Taxi Times International - Oktober 2015 - Deutsch
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KONFERENZ<br />
KONFERENZ<br />
Viele <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
verwenden<br />
sehr gut sichtbare –<br />
manchmal sogar<br />
grelle – Farben und<br />
Muster sowie<br />
Dachaufbauten<br />
für Werbung für<br />
ihre eigenen und<br />
andere Produkte.<br />
RUSSLANDS SUCHE NACH<br />
STRENGER REGULIERUNG<br />
Forum sehr den klassischen europäischen oder amerikanischen<br />
Konferenzen und Messen.<br />
Illegale <strong>Taxi</strong>s? Oder Wettbewerb vonseiten neuer (illegaler)<br />
Mitbewerber? Eine rasant wachsende Landschaft an Apps? Unzureichende<br />
oder veraltete Gesetze? Jedes Land hat seine eigenen<br />
Probleme und Lösungen zum Thema <strong>Taxi</strong>. Aber wie bereits<br />
erwähnt, gleichen sich zahlreiche der Themen in vielen Ländern.<br />
Wie überall sonst gibt es auch in Russland eine große Nachfrage<br />
nach fairen Voraussetzungen mit den gleichen Rechten und Pflichten<br />
für jeden, der Transport auf dem <strong>Taxi</strong>markt anbietet, unabhängig<br />
davon, ob per App oder auf traditionellere Art und Weise.<br />
Die große Anzahl an illegalen <strong>Taxi</strong>fahrern und illegalen Anbietern<br />
von <strong>Taxi</strong>diensten (Apps, Zentralen) sowie der Mangel an ordnungsgemäßer<br />
Beaufsichtigung der wenigen Regeln, die es gibt, rufen<br />
bei den russischen Kollegen Ressentiments hervor.<br />
In Russland gibt es noch viel zu tun in Sachen ordnungsgemäße<br />
<strong>Taxi</strong>regulierung. Nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch –<br />
und vor allem – regional und lokal. Viele Politiker und Vertreter<br />
der Aufsichtsbehörde haben am Forum <strong>Taxi</strong> teilgenommen, um<br />
genau darüber zu reden. Das größte Problem ist der anhaltende<br />
Wettbewerb vonseiten der illegalen <strong>Taxi</strong>fahrer. Das ist keine Überraschung<br />
in einem Land, in dem Fahrgemeinschaften (gegen<br />
Bezahlung) seit Jahrzehnten eher die Norm als die Ausnahme<br />
sind, u. a. wegen der niedrigen Anzahl an verfügbaren Fahrzeugen.<br />
Warum gibt es nach wie vor illegale <strong>Taxi</strong>s? Eine offizielle<br />
<strong>Taxi</strong>lizenz kostet nichts und ist leicht zu beschaffen. Was noch<br />
merkwürdiger ist: Sie muss den Behörden nicht überlassen werden,<br />
wenn der Unternehmer seinen <strong>Taxi</strong>betrieb aufgibt, d. h., sogar<br />
illegale <strong>Taxi</strong>fahrer haben die erforderlichen Papiere. Es sind weit-<br />
Oben: Viele Politiker, Unternehmer, Vertreter von Aufsichtsbehörden,<br />
Lieferanten und Fahrer aus der ganzen<br />
Russischen Föderation fanden sich beim Forum <strong>Taxi</strong> ein.<br />
Unten: Für eine Konferenz mit 600 Teilnehmern war die<br />
Messe eher klein.<br />
Beim zweitägigen <strong>International</strong> Eurasian Forum <strong>Taxi</strong> in Sankt<br />
Petersburg am 6. und 7. August diskutierten etwa 600 Teilnehmer<br />
über eine große Vielfalt an Themen rund um das <strong>Taxi</strong>.<br />
Ihre Hauptforderung: Illegalen <strong>Taxi</strong>s muss ein Ende gesetzt werden.<br />
Anfang der 90er-Jahre, als ich meinen ersten Vortrag bei<br />
der Jahresversammlung des amerikanischen <strong>Taxi</strong>verbandes<br />
