Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
40 HELDEN<br />
Arnold Schwarzenegger<br />
Tragisch, aber wahr, und irgendwie auch<br />
wieder nicht so schlimm: Ein Kerl kann sich<br />
im Lauf der Zeit zu einer so allseits bekannten<br />
Größe auswachsen, dass es überhaupt keine<br />
Rolle mehr spielt, ob er sich bei dem, was er<br />
tut, noch verbessert, ob er einfach sein Niveau<br />
hält oder abschmiert. Arnold Schwarzeneggers<br />
letzte Performance im wie für seine sparsame<br />
Mimik geschaffenen Part als Killerroboter im<br />
jüngsten „Terminator“-Film „Terminator<br />
Genisys“ von 2015 war in vielerlei Hinsicht<br />
eine wundervolle, sehr späte Zusammenfassung<br />
von erkennbar zahlreichen Gedanken, die<br />
der Schauspieler seit 1984, als er den Blechkerl<br />
mit Fleischmantel das erste Mal darstellen<br />
durfte, in diese Figur investiert hatte – man<br />
nahm ihm ab, dass er sich überlegt hatte, wie<br />
sich das Altern eines biokybernetischen<br />
Kunstorganismus von seinem eigenen Altern<br />
als Bodybuilder, Filmstar und Markenzeichen<br />
unterscheiden müsste, welche Sorten von<br />
zurückhaltender Liebe für sterbliche Schützlinge<br />
oder Trauer um verpasste Gelegenheiten<br />
der Apparat empfinden mochte und wie man<br />
das am besten im Gesicht, in der Sprechweise<br />
und in kleinen Bewegungsfehlern ausdrückt.<br />
Aber es hat schlicht niemanden interessiert.<br />
Die Kritik nahm es nicht wahr, der Film wurde<br />
nicht als neue Arbeit, sondern als erwartbare<br />
Zugabe zu einer im Grunde längst fertigen<br />
Sache wahrgenommen. Wahre Zähigkeit<br />
besteht aber darin weiterzumachen, wenn<br />
keiner mehr positive Überraschungen erwartet,<br />
und so ist es auch nicht schlimm, dass das<br />
Beste, was Schwarzenegger in seinem Kinoberuf<br />
je gemacht hat, das todtraurige Porträt<br />
eines Vaters, der unter grausamsten Umständen<br />
von seinem Kind Abschied nehmen muss,<br />
in dem Independent-Horrordrama „Maggie“<br />
von 2015 noch weniger Leuten aufgefallen ist<br />
als die „Terminator“-Reprise.<br />
Sylvester Stallone<br />
Die beiden erfolgreichsten Figuren, die er<br />
gespielt hat, der 1976 das erste Mal im Kino<br />
verdroschene Boxer Rocky Balboa und der von<br />
seiner Regierung enttäuschte, aber seinem<br />
Land unverbrüchlich verbundene Elitesoldat<br />
John Rambo, der sein Filmdebüt 1982 gab,<br />
waren vom jeweils zweiten Film an, also<br />
„Rocky II“ aus dem Jahr 1979 und „Rambo II:<br />
Der Auftrag“ von 1985, überlebensgroße<br />
Symbole dafür, dass in einer Epoche ständiger<br />
Politik-, Mode- und Lebensformwechsel das<br />
eigentlich Heldenhafte am heldenhaften Mann<br />
nicht die Selbstüberwindung ist, mit der er<br />
vom Jungsportler oder Rekruten zum Helden<br />
wird – sondern die Beharrlichkeit, mit der er<br />
Held bleibt auch dann, wenn seine Umgebung<br />
davon ausgeht, keine Helden mehr zu benötigen.<br />
Seitdem ist Sylvester Stallones Körper, der<br />
sich gegen Natur und Zivilisationsgeschick<br />
weigert, zu erschlaffen oder von neueren<br />
Modellen überholt zu werden, eine Art Gefäß<br />
für die Idee des Comebacks an sich geworden.<br />
Sein letzter „Rambo“-Auftritt liegt nur acht<br />
Jahre zurück, als Rocky war er erst neulich wieder<br />
auf der Leinwand damit beschäftigt, sein<br />
Reflexwissen und seine Durchaltemacke einem<br />
Jüngeren aufs Auge zu drücken. Und selbst der<br />
Film „Expendables“, in dem er mit anderen<br />
Gewaltverkörperern von Dolph Lundgren bis<br />
Bruce Willis die Gruppensaga des Nicht-Nachlassen-Wollens<br />
erzählen durfte, hat inzwischen<br />
schon zwei Fortsetzungen erlitten. Darf er<br />
nicht aufhören? Will er nicht aufhören? Nur<br />
ein einziges Mal hat er sich gestattet, die<br />
Schönheit des Überlebten, Kaputten, Enttäuschten<br />
zu verkörpern, und selbst da hat er<br />
sich am Ende durchsetzen müssen, in James<br />
Mangolds „Cop Land“ (1997). Dort glaubte<br />
man ausnahmsweise wirklich: Vielleicht<br />
schafft er es diesmal nicht. Das war, wie<br />
merkwürdig, seine größte, seine tiefste Rolle.