Urologie: Blasenrehabilitation - Karger
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Abb. 32. Autonome Dysrefl exie mit massivem Blutdruckanstieg, Kopfschmerzen und Flush im<br />
Hautbereich oberhalb des Lähmungsniveaus während einer Blasendruckmessung.<br />
Kernpunkte<br />
Die Urosepsis ist der gravierendste aller Notfälle<br />
im urologischen Bereich bei Querschnittlähmung.<br />
Sie entsteht durch Stau infi zierten<br />
Urins im Harnsystem und erfordert sofortiges<br />
Handeln.<br />
Aufsteigende Infekte können zur akuten<br />
Pyelonephritis führen. Rasche antibiotische<br />
Behandlung ist bei diesem schweren Krankheitsbild<br />
indiziert.<br />
Akute Abfl ussstörungen aus dem oberen<br />
Harntrakt, verursacht durch Steine, können<br />
neben einem septischen Krankheitsbild auch<br />
autonome Dysregulationen mit massiven<br />
Blutdruckkrisen auslösen.<br />
Bakterielle Entzündungen des männlichen<br />
Genitaltraktes (Prostatitis, Epididymo-Orchitis)<br />
entstehen durch Ausbreitung von Bakterien<br />
über die Samenwege. Die Behandlung ist<br />
langwierig, und Rezidive treten häufi g auf.<br />
Der akute Harnverhalt durch Abfl ussbehinderung<br />
aus der Blase muss durch Einlage eines<br />
transurethralen suprapubischen Katheters<br />
beseitigt werden.<br />
Die autonome Dysrefl exie, meist ausgelöst<br />
durch Druckerhöhungen im Harntrakt, kann<br />
zu massiven, teils lebensbedrohlichen Blutdruckkrisen<br />
führen. Sofortige Druckentlastung<br />
der Blase, rasch wirkende medikamentöse<br />
Blutdrucksenkung und gegebenenfalls<br />
eine Sakralanästhesie können den Blutdruck<br />
senken.<br />
Blasenkarzinome treten als Plattenepithelkarzinome<br />
gehäuft bei langjährigen Dauerkatheterträgern<br />
auf.<br />
hinderung, können zu belastenden und<br />
teils bedrohlichen Dysregulationen des<br />
Blutdrucks führen. Diese Symptome treten<br />
bei Lähmungen im Thorakalmark auf und<br />
nehmen an Intensität mit zunehmender<br />
Lähmungshöhe zu [7] . Durch die Druckerhöhung<br />
an Blase und Blasenhals kommt es<br />
zur Aktivierung des Sympathikus und damit<br />
zur Vasokonstriktion und zum Blutdruckanstieg.<br />
Die Gegenregulation, die<br />
von Barorezeptoren in der Arteria carotis<br />
ausgelöst wird, versucht durch Gefässerweiterung<br />
den Blutdruck zu normalisieren.<br />
Allerdings werden durch diese parasympathischen<br />
Impulse nur die Blutgefässe<br />
im nicht gelähmten Bereich erreicht,<br />
was insbesondere am Kopf und im Gehirn<br />
zur Weitstellung der Blutgefässe führt, den<br />
Blutdruck im gesamten Kreislauf jedoch<br />
nicht absenken kann. Der hohe Blutdruck<br />
zusammen mit den weiten Blutgefässen<br />
im Gehirn kann zu massiven Kopfschmerzen<br />
und in seltenen Fällen auch zu Blutungen<br />
führen ( Abb. 32 ). Die erste Massnahme<br />
muss die sofortige Blasenentleerung<br />
durch Einmalkatheterismus sein, kombiniert<br />
mit medikamentöser Blutdrucksenkung<br />
(Nitroglyzerin). Führt dies nicht innerhalb<br />
weniger Minuten zur Besserung<br />
der Symptome, kann eine Sakralanästhesie<br />
rasche Abhilfe schaffen. Auch durch unblutigen<br />
Aderlass mit venöser Blutstauung<br />
in allen vier Extremitäten kann der Blutdruck<br />
abgesenkt werden.<br />
Oft führt auch der mechanische Reiz<br />
eines suprapubischen oder Dauerkatheters<br />
zur refl ektorischen Blasenkontraktion<br />
und zur Dysrefl exie, so dass trotz freiem<br />
Harnabfl uss ein Anticholinergikum eingesetzt<br />
werden muss.<br />
Blasenkarzinom<br />
Besonders bei langjähriger Lage eines<br />
Dauerkatheters in der Blase und dem damit<br />
verbundenen chronischen Infekt kann<br />
es zu Veränderungen der Blasenschleimhaut<br />
(Plattenepithelmetaplasie) bis hin<br />
zum Plattenepithelkarzinom kommen [8] .<br />
Vermutlich ist diese sonst eher seltene Art<br />
des Blasenkarzinoms auf den chronischen<br />
mechanischen und chemischen Reiz zurückzuführen.<br />
Das übrige Karzinomrisiko<br />
betreffend den Harntrakt unterscheidet<br />
sich nicht von dem Nichtgelähmter.<br />
Literatur<br />
1 Yoshimura K, Utsunomiya N, Ichioka K, Ueda N, Matsui<br />
Y, Terai A: Emergency drainage for urosepsis associated<br />
with upper urinary tract calculi. J Urol 2005;<br />
173: 458–462.<br />
2 Barton CH, Vaziri ND, Gordon S, Tilles S: Renal pathology<br />
in end-stage renal disease associated with<br />
paraplegia. Paraplegia 1984; 22: 31–41.<br />
3 DeVivo MJ, Fine PR, Cutter GR, Maetz HM: The risk<br />
of renal calculi in spinal cord injury patients. J Urol<br />
1984; 131: 857–860.<br />
4 Lummus WE, Thompson I: Prostatitis. Emerg Med<br />
Clin North Am 2001; 19: 691–707.<br />
5 Criste G, Gray D, Gallo B: Prostatitis: a review of diagnosis<br />
and management. Nurse Pract 1994; 19: 32–33,<br />
37–38.<br />
6 Perrouin-Verbe B, Labat JJ, Richard I, de la Greve IM,<br />
Buzelin JM, Mathe JF: Clean intermittent catheterisation<br />
from the acute period in spinal cord injury patients:<br />
long-term evaluation of urethral and genital<br />
tolerance. Paraplegia 1995; 33: 619–624.<br />
7 Gondim FA, Lopes AC Jr, Oliveira GR, Rodrigues CL,<br />
Leal PR, Santos AA, Rola FH: Cardiovascular control<br />
after spinal cord injury. Curr Vasc Pharmacol 2004; 2:<br />
71–79.<br />
8 Hess MJ, Zhan EH, Foo DK, Yalla SV: Bladder cancer<br />
in patients with spinal cord injury. J Spinal Cord<br />
Med 2003; 26: 335–338.<br />
202 <strong>Urologie</strong>