Taxi Times D-A-CH - September 2016
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SEPTEMBER <strong>2016</strong> 4,80 €<br />
www.taxi-times.taxi<br />
D – A – <strong>CH</strong><br />
WAS PASSIERT AB 2017?<br />
RI<strong>CH</strong>TIG<br />
AUFS<strong>CH</strong>REIBEN<br />
<strong>Taxi</strong> in Mainz / Deutschland<br />
EIN GUTA<strong>CH</strong>TEN<br />
UND DIE FOLGEN<br />
<strong>Taxi</strong> in Salzburg / Österreich<br />
FRUST AM BAHNHOF<br />
UND AIRPORT<br />
<strong>Taxi</strong> International<br />
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GESETZ: NEIN –<br />
GES<strong>CH</strong>ÄTZT: JA<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
nur noch rund drei Monate, dann soll<br />
der Fiskaltaxameter kommen. So<br />
pauschal stimmt das natürlich nicht.<br />
Weil es keine gesetzliche Regelung<br />
gibt, die einen Fiskaltaxameter vorschreibt,<br />
wird im Januar kein Polizist<br />
und kein Zollbeamter an den Halteplätzen den Taxameter kontrollieren.<br />
Das erweckt den Eindruck, als könne alles so weiterlaufen.<br />
FALS<strong>CH</strong>!<br />
Es gibt sehr wohl eine Regelung, die nach einer Übergangsphase<br />
zum 31. Oktober endgültig in Kraft tritt: die europäische Messgeräteverordnung<br />
MID. Sie schreibt den Taxameterherstellern vor, dass ab<br />
diesem Zeitpunkt nur noch Geräte verkauft werden dürfen, die eine<br />
Schnittstelle zur Datenauslese haben. Hier kommt nun das Bundes <br />
ministerium der Finanzen (BMF) ins Spiel. Dort wurde in einem<br />
Schreiben vom 26. November 2010 mal eben ganz einfach definiert:<br />
Wenn Taxa meter so eine Schnittstelle haben, dann bitte schön sollen<br />
die <strong>Taxi</strong> unternehmer spätestens zum 1. Januar 2017 auch eine lückenlose<br />
und unverfälschte Einzelaufzeichnung vorlegen können.<br />
Nicht genau am 1. Januar 2017, sondern an dem Tag, an dem sich<br />
der Steuerprüfer ankündigt. Irgendwann 2017 oder 2018 oder auch<br />
noch später. Dann aber rückwirkend ab mindestens dem 1. Januar 2017.<br />
Nun hat das BMF-Schreiben aber keine gesetzliche Grundlage, diese<br />
wird wohl frühestens im Jahr 2020 kommen. Weswegen in der Branche<br />
zu der großen Ungewissheit noch die Angst dazukommt, künftig den<br />
willkürlichen Schätzungen der Steuerprüfer ausgesetzt zu sein. Dem<br />
Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als dieses Risiko zu minimieren.<br />
Wie absurd die ganze Bandbreite der möglichen Interpretationen<br />
ist, haben wir in unserem Titelbild zum Ausdruck gebracht. Wer richtig<br />
aufschreibt, kann dies sogar auf Klopapier machen. Diesen und noch<br />
sinnvollere Lösungsansätze haben wir ab Seite 6 zusammengefasst.<br />
Herzliche Grüße<br />
INHALT<br />
TITEL / FISKALTAXAMETER<br />
6 Noch keine verlässliche Lösung<br />
WETTBEWERB<br />
10 Interview, Teil 2: Schlenker und Kollar<br />
TAXI-GUTA<strong>CH</strong>TEN<br />
12 Hamburg, Berlin, Mainz<br />
33 Gastkommentar: Warum eigentlich Gutachten?<br />
RE<strong>CH</strong>T<br />
14 (Un)erlaubte Bereithaltung vor der Disco<br />
BU<strong>CH</strong>HALTUNG<br />
16 So sollte ein Kassenbuch geführt werden<br />
ANTRIEB<br />
19 London-<strong>Taxi</strong>s goes Europe<br />
20 Renault Talisman im Facebook-Test<br />
ÖSTERREI<strong>CH</strong> UND S<strong>CH</strong>WEIZ<br />
24 Harte Zeiten für Österreichs Funklose<br />
INTERNATIONAL<br />
27 Russlands <strong>Taxi</strong>s stecken fest<br />
28 Die falsche Strategie der Hailo-App<br />
30 Spannende Themen bei <strong>Taxi</strong> & Mobility Update<br />
Jürgen Hartmann<br />
(Chefredakteur)<br />
34 Impressum<br />
FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
TITELFOTO: Fotolia / alswart, Montage: Raufeld<br />
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TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
3
PERSONEN<br />
NEWSTICKER<br />
HANS-GÜNTHER BARTELS<br />
GESTORBEN<br />
Willkommen in Berlins ältestem <strong>Taxi</strong>, einem Peugeot 404<br />
aus dem Jahr 1963.<br />
Am 3. Juli verstarb im Alter von 75 Jahren<br />
Hans-Gürtel Bartels, der ehemalige<br />
Vize präsident des BZP. Bartels war Träger<br />
des Bundesverdienstkreuzes und dem<br />
<strong>Taxi</strong> gewerbe als Oldenburger Unternehmer<br />
(zuletzt als Chef von AB-Taxen und<br />
25025 <strong>Taxi</strong>ruf 2255) wie auch als maßgeblich<br />
Mitwirkender in den <strong>Taxi</strong>verbänden<br />
tief verbunden. Unter Hans Meißner war<br />
er viele Jahre Vizepräsident des Deutschen<br />
<strong>Taxi</strong>- und Mietwagenverbands (BZP) und<br />
bekleidete dieses Amt auch innerhalb des<br />
Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen.<br />
Privat engagierte er sich bei seinem<br />
Heimatsportverein und baute dort die<br />
Tennisabteilung auf. Zur Trauerfeier<br />
am 11. Juli erwiesen zahlreiche Weggefährten<br />
aus der <strong>Taxi</strong>branche Hans-Günther<br />
Bartels die letzte Ehre.<br />
FDP-SEKRETÄR<br />
WE<strong>CH</strong>SELT ZU UBER<br />
Roland Werner (45, FDP) ist seit dem 4. Juli<br />
Head of Government Affairs & Policy beim<br />
US-Fahrtenvermittler Uber. Hier verantwortet<br />
er die politische Kommunikation in<br />
Deutschland, Österreich und der Schweiz.<br />
Werner war zuletzt als freiberuflicher Berater<br />
tätig. Zuvor hatte der geborene Münchner<br />
in der FDP Karriere gemacht. Rund um<br />
die Jahrtausendwende war er Büroleiter<br />
von Guido Westerwelle, danach persönlicher<br />
Referent von Wolfgang Gerhardt. Seit<br />
dem Jahreswechsel 2005/2006 war Roland<br />
Werner als Geschäftsführer der FDP-Fraktion<br />
im Sächsischen Landtag tätig, wo er<br />
später zum Staatssekretär im Sächsischen<br />
Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit<br />
und Verkehr aufstieg. Die Position, die<br />
Werner nun bei Uber übernimmt, wurde<br />
neu geschaffen.<br />
ZEITREISEN<br />
ZUM TAXITARIF<br />
Prius? E-Klasse? Touran? Für Matthias<br />
Zierau kam keines der gängigen <strong>Taxi</strong> <br />
modelle infrage, als er sich im<br />
Jahr 2010 selbstständig machte. Stattdessen<br />
fährt er einen Peugeot 404 aus<br />
dem Jahr 1963, mit 65 PS und einem<br />
1,6 Liter großen Benzinmotor. Ohne<br />
Airbags, ohne CAN-Bus-System, ohne<br />
Gurte. Aber mit Standheizung und<br />
Hohlraum konservierung. Die hat sich<br />
der Berli ner während der dreimonatigen<br />
Umrüstphase dazugebaut. „Zeitreisen zum <strong>Taxi</strong>tarif“ steht auf<br />
Zieraus Visitenkarte und natürlich seine Webseite www.klassik-taxiberlin.de.<br />
Die häufigste Frage der Fahrgäste ist die nach dem Kilometerstand.<br />
Doch die lässt sich nicht beantworten. Der Tacho hat nur fünf<br />
Stellen und nach 9 999 Kilometern fängt alles wieder von vorne an.<br />
Wie sieht es mit Ersatzteilen aus? „Seltene Teile können etwas teurer<br />
sein, z. B. der Auspuffendtopf, den gab es so nur bis 1964. Daher<br />
kostet er ca. 150 Euro. Verglichen mit Ersatzteilpreisen für die heutige<br />
Fahrzeuggeneration, ist das eigentlich günstig. Als Zierau einmal beim<br />
Rückwärtsfahren ganz leicht einen Pick-up berührte, musste bei diesem<br />
für 3000 Euro gleich die ganze Stoßstange ausgetauscht werden.<br />
Er wech selte sein Rücklicht aus, aber nicht das ganze Gehäuse, sondern<br />
nur das Teil, in dem der Sprung war. Kostenpunkt: 15 Euro. Das<br />
hatte der nostalgische <strong>Taxi</strong>unternehmer mit der nächsten Tour schon<br />
wieder eingefahren. Zuzüglich Trinkgeld, denn für eine solche Zeitreise<br />
zahlen viele Fahrgäste freiwillig einen Oldtimerzuschlag. jh<br />
DMRZ-<strong>CH</strong>EF UNTER<br />
BES<strong>CH</strong>USS<br />
Bei einem Oldtimer dieses<br />
Jahrgangs sind Sicherheitsgurte<br />
nicht vorgeschrieben.<br />
René Gelin, Geschäftsführer und Gründer des Deutschen Medizinrechenzentrums<br />
(DMRZ), steht derzeit gegenüber <strong>Taxi</strong>unternehmern<br />
und Verbänden unter Rechtfertigungszwang. Sein Unternehmen hat<br />
eine Vermittlungsplattform geschaffen, über die Krankenkassen ihre<br />
Serienfahrten dem <strong>Taxi</strong>gewerbe anbieten können. Kritiker befürchten,<br />
dass diese Plattform den Kassen hilft, bestehende Rahmenverträge<br />
zu unterlaufen. Gelin nimmt diese Sorgen sehr ernst. Ende August<br />
reiste der Düsseldorfer bis in den Schwarzwald, um sich von den Vertretern<br />
der Interessengemeinschaft <strong>Taxi</strong> Ortenau Anregungen zur<br />
Modifikation der Fahrtenvermittlung anzuhören, welche die Situation<br />
im Zusammenhang mit bestehenden Verträgen berücksichtigen soll.<br />
Gelin versprach, die vorgebrachten Änderungswünsche zu prüfen<br />
und bei Machbarkeit in das Vermittlungssystem zu integrie ren. Aus<br />
Solida rität zu seinen Lesern hat sich der <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>-Verlag dazu<br />
entschlos sen, bis zur einvernehmlichen Klärung der Unstim migkeiten<br />
keine Werbeanzeigen des DMRZ zu veröffentlichen.<br />
FOTOS: Klassik <strong>Taxi</strong>, DMRZ, FDP, Tom Buntrock/<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
4 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
EINE STADT IM AUSNAHMEZUSTAND<br />
München, Hanauer Straße. Auf der einen Seite ein Blumenmeer.<br />
Fotos, Briefe, Kuscheltiere, ein Absperrband, dann die Straße.<br />
Gedenken an die Opfer eines Amokläufers. Auf der anderen<br />
Seite wieder Blumen, Bilder, Kuscheltiere. Dazwischen der <strong>Taxi</strong>stand.<br />
Mitten im Geschehen. In den Abendstunden des 22. Juli<br />
<strong>2016</strong> wurde eine Stadt paralysiert. U-Bahn, S-Bahn, Bus, Tram,<br />
alles stand still – nur das <strong>Taxi</strong> fuhr weiter. In der Münchner<br />
Regionalausgabe der <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> lassen wir <strong>Taxi</strong>fahrer zu Wort<br />
kommen, die erzählen, wie sie diese Nacht erlebt haben.
RI<strong>CH</strong>TIG<br />
AUF-<br />
S<strong>CH</strong>REIBEN<br />
Fiskaltaxameter, Schichtzettel,<br />
Kassensysteme – auch nach<br />
zahlreichen Infoveranstaltungen<br />
gibt es immer noch keinen<br />
verlässlichen Lösungsansatz.<br />
Wenn ab 1. Oktober <strong>2016</strong> die<br />
Übergangsfrist der im Jahr<br />
2004 erlassenen europäischen<br />
Richtlinie 2004/22/EG endet, dürfen<br />
ab diesem Zeitpunkt nur noch Taxameter<br />
in den Verkehr gebracht werden, die über<br />
eine Datenschnittstelle verfügen. Über<br />
diese Schnittstelle müssen unter anderem<br />
die Preisdaten einer Fahrt übertragen werden<br />
können. Die Richtlinie wurde seit ihrer<br />
Veröffentlichung noch mehrere Male<br />
ergänzt und ist in der <strong>Taxi</strong>branche als sogenannte<br />
„Messgeräterichtlinie“ (MID)<br />
bekannt. Sie umfasst 93 Seiten und enthält<br />
ab Seite 79 auch den „Anhang MI 007“, in<br />
dem die Anforderungen an einen Taxameter<br />
definiert sind.<br />
Am 26. November 2010 veröffentlichte<br />
das Bundesministerium der Finanzen<br />
(BMF) ein Schreiben an die untergeordneten<br />
Finanzbehörden, in dem unter anderem<br />
die Aufbewahrung der mittels Taxametern<br />
und Wegstreckenzählern erfassten<br />
Geschäftsvorfälle definiert wird. Gemäß<br />
dem Schreiben müssen digital erstellte<br />
Unterlagen für zehn Jahre jederzeit verfügbar,<br />
unverzüglich lesbar und maschinell<br />
auswertbar sein. Insbesondere müssen alle<br />
steuerlich relevanten Einzeldaten (Einzelaufzeichnungspflicht)<br />
einschließlich etwaiger,<br />
mit dem Gerät elektronisch erzeugter<br />
Rechnungen unveränderbar und vollständig<br />
aufbewahrt werden. Als Konsequenz<br />
auf die Übergangsfrist der MID hat auch<br />
das BMF eine Kulanzregelung eingeführt.<br />
Wenn ein Unternehmer einen Taxameter<br />
oder Wegstreckenzähler einsetzt, der bauartbedingt<br />
den digitalen Anforderungen<br />
nicht entspricht, wird dies bis längstens<br />
31.12.<strong>2016</strong> nicht beanstandet. Somit steht<br />
also fest: Es wird sich was ändern zum Jahreswechsel<br />
von <strong>2016</strong> auf 2017. Aber wie<br />
wird diese Änderung aussehen?<br />
Fakt ist: Es gibt kein deutsches Gesetz,<br />
das für 2017 einen Fiskaltaxameter oder<br />
eine digitale Aufzeichnungspflicht vorschreibt.<br />
Die MID regelt auf europäischer<br />
»Wer plausible<br />
Aufzeichnungen hat,<br />
kann diese auch auf<br />
Klopapier machen.«<br />
Hans-Peter Kratz, Vorstand<br />
der Frankfurter <strong>Taxi</strong>-Vereinigung<br />
Ebene, dass ein Taxameter/Wegstreckenzähler<br />
eine Schnittstelle zum Auslesen der<br />
gespeicherten Daten haben muss. Die Art<br />
der Aufbewahrung der ausgelesenen Daten<br />
regeln auf nationaler Ebene in Deutschland<br />
die „Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung<br />
(GoB)“ sowie die „Grundsätze zur<br />
ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung<br />
von Büchern, Aufzeichnungen und<br />
Unterlagen in elektronischer Form sowie<br />
zum Datenzugriff (GoBD)“.<br />
Technische Vorschriften oder Standards<br />
(zum Beispiel zu Archivierungsmedien oder<br />
Kryptografieverfahren) werden in diesen<br />
Richtlinien ausdrücklich nicht definiert.<br />
Auch das angesprochene BMF-Schreiben<br />
gibt zu diesem Punkt keine Empfehlungen.<br />
Diese kommen dafür von Finanzexperten<br />
und Verbandsfunktionären. Deren<br />
Einschätzungen haben eine große Bandbreite,<br />
widersprechen sich sogar teilweise.<br />
In einem Interview mit dem <strong>Taxi</strong>verband<br />
München (veröffentlicht in der Münchner<br />
Regionalausgabe der <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>) spricht<br />
ein Steuerberater davon, dass Schichtzettel<br />
alleine nicht mehr ausreichen würden,<br />
weil die Münchner Finanzverwaltung den<br />
Taxameter als digitale Kasse ansieht und<br />
somit generell die digitale Speicherung<br />
der Ursprungsdaten aller Taxameter fordern<br />
würde. Das Bayerische Landesamt<br />
für Steuern sieht das anders: „Im Bereich<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes erfüllen die sogenannten<br />
Schichtzettel in Verbindung mit den<br />
Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler<br />
und dem Taxameter des einzelnen <strong>Taxi</strong>s<br />
ablesen lassen, die aus der Einzelaufzeichnungspflicht<br />
ergebenden Mindestanforderungen.“<br />
Wenig erhellend spricht man<br />
hinterher von „konkretisierenden Dokumentationspflichten“<br />
und verweist wieder<br />
einmal auf das BMF-Schreiben. Solche<br />
Statements sind quer durch die Republik<br />
zu hören.<br />
Hans-Peter Kratz, Vorstand der Frankfurter<br />
<strong>Taxi</strong>-Vereinigung, spricht von<br />
„Rumeierei“ und „kaltem Kaffee“. „Die<br />
Abgabenordnung steht, es gibt weder eine<br />
Ausrüstungsvorschrift (BOKraft) noch eine<br />
FOTO: Fotolia / alswart, Montage: Raufeld<br />
6 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
FISKALTAXAMETER<br />
Eichvorschrift und in der AO steht auch<br />
nichts drin. Und dass ein internes BMF-<br />
Schreiben an die Öffentlichkeit geraten ist,<br />
hat keine justiziable Wirkung. Es bleibt<br />
dabei: Wer kann, muss die elektronischen<br />
Daten zur Verfügung stellen, wer es nicht<br />
kann, hat auf geeignetem Weg (Schichtzettel<br />
in Verbindung mit Einzelaufzeichnung)<br />
den Umsatz in der Entstehung nachzuweisen.<br />
Und wer plausible Aufzeichnungen<br />
hat, kann diese auf einem Stück Klopapier<br />
machen.“ Kratz’ Fazit macht wenig<br />
Hoffnung: „Wenn sie uns wehtun wollen,<br />
machen sie es so oder so.“<br />
SI<strong>CH</strong>ERHEITS-AUFS<strong>CH</strong>LAG IN<br />
RHEINLAND PFALZ<br />
Diesen Eindruck konnte auch Edo Diekmann<br />
von der Oberfinanzdirektion Niedersachsen<br />
nicht entkräften. Er erklärte auf<br />
einer IHK-Veranstaltung, dass Unternehmer<br />
ihrer Pflicht zur Einzelaufzeichnung auch<br />
mit detaillierten Schichtzetteln und der<br />
zusätzlichen Aufbewahrung von ausgestellten<br />
Rechnungsdoppeln nachkommen können.<br />
Diekmann zweifelte allerdings, ob dies<br />
in Papierform tatsächlich lückenlos hinzubekommen<br />
sei.<br />
Nicht nur Zweifel, sondern offenes Misstrauen<br />
gegenüber Handaufzeichnungen<br />
scheint bei den Finanzbehörden von Rheinland-Pfalz<br />
vorzuherrschen. „Werden die<br />
Einzelaufzeichnungen händisch gemacht,<br />
so ist – je nach Ermessen des Prüfers – ein<br />
Sicherheitszuschlag, eine Zuschätzung<br />
oder sogar ein Verweis an die Steuerfahndung<br />
möglich“, warnte Thomas Hermen<br />
vom Landesamt für Steuern Rheinland-<br />
Pfalz während einer Veranstaltung in<br />
Mainz. Beim Nichtvorliegen digitaler Daten<br />
läge ein Mangel vor, der eine Risikoeinstufung<br />
und kurzfristige, erneute Prüfungen<br />
nach sich ziehen kann.<br />
Ähnlich wie Diekmann besteht auch<br />
Hermen auf die Vorlage aller Einzeldaten.<br />
Dazu gehöre das Auslesen des Taxameters<br />
und die Vorlage aller Doppel tatsächlich<br />
ausgestellter Kleinstbetragsrechnungen<br />
mit Taxameterpreis. Noch gilt in Rheinland<br />
Pfalz die im BMF-Schreiben von<br />
2010 festgelegte Übergangsfrist. Hermes<br />
verweist allerdings auf den Passus des<br />
Schreibens, wonach „der Steuerpflichtige<br />
technisch mögliche Softwareanpassungen<br />
