1 Prof. DDr. WOLFGANG ROHRBACH DIE ...
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Fast alle US-Banken hatten zu wenig Eigenkapital bilden müssen. Da Geldreserven, die<br />
nur sicherheitshalber gebildet werden, um im Fall der Fälle trotzdem Sparguthaben auszahlen<br />
zu können, keine Rendite bringen, wurden alle diesbezüglichen Maßnahmen des<br />
Gesetzgebers und der Kontrollore bekämpft.<br />
3.1.9. Segen und Fluch der Deregulierung<br />
Der amerikanische Chefökonom J. Stiglitz beschreibt, wie der Kampf gegen Kontrollen<br />
geführt wurde ("Die Presse" v. 11.10.2009 a.a. O S 18): "Die Banken zahlten die Lobbyisten,<br />
damit sie auf Abgeordnete einwirken, die Aufsicht zu schwächen. Wir hatten fünf<br />
Lobbyisten pro Kongressabgeordneten. Polizisten wurden dafür bezahlt, nicht da zu sein.<br />
Das war ein Fehler der Regierung. Und dennoch: Wenn jemand stiehlt, wem geben Sie<br />
dann die Schuld? Dem, der stiehlt, oder dem Polizisten, der nicht da war? Ich hoffe, dass<br />
diese Ereignisse zu dem Verständnis führen, dass unregulierte Märkte nicht sehr gut<br />
funktionieren."<br />
Leider fanden etliche Finanzdienstleister Europas an dem amerikanischen System Gefallen<br />
und befürworteten die Demontage der altbewährten konservativen (mittel)europäischen<br />
Sicherheitsgrundlagen.<br />
Auf die Lockerung der strengen Regulierungsvorschriften der EU-Finanzmärkte seit den<br />
1990er Jahren folgte ihre massive Belebung. Es wurden immer mehr Finanzinnovationen<br />
(Derivate) geschaffen, welche (kurzfristige) Spekulationen förderten. Gleichzeitig wurde<br />
die Altersvorsorge in den USA - und später auch in einigen europäischen Ländern - auf<br />
Kapitaldeckung umgestellt. Die Grenzen zwischen Banken (deren Kernkompetenz das<br />
Spar- und Kreditgeschäft ist) und Versicherungen wurden fließend. Investmentbanken<br />
traten als sich in der modernen Finanzwelt besonders versiert gebährdende Marktteilnehmer<br />
auf. Allfinanz lautete das neue Zauberwort, in dem jeder Finanzdienstleister alles<br />
anbot. Der Aktienmarkt begann zu boomen. Bis Ende der 1990er Jahre stiegen die Kurse<br />
auf mehr als das Zehnfache. Gleichzeitig destabilisierten kurzfristige Spekulationen die<br />
Wechselkurse und Rohstoffpreise. (Stephan Schulmeister "Wessen Hand war das?", in:<br />
"Die Presse/Spectrum" v. 7.2.2009, S 1f)<br />
Unter diesen Bedingungen verlagerten zahlreiche Großunternehmen ihre Investitionen<br />
von der Real- in die Finanzveranlagung. Obwohl die Bilanzen immer spektakulärere "Finanzblasen"<br />
aufwiesen, blieb das Wirtschaftswachstum insgesamt gesehen schwach und<br />
sowohl die Arbeitslosigkeit als auch die Staatsverschuldung stiegen weiter an. Versicherer<br />
übernahmen nicht mehr allein oder vorwiegend Elementar -und/oder Naturrisiken<br />
(z.B. Brand-, Sturm- und Wasserschäden von Gebäuden, Tod, Krankheit, Invalidität von<br />
Menschen), sondern zunehmend Bonitätsrisiken aus dem Banksektor, die zumindest teilweise<br />
den Kunden aufgebürdet wurden. Die staalichen Kontrollinstanzen der "stärksten<br />
Wirtschaftsmacht der Welt" sahen diesem Treiben buchstäblich tatenlos zu.<br />
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