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50 MÄNNERMODE<br />
In der Mode wird immer ein Traum verkauft. Erfolgreiche<br />
Designer bauen ein konkretes Image mit ihren<br />
Kleidern auf. Der Käufer wird dazu eingeladen,<br />
etwas zu sein, was er nicht ist, aber was er sein könnte.<br />
Der Grundbaustein der Männermode ist trotzdem der<br />
Anzug. Aber es kommt darauf an, welcher Markenname<br />
in die Brustinnentasche eingenäht ist. Damit verbindet<br />
man dann einen erfolgreichen Geschäftsmann (Berluti,<br />
Hermès, Dior Homme, Boss), einen Intellektuellen<br />
(Comme des Garcons, Yohji Yamamoto, Lemaire), einen<br />
Mann, der jünger aussehen will (Givenchy, Balmain),<br />
oder einen künstlerisch veranlagten Mann, der sich um<br />
sein Aussehen viele Gedanken macht (Dries Van Noten,<br />
Burberry, Rick Owens).<br />
Und weil Designer auch normale Menschen sind, die<br />
manchmal selbst Träume haben, kommen wir hier zunächst<br />
einmal auf Dries Van Noten, einen der konsequentesten<br />
Modemacher. Seit Jahren zählen seine Kollektionen<br />
zum Besten, was es in der Mode bei Damen und Herren<br />
gibt. Mit wunderbarer Kunststickerei, dem Zeitgeist<br />
immer nahe, auch verkäuflich und immer mit einem<br />
Traum des romantischen Lebens.<br />
Man unterschätze aber nicht die Durchsetzungskraft.<br />
Er hat sich nie von einem Konzern aufkaufen lassen, er<br />
entwirft nicht für andere Marken, er gibt keine Zweitlinie<br />
heraus, er macht also nichts Halbes, sondern nur Ganzes –<br />
und kocht sogar für seine Angestellten. Rein modisch<br />
gesehen, führt er den Trend der Individualisierung der<br />
Männergarderobe an, mit Pailletten, die er schon lange im<br />
Programm hat, oder auch mit Hosen, die er mit besonders<br />
weitem Schlag versieht.<br />
Eine weitere Neuentwicklung unter Männern ist die<br />
Flexibilität der Garderobe. Und damit sind wir schon beim<br />
zweiten Thema neben der Individualisierung, das von den<br />
Fotografen Meinke Klein in der Modestrecke für dieses<br />
Magazin ins Bild gesetzt wird. Man kann in der aktuellen<br />
Männermode gehen, laufen, klettern, sogar U-Bahn fahren<br />
in Paris. Und man sieht trotzdem nach einem Mann<br />
mit Stil aus, auch weil sich nun natürlich die David- Bowie-<br />
Referenzen in all die guten Stücke einweben.<br />
Für die Freiheit der Mode wiederum steht Rick Owens,<br />
der es vom Außenseiter aus Los Angeles in die Höhen des<br />
Pariser Schauenkalenders geschafft hat. Er hat die Silhouette<br />
des Mannes der einer Frau am stärksten angenähert.<br />
Röcke, Shorts und gut sitzende Zweireiher in Rostfarben<br />
sind dabei. Wer hätte das gedacht: Auch bei Rick Owens<br />
kann man einen Anzug finden!<br />
Sicher, die Männermode muss überbordend sein, wie<br />
man es an Valentino sieht oder an Prada oder Dolce &<br />
Gabbana. Militärische Tarnflecken, feminine Einsprengsel<br />
oder cowboyhafte Selbstinszenierung sind aber natürlich<br />
nur Vorschläge. In Deutschland wird das Dekor<br />
in kleiner Münze ausgezahlt. Wenn die beiden Valentino-<br />
Designer, die auch in der Männermode mitbestimmen,<br />
Straßenkultur-Einflüsse unter den Händen der Schneider<br />
ihres römischen Ateliers zu Haute Couture machen, also<br />
zu Alta Sartoria – dann bedeutet das aber auch für den<br />
Massenmarkt, dass es schöner, dekorierter, teurer sein darf.<br />
Bestimmt wird der Männermarkt inzwischen auch<br />
von den großen Konzernen. LVMH mischt mit: Louis<br />
Die Mode<br />
für Männer<br />
ist wirklich<br />
beweglich<br />
Warum Paris die Herren<br />
neu denkt und warum sich diese<br />
Modestrecke so verbiegt<br />
Vuitton, Givenchy, Berluti und Dior Homme. Kim Jones<br />
betet für Vuitton das Archiv des Hauses herunter: Der<br />
Stempel eines der ersten Vuitton-Läden erscheint als<br />
Druck. Riccardo Tisci von Givenchy verbringt viel Zeit in<br />
Berlin, seine Kollektion ist von den Clubs der Stadt inspiriert.<br />
Dennoch steckt er seine Energie in klassische Schneiderei<br />
und verziert seine Mäntel und Bomberjacken mit<br />
Kupferknöpfen für eine coole Urbanität. Alessandro Sartori<br />
macht zum Schluss bei Berluti seine beste Kollektion<br />
überhaupt – jetzt zieht es ihn wieder zurück zu Zegna.<br />
Kris Van Assche macht bei Dior Homme einfach weiter,<br />
obwohl die Damen verwaist sind. Mit seinem neuen Chef<br />
Serge Brunschwig will er Dior Homme einen weiteren<br />
Kick geben – zum Beispiel wurde gerade in Düsseldorf der<br />
erste eigenständige Dior-Homme-Laden aufgemacht.<br />
Bei Kris Van Assche trägt der Mann einen klassischen<br />
Anzug mit Turnschuhen. Da ähnelt er wiederum Véronique<br />
Nichanian, der legendären Herren-Designerin bei<br />
Hermès, die das klassische Vokabular der Modemarke<br />
immer wieder neu durchdekliniert – von Trenchcoats über<br />
Blousons bis zu Anzügen. Manchmal kombiniert sie die<br />
Anzüge zu Turnschuhen im typischen Hermès-Orange.<br />
Das verleiht der Kollektion Frische. Aber wie man an der<br />
Modestrecke in diesem Heft sieht, muss das auch gar nicht<br />
sein: Wenn sich die Männer so verbiegen, geht auch ein<br />
Paar klassischer Herrenschuhe. Markus Ebner<br />
Vis à vis sofa, design by Piergiorgio Cazzaniga<br />
Fotografen: Meinke Klein<br />
Styling: Almut Vogel<br />
Models: Daan (@ Moon), Tim (@ I Am Elk), Cedric, Patrick<br />
Haare: Daan Kneppers<br />
Make-up: Chiao-Li Hsu<br />
Heller Anzug aus Baumwolle und Seide, Hemd mit Pferdchen-Print, Seidentuch und Schuhe, alles von Hermès.<br />
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