TLPA hielt, behauptete ich, dass die Grundstrukturen<br />
der <strong>Taxi</strong>branche überall auf der Welt gleich sind. Meine<br />
Bemerkung rief (teilweise) Gelächter bei den ungläubigen <strong>Taxi</strong>unternehmern<br />
im Publikum hervor. Es dauerte etwa zehn Jahre,<br />
bis die amerikanischen Unternehmer überzeugt waren, dass es<br />
zwischen <strong>Taxi</strong>unternehmen weltweit große Ähnlichkeiten gibt.<br />
Natürlich können wir immer noch voneinander lernen.<br />
Nach meinem letzten Besuch in der Russischen Föderation<br />
kamen bei mir jedoch langsam Zweifel an meiner eigenen Behauptung.<br />
Bei meiner Teilnahme am <strong>International</strong> Eurasian Forum<br />
<strong>Taxi</strong> in Sankt Petersburg, Russland, am 6. und 7. August fielen<br />
mir nur wenige Ähnlichkeiten auf. Es gibt natürlich <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
vor der Ankunftshalle am Flughafen, die versuchen, Kunden zu<br />
bekommen, die „offizielles <strong>Taxi</strong>, offizielles <strong>Taxi</strong>“ rufen und Ausweise<br />
mit einer geringfügigen Abwandlung des internationalen<br />
<strong>Taxi</strong> logos mit dem Schachbrettmuster tragen.<br />
Als der bestellte <strong>Taxi</strong>fahrer mich jedoch vor dem Hotel ab setzte,<br />
suchte ich vergeblich nach einem Taxameter in seinem Kia-<strong>Taxi</strong>.<br />
Es gab eine Reihe elektronischer Geräte auf seinem Armaturenbrett:<br />
die allgegenwärtige Dashcam, die in Russland aus Versicherungsgründen<br />
weithin verbreitet ist, einige Smartphones für die<br />
Zentrale und die Kommunikation und natürlich ein Navigationssystem.<br />
Aber: Es gab kein Taxameter. Stattdessen zeigte der Fahrer<br />
auf eines der an der Windschutzscheibe angebrachten Smartphones,<br />
das einen Betrag in Rubel anzeigte. Später erfuhr ich,<br />
dass in Russland die Länge der Strecke und die Gebühr anhand<br />
von GPS-Daten in der Zentrale festgestellt und dann an das Smartphone<br />
des Fahrers geschickt werden. Ich befürchtete schon das<br />
Schlimmste und sagte „Kreditkarte, Kreditkarte“, woraufhin der<br />
Fahrer mit einem breiten Lächeln ein brandneues Verifone-<br />
Zahlungs terminal unter seinem Sitz hervorzog. Also kein Problem<br />
in diesem Fall. Aber in der <strong>Taxi</strong>welt der Russischen Föderation<br />
ist nicht alles so, wie es den Anschein hat.<br />
ILLEGALE TAXIS<br />
Das <strong>International</strong> Eurasian Forum <strong>Taxi</strong> findet jährlich im August<br />
statt – bisher nur in Sankt Petersburg – und lockt etwa 600 Vertreter<br />
aus ganz Russland an. Tagungsort ist ein Hotel, in dem auch<br />
die zugehörige Messe stattfindet – 40 Aussteller zeigen Fahr zeuge<br />
und Ausrüstung. Die Konferenz selbst dauert immer bis in die<br />
Abendstunden. Es gab zum Teil heftige Diskussionen, die schnell<br />
die vorgesehene Zeit überschritten, aber insgesamt herrschte<br />
Einigkeit mit dem klaren Ziel, die <strong>Taxi</strong>branche in Russland zu<br />
verbessern. Die meisten Konferenzteilnehmer kamen aus der<br />
<strong>Taxi</strong>branche, aber es waren auch Lieferanten, Politiker und Vertreter<br />
lokaler Aufsichtsbehörden dabei. Diesbezüglich ähnelte das<br />
FOTO: Wim Faber<br />