und Speichererweiterungen mit dem Ziel<br />
durchführen muss, die in diesem Schreiben<br />
konkretisierten gesetzlichen Anforderungen<br />
zu erfüllen“. Nach Ansicht des Referenten<br />
ist eine gesetzliche Taxameterpflicht<br />
mit Geräten, die die Unveränderbarkeit der<br />
Daten durch ein technisches Verfahren<br />
gewährleisten, erforderlich.<br />
Diese gesetzliche Pflicht wird allerdings<br />
erst frühestens 2020 kommen. Obwohl die<br />
MID-Richtlinie seit 2006 gültig ist und<br />
somit für die nationale gesetzliche Regelung<br />
zehn Jahre Zeit gewesen wäre, wurde<br />
erst im Juli dieses Jahres ein „Entwurf eines<br />
Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen<br />
an digitalen Grundaufzeichnungen“<br />
beschlossen. Dazu müssen elektronische<br />
Registrierkassen künftig über eine zertifizierte<br />
technische Sicherheitseinrichtung<br />
verfügen, die aus drei Bestandteilen<br />
besteht: einem Sicherheitsmodul, einem<br />
Speichermedium und einer digitalen<br />
Schnittstelle. Das Sicherheitsmodul<br />
gewährleistet, dass Kasseneingaben mit<br />
Beginn des Aufzeichnungsvorgangs protokolliert<br />
und später nicht mehr unerkannt<br />
manipuliert werden können. Auf dem Speichermedium<br />
werden die Einzelaufzeichnungen<br />
für die Dauer der gesetzlichen<br />
Aufbewahrungsfrist gespeichert. Die u<br />
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FISKALTAXAMETER<br />
Wie man auf dieser Skizze deutlich sieht, berücksichtigt der aktuelle Gesetzentwurf in erster Linie Registrierkassen.<br />
Taxameter sind aber keine Kassen.<br />
DAS INSIKA-VERFAHREN<br />
Im INSIKA-Verfahren werden die<br />
Daten des Taxameters digital signiert.<br />
Durch diese Signatur können<br />
die Daten nicht mehr unerkannt<br />
verändert werden. Die Signatur wird<br />
von einer Smartcard (TIM) erzeugt,<br />
die von den Finanzbehörden oder<br />
in deren Auftrag ausgegeben wird.<br />
digitale Schnittstelle gewährleistet eine reibungslose<br />
Datenübertragung für Prüfungszwecke.<br />
Wie schon länger vom Bundesministerium<br />
der Finanzen geplant, soll das<br />
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik<br />
(BSI) die technischen Anforderungen<br />
an diese Sicherheitseinrichtung<br />
definieren und anschließend entsprechende<br />
Anbieterlösungen zertifizieren. Sie soll<br />
verpflichtend ab dem 1. Januar 2020 einzusetzen<br />
sein.<br />
Aus Sicht des <strong>Taxi</strong>gewerbes ist diese<br />
verspätete politische Vorgehensweise die<br />
Ursache der aktuellen Verunsicherung.<br />
Denn jetzt ist nicht einmal sicher, ob das<br />
von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt<br />
(PTB) gemeinsam mit dem <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
entwickelte INSIKA-Verfahren im<br />
Jahr 2020 den technischen Anforderungen<br />
entsprechen wird. Ganz verwerfen werde<br />
man dieses Verfahren nicht, das machte<br />
das BMF in einer Pressemitteilung bereits<br />
deutlich. „Die von der Physikalisch-Technischen<br />
Bundesanstalt entwickelte INSI<br />
KA-Smartcard erfüllt heute schon viele<br />
Anforderungen des vorgesehenen Zertifizierungsverfahrens.<br />
Die INSIKA-Smartcard<br />
dürfte somit ohne größeren Aufwand nach<br />
kleineren, noch erforderlichen Anpassungen<br />
als ein technisches Sicherheitsmodul<br />
zertifiziert werden können.“<br />
WIRD INSIKA ANERKANNT?<br />
Nun herrscht natürlich große Unsicherheit<br />
darüber, ob sich für <strong>Taxi</strong>betriebe eine Investition<br />
in eine Technik lohnt, die von Finanzbehörden<br />
mit großer Wahrscheinlichkeit,<br />
aber nicht mit Gewissheit anerkannt wird,<br />
und die in vier Jahren vielleicht – abermals<br />
kostenpflichtig – nachgerüstet werden<br />
muss. Thomas Grätz, Geschäftsführer des<br />
Deutschen <strong>Taxi</strong>- und Mietwagenverbands<br />
(BZP), empfiehlt die Nutzung von INSIKA,<br />
da man damit im Falle von Steuerprüfungen<br />
„eher auf der richtigen Seite ist“.<br />
So sehen das natürlich auch die Taxameter-Hersteller,<br />
die nahezu alle zusätzlich<br />
zu ihren MID-fähigen Geräten eine Datenbox<br />
anbieten, in welche die Taxameter-Aufzeichnungen<br />
aufgespielt und nach dem<br />
INSIKA-Verfahren signiert und die hinterher<br />
auf interne oder externe Datenserver<br />
aufgespielt werden können.<br />
Hier liegen laut Grätz die großen Vorteile,<br />
vor allen für die Unternehmen in<br />
Großstädten. Die gespeicherten Einzelaufzeichnungen<br />
können direkt in die Buchhaltung<br />
übernommen werden, was zu<br />
spürbaren organisatorischen Entlastungen<br />
führen könnte. Anders sieht es dagegen für<br />
<strong>Taxi</strong>betriebe im ländlichen Bereich aus, wo<br />
ein Großteil der Fahrten über Festpreise<br />
abgewickelt wird, was zu permanenten aufwendigen<br />
Nachbuchungen führt.<br />
Nicht zuletzt deswegen sind viele <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
auf der Suche nach einfacheren<br />
und günstigeren Lösungen. Sie werden<br />
bei den Anbietern fündig, die beispielsweise<br />
schichtzettelähnliche Formulare anbieten,<br />
bei denen neben den üblichen<br />
Aufzeichnungen der Taxameter-Werte auch<br />
„unproduktive“ Kilometer dokumentiert<br />
werden. „Unproduktive Kilometer“ sind beispielsweise<br />
Privatfahrten, Standortfahrten,<br />
Werkstattfahrten etc.<br />
Andere Unternehmer testen derzeit<br />
sogenannte Kassensysteme, bei denen die<br />
lückenlose Einzelaufzeichnung aller Fahrten<br />
gemäß BMF-Schreiben über eine App<br />
vorgenommen wird, in die der Fahrer den<br />
jeweiligen Fahrpreis eintippt. Diese Kassenumsätze<br />
werden in einer Cloud abgelegt<br />
und stehen dem Unternehmer zur Nachbearbeitung<br />
zur Verfügung. Optional können<br />
auch Schnittstellen zum Taxameter und zu<br />
einem Fahrtenbuch hergestellt werden, was<br />
dann wiederum die Glaubwürdigkeit gegenüber<br />
den Finanzprüfern erhöhen und das<br />
Risiko einer Verwerfung und daraus resultierenden<br />
Schätzung reduzieren würde.<br />
Eine solche Schätzung ist die größte<br />
Angst der <strong>Taxi</strong>unternehmer. Wenn die Steuerprüfer<br />
die Anweisungen des BMF-Schreibens<br />
ab 2017 tatsächlich umsetzen sollen,<br />
gleichzeitig aber niemand definiert, welche<br />
Dokumentationen anerkannt werden, sind<br />
der Willkür Tür und Tor geöffnet. Letztendlich<br />
werden dann wohl Finanzgerichte entscheiden<br />
müssen. jh<br />
ABBILDUNG: Bundesministerium der Finanzen<br />
8<br />
SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
WETTBEWERB<br />
NEWSTICKER<br />
UNGLEI<strong>CH</strong>ER GRENZ-<br />
WETTBEWERB<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, Allygator<br />
DEUTS<strong>CH</strong>E<br />
BAHN<br />
INTEGRIERT<br />
TAXI.EU-APP<br />
Das Mobilitätsportal Qixxit, betrieben von der Deutschen Bahn, hat<br />
in seinem neuesten Update nun auch die <strong>Taxi</strong>-App taxi.eu integriert.<br />
Damit baut Qixxit sein Angebot in der lückenlosen Tür-zu-Tür<br />
Mobilität insbesondere im innerstädtischen Bereich weiter aus, denn<br />
es kommen etwa 62 000 <strong>Taxi</strong>s europaweit hinzu. „Mit insgesamt 24<br />
direkt angebundenen Partnern und 15 verschiedenen Verkehrsmitteln<br />
bietet das Mobilitätsportal damit deutschlandweit die größte<br />
Auswahl“, so Frank Merkel, Teamleiter Produktentwicklung und Operations<br />
bei Qixxit.<br />
Die Bestellung eines <strong>Taxi</strong>s erfolgt über einen sogenannten „App-<br />
Switch“. Bestehende Kunden werden direkt an die taxi.eu-App weitergeleitet,<br />
neuen Kunden wird der Download von taxi.eu angeboten.<br />
Hermann Waldner, Gründer von taxi.eu, zeigt sich euphorisch: „Für<br />
unser Netzwerk ergibt sich so eine ganz neue Möglichkeit, unseren<br />
Kundenstamm noch weiter auszubauen. Wir freuen uns auf diesen<br />
wichtigen Schritt, der abermals die Leistungsfähigkeit des größten<br />
europäischen <strong>Taxi</strong>netzwerks unterstreicht.“<br />
Einen ungleichen Preiswettbewerb liefern<br />
sich deutsche und schweizerische <strong>Taxi</strong> <br />
unternehmen im Grenzgebiet der beiden<br />
Länder. Vor allen bei den Festpreisen zum<br />
Zürcher Flughafen sind die Preisunter <br />
schiede immens. Während auf der einen<br />
Seite des Rheins (Waldshut) eine Fahrt<br />
rund 100 Euro kostet, müssen die Schweizer<br />
Unternehmen rund 50 Prozent mehr<br />
verlangen. Richtig Zoff gibt es nun im<br />
Schweizer Ort Koblenz. Dort hat der „deutsche“<br />
Konkurrent eine temporäre Bewilligung<br />
für sechs Monate eingeholt. Die<br />
Schweizer Kollegen werden ganz genau<br />
hinsehen, ob sich der Grenzgänger an die<br />
Regelungen hält. <br />
jh<br />
KROKODIL FRISST AM<br />
TAXIKU<strong>CH</strong>EN<br />
Unter dem Namen<br />
Allygator Shuttle<br />
testet ein Start-up<br />
derzeit Sammeltouren<br />
in Berlin.<br />
Passagiere bestellen<br />
ihre Fahrt per<br />
App und werden<br />
direkt von ihrem Standort abgeholt und<br />
zum Ziel gebracht. Unterwegs können<br />
allerdings noch weitere Fahrgäste eingesammelt<br />
oder abgesetzt werden. Weil man<br />
zum Start der ersten Testphase nur einen<br />
Euro verlangt, bleibt man noch unterhalb<br />
der Betriebskosten und unterliegt nicht<br />
dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG).<br />
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WETTBEWERB<br />
ZENTRALEN<strong>CH</strong>EF UND RE<strong>CH</strong>TSANWALT<br />
DIETER S<strong>CH</strong>LENKER UND HERWIG KOLLAR<br />
»UNSERE QUALITÄT<br />
<br />
IST GENAUSO GUT«<br />
Dieter Schlenker (60) gründete 2007<br />
die <strong>Taxi</strong> Deutschland eG und ist dort –<br />
wie auch seit 30 Jahren bei der <strong>Taxi</strong><br />
Frankfurt eG – Vorstandsvorsitzender.<br />
Ebenso lange ist auch Herwig Kollar<br />
als Rechtsanwalt in Frankfurt mit dem<br />
Schwerpunkt <strong>Taxi</strong> tätig. Der Jurist ist<br />
Vorsitzender der Frankfurter Gewerbevertretung<br />
<strong>Taxi</strong> Union und seit Oktober<br />
2015 auch Mitglied im Vorstand<br />
des Bundesverbands BZP. Schlenker<br />
agiert nach dem Motto „Wer sich nicht<br />
bewegt, wird bewegt“. Unterstützt von<br />
Rechtsanwalt Kollar hat seine Genossenschaft<br />
<strong>Taxi</strong> Deutschland in den letzten<br />
Jahren erfolgreich gegen die Vermittlungsapplikation<br />
UberPOP und<br />
gegen die Rabattaktion von mytaxi<br />
ge klagt. Beide Verfahren sind aber<br />
noch nicht abgeschlossen. Im zweiten<br />
Teil unseres Interviews geht es um die<br />
eigenen Schwachstellen, Qualitätsanforderungen<br />
und Abhängigkeiten.<br />
TAXI TIMES: Herr Kollar, unser Titelbild<br />
der letzten <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>-Ausgabe<br />
zeigt eine Wippe im Ungleichgewicht.<br />
Das viele Kapital der externen App<br />
Vermittler drückt uns nach oben.<br />
HERWIG KOLLAR (HK): Am Spielplatz<br />
hieß es bei uns immer: Wer oben sitzt,<br />
würde verhungern. Sehr symbolisch,<br />
ihr Titelbild.<br />
So war es beabsichtigt. Kann das<br />
Gleichgewicht wiederhergestellt<br />
werden, beispielsweise durch ihre<br />
seit Monaten laufenden langwierigen<br />
Gerichtsverfahren gegen Uber<br />
und mytaxi?<br />
DIETER S<strong>CH</strong>LENKER (DS): Es ist zumindest<br />
ein Baustein. Ein anderer Baustein<br />
muss aber auch sein, erheblich in die<br />
Öffentlichkeitsarbeit zu gehen, um das<br />
Bewusstsein innerhalb der Bevölkerung<br />
und damit bei unseren <strong>Taxi</strong>kunden zu<br />
schärfen. Bei aller technischen Finesse<br />
in Bezug auf die Auftragsvermittlung: Die<br />
Arbeit muss weiterhin vom Dienst leister<br />
bewältigt werden, und er muss dafür<br />
sozial verträglich entlohnt werden.<br />
Damit kann an der Preisschraube<br />
schon mal nicht gedreht werden.<br />
HK: Der Kunde reagiert nun mal, wenn die<br />
Beförderungsleistung preisgünstiger angeboten<br />
wird. Das sind genau die Strategien<br />
von Uber und mytaxi: Sie kaufen sich den<br />
Markt mit echten Preisvorteilen für den<br />
Fahrgast. Das ist ein Zuschussgeschäft,<br />
das im Fall von mytaxi das Unternehmen<br />
Daimler bezahlt und bei Uber dessen<br />
Fahrer durch einen geringeren Verdienst.<br />
Und zu Spitzenzeiten auch der Kunde –<br />
Stichwort „Surge Pricing“.<br />
HK: Es ist nachvollziehbar, wenn der<br />
Kunde bei ansonsten vergleichbarer Leistung<br />
das günstigere Angebot wahrnimmt.<br />
Dem Verbraucher muss klar sein, dass dieser<br />
Vorteil nur vorübergehend ist. Wenn<br />
die Unternehmen erst einmal ihren Marktanteil<br />
erobert haben, werden sie die Preise<br />
in beide Richtungen diktieren. Bei der Vermittlungsprovision<br />
ist Uber in Amerika<br />
schon jetzt bei 25 bis 30 Prozent, und<br />
mytaxi hatte dies vor zwei Jahren auch<br />
schon mal angedacht. Der Kunde wiederum<br />
muss zu Spitzenzeiten das bis zu Zehnfache<br />
des regulären Preises bezahlen. Der vermeintliche<br />
Vorteil, vorher günstiger gefahren<br />
zu sein, ist dann schnell aufgezehrt.<br />
Viele Kollegen sehen keinen Unterschied,<br />
ob sie nun von mytaxi oder von<br />
einer <strong>Taxi</strong>zentrale abhängig sind.<br />
HK: Bei aller Motzerei auf die<br />
<strong>Taxi</strong>zentralen: Wenn die heutigen<br />
mehrheitlich genossenschaftlichen<br />
Strukturen des <strong>Taxi</strong>gewerbes irgendwann<br />
einmal zerstört sind, wird der<br />
Unternehmer das teuer bezahlen müssen.<br />
Dann gibt es auch kein Zurück mehr.<br />
Der entscheidende Kampf des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />
ist also, dass wir uns unsere<br />
Selbstorganisation erhalten.<br />
Muss nicht auch deutlich die Qualität<br />
verbessert werden? Kunden und Medien<br />
werfen den <strong>Taxi</strong>fahrern schlechten<br />
Service vor.<br />
DS: Da muss ich widersprechen. Unsere<br />
Qualität ist genauso gut wie die der neuen<br />
Mitbewerber. Die vom Kunden so beliebte<br />
Fahrerbewertung führen wir in Frankfurt<br />
auch durch.<br />
Mit welchem Ergebnis?<br />
DS: Der Durchschnitt liegt bei 4,4 von<br />
möglichen 5 Punkten. Zum Vergleich: Die<br />
Telekom ist schon über einen Mittelwert<br />
von 3,7 heilfroh. Wir müssen bei unseren<br />
Wettbewerbern genau hinsehen und das,<br />
was sie besser machen, übernehmen.<br />
Was hat sich in diesem Zusammenhang<br />
schon alles getan in den letzten Jahren?<br />
DS: Wir haben unsere Bestellvorgänge<br />
vereinfacht und neue Kanäle aufgetan,<br />
indem wir die Bestellung über Facebook<br />
Messenger und hoffentlich bald auch<br />
wieder über WhatsApp ermöglichen.<br />
Damit zeigen wir, dass wir auch technologisch<br />
ganz weit vorne sind.<br />
Wo müssen wir noch aufholen?<br />
HK: Beim gemeinsamen Branding der<br />
Marke <strong>Taxi</strong>. Wir haben <strong>Taxi</strong> Frankfurt,<br />
<strong>Taxi</strong> München, <strong>Taxi</strong> Hamburg etc. Uber<br />
FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
10 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
WETTBEWERB<br />
Dieter Schlenker (r.) und<br />
Herwig Kollar: „Wenn die heutigen<br />
mehrheitlich genossenschaftlichen<br />
Strukturen des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />
irgendwann einmal zerstört<br />
sind, wird der Unternehmer das<br />
teuer bezahlen müssen.“<br />
Zum Schluss noch ein Ausblick:<br />
Welche Auswirkungen hätte TTIP auf<br />
das <strong>Taxi</strong>gewerbe?<br />
DS: Wenn TTIP kommt, werden solche<br />
Auseinandersetzungen, wie wir sie<br />
im Moment noch mit den nationalen<br />
Gerichten ausfechten, künftig keinen<br />
Wert mehr haben.<br />
Warum?<br />
HK: Wir könnten weiterhin vor einem deutschen<br />
Gericht Verstöße gegen das PBefG<br />
anklagen und würden dann auch hoffentlich<br />
weiterhin Recht bekommen. Mit TTIP<br />
könnte dann allerdings die Bundesrepublik<br />
auf Schadenersatz verklagt werden.<br />
und mytaxi sind jeweils überregionale<br />
Marken. Wenn der Geschäftskunde hier<br />
beispiels weise seine Kreditkarte im Portal<br />
hinter legt, dann kann er in all diesen<br />
Städten bargeldlos bezahlen. Ähnlich ist<br />
es im Tou rismus. Gäste aus Übersee sind<br />
sehr Uber affin. Das <strong>Taxi</strong>gewerbe muss<br />
sich noch viel besser vernetzen, um für die<br />
Touris musbranche<br />
ein verlässlicher Partner<br />
zu sein.<br />
Also muss man in Amerika auch eine<br />
<strong>Taxi</strong>-Deutschland- und eine<br />
taxi.eu-App bewerben?<br />
HK: Nein, wir können in Amerika kein<br />
Marketing für diese Produkte betreiben.<br />
Wir müssen aber die bestehenden <strong>Taxi</strong>netzwerke<br />
fördern, wie beispielsweise das<br />
globale <strong>Taxi</strong>netzwerk UpTop der IRU.<br />
Wofür?<br />
HK: Weil es in Deutschland ein Gesetz<br />
gibt, in unserem Fall das PBefG, das einem<br />
Unternehmen wie Uber den Zugang zu<br />
einer Geschäftsidee verweigert. Bevor sich<br />
ein Staat dem Risiko einer hohen Schadenersatzforderung<br />
aussetzt, ändert er doch<br />
lieber das PBefG, damit Uber sich eben<br />
nicht beschwert.<br />
Herr Schlenker und Herr Kollar,<br />
vielen Dank für das Interview.<br />
Das Gespräch führte Jürgen Hartmann.
