Urologie: Blasenrehabilitation - Karger
Urologie: Blasenrehabilitation - Karger
Urologie: Blasenrehabilitation - Karger
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Physiologie<br />
Im Nervus pudendus werden afferente somatisch<br />
sensible Fasern vom äusseren Genitale<br />
zu den Rückenmarksegmenten S 2 –<br />
S 4 geführt. Gleichfalls über den N. pudendus<br />
ziehen efferente motorische Fasern<br />
von S 2 bis S 4 zur ischio- und bulbokavernösen<br />
Muskulatur, die durch Kompression<br />
der proximalen Corpora cavernosa die<br />
Erektion stabilisiert.<br />
Bedeutende Zentren des vegetativen<br />
Nervensystems für die Erektion befi nden<br />
sich in Höhe der Segmente Th 11 –L 2 (sympathisch)<br />
und S 2 –S 4 (parasympathisch).<br />
Parasympathisch wird die Erektion<br />
über die Nn. erigentes und den Plexus hypogastricus<br />
inferior beeinfl usst.<br />
Sympathische Fasern gelangen über die<br />
Plexus hypogastricus superior und inferior<br />
und über die Nn. cavernosi zum äusseren<br />
Genitale.<br />
Die parasympathische Stimulation des<br />
äusseren Genitales löst die Erektion aus, es<br />
resultiert ein vermehrter arterieller Einstrom<br />
in die Corpora cavernosa, die glatte<br />
Muskulatur der Corpora cavernosa wird<br />
relaxiert und es kommt gleichzeitig zur<br />
Kompression des venösen Abstromes aus<br />
den Corpora cavernosa während der parasympathischen<br />
Stimulation ( Abb. 34 ).<br />
Die Qualität der erreichbaren Erektion<br />
kann durch Verwendung eines Klassifi kationsschemas<br />
verglichen werden [12] .<br />
Klassifi kation der<br />
Erektionsstörungen<br />
EO = Keine Erektion<br />
E1 = Geringe Tumeszenz, keine<br />
Rigidität<br />
E2 = Mittlere Tumeszenz,<br />
keine Rigidität<br />
E3 = Volle Tumeszenz, keine<br />
Rigidität<br />
E4 = Volle Tumeszenz, mittlere<br />
Rigidität<br />
E5 = Volle Tumeszenz, volle Rigidität<br />
E4/E5 wird z.T. zusammengefasst.<br />
Bei Paraplegikern fi nden sich nach Derry<br />
et al. [10] Erektionen bis Grad E2, die<br />
durch die medikamentöse Behandlung<br />
mit Sildenafi l auf Grad E3–4 verbessert<br />
werden konnten.<br />
Besonders deutlich wird die koordinierte<br />
autonome Nervenfunktion beim<br />
Abb. 34. Erektion (schematisch).<br />
Vorgang der Ejakulation, die in eine sympathisch<br />
gesteuerte Emission und eine somatisch<br />
verursachte Erektion unterteilt<br />
wird.<br />
Hier überschneiden sich die oben<br />
genannten Funktionen des vegetativen<br />
Nervensystems (Sympathikus, Parasympathikus)<br />
mit der Funktion somatisch innervierter<br />
Organsysteme (Beckenbodenmuskulatur).<br />
Die sympathische Stimulation (Th 11 –<br />
L 3 ) löst den Beginn der Ejakulation aus, es<br />
kommt zu rhythmischen Kontraktionen<br />
der glatten Muskulatur der Ductus deferentes,<br />
der Samenblasen und der Prostata.<br />
Dieser Vorgang wird als Emission bezeichnet.<br />
Durch rhythmische Kontraktionen der<br />
Beckenbodenmuskulatur (M. bulbocavernosus,<br />
M. ischiocavernosus und übrige Beckenbodenmuskeln)<br />
kommt es zur antegraden<br />
Ejakulation, die somatisch über<br />
den N. pudendus (S 2 –S 4 ) ausgelöst wird.<br />
Gleichzeitig erfolgt ein suffi zienter Verschluss<br />
des Blasenhalses nach Bohlen et al.<br />
[13] ; hier fi ndet sich häufi g ein Defekt bei<br />
Paraplegie durch fehlenden Sympathikotonus<br />
bzw. urologische Voroperationen,<br />
wodurch eine retrograde Ejakulation möglich<br />
wird.<br />
Eine Behandlung der ED ist heute überwiegend<br />
medikamentös möglich, seltener<br />
noch chirurgisch nötig.<br />
Erste Wahl sind aktuell die Medikamente<br />
aus der Gruppe der Phosphodieste-<br />
rase-5-Hemmer. Sildenafi l ist seit 1998<br />
verfügbar und hat in zahlreichen Studien<br />
auch bei Paraplegikern eine ausgezeichnete<br />
Wirkung gezeigt [14–16] .<br />
Im SPZ Nottwil konnten bei 200 Paraplegikern<br />
76% Responder und 24% Nonresponder<br />
bei der Behandlung der ED mit<br />
Sildenafi l beobachtet werden. Gleiche Effekte<br />
werden für Vardenafi l und Tadalafi l<br />
erwartet.<br />
Apomorphin hat nur marginale Bedeutung<br />
bei hochgradig inkompletten Paraplegien<br />
[17] .<br />
Zweite Wahl ist die intrakorporale<br />
Schwellkörperinjektion (SKAT = Schwellkörperautoinjektion<br />
oder SKIT = Schwellkörper<br />
injektion durch Partnerin z.B. bei<br />
Tetraplegie), aktuell mit Prostaglandin E 1<br />
(Abb. 35). Historisch wurden Papaverin<br />
[18] sowie Phentolamin [19] , später zum<br />
Teil auch in verschiedenen Kombinationen<br />
ei ngesetzt.<br />
Prostaglandin E 1 intraurethral appliziert<br />
sowie Vakuumerektionshilfen haben<br />
die Hoffnungen für einen ausreichenden<br />
therapeutischen Effekt bei Paraplegie nicht<br />
erfüllen können.<br />
Dritte Wahl bleibt die Implantation von<br />
hydraulischen Penisprothesen. Sie hat<br />
nach wie vor ihren Wert bei Nonrespondern<br />
der erstgenannten Therapieverfahren.<br />
In jedem Falle muss jedoch auf ausschliesslich<br />
hydraulischen Implantaten<br />
bestanden werden, da durch Verwendung<br />
204 <strong>Urologie</strong>