />
<strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong> sowie die Kulturgemeinschaft Stuttgart,<br />
die einen Arbeitskontakt der baden-württembergischen<br />
<strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong> anstrebt.<br />
Will die Arbeitsgemeinschaft als loser Verbund aller<br />
<strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong> über diese stark regional ausgerichteten<br />
Vereinigungen hinaus den politischen Gremien in Bund<br />
und Ländern gegenüber auftreten, bedarf das einer<br />
organisatorischen Form. Nichts Bestehendes soll auf-<br />
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gelöst, nichts Neues als beitragspflichtige Organisation<br />
aufgebaut werden.<br />
Deshalb meinen wir, dass man einen Vorschlag aufgreifen<br />
sollte, der im Rahmen aller Diskussionen gemacht<br />
wurde: Der bisherige Sprecher-Rat der „Fachleute“<br />
für Beratung in wichtigen Praxisfragen, nach etlichen<br />
Todesfällen noch bestehend aus Michael Broermann<br />
(Osnabrück), Dr. Dieter Hadamczik (Darmstadt), Klaus<br />
Schmidt (Bremen), Dr. Günter Schulz (<strong>Berlin</strong>) und<br />
Hans-Jürgen Simmersbach (Hamburg), sollte ergänzt<br />
werden durch einen gleichberechtigten Aktiv-Rat. Der<br />
sollte bestehen aus den Vorsitzenden der schon genannten<br />
Vereinigungen. Konkret mit Namen der Vorsitzenden:<br />
Professor Dr. Dietger Pforte (<strong>Berlin</strong>), Manfred<br />
Hölzer (Bund), Hans-Dieter Schenk (Bayern), Gerd<br />
Müller (Schleswig-Holstein), Peter Huber (Stuttgart).<br />
Willkommen sind aktive <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>mitstreiter aus<br />
einzelnen Vereinen, die sich melden und dabei einbringen<br />
wollen. Es sollten möglichst alle (alten) Bundesländer<br />
mit einem Vertreter diesem Gremium angehören,<br />
was mit dem eben gemachten Vorschlag schon fast<br />
gelungen schiene.<br />
Für alle zusammen sollte ein neuer Begriff des kollegialen<br />
Gremiums gefunden werden. Die Verständigung<br />
untereinander ist heute auf vielfältige Weise möglich,<br />
so dass keine Vorstandssitzungen kostspieliger<br />
und zeitraubender Art nötig sind. Ideen sind gefragt,<br />
Freiwillige für gezielte Aktionen der Informations- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit (über den <strong><strong>Volksbühne</strong>n</strong>-<strong>Spiegel</strong><br />
hinaus) und der Kontakte zu den kulturpolitischen Gremien<br />
besonders willkommen.<br />
Diesen Vorschlag bringen wir ein und hoffen, dass<br />
er als der am einfachsten lösbare, am wenigsten aufwändige<br />
und am sinnvollsten zu gestaltende Zustimmung<br />
findet. Wir bitten alle Interessierten um ihre Meinung.<br />
Klaus Schmidt/Dieter Hadamczik<br />
Die Geschichte der <strong>Freie</strong>n <strong>Volksbühne</strong> <strong>Berlin</strong><br />
Zum Spätsommer-Fest (Informationen dazu auf Seite 1) wird in der umgebauten Geschäftstelle der FVB eine Ausstellung<br />
eröffnet, die die Entwicklung der Mitgliederzeitschrift der FVB von ihrer Gründung 1890 bis heute zeigt.<br />
Eine solche Ausstellung ist eng verbunden mit der historischen Entwicklung des Vereins, und so hat die FVB entsprechende<br />
Begleittexte formuliert, die die Historie beleuchten und als Einführung in die einzelnen Zeitabschnitte<br />
dienen. Sie sind in dieser konzentrierten Zusammenfassung sicherlich auch für viele interessant, die die <strong>Berlin</strong>er<br />
Ausstellung nicht werden sehen können.<br />
Die Kunst dem Volke: 1890 - 1918<br />
„Da die Mitgliedschaft der ‘<strong>Freie</strong>n Bühne’ aus wirtschaftlichen<br />
Gründen dem Proletariat versagt ist, so scheint<br />
mir die Begründung einer ‘<strong>Freie</strong>n Volks-Bühne’ wohl<br />
angebracht zu sein. Diese <strong>Freie</strong> Volks-Bühne (...) besteht<br />
aus einer leitenden Gruppe und aus Mitgliedern.<br />
Die Leiter wählen die aufzuführenden Stücke sowie die<br />
Darsteller aus. Die Mitglieder erwerben durch einen<br />
Vierteljahresbeitrag den entsprechenden Theaterplatz<br />
für drei Vorstellungen. Jeden Monat, und zwar sonntags,<br />
findet eine Vorstellung statt. Die Beiträge bezwecken<br />
nur die Theatermiete und die Honorare für die<br />
Schauspieler zu decken. Sie werden so niedrig wie<br />
möglich bemessen; (.).”<br />
Mit diesen Worten ruft Bruno Wille am 23. März<br />
1890 im <strong>Berlin</strong>er Volksblatt zur Gründung einer <strong>Freie</strong>n<br />
<strong>Volksbühne</strong> auf und wendet sich damit direkt an die<br />
<strong>Berlin</strong>er Arbeiterschaft. Bereits vier Monate später, am<br />
29. Juli 1890, findet die Gründungsversammlung statt,<br />
an der fast 2.000 Menschen teilnehmen, in der Haupt-<br />
sache Arbeiter, aber auch zahlreiche Intellektuelle und<br />
Schriftsteller. Mit dem Ziel gegründet, gesellschaftlich<br />
und sozial schwächer gestellten Bevölkerungsgruppen<br />
einen Zugang zum kulturellen Leben zu ermöglichen, ist<br />
ein demokratisches Ordnungsprinzip das wesentliche<br />
Element der Organisation. Ausdruck findet dieser Anspruch<br />
unter anderem in dem völlig neuen System der<br />
Platzverlosung und der Erhebung eines einheitlichen<br />
Mitgliedsbeitrages.<br />
Die erste geschlossene Mitglieder-Vorstellung der<br />
<strong>Freie</strong>n <strong>Volksbühne</strong> findet im Oktober 1890 statt mit dem<br />
Stück „Stützen der Geselschaft“ von Henrik Ibsen, in<br />
dem Lona Hassel einen erbitterten Kampf gegen Lüge<br />
und Konventionen führt. Einen Monat später kommt<br />
das Stück „Vor Sonnenaufgang“ des 28-jährigen Gerhart<br />
Hauptmanns zur Aufführung. Begleitet werden die<br />
Aktivitäten der <strong>Freie</strong>n <strong>Volksbühne</strong> von Beginn an durch<br />
regelmäßig erscheinende Vereinsblätter oder Monatsschriften<br />
für die Mitglieder.<br />
Spaltung - Neue <strong>Freie</strong> <strong>Volksbühne</strong><br />
Bereits zwei Jahre nach seiner Gründung führt ein Kon-