FOTOS: Wim Faber<br />
SO ARBEITET DIE PETERSBURGER ZENTRALE TAXI 777<br />
Eine Konferenz ist keine Konferenz ohne<br />
einen Besuch eines „echten“ <strong>Taxi</strong>unternehmens<br />
oder einer <strong>Taxi</strong>zentrale. Wir<br />
haben die vom Generaldirektor Alexei<br />
Gusev gegründete Firma Semerochka in<br />
Sankt Petersburg besucht.<br />
Er und sein kaufmännischer Vorstand<br />
Olhov Alexandr erklärten gegenüber <strong>Taxi</strong><br />
<strong>Times</strong>, dass die Fahrer jeden Tag einer<br />
Gesundheitsuntersuchung unterzogen<br />
werden. Was zudem noch untersucht<br />
wird, ist das Benehmen der Fahrer<br />
während der Fahrt und beim Service. Für<br />
beides gibt es eine Bewertung, und wer<br />
zu den Top Ten der Raser gehört, wird<br />
mit Missbilligung gestraft.<br />
Gusev hat eine App für <strong>Taxi</strong>s entwickelt,<br />
jedoch auch eine neue Flotte, <strong>Taxi</strong> 777,<br />
gegründet. Er ist sich sicher, dass das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe Erscheinungen wie Yandex,<br />
Uber und Get<strong>Taxi</strong> schlagen kann. Mit der<br />
App wird es leichter, die Fahrten unter<br />
den 42 Partnergesellschaften aufzuteilen.<br />
Das Entwicklungsprogramm hat sich<br />
über zwei Jahre hingezogen und das<br />
Unternehmen hat zehn Millionen Rubel<br />
investiert, die sich in zwei bis drei Jahren<br />
wieder amortisiert haben sollen.<br />
Semerochka ist Mitglied des Global <strong>Taxi</strong><br />
Network des IRU und arbeitet mit eCab,<br />
um den internationalen <strong>Taxi</strong>verkehr zu<br />
fördern. Die App ist seit zwei Monaten<br />
in Sankt Petersburg nutzbar und laut<br />
Gusev hat sich die Profitabilität für <strong>Taxi</strong>s<br />
um zehn Prozent gesteigert. „Unsere<br />
jedem an ein anderes <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
vergebenen Auftrag. Die Partner können<br />
Fahrten und Kunden auch auf andere<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmen übertragen, die am<br />
Projekt <strong>Taxi</strong> 777 teilnehmen. Das Unternehmen<br />
setzt seine eigenen Gebühren<br />
dafür fest: „Normalerweise beträgt die<br />
Gebühr zwischen 5 und 35 Prozent“,<br />
Lösung ermöglicht es uns, sämtliche erklärt Gusev.<br />
nn<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmen in Sankt Petersburg<br />
zusammenzubringen, Kosten<br />
zu reduzieren, den Service<br />
für die Fahrgäste zu verbessern<br />
und so einen gesunden<br />
Wett bewerb zu fördern“,<br />
so Gusev. <strong>Taxi</strong> 777 bietet<br />
Apps für die Kunden und die<br />
Fahrer sowie Online-Ressourcen<br />
für den Austausch<br />
von Aufträgen zwischen den<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmen.<br />
Sogar die Konkurrenz<br />
bekommt Aufträge, um<br />
sicherzustellen, dass das<br />
App-System ununterbrochen<br />
im Einsatz ist. Semerochka<br />
verdient zehn Prozent von<br />
Dieses Unternehmen, das versucht, sich in Europa auszuweiten,<br />
hat ein System der psychologischen Beurteilung<br />
für die Einstellung von Mitarbeitern in den Bereichen Luftfahrt,<br />
öffentlicher Verkehr und <strong>Taxi</strong>s entwickelt.<br />
22 TAXI OKTOBER / <strong>2015</strong><br />
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