GUTA<strong>CH</strong>TEN<br />
Laufleistung pro <strong>Taxi</strong> in Kilometern, nach Betriebsarten (2015)<br />
Durchschnitt: 42 049 km<br />
40 716<br />
Durchschnitt: 56 516 km<br />
52 404<br />
Durchschnitt: 74 285 km<br />
72 461<br />
33 059<br />
49 914<br />
37 766 73 195<br />
57 136 89 638<br />
25 %<br />
25 %<br />
25 % 25 %<br />
Einwagenbetriebe<br />
ohne Fahrpersonal<br />
Einwagenbetriebe<br />
mit Fahrpersonal<br />
Mehrwagenbetriebe<br />
HAMBURG ERSTELLT<br />
EIGENE TAXI-GUTA<strong>CH</strong>TEN<br />
In Hamburg sind bereits etwa zwei Drittel aller <strong>Taxi</strong>s mit Fiskaltaxametern<br />
bestückt, so viel, wie sonst nirgends in Deutschland. Damit<br />
haben die Behörden Zugriff auf sämtliche Schichtdaten. Sie haben<br />
kürzlich zum zweiten Mal Rechenschaft darüber abgelegt: Im Auftrag<br />
der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien<br />
und Hansestadt Hamburg hat das Statistische Amt für Hamburg und<br />
Schleswig-Holstein im Juli den Bericht „Die wirtschaftliche Lage des<br />
Hamburger Taxengewerbes 2015“ veröffentlicht.<br />
In der Einleitung wird sehr verständlich die Erhebung der<br />
Daten erläutert und ein Vergleich zur Vorjahresstudie gezogen.<br />
Wie in jeder Stadt schwankt die Zahl der Konzessionen in der<br />
Elbmetro pole ständig durch An- und Abmeldungen sowie Betriebsgründungen<br />
und -schließungen. Solche Probleme wurden in den<br />
Berechnungen präzise berücksichtigt.<br />
Der Bericht ist voller Zahlen, die immer mit sehr gut verständlichen<br />
Grafiken veranschaulicht sind (siehe Beispiel oben). Es<br />
wird deutlich, dass die Einführung des Hamburger Modells zu<br />
einer Abnahme der Konzessionszahl geführt hat, da man mit<br />
Unternehmern, die unplausible Angaben zu Fahrleistungen, zum<br />
Fahrpersonal und zu den Umsätzen vorlegen, konsequent<br />
umgeht – ein Vorgehen, das ehrliche <strong>Taxi</strong>unternehmer seit Jahren<br />
auch in anderen Teilen Deutschlands von den Behörden<br />
fordern.<br />
Fazit des Statistikamtes Nord: „Der nachhaltige Rückgang der<br />
Taxenzahl hat die Rahmenbedingungen für die Unternehmen, die<br />
alle Anforderungen an die persönliche Zuverlässigkeit und wirtschaftliche<br />
Leistungsfähigkeit erfüllen, ebenso spürbar verbessert<br />
wie die Qualität der Kundenbedienung durch das <strong>Taxi</strong>gewerbe.“ ar<br />
BERLINS FATALES<br />
TAXI-GUTA<strong>CH</strong>TEN<br />
Laut der „Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />
in der Bundeshauptstadt Berlin“ steht ein Teil der Berliner <strong>Taxi</strong>betriebe<br />
im Verdacht, im großen Stil irregulär zu wirtschaften.<br />
Die Untersuchung wurde im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung und Umwelt von der Firma Linne &<br />
Krause durchgeführt. Das Gutachten spricht von dem „Grundproblem<br />
Schattenwirtschaft“. Rund 80 Prozent der Taxen fielen<br />
bei der Datenanalyse durch eine anhand fester Parameter durchgeführte<br />
Plausibilitätsprüfung. Sie wiesen erhebliche Unregelmäßigkeiten<br />
bei diversen Kennzahlen auf, beispielsweise bei den<br />
Erlösen pro Fahrzeug, pro Kilometer oder auch bei den Personalund<br />
Kraftstoffkosten.<br />
Besonders gravierend ist der Anteil bei den Mehrwagenbetrieben:<br />
Bei 76 Prozent der Taxen hätten unplausible steuerliche Daten<br />
vorgelegen. Bei der Analyse dieser unerfreulichen Zahlen<br />
beschreibt das Gutachten die möglichen Ursachen: „Aus der u. a.<br />
personell bedingten, unzulänglichen Aufsicht konnte sich flächendeckend<br />
ein Milieu entwickeln, das mittels Steuerhinterziehung<br />
und Sozialbetrug die öffentlichen Kassen erheblich schädigt und<br />
Drei von vier Berliner <strong>Taxi</strong>betrieben betreiben laut einer Studie<br />
Schattenwirtschaft.<br />
eine beispiellose Wettbewerbsverzerrung hervorgebracht hat. […]<br />
Zuweilen sind solche Betriebe nur für zwei Jahre geplant – bis zur<br />
ersten Wiedererteilung (Zwei-Jahres-GmbH). So entsteht ein fataler<br />
Drehtüreffekt – mit immer neuen Strohmannkonstruktionen.“<br />
Die zuständige Behörde kündigte an, durch die Schaffung neuer<br />
Stellen die Kontrollen bei den Betrieben zu erhöhen. jh<br />
FOTOS: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
12 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
GUTA<strong>CH</strong>TEN<br />
ERGÄNZUNGS-<br />
GUTA<strong>CH</strong>TEN<br />
FÜR MAINZ<br />
Linne und Krause revidiert seine<br />
Empfehlung, 37 Konzessionen aus<br />
dem Verkehr zu ziehen.<br />
FOTO: Fotolia / pure-life-pictures<br />
Groß war die Aufregung Ende des<br />
letzten Jahres, als die Stadt Mainz<br />
erklärte, die Zahl der <strong>Taxi</strong>s zu<br />
reduzieren. Hatten die Unternehmer doch<br />
gerade mit dem Umsatzrückgang nach der<br />
Tariferhöhung zu kämpfen. Um rund<br />
16 Prozent hatte man die Fahrpreise wegen<br />
des Mindestlohns angehoben. Die Kunden<br />
quittierten das mit einem Einbruch der<br />
Auftragszahlen um über 30 Prozent im<br />
Vergleich zum Vorjahr.<br />
Die Stadt Mainz sah nun aber Grund<br />
zum Handeln. Ein Gutachten von Linne<br />
und Krause sollte zügig umgesetzt werden.<br />
Dort hatte man empfohlen, die Zahl der<br />
<strong>Taxi</strong>s von 212 auf 175 zu reduzieren. Das<br />
zu erreichen, hatte sich die Stadt auf die<br />
Fahne geschrieben – mitunter mit gravierenden<br />
Folgen für einige <strong>Taxi</strong>unternehmer.<br />
Die hatten nämlich Angst um den Fortbestand<br />
ihrer Unternehmen. Gerade bei Konzessionsverlängerungen<br />
sah die Behörde<br />
jetzt ganz genau hin. Über Monate hinweg<br />
waren einige Unternehmer im Unklaren<br />
darüber, in welcher Größe ihre <strong>Taxi</strong>firmen<br />
fortbestehen können.<br />
VERPA<strong>CH</strong>TUNG IST ALTER ZOPF<br />
Ein besonderer Dorn im Auge der Verkehrsdezernentin<br />
Katrin Eder war die Verpachtung<br />
von <strong>Taxi</strong>konzessionen an Fahrer. „Ein<br />
alter Zopf, der abgeschnitten gehört“, wie<br />
sie sagte. Es sei einfach ungerecht, wenn<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmer, die an die Stadt gerade<br />
mal 150 Euro im Jahr pro Konzession entrichten,<br />
diese für 450 Euro im Monat an<br />
Fahrer verpachten – und außerdem rechtswidrig.<br />
Könnte man diese Lizenzen einzie <br />
hen, dann hätten andere Unternehmer eine<br />
Chance. Auf der Warteliste standen Anfang<br />
des Jahres 72 Unternehmer.<br />
Dieses Vorgehen würde aber nicht nur<br />
die verpachtenden Unternehmer hart treffen,<br />
denn ihnen entgehen Einnahmen. Ganz<br />
zu schweigen von den 45 000 Euro Marktwert.<br />
Zu diesem Preis werden die Lizenzen<br />
im Durchschnitt gehandelt. Es würde auch<br />
den Fahrern, die die Konzessionen pachten,<br />
die Existenzgrundlage komplett entziehen.<br />
Die Stadt Mainz beharrt aber auf ihrer<br />
Position, dass gerade die Unternehmer, die<br />
nur eine Konzession halten, nur dann von<br />
dem rückläufigen Geschäft leben können,<br />
wenn sich die Zahl der <strong>Taxi</strong>s verringert.<br />
Jetzt könnte ein Ergänzungsgutachten<br />
von Linne und Krause die Situation zumindest<br />
etwas entspannen. Denn mittlerweile<br />
kommen die Gutachter zu dem Ergebnis,<br />
dass es ausreichen würde, die Anzahl der<br />
Konzessionen auf 195 zu reduzieren. Die<br />
AFT – die Allgemeine Funktaxizentrale<br />
Mainz e.G. – hätte mit der Umstellung<br />
von Sprach- auf Datenfunk einen wich <br />
tigen Schritt in Rich tung Zukunft getan,<br />
aller dings zögen viele Fahrer da nicht mit.<br />
Zwar ist die AFT mit 190 angeschlossenen<br />
Fahrzeugen die größte <strong>Taxi</strong>zentrale in<br />
Rhein land-Pfalz – so ist es zumindest auf<br />
ihrer Homepage zu lesen. Doch bringt sie<br />
nie mehr als 77 <strong>Taxi</strong>s gleich zeitig auf die<br />
Straße, was zu Spitzenzeiten nicht ausreicht.<br />
Von Bedeutung dürfte zudem die<br />
anfänglich mangelnde Akzep tanz der<br />
Datenfunkvermittlung sein.<br />
Viele dieser Probleme seien aber „hausgemacht“.<br />
Dazu käme noch bei einigen<br />
Unternehmern eine gewisse Unbedarftheit,<br />
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wie in Zeiten des Mindestlohns das Fahr <br />
personal optimal einzusetzen sei.<br />
Was bei der Neubewertung der Gesamtsituation<br />
eine wichtige Rolle gespielt hat,<br />
war, dass jetzt erstmals verlässliche Daten<br />
über die tatsächliche Auftragsdichte vorliegen<br />
– dank Datenfunk. Früher wurden Aufträge,<br />
die mehrfach vermittelt werden<br />
mussten, auch mehrfach gezählt. Was aber<br />
nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass<br />
es durchschnittlich zwei Mal pro Stunde zu<br />
„Problemaufträgen“ kommt, die entweder<br />
nur sehr mühsam oder auch gar nicht vermittelt<br />
werden können.<br />
ZENTRALE HAT S<strong>CH</strong>LÜSSELROLLE<br />
Trotzdem kommt der AFT bei der Funktionsfähigkeit<br />
des Mainzer <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />
eine Schlüsselrolle zu. Ohne ihre koordinierende<br />
Funktion ist eine angemessene<br />
<strong>Taxi</strong>versorgung in Mainz nicht denkbar, so<br />
das Gutachten. Die Mobilisierungsdefizite<br />
bei Bedienungsengpässen, die Probleme<br />
bei der Fahrzeugverfügbarkeit und die<br />
gesunkene Akzeptanz durch den Datenfunk<br />
seien durch die AFT zu lösen. So ließe sich<br />
eine umfangreichere Reduzierung der<br />
Konzessionsanzahl vermeiden – was den<br />
Druck auf Behörde wie Unternehmer<br />
gerade verringert. <br />
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TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
13
RE<strong>CH</strong>T<br />
NA<strong>CH</strong>GEWIESENE<br />
BESTELLUNG<br />
Drinnen tanzt noch immer der Fahrgast, vor der Disco<br />
wartet der vorbestellte <strong>Taxi</strong>fahrer – außerhalb des <strong>Taxi</strong>platzes.<br />
Gilt das als unerlaubte Bereitstellung?<br />
Nein. Ein bestellter <strong>Taxi</strong>fahrer darf auch außerhalb<br />
des Standplatzes 40 Minuten auf den Fahrgast<br />
warten. Zu diesem Ergebnis kam das Oberlandesgericht<br />
Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom<br />
19.01.<strong>2016</strong>, Az.: III-3 RBs 19/16). Wartet tatsächlich<br />
der <strong>Taxi</strong>fahrer auf einen Fahrgast, der das <strong>Taxi</strong><br />
bestellt hat, kann er nicht wegen vorsätzlichen<br />
Bereithaltens eines <strong>Taxi</strong>s außerhalb von behördlich<br />
zugelassenen und gekennzeichneten <strong>Taxi</strong>ständen<br />
belangt werden.<br />
Im vorliegenden Fall war der <strong>Taxi</strong>fahrer an<br />
eine Diskothek bestellt worden. Als er am<br />
Abholort eintraf, war der Kunde noch nicht vor<br />
Ort. Erst nach ca. 40 Minuten Wartezeit stieg<br />
der Gast zu dem Fahrer in das <strong>Taxi</strong>, um die<br />
bestellte Fahrt anzutreten.<br />
ERSTE RUNDE: GELDSTRAFE FÜR<br />
DEN TAXIFAHRER<br />
Das zunächst mit der Sache befasste Amtsgericht<br />
Bielefeld verurteilte den <strong>Taxi</strong>fahrer zu<br />
einer Geldbuße von 300 Euro. Grund: Er habe vorsätzlich<br />
sein <strong>Taxi</strong> außerhalb von behördlich zugelassenen und<br />
gekennzeichneten <strong>Taxi</strong>standplätzen bereitgehalten.<br />
Die Taxenordnung der Stadt Bielefeld besagt<br />
hierzu in § 2 Abs. 1: „Taxen dürfen nur auf den<br />
behördlich zugelassenen und gekennzeichneten<br />
Taxenständen im Gebiet der Stadt Bielefeld bereitgehalten<br />
werden. Außerhalb dieser Taxenstände ist eine<br />
Bereithaltung nur mit Sondererlaubnis der Geneh <br />
migungsbehörde gestattet.“<br />
ZWEITE RUNDE: DAS URTEIL WIRD<br />
AUFGEHOBEN<br />
Das Amtsgericht kam zum Ergebnis, dass ein <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
zwar grundsätzlich auf einen Fahrgast auch<br />
außerhalb der <strong>Taxi</strong>standplätze warten dürfe. Jedoch<br />
sei diese Wartezeit auf 10 bis 15 Minuten begrenzt.<br />
Danach sei der <strong>Taxi</strong>fahrer verpflichtet, den Einsatz<br />
abzubrechen, da nach Ablauf dieser Zeit eine nur<br />
geringe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der Fahrgast<br />
tatsächlich noch erscheine.<br />
FOTO: Fotolia / Astarot<br />
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RE<strong>CH</strong>T<br />
Positionierung außerhalb des<br />
Halteplatzes: Warten oder<br />
unerlaubte Bereitstellung?<br />
FOTO: Wilfried Hochfeld / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Auf die Rechtsbeschwerde der Kanzlei Voigt hob das OLG Hamm<br />
das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld auf. Der Richter am OLG<br />
Hamm führte aus, dass das Warten auf einen Fahrgast, der die<br />
Fahrt bestellt hat, eben kein „Bereithalten“ eines <strong>Taxi</strong>s ist. Der<br />
Begriff des „Bereithaltens“ umfasst die Bereitschaft, Fahrtauf träge<br />
anzunehmen und auszuführen. Dies ist eben nicht der Fall, wenn<br />
der Fahrer auf einen bestimmten Fahrgast wartet.<br />
Nachdem die ganze Sache wieder an das Amtsgericht Bielefeld<br />
zurückgegangen ist, gab es dann ein Happy End: Der <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
wurde freigesprochen.<br />
PRAXISTIPP<br />
Der <strong>Taxi</strong>fahrer hatte in der Sache Erfolg, eben weil er auch nachweisen<br />
konnte, dass der Fahrgast tatsächlich das <strong>Taxi</strong> an den<br />
bestimmten Ort bestellt hatte.<br />
Zwar sah der Richter am OLG Hamm die Gefahr, dass ein Fahrer<br />
immer mit dem „Argument“, auf einen Fahrgast zu warten, an jeder<br />
beliebigen Stelle im Stadtgebiet auf Fahrgäste warten könne. Jedoch<br />
führte das Gericht auch aus, dass ein <strong>Taxi</strong>fahrer wenig Interesse<br />
daran hat, an einer bestimmten Stelle ohne Auftrag zu verweilen.<br />
Zudem sei der Wahrheitsgehalt der Aussage, auf einen bestimmten<br />
Fahrgast zu warten, auch anhand anderer Umstände – wie<br />
beispielsweise Meldungen an die Zentrale zur Einsatz bereitschaft,<br />
Ein- bzw. Ausschalten des <strong>Taxi</strong>schildes – gut prüfbar.<br />
Aber Achtung: Die schlichte Aussage, auf einen Fahrgast zu<br />
warten, genügt folglich nicht und kann daher in jedem Fall zu<br />
einer Ordnungswidrigkeit führen.<br />
Der Text wurde <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> DA<strong>CH</strong> von den Rechtsanwälten Henning<br />
Hamann und Dirk Kettenbeil, Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH, zur<br />
Ver fügung gestellt.<br />
Wir können Sie nicht gegen alles absichern –<br />
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BU<strong>CH</strong>HALTUNG<br />
Um Einnahmen – wie hier<br />
abgebildet – in einem<br />
elektro nischen Kassenbuch<br />
auflisten zu können, muss<br />
der Fahrer diese zuverlässig<br />
dokumentieren.<br />
ORDENTLI<strong>CH</strong><br />
KASSE MA<strong>CH</strong>EN<br />
Ein <strong>Taxi</strong>unternehmen hält in der Regel alle Bareinnahmen<br />
und Ausgaben in einem Kassenbuch fest. Doch muss es das?<br />
Und wenn ja: Was muss es dabei beachten?<br />
Das Kassenbuch ist ein Teil der<br />
Buchführung. Hierbei muss eine<br />
Ordnungsmäßigkeit eingehalten<br />
werden, die von manchen nicht ernst<br />
genommen wird. Viele kennen die einzuhaltenden<br />
Pflichten sowie die lückenlose<br />
und fortlaufende Aufzeichnung und die<br />
Ermittlung des Ist-Kassenbestandes. Aber<br />
welche Pflichten sind es genau?<br />
Grundsätzlich gilt Folgendes: Ein bilanzierungspflichtiges<br />
Unternehmen unterliegt<br />
der Pflicht, ein Kassenbuch für die<br />
entstandenen Bareinnahmen und Ausgaben<br />
ordnungsgemäß zu führen. Demnach<br />
muss jeder gewerbliche Unternehmer, dessen<br />
