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Chirurgie 2/2012 - BÖC Berufsverband österreichischer Chirurgen ...

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etwa 17% angegeben ist. Eine Mortalität<br />

unter 5% weisen lediglich 8 KA auf, und<br />

zwar 4 aus dem „low volume“ und 4 aus<br />

dem dem „high volume“ Segment. Meines<br />

Erachtens lassen sich diese Daten aus zwei<br />

grundsätzlich differenten Blickwinkeln<br />

interpretieren:<br />

Ǜ Routine- oder Verwaltungsdaten<br />

sind zur Qualitätsmessung ungeeignet<br />

– dann sollte der Nachweis von<br />

Korrelationen auf Basis solcher Daten<br />

aber obsolet sein.<br />

Ǜ Falls man derartige Daten doch akzeptieren<br />

und für strategische Planungen<br />

heranziehen möchte, dann sind sie<br />

ein starkes Argument gegen eine Mindestmengenregelung<br />

(MFS): es ergibt<br />

sich ja die Situation, dass die KA mit<br />

der niedrigsten Mortalität wegen der<br />

zu geringen Fallzahl von der Versorgung<br />

ausgeschlossen wird, deren Patienten<br />

zur Operation zukünftig weitere Wege<br />

in eine KA mit höherer Frequenz in Kauf<br />

nehmen müssen, obwohl die Mortalität<br />

dort jedenfalls, eventuell sogar um ein<br />

Vielfaches, höher liegt – eine solche<br />

Lenkungsmaßnahme über MFS ist aber<br />

zweifellos in hohem Maße unethisch!<br />

Auffallend ist, dass bei Analyse einer prospektiven,<br />

sehr aufwändigen, mit dem<br />

Ziel der Qualitätsmessung erstellten, peer<br />

review kontrollierten und damit qualitativ<br />

hochwertigen Datenbank im US amerikanischen<br />

NSQIP (National Surgical Quality<br />

Improvement Program) sich eine Abhängigkeit<br />

der Ergebnisqualität von der Leis-<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prim. Dr. Thomas Mayrhofer<br />