Unter nehmen nach Art und Umfang<br />
einen in kaufmännischer Weise eingerichteten<br />
Geschäftsbetrieb erfordert, ein<br />
solches Kas senbuch führen. Das gilt auch<br />
für sons tige selbstständige Personen, die<br />
ab <strong>2016</strong> pro Jahr einen höheren Umsatz<br />
als 600 000 Euro oder einen höheren<br />
Gewinn als 60 000 Euro verzeichnen.<br />
Es ist aber sinnvoll, auch dann ein Kassenbuch<br />
zu führen, wenn die genannten<br />
Grenzen nicht überschritten werden. Ohne<br />
die Aufzeichnungen der Bareinnahmen und<br />
der Ausgaben ist es dem Steuerberater<br />
kaum möglich, Privatentnahmen oder -einlagen,<br />
für die es keine Rechnungsbelege<br />
gibt, zu erkennen. Der Steuerberater kann<br />
nur anhand der geführten Kassenbücher<br />
die Buchhaltung vervollständigen und Meldungen<br />
erstellen. Doch auch dann, wenn<br />
ein Kassenbuch freiwillig geführt wird,<br />
müssen die Regeln ordentlicher Buchhaltung<br />
ein gehalten werden.<br />
Zunächst muss der Unternehmer eine<br />
reale Kasse besitzen, in der er das Bargeld<br />
aufbewahrt. Das kann eine Kasse, eine<br />
Geldkassette oder ein Tresor sein. Um das<br />
Kassenbuch richtig zu erstellen, müssen<br />
zeitnah alle Geschäftsvorfälle mit Bargeld<br />
erfasst werden. Die Erfassung muss<br />
folgende Angaben enthalten: Datum, Belegnummer,<br />
Buchungstext, Einnahme oder<br />
Ausgabe, Betrag und Währung, Umsatzsteuersatz,<br />
Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer<br />
des Betrags und den aktuellen Kassenbestand.<br />
Doch wie hat der korrekte Ab lauf<br />
auszusehen?<br />
Ein Beispiel: In einem <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
mit fünf <strong>Taxi</strong>s und zehn Angestellten<br />
wer den die Kassen der Mitarbeiter alle<br />
zehn Tage abgerechnet. Hierfür kommt der<br />
Mit arbeiter mit seinen Schichtnachweisen,<br />
den sogenannten Schicht zetteln, ins<br />
Büro zur Abrechnung. Bei dieser Kassenabrechnung<br />
werden jetzt alle Einnahmen<br />
und alle Aus gaben anhand von Belegen<br />
gegenüberge stellt und man kommt zu<br />
einem Ergebnis. Angenommen, hier wird<br />
ein Betrag ermittelt, den der Unterneh <br />
mer vom Fahrer fordert. Worauf jetzt zu<br />
achten ist, ist die fortlaufende Belegnum <br />
mernvergabe. Aus dem Kassenbuch ist die<br />
vergebene eindeu tige und aufsteigende<br />
Belegnummer der zuletzt eingetragenen<br />
Buchung bekannt. Mit jedem neuen Ein<br />
ABBILDUNGEN: Özgür Mergün/starkcenter.de<br />
16 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
BU<strong>CH</strong>HALTUNG<br />
Einnahmen und<br />
Ausgaben sind bei<br />
dieser Software<br />
farblich voneinander<br />
getrennt.<br />
trag muss diese um eine Wertigkeit erhöht<br />
wer den und auf dem Beleg notiert werden.<br />
Dies wird öfters ver gessen, sodass<br />
der Bezug zu jedem Beleg nicht eindeutig<br />
gegeben ist.<br />
Das bedeutet: Nach Beendigung seiner<br />
Schicht sollte jeder Fahrer seinen<br />
Schicht zettel schreiben, die Bareinnahme<br />
in sei nem Kassenbuch erfassen und die<br />
fortlaufende Belegnummer dann auf<br />
die sen Schichtzettel übernehmen. Auch<br />
bei jeg lichen Barausgaben muss er nach<br />
jedem Geschäftsvorfall diese ins Kassen <br />
buch übertragen. Bei der Abrech nung<br />
nach zehn Tagen kann er laut Kas senbuch<br />
somit genau sagen, was er in der Kasse<br />
hat. Gemeinsam können Unter nehmer<br />
und Fahrer die Kasse zählen und den<br />
ermit telten Betrag dann in die Haupt kasse,<br />
die im büroeigenen Kassenbuch geführt<br />
wird, übernehmen. Auf diese Art und<br />
Weise wäre eine ordnungsgemäße Kasse<br />
gewähr leistet.<br />
Wie kann man das realisieren? Mit entsprechender<br />
Verwaltungssoftware, die der<br />
Unternehmer aus seinem Webbrowser von<br />
überall aus steuern kann, wird genau das<br />
vereinfacht. Die gesamten Schichtnachweise<br />
werden fahrergebunden vom Taxameter<br />
online nach jedem Schichtende an<br />
einen Sicherheitsserver übertragen. Der<br />
Fahrer kann über eine Driver-App nach<br />
jedem Geschäftsvorfall, zum Beispiel Tanken<br />
oder <strong>Taxi</strong>wäsche, den Beleg direkt digital<br />
erfassen. Die gesamten Bareinnahmen<br />
und Ausgaben aller Fahrer werden somit<br />
unverzüglich im Unternehmerportal richtig<br />
zugeordnet, wodurch jede Mitarbeiterkasse<br />
sofort ausgewertet werden kann. Dazu muss<br />
der jeweilige Mitarbeiter noch nicht einmal<br />
zur Abrechnung erscheinen, das geht alles<br />
online. Also ist es dem <strong>Taxi</strong>unterneh mer<br />
mit solchen Systemen immer möglich, sofort<br />
jeden Kassenbestand abzufragen. Bei der<br />
Kassenabrechnung des Mitarbeiters wird<br />
dann der ermittelte Kassenbestand gefordert<br />
und mit der Funktion der Fahrer abrechnung<br />
in die Hauptkasse übernom men.<br />
In diesem Moment wird ein Kassenbeleg<br />
mit einer eindeutigen Belegnummer erstellt,<br />
den der Mitarbeiter sofort unterschreibt.<br />
Aus dem Hauptkassenbuch ist auch am<br />
Ende des Monats sofort ersichtlich, welche<br />
Mitarbeiter und deren Bareinnahmen oder<br />
Ausgaben noch nicht abgerechnet und<br />
somit vergessen wurden, wodurch ein<br />
Kassenabschluss (noch) nicht möglich ist.<br />
Wenn alle Mitarbeiter erfolgreich ab gerechnet<br />
wurden, kann ein Kassenab schluss<br />
erfolgen. Alle Buchungen sind nach Kassenabschluss<br />
nach dem GDPdU Standard für<br />
eine Betriebsprüfung expor tierbar.<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmer können heute schon<br />
mit dem Einsatz der richtigen Software<br />
Ihren Betrieb sicher führen und sparen<br />
dabei auch noch Zeit. öm<br />
Hinweis: Die Informationen<br />
sind allgemei ner Art und stellen<br />
keine Rechtsberatung dar.<br />
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Abb. zeigt Sonderausstattung, *zzgl. Mehrwertsteuer.<br />
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ANTRIEB<br />
NEWSTICKER<br />
Pioniere: So wie<br />
hier in Baden-<br />
Baden wagen<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
vereinzelt das<br />
Experiment mit<br />
einem Tesla.<br />
CITAN BEKOMMT NEUE<br />
DA<strong>CH</strong>ZEI<strong>CH</strong>EN-<br />
HALTERUNG<br />
Es gibt unter allen Mercedes-<strong>Taxi</strong>s eine<br />
Baureihe, für die ist in den Daimler<br />
Werkshallen kein Platz – zumindest nicht<br />
für die Entwicklung und Integration des<br />
<strong>Taxi</strong>pakets. Deshalb hat man diese Aufgabe<br />
schon vor Jahren extern an das Unternehmen<br />
Intax vergeben. Nun begab es sich<br />
aber, dass Intax beim Citan eine Dachhalterung<br />
von Kienzle vorrüstete, während<br />
auf allen anderen Mercedes-<strong>Taxi</strong>s, von der<br />
B-Klasse bis zum Vito, ein Hale-Dachzeichen<br />
platziert wird. Um hier eine markentreue<br />
Einigkeit herzustellen, hat Intax nun<br />
auch beim Citan eine Halterung für Hale<br />
Dachzeichen konstruiert. Gerüchten<br />
zu folge soll der Citan übrigens bald auch<br />
mit der Sonderausstattung „Das <strong>Taxi</strong>“ zu<br />
einem Festpreis angeboten werden.<br />
TAXI TIMES HILFT BEI<br />
S<strong>CH</strong>WERER KAUFENT -<br />
S<strong>CH</strong>EIDUNG<br />
Dieselverbote, Blaue Plaketten, Elektromobilitätsförderungen<br />
und Eichamtsrestriktionen.<br />
All diese Punkte beeinflussen den<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmer bei der Wahl seines<br />
nächsten <strong>Taxi</strong>s. Dabei geht es längst nicht<br />
mehr um die Entscheidung für eine<br />
bestimmte Marke und ein spezifisches<br />
Modell. Es geht um die künftige Strategie.<br />
Hält man noch so lange wie möglich an der<br />
bisherigen Antriebsideologie fest oder<br />
wagt man den Wechsel in neue Antriebstechnologien,<br />
deren logistische Herausforderungen<br />
und wirtschaftliche Risiken<br />
noch nicht richtig kalkuliert werden<br />
können? Die Varianten<br />
sind vielfältig.<br />
Welches <strong>Taxi</strong> passt<br />
am besten? <strong>Taxi</strong><br />
<strong>Times</strong> ist dieser<br />
Frage in ei ner<br />
Spezial Ausgabe<br />
nachgegan gen, die<br />
Anfang <strong>September</strong><br />
erschie nen ist und<br />
telefo nisch unter<br />
089 / 14 83 87 92<br />
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kann.<br />
jh<br />
DIE LETZTEN UND DIE<br />
ERSTEN IHRER ART<br />
Tesla-<strong>Taxi</strong>s sind ein Medienmagnet. Dort, wo sich Unternehmer ihr erstes<br />
E-<strong>Taxi</strong> gönnen, werden sie meistens als Pionier in der Tagespresse gefeiert.<br />
So zuletzt in Aschaffenburg, Dresden oder Baden-Baden. Allerdings<br />
reibt man sich verwundert die Augen, wie denn besagte Unternehmer<br />
das Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchlaufen konnten,<br />
wo doch Tesla weder werkseitig noch über Intax ein <strong>Taxi</strong>paket entwickelt<br />
hat und die Eichämter deshalb – in ihrer privatrechtlichen Funktion als<br />
Konformitätsbewertungsstelle – die Zulassung verweigern. Die Antwort<br />
lautet entweder Bremen, wo das dortige Eichamt als eine von wenigen<br />
verbliebenen Kontrollinstanzen die Verwendung von externen Signaladaptern<br />
noch durchgehen lässt, oder man hat eine findige Funkwerkstatt<br />
im Umkreis, die irgendwo doch noch einen Zugriff auf das<br />
Tachosignal entdeckt hat. Lange wird dieses Hintertürchen aber wohl<br />
nicht mehr offen sein, und Tesla sollte sich allmählich darüber Gedanken<br />
machen, ob man nicht doch ein<br />
<strong>Taxi</strong>paket entwi ckeln lässt. Sonst wird<br />
ein <strong>Taxi</strong>modell aussterben, bevor es<br />
überhaupt so rich tig in der Branche Fuß<br />
fassen konnte.<br />
Schlauer stellt sich da Toyota an. Die<br />
Japaner haben schon vor einiger Zeit<br />
mit ihrem Wasserstoffmodell Mirai das<br />
erste Serienfahrzeug dieser Art auf den<br />
Markt geworfen. Nun wird auch ein<br />
<strong>Taxi</strong>paket entwickelt. Probleme mit den<br />
Eichämtern gibt es dann keine. Allerdings<br />
sollte man sich sehr genau über<br />
das Tankstellennetz rund um den<br />
Betriebssitz informieren.<br />
jh<br />
Wenn alles wieder zusammengebaut<br />
ist, wird der<br />
Mirai das erste Wasserstofffahrzeug<br />
mit eigens entwickeltem<br />
<strong>Taxi</strong>paket sein.<br />
GOLF KOMMT MIT<br />
ERD GAS UND ALS TAXI<br />
Ab sofort bietet Volkswagen seinen Golf Variant ab Werk mit <strong>Taxi</strong> paket<br />
an. Variant ist die Kombiversion des VW Golf und damit etwas geräumiger.<br />
Das Kompakttaxi gibt es in der Ausstattungslinie Trendline mit<br />
TDI-Motor (2,0 l, 81 kW) – entweder mit Schalt- oder DSG Getriebe.<br />
Und, man höre und staune, ab Jahresende auch mit TGI-Motor (1,4 l,<br />
81 kW) – also mit Erdgas-/CNG-Antrieb. Das dürfte die vielen Erdgasfreunde<br />
unter den <strong>Taxi</strong>unternehmern freuen, für die Volkswagen (Pkw)<br />
seit der letzten Modellrunde nichts mehr auf Lager hatte. Seitdem war<br />
der Caddy, der werksintern der Sparte VW Nutzfahrzeuge zugerechnet<br />
wird, das einzige Volkswagen-Modell mit Erdgas.<br />
Abweichend von der Serie bietet Volkswagen für den Golf Variant<br />
als <strong>Taxi</strong>/Mietwagen noch einige zusätzliche Ausstattungen an. Dazu<br />
gehö ren das Lichtsystem „Active Lighting“, eine Diebstahlwarnanlage,<br />
eine drahtlos beheizbare und infrarotreflektierende Frontscheibe, ein<br />
Navi gationssystem, ein Ausstell-/Schiebedach, eine Standheizung<br />
und lüftung mit Funkfernbedienung und Vorwahluhr sowie die<br />
Telefon schnittstelle „Business“.<br />
wh/jh<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> Holl, Intax<br />
18<br />
SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
ANTRIEB<br />
EMISSIONSFREI UND<br />
BEHINDERTENTAUGLI<strong>CH</strong><br />
Die traditionsreiche Kultmarke London <strong>Taxi</strong> will<br />
ab 2018 mit einer neuen Philosophie ein fester Bestandteil<br />
der <strong>Taxi</strong>flotte in Europas Großstädten werden.<br />
FOTO: LTC<br />
Um das mitzuteilen, waren der Vorstandsvorsitzende der<br />
London <strong>Taxi</strong> Company (LTC) Carl-Peter Forster, der Präsident<br />
Peter Johansen, der Vertriebs-Chef Richard Gordon<br />
und der Chef-Designer David Ancona zur offiziellen Präsentation<br />
des ersten Prototyps des zukünftigen London-<strong>Taxi</strong>s nach Berlin<br />
gereist.<br />
Sie enthüllten dort ein London-<strong>Taxi</strong>, dessen neue Philosophie<br />
auf den ersten Blick nicht sichtbar wird, denn auch in Zukunft<br />
wird das „Black Cab“ neben dem Fahrersitz keine Sitzmöglichkeit<br />
bieten (dafür sechs Sitze im Fahrgastraum, drei davon als Klappsitze<br />
entgegen der Fahrtrichtung). Darüber hinaus ist es auch<br />
zukünftig kastenförmig aufgebaut, was nicht nur deshalb beibehalten<br />
wird, um den Kultcharakter zu erhalten, sondern vielmehr,<br />
um auch weiterhin rollstuhltauglich zu sein. Mittels einer Rampe<br />
kann in jedes London-<strong>Taxi</strong> ein Fahrgast im Rollstuhl sitzend eingeschoben<br />
werden. Anders als beim aktuellen Modell wird der<br />
Passagier künftig allerdings nicht mehr gegen, sondern in Fahrtrichtung<br />
blicken.<br />
Man hoffe, betonte Johansen während der Präsentation auf<br />
kritische Nachfrage eines Vertreters des deutschen Sozialverbands,<br />
dass die bisher national unterschiedlich definierten technischen<br />
Zulassungskriterien für die Rollstuhlbeförderung künftig<br />
auf europäischer Ebene vereinheitlicht definiert werden. So lange<br />
richte man sich nach den britischen Standards.<br />
Auch in einem anderen Bereich richtet sich das Unternehmen<br />
LTC, das mittlerweile eine hundertprozentige Tochtergesellschaft<br />
des chinesischen Unternehmens Geely Holding Group ist (zu dem<br />
auch Volvo gehört), an englische Vorgaben, ganz konkret an den<br />
Beschluss Londons, ab 2018 nur noch emissionsfreie <strong>Taxi</strong>s in der<br />
britischen Hauptstadt fahren zu lassen. Die größte Veränderung<br />
des in Berlin enthüllten Prototyps ist daher unter der Motorhaube<br />
zu finden: Das neue Black Cab ist künftig batteriegetrieben mit<br />
einer „außergewöhnlichen Reichweite“, wie Carl-Peter Forster verspricht.<br />
Und falls es trotzdem mal eng wird, hilft ein kleiner Benzingenerator<br />
kurzfristig bei der Stromversorgung.<br />
Die in Berlin hochkarätig versammelte Firmenspitze des Unternehmens<br />
ist sicher, dass ähnliche Umweltbeschränkungen auch<br />
in anderen Großstädten eingeführt werden. Maßnahmen wie beispielsweise<br />
in Deutschland die blaue Plakette deuten bereits da rauf<br />
hin. Gleichzeitig könnte in den nächsten Jahren auch die Bereithaltung<br />
rollstuhlgerechter <strong>Taxi</strong>s zur gesetzlichen Pflicht werden.<br />
Dann wäre das importierte London-<strong>Taxi</strong> tatsächlich das im Moment<br />
einzige Fahrzeug, das beide Vorgaben miteinander vereinigt.<br />
Zum Preis konnten Johansen und Forster noch keine Angaben<br />
machen. Man sei im Moment erst noch mit den Zulieferern in<br />
Gesprächen. Vorsorglich und wohl wissend, dass man auf keinen<br />
Fall mit den Einstiegspreisen der aktuellen <strong>Taxi</strong>modelle wird mithalten<br />
können, prognostizierten die LTC-Chefs einen neuen Trend:<br />
Modelle mit einer durchschnittlichen Haltbarkeit von drei bis fünf<br />
Jahren seien im <strong>Taxi</strong>markt bald nicht mehr vermittelbar. Das neue<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
GÜNSTIG<br />
FAIR<br />
Die nächste LTC-Generation fährt elektrisch: Ab 2018<br />
dürfen in London nur noch emis si ons freie <strong>Taxi</strong>s fahren.<br />