Landesklinikum Waldviertel<br />

Zwettl<br />

Abteilung für <strong>Chirurgie</strong><br />

Propstei 5<br />

A - 3910 Zwettl<br />

E-Mail: thomas.mayrhofer@<br />

zwettl.lknoe.at<br />

36 <strong>Chirurgie</strong> · Ausgabe 2/<strong>2012</strong><br />

tungsmenge nicht nachweisen lässt. Das<br />

Heranziehen von Leistungsmengen als<br />

Qualitätskriterium in der <strong>Chirurgie</strong> gefährdet<br />

nach Auffassung dieser Autoren die<br />

chirurgische Ergebnisqualität eher als dass<br />

sie sie verbessert (8).<br />

Es stellt sich auch die Frage nach der<br />

gesundheitspolitischen Dimension einer<br />

Zentralisierung der Pankreaschirurgie<br />

in Österreich: 2007 gab es 1351 Neuerkrankungen<br />

und 1379 Todesfälle an Pankreaskarzinom;<br />

geht man –hoch angesetzt<br />

– von einer Resektabilität von 20%<br />

aus (= 270 Operationen), einem Anteil an<br />

„low volume“ KA – wiederum hoch gegriffen<br />

– von 50% an diesen Operationen (=135<br />

Operationen) und einer – unrealistisch<br />

hoch angenommenen – durchschnittlich<br />

3-fach höheren postoperativen Mortalität<br />

in „low volume“ vs. „high volume“ Institutionen<br />

(12% vs. 4%), so würde sich die<br />

Mortalität durch vollständige Verlagerung<br />

in „high volume“ KA um 10 Patienten reduzieren<br />

lassen. Von diesen 10 zusätzlichen<br />

Patienten würden bestenfalls 7 zumindest<br />

ein Jahr überleben. Die Zahl der Todesfälle<br />

wäre also nicht bei 1379, sondern bei 1372<br />

gelegen, einer statistisch absolut nicht<br />

wahrnehmbaren Verbesserung um 5‰<br />

entsprechend. Der maximale Gewinn an<br />

Lebenszeit pro Jahr für ganz Österreich<br />

liegt bei Berücksichtigung des medianen<br />

Überlebens dieser Patienten bei insgesamt<br />

etwa 19 Lebensjahren. Klarerweise<br />

wird eine solche Regelung zwangsläufig zu<br />

Kollateralschäden führen: Patienten und<br />

Themen der Zeit: Zentrumsbildung<br />

deren Angehörige müssen weitere Wege<br />

zurücklegen, die chirurgische Kompetenz<br />

in der Peripherie – die ja weiterhin Traumapatienten<br />

und Notfälle pankreaschirurgisch<br />

zu versorgen hat – wird ausgedünnt<br />

u.v.m.; bereits ein einziger auf einen derartigen<br />

Kollateralschaden zurückzuführender<br />

Todesfall pro Jahr irgendwo in Österreich<br />

würde jeden theoretisch denkbaren<br />

Gewinn einer Zentralisierung der Pankreaschirurgie<br />

zunichte machen!<br />

Dass Übung – was oft unerwähnt bleibt:<br />

entsprechende Begabung vorausgesetzt!<br />

– den Meister macht, ist unbestreitbar.<br />

Ob in diesem Zusammenhang die<br />

ständige Wiederholung einer bestimmten<br />

Eingriffsart oder die hochfrequente Erbringung<br />

eines breiteren Spektrums operativer<br />

Leistungen die effektivere Form der Übung<br />

ist, sei dahingestellt und ist meines Wissens<br />

wissenschaftlich bisher überhaupt<br />

nicht untersucht.<br />

Zusammenfassend ist die Evidenzlage zur<br />

volume-outcome Korrelation mäßig (Level<br />

2b), vieles spricht gegen eine Kausalität<br />

dieses Zusammenhanges und nichts für<br />

die Festlegung bestimmter Schwellenwerte.<br />

Selbst bei Unterstellung eines „high<br />

volume best case Szenarios“ ist der theoretische<br />

Gewinn durch eine Zentralisierung<br />

der Pankreaschirurgie so minimal, dass<br />

schwer nachvollziehbar ist, mit welchem<br />

Eifer diese vorangetrieben wird und welche<br />

Nebenwirkungen man bereit ist, dafür in<br />

Kauf zu nehmen.<br />

Literaturverzeichnis<br />

1. Gooiker G.A., van Gijn W. et al. Systematic review and meta-analysis of the volume-outcome<br />

relationship in pancreatic surgery. Br J Surg. 98 2011, S. 485-494.<br />

2. Swee H Tee, MD et al. Patient and Hospital Characteristics on the Variance of Perioperative Outcomes<br />

for Pancreatic Resection in the United States. A Plea for Outcome-Based and Not Volume- Based<br />

Referral Guidelines. Arch Surg. 144 2009, S. 713-721.<br />

3. Schwartz GS, Swan RZ, Ruangvoravat L, Attiyeh FF. Morbidity and mortality after hepatic and<br />

pancreatic resections: results from one surgeon at a low-volume urban hospital over thirty years. Am<br />

J Surg. 2011 Apr;201(4):438-44.<br />

4. Cunningham JD, O’Donnell N, Starker P. Surgical outcomes following pancreatic resection at a lowvolume<br />

community hospital: do all patients need to be sent to a regional cancer center? Am J Surg.<br />

2009 Aug;198(2):227-30.<br />

5. Simunovic M, Urbach D, Major D, Sutradhar R, Baxter N, To T, Brown A, Davis D, Levine MN.<br />

Assessing the volume-outcome hypothesis and region-level quality improvement interventions:<br />

pancreas cancer surgery in two Canadian Provinces. Ann Surg Oncol. 2010 Oct;17(10):2537-44.<br />

6. Meguid RA, Ahuja M, Chang CC. What constitutes a „High-Volume“ Hospital for Pancreatic Resection?<br />

J Am Coll Surg. 2008 Vol.20(4):622-628.<br />

7. G. Fülöp. Zentrumsbildung in der Pankreaschirurgie. Status quo in Österreich. 3. Österreichischer<br />

Pankreastag. Wien , 17. 09. 2011.<br />

8. Shukri F. Khuri, M.D., William G. Henderson, Ph.D. The Case Against Volume as a Measure of Quality<br />

of Surgical Care. World J Surg. 1222-1229. 29 2005.

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