London-<strong>Taxi</strong> sei daher auf eine Nutzungsdauer von 15 bis 20 Jahren<br />
ausgelegt. Diese lange Nutzungsdauer und die im täglichen<br />
Betrieb zu erzielenden Kosteneinsparungen könnten in der<br />
Schlussbilanz ein London-<strong>Taxi</strong> günstiger machen. <br />
jh<br />
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ANTRIEB<br />
TAG 1: ÜBERNAHME<br />
Geliefert wurde der brandneue Renault Talisman Grandtour<br />
(Synonym für Kombi) mit nicht mal 500 Kilometern<br />
direkt aus Oldenburg. Dort sitzt die Firma Intax, die für<br />
das neueste Renault-Modell ein <strong>Taxi</strong>paket entwickelt hat –<br />
mit Vorrüstungen für Funk, Dachzeichen und Taxameter<br />
und natürlich auch mit dem gesetzlich vorgeschriebenen<br />
<strong>Taxi</strong>-Alarm. Da müssen wir uns als Erstes natürlich vergewissern,<br />
wo der Aus-Knopf ist, falls wir doch einmal<br />
versehentlich den Alarm auslösen … jh<br />
TAG 3: HÄRTETEST<br />
TAG 4: LANG-<br />
STRECKENTEST<br />
Die Fahrt von Berlin<br />
nach München. Trotz<br />
Ferienbeginn in der<br />
Hauptstadt fast ohne<br />
Stau. Der Talisman<br />
macht seinem Namen alle<br />
Ehre. Kurz hinter Berlin<br />
besteht sogar die Möglichkeit,<br />
die 160 PS auszufahren. Dabei<br />
rund 8,2 Liter Diesel auf 100 Kilometern<br />
verbraucht. Später etwas gemächli<br />
cher gefahren und dabei rund 6 Liter<br />
Verbrauch. Unterwegs wichtige Telefonate mithilfe<br />
des Multi mediasystems R-Link 2 geführt – inklusive Sprachsteuerung<br />
und ohne die Hände vom Lenkrad nehmen zu<br />
müssen. Am Rastplatz dann ein Fast Hellelfenbein Monster<br />
Wohnmobil als Blickfang. Nach knapp sechs Stunden am Ziel<br />
und gefühlt mit dem Sitz zu einer klebrigen Masse verschmolzen<br />
– was als Kompliment für den Sitz zu verstehen ist. Darin<br />
lassen sich garantiert ganze <strong>Taxi</strong>schichten aushalten! jh<br />
TAXITEST<br />
RENAULT<br />
TALISMAN<br />
Zwei Wochen hatte die <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>-<br />
Redaktion den Renault Talisman<br />
zum Testen. Was unsere Redakteure<br />
mit ihm alles erlebt haben, konnten<br />
die Leser auf Facebook und über<br />
die <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> App verfolgen.<br />
Hier Auszüge.<br />
Heute der erste Härtetest: Fahrgast mit nicht klappbarem<br />
Rollstuhl. Wozu fährt man Kombi? Um solche Aufträge zu<br />
bekommen. Der nicht eben große Rollstuhl hat<br />
knapp reingepasst. In meinen betagten<br />
C5-Kombi passen zwei davon. Das<br />
waren noch Zeiten. Der Fahrgastraum<br />
ist aber riesig. Nur<br />
die Textilsitze sind nicht so<br />
gut. Beim Umsetzen des<br />
Fahrgastes vom Rollstuhl<br />
ins Auto rutscht<br />
es sich da rauf<br />
schlecht. Leder oder<br />
ein anderes glattes<br />
Material ginge<br />
besser. wh<br />
NA<strong>CH</strong>TRAG ZUM<br />
WO<strong>CH</strong>ENENDE: WETTERTEST<br />
Am Wochenende hatten wir Gelegenheit, den Talisman unter<br />
extremen Wetterbedingungen zu fahren: Starkregen, Seitenwinde<br />
und viel Wasser auf der Straße. Doch dem Franzosen<br />
macht selbst ein Wolkenbruch nichts aus – so gut, wie er<br />
auf der Straße liegt. Gerade in Kurven und bergauf (flussaufwärts?)<br />
macht sich das positiv bemerkbar.<br />
Fazit: Der Renault Talisman lässt sich auch sicher durch<br />
jeden Wolkenbruch steuern. tb<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, Wilfried Hochfeld / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, Tom Buntrock / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
20 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
ANTRIEB<br />
TAG 5: ALLTAGSTEST<br />
Mal schnell zu Ikea und die längst fälligen Regale besorgen? Doch<br />
passen die mit 1,80 Metern Länge überhaupt vernünftig ins Auto? Die<br />
Rückbank ist mit nur zwei Handgriffen umgeklappt – das geht so fix,<br />
wie es sich hier liest. Regale mit 1,80 Metern Länge rein (und natürlich<br />
der ganze Krimskrams, ohne den man nicht aus dem schwedischen<br />
Möbelhaus rauskommt), auf den Knopf in der Heckklappe<br />
gedrückt – und lautlos wird die Einkaufsbeute weggeschlossen. Wir<br />
hätten sogar noch Platz für zusätzliche Mitfahrer gehabt. tb<br />
TAG 7: GROSSSTADTTEST<br />
Nerviges Stop-and-go? Kein Kunststück für den<br />
Talisman. Die Automatik macht ständiges Schalten<br />
überflüssig, die Start-Stop-Automatik senkt<br />
Benzinverbrauch und verhindert unnötige Abgase.<br />
Das funktioniert natürlich reibungslos, kein enervierendes<br />
Ruckeln bei der Anfahrt. Ein kleines, aber<br />
für mich wichtiges<br />
Detail: Egal ob im<br />
Großstadtstau oder<br />
auf der Autobahn,<br />
für den Kaffee gibt<br />
es reichlich Platz in<br />
der Mittelkonsole.<br />
Alternativ hätten<br />
auch zwei Getränkeflaschen<br />
bis<br />
jeweils 0,5 Liter<br />
Platz. So wird<br />
der morgendliche<br />
Stau im<br />
Wiener Berufsverkehr<br />
fast so<br />
angenehm wie<br />
ein Besuch im<br />
Kaffee haus. tb<br />
TAG 6:<br />
REISETEST<br />
Einen<br />
ausführlichen<br />
Testbericht können Sie<br />
in den August-Ausgaben<br />
der beiden Regionalausgaben<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> Berlin und <strong>Taxi</strong><br />
<strong>Times</strong> München nachlesen,<br />
im Internet unter<br />
www.taxi-times.com<br />
und über unsere<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> App.<br />
Der Talisman erfüllt<br />
ein Kli schee,<br />
dass man franzö sischen<br />
Autos gerne<br />
nachsagt: Renault<br />
hat hier ein komfortables<br />
Reisefahrzeug<br />
entwickelt.<br />
Auf langen Strecken<br />
bringt er einige<br />
seiner Stärken zur Geltung. Mühelos passt er<br />
sich den verschie denen Geschwindigkeitsanforderungen<br />
an. Ein weiteres Plus auf langen Strecken:<br />
die musikali sche Unter haltung (wahlweise<br />
„normaler“ Hörfunk oder Internetradio) und ein<br />
durch dachtes Naviga tionssystem, das einen<br />
unaufdring lich auch um den größten<br />
Stau manö vriert. Für den Fahrer<br />
TAG 11: TAXI-FEATURES<br />
unmerklich passt das Navi<br />
die geplante Route automatisch<br />
den veränderten<br />
Verkehrssituationen<br />
an. tb<br />
Fangen wir beim Funkgerät an, das passend in der Mittelkon sole<br />
verbaut wurde. In der Bedienung steht es zum Beispiel Mercedes<br />
in nichts nach. Natürlich verfügt das <strong>Taxi</strong> auch über einen stil len<br />
und einen lauten Alarm. Wir konnten das Auto knapp zwei<br />
Wochen testen, ohne versehentlich für ungewünsch te Aufmerksamkeit<br />
zu sorgen. Im Notfall hätten wir den Alarm aber problemlos<br />
und unerkannt auslösen können. Bequem auch die Taste,<br />
mit der man die <strong>Taxi</strong>dachwerbung problemlos ein- und ausschalten<br />
kann. Die Minuspunkte bei den Gimmicks kann der Renault<br />
Talisman so bei der Bedienungsfreundlichkeit der speziellen<br />
<strong>Taxi</strong> funktionen wieder ausgleichen. tb<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
21
Wolfgang Eberling, Obmann des<br />
<strong>Taxi</strong>clubs Wien (hier bei der Anti-<br />
Uber-Demo am 1. April ), meint,<br />
dass mehr Kontrollen dem <strong>Taxi</strong> -<br />
gewerbe nutzen.<br />
TAXICLUB WIEN:<br />
MEHR KONTROLLE<br />
Wolfgang Eberling, Obmann des <strong>Taxi</strong>clubs Wien, fordert schärfere<br />
Kontrollen bei den Lizenzen für <strong>Taxi</strong>lenker: „Es kann nicht sein,<br />
dass einer, der einmal eine Lizenz erhalten hat, praktisch unkontrolliert<br />
fahren kann!“ Bis 1986 hatte es in Österreich – ähnlich<br />
wie in Deutschland – alle fünf Jahre eine Überprüfung gegeben.<br />
„Wir haben dieses Mittel, um unbotmäßige Lenker aus dem Verkehr<br />
zu ziehen, ohne jede Not aus der Hand gegeben“, beschwert<br />
sich der erfahrene <strong>Taxi</strong>lenker.<br />
Eberling wünscht sich eine regelmäßige Kontrolle, bei der nicht<br />
nur der allgemeine Gesundheitszustand überprüft wird, sondern<br />
auch sonstige Gründe, die gegen eine Verlängerung der Lenkerlizenz<br />
sprechen, Beachtung finden. Dazu könnten etwa auffällig<br />
viele Ver kehrsverstöße zählen oder sonstige Straftaten, die bisher<br />
nicht zu einem automatischen Entzug der Beförderungserlaubnis<br />
geführt haben. „Heute kann ein Fahrer Dinge tun, die Zweifel an<br />
seiner Eignung als <strong>Taxi</strong>lenker aufkommen lassen. Und trotzdem<br />
wird er weiter auf die Kundschaft losgelassen.“ Eberling wünscht<br />
sich, dass die Behörden hier stärker eingreifen, „denn das kann<br />
nur im Sinn des <strong>Taxi</strong>gewerbes sein“.<br />
Der <strong>Taxi</strong>club Wien dürfte Österreichs erster Verein sein, in dem<br />
sich ausschließlich <strong>Taxi</strong>lenker organisieren. Erst am 1. April dieses<br />
Jahres machte der Club mit einer Anti-Uber-Demo in Wien von<br />
sich hören, an der rund 500 Fahrzeuge teilnahmen. Jetzt will sich<br />
Clubobmann Eberling auf den Mitgliederzuwachs konzen trieren,<br />
wobei nur solche Kollegen als Neumitglieder gesucht werden, die<br />
sich auch für mehr Qualität im Gewerbe einsetzen wollen. „Wir<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer brauchen eine Stimme! Der <strong>Taxi</strong>club Wien kann diese<br />
Stimme sein“, sagt Eberling.<br />
tb<br />
FOTOS: Tom Buntrock/<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, Gugerell/wikipedia.de<br />
Wien will für mehr Lebensqualität<br />
sorgen – doch die Kunden<br />
bleiben der neu geschaffenen<br />
Fußgängerzone fern.<br />
BEGEGNEN: JA,<br />
EINKAUFEN: NEIN<br />
Die Wiener Stadtpolitik ist zufrieden: Die Umgestaltung der Mariahilfer<br />
Straße zur Fußgänger- und Begegnungszone sei erfolgreich<br />
gewesen. Kritik kommt jetzt von der Wirtschaftskammer. Ihr<br />
zufolge kommen – mit Verweis auf eine jährlich stattfindende<br />
Passantenzählung – nunmehr knapp 13 Prozent weniger Menschen,<br />
um tatsächlich einzukaufen. Und das hat Folgen für die<br />
dort ansässigen Geschäfte.<br />
Denn 13 Prozent weniger Passanten bedeutet auch weniger<br />
Umsatz für den Handel. Der Rückgang von tatsäch lichen Einkäufern<br />
unter den Passanten beträgt sogar über 16 Prozent, so die<br />
Wiener Wirtschaftskammer. Da die Zählungen immer im Herbst<br />
stattfinden, habe man den unmittelbaren Vergleich zwischen der<br />
Situation vor und nach dem Umbau zur Fußgänger zone.<br />
Leider bleiben aber mit der mobilen Kundschaft, die mit dem<br />
eige nen Auto oder dem <strong>Taxi</strong> zum Shoppen fuhren, auch gerade<br />
die zahlungskräftigen Käufer weg, was die Geschäfte nun ihrerseits<br />
zwingt, ihre Sortimente anzupassen. Langfristig könnte die<br />
größte Einkaufsstraße Wiens so weiter an Attraktivität verlieren,<br />
doch nur so können Händler auf das veränderte Einkaufsverhalten<br />
reagieren. Damit wird die Mariahilfer Straße unfreiwillig zum<br />
Präzedenzfall dafür, was passieren kann, wenn man Individualund<br />
<strong>Taxi</strong>verkehr aus Einkaufsstraßen aussperrt.<br />
tb<br />
22 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
ÖSTERREI<strong>CH</strong> UND S<strong>CH</strong>WEIZ<br />
MAX HANIS<strong>CH</strong><br />
GEHT IN RENTE<br />
Max Hanisch von der Zürcher <strong>Taxi</strong>zentrale 7x7 <strong>Taxi</strong> ist vielen Teilnehmern<br />
des Eurocab Anwendertreffens als Schulungsfachmann<br />
bekannt. Bei diesen Treffen wird man Hanisch nicht mehr erleben,<br />
denn der 66-Jährige hat Mitte <strong>September</strong> seinen Ruhestand angetreten.<br />
Hanisch hat für 7x7 <strong>Taxi</strong> (damals noch Alpha-<strong>Taxi</strong>) über 17 Jahre<br />
lang die <strong>Taxi</strong>fahrerausbildung verantwortet. „Es war eine spannende<br />
und aufreibende Zeit mit all den vielen Veränderungen und Neuerungen<br />
im <strong>Taxi</strong>-Business”, blickt Hanisch zurück. Sechs Gerätegenerationen<br />
an Funkgeräten hat er seitdem geschult, vom damaligen<br />
Kapsch/Indelco-System/Autophon bis zum heutigen DBGX700-<br />
Terminal. Als großen Techniksprung bezeichnet der Wahlzürcher die<br />
Integration der bargeldlosen Kartenzahlung. Über ein Abrechnungsmodul<br />
wurde dabei auch die Fakturierung vereinfacht.<br />
Neben den technischen Inhalten sind bei 7x7 <strong>Taxi</strong> auch Dienstleistungsschulungen<br />
in den eintägigen Kurs integriert. Früher waren es<br />
noch zwei Tage, doch mittlerweile wollen die Unternehmer ihre Fahrer<br />
so schnell wie möglich wieder hinter dem Lenkrad sitzen haben. Wer<br />
allerdings über die <strong>Taxi</strong>-App vom Fahrgast mit zu wenigen Sternen<br />
bewertet wird, muss zur Nachschulung antreten.<br />
Dort hat Max Hanisch bis zu seinem letzten Tag immer wieder deutlich<br />
gemacht: „Im Wettbewerb mit Uber und anderen ist es sehr wichtig,<br />
dass die <strong>Taxi</strong>fahrer eine qualitativ hochwertige Dienstleistung<br />
erbrin gen. Die Kundenerwartungen sind heute größer, es reicht nicht<br />
mehr den Kunden nur von A nach B zu fahren.“ Große Aufmerksamkeit<br />
müsse jeder Unternehmer auch auf das äußere Erscheinungsbild seiner<br />
Fahrer legen und darauf achten, wie diese die erlernte Dienstleistung<br />
„leben“. Denn der erste Eindruck, den ein Fahrgast erhält,<br />
entscheidet gerade im <strong>Taxi</strong>gewerbe darüber, ob der Kunde auch weiterhin<br />
die Dienstleis tung des <strong>Taxi</strong>unternehmens in Anspruch nimmt. jh<br />
„Besonders in Erinne rung bleiben<br />
für mich die vielen Eurocab-<br />
Treffen und die vielen und<br />
interessanten Gespräche mit den<br />
Kollegen anderer <strong>Taxi</strong> zentralen.“<br />
UBER-FAHRER MÜSSEN<br />
WIE ANGESTELLTE<br />
BEHANDELT WERDEN<br />
NEWSTICKER<br />
AUFREGUNG TEIL 1<br />
Über zwei Themen sollte ein guter <strong>Taxi</strong>lenker<br />
mit seinen Fahrgästen niemals sprechen:<br />
über Politik und über Religion. Im<br />
Zeitalter der sozialen Medien möchte man<br />
noch ergänzen, dass man sich auch auf<br />
Facebook zurückhalten sollte, wenn man<br />
sich dort schon als <strong>Taxi</strong>unternehmer zu<br />
erkennen gibt. In Wien sorgte im August<br />
ein „Kollege“ für mediale Aufregung, weil<br />
er auf seinem Account wahre Hasstiraden<br />
gegen Österreicher verbreitet. Österreicher<br />
seien „Kinderschänder“ und „dreckige<br />
Nazis“. Ist dieser Hassprediger tatsächlich<br />
<strong>Taxi</strong>lenker? Wohl kaum, denn dann hätte<br />
er doch während seiner <strong>Taxi</strong>schichten<br />
längst festgestellt, dass seine österreichischen<br />
Fahrgäste diesem verzerrten Feindbild<br />
nicht entsprechen.<br />
AUFREGUNG TEIL 2<br />
Diese Fahrzeuge des Roten Kreuzes Tirol<br />
ärgern so machen <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>-Leser. Manch<br />
einer fragt sich, ob Mercedes seine Fahrzeuge<br />
hier kostenlos zur Verfügung stellt<br />
und damit den konkurrierenden <strong>Taxi</strong>unternehmern<br />
einen Bärendienst erweist, die ja<br />
wiederum ihrerseits treue Käufer der<br />
Marke mit dem Stern sind. Dem Roten<br />
Kreuz werfen die <strong>Taxi</strong>unternehmer vor, mit<br />
solchen Fahrzeugen entgeltliche Beförderung<br />
ohne Genehmigung durchzuführen.<br />
Das Rote Kreuz weist diese Vorwürfe<br />
gegen über <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> zurück. Die Fahrzeuge<br />
werden „zu guten Konditionen, nicht<br />
jedoch kostenlos“ zur Verfügung gestellt.<br />
Man führe damit „Patiententransporte<br />
lt. der gesetzlichen Regelungen“ durch.<br />
Eine entsprechende Konzession für die<br />
ge werbliche Personenbeförderung sei<br />
nicht notwendig.<br />
jh<br />
FOTOS: Privat<br />
Was haben die Schweiz und die USA gemeinsam? In beiden Ländern<br />
sind Experten der Meinung, dass die Partner des Fahrtenvermittlers<br />
Uber steuer- und versicherungsrechtlich als Angestellte und nicht als<br />
Selbstständige zu bewerten sind. Ein von Kurt Pärli, Professor für<br />
Soziales Privatrecht, kürzlich erstelltes und von der Schweizer<br />
Gewerk schaft Unia in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigte dies<br />
abermals. Uber-Fahrer sind laut Pärli unselbstständige Erwerbende.<br />
Der US Konzern müsse darum Arbeitnehmer- und Arbeitgeber beiträge<br />
unter anderem für die Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV<br />
und die Invalidenversicherung IV bezahlen.<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
23
ÖSTERREI<strong>CH</strong> UND S<strong>CH</strong>WEIZ<br />
Den Weg zu den <strong>Taxi</strong>s muss<br />
sich der Kunde erst durch jede<br />
Menge Sandler bahnen.<br />
Zusatzschilder machen hier das Halten<br />
beson ders teuer: Die Bahn droht mit einer<br />
Besitz störungsklage.<br />
HARTE ZEITEN FÜR FUNKLOSE<br />
Bei den <strong>Taxi</strong>ständen am Salzburger Flughafen und vor dem<br />
Hauptbahnhof gibt es Schwierigkeiten bei der Bereitstellung.<br />
Das trifft vor allen funklose Kollegen.<br />
Kürzlich übernahm das <strong>Taxi</strong>management<br />
am Flughafen die 81-11<br />
Dienstleistungen, Verein und Co.<br />
KG, eine Tochter der Salzburger Funktaxi <br />
vereinigung. Um weiterhin Zufahrt zur dorti <br />
gen <strong>Taxi</strong>zone zu haben, mussten die Lenker<br />
eine Vereinbarung unterschreiben.<br />
Bisher kostete die Aufstellung 140 Euro<br />
im Jahr. Nach der Vereinbarung wäre die<br />
Zufahrt zwar kostenlos gewesen, allerdings<br />
muss man dazu eine Schranke passieren,<br />
was nur mit einer aufgeladenen Zufahrtsund<br />
Geldkarte möglich ist. Gleichzeitig<br />
werden pro Durchfahrt eine Infrastruktur <br />
abgabe von einem Euro abgebucht. Die Ver <br />
einbarung zählt als Infrastruktur Schil der,<br />
Beleuchtung, Müllbehältnisse und Aschenbecher<br />
sowie Leistungen wie Reinigung,<br />
Einteilung und Schneeräumen auf. Aller <br />
dings ohne einen Anspruch der Zahlen <br />
den auf eine konkrete Leistung, wie es<br />
weiter heißt.<br />
ORDNUNG IM TAXIGEWERBE<br />
Da war Ärger vorprogrammiert, denn die<br />
Durchfahrtskosten summie ren sich übers<br />
Jahr gesehen laut Angaben einiger Betroffener<br />
von bisher 140 Euro auf nun 3 000 Euro.<br />
81-11 begründet diese Maßnahmen damit,<br />
man wolle Ordnung ins <strong>Taxi</strong>gewerbe bringen.<br />
Überdies sei so eine Vereinbarung<br />
schon alleine dadurch notwendig, da man<br />
nur so eine rechtliche Handhabe gegen die<br />
Lenker erhalte und sich auch nur so der<br />
schwarzen Schafe entledigen könne. Lenker<br />
und Unter nehmer übten aber auch daran<br />
Kritik, dass ein Tarif für Fernfahrten den<br />
Fahrern auf gezwungen würde. Neu sei auch<br />
ein <strong>Taxi</strong> schalter im Flughafengebäude. <strong>Taxi</strong>lenker<br />
befürchteten, dass der dazu genutzt<br />
würde, um Geschäfte an ihnen, den zahlenden<br />
Nutzern, vorbei zu vermitteln. Sie<br />
fühlen sich fremdbestimmt und einer<br />
übermäch tigen Funkzentrale ausgeliefert.<br />
Inzwischen haben sich <strong>Taxi</strong>lenker gegen<br />
die Strukturabgabe gewehrt. Sie bestanden<br />
vor Gericht auf die Einhaltung des Gestat <br />
tungsvertrages von 2011, der eben nur die<br />
Nutzungsgebühr von 140 Euro jährlich vor <br />
sieht. In einem Fall erklärte sich der Flug <br />
hafenbetreiber bereits wieder bereit, die<br />
Zufahrt nach der alten Vereinbarung zu<br />
gewähren. Das Verfahren wurde darauf <br />
hin „ruhend“ gestellt. Das zweite Verfahren<br />
läuft noch. Demnächst sollen außergericht <br />
liche Verhandlungen über die künftige<br />
Bewirtschaftung der <strong>Taxi</strong>zone am Flug <br />
hafen zum Abschluss geführt werden.<br />
Schwieriger bleibt die Situation am<br />
Salzburger Hauptbahnhof. Hier wurden die<br />
bisherigen drei Spuren zum Aufstellen auf<br />
zwei reduziert. Der Rest ist Halteverbots <br />
zone. Im Übrigen weisen Schilder darauf<br />
hin, dass es sich bei der Fläche um Privat <br />
grund der ÖBB handelt. Zuwiderhandlun <br />
gen – also widerrechtliches Halten – können<br />
so mit einer Besitzstörungsklage geahndet<br />
werden, was deutlich teurer werden kann.<br />
Der so reduzierte Stand reicht kaum aus,<br />
um den Bedarf zu decken. So kommen zum<br />
Beispiel kurz hintereinander mehrere Züge<br />
alleine aus Wien. Der dadurch entstandene<br />
Andrang räumt den Stand in kürzester Zeit<br />
ab. Zeitnah den Stand wieder aufzufüllen,<br />
ist schier unmöglich, da Lenker, die vorher<br />
auf dem vollen Stand keinen Platz gefunden<br />
hatten, aufgrund der Parkverbotssituation<br />
wieder wegfahren mussten.<br />
PLÄNE FÜR WEITERE TAXISPUR<br />
Es gibt allerdings konkrete Pläne für<br />
eine weitere <strong>Taxi</strong>spur. <strong>Taxi</strong>-Obmann Erwin<br />
Leitner bestätigte gegenüber <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>,<br />
dass der Stadtrat dafür bereits grünes Licht<br />
signalisiert habe. Um das organisatorisch<br />
reibungslos ablaufen zu lassen, müsste<br />
eine Ampel installiert werden. Diese<br />
Kosten würde die Wirtschaftskammer<br />
übernehmen.<br />
„Wie schnell eine solche Lösung<br />
um zusetzen ist, hängt auch sehr stark<br />
vom Verhalten aller Bahnhofskollegen<br />
ab“, appelliert Leitner an die Vernunft<br />
seiner Kollegen. Nahezu täglich werden<br />
die Salzburger <strong>Taxi</strong>zentrale und<br />
die Wirt schaftskammer mit Kundenbeschwerden<br />
konfrontiert. Diese reichen von<br />
Fahrtenver weigerungen bis zu Behinderungen<br />
durch <strong>Taxi</strong>s, die sich im nicht erlaubten<br />
Bereich aufstellen. „Solange das nicht<br />
besser wird, haben wir einen schweren<br />
Verhandlungs stand.“ <br />
tb, jh<br />
FOTOS: Tom Buntrock/<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
24 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
ÖSTERREI<strong>CH</strong> UND S<strong>CH</strong>WEIZ<br />
KOMM.-RAT DIR. PETER TUTS<strong>CH</strong>KU,<br />
GES<strong>CH</strong>ÄFTSFÜHRER DER SALZBURGER<br />
FUNKTAXI-VEREINIGUNG<br />
»ES GIBT KEINE EINZIGE<br />
FAHRTENABLEHNUNG<br />
MEHR«<br />
FOTO: Salzburger Funktaxi-Vereinigung<br />
Die Änderungen am Salzburger Flughafen sorgten für Aufregung<br />
und zu Streit, der juristisch geklärt werden musste.<br />
Peter Tutschku, Geschäftsführer der Salzburger Funktaxi-<br />
Vereinigung und der 81-11 Dienstleistungen, Verein & Co KG,<br />
schildert im Gespräch mit <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> seine Sicht der Dinge.<br />
TAXI TIMES: Herr Tutschku, Sie haben am Flughafen Salzburg<br />
die Parkraumbewirtschaftung übernommen. Doch der<br />
Widerstand ist hoch. Was ist schiefgelaufen?<br />
PETER TUTS<strong>CH</strong>KU: Zunächst einmal: Nicht die 81-11 Dienstleistungen,<br />
Verein & Co KG hat sich um die Parkraumbewirtschaftung<br />
bemüht, sondern die Verantwortlichen des Salzburger<br />
Flughafens sind an uns herangetreten.<br />
Warum?<br />
Bereits längere Zeit gab es am Airport Salzburg eine Entwicklung,<br />
welche nicht mehr hinzunehmen war. Fahrgäste, die zu näheren<br />
Zielen gefahren werden wollten, zum Beispiel in die angrenzende<br />
Gemeinde Wals-Siezenheim, wurden einfach nicht befördert, weil<br />
die Wegstrecke zu „kurz“ ist. Da gab es zahlreiche Vorkommnisse.<br />
Haben die Kollegen Beförderungspflicht?<br />
Ja, diese ist im § 27 der Salzburger Landesbetriebsordnung für<br />
<strong>Taxi</strong>s eindeutig für das Tarifgebiet vorgesehen. Diese gesetzliche<br />
Bestimmung wurde laufend verletzt. Es gab auch sonst noch Vor <br />
kommnisse, beispielsweise mangelnde Kleidung von so machen<br />
Lenkern, der Zustand der <strong>Taxi</strong>fahrzeuge und vieles mehr.<br />
Gerade die Nichtfunker fühlen sich gegängelt.<br />
Das hat mit Funk- oder Nichtfunkerfahrzeugen überhaupt nichts<br />
zu tun. Im Vorfeld gab es dazu einige Besprechungen mit den<br />
interessierten <strong>Taxi</strong>lenker/-innen, wo diese heikle Sache diskutiert<br />
worden ist. Bei dieser Gelegenheit wurde der Wunsch<br />
ge äußert, endlich mal Ordnung in diese Sache zu bringen. Unter<br />
der Devise „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“<br />
gibt es nunmehr eine kleine Gruppe von Lenkern, die mit dieser<br />
neuen Regelung nicht leben können. Fragt sich nur, warum?<br />
Weil vielleicht die Nutzungskosten so immens gestiegen sind?<br />
Die Kosten von einem Euro pro Einfahrt sind inklusive 20 Prozent<br />
Umsatzsteuer, also netto 0,83 Euro, und dienen ausschließlich<br />
zur Bezahlung der Aufrechterhaltung der Infrastruktur. Wenn<br />
nun mehr behauptet wird, dass die Kosten jährlich auf 3 000 Euro<br />
anwachsen werden, dann empfehle ich mal, den Rechner zur<br />
Hand zu nehmen.<br />
Sie kommen auf weniger?<br />
Nach Abzug von Urlaub, freien Tagen und Ausfalltagen des<br />
<strong>Taxi</strong>fahrzeugs verbleiben von 365 circa 300 Einsatztage: Daher<br />
würden 3 000 Euro Jahresgebühr bedeuten, dass zehn Mal pro<br />
Arbeitstag in den Flughafen eingefahren wird. Das passt ein <br />
fach nicht damit zusammen, dass es eine gewisse Anzahl von<br />
Unter nehmern gibt, welche die Kleinstunternehmerregelung<br />
(15 000 Euro Umsatz im Jahr) beim Finanzamt geltend machen<br />
und von der Umsatzsteuer befreit sind.<br />
Dass bestimmte Flughafenspezialisten am Tag drei Mal<br />
durchfahren, scheint aber doch realistisch. Das wären<br />
bei 300 Einsatztagen etwa 750 Euro netto, also immer noch<br />
ein Vielfaches der bisherigen Gebühr. Könnten Sie sich<br />
eine Durchfahrtsgebühr bei gleichzeitiger Definition einer<br />
Maximalpauschale vorstellen?<br />
81-11 Dienstleistungen, Verein & Co KG verlangt diese Gebühr ja<br />
nicht für sich, sondern muss den Großteil davon an den Flughafen<br />
Salzburg in Form eines Infrastrukturbeitrages abliefern. Zudem<br />
haben wir derzeit eine Teilzeitkraft mit der Aufsicht beschäftigt.<br />
Wenn es sich rechnet, weiten wir diese Dienstzeiten aus, was<br />
wiederum mehr Personalkosten bedeutet. Eine andere Form von<br />
Gebühren ist derzeit nicht angedacht, kann aber für die Zukunft<br />
auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden.<br />
Ihr Fazit?<br />
Letztlich halte ich fest, dass es seit der Übernahme der Parkflächenbewirtschaftung<br />
für die <strong>Taxi</strong>zone bisher keinen einzigen<br />
Fall mehr bezüglich Fahrtenablehnung gegeben hat. Kein Lenker<br />
ist gezwungen, den Flughafen anzufahren und sich den Regeln<br />
zu unterwerfen, welche letztlich für unsere Kunden von enormer<br />
Wichtigkeit sind.<br />
Planen Sie auch am Bahnhof eine Parkraumbewirtschaftung?<br />
Der Fall „Bahnhof“ ist leider unser großes Sorgenkind, da wer den<br />
diese Fahrtenablehnungen täglich praktiziert. Verbale, aber auch<br />
tätliche Auseinandersetzungen unter den <strong>Taxi</strong>lenkern sind leider<br />
keine Seltenheit. Hier ist die ÖBB als Grundeigentümer gefordert.<br />
Herr Komm. Rat Erwin Leitner, unser Obmann der Wirtschaftskammer,<br />
versucht seit geraumer Zeit, eine entspre chende<br />
Regelung – ähnlich wie am Flughafen – zu erreichen. Ob das wiederum<br />
81-11 übernehmen wird, glaube ich nicht.<br />
Wir danken für das Interview.<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
25
TAXI INTERNATIONAL<br />
APP-ANBIETER<br />
GEHEN ZUSAMMEN<br />
Auf dem heiß umkämpften Markt der App-Vermittler entwickeln<br />
sich die ersten Kooperationen und Fusionen. So hat beispiels weise<br />
in China der dortige Vermittler Didi sämtliche Anteile von<br />
Uber China inklusive der Namensrechte und Daten für den chinesischen<br />
Markt aufgekauft. Vorausgegangen waren massive gegenseitige<br />
Rabattaktionen, deren Folge Milliardenverluste waren.<br />
In Deutschland überraschte mytaxi Ende Juli mit der Nachricht,<br />
man werde den Londoner App-Anbieter Hailo übernehmen. Das<br />
fusionierte Unternehmen wird unter dem Namen mxtaxi mit<br />
Firmensitz in Hamburg operieren. Chef des neuen Unternehmens<br />
wird der bisherige Hailo-CEO Andrew Pinnington. Nach einer misslungenen<br />
Expansion in die USA und einem Vertrauensverlust unter<br />
Londons <strong>Taxi</strong>fahrern galt Hailo als finanziell angeschlagen (wir<br />
berichten ausführlich auf Seite 28). Der bisherige mytaxi-CEO<br />
Niclaus Mewes rückt in den Aufsichtsrat des neu fusionierten<br />
Unternehmens auf und wird darüber hinaus Geschäftsführer der<br />
Daimler Mobility Services GmbH.<br />
Derweil sammelt auch die Konkurrenz im Mietwagensektor weiteres<br />
Kapital. Blacklane, wie mytaxi ebenfalls eine Daimler-Tochter,<br />
hat bei einer kürzlich abgeschlossenen Finanzierungsrunde Investitionsgelder<br />
in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages eingesammelt.<br />
Blacklane ist bisher in mehr als 50 Ländern vertreten<br />
und will nun den Fokus auf die Regionen Asien-Pazifik und den<br />
Nahen und Mittleren Osten legen. Also genau dort, wo selbst Uber<br />
gescheitert ist. Apropos Uber: Im ersten Halbjahr <strong>2016</strong> hat das<br />
Unternehmen über eine Milliarde Dollar Verlust gemacht. jh<br />
S<strong>CH</strong>RIFTLI<strong>CH</strong>E ENGLIS<strong>CH</strong>-<br />
KENNTNISSE IN LONDON<br />
STRAFEN<br />
GEGEN FINNIS<strong>CH</strong>E<br />
UBER-FAHRER<br />
Gute Ortskenntnisse, aber auch<br />
eine hohe Kommunikationsfähigkeit<br />
in der Heimatsprache<br />
des Landes, in dem ein <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
seinen Beruf ausübt, sind eigent -<br />
lich eine Selbstverständlich keit.<br />
Doch darf und soll das per Gesetz<br />
vorge schrieben werden? Die<br />
Londoner Kontrollbehörde TFL<br />
will zum 1. Oktober im Rahmen<br />
einiger neuer <strong>Taxi</strong>vorschriften auch<br />
einen schriftlichen Eng lisch test<br />
für Personenbeförderer einführen.<br />
Widerstand dagegen kommt aus<br />
Gruppen, die darin eine Diskrimi -<br />
nierung sehen, aber auch von Uber,<br />
deren Fahrer durch einen solchen<br />
Test ihre Lebens grundlage verlieren<br />
könnten. Viele Uber- Fahrer<br />
würden zwar gut Englisch sprechen<br />
können, hätten aber nur begrenzte<br />
Fähigkei ten, sich schriftlich auszu -<br />
drücken. Den gegenteiligen Weg zu<br />
London geht derzeit New York. Hier<br />
traten im August neue Regularien<br />
in Kraft, wonach ein Englischtest<br />
nicht mehr erforderlich ist.<br />
UberPOP, die Fahrtenvermittlung an Privatfahrer ohne Personenbeförderungs <br />
schein und Konzession, ist in nahezu allen europäischen Städten mittlerweile<br />
gerichtlich verboten. In die Liste der verbotenen Länder reihte sich kürzlich auch<br />
Ungarn ein. Dabei gehen die ungarischen Behörden einen sehr restriktiven Weg,<br />
um das Verbot auch durchzusetzen. Per Gesetz wird der staatliche Netzbetreiber<br />
verpflichtet, die App vom Netz zu nehmen.<br />
In Finnland ist der Weg mühsamer. Hier geht die Polizei gegen UberPOP Fahrer<br />
vor. Gegen rund 50 von ihnen wurden laut einem Bericht des Wirtschaftsportals<br />
Bloomberg Ermittlungsverfahren eingeleitet. Man wirft ihnen vor, ohne eine gültige<br />
Erlaubnis Personen befördert zu haben. <br />
jh<br />
20 PROZENT WENIGER TOUREN IN KOPENHAGEN<br />
Kopenhagens <strong>Taxi</strong>fahrer haben<br />
im Laufe des letzten Jahres rund<br />
500 000 Touren weniger durch -<br />
geführt, berichtet <strong>Taxi</strong>nævnet, die<br />
<strong>Taxi</strong>behörde der dänischen Haupt -<br />
stadt. Das entspricht einem Fünftel<br />
der Gesamtfahrten. Ausgehend von<br />
einem durchschnittlichen Fahrpreis<br />
von 190 Kronen pro Tour, summiert<br />
sich der Umsatzverlust auf rund 95<br />
Millionen Kronen, umgerechnet 12,7<br />
Millionen Euro. <strong>Taxi</strong>nævnet macht<br />
für den Umsatzrückgang das Unter -<br />
nehmen Uber verantwortlich, das<br />
mittlerweile in Kopen hagen trotz<br />
Verbots genauso viele Autos fahren<br />
lässt, wie es dort <strong>Taxi</strong>s gibt.<br />
LOGOMONTAGE: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> FOTO: Astrid Götze-Happe / pixelio.de<br />
26 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
TAXI INTERNATIONAL<br />
Viele lebhafte Diskussionen<br />
zwischen den<br />
Konferenzteilnehmern –<br />
und mit den <strong>Taxi</strong>fahrern<br />
im Publikum.<br />
RUSSLANDS TAXIS<br />
STECKEN FEST<br />
Im Osten nichts Neues. Auch beim diesjährigen Eurasian Forum <strong>Taxi</strong><br />
in Moskau verlangt die Branche nach ordentlichen Regeln.<br />
FOTO: Wim Faber<br />
Ähnliche Forderungen wurden<br />
bereits letztes Jahr gestellt, als<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> vom Treffen in Sankt<br />
Petersburg berichtete. Dieses Jahr wurde die<br />
von politischer Seite gut unter stützte Konferenz<br />
nach Moskau verlegt. Die Anzahl der<br />
Teilnehmer war mit 600 ein wenig zu hoch<br />
angegeben, aber mit 400 Teil nehmern ist es<br />
offensichtlich eine der wichtigsten <strong>Taxi</strong>konferenzen<br />
in Russland, im Wechsel mit<br />
der in Nowosibirsk im Mai 2017.<br />
Die dringenden Themen blieben die gleichen:<br />
die Forderung nach wirksamen<br />
Gesetzen für die <strong>Taxi</strong>branche, ordentliche<br />
Vorschriften und Inspektionen, Versicherungen,<br />
die Sicherheit von <strong>Taxi</strong>fahrern und<br />
Fahrgästen, umweltfreundliche <strong>Taxi</strong>s und<br />
die Rolle der Fahrtenvermittler. Viele Red <br />
ner argumentierten für eine engere Zusammenarbeit<br />
zwischen den Fahrtenvermittlern<br />
und der regulierten <strong>Taxi</strong>welt. Irina Zarapova<br />
(Nowosibirsk) fasste die in der Branche vorherrschenden<br />
Gefühle zusammen: „Seit drei<br />
Jahren warten wir darauf, dass die Regierung<br />
vernünftige Vorschriften erlässt. Aber<br />
nichts passiert! Vorschriften sollten auf<br />
regionaler Ebene erlassen werden.“<br />
MOSKAUS GRÖSSE<br />
Laut den Aussagen des Moskauer Bürgermeisteramts<br />
hat die <strong>Taxi</strong>branche Vorrang,<br />
wenn es um Vorschriften geht. Moskau ist<br />
zweifellos der größte <strong>Taxi</strong>markt Russlands<br />
– und er wächst schnell. Die Hauptstadt<br />
hat gegenwärtig 55 000 leuchtend<br />
gelbe <strong>Taxi</strong>s, ca. 110 <strong>Taxi</strong>unternehmen,<br />
100 000 <strong>Taxi</strong>fahrer, davon 76 000 legale<br />
und 24 000 illegale. Gemeinsam befördern<br />
sie 600 000 Fahrgäste am Tag.<br />
Aber „illegal“ kommt in Russland in ver <br />
schiedener Gestalt daher. Was soll man von<br />
einer <strong>Taxi</strong>-Eigentümerin denken, die sich<br />
weigert, die Anzahl der von ihr betriebenen<br />
<strong>Taxi</strong>s bekannt zu geben: „Ich würde das<br />
lieber für mich behalten, da es unter den<br />
Anwesenden verschiedene Interessengruppen<br />
gibt.“ Sie will die Gesetzgeber nicht<br />
unterstützen, denn sie betreibt – wie alle<br />
anderen <strong>Taxi</strong> betreiber in Russland auch –<br />
sowohl legale wie auch illegale <strong>Taxi</strong>s.<br />
Warum? „Bei einem Steuersatz von 70 Prozent<br />
ist es geradezu verboten teuer, einen<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer offiziell einzustellen“, erläuterte<br />
ein <strong>Taxi</strong>-Experte. Deshalb werden illegale<br />
<strong>Taxi</strong>s gerne „Piratentaxis“ genannt. Die<br />
heftigsten und lautesten Diskussionen bei<br />
der Konferenz waren die zwischen <strong>Taxi</strong>fahrern<br />
(im Publikum) und den Rednern.<br />
OHNE ANGEBOTSVERGLEI<strong>CH</strong><br />
GEHT ES NI<strong>CH</strong>T<br />
Der Moskauer Markt wird vom beliebten<br />
Eigengewächs Yandex, einem Fahrtenvermittler,<br />
dominiert. Laut einer groben<br />
Schätzung bedienen sämtliche Fahrtenvermittler<br />
85 Prozent aller Fahrten. Wenn<br />
Hoteltaxis 1 000 Rubel (12 Euro) für ein<br />
paar Hundert Meter verlangen, kann Yandex<br />
helfen: Die Hinfahrt mit unlizenziertem<br />
Fahrer und Fahrzeug („Ich miete es<br />
wöchentlich.“) kostete 350 Rubel, die Rückfahrt<br />
von einer halben Stunde mit einem<br />
lizenzierten <strong>Taxi</strong> (unter der Flagge von<br />
Yandex) 450 Rubel. Perfekter Service.<br />
Angebote vergleichen, Apps nutzen oder<br />
verschiedene Vermittler oder Unternehmen<br />
anrufen – das ergibt ein völlig neues Bild.<br />
Für die Fahrt zum Flughafen von einer<br />
Russlands führende Marken präsentierten<br />
sich beim Eurasian Forum <strong>Taxi</strong> – neben Lada<br />
sind das Kia, Škoda und Renault.<br />
Stunde ver langte ein Hotel 5 000 Rubel<br />
(60 Euro), gezahlt habe ich schließlich<br />
1 500 Rubel (18 Euro) plus Trinkgeld.<br />
Interessant sind übrigens die immensen<br />
Unterschiede zwischen Russland und der<br />
ehemaligen Sowjetrepublik Weißrussland:<br />
Im Vergleich zu seinem großen Nachbarn<br />
hat das autokratische Minsk eine gut organisierte<br />
und streng geregelte <strong>Taxi</strong>branche:<br />
Im Jahr 2015 gab es in Weißrussland<br />
490 Kontrollen, 190 im Jahr <strong>2016</strong>. Bisher<br />
wurden 25 000 <strong>Taxi</strong>s geprüft. Allein 2015<br />
wurden 3 300 Geldbußen verhängt. Flughäfen<br />
und Stationen, die von verschieden<br />
lizenzierten Unternehmen bedient werden,<br />
sind die Hauptziele der Überprüfungen.<br />
„Wir hätten gerne mehr internationalen<br />
Input“, sage Maxim Ketov, Redakteur der<br />
russischen <strong>Taxi</strong>website www.taxilife.ru.<br />
„Wir hätten gerne Informationen aus dem<br />
Ausland und insbesondere Ratschläge zur<br />
Gesetzeslage, weil wir in diesem Bereich<br />
festzustecken scheinen.“ <br />
wf<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
27
TAXI INTERNATIONAL<br />
Die Kampagne „Back in Black“ reichte nicht aus,<br />
um die früheren <strong>Taxi</strong>kunden zurückzugewinnen.<br />
Die Kooperation zwischen mytaxi<br />
und Hailo ist die Liaison zweier<br />
Apps, die viel Vertrauen<br />
verloren haben.<br />
DIE FALS<strong>CH</strong>E STRATEGIE<br />
EINER BELIEBTEN APP<br />
Im Juli hat mytaxi die Übernahme von Hailo bekannt gegeben.<br />
Diese App stammt aus GB und hat eine ähnliche Geschichte wie<br />
ihr neuer Besitzer.<br />
Hailo stammt vom englischen „to<br />
hail“ – ein <strong>Taxi</strong>, das man auf<br />
der Straße anhalten kann. Die<br />
Vermittlungs-App kam 2010 in London auf<br />
den Markt, nur kurz nach der App mytaxi,<br />
die 2009 in Hamburg eingeführt wurde.<br />
Von Anfang an war Hailo „straßentaug <br />
lich“, da sie von drei Londoner <strong>Taxi</strong>fahrern<br />
und drei Technologieexperten entwickelt<br />
und mit Begeisterung von Geld gebern<br />
wie Sir Richard Branson (Virgin) unterstützt<br />
wurde. mytaxi, entwickelt von der<br />
Intelligent Apps GmbH, wurde 2012 von<br />
Daimler übernommen und gehört nun zur<br />
Daimler Mobility Services GmbH.<br />
Mitte 2017 sollen die Hailo-App und<br />
deren Dienste zu mytaxi umfirmiert werden.<br />
Die britische Presse beklagt die<br />
Tat sache, dass Hailo als Markenname verschwinden<br />
wird – insbesondere weil sie zu<br />
den Ersten gehörten, die es mit Uber aufgenommen<br />
haben. „Es ist ein enttäuschendes<br />
Ende für ein Unternehmen, das<br />
seit 2011 ein Teil der Straßen Londons war.“<br />
„BACK IN BLACK“<br />
Warum war Hailo von Anfang an so beliebt?<br />
Entscheidend für London war, dass Hailo<br />
schwarze <strong>Taxi</strong>s einsetzte und die <strong>Taxi</strong>fahrer,<br />
die die App mitbegründet hatten, dazu<br />
beitrugen, eine enge Beziehung zu den Fahrern<br />
der (schwarzen) <strong>Taxi</strong>s aufzubauen.<br />
Eine wich tige Beziehung, um deren Aufbau<br />
sich Uber immer wieder vergebens bemüht<br />
hat. Als das Unternehmen sich von diesem<br />
Ansatz abwendete, war dies einer der<br />
Gründe für Hailos späteren Untergang, so<br />
Alan Fisher, Redakteur der Londoner <strong>Taxi</strong>zeitschrift<br />
„Call Sign“. „Hailo wurde immer<br />
beliebter, bis es sich heimlich um eine<br />
Mietwagen lizenz bewarb. Die Fahrer verließen<br />
das Unternehmen scharenweise, bis<br />
ein neuer Geschäftsführer schließlich<br />
zugab, dass es ein Fehler war. Dieser<br />
Ansatz wurde ab Oktober 2015 nicht mehr<br />
weiterverfolgt. Ein Teil der Fahrer kam wieder,<br />
aber es wurde nicht mehr wie früher.“<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer fragen sich nun besorgt, „ob<br />
mytaxi auch im Mietwagengeschäft ist“, so<br />
Fisher. Vor allem deshalb, weil es in der<br />
britischen Hauptstadt 24 000 <strong>Taxi</strong>s und<br />
ca. 110 000 Mietwagen gibt.<br />
Die in Hamburg von Sven Külper und<br />
Niclaus Mewes gegründete App hatte einen<br />
ähnlichen Vertrauensverlust zu beklagen,<br />
als man kurz nach der Übernahme durch<br />
Daimler das Provisionssystem für vermit <br />
FOTOS: Wim Faber, mytaxi<br />
28 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
TAXI INTERNATIONAL<br />
telte Aufträge änderte. Die Fahrer konnten<br />
im System selbst einstellen, welchen pro <br />
zentualen Provisionssatz sie bereit waren,<br />
für den jeweiligen Auftrag zu bezahlen. Wer<br />
mehr abgeben wollte, rückte in der Vermittlungshierarchie<br />
nach oben. Ursprünglich<br />
war eine Spanne zwischen 3 und 30 Prozent<br />
vorgesehen, nach heftigen Protesten aus<br />
der Fahrer- und vor allem der Unternehmerschaft<br />
waren es letztlich noch maximal<br />
15 Prozent. Mittlerweile ist das<br />
Unternehmen auf eine fixe Provision von<br />
sieben Prozent umgeschwenkt, doch das<br />
Vertrauen konnte dadurch nur teilweise<br />
wieder zurückgewonnen werden.<br />
In London initiierte man derweil eine<br />
große Marketingkampagne namens „Back<br />
in Black“ (Caps) – „Zurück zu schwarzen<br />
<strong>Taxi</strong>s“. Doch nicht einmal der Slogan nach<br />
dem Lied der verstorbenen Amy Winehouse<br />
„Back to Black“ konnte die Londoner <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
zur Rück kehr bewe gen. Insbe <br />
sondere weil sie jetzt eine andere Wahl<br />
hatten. Die Vermittlungs App Gett war in<br />
der Hauptstadt angekommen, ein Konkurrent<br />
aus Israel, der mit ähnlichen Kapitalgebern<br />
ausgestattet ist wie die bis herigen<br />
Apps. Gett hat mittlerweile sogar Radio<br />
<strong>Taxi</strong>s übernommen, eine der großen Londoner<br />
<strong>Taxi</strong>zentralen mit 2 400 <strong>Taxi</strong>s.<br />
RÜCKZUG AUS DEN USA<br />
Auch Hailo hatte sich während der letzten<br />
Jahre auf Expansionskurs begeben. Schnell<br />
war man auch in Irland, Japan, Spanien,<br />
den Vereinigten Staaten von Amerika und<br />
Kanada vertreten. Aus Übersee musste man<br />
sich aber schnell wieder zurückziehen.<br />
Liegt darin die wirkliche Ursache für das<br />
Scheitern von Hailo? „Ja“, meint Fisher.<br />
„Man hatte viel Geld verloren, als das nordamerikanische<br />
Abenteuer 2013 erfolglos<br />
blieb und das Unternehmen sich wieder<br />
zurückziehen musste. Hinzu kommen noch<br />
die zugelassenen <strong>Taxi</strong>fahrer, die nicht mehr<br />
zu Hailo zurückkehrten und das Aufkom <br />
men von Apps wie Gett.“<br />
„Außerdem gaben die Finanzbuch halter<br />
Hailo letztes Jahr öffentlich nur noch drei<br />
Monate, wenn keine Mittel beschafft würden“,<br />
so Fisher weiter. „Das hat auch nicht<br />
geholfen!“ Für die US-Kampagne hatte<br />
Hailo 30 Millionen US-Dollar vom führenden<br />
US-Wagniskapitalfonds Union<br />
Square Ventures sowie von Richard<br />
Branson beschafft.<br />
2014 veröffentlichte die Zeitschrift<br />
„Fortune“ einen langen Artikel, in dem<br />
erläutert wurde, dass Hailo mit den New<br />
Yorker <strong>Taxi</strong>fahrern keine so enge Beziehung<br />
aufgebaut hat wie mit deren Kollegen<br />
in London. Uber dominierte den<br />
höherpreisi gen Limousinenmarkt, also<br />
konnte Hailo nur versuchen, durch die billigen<br />
Fahrten Gewinn zu generieren. Es<br />
funktionierte nicht. Hailo musste 40 Mitarbeiter<br />
in New York entlas sen und die verheerende<br />
Expansion in die Vereinigten<br />
Staaten führte schlussendlich zum Rücktritt<br />
des CEO Jay Bregmann.<br />
Die Kampagne in den USA und die<br />
Erschließung weiterer neuer Städte in der<br />
ganzen Welt ergab 2014 ein Minus von<br />
umgerechnet 25 Millionen Euro. Auf der<br />
Suche nach neuen Geldmitteln wurden aus<br />
den Verhandlungen zwischen Hailo und<br />
möglichen Investoren schließlich Über <br />
nahmegespräche, als die Unterstützer von<br />
mytaxi ins Spiel kamen. Diese App hat nunmehr<br />
100000 Fahrer in über 50 Städten auf<br />
der ganzen Welt. <br />
wf/jh<br />
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TAXI INTERNATIONAL<br />
FlixBus (jetzt FlixMobility)<br />
kon zentriert sich laut VP Max Zeumer<br />
auch auf andere Mobilitätsmodelle.<br />
Welches Regulierungsmodell passt? Unterschiedliche Gedanken von Hubert Andela (IRU),<br />
Peter Szatmari (EU) und Pascal Smet (Brüssel, v.l.n.r.),<br />
WIR RASEN AUF EINE<br />
SELBSTFAHRENDE<br />
ZUKUNFT ZU<br />
Innovative Automobiltechnologien, neue Transportsysteme, geänderte<br />
aufsichtsrechtliche Konzepte und neue Marktnischen: Die Konferenz<br />
<strong>Taxi</strong> & Mobility Update in Brüssel hatte spannende Themenfelder.<br />
Wie mag die Zukunft der Bran <br />
che aussehen? Ein Blick in die<br />
Kristallkugel. Seit dem Beginn<br />
vor fünf Jahren bemüht sich die <strong>Taxi</strong> &<br />
Mobility Update darum, die Zukunft vorherzusagen.<br />
Die zweitägige Veranstaltung<br />
begann in Amsterdam und die Organisatoren<br />
von Challans & Faber Business Communications<br />
bemühen sich immer um einen<br />
genauen Blick in die Zukunft, um die Ent <br />
wicklungen der Branche vorherzusagen.<br />
Und das sogar noch stärker als andere <strong>Taxi</strong>veranstaltungen.<br />
Dieses Jahr wurde die<br />
Konferenz nach Brüssel verlegt. Sie fand<br />
Ende Juni statt.<br />
Beim Vortrag von Shwetha Surender<br />
wurde jeder mitgerissen – in eine Zukunft<br />
der selbstfahrenden Autos inklusive der Folgen<br />
für die <strong>Taxi</strong>branche. Bis die ersten komplett<br />
autonomen <strong>Taxi</strong>s auf die Straße<br />
kommen, dauert es noch ein wenig – so<br />
bis 2025 oder 2030. Zwei andere Faktoren<br />
sind sogar noch wichtiger: künstliche Intelligenz<br />
und selbstlernende Systeme. Im<br />
Internet der Dinge kommunizieren Fahrzeuge<br />
und andere Industrieobjekte miteinander,<br />
sie lernen und passen ihr Verhalten an.<br />
»In April 2017 lädt<br />
<strong>Taxi</strong> & Mobility<br />
Update wieder nach<br />
Brüssel ein.«<br />
Veranstalter Wim Faber<br />
Dies begünstigt den Beginn von Mobility as<br />
a Service (MaaS), einem neuen Mobilitätsmodell<br />
mit einem reichhaltigen Angebot<br />
an Verkehrsoptionen zur freien Verfügung<br />
und als Abonnement. Sampo Hietanen,<br />
der Lei ter von MaaS, hat in <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
bereits erklärt, dass er in seinem System<br />
eine wich tige Verbindungsrolle für<br />
<strong>Taxi</strong>s sieht, wäh rend Richard Harris, sein<br />
Kollege von Xerox, die Möglichkeiten für<br />
die Verbindung dieser Transportmöglichkeiten,<br />
Preisgestaltung und Fahrkarten<br />
aufzeigte.<br />
NEUE FAHRZEUGKONZEPTE<br />
Die Zukunft des <strong>Taxi</strong>s braucht nicht nur<br />
Konzepte, aber MaaS und andere Entwicklungen<br />
in der motorisierten Welt sind einer<br />
sich verändernden Automobilwelt dicht auf<br />
den Fersen. Fahrzeughersteller sind nicht<br />
länger „Autobauer“ und wissen gar nicht so<br />
genau, wie sie sich selbst schnell genug in<br />
Mobilitätsanbieter und Entwickler von<br />
Mobilitätskonzepten verwandeln sollen. Im<br />
Vordergrund steht nicht mehr das Fahrzeug<br />
als Eigentum, sondern dessen Nutzung. Frü<br />
FOTOS: Wim Faber / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
30 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
TAXI INTERNATIONAL<br />
TAXI TIMES APP: NEWS AU<strong>CH</strong> INTERNATIONAL<br />
Zeitgleich mit der Konferenz <strong>Taxi</strong> & Mobility Update in<br />
Brüssel startete Ende Juni auch die <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> App, die<br />
erste News-Applikation für die <strong>Taxi</strong>branche. In ihr können<br />
sämt liche Meldungen der Homepage sowie die Aktivitäten<br />
auf den Facebook-Seiten von <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> abgerufen<br />
werden. Die Nachrichten erscheinen in Deutsch und für die<br />
vielen türkischen Kollegen unserer Branche auch in deren<br />
Heimatsprache. Die zahlreichen internationalen Leser der <strong>Taxi</strong><br />
<strong>Times</strong> können sich über die App auf Englisch informieren.<br />
Während der Konferenz in Brüssel wurden die Teilnehmer<br />
über die neue News-App informiert. Etliche von ihnen nutzen<br />
dann auch sofort die kostenlose Downloadfunktion über<br />
den Apple- bzw. Android-Store. Die meisten internationalen<br />
Zugriffe kommen bisher aus Irland und aus Großbritannien,<br />
aber auch die Niederlande, Marokko, USA und Belgien zählen<br />
zu den Top Ten. Insgesamt nutzen die <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> App seit<br />
ihrem Start Ende Juni bereits rund 1 300 <strong>Taxi</strong>-Interessierte –<br />
und es werden täglich mehr. jh<br />
Aktuelle <strong>Taxi</strong>-<br />
News in drei<br />
Sprachen gibt<br />
es seit rund<br />
drei Monaten<br />
auch per App.<br />
her oder später wird dies auch die <strong>Taxi</strong>und<br />
Mietwagenbranche betreffen. Im<br />
Moment müssen neue Fahrzeugkonzepte<br />
(intelligent, aber noch nicht vollständig<br />
autonom) den neuen Transportkonzepten<br />
gerecht werden: nicht nur <strong>Taxi</strong>modelle, sondern<br />
auch mittelgroße Busse, die kleinere<br />
Routen des öffentlichen Nahverkehrs bedienen<br />
– wie der 21-Sitzer Jest von Karsan und<br />
Elektrobus konzepte wie die von BYD.<br />
AUFSI<strong>CH</strong>TSRE<strong>CH</strong>TLI<strong>CH</strong>E FRAGEN<br />
Der Treibstoff der Zukunft ist Strom. Neue<br />
Betreiber wie Taxelco in Montreal erweitern<br />
die Kerngesellschaft um neue Flotten<br />
und entwickeln neue E-<strong>Taxi</strong> Konzepte wie<br />
Téo, ein lebendiges Konzept, das in Montreal<br />
bereits von der Leine gelas sen wurde.<br />
Kaan Yildizgöz (UITP) und andere Redner<br />
erläuterten, wie autonom gesteuerte Fahrzeuge<br />
in neue regionale Transportpro file<br />
des öffentlichen Nahverkehrs passen. Autonome<br />
Systeme, die durchaus von <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
betrieben werden können.<br />
Warum auch nicht?<br />
Uber, Lyft und andere sind gekommen,<br />
um zu bleiben, sagte Dr. James Cooper und<br />
rüt telte die <strong>Taxi</strong>branche damit auf. Trotz großer<br />
Anstrengungen ist IRUs UpTop mit seinen<br />
500 000 angeschlossenen <strong>Taxi</strong>s und<br />
einem monatlichen Wachstum von 30 000<br />
zu klein, zu spät und wartet darauf, dass<br />
endlich alle Apps miteinander kommunizieren.<br />
Je eher dies geschieht, desto stärker<br />
wird sich die internationale <strong>Taxi</strong>front vereinigen.<br />
Daniel Ishag, Erfinder und Leiter vom<br />
Fahrtenvermittler Karhoo, bewarb energisch<br />
seine Lösung für das Angebot regulärer<br />
<strong>Taxi</strong>s und Mietwagen aus einer Hand.<br />
So rasen wir nun auf eine selbstfahrende<br />
Zukunft zu, in der nicht das Gefahrenwerden<br />
die Haupteigenschaft ist, sondern<br />
die Verbindung zwischen einer untereinander<br />
verknüpften Vielfalt an Transportsystemen.<br />
Das gibt uns höchstens fünf Jahre Zeit,<br />
um unsere Branche neu zu erfinden. Um<br />
neue Geschäftsfelder zu entwickeln: als<br />
Erweiterungen zum öffentlichen Nahverkehr,<br />
zu FlixBus oder als neue Leistung für<br />
Geschäftsreisende.<br />
Wir befinden uns in einer Grauzone, in<br />
der die Aufsichtsbehörden (London und<br />
Brüssel) und Möchtegernaufsichtsbehörden<br />
(EU) gar nicht schnell genug Vorschriften<br />
erlassen können, um mit den Neuentwicklungen<br />
Schritt zu halten. Bei der Diskussion<br />
ging es zeitweise hoch her. Es gibt immer<br />
mehr Gerichtsverhandlungen gegen Fahrtenvermittler<br />
(TNCs), nicht nur in den USA,<br />
sondern fast überall, wie Matt Daus (IATR)<br />
zeigte. Was diese künftigen Elemente her <br />
vorbringen werden, ist eine andere Branche<br />
als die, die wir bislang kennen. Ein Hybrid,<br />
der verschiedene Transportsysteme auf<br />
unterschiedliche Weise miteinander verbindet.<br />
Aber nur dann, wenn wir schnell<br />
und innovativ genug sind. Im April2017<br />
gibt es wieder ein <strong>Taxi</strong> & Mobility Update<br />
in Brüssel.<br />
wf<br />
Der Brüsseler Verkehrsminister Smet<br />
interessierte sich besonders für Businnovationen<br />
von Karsan und BYD.<br />
Shwetha Surender (Frost & Sullivan)<br />
skizzierte ein interessantes und<br />
leicht be unruhigendes Zukunftsbild.<br />
Sampo Hietanen stellte Mobility<br />
as a Service vor: Mobilität auf<br />
Abruf und als Abo.<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
31
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32 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI
GASTKOMMENTAR<br />
Es gibt keinen Grund<br />
dafür, dass Genehmigungsbehörden<br />
die<br />
Bewertung der <strong>Taxi</strong>branche<br />
an externe<br />
Gutachter abgeben.<br />
HAT KEINER DIE AUFSI<strong>CH</strong>T,<br />
ODER WAS?<br />
Berlin, Worms, Mainz – Gutachter bestimmen derzeit die Diskussion<br />
um <strong>Taxi</strong>konzessionen und Schwarzwirtschaft. Warum eigentlich?,<br />
fragt unser PBefG-Experte Axel Ulmer.<br />
FOTOS: Gabi Eder / pixelio.de, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Etliche Medienberichte zu Steuerhinterziehung<br />
in der <strong>Taxi</strong>branche oder<br />
Tariferhöhungen prägen derzeit die<br />
öffentliche Wahrnehmung. Die <strong>Taxi</strong>branche<br />
ist kriminell, die Beförderung zu teuer. Das<br />
im Juli veröffentlichte „Gutachten zur Lage<br />
des Berliner <strong>Taxi</strong>gewerbes“ hat die Branche<br />
erschüttert und die Republik entsetzt. In<br />
der Nibelungenstadt Worms will man ebenfalls<br />
nach Auswertung eines Gutachtens<br />
„kompetenter“ entscheiden. Zwei Beispiele<br />
für eine Entwicklung, die im Gewerbe für<br />
Unruhe, Unsicherheit und teilweise Ratlosigkeit<br />
sorgt, zumal man sich vor Bekanntwerden<br />
der Expertisen in den betreffenden<br />
Behörden hierfür offensichtlich wenig interessiert<br />
hat.<br />
Dabei sind dies nur Symptome einer<br />
Krankheit, die in nahezu allen Bereichen<br />
um sich greift. Gutachter werden überall in<br />
das Geschehen einbezogen, es werden Verantwortlichkeiten<br />
und Entscheidungen auf<br />
diese abgewälzt und ihre Expertise wird<br />
zum Maß der Dinge.<br />
Da stellt sich die Frage, warum die Entscheidungen<br />
nicht in den zuständigen<br />
Ämtern getroffen werden, erarbeitet von<br />
sachkundigen Beamten und Bediensteten.<br />
Hört man sich die Diskussionsbeiträge an,<br />
ist dies Folge der knappen Personalausstattung,<br />
die wiederum Folge der mangelhaften<br />
Finanzausstattung vieler Behörden sein<br />
soll. Gleichwohl werden von dort immer<br />
neue „Rekordzahlen“ für den Personaletat<br />
und die Beschäftigtenzahl gemeldet. Das<br />
passt nicht zusammen.<br />
Das Personenbeförderungsgesetz und<br />
die dazu erlassenen Nebengesetze wie<br />
PBZugV oder BO-Kraft geben den Gesetzesrahmen<br />
vor. Diesen Rahmen mit gesetzmäßigem<br />
Verwaltungshandeln auszufüllen, ist<br />
der Auftrag an die zuständigen Fachbehörden.<br />
Niemand sonst ist zur Erfüllung dieses<br />
Auftrages berufen. In den Behörden gibt es<br />
durchaus genügend Sachkenntnis von<br />
erfahrenen Verwaltungsmitarbeitern und<br />
Verwaltungsjuristen. Ein gutes Beispiel<br />
dafür ist Hamburg, auch wenn das sogenannte<br />
„Hamburger-Modell“ sich schwer<br />
mit dem PBefG, in Teilen zumindest, vereinbaren<br />
lässt.<br />
Aber es darf nicht sein, dass ein „Flickenteppich“<br />
an Maßnahmen bundesweit<br />
zur Anwendung kommt, der aufgrund gutachterlicher<br />
Empfehlungen die Entscheidungskompetenzen<br />
faktisch verlagert, wo<br />
es eigentlich „nur“ um rechtmäßiges Verwaltungshandeln<br />
geht. Die Erfüllung des<br />
gesetzlichen Auftrages, nämlich die Funktionalität<br />
des individuellen öffentlichen Personennahverkehrs<br />
zu garantieren, erfordert<br />
es, dass Unternehmer eine rechtssichere<br />
und vorhersehbare Grundlage haben, ihr<br />
Gewerbe, ihren Beruf auszuüben und auf<br />
den Fortbestand der Genehmigung vertrauen<br />
zu dürfen.<br />
Das PBefG gibt das Handlungsinstrumentarium<br />
vor, sowohl im Rahmen der Einschätzungen<br />
zur Funktionsfähigkeit als<br />
auch in den Kontrollbefugnissen in § 54 a<br />
und den klaren Kompetenzzuweisungen für<br />
andere Fachbehörden, wie z. B. die Finanzämter.<br />
Deshalb braucht es keine gutachterlichen<br />
Empfehlungen zu Plausibilitätsprüfungen<br />
zur Konzessionsverlängerung und<br />
kostenintensive Kurzbegutachtungen. Bevor<br />
der Gesetzgeber über die Fiskaltaxameter-<br />
Frage abschließend und rechtlich bindend<br />
für alle entschieden hat, sind auch Auflagen<br />
an Genehmigungsinhaber, einen solchen<br />
einzubauen, zweifelhaft.<br />
Überdies lässt die Rechtsprechung ein<br />
Einschreiten der Straßenverkehrsbehörden<br />
ja jederzeit dort zu, wo evident und offenkundig<br />
ein Fehlverhalten zu Tage tritt. Denn<br />
es gehört selbstverständlich im Sinne jedes<br />
redlichen Unternehmers dazu, schwarze<br />
Schafe auszusortieren.<br />
Gerade in Berlin scheint es so, dass jahrelang<br />
all dies nicht beachtet wurde, ein<br />
Modellversuch nicht konsequent umgesetzt<br />
wurde und nunmehr die Schuld hierfür auf<br />
die Unternehmen abgewälzt wird, um eine<br />
ganze Branche an den Pranger zu stellen.<br />
Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist<br />
so groß geworden, gerade weil er verlässliche<br />
Rahmenbedingungen für alle schafft<br />
und funktionierende Behörden unterhält,<br />
die ihre Kontrollaufgaben gesetzmäßig<br />
wahrnehmen. Daran sollten sich alle orientieren.<br />
<br />
Axel Ulmer ist ausgebildeter Volljurist mit<br />
Schwerpunkt Verwaltungsrecht/PBefG und<br />
fungiert als Unternehmensberater für die Ulmer<br />
Consulting UG in Kaiserslautern. Für <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
kommentiert er regelmäßig allzu fantasiereiche<br />
Auslegungen des PBefG.<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />
33
DAS LETZTE<br />
Neuer Trend im<br />
Straßen verkehr: „Ich bremse<br />
auch für Spielsüchtige.“<br />
Englands <strong>Taxi</strong>betriebe haben aus dem<br />
„Pokémon Go“-Hype ein zusätzliches<br />
Geschäftsfeld entwickelt. Den Anfang<br />
machte Ende Juli der <strong>Taxi</strong>betrieb Street Cars<br />
mit 600 Fahrzeugen in Manchester. Zehn<br />
ihrer <strong>Taxi</strong>s waren für spezielle „Pokémon<br />
Go“-Touren eingeteilt. Rundfahr ten, bei<br />
denen die Fahrgäste eine Stunde lang zu<br />
den ergiebigsten Spots der Stadt gefahren<br />
werden – also dorthin, wo die mobilen und<br />
virtuellen Jäger die meis ten bzw. die fähigsten<br />
Monster per Tasten klick auf dem Smartphone<br />
einsammeln können. Was eigentlich<br />
als Marketinggag gedacht war, lief so gut,<br />
dass die eingesetz ten Fahrzeuge fast permanent<br />
ausgelastet waren. Mittlerweile folgen<br />
auf der Insel auch zahlreiche andere<br />
MÜN<strong>CH</strong>EN HATTE DIE<br />
SAUBERSTEN TAXIS<br />
Blitzblankes Münchner <strong>Taxi</strong><br />
Ein kleines Machtspielchen zwischen den<br />
Dauerrivalen mytaxi und der Münchner<br />
Genossenschaftstaxizentrale ermöglichte<br />
Münchner <strong>Taxi</strong>fahrern, ihr Fahrzeug kostenlos<br />
waschen zu lassen. Sie mussten nur<br />
an einem Donnerstag im August zum<br />
Betriebssitz der <strong>Taxi</strong> München eG kommen<br />
– oder ein paar Meter vorher in eine<br />
Aral-Tankstelle einbiegen. Genau diese<br />
Tankstelle hatte sich nämlich mytaxi für<br />
POKÉMON<br />
GO WIRD ZU<br />
POKÉMON<br />
DRIVE<br />
Städte der Idee. Jüngstes Beispiel ist Leicester,<br />
die Stadt, die letzte Saison sensationell<br />
den Fußball meister stellte und nun auch in<br />
Sachen „Pokémon Go“-Touren mit Manchester<br />
gleichge zogen ist. Nur, dass hier die einstündige<br />
Tour etwas günstiger ist und 20<br />
anstatt 24 Pfund kostet. Das ent spricht<br />
18 Euro und wirft die Frage auf, ob solch<br />
ein Stundentarif eigentlich wirtschaft lich<br />
rentabel sein kann. Na ja, muss er vielleicht<br />
auch nicht, denn die <strong>Taxi</strong>-Inhaber schicken<br />
ja nicht irgendwelche Fahrer auf Tour.<br />
Naveed Arshad von Street Cars beispielsweise<br />
setzt nur Fahrer ein, die selbst absolute<br />
„Poké mon Go“-Profis sind. Diese Fahrer<br />
hätten ein Spielerlevel von 18 oder 20<br />
erreicht und wüss ten alles. <br />
jh<br />
eine Promotionaktion ausgesucht. Wer an<br />
jenem besagten Donnerstag dort vorfuhr,<br />
bekam eine kostenlose <strong>Taxi</strong>wäsche und<br />
eine Brotzeit – vor den Augen der <strong>Taxi</strong>genossen,<br />
deren Mitglieder auch zahlreich<br />
bei mytaxi registriert sind.<br />
Doch der Genossenschaftsvorstand wollte<br />
sich von dieser Aktion nicht nass machen<br />
lassen. Schließlich hat man auf dem eigenen<br />
Gelände ja auch eine Waschanlage und<br />
so wurde dessen Pächter schnell davon<br />
überzeugt, dass eine kostenlose <strong>Taxi</strong>wäsche<br />
an genau diesem Donnerstag im<br />
August von den Kollegen sicher gut angenommen<br />
werden würde. Was dann auch<br />
prompt zutraf. Gerüchten zufolge soll die<br />
Schlange vor der Genossenschaftswaschstraße<br />
länger gewesen sein als die<br />
vor der Aral-Tankstelle. Kein Gerücht ist<br />
dagegen, dass München an diesem Abend<br />
die Stadt mit den saubersten <strong>Taxi</strong>s Deutschlands<br />
war.<br />
jh<br />
IMPRESSUM<br />
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<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> DA<strong>CH</strong> erscheint<br />
seit <strong>2016</strong> in Kooperation mit<br />
Erscheinungsweise 6 x pro Jahr<br />
Heftpreis: 4,80 €, Jahres-Abo: 28 €<br />
ISSN-Nr.: 2367-3834<br />
Weitere <strong>Taxi</strong>-Magazine aus dem <strong>Taxi</strong>-<strong>Times</strong> Verlag:<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> International (englischsprachig),<br />
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34<br />
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